CEC - Uni Marburg

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Zur Kapillar-Elektrochromatographie:
Was spricht für die CEC?
Ziel einer Trennmethode ist die Abtrennung der zu bestimmenden Analyte voneinander und von
störenden Matrixbestandteilen. Diese Abtrennung sollte möglichst rasch unter geringem Reagenzienund Lösungsmittelverbrauch erfolgen. Die Forderung nach einem geringen Lösungsmittelverbrauch ist
nur durch ein miniaturisiertes Trennsystem zu erfüllen. Bei der Auswahl der geeigneten
Trennmethode muß weiterhin darauf geachtet werden, daß eine Bestimmung des Analyten im
Arbeitsbereich des jeweiligen Verfahrens durch einen nachfolgenden Bestimmungsschritt (Detektion)
ermöglicht wird.
Im Bereich der Chromatographie wird die Leistungsfähigkeit eines Trennsystems in Trennstufenzahl
pro Zeit angegeben. Dieser aus der Theorie der Böden [1] stammende Begriff berücksichtigt die
Bandenverbreiterung als Varianz einer Zone pro durchlaufener Trennstrecke (= Höhe eines
Theoretischen Bodens H) und die Länge der gesamten Trennstrecke und berücksichtigt ebenfalls
den Zeitbedarf durch Einbeziehung der Zeit, die ein Analyt benötigt, um die Trennstrecke zu
durchlaufen.
Eine der in diesem Sinne leistungsfähigsten Entwicklungslinien der Chromatographie ist die KapillarGas-Chromatographie (KGC), deren potentieller Nutzen bereits 1958 von GOLAY [2] erkannt wurde.
Bei der KGC werden an der Wandung mit stationärer Phase belegte Kapillaren (Filmkapillaren) mit
Innendurchmessern von etwa 200 bis 500 µm als Trennstrecke verwendet. Aufgrund der
Dimensionierung der Trennstrecke zählt die KGC zu den miniaturisierten Trenntechniken. Mehr als
300.000 Trennstufen werden in der KGC erreicht bei Totzeiten im Bereich weniger Minuten [3]. Die
volle Leistungsfähigkeit der KGC konnte jedoch erst dann ausgeschöpft werden, als es gelang, die
Bandenverbreiterung außerhalb der Säule durch Probenaufgabe und Detektion in einem erträglichen
Maß zu halten. Die Nutzung miniaturisierter Trennsysteme ist immer auch an apparative
Entwicklungen gebunden.
Die KGC ist nur für Trennprobleme anwendbar, bei denen die abzutrennenden Analyte unzersetzt in
die Gas-Phase überführbar sind. Aufgrund dieser Einschränkung ist für viele analytische
Problemstellungen die KGC trotz ihrer Leistungsfähigkeit nicht einsetzbar, und es wird auf die
Flüssigkeits-Chromatographie (LC) zurückgegriffen. Eine Betrachtung der Gleichung für die Bandenverbreiterung in der Chromatographie mit kanalförmiger Trennstrecke [4] entwickelt von VAN DEEMTER
et al. [5] und GOLAY [2]
2 DM (1+ 6k + 11k 2 ) rK
2 k dF
+
v+
v
2
v
24(1+ k ) DM
3 (1 + k ) 2 DS
2
H=
2
DM = Diffusionskoeffizient in der mobilen Phase
(1)
-2-
k = Retentionsfaktor
rK = Radius des Flüssigkeitskanals
dF = Dicke des Fims der stationären Phase
DM = Diffusionskoeffizient in der mobilen Phase
macht deutlich, warum eine der KGC analoge Entwicklung in der LC nicht möglich ist. Die
Diffusionskoeffizienten von Substanzen im gasförmigen Zustand sind um etwa Faktor 10.000 größer
als die Diffusionskoeffizienten der gleichen Substanz in Lösung [6]. Um eine gleiche Effizienz des
chromatographischen Systems zu erhalten, müßte das Quadrat des Kanalradius rK ebenfalls
drastisch verringert werden. Unter Zugrundelegung von Gl.1 berechneten für die Kapillar-FlüssigkeitsChromatographie (KFC) JORGENSON und GUTHRIE [7] einen Idealdurchmesser der Kapillare von 1-2 µm
für
Trennungen
bei
Raumtemperatur.
Das
Gesamtvolumen
einer
Kapillare
mit
2
µm
Innendurchmesser und 2 m Länge beträgt nur ca. 6 nL. Die technischen Schwierigkeiten bei der
apparativen Realisierung eines solchen Trennsystems sind ungleich schwieriger als in der KGC,
insbesondere
wenn
der
für
eine
nachfolgende
Bestimmung
erreichbare
Arbeitsbereich
mitberücksichtigt wird. Diese Überlegungen erklären, warum Versuche einer Miniaturisierung der LC
sich fast ausschließlich mit der Verwendung gepackter Trennstrecken befassen [8].
Bei
gepackten
Trennstrecken
ist
der
Kanaldurchmesser
abhängig
von
dem
mittleren
Teilchendurchmesser der Packung. Bei guter Packung gilt, daß der mittlere Kanaldurchmesser etwa
ein Viertel des mittleren Teilchendurchmessers rT beträgt.
Im Bereich der Hochleistungs-Flüssigkeits-Chromatographie (HPLC) werden Packungen mit rT = 1,5
bis 10 µm verwendet. Ein zusätzlicher Beitrag zur Bandenverbreiterung durch Streudiffusion in der
Packung wird in Kauf genommen. Zwar gelingt es, mit gepackten Trennstrecken miniaturisierte
Trennsysteme in der LC zu entwickeln und damit den Lösungsmittelverbrauch drastisch zu senken.
Die entwickelten miniaturisierten Trennsysteme der LC erreichen jedoch nicht annähernd die hohe
Effizienz
der
KGC.
Prinzipiell
wäre
es
möglich,
lange
Trennstrecken
mit
feinkörnigem
Packungsmaterial zu verwenden und damit die gleichen Trennstufenzahlen wie in der KGC zu
erreichen. Einer solchen Entwicklung setzt jedoch die Viskosität der mobilen Phase und die geringe
Permeabilität der Packung eine apparative Grenze. Druckdifferenzen von mehr als 1000 bar zwischen
Eingang und Ausgang einer gepackten Säule sind unter vertretbarem Aufwand apparativ nicht zu
realisieren. Daher sind gemäß heutigem Stand der Technik für die routinemäßig angewendete HPLC
etwa 20.000 Trennstufen bei einer Totzeit von weniger als 5 min die Regel.
Erst mit der Entwicklung der Kapillar-Elektrophorese (CE) gelang es, ein hocheffizientes
miniaturisiertes Trennsystem zu entwickeln, bei dem die aufzutrennenden Analyte nicht in die GasPhase überführt werden müssen. In der CE können (formal) 1.000.000 Trennstufen trotz kurzer
Laufzeiten erreicht werden, weil Streudiffusion und Widerstand im Massenübergang nicht zur Zonen-
-3-
verbreiterung beitragen. Das Trennprinzip der CE ist von dem der Chromatographie jedoch völlig
verschieden.
Mizellare Elektrokinetische Chromatographie (MEKC) und Kapillar-Elektrochromatographie (CEC)
sind zwei Trennmethoden, die apparative Entwicklungen der CE aufgreifen und deren Trennprinzip
vergleichbar ist mit dem der Verteilungs-Chromatographie. Die erreichten Effizienzen beider
Methoden sind vergleichbar mit der Effizienz in der KGC. MEKC und CEC stellen somit hocheffiziente miniaturisierte Flüssigkeits-chromatographische Trennsysteme dar, die auf dem Weg einer
einfachen Miniaturisierung eines herkömmlichen Flüssigkeits-chromatographischen Trennsystems
mit druckgetriebener mobiler Phase nicht erreichbar sind.
Bereits 1974 erkannten PRETORIUS et al. [9] die möglichen Vorzüge einer FlüssigkeitsChromatographie mit elektrokinetisch angetriebener mobiler Phase. Sie stellten die Schnelle
Dünnschicht-Chromatographie (HSTLC, high-speed thin-layer chromatography) als mögliche
Weiterentwicklung
der
damals
bekannten
Dünnschicht-Chromatographie
(TLC)
vor.
Durch
elektroosmotische Mobilisierung des Laufmittels bei der HSTLC gelingt es, die Entwicklung eines
Dünnschicht-Chromatogramms in weitaus kürzerer Zeit zu beenden, als dies beim damaligen Stand
der Technik in der TLC möglich war. Zusätzlich wirkt bei Erzeugung eines elektrischen Feldes in der
chromatographischen Trennstrecke auch Elektrophorese neben der Verteilung bzw. der Sorption als
Trennmechanismus, d.h. es gelingt, durch Veränderung der Feldstärke gezielt die Selektivität des
Trennsystems zu beeinflussen.
PRETORIUS et al. realisierten ebenfalls ein Säulenflüssigkeits-chromatographisches System unter
Ausnutzung des elektroosmotischen Effekts zum Antrieb der mobilen Phase. Wird unter identischen
Bedingungen (gleiches Packungsbett, identische Geschwindigkeit der mobilen Phase, identisches
Probenvolumen, gleiche Probe, gleichgehaltene Bandenverbreiterung außerhalb der Säule) entweder
eine durch Druckdifferenz angetriebene oder eine elektroosmotisch angetriebene mobile Phase
benutzt, kann durch den elektroosmotischen Antrieb der mobilen Phase die Effizienz des
chromatographischen Systems deutlich verbessert werden. So beträgt im Fall der von PRETORIUS et
al. verwendeten Säule die Bodenhöhe bei elektroosmotischen Antrieb 50% der Bodenhöhe bei
Druckmobilisierung. Eine Weiterentwicklung der vorgestellten Schnellen Flüssigkeits-Chromatographie
(HSLC,
high-speed
liquid
chromatography)
scheiterte
am
Fehlen
geeigneter
Probenaufgabe- und Detektionstechniken.
Im Zuge der Entwicklung der Kapillar-Elektrophorese und der Entwicklung von an kleine Volumina
von wenigen Nanolitern angepaßten Probenaufgebetechniken und Detektoren wurde auch die
Flüssigkeits-Chromatographie mit elektroosmotisch angetriebener mobiler Phase wieder aufgegriffen.
JORGENSSON
und
LUKACS
[10]
erreichten
die
Trennung
polycyclischer
aromatischer
Kohlenwasserstoffe (PAK) auf einer mit Octadecyl-Silicagel (mittlerer Partikeldurchmesser dT = 10
µm) gepackten Glassäule mit 170 µm Innendurchmesser.
-4-
Untersuchungen zu einer Elektrochromatographie mit offenen Kapillaren (OT-CEC, open-tubular
microcapillary liquid chromatography) wurden bereits 1982 von Tsuda et al. [11] vorgenommen. Die
Effizienz des von den genannten Autoren aufgebauten Trennsystems war wegen des hohen
Widerstands im Massenübergang in der mobilen Phase nicht zufriedenstellend. Durch Verringerung
des Kapillar-Innendurchmessers (auf 10 µm) war es in der Folgezeit möglich, mit der OT-CEC
Trennsysteme mit höherer Effizienz zu realisieren [12,13]. Die experimentellen Probleme aufgrund
des geringen Kapillar-Innendurchmessers (extrem kleines Detektionsvolumen) behinderten jedoch
eine Fortentwicklung der OT-CEC. Beim gegenwärtigen Stand der Technik ist jedoch das Arbeiten
mit gepackten Kapillaren experimentell einfacher zu realisieren. Der Begriff Elektrochromatographie,
angewandt auf eine chromatographische Methode unter Verwendung elektroosmotisch angetriebener
mobiler Phase, wurde von TSUDA geprägt [14,15] und stellt den in der heutigen Literatur gebräuchlichsten Begriff zur Bezeichnung der Methode dar [16].
In der CEC wirken die gleichen Trennprinzipien wie in der Flüssigkeits-Chromatographie.
Experimentell realisiert wurde bisher die Verteilungschromatographie mit Octadecyl-Silicagel und die
Ionenaustausch-Chromatographie mit einem starken Kationenaustauscher. Außerdem wurden
Trennungen mit chiralen stationären Phase durchgeführt. Auch Ionenpaar-Chromatographie kann als
elektrochromatographische Technik verwirklicht werden.
Zusätzlich zum Trenneffekt durch unterschiedlich starke Wechselwirkung mit der stationären Phase
wirkt bei Analyten mit effektiver elektrophoretischer Beweglichkeit auch noch Elektrophorese. EIMER
et al. [17] demonstrierten, daß bei CEC mit druckunterstütztem Fluß die Selektivität des
Trennsystems durch Variation der Druckdifferenz zwischen beiden Enden der Kapillare oder durch
Variation der angelegten Spannung verändert werden kann. Sie bezeichneten diese Feinabstimmung
der Selektivität als „selectivity tuning“.
Die elektrochemische Doppelschicht an der Phasengrenzfläche flüssige Phase - feste Phase ist
verantwortlich für die elektrokinetischen Effekte. Einer der elektrokinetischen Effekte ist die
Elektroosmose. Diese tritt auf, wenn die feste Phase in Form eines porösen, für die flüssige Phase
durchlässigen Körpers (Kapillarsystem) in seiner Lage festgelegt ist. Im elektrischen Feld wirkt auf
die Überschußladung in der flüssigen Phase eine Kraft, die durch Reibungskräfte auf die Schicht als
Ganzes übertragen wird. Daher ist es in Kapillarsystemen möglich, durch Anlegen einer äußeren
Spannung eine konstante Strömung der flüssigen Phase zu bewirken. Diese Flüssigkeitsströmung
wird als elektroosmotischer Fluß (EOF) bezeichnet.
Packungen aus silikatischem Material, wie sie in der CEC Verwendung finden, sind als
Kapillarsystem zu betrachten. In erster Näherung sollte daher veo unabhängig vom mittleren
Teilchendurchmesser dT des Packungsmaterials sein. Wird dT verringert, so verringert sich auch der
mittlere Kanalquerschnitt. Der Anteil der elektrischen Doppelschicht an σK nimmt zu, so daß bei
Packungen aus Teilchen sehr geringen mittleren Durchmessers veo nicht mehr unabhängig von dT sein
sollte. Eine deutliche Verringerung von veo infolge Näherung der Doppelschichten wird nach [18] erst
-5-
ab dT < 0,4 µm erwartet. LÜDTKE et al. [19] verwendeten Packungen mit dT = 0,5 µm für
elektrochromatographische Trennungen. Sie berichten, daß auch bei diesen Packungen keine
signifikante Abhängigkeit der veo von dT besteht.
Eine weitere Eigenschaft des EOF ist für die CEC von Bedeutung. Bei elektroosmotischer
Durchströmung eines Kanals ist die Geschwindigkeit eines Flüssigkeitspakets außerhalb des
Bereichs der elektrischen Doppelschicht unabhängig vom Abstand des Flüssigkeitspakets zur
Kanalmitte. Es wird daher von einem „flachen elektroosmotischen Strömungsprofil“ gesprochen. Bei
reibungskontrollierter Durchströmung eines Flüssigkeitskanals (laminare Strömung) gilt hingegen das
HAGEN-POSSEUILLEsche Gesetz. Die Fließgeschwindigkeit ist in diesem Fall abhängig vom
Kanaldurchmesser, und die Geschwindigkeit eines Flüssigkeitspakets ist abhängig vom Abstand
des Flüssigkeitspakets zur Kanalmitte. Bei reibungskontrollierter Durchströmung wird daher von
einem „parabolischen Strömungsprofil“ gesprochen.
In der herkömmlichen Hochleistungs-Flüssigkeits-Chromatographie (HPLC) wird die Strömung der
mobilen Phase durch das Packungsbett durch eine Druckdifferenz zwischen beiden Enden der
Packung erreicht. Daher gilt in der HPLC bei der Beschreibung des Strömungsverhaltens der mobilen
Phase das HAGEN-POSSEUILLEsche Gesetz.
Durch Verringerung des mittleren Teilchendurchmessers des Packungsmaterials wird sowohl der Aals auch der Cm-Term der VAN-DEEMTER-Gleichung reduziert. In der HPLC kann jedoch dT nicht
beliebig verringert werden, weil der Strömungswiderstand der Packung ebenfalls von dT abhängt. In
der CEC hingegen ist unter üblichen Bedingungen die Strömungsgeschwindigkeit der mobilen Phase
unabhängig von dT, und zwar bis herab zu dT = 0,4 µm. Es ist daher in der CEC möglich, mit
Packungen zu arbeiten, die in der HPLC aufgrund ihres hohen Strömungswiderstands bei
Verwendung von laborüblicher Ausrüstung (Maximaldruck = 4 × 107 Pa) nicht eingesetzt werden
können. Auch muß beachtet werden, daß die Druckstabilität des Packungsmaterials begrenzt ist.
Die CEC ermöglicht daher die Verwendung von Kapillarsäulen, deren Effizienz (Trennstufenzahl bezogen auf Totzeit) weitaus höher ist als in der HPLC.
Auch die unterschiedlichen Strömungsprofile der mobilen Phase wirken sich auf die erreichbare
Effizienz aus. 1963 wurde von GIDDINGS [20] das Konzept der „reduzierten Größen“ entwickelt, um
eine
Basis
zum
Vergleich
verschiedener
Säulen,
die
mit
Material
unterschiedlicher
Teilchendurchmesser gepackt waren, zu schaffen. Nach diesem Konzept ist die reduzierte
Bodenhöhe h als die Bodenhöhe H dividiert durch den mittleren Teilchendurchmesser dT des
Packungsmaterials definiert. h ist somit eine dimensionslose Größe. In der HPLC wird für hervorragend gepackte Säulen bei optimaler Strömungsgeschwindigkeit der mobilen Phase für h ein
Minimalwert von 2 erreicht.
KNOX und GRANT [18] leiteten aus theoretischen Überlegungen ab, daß der Minimalwert für h in der
CEC deutlich kleiner als 2 sein kann. Durch das im Vergleich zur HPLC flachere Strömungsprofil der
-6-
mobilen Phase wird der CM-Term erheblich verringert. Die theoretischen Überlegungen wurden
experimentell bestätigt. In der CEC sind Trennungen mit h = 1 möglich.
Ermittlung des Retentionsfaktors in der CEC
Für Analyte mit vernachlässigbarer elektrophoretischer Beweglichkeit werden chromatographische
Kenngrößen in der CEC in der gleichen Weise berechnet wie in der HPLC. Jedoch ist zu
berücksichtigen, daß in der CEC oft mit teilgepackten Kapillarsäulen gearbeitet wird, bei denen die
Verweildauer des Analyten im ungepackten Teil während eines chromatographischen Laufs nicht
vernachlässigbar ist. In der HPLC dagegen wird die Verweildauer der Analyte in den Zuleitungen
vernachlässigt und das Elutionsvolumen einer Substanz, von der angenommen wird, sie halte sich
ausschließlich in der mobilen Phase auf, wird als Näherungswert für das Totvolumen der
chromatographischen Trennstrecke verwendet. Eine solche vereinfachende Annahme ist in der CEC
mit teilgepackter Kapillarsäule nicht zulässig.
In Abb.1a ist eine teilgepackte Kapillarsäule skizziert. Photometrische oder fluorimetrische Detektion
erfolgen in einem ungepackten Teil der Kapillare (On-column-Detektion). Zum Vergleich ist in Abb.1b
eine vollständig gepackte Kapillarsäule skizziert. Bei vollständig gepackten Kapillaren erfolgen
photometrische oder fluorimetrische Detektion in einem gepackten Teil der Kapillare (In-columnDetektion). Es gibt auch die Möglichkeit, am Ende der Kapillare zu detektieren (z.B.
amperometrisch). In diesem Fall wird von End-column-Detektion geprochen [21,22].
Abb.1a: Schematische Darstellung einer teilgepackten Kapillarsäule
(1) Packungslänge
(2) Länge zum Detektor
(3) Gesamtlänge der Kapillare
(4) Innendurchmesser der Kapillare (I.D.)
-7-
Abb.1b:
Schematische
Darstellung
einer
vollständig
gepackten
Kapillarsäule
(1) Länge zum Detektor
(2) Gesamtlänge der Kapillare
(3) Innendurchmesser der Kapillare (I.D.)
Die Bestimmung des Volumenanteils ϕM der mobilen Phase in der chromatographischen Packung ist
möglich,
wenn
bei
konstanter
Strömungsgeschwindigkeit
der
mobilen
Phase
deren
Lineargeschwindigkeit veo (in mm s-1) und Flußrate FR (in µL min-1) ermittelt werden können. veo ergibt
sich bei In-column-Detektion aus der Länge der Kapillare vom Aufgabeort bis zum Detektionsvolumen
dividiert durch die Wanderungszeit einer Substanz, die sich ausschließlich in der mobilen Phase
aufhält. FR ist experimentell zugänglich, wenn das Ende der Kapillare mit einem Volumenmeßgefäß
(z.B einer für die Gaschromatographie geeigneten Injektionsspritze) verbunden ist. Aus der
Volumenänderung pro Zeit wird FR berechnet.
Der Retentionsfaktor k für einen Analyten mit vernachlässigbarer elektrophoretischer Beweglichkeit
wird bei In-column-Detektion nach Gl.2 berechnet:
k=
tR − t0
t0
tR
= Wanderungszeit eines retardierten Analyten
t0
= Totzeit (ermittelt aus Wanderungszeit eines nichtretardierten Analyten)
(2)
Bei On-column-Detektion in teilgepackter Säule kann die Wanderungszeit einer nichtretardierten
Substanz nicht mit der Totzeit in der chromatographischen Trennstrecke gleichgesetzt werden; denn
die zurückgelegte Strecke ist länger als die chromatographische Trennstrecke. Auch läßt sich aus
der Wanderungszeit dieser Substanz und der zurückgelegten Strecke nicht die Strömungsgeschwindigkeit der mobilen Phase berechnen. Die lineare Strömungsgeschwindigkeit veo der mobilen
Phase in der Packung ist um Faktor (1/ϕM) höher als im ungepackten Teil der Kapillare.
veo läßt sich bei bekanntem ϕM nach Gl.3 berechnen.
-8-
v eo =
LP + LU / ϕ M
t mig
(3)
LP
= Länge des gepackten Segments der Kapillare
LU
= Länge des durchlaufenen ungepackten Segments der Kapillare
tmig
= Wanderungszeit der nichtretardierten Substanz
Bei bekanntem ϕM kann k für einen Analyten mit vernachlässigbarer elektrophoretischer
Beweglichkeit auch bei On-column-Detektion in teilgepackten Kapillaren bestimmt werden (Gl.4).
v eo t R
LU
−
−1
LP
LP ϕ M
k=
(4)
Ist die elektrophoretische Beweglichkeit der betrachteten Analyte nicht vernachlässigbar, so kann k
nicht aus den Retentionsdaten eines chromatographischen Laufs berechnet werden. Es ist dann
notwendig, entweder die elektrophoretische Beweglichkeit in einer offenen Kapillare zu bestimmen
oder k aus einer Messung mit druckgetriebener mobiler Phase (kein Anlegen von Spannung) zu
ermitteln.
VISSERS
et
al.
[23]
verglichen
Retentionsfaktoren
für
Analyte
mit
vernachlässigbarer
elektrophoretischer Beweglichkeit (in einem Experiment mit offener Kapillare verifiziert), die in der
gleichen Kapillare mit elektroosmotisch getriebener und mit druckgetriebener mobiler Phase ermittelt
wurden. In allen Fällen waren die bei elektroosmotisch getriebener mobiler Phase ermittelten Retentionsfaktoren um etwa den Faktor 1,2 höher als bei druckgetriebener mobiler Phase. Die beobachteten Unterschiede sind möglicherweise auf Veränderungen der Grenzfläche zwischen
stationärer und mobiler Phase durch das anliegende elektrische Feld zurückzuführen. Die Resultate
von VISSERS et al. legen nahe, daß korrekte Retentionsfaktoren auch für Analyte, deren
elektrophoretische Beweglichkeit nicht vernachlässigbar ist, nicht aus einer Messung mit druckgetriebener mobiler Phase (kein Anlegen von Spannung) zu ermitteln sind.
Bei In-column-Detektion kann der Retentionsfaktor k für einen Analyten mit der elektrophoretischen
Beweglichkeit µep nach Gl.5 berechnet werden.
k=
t R − t mob
t mob
(5)
tmob bezeichnet die Aufenthaltsdauer des Analyten in der mobilen Phase. Diese wird mit Gl.6
berechnet.
-9-
t mob =
LD
LD
+ µ ep F
t0
LD
= Länge der Kapillare bis zum Detektor
µep
= elektrophoretische Beweglichkeit
F
= elektrische Feldstärke
(6)
Durch Umwandlung ergibt sich aus Gl.5 und 6 Gl.7.
k=
t R (LD + µ ep F t 0 ) − LD t 0
LD t 0
(7)
Wodurch entstehen störende Blasen in der CEC?
In der CEC wird die Länge der Trennkapillare nicht (wie in der HPLC) durch den
Strömungswiderstand der Packung begrenzt. Jedoch wird die elektrische Feldstärke F in der
Trennkapillare (veo ist proportional zu F) durch die Gesamtlänge der Kapillare mitbestimmt. Im
homogenen elektrischen Feld ist F identisch mit dem Quotienten aus Spannung und
Elektrodenabstand (Elektrodenabstand = Gesamtlänge der Kapillare). Bei isokratischem Lauf kann
von einem homogenen elektrischen Feld in der Kapillare ausgegangen werden. Um die hohe Effizienz
eines elektrochromatographischen Trennsystems nutzen zu können, muß F eine elektroosmotische
Geschwindigkeit gewährleisten, die gemäß der VAN-DEEMTER-Gleichung eine minimale Bodenhöhe H
bewirkt. Bei apparativ vorgegebener Maximalspannung zwischen den Elektroden des verwendeten
experimentellen Aufbaus ist daher auch in der CEC die sinnvollerweise zu verwendende
Gesamtlänge der Trennkapillare beschränkt.
Die in den meisten apparativen Aufbauten verwendeten Hochspannungsquellen gestatteten eine
maximale Ausgangsspannung von 30 kV. Wird von einer erforderlichen elektroosmotischen
Geschwindigkeit von mindestens 1,5 mm s-1 und einer elektroosmotischen Beweglichkeit von µeo =
0,25 cm2 s -1 kV -1 ausgegangen, so wird mit veo = µeo ⋅ F für die maximale Gesamtlänge der
Trennkapillare 500 mm erhalten. Werden Hochspannungsquellen eingesetzt, die eine höhere
Ausgangsspannung zulassen, können auch Trennkapillaren mit entsprechend höherer maximaler
Gesamtlänge eingesetzt werden.
Bei Vernachlässigung der Bandenverbreiterung außerhalb der Trennstrecke ist die Effizienz eines
chromatographischen Trennsystems direkt proportional zur Länge der chromatographischen
Trennstrecke. Um in der CEC hocheffiziente Trennungen zu ermöglichen, sollte daher die
- 10 -
chromatographische Trennstrecke bei vorgegebener Gesamtlänge der Trennkapillare so lang wie
möglich gehalten werden, d.h. das Detektionsfenster sollte so nahe wie möglich am detektionsseitigen Ende der Trennkapillare positioniert werden. Um schnelle Trennungen mit der CEC zu
erreichen, sollte bei entsprechend verkürzter Gesamtlänge der Trennkapillare gearbeitet werden.
Der in der CEC zu verwendende Innendurchmesser wird kontrovers diskutiert. KNOX und GRANT [18]
führen die in der CEC im ungünstigen Fall zu beobachtende Austrocknung des Packungsbetts
während eines chromatographischen Laufs auf Aufheizung im Packungsbett durch JOULsche Wärme
zurück. Diese Ansicht wird aufgrund der eigenen Arbeiten nicht geteilt. Vielmehr wird aufgrund des
eigenen
experimentellen
Befunds
abgeleitet,
daß
die
„katastrophale“
Austrocknung
des
Packungsbetts auf Unterschiede in der elektroosmotischen Beweglichkeit µeo längs der chromatographischen Trennstrecke und auf Unterschiede in den Querschnitten A des für die mobile Phase
zugänglichen Volumens zurückzuführen ist. Unterschiede in µeo oder A bewirken Unterschiede im
elektroosmotischen Druck innerhalb der Kapillare. Bei sehr hohem Strömungswiderstand durch das
Packungsbett kann es lokal zu Bereichen erniedrigten Drucks kommen, so daß in diesen Bereichen
der Dampfdruck der mobilen Phase unterschritten wird. Sobald eine Gasblase gebildet wurde
(aufgrund der hohen spezifischen Oberfäche der stationären Phase ist die Gasbildung nicht kinetisch
gehemmt), ist die Feldstärke in der Kapillare im Bereich der Gasblase erhöht und somit auch die
Freisetzung von JOULscher Wärme im Bereich der Gasblase. In Folge trocknet die gesamte Kapillare
in Richtung des EOF aus.
Folgende Beobachtungen stützen diese These. Blasenbildung tritt vorwiegend im Bereich von
Abschlußfritten auf. In diesem Bereich grenzen Zonen unterschiedlicher µeo und A aufeinander. Ist die
Fritte am aufgabeseitigen Ende der Kapillare nicht ausreichend permeabel, so tritt auch bei sehr
niedriger Feldstärke bei Kapillaren mit 75 µm Innendurchmesser und bei Verwendung von mobiler
Phase mit sehr geringer spezifischer Leitfähigkeit Blasenbildung im Bereich dieser Fritte auf. Wird
die Fritte mit geringer Permeabilität mechanisch entfernt und mit einer Fritte mit höherer
Permeabilität ersetzt, so tritt auch bei höherer Feldstärke keine Blasenbildung auf.
Bemerkenswert ist die Tatsache, daß in der CE und in der MEKC mit weitaus höherer in Wärme
umgesetzter elektrischer Leistung als in der CEC gearbeitet werden kann. So ist es möglich, in der
MEKC bei einer Spannung von 30 kV zwischen beiden Enden der Kapillare und einem Strom von 180
µA Trennungen durchzuführen. Während eines chromatographischen Laufs wird unter diesen
Bedingungen eine Leistung von 5,4 W in Form von Wärme in der Kapillare freigesetzt. Die während
einer elektrochromatographischen Trennung meßbare Stromstärke ist aufgrund der geringen
spezifischen Leitfähigkeit der mobilen Phase weitaus geringer als in der CE und der MEKC. Die mit
gepackten Kapillaren (100 µm Innendurchmesser, mit Octadecylsilicagel (dT = 3 µm) gepackt,
Gesamtlänge 400 mm) bei einer Spannung von 30 kV gemessene Stromstärke betrug maximal 10
µA. Während eines chromatographischen Laufs wird unter diesen Bedingungen nur eine Leistung von
0,3 W in Form von Wärme in der Kapillare freigesetzt.
- 11 -
Wärmeentwicklung als primäre Ursache der störenden Blasenbildung in der Packung kann aufgrund
der Resultate der eigenen Arbeiten weitgehend ausgeschlossen werden. Es sollte daher auch
möglich sein, in der CEC gepackte Kapillaren mit höherem Innendurchmesser als in der CE (in der
CE I.D. ≤ 75 µm) ohne Verlust an Effizienz des Trennsystems einzusetzen.
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