Diagnostik und Therapie der Endokarditis

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Diagnostik und Therapie der Endokarditis
Bei der Endokarditis wird eine bakterielle von einer abakteriellen Entzündung des
Endokards unterschieden. Grundsätzlich kann jeder Mensch an einer Endokarditis erkranken
und unbehandelt ist der Krankheitsverlauf meist tödlich. In Westeuropa ist die Endokarditis
bei herzgesunden Menschen selten geworden und seit der Einführung von Antibiotika auch
behandelbar. Eine erhöhte Gefahr, an einer Endokarditis zu erkranken, besteht jedoch bei
Patienten mit angeborenen oder erworbenen Herzfehlern oder bei Patienten nach einem
Herzklappenersatz.
Bei der bakteriellen Endokarditis sind in der Regel die Aorten- und Mitralklappen betroffen.
Sie lässt sich entsprechend ihrer Verlaufsformen und damit der Aggressivität der Erreger in
eine subakute und eine akute Form unterteilen. Die subakute Endokarditis verläuft im
Gegensatz zur akuten bakteriellen Endokarditis wesentlich langsamer, mit weniger
Symptomen, im Allgemeinen also leichter als eine akute bakterielle Endokarditis:
Die subakute bakterielle Endokarditis (Endocarditis lenta) wird häufig durch Bakterien
verursacht, die normalerweise immer die Haut oder Schleimhäute besiedeln, ohne eine
Krankheit zu verursachen. Es handelt sich dabei also um Erreger mit einer geringen
Aggressivität. Häufigster Erreger der subakuten Endokarditis ist Streptococcus viridans,
seltener Staphylococcus aureus. Aber auch Staphylococcus epidermidis und einige Arten der
Hämophilusgattung können als Erregerspektrum von Bedeutung sein. Da die Erreger häufig
aus dem Mund stammen (z.B. Streptococcus viridans), tritt die subakute bakterielle
Endokarditis häufig nach Zahnextraktionen, aber auch kleineren Eingriffen im Mund (z. B.
Zahnsteinentfernung, Einsetzen einer Zahnspange, u.ä.), auf. Meist setzen sich die Erreger auf
bereits vorgeschädigte Klappen. Außerdem kommt diese Form der Endokarditis bei Personen
mit schlechter Abwehrlage vor. Die Bakterien streuen aber eventuell auch, ausgehend von
Eintrittspforten, die neben einem Zugang über die Vene auch von Entzündungsherden des
Urogenital- oder Gastrointestinaltrakts ausgehen können. Die Erreger gelangen ins Blut und
damit auch ins Herz, wo sie sich an das Endokard anlagern. Die ursprünglichen
Entzündungsherde können dabei so geringe Beschwerden bereiten, dass Sie vom Betroffenen
selbst gar nicht bemerkt wurden. Neben den bakteriellen Erregern können auch Pilze wie
Candida und Aspergillus eine Endokarditis auslösen. Bei der akuten bakteriellen
Endokarditis handelt sich um wesentlich aggressivere Keime, weshalb sie auch an gesunden
Herzklappen auftreten kann. Der häufigste Erreger ist Staphylococcus aureus. Daneben
können auch Streptokokken der Gruppe A, Enterokokken, Pneumokokken oder Gonokokken
vorkommen.
Je nach Form der bakteriellen Endokarditis unterscheiden sich auch deren Symptome. Der
Beginn der subakuten bakteriellen Endokarditis ist meist schleichend. Die Betroffenen zeigen
dabei nur allgemeine Krankheitszeichen und relativ wenig spezifische Symptome. Die
Beschwerden unterscheiden sich nicht von anderen leichten Allgemeinerkrankungen. Die
Körpertemperatur steigt langsam an und bleibt meist um die 38 Grad Celsius. Neben einem
allgemeinen Krankheitsgefühl kommen Nachtschweiß, leichte Ermüdbarkeit und eventuell
Schüttelfrost und Gelenkschmerzen vor. Die Erkrankten leiden unter Appetitmangel und
Gewichtsverlust. Die Symptomatik kann aber auch kardiale Probleme mit einschließen. Die
Symptome der akuten Endokarditis ähneln denen der subakuten Endokarditis, jedoch ist der
Verlauf rasanter und schwerer. Die Betroffenen haben meist hohes Fieber, über 39°C, und
können
unter
Bewusstseinstrübungen
leiden.
Es
kann
zum
septischen,
akut
lebensbedrohlichen Schock kommen. Obwohl die Zerstörung der Herzklappen in weniger als
40 Tagen vor sich geht, können bei einem derartig schnellen Krankheitsverlauf anfangs
Herzgeräusche fehlen. Durch septische Embolien können an anderen Stellen Infektionsherde
mit entsprechenden Symptomen auftreten.
Erster Schritt der Diagnose bei einer bakteriellen Endokarditis ist es, mögliche Risikofaktoren,
wie Herzfehler oder Klappenersatz-Operationen, in der Anamnese zu erkennen. Die
körperliche Untersuchung kann bei der subakuten bakteriellen Endokarditis unauffällig sein,
wobei bei fast allen Patienten entweder Fieber oder auffällige Herzgeräusche auftreten. Die
genaue Diagnose der Endokarditis wird anhand mehrfacher Erregerkulturen aus dem Blut
gestellt, wobei eine negative Kultur kein Beweis dafür ist, dass keine Infektion stattfindet, da
manche Erreger schwer nachweisbar sind. Weitere Hinweise auf eine bakterielle Endokarditis
liefern die Leukozytose und Entzündungsmarker im Blut. Als bildgebende Methoden finden
die transthorakale und vor allem die transösophageale Echokardiographie ihre Anwendungen.
Die Therapie der bakteriellen Endokarditis umfasst neben der Behandlung einer eventuell
verursachenden Grunderkrankung vor allem eine Antibiotikatherapie über vier bis sechs
Wochen. Diese sollte idealer Weise erregerspezifisch nach entsprechendem Antibiogramm
erfolgen.
Der
Nachweis
von
neu
aufgetretenen
Klappenvegetationen
bei
einer
Echokardiographie (in ca. 50% der Fälle) oder von Keimen in der Blutkultur sind manchmal
schwer
zu
erbringen,
weil
sich
trotz
vorliegender
Endokarditis
noch
keine
Klappenveränderungen/Vegetationen gebildet haben oder der Nachweis von Keimen in der
Blutkultur nicht gelingt weil der Patient vorher schon Antibiotika eingenommen hat. Gelingt
der Nachweis von Bakterien in der Blutkultur nicht (5 bis 10 % der Fälle), dann muss beim
Vorliegen der klinischen Zeichen über eine Zeit von vier bis sechs Wochen „blind“ und
„breit“ antibiotisch behandelt werden. Danach folgt eine ein- bis zweiwöchige kritische
Beobachtung. Wenn feststeht, dass die Infektion durch verunreinigte Fremdkörper, wie z.B.
durch einen infizierten Klappenersatz, entstanden ist, kann durch eine erneute Operation und
Entfernung des Fremdkörpers die Heilungschance verbessert werden. Kommt es zu nicht
behandelbaren Komplikationen wie einer Sepsis, Embolien oder einer fortschreitenden
Herzinsuffizienz kann ein operativer Herzklappenersatz nötig sein.
Priv.-Doz. Dr. med. Jörg Hausleiter
Deutsches Herzzentrum München und
1. Medizinische Klinik des Klinikums rechts der Isar
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