Husten vor, während und nach dem Schlucken

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Klinik für Physikalische Medizin und
Rehabilitation
Vortrag
Thema: Dysphagietherapie und Sprachtherapie
in der Frührehabilitation
Dozentinnen: Olha Köpp,
Petra Sievers-Nolte
Univ.-Prof. Dr. med. Christoph Gutenbrunner
Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation
Medizinische Hochschule Hannover
D-30625 Hannover
[email protected]
Dysphagie und Sprachtherapie in der Frührehabilitation
1. Einführung
2. Diagnostik der Dysphagie und deren Therapiemöglichkeiten in der Frührehabilitation
2.1 Dysphagien und ihre direkten und indirekten Symptome
2.1.1 indirekte Symptome der Dysphagie bei Patienten mit Trachealkanüle
(stille Aspiration)
2.1.2 direkte Symptome der gestörten Nahrungsaufnahme
2.2 Diagnostische Verfahren: F.O.T.T. Assessment-Profile
2.2.1 Erste Schluckuntersuchung
– wie ist das Ausmaß der Schluckstörung zu bewerten ?
2.2.2
objektive Diagnostik des Schluckvorganges
Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation
Mitarbeiterbesprechung
21. Februar 2007
DEFINITIONEN
Dysphagie -
Störung, die durch Veränderung des neuromuskulären Ablaufs des
Schluckvorgangs entsteht und zur Aspiration führt.
Aspiration -
Eindringen von Fremdkörpern (Nahrungspartikeln) in die Luftwege.
Aspiration ist für den Betroffenen gefährlich, weil sie Erstickungsanfälle
oder Lungenentzündungen (sogenannte Aspirationspneumonien) verursachen
kann.
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Mitarbeiterbesprechung
21. Februar 2007
Direkte Symptome einer Aspiration:
Gurgelndes Atemgeräusch, gurgelnder Stimmklang
Fehlender oder verzögerter Schluckreflex
Husten vor, während und nach dem Schlucken
Austritt des Speichels aus dem Tracheostoma
Indirekte Symptome der Dysphagie beim Patienten mit
Trachealkanüle (stille Aspiration):
Verstärkte Verschleimung
Brodelndes Atemgeräusch
Kurzatmigkeit
Bronchitis, Pneumonie
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Mitarbeiterbesprechung
21. Februar 2007
Welche Anzeichen für eine Schluckstörung gibt
es bei Patienten mit Trachealkanüle?
Sekret- und Flüssigkeitsaustritt seitlich der Kanüle,
so genanntes „nasses Tracheostoma“
häufiges Absaugen in der Mundhöhle, um die Kanüle herum
und in der Kanüle notwendig
ungewollter Speichelfluss aus dem Mund
oder häufiges Ausspucken von Speichel
Bei hirngeschädigten Patienten: erschwerte Mundöffnung (Kiefersperre)
oder Zungenstoß
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Mitarbeiterbesprechung
21. Februar 2007
F. O. T. T. (Kay Coombes)
o Rehabilitation der Schluckfunktionen
o Umstellung von künstlicher Ernährung auf orale Nahrungsaufnahme
o Wiederherstellung von Gesichtsbewegungen sowie den Fähigkeiten zur
Phonation und Artikulation
o Umgang mit der Trachealkanüle und Richtlinien zur Entwöhnung
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21. Februar 2007
Erste Schluckuntersuchung
– wie ist das Ausmaß der Schluckstörung zu bewerten
1. Erste Befundung mit Hilfe der F.O.T.T Assessment-Profile
2. Möglichkeiten der objektiven Diagnostik zur Befundung der gestörten
Nahrungsaufnahme (Videofluroskopie, Videoendoskopie)
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21. Februar 2007
Schweregrade einer Aspiration:
gelegentliche Aspiration ohne Komplikationen
Aspiration besteht nur beim Trinken, die Fähigkeit, den eigenen Speichel
zu schlucken und feste Nahrung zu essen, ist erhalten
es besteht eine lebensbedrohliche Aspiration von Speichel,
Flüssigkeit und fester Nahrung
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21. Februar 2007
Erste Befundung bei Dysphagie
Bewertung des Schluckreflexes
o Schluckkontrolle
o Stimulation des Schluckreflexes
Bewertung der Schutzmechanismen von Atemwegen
o Husten, Räuspern
o Stimmqualität
o Atemschluckkoordination
Bewertung der am Schluckvorgang beteiligten Organen
o Zunge
o Buccinatormechanismus
o Larynx
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21. Februar 2007
Ausgangsstellung
Mögliche Ausgangsstellungen
• Seitenlage
• Langsitz im Bett (Herzbett)
• Sitz am Bettrand mit Therapietisch
Rumpf stabilisieren
Kopfhaltung korrigieren (Kieferkontrollgriff)
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21. Februar 2007
Der seitliche und frontale Kieferkontrollgriff
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F.O.T.T. Assesme nt-Profile
Level 1
Level 2
Level 3
Level 4
Level 5
in gut
unterstützter
Lagerung:
in gut
unterstützter
Lagerung:
in gut
unterstützter
Lagerung:
in gut
unterstützter
Lagerung:
in gut
unterstützter
Lagerung:
Schlucken
Schlucken
Schlucken
Schlucken
Schlucken
Kein Schlucken
pro
Therapieeinheit
Bis zu 5
Schlucke pro
Therapieeinheit
6 bis 10
Schlucke pro
Therapieeinheit
mehr als 10
Schlucke pro
Therapieeinheit
Speichelfluss aus
dem Mund und
Speichelansamml
ung im
Mund/Pharynx
können fazilitiert
werden
Schlucken kann durch
leichter
Stimmgebung
fazilitiert
werden Schlucke
werden
ausgelöst
mehr als 50%
Schlucke pro
Therapieeinheit
sind vollständig
Entblocken der
Kanüle löst kein
Schlucken aus
Entblockung der
Kanüle eliziert
Schlucken
Veränderung der
Lagerung eliziert
Schlucken
unsichere
Qualität des
Schluckens
Zungenpumpen
vor dem
Schlucken
notwendig
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21. Februar 2007
Nach Husten
und Räuspern
folgt kein
Schlucken
therapeutisches
Essen
(Kauen in Gaze)
Schlucken kann
bis zur Hälfte
zuverlässig
Schlucke sind
gefolgt von klarer fazilitiert werden
nach Husten
Stimme
Inhib ieren des
Zungenpumpens
resultiert im
promptem
Schlucken
F.O.T.T. Assesment-Profile
Level 1
Level 2
Husten/Atmung Husten
Husten ist nicht
zu beobachten
unwillkürliches
und schwaches
Husten wird
ausgelöst durch
Absaugen
Level 3
Husten
Level 4
Husten
Level 5
Husten
verzögertes und
schwaches
Husten
schwaches
Husten klingt
wie Räuspern
gelegentlich
verzögertes
Husten
verzögertes Husten nach
therapeutischem Essen möglich
Stimme
Stimme
Stimme
gurgelnde,
nasse Stimme
Stimmgebung
verbessert,
Stimme klarer
Veränderung der
Stimmhöhe A – I
nicht möglich
flaches und
hastiges Atmen
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Mundstimmulation: Warum?
-
Tonusnormalisierung
-
Abbau von Überempfindlichkeit
-
Aufbau von Sensibilität
-
Anbahnung von Aktivität
-
Verbesserung der Bewegungsqualität
-
Wahrnehmungsförderung
-
Stimulierung der Speichelsekretion
-
Stimulierung des Schluckaktes
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21. Februar 2007
Atem-Schluck-Koordination
Schluckvorgang unterbricht den Atemrhythmus
Koordinationsmuster zwischen Atem- und Schluckvorgang: Einatmung Atemstopp / Schlucken - Ausatmung
Trachealkanüle – ein Segen und Fluch
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21. Februar 2007
Negative Auswirkungen der geblockten Trachealkanüle
auf den Schluckvorgang:
o Die Schluckbewegungen werden behindert, das bedeutet, dass das Heben von
Zungenbein und Kehlkopf mechanisch behindert wird
o Die Atem-Schluck-Koordination ist gestört
o Es kommt weniger bis keine Luft in den laryngealen und pharyngealen Raum, wodurch
die normale Sensibilität als Voraussetzung für normale Schutzmechanismen zusätzlich
herabgesetzt wird
o Schlucken wird in seiner Frequenz reduziert
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Sichere Nahrungsaufnahme ist mehr als Schlucken:
Voraussetzungen für eine sichere Nahrungsaufnahme
o der Patient kann seinen Speichel schlucken
o in der Regel sollte der Patient zur Nahrungsaufnahme aktiv sitzen
o der Patient kann effektiv husten
o keine schwerwiegenden Einschränkungen der Zungen- und Kehlkopfbeweglichkeit
o der Allgemeinzustand des Patienten ist stabil, der Patient ist wach und belastbar
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21. Februar 2007
Entblockung der Trachealkanüle:
Bei ungeblockten Trachealkanüle mit einem Sprechaufsatz wird die Luft über die
Trachealkanüle eingeatmet und via Kehlkopf, Stimmlippen, über den Rachen, Nase und
Mund wieder ausgeatmet.
Dies hat zur Folge:
o Verbesserung der Sensibilität im Rachen- und Kehlkopfraum
o Atem-Schluck-Koordination ist möglich
o Fähigkeit zur Atem-Stimm-Koordination ist da, Patient kann verbal kommunizieren
o Schlucken wird in seiner Frequenz deutlich erhöht
Trachealkanüle nimmt Raum in der Trachea ein. Ausatemluft, kann nur seitlich an einer
ungeblockten Trachealkanüle vorbeiströmen (Hindernisse: Grösse der Trachealkanüle,
Granulationen in der Trachea).
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Die Phasen des
Schluckvorganges:
orale
pharyngeale
ösophageale
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21. Februar 2007
Untersuchung der am Schluckvorgang beteiligten Organen:
o Zunge:
Lähmung der Zunge, Atrophie, Taubheitsgefühl...
o Lippen:
fehlender Lippenschluß, Fazialisparese, Sensibilitätsstörung...
o Kiefer:
fehlender Kieferschluß oder Kiefersperre
o Gaumensegel:
eingeschränkte Beweglichkeit, nasaler Stimmklang...
o Kehlkopf:
eingeschränkte Kehlkopfhebung, einseitige oder
beidseitige Stimmbandparese,
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21. Februar 2007
Zu den restituierenden Therapiemethoden gehören:
Vorbereitende Stimuli wie z.B. Förderung der Wahrnehmung durch
manuelle Berührungen, Dehnung, Druck, Vibration usw.;
Mobilisationstechniken wie z.B. Verbesserung der Bewegungsausmaß,
Koordination und Muskelkraft in den Übungen für Zunge,
Lippen und Gaumensegel;
Autonome Bewegungsübungen: Automatisierung der Bewegung wie
z. B. bei Übungen zum therapeutischen Essen und
Sprech- und Stimmübungen.
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21. Februar 2007
Prinzipien der Therapie des Fatio-Oralen Traktes
(F.O.T.T nach Kay Coombes)
Befundung ist Behandlung – Behandlung ist Befundung
Therapeutin muss die Potenziale des Patienten erkennen:
Was kann der Patient?
Wobei braucht er Hilfe und Unterstützung?
Wie müssen diese Hilfen gestaltet werden, um das Optimum an
Bewegungs- und Handlungsmöglichkeiten zu erreichen?
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21. Februar 2007
Prinzipien der Therapie des Fatio-Oralen Traktes
(F.O.T.T nach Kay Coombes) Frühzeitiger Therapiebeginn:
Vermittlung physiologischer Bewegungserfahrungen : Das bedeutet „
Wir lernen, indem wir uns bewegen oder bewegt werden“.
Therapeutische Hilfen taktiler Art: regelmäßige Veränderungen der
Körperlage, was das Schlucken des Speichels fazilitiert.
Automatisierung des sensomotorischen Regelkreises (Mundstimulation
für die Verbesserung der Sensibilität im orafazialen Bereich und
Erhöhung der Schluckfrequenz des Patienten.
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21. Februar 2007
Ätiologie der Dysphagien
Neurogene Erkrankungen
(z.B. Schlaganfall, Hirnstamminfarkt, SHT, Morbus Parkinson);
Strukturell-mechanische Veränderungen
(z.B. Tumore des Mund- und Rachenraumes, Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten)
Psychogene Ursachen
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21. Februar 2007
Literatur zum Thema Dysphagie:
Bartolome et al.: Diagnostik und Therapie neurologisch bedingter Schluckstörungen.
Stuttgart 1993
Gobiet, W.: Frührehabilitation nach Schädel-Hirn-Trauma.
Berlin 1991
Gratz, C., Woite, D.: Die Therapie des Facio-Oralen Traktes
bei neurologischen Patienten (zwei Fallbeispiele).
Idstein 1999
Morris, S. E.: Mund- und Esstherapie bei Kindern.
Stuttgart 1995
Nusser-Müller-Busch, R.: Die Therapie des Facio-Oralen Trakts.
Berlin Heidelberg 2004
Schalch, F.: Schluckstörungen und Gesichtslähmungen.
Stuttgart 1995
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