Morbus Behcet Dr Förhécz Zsolt • Der M. Behcet (Morbus Behcet, Morbus = Krankheit) ist eine von dem türkischen Hautarzt Hulushi Behcet (Istanbul, 18891948) erstmals beschriebene und nach ihm benannte, eine seltene immunologische Erkrankung. Das Krankheitsbild • Der M. Behcet ist eine Sonderform der Vaskulitiden. • Typisch sind aphthenartige Geschwüre der Mundschleimhaut und / oder der Genitalschleimhaut (daran leiden 100% der Patienten) • Augenentzündungen (Iritis, "Hypopyon-Iritis" (bei etwa 80% der Patienten), Entzündungen der Haut (Erythema nodosum, bei etwa 80% der Patienten), der Talgdrüsen (Follikulitis), Pustelbildungen der Haut • Entzündungen der Gelenke (Arthritis, bis 70% der Patienten; Sakroileitis bei etwa 30%) • und Venenentzündungen ("Thrombophlebitis"). • Im Magen-Darm-Trakt kann es zu Bauchschmerzen und Geschwüren der Magen- und Darmschleimhaut mit Blutungen kommen. • Gefürchtet ist eine Gehirnbeteiligung ("Neuro-Behcet") mit Entzündungen der Hirnhaut (Meningitis) und / oder des Gehirns (Enzephalitis; bei Befall von Hirnhaut und Gehirn Meningoenzephalitis). Wenn es im Rahmen von Entzündungen von Gehirngefäßen zu Verschlüssen dieser Gefäße kommt, etnwickeln sich Durchblutungsstörungen des Gehirns bis hin zu Hirninfarkten (Schlaganfälle). • Gefäßverschlüsse und Thrombosen können auch in anderen Organen auftreten, sind dort aber seltener. Die Diagnose • Die Diagnose des M. Behcet wird durch sogenannte klinische Kriterien gestellt, d.h. man überprüft, welche der obengenannten Symptome und Befunde vorliegen. • Typische Laborwerte, die charakteristisch für einen M. Behcet wären, gibt es nicht. • Die Erkrankung ist mit humangenetischen Markern assoziiert; der Nachweis bestimmter HLA-Konstellationen (siehe HLA-System) ist aber nicht diagnoseleitend, sondern zeigt nur ein erhöhtes Risiko für bestimmte Krankheitsmanifestationen an. • So ist der Marker HLA B27 und HLA B12 mit Gelenkbeteiligung assoziiert, HLA B5 mit einer Augenbeteiligung sowie HLA DR7 mit einer Augenbeteiligung sowie einer Beteiligung des Nervensystems ("neurologische Beteiligung"). • Einen Hinweis auf das Vorliegen eines M. Behcet ergibt der sogenannte Pathergie-Test. Er ist bei etwa 65% der BehcetPatienten positiv. • Ein positiver Pathergie-Test zeigt sich in der Ausbildung einer großen eitrigen Pustel an der Stelle einer Hautverletzung, z.B. im Bereich der Einstichstelle bei einer Blutentnahme. Die Therapie • Die Behandlung des M. Behcet erfolgt in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung, von der Krankheitsaktivität und von der Art der Krankheitsmanifestationen. • Wesentliches Medikament im akuten Stadium ist Cortison. • Häufig ist auch in der Dauertherapie eine Cortisonbehandlung notwendig, um schweren Organschädigungen durch den M. Behcet vorzubeugen. • Zur Einsparung von Cortison und zur Erzielung einer Remission wird auch beim M. Behcet eine langwirksame antirheumatische Therapie eingesetzt (Basismedikamente, Therapie entzündlichrheumatischer und immunologischer Erkrankungen). Morbus Reiter • Der M. Reiter ist eine Sonderform der infektreaktiven Arthritiden und gehört in die übergeordnete Gruppe der seronegativen Spondarthritiden oder in der neuen Nomenklatur Spondylarthropathien. • Von dem deutschen Militärarzt Hans Reiter beschriebene Symptomkombination (Syndrom) – von Harnröhrenentzündung (Urethritis), – Bindehautentzündung (Konjunktivitis) – und Gelenkentzündung (Arthritis). • durch eine Infektion vor allem des Darms oder der Harnwege mit Bakterien(meistens Chlamydien) ausgelöst wird und sich in typischer Weise als Reitersche Trias • aus Arthritis, Konjunktivitis/Uveitis und Urethritis darstellt, • teils an den befallenen Gelenken zusätzlich (Reitersche Tetrade) mit der Reiter-Dermatose, Hautveränderungen ähnlich einer Psoriasis • Die Symptome des Morbus Reiter treten meist ein bis sechs Wochen nach der vom Patienten oft nicht bemerkten Infektion auf. Zu den anfänglichen Hauptsymptomen gehören neben möglichem Fieber und Abgeschlagenheit: • Urethritis (Harnröhrenentzündung; unspezifisch, nicht-gonorrhoisch) oder Zervizitis mit schleimigem oder eitrigem Ausfluss • Seltener verbunden mit einer Prostatitis (Prostataentzündung) oder Zystitis (Harnblasenentzündung). • Entzündung der Augenbindehaut, (serös oder purulent) mit entsprechenden Beschwerden; • Als Komplikation kann eine Iridozyklitis auftreten und zu bleibenden Schäden führen • Arthritis: Rötung und Erwärmung eines oder mehrerer Gelenke (Monarthritis oder Oligoarthritis, meist asymmetrisch) hauptsächlich der großen Gelenke der Beine (Kniegelenk, Sprunggelenk), oft verbunden mit ausgeprägten Gelenkergüssen, die den Patienten ans Bett fesseln können. • Sind die oberen Extremitäten (die Arme) betroffen, werden eher die kleinen Gelenke befallen. • Auch Arthritiden des Achsenskeletts (Entzündungen der Wirbelsäulengelenke sowie eine Sakroiliitis) sind möglich. • Häufig ist wiederum eine Entzündung der Achillessehne oder der Plantarfaszie am Fersenbein. • • • • • • • • Vielgestaltige Hautveränderungen, die in ihrer Gesamtheit die Diagnose am schnellsten ermöglichen. Beginn meist mit in Gruppen auftretenden sterilen Pusteln auf erythematösem Grund an Handflächen und Fußsohlen , wobei die Bläschen bald platzen und sich ein sog. Keratoderma blenorrhagicum bildet. Psoriasisähnliche Herde, die besonders über den Gelenken entstehen (damit Differentialdiagnose: Psoriasis-Arthritis), prinzipiell aber überall auftreten können Oberflächliche Ulcera der Mundschleimhaut Veränderungen ähnlich einer Lingua geographica (Landkartenzunge) Balanitis circinata an Glans penis (Eichel) und Vorhaut Selten entsteht auch ein Erythema nodosum Nagelveränderungen wie subunguale Keratosen, Onycholyse und Onychodystrophie sind möglich Diagnose • • Anamnese eines vorangegangenen Infekts (oft nicht zielführend) Die Laboruntersuchung des Blutes zeigt unspezifische Veränderungen: Entzündungszeichen; antinukleärer Antikörper und Rheumafaktoren fehlen. Sie dient somit in erster Linie der Verdachtserhärtung durch Ausschluss anderer Ursachen. • Der Nachweis von HLA-B27 erhärtet die Verdachtsdiagnose weiter, ist aber im Einzelfall keineswegs beweisend, da auch etwa 8 % der gesunden Bevölkerung dieses Merkmal tragen. • Ein Urethralabstrich oder Zervixabstrich mit Untersuchung auf Chlamydien und Mykoplasmen soll auch bei diesbezüglich beschwerdefreien Patienten durchgeführt werden. Der entsprechende Nachweis erfolgt mittels Erregerkultur oder PCR. Nicht zielführend ist eine alleinige ChlamydienSerologie. Dagegen ist eine Titerbestimmung der Salmonellen-, Campylobacter und Yersinien-Antikörper in allen Fällen angezeigt. • Röntgen und Magnetresonanztomographie der betroffenen Gelenke Therapie • Die Therapie des M. Reiter erfolgt zunächst mit cortisonfreien Entzündungshemmern gegen die Entzündung und die entzündungsbedingten Schmerzen. • Bei der größeren Zahl der Patienten kommt es darunter im Verlauf der nächsten Wochen bis Monaten zu einem Abklingen der Symptome und einer anhaltenden Remission. Chronischer Verlauf • Bei einer kleineren Gruppe von Patienten mit M. Reiter entwickelt sich ein chronischer Verlauf, der von der Symptomatologie und den Krankheitsmanifestationen viel Ähnlichkeit mit einem M. Bechterew oder anderen Erkrankungen aus der Gruppe der Spondylarthropathien haben kann. • Dazu gehören insbesondere – die Daktylitis als ganz typische, besondere Gelenkmanifestation der Spondylarthropathien und speziell auch des M. Reiter und anderer infektreaktiver Arthritiden, – die Sakroileitis (Entzündung der Kreuz-Darmbein-Gelenke, Iliosakralgelenke = ISG), – die entzündliche Enthesiopathie, d.h. Entzündungen am Ansatz von Sehnen (speziell auch im Bereich der Achillessehnen) – und Manifestationen außerhalb des Bewegungssystems, insbesondere auch am Auge in Form einer Iritis bzw. Uveitis. • Ein chronischer Verlauf eines M. Reiter wird besonders bei Patienten beobachtet, bei denen der Risikomarker HLA B27 positiv ist. Bei bis zu 80% der Patienten mit einem M. Reiter ist HLA B27 positiv, und bei etwa dreiviertel dieser Patienten kommt es zu einem chronischen Verlauf.