Antiemetika in der Selbstmedikation und MCP

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MCP: Hintergründe und Alternativen.
Welche Antiemetika empfehle ich in
der Selbstmedikation?
Referentin: Verena Wulf
Gliederung
 Pathophysiologie
 Metoclopramid:
 Pharmakologie
 MCP-Rückruf
 Antiemetika
Übelkeit und Erbrechen
Die wichtigsten Fakten im Überblick
und Wirkmechanismus (UAWs, Kontraindikationen)
– „eine üble-Geschichte“
in der Selbstmedikation
 Anwendungsbeispiele
und Sicherheitsprofile
Pathophysiologie: Übelkeit und Erbrechen
(vereinfachte und stark schematisierte Darstellung)
Ursachen Übelkeit und Erbrechen

akute Magen-und Darminfekte, viral, bakteriell, Toxine etc.

Emetogene Arzneimittel (Zytostatika, Digitalisglykoside, Opioide,
Apomorphin, L-Dopa, etc.)

Kinetosen (Reiseübelkeit)

Schwangerschaft (Frühschwangerschaft, morgendliches Erbrechen,
Hyperemesis gravidarum)

Psychovegetative Reize, z.B. optisch, akustisch

Migräne
Ursachen Übelkeit und Erbrechen

Drogen- und Alkoholmissbrauch

Vergiftungen

Angstzustände, Depression, Anorexia nervosa etc.

Stoffwechselerkrankungen

Chronische Magen-und Darmerkrankungen, Pankreatitis, Urämie,
hepatisches Koma

Verletzungen, Trauma mit Hirndrucksteigerung
Physiologische Funktion und potentielle
Komplikationen von Erbrechen

Aspiration von Erbrochenem in die Lunge

Elektrolytverschiebungen, Dehydratation

PH-Wert-Verschiebungen (Azidose, Alkalose)

Säure und Verdauungsenzyme aus dem Magen können dauerhaft Gewebe in
Mundhöhle und Zähne schädigen

Speiseröhrenschädigung bis hin zum Speiseröhrenriss (Ösophagusriss)
Neurotransmitterrezeptoren im Überblick:

D2- Rezeptor DOPAMINREZEPTOR

5-HT3-Rezeptor SEROTONINREZEPTOR

H1-Rezeptoren HISTAMINREZEPTOR

m-Cholinorezeptor

NK1-Rezeptoren NEUROKININREZEPTOR
MUSCARINISCHER-ACETYLCHOLINREZEPTOR
Antiemetika im Überblick

5-HT3-Rezeptor



SEROTONINREZEPTORBLOCKER:
Beispielwirkstoff: Ondansetron
Indikation: Chemotherapie, Cisplatin-Antidot, Strahlentherapie
NK1-Rezeptoren
NEUROKININ-1-REZEPTORBLOCKER:

Beispielwirkstoff: Aprepitant (EmendR)

Indikation: verzögertes Erbrechen nach Chemotherapie
Antiemetika im Überblick



H1-Rezeptor
H1-REZEPTORBLOCKER (Antihistaminika):

Beispielwirkstoff: Dimenhydrinat

Indikation: z.B. Reiseübelkeit
m-Cholinorezeptor
ACETYLCHOLIN-REZEPTORBLOCKER:

Beispielwirkstoff: Scopolamin (ScopodermR TTS)

Indikation: Kinetose
D2- Rezeptor
D2-REZEPTORBLOCKER: MCP
MCP: Pharmakologie und
Wirkmechanismus

D2-Rezeptorantagonist, zentral wirksam

Antiemetikum und Prokinetikum

Schnelle Resorption nach oraler Gabe

HWZ 3-4 Stunden

Ausscheidung; Metabolisierung hauptsächlich renal
MCP – Indikationen (vor April 2014)
Antiemetikum

Migräne

Leber- und Nierenerkrankungen

Schädel- und Hirnverletzungen

Arzneimittelunverträglichkeit
Prokinetikum

Migräne

Diabetische Gastroparese
(Muskelschwäche des Magens
als Komplikation des Diabetes
mellitus)

Dyspepsie, Reflux (GERD)
MCP: Nebenwirkungen/ UAWs

Allgemein: Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwindel

Verdauungstrakt: Durchfälle

Psyche: Angstzustände, Ruhelosigkeit, depressive Verstimmungen

Blutbildveränderungen: Methämoglobinämie

Haut: Ausschlag, Rötungen, Ekzeme

Geschlechtsorgane: Prolaktinerhöhung, Zyklusstörungen, Libidoverlust

Nebenwirkungen auf das Nervensystem: Dyskinesien in Form von akuten
extrapyramidalen Störungen und tarditiven Dyskinesien (Neuroleptika!!!)
Torticollis spasmodicus

„Schiefhals“

Unwillkürliche krampfartige Bewegung

Seitliche Überstreckung des Halses

Akute Dystonie, extrapyramidale Störung
Tarditive Dyskinesien

z.T. irreversible Dyskinesien in Form von:

Blickstarre

Verkrampfung von Gesichts- und Kaumuskulatur

Vorstrecken der Zunge, Verkrampfung der Schlund- und Zungenmuskulatur

Überstreckung der Wirbelsäule

Beugekrämpfe der Arme und Streckkrämpfe der Beine
Zur bisherigen Datenlage neurologischer
Nebenwirkungen
„ [...] dass das Risiko einer akuten Dystonie bei Anwendung von hohen Dosen
erhöht und bei Kindern höher als bei Erwachsenen ist. Ältere Patienten
scheinen insbesondere dem Risiko zu unterliegen, nach einer langfristigen
Behandlung eine tarditivde Dyskinesie zu entwickeln, die in einigen Fällen
irreversibel sein kann. Durch die langsame Anwendung von intravenösen Dosen
als langsame Bolusgabe über mindestens 3 Minuten wird das Risiko aller
dystonischen Reaktionen gesenkt.“
MCP: Kontraindikationen

Cave: Parkinson

Cave: Wirkverstärkung von Neuroleptika

Prolaktinabhängige Karzinome (Dopaminblockade erhöht
Prolaktinsekretion), Phäochromozytom

Säuglinge und Kinder

Blutungen im Magen-Darm-Bereich

Epileptiker, EPMS-Bewegungsstörungen, Dyskinesien

Überempfindlichkeit/Allergie
MCP-Rückruf: „Eine üble Geschichte“
Zulassungssituation vor: April 2014
Maßnahmen zur Risikominimierung April 2014
Wirkstärke 4-5mg/ml (Tropfen, Sirup)
Wirkstärke 1mg/ml (Tropfen, Sirup), (Suppositorien höchstens 20mg
als Einzeldosis)
Keine Angaben bzgl. des Applikationssystems, meistens Tropfaufsatz
Graduiertes Applikationssystem z.B. Kolbenpipette
Empfohlene Tagesdosis Erwachsene:
Empfohlene Tagesdosis Erwachsene:
4x tgl. 10 mg
3xtgl. 10 mg
Anwendungsdauer: bei akuten und chronischen Beschwerden
Nur in Akutfällen, maximal 5 Tage
Indikationen:
Indikationen:
-symptomatisch bei Übelkeit und Erbrechen
-symptomatisch bei Übelkeit und Erbrechen
-akute Migräne
-akute Migräne
-postoperativ
-postoperativ (nur Parenteralia)
-Radio- und Chemotherapie
Therapeutische Lücke
(da Beschränkung auf 30mg innerhalb von 24 Stunden)
-als Prokinetikum bei diabetischer Gastroparese, Dyspepsie, Reflux
Therapeutische Lücke
Kinder: Erstlinientherapie postoperativ, Chemotherapie
Kinder: Zweitlinientherapie postoperativ, Chemotherapie
KI für Kinder unter 1 Jahr ungeachtet der Anwendungsoption
Auf der Suche nach Alternativen
für Prokinetika als Dauermedikation

Domperidon???

Cisaprid???

Motilinrezeptoragonisten (Erythromycin-Analoga)???
Domperidon

August 2014 Rote-Hand-Brief

Risikoneubewertung: schwere kardiale Risiken

Beschränkung der Behandlungsdauer auf maximal 7 Tage

Hauptsächlich periphere D2-Blockade (Area postrema)

Keine zentralen UAWs wie bei MCP, aber:

Kardiale UAWs, QT-Zeit-Verlängerung, deshalb auch hier kürzlich vorgenommene
Indikationseinschränkung seitens der EMA (nur als Antiemetikum, nicht mehr bei
Oberbauchbeschwerden und Völlegefühl)

Ergo: hier ebenfalls keine Alternative zu MCP (für die Indikation Prokinetikum für
chronisch Kranke)
Cisaprid

partieller Agonist am Serotonin-Rezeptor hat dieser
Wirkstoff keine antagonistische Wirkung am D2-Rezeptor
und somit keine antiemetische Wirkung und keine
dyskinetischen Nebenwirkungen, aber:

Auch hier wurde die Zulassung im Jahr 2000 auf Grund von
kardialen Nebenwirkungen entzogen

Ergo: keine Alternative zu MCP
(für die Indikation Prokinetikum für chronisch Kranke)
Motilinrezeptoragonisten

Makroloidantibiotikum Erythromycin: stark ausgeprägte Kontraktion von
Antrum und Duodenum bei bereits geringer Dosierung

Aber: fehlende Zulassung, off-lable-use

Resistenzentwicklung

Ergo: Keine Alternative zu MCP
(für die Indikation Prokinetikum für chronisch Kranke)
NRF-Rezeptur: Lösung aus ParenteraliaFertigarzneimitteln (1mg/ml)
Leitlinien
Antiemetika in der Selbstmedikation

Analog zu den Leitlinien der Bundesapothekerkammer
werden dem pharmazeutischen Personal im Wesentlichen
zwei Entscheidungen abgefordert:
1.
Stimmt die Eigendiagnose des Patienten
und lässt die Schwere der Erkrankung eine
Selbstmedikation zu?“
2.
ist das vom Patienten verlangte Arzneimittel
geeignet bzw. bei einer
Symptompräsentation, welches
Arzneimittel kann in der Selbstmedikation
empfohlen werden?“
H1- Rezeptorblocker

Indikation: Prophylaxe und symptomatische Therapie von Übelkeit und
Erbrechen, Reisekrankheit (Schwangerschaft siehe Hinweise Embryotox)

Wirkmechanismus: Blockade von H1-Rezeptoren (ZNS-gängig,
Vestibularapparat)

Substanzen der 1. Generation: Dimenhydrinat, Diphenhydramin
Wirkstoffe: H1-Rezeptorblocker
(Antihistaminika) der 1. Generation
Dimenhydrinat (Salz aus Diphenhydramin
Diphenhydramin
und einem Xanthinderivat)

Zusatz des Xanthinderivates
(Chlortheophyllin) um sedierende
Wirkung abzuschwächen

Fertigarzneimittel: VomexR,
VomacurR, ReisegoldR etc.

Tabletten, Zäpfchen, Sirup,
Retardtabletten, Kaugummis

Zugelassen ab 8 kg Körpergewicht

Spielt größere Rolle als Schlafmittel

Fertigarzneimittel: EmesanR

Tabletten, Zäpfchen

zugelassen ab 8 kg Körpergewicht

Parenterale Arzneiform unterliegt
der Verschreibungspflicht
Nebenwirkungen H1-Rezeptorblocker

Schwindel, Benommenheit, Schläfrigkeit

Anticholinerge Begleiterscheinungen (nicht selektiv am Histaminrezeptor, auch
Acetylcholinrezeptor)

Mundtrockenheit, Tachykardie (kardiale Arrhythmien), Sehstörungen,
Miktionsstörungen, Delirien, Krämpfe, GI-Beschwerden, Bewegungsstörungen

Erhöhung Augeninnendruck

Allergische Hautreaktionen

Leberfunktionsstörungen

Paradoxe Reaktionen bei Kindern (Unruhe, Schlaflosigkeit)
Beratungshinweise: Cave!

Herzrhythmusstörungen und Arzneimittel, die ebenfalls QT-Zeit
Verlängerungen bewirken (Antibiotika, Antiarrythmika, Malaria-Mittel,
Antihistaminika, Neuroleptika)

Chronische Atembeschwerden und Asthma

Alkohol, da Potenzierung der Nebenwirkungen

Säuglinge, Kleinkinder (erhöhtes Risiko für unregelmäßiges Atmen,
Atemstillstillstand), Ältere (Polymedikation) reagieren empfindlicher auf
anticholinerge Effekte

PRISCUS-Liste (potentiell nicht geeignete Arzneistoffe für Ältere)
Kontraindikationen H1-Rezeptorblocker

Glaukom (Engwinkelglaukom)

Akuter Asthma-Anfall

Prostatahypertonie mit Restharnbildung

Krampfanfälle

Porphyrie

Phäochromozytom
Alternativen aus der Phytotherapie

INGWERWURZELSTOCK (ZINGIBERIS RHIZOMA)

Stammpflanze: Zingiber officinale Roscoe (Ingwer),
Zingiberaceae

Inhaltsstoffe:

ätherisches Öl (Sesquiterpene, Monoterpen)

Scharfstoffe
Ingwerwurzelstock (Zingiberis rhizoma)

Wirkmechanismus und Indikation:

Antagonistische Wirkung am 5-HT3- Rezeptor

Indikation: Übelkeit und Erbrechen, Reisekrankheit, Übelkeit nach kleineren
chirurgischen Eingriffen, Schwindelgefühl (laut Embryotox kurzfristige
Anwendung unbedenklich in der Schwangerschaft)
Beratungshinweise: Ingwerwurzelstock
(Zingiberis rhizoma)
Nebenwirkungen:
• Sodbrennen
• Allergische Reaktionen Haut und Atemwege
Kontraindikationen:
• Gallensteine
• ggf. Blutungsneigung, cave bei operativen Eingriffen
Dosierung: 2-4g Droge als Tagesdosis, bzw. als Fertigarzneimittel (ZintonaR) 2 Kapseln 30
Minuten vor Reiseantritt, dann alle 4 Stunden 2 Kapseln (nicht für Kinder unter 6 Jahren
geeignet)
Alternativen aus der Phytotherapie
Pflanzliches Kombinationspräparat:
IberogastR




ANGELIKAWURZEL

KAMILLENBLÜTEN

KÜMMELFRÜCHTE
Und IBERIS AMARA (BITTERE
SCHLEIFENBLUME) als Frischpflanze

MARIENDISTELFRÜCHTE

MELISSENBLÄTTER
Multi-Target-Prinzip (zur
Behandlung funktioneller GIBeschwerden, darunter Übelkeit
und Erbrechen)

PFEFFERMINZBLÄTTER

SCHÖLLKRAUT

SÜßHOLZWURZEL
Alkoholischer Auszug aus 8
Arzneidrogen
Beratungshinweise: „Iberogast“
Nebenwirkungen

Überempfindlichkeitsreaktion,
Allergie
Kontraindikationen

Kinder unter 3 Jahren(keine
ausreichende Datenlage)

Bei Kindern unter 6 Jahren sind
Bauchschmerzen grundsätzlich
abzuklären

Cave: alkoholische Tropfen
Alternativen aus der klassischen
Homöopathie
• Nux vomica D12: Übelkeit und Erbrechen nach zu üppigen Mahlzeiten,
Arzneimitteleinnahme
• Okoubaka D3: Nahrungsmittelunverträglichkeit, Nahrungsumstellung auf
Reisen
• Eupatorium perfoliatum D6: Übelkeit und Erbrechen verbunden mit
Erkältungssymptomen
• Cocculus D4: Reiseübelkeit
• Ipecacuanha D6: Übelkeit und Erbrechen bei Magen-Darminfekten
und/oder in Kombination mit Hustenanfällen
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