Zahlen

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Zahlen
G. Leobacher
Wintersemester 2005/2006
2
Inhaltsverzeichnis
1 Zahlenbereiche und Gleichungen
1.1
1.2
1.3
Die natürlichen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
1.1.1
Peano Axiome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
1.1.2
Addition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
1.1.3
Multiplikation
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
1.1.4
Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
1.1.5
Teilbarkeit und Division mit und ohne Rest . . . . . . . . . .
17
1.1.6
Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
1.1.7
Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
Die ganzen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
1.2.1
Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
1.2.2
Rechenoperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
1.2.3
Ordnung auf den ganzen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . .
28
1.2.4
Potenzen und Dezimaldarstellung . . . . . . . . . . . . . . . .
29
1.2.5
Gleichungen mit ganzen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
1.2.6
Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
Die rationalen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
1.3.1
Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
1.3.2
Rechenoperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
1.3.3
Ordnung auf den rationalen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . .
39
1.3.4
Gleichungen mit rationalen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . .
41
1.3.5
Potenzen und Dezimaldarstellung . . . . . . . . . . . . . . . .
43
1.3.6
Die rationalen Zahlen sind zu wenig . . . . . . . . . . . . . .
48
1.3.7
Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
2 Mengen und Funktionen
2.1
5
51
Mengenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
2.1.1
Naive Mengenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
2.1.2
Mengenalgebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
3
4
INHALTSVERZEICHNIS
2.2
2.3
2.1.3
Das Kreuzprodukt zweier Mengen . . . . . . . . . . . . . . .
53
2.1.4
Quantoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
2.1.5
Das Russel’sche Paradoxon . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
2.1.6
Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
2.2.1
Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
2.2.2
Ein noch exakterer Funktionssbegriff . . . . . . . . . . . . . .
59
2.2.3
Funktionsgraphen und Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
Folgen rationaler Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
2.3.1
Definition und Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
2.3.2
Beschränkte Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
2.3.3
Große und kleine Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67
2.3.4
Konvergente Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67
2.3.5
Grenzwertsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
2.3.6
Monotone Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
2.3.7
Cauchyfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
2.3.8
Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
77
3 Die reellen Zahlen
79
3.1
Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
3.2
Rechenoperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
3.3
Eine algebraische Vokabelliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
84
3.4
Ordnung auf den reellen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
3.5
Folgen reeller Zahlen und Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . .
88
3.6
Teilmengen von R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
92
3.7
Rationale Potenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
3.8
Relle Potenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
3.9
Gleichungen mit reellen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
98
3.10 Komplexe Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
3.11 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
4 Weitere Übungen
103
Index
105
Literaturverzeichnis
107
Kapitel 1
Zahlenbereiche und
Gleichungen
1.1
1.1.1
Die natürlichen Zahlen
Peano Axiome
Die natürlichen Zahlen sind zunächst ein rein sprachliches Konstrukt, statt der
Symbole 1, 2, 3, . . . könnte man auch eins“, zwei“, drei“,.. schreiben oder irgend”
”
”
welche anderen Symbole.
Frage: Wie weit können Sie zählen? Benennen Sie die Zahl
123456789123456789123456789
Die natürlichen Zahlen modellieren mathematisch den sprachlichen Vorgang des
Zählens. Dabei stellen wir uns vor, dass man stets weiterzählen kann, indem man
eins dazuzählt“.
”
Beispiel:
n =
nächste Zahl =
123.......789
123.......790
(1.1)
(1.2)
Wir sagen das ganz cool so:
Es gibt unendlich viele natürliche Zahlen.
Ein weiterer sprachlicher Begriff im Umfeld des Zählens ist der der Null : 0. Wir
zählen 0 nicht zu den natürlichen Zahlen.
Ich schreibe einige Eigenschaften über natürliche Zahlen auf, mit denen Sie vielleicht
übereinstimmen:
5
6
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
P1) 1 ist eine natürliche Zahl.
P2) Zu jeder natürlichen Zahl n existiert genau ein Nachfolger s(n) (sprich s von
n) und s(n) ist eine natürliche Zahl.
P3) 1 ist nicht Nachfolger einer natürlichen Zahl.
P4) Sind n, m natürliche Zahlen mit s(n) = s(m) so gilt n = m.
Wir können das so aufzeichnen, indem wir eine natürliche Zahl als • bezeichnen
und den Nachfolger als weiteren • mit verbindendem Pfeil, siehe Abbildung 1.1.
n
s(n)
Abbildung 1.1: Natürliche Zahlen und ihre Nachfolger
Die Punkte P1, P2, P3, P4 sind die ersten vier der sogenannten Peano-Axiome zur
Beschreibung der natürlichen Zahlen. Das fünfte und letzte ist das einzige, welches
einen Namen hat:
P5) Prinzip der vollständigen Induktion: Gilt eine Aussage für 1, und folgt
aus der Aussage für n stets dieselbe Aussage für s(n) (dh. für den Nachfolger),
so gilt die Aussage für alle natürlichen Zahlen.
Abstrakt, gell?
1
s(1)
s(s(1))
n
s(n)
Abbildung 1.2: Das Prinzip der vollständigen Induktion
Wenn ich bei einer Leiter weiß, wie ich zur ersten Stufe komme, und wie
”
von jeder Stufe zur nächsten, dann komme ich bis zu jeder beliebigen
Stufe.“
Noch immer zu abstrakt? - Beispiele kommen noch en masse.
Beispiel: Ein nicht ganz unnützes Beispiel: Dieser Beweis ist gleichzeitig ein Beispiel für einen Induktionsbeweis, also eines Beweises, der das Prinzip der vollständigen
Induktion verwendet.
Satz 1.1 Für alle natürlichen Zahlen ist s(n) 6= n.
Beweis: Die Aussage gilt für n = 1, da sonst s(1) = 1, und dann wäre aber 1 ein
Nachfolger – im Widerspruch zu P3. Es gelte nun die Aussage für n: s(n) 6= n. Wir
müssen zeigen, dass
s(s(n)) 6= s(n).
Das ist aber klar. Wäre s(s(n)) = s(n), so wäre nach P4 s(n) = n, im Widerspruch
zur Annahme s(n) 6= n. Also gilt die Aussage für s(n). Nach P5 gilt die Aussage
s(n) 6= n also für alle natürlichen Zahlen.
7
1.1. DIE NATÜRLICHEN ZAHLEN
Bevor wir weitere Beispiele bekommen, müssen wir erst wissen, wie man mit natürlichen
Zahlen rechnet. (- weiß natürlich jeder).
1.1.2
Addition
Gegeben sind n, m, natürliche Zahlen. Was ist n + m? Sprachlich: Zähle bis n und
dann noch um m weiter.
Die folgende - nach mindestens 9 Schuljahren natürlich trivial erscheinende - Definition, ist ein Beispiel für eine sogenannte induktive Definition: Man definiert etwas
für 1, dann für s(n) unter Berufung auf n, womit man es laut P5 für alle natürlichen
Zahlen definiert hat.
Definition 1.1 (Addition natürlicher Zahlen) Für natürliche Zahlen n, m definieren wir
a) n + 1 := s(n)
b) n + s(m) := s(n + m)
Nach dem Prinzip der vollständigen Induktion ist somit die Addition n + m für
jedes m in N erklärt. Für n hatten wir keine Einschränkung (haben nur gebraucht,
dass n einen Nachfolger hat), also ist n + m für alle n, m erklärt.
Satz 1.2 (Assoziativgesetz für die Addition natürlicher Zahlen) Seien n, m, l
natürliche Zahlen. Dann gilt n + (m + l) = (n + m) + l.
Hier bedeuten die Klammern, dass zuerst die Operation in den Klammern ausgeführt wird, dann die andere Operation mit dem Ergebnis der ersten Operation.
Beweis: Seien n, m beliebige natürliche Zahlen.
Induktionsanfang: l = 1.
n + (m + l)
l=1
=
n + (m + 1)
Def.+
=
n + s(m)
Def.+
s(n + m)
Def.+
=
(n + m) + 1
l=1
(n + m) + l
=
=
( Def.+“ heißt: nach der Definition der Addition.) Für l = 1 und beliebige n, m gilt
”
die Gleichung also.
Induktionsannahme:(I.A.) Die Gleichung gelte für ein bestimmtes l.
n + (m + l) = (n + m) + l
Induktionsschritt: Wir müssen zeigen, dass
n + (m + s(l)) = (n + m) + s(l)
8
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
Also:
n + (m + s(l))
Def.+
n + s(m + l)
Def.+
s(n + (m + l))
=
=
I.A.,P2
=
s((n + m) + l)
Def.+
(n + m) + s(l)
=
Mit dem Prinzip der vollständigen Induktion folgt also n + (m + l) = (n + m) + l
für alle l.
Als Nächstes werden wir ein ähnlich wichtiges Resultat beweisen: das Kommutativgesetz für die Addition der natürlichen Zahlen, nämlich n + m = m + n. (Auch
dieses ist natürlich jedem bekannt. Wir wollen uns hier nur überzeugen, dass das
Kommutativgesetz aus den Axiomen P1 - P5 folgt, und nebenbei das Prinzip der
vollständigen Induktion verinnerlichen).
Hilfssatz 1.1 Sei n eine natürliche Zahl. Dann gilt
n+1=1+n
Beweis: Induktionsanfang: n = 1
n+1=1+1=1+n
Induktionsannahme: Wir nehmen wieder an, dass die Aussage für ein bestimmtes
n gilt:
n+1=1+n
Induktionsschritt: Zeige s(n) + 1 = 1 + s(n).
s(n) + 1 = s(s(n))
Def.+,P2
=
I.A.
s(n + 1) = s(1 + n) = 1 + s(n)
Nach dem Prinzip der vollständige Induktion gilt also
n+1=1+n
für alle n.
Satz 1.3 (Kommutativgesetz für die Addition natürlicher Zahlen) Seien n, m
natürliche Zahlen. Dann gilt
n+m=m+n
Beweis: Wir beweisen diesen Satz mithilfe (keine Überraschung) des Prinzips der
vollständigen Induktion nach m. Sei n eine beliebige natürliche Zahl.
Induktionsanfang: m = 1.
HS1
n+m=n+1 = 1+n=m+n
Induktionsannahme: Es gelte n + m = m + n für ein bestimmtes m.
9
1.1. DIE NATÜRLICHEN ZAHLEN
Induktionsschritt: Zeige n + s(m) = s(m) + n.
n + s(m)
Def+
=
s(n + m)
I.A.
s(m + n)
=
Def+
=
(m + n) + 1
Satz1
=
m + (n + 1)
Ind.Anf.
=
m + (1 + n)
Satz1
(m + 1) + n
s(m) + n.
=
=
Also gilt die Aussage n + m = m + n für beliebige m, n.
Über Anwendungen der natürlichen Zahlen und deren Addition muss hier nicht
gesondert gesrpochen werden; es sind Dinge des täglichen Lebens.
Wir betrachten nun erste Gleichungen. Eigentlich haben wir schon Gleichungen
gehabt:
n+m
n + (m + l)
= m+n
= (n + m) + l
Gleichung im weiteren Sinne ist ein Ausdruck“ mit Gleichheitszeichen. Links und
”
rechts vom Gleichheitszeichen stehen Ausdrücke, welche Zahlen beschreiben. Wird
links und rechts dieselbe Zahl beschrieben, so ist die Gleichung wahr“ oder erfüllt“.
”
”
Meist versteht man unter einer Gleichung“ aber etwas, das man lösen“ kann oder
”
”
soll.
Die Lösung einer Gleichung ist die Antwort auf die Frage: Für welche n ist die
folgende Gleichung erfüllt:
Beispiel: Für welche n ist 3 + 5 = n erfüllt?
Natürlich müssen zunächst die Symbole 3 und 5 erklärt werden:
Definition 1.2 2 := s(1), 3 := s(2), 4 := s(3), 5 := s(4), 6 := s(5), 7 := s(6), 8 :=
s(7), 9 := s(8), 10 := s(9).
Die Antwort auf diese Frage ist für gute Kopfrechner - oder auch für Besitzer von
Taschenrechnern - nicht schwierig: die Anwort lautet
8 := s(s(s(s(s(s(s(1)))))))
Fanatiker können das natürlich auch streng beweisen:
Proposition 1.1 3+5=8
Beweis: Zunächst verwenden wir, dass 3 + 5 = 5 + 3.
5+3
=
5 + s(2) = s(5 + 2) =
=
=
s(5 + s(1)) = s(s(5 + 1)) =
s(s(s(5)))
10
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
Nun substitutieren wir die Definition von 5, 5 = s(s(s(s(1)))). Also:
5 + 3 = s(s(s(s(s(s(s(1)))))))) = 8
Natürlich dient der vorige Beweis weniger dazu, Sie von der Wahrheit der Aussage
3+ 5 = 8 zu überzeugen. Vielmehr soll Ihnen damit glaubhaft gemacht werden, dass
man Aussagen dieser Art beweisen kann. Weiters gibt uns das Gelegenheit, über
folgenden Sachverhalt nachzudenken:
Jede (richtige) Rechnung ist ein Beweis.
Bewiesen wird, dass das Ergebnis der Rechnung gleich dem Ausgangspunkt ist.
Eine interessantere Gleichung ist die folgende: 3 + n = 8. Beziehungsweise: Für
welche n gilt 3 + n = 8? Wir wissen aus vorigen Betrachtungen, dass eine richtige
Antwort 5 ist. Das Interessante ist, dass Gleichungen der Form
m+n=l
nicht immer eine Lösung n haben müssen.
Beispiel: Für welche n gilt 8 + n = 5?
Wir haben gelernt: Eine Gleichung kann eine Lösung haben, muss aber nicht.1
Der Beweis des folgenden Hilfssatzes ist eine leichte Übung.
Hilfssatz 1.2 Seien n, m, l natürliche Zahlen. Gilt n + l = m + l, so auch n = m.
Beweis: Induktion nach l.
Induktionsanfang: l = 1:
n+1 =
dh.
s(n)
=
m+1
s(m)
Aus P4 folgt damit n = m.
Induktionsannahme: n + l = m + l =⇒ n + m
Induktionsschluß:
n + (l + 1) =
(n + l) + 1 =
P4 =⇒
n+l
=
m + (l + 1)
(m + l) + 1
m+l
Aus der Induktionsannahme folgt n = m.
Wir wollen noch eine weitere Rechenoperation einführen: die Multiplikation.
1 Sie
haben eine Lösung gefunden? Kann sein. Aber ist die Lösung eine natürliche Zahl?
11
1.1. DIE NATÜRLICHEN ZAHLEN
1.1.3
Multiplikation
Definition 1.3 (Multiplikation natürlicher Zahlen) Sei n eine natürliche Zahl.
a) 1 · n := n
b) s(m) · n := m · n + n
Mit Definition 1.3 ist also m · n für beliebige natürliche Zahlen m, n erklärt. m · n
bedeutet also:
m · n = ((. . . ((((n) + n) + n) + n) + . . .) + n) .
Es gelten die folgenden Distributivgesetze (= Verteilungsgesetze):
Satz 1.4 (Distributivgesetze für die natürlichen Zahlen) Seien n, m, l natürliche
Zahlen. Dann gelten
a) n · (m + l) = (n · m) + (n · l)
b) (n + m) · l = (n · l) + (m · l)
Beweis: a) Induktionsanfang: n = 1.
n · (m + l)
(n · m) + (n · l)
Def.·
n=1
1 · (m + l) = m + l
=
Def.·
n=1
(1 · m) + (1 · l) = m + l
=
Also: n · (m + l) = (n · m) + (n · l).2
Induktionsschritt: n → n + 1.
s(n) · (m + l)
Def.·
=
I.A.
=
=
Def.·
=
n · (m + l) + (m + l)
((n · m) + (n · l)) + (m + l)
((n · m) + m) + ((n · l) + l)
(s(n) · m) + (s(n) · l),
wobei wir von der zweiten auf die dritte, sowie von der dritten auf die vierte Zeile
mehrfach das Assoziativ- und Kommutitativgesetz der Addition natürlicher Zahlen
verwendet haben.
b): (n + m) · l = (n · l) + (m · l)
Induktionsanfang: m = 1.
(n + m) · l
m=1
=
Def.+
=
Def.·
=
Def.·
=
m=1
=
(n + 1) · l
s(n) · l
(n · l) + l
(n · l) + (1 · l)
(n · l) + (m · l)
2 Wir verwenden hier freimütig folgendes: ist a = b und b = c, so gilt a = c. Sind Sie damit
einverstanden?
12
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
Induktionsschritt: m → m + 1.
(n + s(m)) · l
Def.+
=
Def.·
=
I.A.
=
Assoz.
=
Def.·
=
s(n + m) · l
((n + m) · l) + l
((n · l) + (m · l)) + l
(n · l) + ((m · l) + l)
(n · l) + (s(m) · l)
Für die Multiplikation gelten wieder ein Assoziativ- und ein Kommutativgesetz:
Satz 1.5 (Assoziativgesetz für die Multiplikation natürlicher Zahlen) Seien
m, n, l natürliche Zahlen. Dann gilt
m · (n · l) = (m · n) · l.
Beweis: m = 1: 1 · (n · l) = n · l = (1 · n) · l
m → m + 1: s(m) · (n · l) = (m · (n · l)) + (n · l)
(s(m) · n) · l
=
Satz 1.4
=
I.A.
=
=
((m · n) + n) · l)
((m · n) · l) + (n · l)
(m · (n · l)) + (n · l)
s(m) · (n · l)
Die in den letzten Beweisen vorgezeigten Rechnungen haben den Nachteil, dass sie
vor Klammern strotzen. Wir führen also folgende Konventionen ein:
a) Multiplikation bindet stärker als Addition3 , etwa
n · m + l = (n · m) + l
b) Lasse Klammern bei mehrfacher Addition bzw. Multiplikation weg, da die
Klammernsetzung laut Assoziativgesetz ohnehin keinen Unterschied macht:
a + b + c := (a + b) + c = a + (b + c)
a · b · c := (a · b) · c = a · (b · c)
c) Lasse den Multiplikationspunkt überall dort weg, wo dies nicht zu Verwirrung
führt:
ab := a · b
abc := a · b · c
(Aber 12 · 3 6= 123 ! - Hier ist der Punkt wichtig.)
Übung: Beweisen Sie folgende Assoziativgesetze:
3 Diese
Konvention heißt bekanntlich Punkt-vor-Strich-Regel.
13
1.1. DIE NATÜRLICHEN ZAHLEN
1) a + (b + (c + d)) = (a + b) + (c + d) = (a + (b + c)) + d
2) a · (b · (c · d)) = (a · b) · (c · d) = (a · (b · c)) · d
Man kann also a + b + c + d schreiben und a · b · c · d beziehungsweise abcd und so
weiter4 .
Satz 1.6 (Kommutativgesetz der Multiplikation natürlicher Zahlen) Seien
n und m natürliche Zahlen. Dann gilt
n·m=m·n
Beweis: Induktionsanfang: n = 1. 1 · m = m laut Definition der Multiplikation. Es
bleibt zu zeigen, dass m · 1 = m. Das ist eine einfache Übung.
Induktionsschritt: n → n + 1.
(n + 1) · m
=
m · (n + 1)
=
I.A.
=
=
n·m+m
m·n+m·1
n·m+1·m
(n + 1) · m
Wir können nun wieder Gleichungen mit natürlichen Zahlen betrachten. Zum Beispiel: Für welche Zahl n gilt
3·5=n ?
Interesssanter: Für welche Zahl n gilt
3 · n = 18
?
Interessant und unlösbar: Für welche natürliche Zahl n gilt
3·n=2
oder
3 · n = 20
?
Die Lösung“ solcher Gleichungen führen aus den natürlichen Zahlen heraus“. Aber
”
”
wohin? Wir werden später anderen Zahlbereiche kennenlernen (die Sie natürlich
schon jetzt kennen) in denen die Fragen positiv beantwortbar sind.
1.1.4
Ordnung
Die natürlichen Zahlen sind angeordnet.
4
und so weiter“ heißt soviel wie: Mit Induktion kann man zeigen, dass für endlich viele
”
”
Summanden die Klammernsetzung keine Rolle spielt, man also stets dasselbe Ergebnis erhält, und
daher man die Klammern weglassen kann.“
14
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
Definition 1.4 Seinen n, m natürliche Zahlen. Wir sagen n kommt vor m“ oder
”
m ist größer als n“ oder n ist kleiner als m“, wenn es eine natürliche Zahl l gibt
”
”
mit n + l = m. Wir schreiben in diesem Fall n < m.
Wir schreiben n ≤ m falls eine der Aussagen n = m oder n < m gilt.
Weiters schreiben wir auch m > n statt n < m und m ≥ n statt n ≤ m.
Der folgende ieinfache Hilfssatz besagt, dass, wenn eine Zahl größer ist als eine
andere, die beiden Zahlen nicht gleich sein können.
Hilfssatz 1.3 Seien n, l natürliche Zahlen. Dann gilt
n + l 6= n .
Beweis: Induktionsanfang: n = 1. Es ist zu zeigen, dass 1 + l 6= 1. Das heißt aber
s(l) 6= 1, was nach P3 gilt.
Induktionsannahme: n + l 6= n für jedes l.
Induktionsschritt: Angenommen n + 1 + l = n + 1. Dann ist
(n + l) + 1 = n + 1
und somit nach P4
n+l =n
Das steht aber im Widerspruch zur Induktionsannahme. Somit gilt n+1+l 6= n+1.
Es gilt also n + l 6= n für jedes n und jedes l.
Proposition 1.2 (Transitivität der Ordnungsrelation) Seien m, n, l natürliche
Zahlen. Gilt m < n und n < l, so auch m < l.
Beweis: Übung.
Satz 1.7 Seien m, n natürliche Zahlen. Dann gilt genau eine der folgenden Aussagen:
• m=n
• m>n
• m<n
Beweis: Wir zeigen zunächst, dass stets höchstens eine der Aussagen gelten kann.
Wäre etwa gleichzeitig n = m und n > m, so wäre für ein l, n = m + l, also wegen
n = m auch n = n + l. Das kann aber wegen Hilfssatz 1.3 nicht sein.
Genauso kann nicht gleichzeitig n = m und n < m gelten.
Angenommen es wäre n > m und n < m. Dann gibt es ein l mit n = m + l und ein
k mit n + k = m, also insgesamt n = m + l = (n + k) + l = n + (k + l), wieder im
Widerspruch zu Hilfssatz 1.3.
15
1.1. DIE NATÜRLICHEN ZAHLEN
Es können natürlich auch nicht alle drei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sein, da
sonst auch je zwei erfüllt wären, was nach unseren vorigen Überlegungen nicht sein
kann.
Wir zeigen nun, dass stets mindestens eine der drei Aussagen n = m, n > m, n < m
erfüllt ist, und zwar mit Induktion nach n.
Induktionsanfang: Sei n = 1. Wenn m = 1 ist, so gilt m = n. Wir zeigen, dass sonst
m > n gilt: m = 2: m = 1 + 1 = n + 1, sodass m > n. m → m + 1: m + 1 > m und
m > 1 = n, sodass mit Proposition 1.2 folgt m + 1 > n.
Induktionsannahme: Für n gilt für beliebige m entweder m = n, m > n oder m < n.
Induktionsschritt: Sei m beliebig. Wir wollen zeigen, dass entweder
• m = n + 1 oder
• m > n + 1 oder
• m<n+1
Es gilt genau eine der folgenden Aussagen: m = n oder m < n oder m > n.
Aus den ersten beiden folgt sofort, dass m < n + 1.
m > n heißt m = n + l. l ist entweder gleich 1 oder größer als 1.
1. l = 1: m = n + 1
2. l > 1: l = ¯l + 1
m
=⇒ m
=
=
=
>
n+l
n + ¯l + 1
n + 1 + ¯l
n+1
Der Beweis von Satz 1.7 ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Beweis einer trivialen
Aussage auch viel (Schreib-)Arbeit sein kann.
Proposition 1.3 Sei m < n. Dann gibt es genau ein l mit m + l = n.
Beweis: Seien l, ¯l zwei natürliche Zahlen mit m + l = n und m + ¯l = n. Zu zeigen
ist, dass l = ¯l. Aus m + l = n und m + ¯l = n folgt aber m + l = m + ¯l, sodass mit
Hilfssatz 1.2 folgt l = ¯l.
Satz 1.8 (Verträglichkeit mit den Rechenoperationen) Seien n, m, l natürliche
Zahlen. Dann sind äquivalent:
(a) n < m
(b) n + l < m + l
(c) n · l < m · l
16
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
Beweis: a) =⇒ b): Sei n < m dann gibt es ein k mit
n + k = m.
Addiere ich auf beiden Seiten l so folgt
(n + l) + k = (n + k) + l = m + l ,
also n + l < m + l.
b) =⇒ a): Sei n + l < m + l. Dann gibt es ein k mit
(n + l) + k = m + l .
Mit Hilfssatz 1.2 folgt nun n + k = m, sodass n < m.
a) =⇒ c): Sei n < m, das heißt n + k = m. Multipliziert man beide Seiten mit l, so
folgt
n·l+k ·l = m·l,
sodass also n · l < m · l.
c) =⇒ a): Sei m · l < n · l
Nach Satz 1.7 gilt entweder m = n oder m < n oder m > n. Aus m = n folgt aber
m · l = n · l,
aus m > n folgt m · l > n · l.
In beiden Fällen gilt also nicht m · l < n · l.
Also muss m < n gelten.
Korollar 1.1 Seien m, n, k, l natürliche Zahlen. Gelten m < n und k < l, so auch
m + k < n + l und m · k < n · l.
Beweis: Übung
Satz 1.9 (Wohlordnungsprinzip der natürlichen Zahlen) Wenn eine Aussage für mindestens eine natürliche Zahle gilt, dann gibt es eine eindeutig bestimmte,
kleinste, natürliche Zahl, für welche die Aussage gilt. Das heißt, es gibt genau eine
natürliche Zahl n mit folgender Eigenschaft:
(i) Die Aussage gilt für n
(ii) ist m < n, so gilt die Aussage für m nicht.
Beweis: Existenz: Entweder die Aussage gilt für 1 oder nicht. Wenn ja, dann setze
n = 1. Dann gelten
(i) Die Aussage gilt für 1 und
(ii) ist m < 1 (was für keine natürliche Zahl m erfüllt ist), so gilt die Aussage für
m nicht.
1.1. DIE NATÜRLICHEN ZAHLEN
17
Nun gelte die Aussage für 1 nicht. Es sei für 1, 2, . . . , m bereits überprüft, dass die
Aussage nicht gilt. Wenn die Aussage für m + 1 gilt, so setze n = m + 1.
Es muss aber ein m geben, so dass für 1, 2, . . . , m die Aussage nicht gilt, aber für
m + 1 schon, da sonst nach dem Prinzip der vollständigen Induktion die Aussage
für alle m nicht gilt, im Widerspruch zur Annahme, dass es natürliche Zahlen gibt,
für die die Aussage gilt. Also setze n = m + 1 für dieses m.
Eindeutigkeit: Seien n, n̄ natürliche Zahlen die (i) und (ii) erfüllen. Ist n < n̄, so
gilt nach (ii) für n̄, dass n die Aussage nicht erfüllt, aber nach (i) für n, dass n die
Aussage erfüllt. Ein Widerspruch. Genauso führt n > n̄ zu einem Widerspruch. Es
gilt also n = n̄ nach Satz 1.7.
1.1.5
Teilbarkeit und Division mit und ohne Rest
Definition 1.5 Seien n, m natürliche Zahlen. Wir sagen m teilt n“ und schreiben
”
kurz m|n, falls es eine natürliche Zahl k gibt mit m · k = n. Sonst schreiben wir
m|/n.
Beispiele: 2|6, 3|6, 3|9, 1|n, m|m · n
Proposition 1.4 Gilt m|n, so gibt es genau eine natürliche Zahl k mit m · k = n.
Beweis: Sei m · k = n und m · l = n für natürliche Zahlen k, l. Entweder gilt k = l
(dann fertig), oder k < l oder k > l. Wenn k < l, so gilt k · m < l · m, also n < n,
das kann aber nicht sein. Analog kann auch k > l nicht sein. Also bleibt nur k = l
als einzige Möglichkeit.
Definition 1.6 (Division natürlicher Zahlen ohne Rest) Gilt m|n, so schreiben wir k = n : m für die eindeutig bestimmte natürliche Zahl k mit n = km.
Natürlich gibt es viele Paare m, n von natürlichen Zahlen mit m|/n, zum Beispiel
3|/4, 2|/5, 6|/9, 5|/2. Für dieses gibt es noch immer die Division mit Rest“.
”
Hilfssatz 1.4 Sei m ≤ n. Dann gibt es genau eine natürliche Zahl k mit m · k ≤
n < m · (k + 1).
Beweis: Es gibt mindestens eine natürliche Zahl l mit n < m(l + 1), setze etwa
l = n. Es gibt also eine eindeutig bestimmte natürliche Zahl l mit n < m(l + 1) und
n ≥ m(¯l + 1) für alle ¯l < l, nach dem Wohlordnungsprinzip (Satz 1.9).
1.Fall: l = 1: n < m(l + 1). m · l = m ≤ n. Also: m · l ≤ n < m(l + 1).
2. Fall: l > 1: =⇒ l = ¯l + 1. m · l = m · (¯l + 1) ≤ n < m · (l + 1) = m · (¯l + 1 + 1) Satz 1.10 (Division natürlicher Zahlen mit Rest) Seien m, n natürliche Zahlen, m|/n, n > m, dann gibt es eindeutig bestimmte natürliche Zahlen k, l mit
n=k·m+l
und 1 ≤ l < m.
18
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
Beweis: Es gibt genau eine kleinste Zahl k, k < n mit k · m ≤ n < (k + 1)m, nach
Hilfssatz 1.4. Da m|/n gilt, k · m < n < (k + 1)m. Es gibt also eine natürliche Zahl
l mit k · m + l = n, nach Definition von <“.
”
k · m + l < (k + 1) · m = k · m + m.
Somit gilt l < m nach Satz 1.8.
Seien nun k̄, ¯l zwei natürliche Zahlen mit n = k̄ · m + ¯l, 1 ≤ ¯l < m.
k̄ · m < k̄ · m + ¯l < k̄ · m + m = (k̄ + 1)m
k̄ · m < n < (k̄ + 1) · m
=⇒ k = k̄ wegen der Eindeutigkeit in Hilfssatz 1.4.
km + l = km + ¯l =⇒ l = ¯l, wiederum nach Satz 1.8.
1.1.6
Weitere Beispiele
Wir wollen langsam beginnen, interessantere Aussagen zu beweisen. Wir beweisen
eine Summenformel. Davor definieren wir, was wir unter einer Summe verstehen.
Aber davor noch ein Schreibweise: bis jetzt haben wir natürliche Zahlen mit n, m, l, k
bezeichnet. Grundsätzlich ist es legitim, einen beliebigen anderen Buchstaben zu
verwenden a, b, c, . . . , x, y, z. Auch s (Vorsicht s(s(s))!). Man sollte natürlich die
Symbole +, ·, = () als Platzhalter für Zahlen vermeiden. Aber etwa α, β, γ, ℵ sind
o.k.
Wenn wir uns auf lateinische Buchstaben beschränken, dann können wir in Verlegenheit geraten, sobald wir mehr als 26 Platzhalter brauchen. Wir können dieses
Problem umgehen, indem wir die Platzhalter selbst durchnummerieren. Etwa die
Platzhalter a1 , a2 , a3 für natürliche Zahlen. Wir können auch die Anzahl der Platzhalter selbst unbestimmt lassen: a1 , a2 , a3 , . . . , an . Also: n ist eine natürliche Zahl
und für eine natürliche Zahl m mit 1 ≤ m und m ≤ n ist an erklärt. Wie kann
so etwas sein? Naja, für n = 1 erkläre man, was a1 ist. Wenn man nun für ein festes n weiß, wie man a1 , . . . , an erklärt, dann erklärt man a1 , . . . , an+1 , indem man
a1 , . . . , an erklärt und an+1 . Es ist somit auch möglich für jede natürliche Zahl an
zu erklären. Wir schreiben dann a1 , a2 , . . . .
Definition 1.7 (Summensymbol) Seien natürliche Zahlen a1 , a2 , . . . gegeben und
sei n eine natürliche Zahl.
a)
b)
P1
ak := a1
Pn
k=1 ak := (
k=1 ak ) + an+1 für n > 1.
k=1
Pn+1
Beispiel: ak = 1 für alle k, das heißt 1 = a1 = a2 = . . . .
Behauptung:
Pn
k=1
ak = n für diese ak .
(Die Summe über n Einser ist n. Wer hätte das gedacht?)
Beweis: n = 1: klar.
Pn+1
Pn
n → n + 1: k=1 ak = k=1 ak + an+1 = n + 1.
19
1.1. DIE NATÜRLICHEN ZAHLEN
Beispiel: ak = k für alle k.
P1
k=1 ak = a1 = 1
Pn+1
Pn
k=1 ak =
k=1 ak + (n + 1)
Behauptung:
Pn
Beweis: n = 1: 2
n → n + 1.
k=1
k = (n · (n + 1)) : 2
P1
k=1
k =2·1=1·2
2
n+1
X
k=1
k
!
=
n
X
2
=
2
!
k+n+1
k=1
n
X
k + 2(n + 1)
k=1
=
n(n + 1) + 2(n + 1)
=
=
(n + 2)(n + 1)
(n + 1)(n + 2)
Nun ist eine der Zahlen n + 1, n + 2 sicher durch 2 teilbar, damit auch das Produkt,
sodass also die Division ohne Rest durchführbar ist.
Also:
2
100
X
k
=
100 · 101 = 10100
k
=
5050
k
=
20000 · 20001
k
=
10000 · 20001 = 200010000
k=1
100
X
k=1
2
20000
X
k=1
20000
X
k=1
Übung: Rechnen Sie das mit dem Taschenrechner nach. (haha)
Wie kommt man auf so eine Formel? Betrachten Sie Abbildung 1.3, etwa:
5
X
k
k=1
Alle Punkte: 6 · 5. Schwarze Punkte: (6 · 5) : 2
Beispiel: Ein weiteres Induktionsbeispiel: Wieviele Möglichkeiten gibt es n Personen auf n verschiedene Stühle zu setzen?
20
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
5
6
1 2 3 4 5
Abbildung 1.3: Zur Summe der ersten n Zahlen.
Definition 1.8 Die n-te Faktorielle n! ist induktiv definiert durch
Also:
1!
(n + 1)!
:=
:=
1
n! · (n + 1)
1!
2!
=
=
1
2
3!
4!
=
=
6
24
5!
6!
=
=
..
.
120
720
Behauptung: Sei an die Anzahl der Möglichkeiten, n Personen auf n verschiedene
Stühle zu setzen. Dann gilt an = n!
Beweis: n = 1. a1 = 1. klar.
n → n + 1: habe n + 1 Personen und n + 1 Stühle. Die erste Person kann ich auf
n+1 Stühle setzen. Ich habe also n+1 Möglichkeiten. Für jede dieser Möglichkeiten
habe ich nun laut Induktionsannahme n! Möglichkeiten, die restlichen n Personen
auf die restlichen n Stühle zu setzen.
Das gibt also (n + 1)n! = (n + 1)! Möglichkeiten.
Beispiel: Wir wollen nun ein weiteres Induktionsbeispiel bringen; eines, in welchem
alle Schritte trivial sind.
Proposition 1.5 Jede natürliche Zahl n 6= 1 hat einen Vorgänger, das heißt, es
gibt eine natürliche Zahl m mit s(m) = n.
Beweis: Wir betrachten die Aussage:“n = 1 oder n hat einen Vorgänger“. Diese
1.1. DIE NATÜRLICHEN ZAHLEN
21
Aussage ist wahr für n = 1. 1 = 1 (wahr) oder 1 hat einen Vorgänger“ (falsch), die
”
Gesamtaussage ist wahr. Somit ist der Induktionsanfang erledigt.
Induktionsschluß : Wenn die Aussage für n gilt, dann gilt sie auch für s(n), weil s(n)
ohnehin einen Vorgänger hat, nämlich n. s(n) = 1 (falsch) oder s(n) hat einen
”
Vorgänger“ (falsch), die Gesamtaussage ist wahr.
1.1.7
Übungsaufgaben
1. (Die Türme von Hanoi.)
Gegeben sind n Scheiben mit verschiedenen Durchmessern und 3 Spindeln.
Ursprünglich sind alle Scheiben wie in der obigen Figur auf Spindel 1. Der
Turm von Spindel 1 soll auf Spindel 2 verlegt werden, wobei in jedem Zug
nur eine Scheibe bewegt werden darf, und nie eine grössere Scheibe auf einer
kleineren liegen darf.
Wieviele Züge braucht man für n = 1, 2, 3, 4, 5 Scheiben?
Wieviele Züge braucht man für n Scheiben?
Hinweis: man schreibe 2n für 2 · 2 · · · · · 2 (n mal)
2. (Vollständige Graphen.)
Sei n eine natürliche Zahl. Gegeben sind n verschiedene Punkte in der Ebene.
Wieviele Linien braucht man, um jeden Punkt mit jedem anderen Punkt zu
verbinden? Begründen Sie die Antwort.
3. (Ein Gegenbeispiel.)
Gegeben sind n verschiedene Punkte auf einem Kreisrand so, daß sich nie
3 Verbindungsgeraden in einem Punkt schneiden. In wieviele Flächen teilen
die Verbindungsgeraden die Kreisscheibe für n = 1, 2, 3, 4, 5, 6?. Man versuche
zuerst, die Antwort für n = 6 aus der Antwort für n < 6 abzuleiten und
überprüfe dann die Richtigkeit der Vermutung.
22
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
4.
• Man beweise durch Induktion, indem man nur die Definition der Multiplikation der natürlichen Zahlen verwendet:
m · 1 = 1 · m,
für jede natürliche Zahl m.
• Seien l, m, n natürliche Zahlen. Man zeige:
m · (n · l) = (m · n) · l.
5. Seien a, b, c, d natürliche Zahlen. Man beweise:
• a + (b + (c + d)) = (a + b) + (c + d) = (a + (b + c)) + d,
• a · (b · (c · d)) = (a · b) · (c · d) = (a · (b · c)) · d.
6. Seien l, m, n natürliche Zahlen. Man beweise:
wenn n < m gilt, dann gilt auch n + l < m + l.
7. Seien k, l, m, n natürliche Zahlen. Man beweise, durch Anwendung des Satzes
über die Verträglichkeit der Ordnung der natürlichen Zahlen mit den Rechenoperationen:
wenn k < l und m < n, dann gelten m + k < n + l und m · k < n · l.
8. Beim Schulabschluss schenkt jeder Schüler aus einer Klasse mit n Schülern
allen seinen Mitschülern je ein Foto. Wieviel Fotos werden insgesamt zwischen
den n Klassenkollegen ausgetauscht?
9. Sei n eine natürliche Zahl und ak = k 2 für jedes k zwischen 1 und n. Man
zeige durch Induktion:
6·
n
X
ak = n(n + 1)(2n + 1).
k=1
10. Sei n eine natürliche Zahl und ak = 2k für jedes k zwischen 1 und n. Man
zeige durch Induktion:
n
X
ak = 2n+1 − 2.
k=1
1.2
1.2.1
Die ganzen Zahlen
Konstruktion
Trotz ihrer Reichhaltigkeit sind die natürlichen Zahlen für viele Anwendungen zu
schwerfällig und außerdem zur Modellierung oft schlecht geeignet. Ein Problem
ist, dass die Gleichung n + m = l je nachdem, ob n, m oder l gesucht ist, in den
natürlichen Zahlen eine allgemeine Lösung haben kann oder nicht.
23
1.2. DIE GANZEN ZAHLEN
Bei den Schwachstellen bei der Modellierung denke man etwa an den Kontostand,
welcher günstigerweise eine natürliche Zahl ist, gelegentlich aber auch nicht. Oder in
der Physik gibt es Teilchen mit Elektronenüberschuss (negativ geladen) und solche
mit Elektronenmangel (positiv geladen). Gibt man sie in einen Topf, so gleichen
sich die Ladungen (teilweise) aus.
Oder folgende Textaufgabe: In einen Bus steigen bei der ersten Haltestelle 20 Personen ein, an der nächsten 13 Personen aus, and er dritten Haltestelle steigen 2
Personen ein, an der vierten 4 Personen aus. Frage: (Wie alt ist der Fahrer?) Wieviele Personen sind im Bus?
Es wäre nun erfreulich, wenn man bei der Konstruktion der ganzen Zahlen auf die
natürlichen Zahlen zurückgreifen könnte, in welche wir ja schon viel Arbeit investiert
haben. Glücklicherweise ist das möglich.
Definition 1.9 Eine ganze Zahl k ist ein geordnetes Paar (k1 , k2 ) natürlicher Zahlen 5 . Wir nennen k1 den Positivteil, k2 den Negativteil der ganzen Zahl.
Wir sagen zwei ganze Zahlen k = (k1 , k2 ) und l = (l1 , l2 ) sind gleich, falls
k 1 + l 2 = l1 + k 2
gilt6 .
Beispiele:
(3, 5) = (6, 8)
(2, 2) = (1, 1)
:
:
3+8=6+5
2+1=1+2
(5, 3) 6= (6, 2)
:
5 + 2 6= 6 + 3
Moment! Was soll das heißen: (3, 5) = (6, 8) Sieht man denn nicht, dass es sich hier
um zwei völlig verschiedene Objekte handelt? Das eine ist (3, 5), das andere (6, 8).
— Ja, stimmt. Zugegegeben. Aber wir wollen diese zwei Paare – als ganze Zahlen
aufgefasst – nicht unterscheiden. 7
Abbbildung 1.4 zeigt einige der Paare.
Proposition 1.6 Es gelten für den Begriff der Gleichheit ganzer Zahlen:
1. Für eine ganze Zahl gilt k = k.
2. Für ganze Zahlen j, k gilt j = k ⇐⇒ k = j.
3. Für ganze Zahlen i, j, k gilt i = j und j = k =⇒ i = k.
Beweis: 3. Wir schreiben i = (i1 , i2 ), j = (j1 , j2 ) und k = (k1 , k2 ). Nach Voraussetzung gelten i1 + j2 = i2 + j1 und j1 + k2 = j2 + k1 .
5 Geordnetes Paar“ heißt, es spielt eine Rolle, welche Zahl zuerst angegeben wird; im allgemei”
nen ist (k1 , k2 ) 6= (k2 , k1 ).
6 Diese Gleichung ist eine Aussage über natürliche Zahlen, also etwas Bekanntes.
7 Zum Beispiel sind je zwei Studenten sehr verschieden. Trotzdem soll ich sie bei der Prüfung
(idealerweise) gleich behandeln; die Unterschiede (der eine hat mich auf einen Kaffe eingeladen, der andere mir einen Parkplatz weggeschnappt), haben mich nicht zu interessieren in der
Prüfungssituation.
24
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
−2
−1
0
1
4
(1, 4) (2, 4) (3, 4) (4, 4) (5, 4)
3
(1, 3) (2, 3) (3, 3) (4, 3) (5, 3)
2
(1, 2) (2, 2) (3, 2) (4, 2) (5, 2)
1
(1, 1) (2, 1) (3, 1) (4, 1) (5, 1)
1
2
3
4
2
5
Abbildung 1.4: Konstruktion der Ganzen Zahlen.
Aus der ersten Gleichung folgt i1 + j2 + k2 = i2 + j1 + k2 . Nun folgt mit der zweiten
Gleichung
i1 + j 2 + k 2 = i2 + j 2 + k 1 ,
woraus mit Hilfssatz 1.2 die Behauptung folgt.
Rest Übung.
Definition 1.10 Sei n eine natürliche Zahl. Dann definiere die ganze Zahl
n := (n + 1, 1)
Weiters definiere
0 := (1, 1)
Sei k = (k1 , k2 ) eine ganze Zahl. Dann definiere die ganze Zahl
−k := (k2 , k1 )
Beispiele: 2 = (3, 1), −3 = (1, 4)
Proposition 1.7 Für eine beliebige natürliche Zahl n gilt (n, n) = 0.
Beweis: Übung.
1.2.2
Rechenoperationen
Wir können die Addition zweier ganzer Zahlen erklären.
Definition 1.11 Seien k = (k1 , k2 ), l = (l1 , l2 ) zwei ganze Zahlen.
k + l := (k1 + l1 , k2 + l2 )
25
1.2. DIE GANZEN ZAHLEN
Simpel, oder? Es gibt ein Problem. Da es mehrere gleichwertige Darstellungen für
k als Paar natürlicher Zahlen gibt, ebenso für l, ist es nicht ganz selbstverständlich,
dass (k1 + l1 , k2 + l2 ) für unterschiedliche Darstellungen stets diesselbe ganze Zahl
ergibt.
Proposition 1.8 Seien i, j, k, l ganze Zahlen, i = k, j = l. Dann gilt: i + j = k + l.
Beweis: i = (i1 , i2 ), j = (j1 , j2 ), k = (k1 , k2 ), l = (l1 , l2 )
i = k heißt i1 + k2 = k1 + i2
j = l heißt j1 + l2 = l1 + j2
i + j = (i1 + j1 , i2 + j2 )
k + l = (k1 + l1 , k2 + l2 )
i + j = k + l (als ganze Zahlen) heißt (i1 + j1 ) + (k2 + l2 ) = (k1 + l1 ) + (i2 + j2 )
das heißt: (i1 + k2 ) + (j1 + l2 ) = (k1 + i2 ) + (l1 + j2 )
Schwierig? - Vielleicht. Dafür ist der Beweis des nächsten Satzes mittlerweile sehr
leicht, weil der Großteil der Arbeit schon erledigt ist.
Satz 1.11 (Rechenregeln für die Addition ganzer Zahlen) Seien j, k, l ganze Zahlen.
a) j + k = k + j (Kommutativgesetz)
b) j + (k + l) = (j + k) + l (Assoziativgesetz)
c) j + 0 = j (Nullgesetz)
d) j + (−j) = 0 (Inverses Element)
Beweis: Sei j = (j1 , j2 ), k = (k1 , k2 ), l = (l1 , l2 ).
a)
j+k
=
=
(j1 + k1 , j2 + k2 )
(k1 + j1 , k2 + j2 )
=
k+j
Der Rest des Beweises ist eine gute Übung.
Kommutativgesetz und Assoziativgesetz für die Addition ganzer Zahlen folgen also direkt aus den entsprechenden Gesetzen für die natürlichen Zahlen. Außerdem
stimmt die Addition ganzer Zahlen für Zahlen der Form n, m für natürliche Zahlen
n, m mit der Addition natürlicher Zahlen überein:
Proposition 1.9 Seien n, m natürliche Zahlen. Dann gilt
n + m = (n + m)
26
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
Beweis: n = (n + 1, 1), m = (m + 1, 1)
n+m
=
=
((n + 1) + (m + 1), 1 + 1)
(n + m + 2, 2)
(n + m)
=
(n + m + 1, 1)
Gilt n + m = (n + m) ?
=
(n + m + 1, 1)
⇐⇒ n + m + 2 + 1 =
(n + m + 2, 2)
n+m+1+2
Satz 1.12 Die Gleichung j + k = l, wobei k gesucht sei, hat in den ganzen Zahlen
stets eine Lösung. Mit anderen Worten: sind j, l ganze Zahlen, so gibt es eine ganze
Zahl k mit j + k = l.
Beweis: j = (j1 , j2 ), l = (l1 , l2 )
Definiere:
k
:=
=
l + (−j)
(l1 , l2 ) + (j2 , j1 )
=
(l1 + j2 , l2 + j1 )
Dann gilt
j+k
=
(j1 , j2 ) + (l1 + j2 , l2 + j1 )
=
(j1 + l1 + j2 , j2 + l2 + j1 ) = (l1 , l2 )
da (j1 + l1 + j2 ) + l2 = l1 + (j2 + l2 + j1 ).
Beispiel:
Man finde eine ganze Zahl k mit 3 + k = 8
k
=
=
8 + (−3)
(9, 1) + (1, 4)
=
=
(10, 5)
(6, 1) = 5
Da das Ergebnis hier von der Form n für eine natürliche Zahl n ist, sagen wir ganz
cool: Die Gleichung 3 + k = 8 hat eine Lösung in den natürlichen Zahlen.
Schreibweise: Wir schreiben statt j + (−k) einfach j − k:
j−k
−k + j
:=
j + (−k)
:=
(−k) + j
Als nächstes wollen wir die Multiplikation ganzer Zahlen definieren. Wie sollen wir
(j1 , j2 ) · (k1 , k2 ) definieren? Damit die Formel nicht vom Himmel fällt, erlauben
27
1.2. DIE GANZEN ZAHLEN
wir uns einen Rückgriff auf etwas, was wir erst beweisen wollen. Mittels unserer
Identifikation von natürlichen mit ganzen Zahlen kann man schreiben:
(j1 , j2 )
(k1 , k2 )
= j1 − j2
= k1 − k2
Unsere Multiplikation soll erfüllen:
(j1 − j2 )(k1 − k2 )
=
=
j 1 k1 − j 1 k2 − j 2 k1 + j 2 k2
(j1 k1 + j2 k2 ) − (j1 k2 + j2 k1 )
(in beiden Klammerausdrücken sind natürliche Zahlen dargestellt)
Also definieren wir wie folgt:
Definition 1.12 Seien j = (j1 , j2 ) und k = (k1 , k2 ) zwei ganze Zahlen. Dann
definieren wir:
j · k := (j1 k1 + j2 k2 , j1 k2 + j2 k1 )
Damit dies eine gute Definition ist, muss wieder sichergestellt sein, dass j·k nicht von
der speziellen Darstellung der ganzen Zahlen als Paare natürlicher Zahlen abhängt.
Proposition 1.10 Seien i, j, k, l ganze Zahlen i = k, j = l. Dann gilt: i · j = k · l.
Beweis: i = (i1 , i2 ), j = (j1 , j2 ), k = (k1 , k2 ), l = (l1 , l2 ). i = k heißt i1 +k2 = i2 +k1 .
Zunächst gilt i · j = k · j, da:
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
(i1 , i2 )(j1 , j2 )
=
(k1 , k2 )(j1 , j2 )
(i1 j1 + i2 j2 , i2 j1 + i1 j2 )
=
(k1 j1 + k2 j2 , k2 j1 + k1 j2 )
i1 j 1 + i2 j 2 + k 2 j 1 + k 1 j 2
=
k 1 j 1 + k 2 j 2 + i2 j 1 + i1 j 2
(i1 + k2 )j1 + (i2 + k1 )j2
=
(k1 + i2 )j1 + (k2 + i1 )j2
Analog gilt k · j = k · l und insgesamt also i · j = k · j = k · l nach Proposition 1.6. Mit Proposition 1.10 ist der schwierige Teil erledigt. Der folgende Satz ist wieder
einfach und wert, gemerkt zu werden.
Satz 1.13 (Assoziativität und Kommutativität der Multiplikation) Seien i, j, k
ganze Zahlen. Dann gelten:
a) i · (j · k) = (i · j) · k
b) i · j = j · i
Beweis: Übung.
Satz 1.14 (Distributivgesetz für ganze Zahlen) Seien i, j, k ganze Zahlen. Dann
gelten:
28
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
a) i · (j + k) = i · j + i · k
b) (i + j) · k = i · k + j · k
Beweis: Übung.
Proposition 1.11 (Einsgesetz) Sei j eine ganze Zahl. Dann gilt
1·j =j
Beweis: Übung.
Satz 1.15 Seien n, m natürliche Zahlen. Dann gilt
n·m=n·m
Beweis: Übung.
Es ist nun naheliegend und praktisch, die natürliche Zahl n mit der ganzen Zahl n
zu identifizieren, was wir im folgenden stets tun werden.
1.2.3
Ordnung auf den ganzen Zahlen
Wir können nun auch von zwei ganzen Zahlen auf natürliche Weise sagen, dass eine
größer als die andere ist:
Definition 1.13 Seien m, n ganze Zahlen. Wir schreiben m < n, falls es eine
natürliche Zahl l gibt, mit m + l = n. Wir schreiben m ≤ n falls m < n oder m = n.
Es gilt also etwa für jede natürliche Zahl n
−n < 0 < n
Es gilt wieder Verträglichkeit mit den Rechenoperationen:
Satz 1.16 Seien m, n, l ganze Zahlen. Dann gelten:
1. m < n ⇐⇒ m + l < n + l ⇐⇒ m − l < n − l
2. Falls: l > 0: m < n ⇐⇒ m · l < n · l
3. Falls: l < 0: m < n ⇐⇒ n · l < m · l
Beweis: Übung
Wir schreiben wieder oft m > n statt n < m und m ≥ n, falls m < n oder m = n.
Hilfssatz 1.5 Sei n eine ganze Zahl. Dann gilt genau eine der folgenden Aussagen:
29
1.2. DIE GANZEN ZAHLEN
• n>0
• n=0
• n<0
Beweis: Übung.
Eine Anwendung ist der folgende Satz:
Satz 1.17 Seien m, n ganze Zahlen, m · n = 0. Dann gilt m = 0 oder n = 0 (oder
beides).
Beweis: Nach Hilfssatz 1.5 muss man folgende Fälle betrachten:
m < 0, n < 0
m = 0, n < 0
m > 0, n < 0
m < 0, n = 0
m = 0, n = 0
m > 0, n = 0
m < 0, n > 0
m = 0, n > 0
m > 0, n > 0
In der mittleren Spalte, sowie in der mittleren Zeile ist stets m = 0 oder n = 0 oder
beides.
Wir müssen für die verbliebenen 4 Fälle zeigen, dass m · n 6= 0 gilt.
1. Fall: m > 0, n > 0. Wir können m schreiben als m = (m1 + 1, 1) und n als
n = (n1 + 1, 1), wo m1 und n1 natürliche Zahlen sind.
Somit gilt m · n = (m1 n1 + m1 + n1 + 2, m1 + n1 + 2) = (m1 n1 + 1, 1) 6= 0, da
m1 n1 + 1 6= 1.
Analog beweist man das für die restlichen Fälle.
1.2.4
Potenzen und Dezimaldarstellung
Wir wollen eine weitere Operation zwischen Zahlen definieren: die Potenz. Es sollte
mittlerweile kaum mehr überraschen, dass die m-te Potenz, für m eine natürliche
Zahl, induktiv definiert wird.
Definition 1.14 Sei a eine ganze Zahl.
• a1 := a
• am+1 := am · a
Weniger formell bedeutet also am soviel wie a m-mal nebeneinander geschrieben
mit · dazwischen: a1 = a, a2 = a · a, a3 = a · a · a und so weiter.
Es gelten folgende Rechenregeln für die Potenz:
Satz 1.18 Sei a eine ganze Zahl. Dann gelten für natürliche Zahlen m, n:
• am an = am+n
30
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
• (am )n = am·n
Beweis: Mit Induktion und ganz leicht.
Satz 1.19 Seien a, b ganze Zahlen.
• (a + b)2 = a2 + 2ab + b2
• (a + b)3 = a3 + 3a2 b + 3ab2 + b2
Beweis:
•
(a + b)2
=
(a + b)(a + b)
Distr
a(a + b) + b(a + b)
Distr
=
=
aa + ab + ba + bb
a2 + ab + ab + b2
=
a2 + 2ab + b2
=
• (Übung)
Der erste Teil des Beweises hat übrigens eine geometrische Interpretation, wie in
Abbildung 1.5 dargestellt.
b2
b
a·b
a
a2
a·b
a
b
Abbildung 1.5: Geometrische Interpretation von Satz 1.19.
Eine kombinatorische Anwendung der Potenz ist das folgende Beispiel: wieviele
Möglichkeiten gibt es, 10 Personen je entweder ein Wurst- oder Käsebrot zu geben? Sei an die Anzahl der Möglichkeiten n Personen je entweder ein Wurst- oder
Käsebrot zu geben. Gesucht ist also an .
Behauptung: an = 2n
Beweis: n = 1. a1 = 2.
Induktionssschluß: Habe zwei Möglichkeiten für Person 1. Für jede der Möglichkeiten
habe ich nach I.A. 2n Möglichkeiten, den restlichen n Personen Brote zu geben.
1.2. DIE GANZEN ZAHLEN
31
Also an+1 = 2 · an = 2 · 2n = 2n+1
Die Antwort auf die ursprüngliche Frage ist also 210 = 1024.
Weitere wichtige Anwendung: Zahlendarstellung und Zehnerpotenzen.
Frage: Wie kann man große Zahlen erfinden?
Zum Beispiel, indem man einfach anfängt, Ziffern zu schreiben. Oder so:
101000
101 = 10 ist eine Zahl mit einem Nuller.
102 = 10 · 10 = 100 ist eine Zahl mit zwei Nullern.
10n+1 = 10 · 10n = Zahl mit n + 1 Nullern.
Frage: Wie kann man große Zahlen schreiben, die nicht von der Form 10n sind?
Die Antwort auf diese Frage ist natürlich jedem bekannt, wiederum spätestens seit
der Volksschule. Wir haben dies ja auch schon ein wenig vorweggenommen, etwa
wenn wir 1000 oder 120 geschrieben haben. Sind dies große Zahlen? Auf jeden Fall
ist es praktisch, eine kürzere Schreibweise für s(s(. . . s(s(1)) . . .)) (999 kleine s) zur
Verfügung zu haben.
Satz 1.21 gibt uns eine Möglichkeit, alle natürlichen Zahlen zu schreiben. Zuvor
beweisen wir noch folgenden Satz:
Satz 1.20 (Division mit Rest) Seien n eine ganze Zahl, m eine natürliche Zahl.
Dann gibt es eindeutig bestimmte ganze Zahlen k, l mit
n = km + l
und 0 ≤ l < m.
Beweis: Existenz:
1. Fall: n = 0. Setze k = l = 0.
2. Fall: n > 0.
(a) m|n. =⇒ Es gibt genau eine natürliche Zahl k mit m · k = n. Setze l = 0.
(b) m|/n, n < m. Setze k = 0, l = n.
(c) m|/n, n > m. Nach der Division mit Rest für natürliche Zahlen, Satz 1.10, gibt
es natürliche Zahlen k, l mit n = m · k + l, l < m.
3. Fall: n < 0 =⇒ −n > 0. Nach Fall 2 gibt es ganze Zahlen k.l, k ≥ 0, 0 ≤ l < m
mit
−n =
das heißt n =
(a) l = 0 : n = m · (−k)
m·k+l
−m · k − l
32
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
(b) l 6= 0 : n = m · (−k − 1) + (m − l),
| {z } | {z }
=:k̄
1≤l<m
=:l̄
m−1 ≥
m > ¯l ≥
n
=
m−l >m−m
1
m · k̄ + ¯l
Eindeutigkeit: Seien k, k̄, l, ¯l ganze Zahlen mit 0 ≤ l, ¯l < m und
1.Fall: ¯l = l
=⇒
=⇒
=⇒
n
=
n
=
mk
m · (k − k̄)
k − k̄
mk + l
mk̄ + ¯l
=
=
=
mk̄
0
0, da m 6= 0.
Nach Satz 1.17.
2. Fall: ¯l 6= l. o.B.d.A.(ohne Beschränkung der Allgemeinheit) können wir annehmen
¯l > l.
mk + l
m(k − k̄)
0
=⇒ k
=⇒ l
= mk̄ + ¯l
= ¯l − l > 0
< m(k − k̄) < m
= k̄
= ¯l
Satz 1.21 (Dezimaldarstellung natürlicher Zahlen) Sei n eine natürliche Zahl.
Dann gibt es eine eindeutig bestimmte nicht-negative ganze Zahl m und eindeutig bestimmte nicht-negative ganze Zahlen a0 , . . . , am , wobei 0 ≤ aj ≤ 9 für alle
j = 0, 1, . . . m, am 6= 0 sodass
n =
m
X
j=0
=
aj · 10m
a0 + a1 · 10 + . . . + am · 10m
Moment: für n = 0 ist ja 10n gar nicht definiert! Abhilfe: definieren a0 := 1.8
Beweis: Existenz: Für n = 1 ist die Aussage offenbar richtig: m = 0, a0 = 1.
Die Aussage gelte nun für 1, 2, . . . , n − 1. Schreibe n = k · 10 + l mit 0 ≤ l < 10.
1. Fall: k = 0: n = l, das heißt m = 0. Setzen a0 = l.
2. Fall: k ≥ 1. k ist offenbar kleiner als n. Nach Induktion kann man k schreiben als
k = b0 + b1 · 10 + . . . + bj · 10j .
Nun ist
n = k · 10 + l = l + b0 · 102 + . . . + bj · 10j+1 .
8 Das wird sich später als die richtige“ Definition herausstellen, wenn wir ganzzahlige Potenzen
”
definieren: es sollen für diese wieder dieselben Rechenregeln gelten wie für natürliche Potenzen.
33
1.2. DIE GANZEN ZAHLEN
Wir setzen also m = j + 1; a0 = l, a1 = b0 , . . . , am = bm−1 .
Eindeutigkeit: Sei nun
n =
n =
a0 + a1 · 10 + . . . + am · 10m
b0 + b1 · 10 + . . . + bj · 10j .
O.B.d.A. m = j (Definiere bj+1 = . . . = bm = 0, falls m > j, analog falls m < j.).
0 = (a0 − b0 ) + (a1 − b1 ) · 10 + . . . + (am − bm ) · 10m
(1.3)
Es ist −9 ≤ a0 − b0 ≤ 9 und (a1 − b1 ) · 10 + . . . + (am − bm )10m = n̄ · 10 für eine
ganze Zahl n̄.
Also kann Gleichung 1.3 nur erfüllt sein, wenn (a0 − b0 ) = 0 und n̄ = 0.
Mit Induktion folgt nun auch a1 − b1 = a2 − b2 = . . . = am − bm = 0 .
Definition 1.15 Die Darstellung
n = a0 + a1 · 10 + . . . + am 10m
heißt Dezimaldarstellung von n.
Man schreibt einfach
n = (am am−1 . . . a1 a0 )10
oder noch einfacher
n = am am−1 a1 a0 .
Beispiel: 1234 = 4 + 3 · 10 + 2 · 102 + 1 · 103 .
Übung: Darstellung zur Basis b > 1. Ersetze 10 im letzten Satz durch eine beliebige
natürliche Zahl b 6= 1.
Zur Übung braucht man wohl noch folgenden Sachverhalt: sind a, b ganze Zahlen mit
0 ≤ a, b < c, so gilt −c < a−b < c. Für den Fall c = 10 kann man das natürlich leicht
beweisen, indem man für a, b alle möglichen Kombinationen ausprobiert. Für den
allgemeinen Fall gibt es eine intelligentere (und kürzere) Methode (leichte Übung).
Bislang haben wir erst über die Dezimaldarstellung natürlicher Zahlen gesprochen.
Wie stellen wir ganze Zahlen dar? Nun für 0 ist die Sache einfach, wir schreiben
einfach 0. Das ist automatisch auch eine Dezimaldarstellung: 0 = 0 · 100 .
1.2.5
Gleichungen mit ganzen Zahlen
Wir haben bereits gesehen, dass die Gleichung
n+m=l
stets genau eine Lösung hat, sofern zwei der drei Zahlen vorgegeben sind.
Die Lösung für vorgegebene m, l ist beispielsweise
n = l − m.
34
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
Was, wenn nur eine der Zahlen vorgegeben ist? Etwa l: Gesucht sind Zahlen n, m
mit n + m = l.
Offenbar gibt es ∞-viele Paare ganzer Zahlen (n, m), welche n + m = l lösen:
Für jede ganze Zahl m ist (l − m, m) eine Lösung.
Wenn für eine Gleichung ∞-viele Lösungen exisiteren, dann sagt man auch das
Problem/die Gleichung sei unterbestimmt.
Ein weiteres Beispiel einer unterbestimmten Gleichung ist m · 0 = 0 (wird für jedes
m erfüllt).
Eine Gleichung mit ∞-vielen Lösungen muss nicht grundsätzliche uninteressant sein:
Gesucht: m, n, l mit
m2 + n2
Etwa: 32 + 42
=
=
l2
52
Dass diese Gleichung ∞-viele Lösungen hat, ist schnell eingesehen:
Ist (m, n, l)9 eine Lösung der Gleichung, so auch (km, kn, kl), wo k eine ganze Zahl:
(km)2 + (kn)2 = k 2 (m2 + n2 ) = k 2 l2 = (kl)2
Also: (3, 4, 5), (6, 8, 10), (9, 12, 15), . . . sind alles Lösungen der Gleichung. Aber sind
das alle Lösungen?
Eine weitere Gleichung ist
n·m=l
Wenn l gesucht ist, so hat die Gleichung natürlich genau eine Lösung, nämlich n·m.
Wenn etwa n, l gegeben sind, so hat die Gleichung nur dann eine Lösung, wenn n|l
gilt, also wenn l durch n teilbar ist. Das ist natürlich keine aufregende Entdeckung,
sondern gerade die Definition der Teilbarkeit:
Definition 1.16 Seien n, l ganze Zahlen, n 6= 0. Dann sagen wir n|l, falls es eine
ganze Zahl m gibt mit n · m = l. 10
Beispiele: 2|6, −2|6, 2| − 6, −3|/5, n|0, 0|/3, 1|n, 2|/2n + 1.
Wir werden den Zahlbereich der ganzen Zahlen im nächsten Unterkapitel so erweitern, dass die Gleichung n · m = l für n 6= 0 stets eine Lösung in m hat. Den
erweiterten Zahlenbereich nennen wir die rationalen Zahlen und deren Konstruktion
ist ziemlich analog zu der der ganzen Zahlen aus den natürlichen Zahlen.
Wir betrachten noch ein Beispiel einer Gleichung mit (potentiell) ∞-vielen Lösungen.
a·m+b·n=l
Hier sind nun a, b, l gegeben und m, n gesucht.
Beispiel: 4 · m + 5 · n = 2
9 (m, n, l) ist ein geordnetes Tripel, das heißt, die Reihenfolge, in der die Zahlen m, n, l angegeben
werden, ist wichtig. So ist etwa (2, 3, 5) eine Lösung, (3, 5, 2) aber nicht.
10 Hier bietet es sich natürlich an, diese Definition mit der entsprechenden Definition für
natürliche Zahlen zu vergleichen. Insbesondere sollte man sich überzeugen, dass beide Definitionen
auf den natürlichen Zahlen übereinstimmen.
35
1.2. DIE GANZEN ZAHLEN
Lösungskandidaten: (−2, 2), (3, −2), . . .. Wie komme ich von einer Lösung zu einer
anderen?
Behauptung: (m, n) eine Lösung =⇒ (m + 5k, n − 4k) eine Lösung.
Beweis:
4(m + 5k) + 5(n − 4k)
=
=
4m + 20k + 5n − 20k
4m + 5n
=
2
Beispiel:
4·m+2·n=1
Gibt es hier Lösungen?
1.2.6
Übungsaufgaben
1. Man zeige, ausgehend von den Definitionen der Operationen mit ganzen Zahlen:
• −9 + 5 = −4,
• 2 · (−5) = −10.
2. Man zeige, dass die Gleichung
−3 + k = 2
genau eine Lösung in der Menge der ganzen Zahlen hat und man bestimme
diese Lösung.
3. Seien i, j und k ganze Zahlen. Man beweise:
• i · (j + k) = i · j + i · k (Distributivität),
• 1 · j = j (Einsgesetz).
4. Für eine natürliche Zahl n und eine ganze Zahl a definiert man:
a1 = a und an+1 = an · a, für n ≥ 1.
Man zeige:
• (−1)2 = 1,
• (−1)2n = 1 und (−1)2n−1 = −1, für jede natürliche Zahl n ≥ 1.
5. Sei n eine natürliche Zahl. Man zeige (Induktion):
• Die Summe von n geraden ganzen Zahlen ist ebenfalls eine gerade Zahl.
• Das Produkt von n ungeraden ganzen Zahlen ist ebenfalls eine ungerade
Zahl.
(Hinweis: Eine ganze Zahl x heisst gerade, wenn es eine andere ganze Zahl y
gibt, so dass x = 2y. Eine ganze Zahl heisst ungerade, wenn es eine ganze Zahl
y gibt, so dass x = 2y − 1. )
6. Seien m und n ganze Zahlen, so dass m > 0 und n < 0. Man beweise, dass
daraus m · n < 0 folgt.
36
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
7. Seien a, b ganze Zahlen und k, l natürliche Zahlen. Man beweise:
• am · an = am+n ,
• (ak )l = ak·l ,
• (a · b)k = ak · bk .
8. In einer Tanzschule organisiert eine Klasse mit 10 Schülerinnen und 10 Schülern
eine Vorstellung. Für die Mädchen gibt es rote, lilafarbene, orange oder rosarote
Kleider, für die Jungen gibt es blaue, grüne, graue oder braune Anzüge. Auf
wieviele Arten können die Mädchen und Jungen der 10 Tanzpaare die Farbe
ihrer Kleidung aussuchen? Dieselbe Frage im Fall einer Klasse mit 2n Schülern,
wovon n Mädchen sind.
9. Man stelle die (dezimale) Zahl 2005 in der Basis 7 und in der Basis 5 dar.
Dasselbe mache man für die Zahl −2005.
10. Man bestimme die ganzen Zahlen, die Lösungen der folgenden Gleichungen
sind:
• 3 · m + 4 · n = 5,
• 2 · m + 6 · n = 9.
1.3
1.3.1
Die rationalen Zahlen
Konstruktion
Die Konstruktion der rationalen Zahlen erfolgt ziemlich analog zur Konstruktion
der ganzen Zahlen aus den natürlichen Zahlen. Wir erinnern uns: eine ganze Zahl
ist ein geordnetes Paar natürlicher Zahlen.
Definition 1.17 Eine rationale Zahl r ist ein geordnetes Paar r = (r1 , r2 ) von
ganzen Zahlen, wobei wir von der zweiten verlangen, r2 6= 0.
r1 heißt der Zähler,
r2 heißt der Nenner der rationalen Zahl r.
Wir sagen zwei rationale Zahlen r = (r1 , r2 ), q = (q1 , q2 ) sind gleich, wenn q1 r2 =
r1 q2 . Also:
(r1 , r2 ) = (q1 , q2 ) ⇐⇒ q1 r2 = r1 q2 .
Satz 1.22 Der Begriff der Gleichheit rationaler Zahlen erfüllt folgende Eigenschaften:
(i) Ist r eine rationale Zahl, so gilt r = r.
(ii) Sind r, q rationale Zahlen, so gilt r = q ⇐⇒ q = r.
(iii) Sind r, q, s rationale Zahlen, so gilt r = q und q = s =⇒ r = s.
Beweis: Übung.
Wir schreiben die rationale Zahl r = (r1 , r2 ) meist so: r = rr12 . Das heißt, wir
schreiben in diesem Fall das geordnete Paar übereinander mit waagrechtem Strich
dazwischen. Warum auch nicht. Man sagt r1 gebrochen durch r2“, oder kurz r1 −
”
”
r2 − tel“. Eine rationale Zahl nennt man auch Bruch. Wir wollen nun sehen, wie
man mit rationalen Zahlen, also mit Brüchen, rechnet.
1.3. DIE RATIONALEN ZAHLEN
1.3.2
37
Rechenoperationen
Definition 1.18 (Addition rationaler Zahlen) Seien r = (r1 , r2 ), q = (q1 , q2 )
zwei rationale Zahlen. Dann definiere:
r + q := (r1 q2 + r2 q1 , r2 · q2 ).
Die Definition wirkt bekannter, wenn man sie in der Bruchschreibweise darstellt:
q1
r1 q2 + r2 q1
r1
+
=
.
r2
q2
r2 q2
Ist die rechte Seite der Gleichung überhaupt eine rationale Zahl? Ja:
r1 q2 + r2 q1
ist sicher eine ganze Zahl und r2 q2 ist eine ganze Zahl, welche wegen Satz 1.17
ungleich 0 ist.
Wir müssen wieder einmal zeigen, dass das Ergebnis der Addition unabhängig von
der Darstellung der Summanden als Paare (=Brüche) immer dieselbe rationale Zahl
als Ergebnis liefert.
Satz 1.23 Seien r, q, x, y rationale Zahlen. Gelten r = q und x = y, so ist
r+x=q+y
Beweis: leichte Übung.
Satz 1.24 (Kommutativ- und Assoziativgesetz für die Addition rat. Zahlen)
Seien r, q, x rationale Zahlen. Dann gelten
(i) r + q = q + r
(ii) r + (q + x) = (r + q) + x
Beweis: Übung.
Definition 1.19 (Multiplikation rationaler Zahlen) Seien r = (r1 , r2 ), q =
(q1 , q2 ) rationale Zahlen. Dann definieren wir
r · q = (r1 q1 , r2 q2 )
Das Ergebnis ist wieder eine rationale Zahl, wie es sein soll (Übung). Es gilt auch
wieder der Satz:
Satz 1.25 Seien r, q, x, y rationale Zahlen, r = q, x = y. Dann ist
r·x=q·y
Beweis: Übung.
38
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
Satz 1.26 (Kommutativgesetz und Assoziativgesetz) Seien r, q, x rationale
Zahlen. Dann gelten
r·q
r · (q · x)
= q·r
= (r · q) · x
Beweis: Übung
Tipp: Natürlich folgen die Regeln fast unmittelbar aus den entsprechenden Regeln
für ganze Zahlen.
Es gelten auch wieder Distributivgesetze:
Satz 1.27 (Distributivgesetze für rationale Zahlen) Seien r, q, x rationale Zahlen. Dann gelten
r · (q + x)
(r + q) · x
(r · q) + (r · x)
(r · x) + (q · x)
=
=
Beweis: Übung
Wir vereinbaren wieder, dass Multiplikation stärker bindet als Addition, dass also
etwa
r · q + x = (r · q) + x
Wie im Fall der natürlichen Zahlen, die wir mit ganzen Zahlen der Form (n + 1, 1)
identifiziert haben, können wir die ganzen Zahlen mit gewissen rationalen Zahlen
identifizieren. Definiere:
n
ñ := (n, 1) =
1
Diese Einbettung“ ist wieder verträglich mit den Rechenoperationen , dh.
”
ñ + m̃
ñ · m̃
= n^
+m
= n
g
m
Wir werden daher die ganze Zahl n wieder mit der entsprechenden rationalen Zahl
ñ identifizieren und die Tilde weglassen. Also schreiben wir auch kurz
n=
n
1
Damit bekommen auch die Aussagen der folgenden Proposition Sinn:
Proposition 1.12 Sei r eine rationale Zahl.
Dann gelten:
1. r + 0 = r
2. 1 · r = r
3. 0 · r = 0
39
1.3. DIE RATIONALEN ZAHLEN
Beweis:
1.
r+0 =
=
(r1 , r2 ) + (0, 1)
(r1 · 1 + r2 · 0, r2 · 1)
=
=
(r1 , r2 )
r
2.
1·r
(1, 1) · (r1 , r2 )
=
=
r
(r1 , r2 )
Die linke Seite ist laut Definition der Multiplikation
(1, 1) · (r1 , r2 )
=
=
(1 · r1 , 1 · r2 )
(r1 , r2 )
3.
0·r
=
=
=
=
((0, 1) · (r1 , r2 )
(0 · r1 , 1 · r2 )
(0, r2 )
(0, 1),
da
0 · 1 = r2 · 0
Gleichungen der Form x + r = q sind auch in den rationalen Zahlen stets lösbar: ist
−m
r= m
n , so definiere −r := n . Dann gilt x = q + (−r) (Übung). Ist n eine ganze
f
Zahl, so gilt −ñ = −n.
1.3.3
Ordnung auf den rationalen Zahlen
Die Ordnung auf den ganzen Zahlen setzt sich auf natürliche Weise auf die rationalen
Zahlen fort.
Definition 1.20 Sei x =
m
n
eine rationale Zahl. Wir sagen x ist positiv, falls
m · n > 0.
Wir sagen x ist negativ, falls
m · n < 0.
Seien x, y rationale Zahlen. Wir sagen x ist größer als y, oder y ist kleiner als x,
falls x − y positiv ist. Wir schreiben dann x > y oder y < x. Ausserdem schreiben
wir wieder x ≥ y falls x > y oder x = y und x ≤ y, falls x < y oder x = y.
Wir müssen wieder zeigen, dass die Eigenschaft, eine positive rationale Zahl zu sein,
nicht von der speziellen Darstellung von x als Bruch ganzer Zahlen abhängt.
40
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
Hilfssatz 1.6 Seien m, n ganze Zahlen. Dann ist m · n > 0 genau dann, wenn eine
der beiden folgenden Bedingungen gilt:
• m > 0 und n > 0 oder
• m < 0 und n < 0.
Beweis: Übung.
Satz 1.28 Seien
m
n
und
m1
n1
Brüche mit
m
n
=
m1
n1 .
Dann gilt m · n > 0 genau dann, wenn m1 · n1 > 0.
Beweis: Man muss lediglich ein paar Fälle unterscheiden: Übung.
Es gilt auch wieder, dass für rationale Zahlen x, y stets genau eine der Aussagen
x < y, x = y oder x > y gilt. Der Beweis ist wieder eine leichte Übung.
Der nächste Satz zeigt wiederum, dass die neue Ordnung auf den ganzen Zahlen
mit der Ordnung, die wir dort definiert haben, übereinstimmt.
Satz 1.29 Seien m, n ganze Zahlen.
Dann gilt m > n genau dann, wenn
m
1
>
n
1.
Beweis: Übung.
Die Ordnung ist wieder mit den Rechenoperationen verträglich. Der folgende Satz
ist praktisch ident mit dem entsprechenden Satz für die ganzen Zahlen.
Satz 1.30 Seien x, y, z rationale Zahlen. Dann gelten:
1. x < y ⇐⇒ x + z < y + z
2. Falls: z > 0: x < y ⇐⇒ x · z < y · z
3. Falls: z < 0: x < y ⇐⇒ x · z > y · z
Beweis: Übung.
Definition 1.21 (Betrag einer rationalen Zahl) Sei x eine rationale Zahl. Dann
definieren wir den Betrag |x| von x durch
x falls x ≥ 0 ,
|x| :=
−x falls x < 0 .
Der Betrag einer rationalen Zahl ist demnach immer eine positive Zahl. Anschaulich
gibt der Betrag den Abstand der Zahl zur Null an. Analog gibt |x − y| den Abstand
zwischen den Zahlen x und y an.
Proposition 1.13 Sei x eine rationale Zahl. Dann gelten
41
1.3. DIE RATIONALEN ZAHLEN
(i) −|x| ≤ x ≤ |x|
(ii) −|x| ≤ −x ≤ |x|
Beweis: Übung: unterscheide die Fälle x ≥ 0 und x < 0.
Satz 1.31 (Dreiecksungleichung) Seien x, y, z rationale Zahlen. Dann gelten:
(i) |x + y| ≤ |x| + |y|
(ii) |x − z| ≤ |x − y| + |y − z|
(iii) ||x| − |y|| ≤ |x − y|
Beweis: (i): Wir unterscheiden zwei Fälle: x + y < 0 und x + y ≥ 0
Ist x + y < 0, so ist |x + y| = −x − y ≤ |x| + |y| wegen der vorigen Proposition. Ist
x + y ≥ 0, so ist |x + y| = x + y ≤ |x| + |y|.
(ii): Ersetze x durch x − y und y durch y − z in (i).
(iii): Setze z = 0 in (ii). Dann erhalten wir |x| ≤ |x − y| + |y|, also
|x| − |y| ≤ |x − y| .
Durch vertauschen von x und y erhalten wir
|y| − |x| ≤ |y − x| = | − (x − y)| = |x − y| .
Ob also |x| − |y| ≥ 0 oder |x| − |y| < 0 ist, jedenfalls gilt
||x| − |y|| ≤ |x − y| .
1.3.4
Gleichungen mit rationalen Zahlen
Die Gleichung
x·q =r
hat für q 6= 0 und beliebiges r nun stets eine Lösung x in den rationalen Zahlen. Sei
q = (q1 , q2 ), x = (x1 , x2 ), r = (r1 , r2 ).
x·
Wähle x =
q2
q1
r1
r2
·
q2
q1 ,
r1
q1
=
q2
r2
bzw. x = (r1 q2 , r2 q1 ).
ist eine rationale Zahl, q 6= 0 und daher q1 6= 0.
Mit diesem x ist die Gleichung erfüllt:
x·
q1
q2
=
=
=
r1 q2 q1
· )·
r2 q1 q2
r1 q2 q1
·( · )
r2 q1 q2
r1 q2 · q1
·
r2 q1 · q2
(
42
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
n
n
Aber jede rationale Zahl der Form
n
1
=
n
1
ist gleich 1:
⇐⇒ 1 · n = n · 1
⇐⇒ n = n
stimmt sicher.
Also:
x·q =x·
r1
r1
q1
=
·1=
=r
q2
r2
r2
Behauptung: Die Lösung ist auch eindeutig.
Beweis: Sei x =
x1
x2
eine beliebige Lösung von x · q = r.
q1
q2
x1 q1
x2 q2
=
r1
r2
r1
r2
(x1 q1 )r2
=
(x2 q2 )r1
x1 (q1 r2 )
=
x2 (q2 r1 )
x1
x2
=
q 2 r1
q 1 r2
x1
x2
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
·
=
Speziell ist die Gleichung x · q = 1 für gegebenes q 6= 0 und gesuchtes x stets eindeutig lösbar. Man sagt x ist das zu r inverse Element bezüglich der Multiplikation.
Wegen der Kommutativität der Multiplikation ist x dann auch eindeutige Lösung
der Gleichung r · x = 1. Wir schreiben dann x = r−1 .
Definition 1.22 Sei r 6= 0. Wir bezeichnen die eindeutig bestimmte Lösung der
Gleichung
x·r =1
mit x = r−1 .
Offenbar gilt
r1
r2
−1
=
r2
r1 .
Schreibweise: Seien a, b rationale Zahlen, b 6= 0. Dann schreiben wir
a
:= ab−1 .
b
Satz 1.32 (Bruchrechnung) Seien a, b, c, d rationale Zahlen, b 6= 0 und d 6= 0.
Dann gelten
(i) ab + dc = ad+bc
bd
(ii) ab · dc = a·c
b·d
(iii) Ist a 6= 0, so ist
a −1
b
Beweis: Übung.
=
b
a
43
1.3. DIE RATIONALEN ZAHLEN
1.3.5
Potenzen und Dezimaldarstellung
Wir können natürliche Potenzen rationaler Zahlen wieder genauso definieren wie
für ganze Zahlen. Darüber hinaus können wir auch an für ganzzahliges n definieren.
Definition 1.23 Sei a eine rationale Zahl. Wir definieren
(i) a1 = a
(ii) an+1 = an .
Für a 6= 0 definieren wir
(iii) a0 = 1
(iv) a−n := (a−1 )n , für jede natürliche Zahl n.
Satz 1.33 (Rechenregeln für Potenzen) Seien a, b rationale Zahlen, beide ungleich 0, und n, m ganze Zahlen. Dann gelten
(i)
(ii)
(iii)
(iv)
(v)
(a · b)n
an am
(an )m
a−n
a n
b
=
=
=
=
=
a n bn
an+m
an·m
1
an
an
bn
.
Beweis: Übung.
Definition
1.24 (Binomialkoeffizienten) Für natürliches n, ganzes k definieren
wir nk , sprich n über k“ wie folgt:
”
n
n
(i) 0 := 1, n := 1
n
+ nk für 0 < k < n + 1
:= k−1
(ii) n+1
k
(iii) nk = 0 sonst.
Wir berechnen alle Werte von
n
k
für die ersten paar Werte von n.
k=0
n=0
1
2
3
1
1
1
1
1
2
3
1
2
3
1
3
1
Man nennt diese Aufstellung Pascal’sches Dreieck.
Die Namensgebung Binomialkoeffizient“ erklärt sich aus dem nächsten Satz, der
”
offensichtlich eine Verallgemeinerung von Satz 1.19 ist. Ein Ausdruck von der Form
a + b heißt nämlich Binom, und der binomische Lehrsatz beschreibt die Potenzen
von Binomen.
Satz 1.34 (Binomischer Lehrsatz) Seien a, b rationale Zahlen und n eine natürliche
Zahl. Dann gilt
n X
n n−k k
n
a
b .
(a + b) =
k
k=0
44
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
Beweis: Für n = 1 ist die Aussage klar.
Die Aussage gelte für n und beliebige a, b.
(a + b)n+1
=
=
=
=
=
(a + b)(a + b)n
!
n X
n n−k k
(a + b)
a
b
k
k=0
!
!
n n X
X
n n−k k
n n−k k
a
a
b
+b
a
b
k
k
k=0
k=0
n n X
n n−k+1 k X n n−k k+1
a
b
a
b +
k
k
k=0
k=0
n n n+1 X n n+1−k k
a
+
a
b
0
k
k=1
n−1
X n
n n+1
n+1−(k+1) k+1
a
b
+
b
+
k
n
k=0
Es gilt weiters
n−1 n X
n n+1−k k X n n+1−(k+1) k+1
a
b
=
a
b +
k
k
k=0
k=1
n n X
n n+1−k k X
n
=
a
b +
an+1−k bk
k
k−1
k=1
k=1
n X
n n+1−k k
n
=
a
b +
an+1−k bk
k
k−1
k=1
n
X
n
n
=
+
an+1−k bk
k
k−1
k=1
n X
n + 1 n+1−k k
a
b
=
k
k=1
nach Definition des Binomialkoeffizienten sowie n0 = 1 =
n+1
n+1 nach derselben Definition. Somit gilt insgesamt
(a + b)
n+1
=
=
n+1
0
und
n
n
= 1 =
n n + 1 n+1
n + 1 n+1 X n + 1 n+1−k k
a
b +
b
a
+
k
n+1
0
k=1
n+1
X n + 1
an+1−k bk
k
k=0
Somit ist die Aussage für n + 1 gezeigt und mit Induktion für alle n.
Wir haben im letzten Beweis stillschweigend Rechenregeln für Summen verwendet,
die wir jetzt noch explizit formulieren wollen. Ausserdem haben wir Summen über
rationale Zahlen noch gar nicht definiert. Das macht aber nicht viel, man muss
lediglich in Definition 1.7 schreiben: seien a1 , a2 , . . . rationale Zahlen“, der Rest
”
der Definition bleibt gleich.
Pn
Genaugenommen wissen wir auch noch nicht, was k=0 an bedeutet, also wenn eine
Summe von 0 startet anstatt von 1.
45
1.3. DIE RATIONALEN ZAHLEN
Definition 1.25 Seien c, d ganze Zahlen mit c ≤ d und seien . . . , a−1 , a0 , a1 , . . .
rationale Zahlen. Dann definieren wir
d
X
ak =
k=c
ac
k=c ak + ad
Pd−1
falls d − c = 0 ,
falls 0 < d − c .
Diese Definition stimmt mit der alten natürlich für den Fall c = 1 überein. Folgendes
haben wir auch gebraucht und ist einfach zu zeigen:
Proposition 1.14 Sei c ≤ d < e. Dann gilt
e
X
ak =
k=c
d
X
k=c
ak +
e
X
ak .
k=d+1
Beweis: Übung.
Wir haben etwas von der Art des folgenden Satzes gebraucht:
Satz 1.35 (Indexverschiebung) Seien am+1 , . . . , an+m rationale Zahlen, m eine
ganze Zahl. Dann gilt
n+m
n
X
X
ak .
ak+m =
k=1
k=1+m
Beweis: Übung.
Satz 1.36 (Summen sind linear“) Seien a1 , . . . , an und b1 , . . . , bn rationale Zah”
len, und sei c eine rationale Zahl. Dann gelten
(i) c
(ii)
n
P
k=1
n
P
ak =
ak +
k=1
n
P
k=1
n
P
cak
bk =
k=1
n
P
(ak + bk ) .
k=1
Beweis: Mit Induktion.
Das gleiche gilt auch, wenn der Summenindex von c bis d läuft. Manche Verallgemeinerungen sind so offensichtlich, dass man sie nicht extra als Satz formulieren
muss.
Mit den auch sonst wichtigen Aussagen Proposition 1.14, Satz 1.35 und Satz 1.36
ist nun Satz 1.34 endgültig bewiesen.
Wir zeigen nun noch ein andere Methode zur Berechnung von nk :
Satz 1.37 Es gilt für natürliches n und ganzes 0 ≤ k ≤ n
n!
n
=
k!(n − k)!
k
wobei wir 0! := 1 definieren.
46
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
Beweis: n = 1: klar.
n → n + 1:
n+1
k
=
=
=
=
=
n
n
+
k−1
k
n!
n!
+
(k − 1)!(n − k + 1)! k!(n − k)!
n!
1
1
+
(k − 1)!(n − k)! n − k + 1 k
n+1
n!
(k − 1)!(n − k)! (n − k + 1)k
(n + 1)!
(n + 1)!
=
.
k!(n − k + 1)!
k!(n + 1 − k)!
Wir wollen nun eine Dezimaldarstellung für rationale Zahlen entwickeln. Zunächst
zerlegen wir positive rationale Zahlen in einen ganzzahligen Teil“ und einen echt
”
bruchzahligen Teil“.
”
Sei r = rr21 . O. B. d. A. können wir voraussetzen, dass r1 > 0 und r2 > 0. Wir
können r1 schreiben als
r1 = kr2 + l ,
wo k ≥ 0 eine ganze Zahl und 0 ≤ l < r2 (Division mit Rest, Satz 1.20). Damit ist
r
=
=
=
=
r1
r2
kr2 + l
r2
kr2
l
+
r2
r2
l
k+
.
r2
Ist l = 0 so ist r offenbar gleich einer ganzen Zahl.
Für den ganzzahligen Teil k haben wir bereits eine Dezimaldarstellung.
Wir möchten nun noch
l < r2 folgt 0 ≤ rl2 < 1.
l
r2
darstellen. Dazu bemerken wir zunächst, dass aus 0 ≤
Nun gilt ganz allgemein:
Hilfssatz 1.7 Sei x eine rationale Zahl, 0 ≤ x < 1. Dann ist 10x = a + b, wobei a
eine ganze Zahl ist mit 0 ≤ a < 10 und b eine rationale Zahl mit 0 ≤ b < 1.
Beweis: 0 ≤ 10x < 10. Wie vorher schreiben wir 10x = a + b mit einer ganzen Zahl
a und 0 ≤ b < 1. Es bleibt nur zu zeigen, dass 0 ≤ a < 10.
Da a + b < 10 gilt und b ≥ 1, muss a < 10 − b ≤ 10, also a < 10.
Da 0 ≤ a + b und b < 1, muss −1 < −b ≤ a. Da aber a eine ganze Zahl ist, gilt
a ≥ 0.
47
1.3. DIE RATIONALEN ZAHLEN
Wir können also für 0 ≤ x < 1 schreiben, indem wir den Hilfssatz wiederholt
anwenden:
x
=
=
a−1 10−1 + b−1 10−1
a−1 10−1 + (a−2 10−1 + b−2 10−1 )10−1 = a−1 10−1 + a−2 10−2 + b−2 10−2
=
a−1 10−1 + a−2 10−2 + a−3 10−3 + b−3 10−3
und so weiter.
Wir können also für beliebiges n schreiben:


−1
X
aj 10j  + b−n 10−n
x=
j=−n
P−1
Wir können j=−n aj 10j als Näherung für x auffassen, und der Fehler, den wir
dabei machen ist b−n 10−n . Da 0 ≤ b−n < 1 gilt, ist der Betrag des Fehlers höchstens
10−n .
Satz 1.38 Sei r eine positive rationale Zahl, n eine natürliche Zahl. Dann ist gibt
es ganze Zahlen a−n , . . . , am mit 0 ≤ aj < 10 und eine Zahl b−n mit 0 ≤ b−n < 1
sodass
m
X
aj 10j + b−n 10−n .
r=
k=−n
Beweis: Wir haben bereits gesehen, dass wir r schreiben können als
l
r2
mit einer ganzen Zahl k ≥ 0 und 0 ≤ l < r2 . Nach der Dezimalbruchentwicklung
für ganze Zahlen kann man k schreiben als
r=k+
k=
m
X
aj 10j .
j=0
Nach unserer vorhergehenden Überlegung kann man
l
r2
schreiben als
−1
X
l
aj 10j + b−n 10−n .
=
r2
j=n
Insgesamt folgt die Behauptung nun mit Proposition 1.14.
Beispiel: r =
234
17
= 13 +
13
17
=
=
=
=
=
=
13
17 .
Wir wollen eine Dezimalentwicklung bis n = 3.
130 −1
10
17
11 −1
10
17
110 −2
10
7 · 10−1 +
17
7 · 10−1 +
8 −2
10
17
80
7 · 10−1 + 6 · 10−2 + 10−3
17
7 · 10−1 + 6 · 10−2 +
7 · 10−1 + 6 · 10−2 + 4 · 10−3 +
12 −3
10
17
48
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
Wir schreiben nun r = am am−1 . . . a0 .a−1 . . . a−n . . . . Also etwa im Beispiel: r =
13.764 . . ..11
1.3.6
Die rationalen Zahlen sind zu wenig
Folgende Gleichung lässt sich in den rationalen Zahlen nicht lösen:
x2 = 2
Warum ist das wichtig? Ein Grund ist der, dass sich viele andere Gleichungen der
9
.
selben Art sehr wohl lösen lassen, etwa x2 = 4, x2 = 16
Ein anderer Grund ist der, dass man eine Idee hat, wie die Lösung in etwa aussehen
könnte: es ist
1.4142142
=
2.00000123779 . . .
1.4142135623730962
=
2.0000000000000026903 . . .
und man kann noch genauere“ Näherungen finden. Mit anderen Worten, es gibt
”
rationale Zahlen, deren Quadrat recht nahe bei 2 liegt.
Eine geometrische Motivation ist die, dass die Diagonale d eines Quadrats mit Seitenlänge 1 die Gleichung d2 = 2 erfüllt. Und man möchte in der Lage sein, dieser
Länge eine Zahl zuzuordnen.
Die Lösung des Problems ist die Einführung der reellen Zahlen, was wir bald machen
werden. Zunächst aber wollen wir die anfängliche Behauptung beweisen:
√
Satz 1.39 ( 2 ist irrational) Es gibt keine rationale Zahl x mit x2 = 2.
Beweis: Wenn es eine negative rationale Zahl y gibt mit y 2 = 2, dann gilt auch
(−y)2 = y 2 = 2 und −y ist eine positive Zahl. Es genügt also zu zeigen, dass es
keine positive rationale Zahl x gibt mit x2 = 2.
Angenommen, es gäbe so eine Zahl x. Wir können x schreiben als x = m
n mit m > 0,
n > 0. Mit anderen Worten: es gibt eine natürliche Zahl l der Form l = m + n mit
x= m
n . Nach dem Wohlordnungsprinzip gibt es nun eine kleinste natürliche Zahl
mit dieser Eigenschaft.
Wir können annehmen, dass l = m + n mit x =
2
m 2
gilt nun m
n2 = ( n ) = 2, sodass also
m
n
schon minimal gewählt ist. Es
m2 = 2n2 .
m2 ist also eine gerade Zahl12 . Wäre m selbst ungerade, dann gäbe es eine natürliche
Zahl k mit m = 2k − 1. Dann wäre aber m2 = 4k 2 − 4k + 1, was eine ungerade Zahl
ist. Also folgt, dass m gerade ist, m = 2m1 .
Damit gilt 2n2 = m2 = (2m1 )2 = 4m21 , sodass also
n2 = 2m21 .
11 Mit
den Punkten deuten wir an, dass die Entwicklung unendlich“ weitergeht.
”
gerade Zahl ist eine ganze Zahl, welche durch 2 teilbar ist. Eine ungerade Zahl ist eine
ganze Zahl, welche nicht gerade ist.
12 Eine
1.3. DIE RATIONALEN ZAHLEN
49
Also ist n2 eine gerade Zahl, und es folgt wie vorher, dass n eine gerade Zahl ist,
also n = 2n1 .
Nun gilt aber x =
m
n
=
2m1
2n1
=
m1
n1
mit 2(m1 + n1 ) = m + n, sodass also
l1 := m1 + n1 < m + n = l ,
im Widerspruch zur Minimalität von l. Die Annahme, es gäbe eine rationale Zahl
x mit x2 = 2 führt also zu einem Widerspruch.
1.3.7
Übungsaufgaben
1. Seien m, n ganze Zahlen. Man beweise den Satz:
m · n > 0 dann und nur dann wenn
• m > 0 und n > 0, oder
• m < 0 und n < 0.
(Hinweis: Satz: m · 0 = 0 für jede ganze Zahl m.)
2. Seien x, y, z ganze Zahlen, z 6= 0. Man beweise:
• x = y wenn und nur wenn x · z = y · z.
• (xz, yz) = (x, y) (Kürzen/Erweitern eines Bruches).
3. Seien r, q, x, y rationale Zahlen. Man zeige durch Anwendung der Definition der
Addition der rationalen Zahlen:
• Wenn r = q und x = y ist, dann folgt r + x = q + y.
• r + (q + x) = (r + q) + x.
4. Seien r, q, x, y rationale Zahlen. Man zeige durch Anwendung der Definitionen
der entsprechenden Operationen mit rationalen Zahlen, dass:
• Wenn r = q und x = y ist, dann folgt r · x = q · y.
• r · (q + x) = (r · q) + (r · x).
5. Seien n, m ganze Zahlen. Man zeige für die rationalen Zahlen ñ, m̃, dass:
ñ + m̃ = n^
+ m und ñ · m̃ = n]
· m.
6. Seien x und y ganze Zahlen. Man löse folgende Gleichungen ausgehend von den
Definitionen der Operationen mit rationalen Zahlen:
• 2 + 34 = 33
x ,
y
.
• − 45 + 17 = − 70
(Hinweis: man verwende eventuell auch die erste Aussage aus Aufgabe 2.)
7. Seien x, y, z rationale Zahlen, z 6= 0. Man beweise:
x = y wenn und nur wenn x · z = y · z.
8. Seien a, b, c, d ganze Zahlen, a 6= 0, b + c 6= 0. Ausgehend von den Definitionen
und den bewiesenen Eigenschaften der Operationen mit rationalen Zahlen finde
man einen möglichst einfachen Bruch (rationale Zahl) der gleich der Summe
ad(b + c)
a(b2 + 2bc + c2 )
+
2
a (b + c)
(b + c)2
ist.
50
KAPITEL 1. ZAHLENBEREICHE UND GLEICHUNGEN
9. Man zeige, dass die ganzen Zahlen m und n die Ungleichung m > n genau
n
m
n
dann erfüllen, wenn die rationalen Zahlen m
1 und 1 die Ungleichung 1 > 1
erfüllen.
10. (Bruchrechnung) Seien a, b, c, d rationale Zahlen, b, d 6= 0. Man zeige:
• ab + dc = ad+bc
bd ,
a c
a·c
• b · d = b·d ,
−1
• Für a 6= 0 und b 6= 0 gilt ab
= ab .
Kapitel 2
Mengen und Funktionen
2.1
Mengenlehre
Die Mengenlehre ist ein eigenes Gebiet der Mathematik, auf welchem die ganze
restliche Mathematik prinzipiell aufbaut.
Wie die meisten mathematischen Objekte werden auch Mengen durch Axiome beschrieben. Der gängigste Satz an Axiomen heißt das Zermelo-Fraenkel’sche Axiomensystem der Mengenlehre.
Erfahrungsgemäß ist der axiomatische Zugang für eine Anfängervorlesung zu abstrakt, und wir werden hier einen weniger exakten, dafür aber intuitiveren Zugang
wählen.
2.1.1
Naive Mengenlehre
Die Mengenlehre geht auf Georg Cantor zurück. Nach seiner Definition von 1877
ist eine Menge eine Zusammenfassung von bestimmten wohl unterschiedenen Ob”
jekten der Anschauung oder des Denkens, welche die Elemente der Menge genannt
werden, zu einem Ganzen“.
In erster Linie werden wir natürlich mathematische Objekte zusammenfassen. Wir
betrachten zum Beispiel
• die Menge der natürlichen Zahlen, N;
• die Menge der ganzen Zahlen, Z;
• die menge der rationalen Zahlen, Q.
Die so zusammengefassten Objekte heißen dann die Elemente der Menge.
Wir können eine Menge so angeben, dass wir ihre Elemente beschreiben, wie wir
zum Beipiel die obigen Zahlenbereiche in Kapitel 1 beschrieben haben.
Bei besonders einfachen Mengen können wir auch einfach ihre Elemente aufzählen:
zum Beispiel
8
X := {1, 2, } .
7
Hier haben wir die Objekte 1, 2 und
zusammengefasst.
8
7
– recht willkürlich – zu einer Menge X
51
52
KAPITEL 2. MENGEN UND FUNKTIONEN
Wenn wir sagen wollen, dass x eines der Elemente von X ist, dann schreiben wir
x ∈ X. Man sagt x ist in X“ oder X enthält x. 1
”
Es gilt also jede der Aussagen 1 ∈ X, 2 ∈ X und 78 ∈ X. Es gibt natürlich viel
Objekte, die nicht Elemente von X sind. Ist x kein Element von X, so schreiben
wir x ∈
/ X. Es gilt also zum Beipiel 4 ∈
/ X.
Zwei Mengen X und Y sind gleich, falls sie die gleichen Elemente haben. Daraus
folgen insbesondere folgende zwei Aussagen:
(i) Die Reihenfolge, mit der die Elemente einer Menge angegeben werden, spielt
keine Rolle.
(ii) Mehrfaches angeben eines Elements ändert nichts mehr.
Zum Beispiel ist also
8
8
{1, 2, } = {2, 1, , 1, 1, 2}
7
7
Man kann sich wieder davon überzeugen, dass der obige Gleichheitsbegriff wieder
gewissen Regeln folgt, wie wir das von einem Gleichheitsbegriff eben erwarten. So
gilt wieder, dass jede Menge X gleich sich selbst ist, dass aus X = Y auch Y = X
folgt und dass aus X = Y und Y = Z folgt X = Z.
Eine spezielle Menge ist die sogenannte leere Menge, also die Menge, welche kein
Element enthält. Wir bezeichnen sie mit ∅ beziehungsweise {}.
Die Elemente einer Menge können auch selbst Mengen sein2 , zum Beispiel
{{1, 2}, {5, 6}} .
Meist kann man Mengen nicht so angeben, indem man alle Elemente aufzählt, z.B.
bei der Menge N der natürlichen Zahlen. Dann beschreibt man die Elemente eben
durch ihre Eigenschaften, etwa
N = {n : n ist eine natürliche Zahl.}
Man liest das die Menge aller n, sodass gilt: n ist eine natürliche Zahl“.
”
Allgemein schreibt man
X = {x : E(x)} .
Ausgesprochen: Die Menge aller x, sodass E(x) gilt.“
”
2.1.2
Mengenalgebra
Definition 2.1 Eine Menge Y heißt Teilmenge der Menge X, falls jedes Element
von Y auch ein Element von X ist. Man schreibt dann
Y ⊆X.
Y heißt echte Teilmenge der Menge X, falls Y ⊆ X und Y 6= X.
Beispiel: Y = {n : 4|n}, X = {n : 2|n}. Ist n ∈ Y , also n durch 4 teilbar, dann
ist n auch durch 2 teilbar, also n ∈ X. Also gilt Y ⊆ X. Y ist sogar eine echte
Teilmenge von X.
1 Für
viele Zwecke kann man sich eine Menge als einen Sack vorstellen, in dem die Elemente
drinnen liegen.
2 In der axiomatischen Mengenlehre sind Elemente Grundsätzlich selbst Mengen.
53
2.1. MENGENLEHRE
Proposition 2.1 Zwei Mengen X, Y sind genau dann gleich, wenn X ⊆ Y und
Y ⊆ X.
Beweis: Seien X und Y gleich. Dann haben sie die gleichen Elemente. Also ist jedes
Element von X ein Element von Y und umgekehrt. Also gilt X ⊆ Y und Y ⊆ X.
Die obige Schlusskette läßt sich offenbar umkehren.
Definition 2.2 Seien X, Y zwei Mengen. Dann definieren wir
(i) X ∪ Y := {x : x ∈ X oder x ∈ Y }
(ii) X ∩ Y := {x : x ∈ X und x ∈ Y }
(iii) X\Y := {x : x ∈ X und x ∈
/ Y}
A
(Vereinigung)
(Durchschnitt)
(relatives Komplement)
A
B
B
A
B
A∪B
A\B
A∩B
Das oder“ ist wie immer nicht-ausschließend gemeint, das heißt im konkreten Bei”
spiel x ∈ X oder x ∈ Y oder beides.
Wir schreiben in Zukunft oft auch kurz ∨ für oder“ und ∧ für und“: X ∪ Y :=
”
”
{x : x ∈ X ∨ x ∈ Y }, X ∩ Y := {x : x ∈ X ∧ x ∈ Y }.
Beispiele: Seien X = {1, 2, 3, 4, 5}, Y = {3, 4, 5, 6, 7}. Dann gelten
(i) X ∪ Y = {1, 2, 3, 4, 5, 6, 7};
(ii) X ∩ Y = {3, 4, 5};
(iii) X\Y = {1, 2}.
2.1.3
Das Kreuzprodukt zweier Mengen
Eine weitere Konstruktion, die sehr wichtig ist, ist das Kreuzprodukt zweier Mengen.
Wir haben schon definiert, was wir unter einem geordneten Paar (x, y) verstehen,
wenn x, y etwa natürliche Zahlen sind. Allgemein definieren wir nun:
Definition 2.3 Seien x, y zwei Objekte. Dann definiere
(x, y) := {{x}, {x, y}}
das geordnete Paar mit Elementen x und y.
Man sieht: hier haben wir etwas einfaches kompliziert hingeschrieben, um es in die
Form der Mengenlehre zu zwingen, das heißt um es mit Mengen schreiben zu können.
Wir zeigen noch, dass die Definition des geordneten Paares genau das erfüllt, was
es erfüllen soll:
54
KAPITEL 2. MENGEN UND FUNKTIONEN
Proposition 2.2 Es gilt (x, y) = (w, z) genau dann, wenn x = w und y = z.
Beweis: Es trivial, dass aus x = w und y = z folgt, dass (x, y) = (w, z).
Sei nun (x, y) = (w, z), das heißt {{x}, {x, y}} = {{w}, {w, z}. Zwei Mengen sind
gleich, wenn sie gleiche Elemente haben, also gilt
• {x} = {w} und {x, y} = {w, z} oder
• {x} = {w, z} und {x, y} = {w}.
Im ersten Fall ist x = w wegen der ersten Aussage und damit folgt aus der zweiten
Aussage {x, y} = {x, z} und daraus wieder y = z.
Im zweiten Fall ist {x} = {w, z} und deshalb x = w = z. Weiters ist {x, y} = {w}
und daher x = y = w. Also ist x = y = w = z.
In jedem Fall ist also x = w und y = z.
Definition 2.4 Seien X, Y zwei Mengen. Die Menge
X × Y := {(x, y) : x ∈ X und y ∈ Y }
heißt das Kreuzprodukt oder auch Cartesisches Produkt von X und Y .
Beispiel: X = {1, 2}, Y = {2, 3}.
X × Y = {(1, 2), (1, 3), (2, 2), (2, 3)} .
2.1.4
Quantoren
Wir wollen nun kürzere Schreibweisen für Aussagen der Form für alle Elemente x
”
einer Menge X gilt. . .“ und ähnliche Aussagen einführen.
Wir schreiben kurz
∀x ∈ X : E(x) ,
wenn wir sagen wollen für alle Elemente x von X gilt E(x)“. ∀ heißt Allquantor.
”
Weiters schreiben wir
∃x ∈ X : E(x) ,
wenn wir sagen wollen es gibt ein Element x von X, sodass E(x) gilt“. ∃ heißt
”
Existenzquantor.
Beispiele:
1. ∀n ∈ N : s(n) ∈ N. Übersetzt: für jede natürliche Zahl n ist der Nachfolger eine
natürliche Zahl.
2. ∀n ∈ N : s(n) > n. Übersetzt: für jede natürliche Zahl n gilt, dass der Nachfolger
größer ist.
3. ∃n ∈ Z : n + 1 = 1
2.1. MENGENLEHRE
55
4. ∃n ∈ Z : ∀m ∈ Z : m + n = m. Das heißt: ∃n ∈ Z : E(n), wo E(n) die
Eigenschaft ist, dass ∀m ∈ Z : n + m = m wahr ist. Die ganze Aussage ist
natürlich wahr; es gibt tatsächlich so ein n ∈ Z, nämlich n = 0.
5. ∀n ∈ Z : ∃m ∈ Z : n + m = 0.
6. ∀r ∈ Q : ∃n ∈ N : r > n1 .
Wir führen eine weitere Schreibweise ein: wir schreiben ¬E(x) für E(x) gilt nicht“.
”
Weitere Schreibweisen können wir nun schon mithilfe der Abkürzungen einführen:
• ∄x ∈ A : E(x) bedeutet ¬(∃x ∈ A : E(x)) bzw. ∀x ∈ A : ¬E(x)
• 6 ∀x ∈ A : E(x) bedeutet ¬(∀x ∈ A : E(x)) bzw. ∃x ∈ A : ¬E(x)
∃!x ∈ A : E(x) bedeutet: beide der folgenden Aussagen sind wahr:
(i) ∃x ∈ A : E(x)
(ii) ∄y ∈ A\{x} : E(y)
Das heißt also, es gibt ein x in A mit Eigenschaft E, und alle anderen Elemente von
A haben die Eigenschaft nicht. Man spricht: Es gibt genau ein x . . . “
”
Und weitere Abkürzungen:
• E(x) ∧ F (x): x hat die Eigenschaft E und die Eigenschaft F .“
”
• E(x) ∨ F (x): x hat eine der Eigenschaften E, F oder beide.“
”
• E(x) =⇒ F (x): Wenn x die Eigenschaft E hat, dann hat x auch Eigenschaft
”
F“, oder Aus E(x) folgt F (x).“
”
Die Peano-Axiome in Kurzschreibweise:
P1)
P2)
P3)
P4)
P5)
1∈N
∀n ∈ N : ∃!s(n) ∈ N
∀n ∈ N : s(n) 6= 1
∀n ∈ N : ∀m ∈ N : s(n) = s(m) =⇒ n = m
Für jede Eigenschaft E gilt
E(1) ∧ ∀n ∈ N : E(n) =⇒ E(s(n)) =⇒ [∀n ∈ N : E(n)]
Insbesondere bei P5 kann man jetzt froh sein, dass wir schon früher Beispiele dazu
gemacht haben.
2.1.5
Das Russel’sche Paradoxon
Es wurde in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts von Bertrand Russel entdeckt,
dass die Cantor’sche Definition problematisch ist.
Man betrachte etwa die Menge R aller Mengen, die sich nicht selbst als Element
enthalten:
R := {M : M ∈
/ M}
Dies ist nun wieder eine Konstruktion einer Menge, die aus Objekten mit gewissen
Eigenschaften besteht, nämlich der Eigenschaft, eine Menge zu sein und weiters der
Eigenschaft (von Mengen), sich nicht als Element zu enthalten.
Ein Beispiel für ein Element von R ist die Menge {1}, eine Beispiel für eine Menge,
die nicht ein Element von R ist, ist die Menge aller Mengen.
Russel stellte nun die folgende Frage, die Teile der Mathematik in eine Krise stürzte:
56
KAPITEL 2. MENGEN UND FUNKTIONEN
Enthält R sich selbst als Element?
Nimmt man nämlich an, dass R ∈ R, so heißt das, dass R eine Menge ist, welche sich
nicht selbst als Element enthält, also R ∈
/ R erfüllt. Dies ist aber ein Widerspruch,
da laut Annahme R ∈ R.
Nimmt man umgekehrt an, dass R ∈
/ R, so heißt das, dass R eine Menge ist,
welche sich selbst als Element enthält, also R ∈ R. Also erhalten wir auch für diese
Annahme einen Widerspruch.
Die auf den Axiomen von Zermelo und Fraenkel aufbauende strenge“ Mengenlehre
”
löst diesen Widerspruch auf, indem zunächst die Existenz der leeren Menge postuliert und dann genau angibt, wie aus existierenden Mengen neue konstruiert werden
können. Und die Axiome sind dann unter anderem so gewählt, dass die Menge aller
”
Mengen, die sich selbst nicht als Element enthalten“, genauso wie die Menge aller
”
Mengen“, eben keine Menge im Sinne des Axiomensystems ist.
Bevor Russel diesen Widerspruch fand, und auch noch geraume Zeit danach, war
die jetzt oft naive Mengenlehre“ genannte Mengenlehre nach Cantor ungeheuer
”
befruchtend und nützlich für die Mathematik, und sie wird auch in dieser Vorlesung
gut genug für uns sein, solange wir bei der Bildung von neuen Mengen eine gewisse
Vorsicht walten lassen.
2.1.6
Übungsaufgaben
1. Man schreibe die Potenzmenge P(A) der Menge A, für
• A = {0, 1, a, b},
• A = {∅, {1}, {a, b}} .
Die Potenzmenge P(A) einer Menge A ist dabei die Menge
P(A) := {B : B ⊆ A} ,
2.
3.
4.
5.
also die Menge aller Teilmengen der Menge A.
Am Ende des Semesters gibt es eine Prüfung, an der die Studenten einer Gruppe teilnehmen können. Seien:
A = die Menge der Studenten, die die Gruppe bilden,
B = die Menge der Studenten, die für die Prüfung angemeldet sind,
C = die Menge der Studenten, die die Prüfung schreiben (unangemeldete dürfen
nicht!!),
D = die Menge der Studenten, die bei der Prüfung eine positive Note bekommen, und
E = die Menge der Studenten, die bei der Prüfung eine negative Note bekommen.
Man schreibe mit Hilfe der Operatoren ∪, ∩, \, ⊂ alle Beziehungen auf, die zwischen den Mengen A, B, C, D, E gelten.
Seien A = {a, b, c, e, f }, B = {a, b, d}.
• Man bestimme die Mengen A ∪ B, A ∩ B, A \ B, B \ A, (A \ B) ∪ (B \ A).
• Man finde eine Menge C, die folgende Bedingungen erfüllt: B∪C = {a, b, d, e}
und A ∩ C = {b, e}.
Man finde Beispiele von Mengen A 6= ∅ und B 6= ∅ so, dass:
• A \ B = B \ A.
• A ∩ B = B ∩ A.
Seien A = {0, 1, 2} und B = {1, 2}.
• Man bestimme die Mengen A × B und B × A.
2.2. FUNKTIONEN
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
57
• Man bestimme die Mengen
C = {(x, y) ∈ A × B : x gerade ganze Zahl. },
D = {(x, y) ∈ B × A : x 6= 2}.
Seien A, B nichtleere Mengen, mit A × B = B × A. Man zeige, dass A = B.
( Hinweis: A = B wenn und nur wenn A ⊆ B und B ⊆ A.)
Seien die Mengen
A = {n ∈ N : n gerade, n ≤ 20} und B = {n ∈ N : n teilbar durch 3, n ≤ 25}.
Man bestimme die Mengen A ∪ B, A ∩ B, A \ B. Man beschreibe A ∩ B anhand
der Eigenschaft(en) ihrer Elemente.
Seien A = {1, 2}, B = {3, 5}, C = {2, 4, 5}. Man bestimme die Mengen:
(A ∪ B) \ C, A ∪ (B \ C), (A ∩ B) ∪ C, A ∩ (B ∪ C), (A \ C)(C \ A).
Man konstruiere alle mögliche Funktionen f : A → B, für
• A = {1, 2}, B = {a, b, c},
• A = {a, b, c}, B = {1, 2}.
Welche der obigen Funktionen sind injektiv, surjektiv oder bijektiv?
Sei f : Q → Q, f (x) = 2x + 3. Man untersuche f im Bezug auf Injektivität,
Surjektivität, Bijektivität. Man finde die Inverse g der Funktion f , falls diese
existiert. Dieselben Fragen für f : Z → Z, f (x) = 2x + 3.
Seien A, B Mengen mit je n Elementen, n eine natürliche Zahl, n > 1. Man
zeige: f injektiv ⇐⇒ f surjektiv ⇐⇒ f bijektiv
Man finde Beispiele von 2 Mengen A, B und einer Funktion f : A → B, die injektiv, aber nicht surjektiv ist, beziehungsweise die surjektiv, aber nicht injektiv
ist, in folgenden Fällen:
• A, B sind endliche Mengen,
• A, B sind unendliche Mengen.
Sind die Mengen N und {n2 : n ∈ N} gleichmächtig? Man begründe die Antwort.
Seien A, B, C Mengen, die gleichmächtig mit N sind. Man beweise, dass auch
ihre Vereinigung A ∪ B ∪ C gleichmächtig mit N ist.
2.2
Funktionen
Funktionen sind eines der fundamentalen Konzepte der Mathematik. Sie sind unabdingbar bei der Modellierung dynamischer Vorgänge und anderer Zusammanhänge
zwischen zwei oder mehreren Größen.
Man kann Ort und Geschwindigkeit eines Objekts durch Funktionen beschreiben,
die Verteilung von Temperatur und Luftdruck, aber zum Beispiel auch die Rechenzeit eines Algorithmus in Abhängigkeit von den Eingangsdaten. Und nicht zuletzt
ist der Algorithmus selbst ein Beispiel für eine Funktion.
Ein wichtiger Spezialfall von Funktionen sind auch Folgen rationaler Zahlen, die wir
zur Konstruktion der reellen Zahlen benützen werden.
2.2.1
Definition
Definition 2.5 Seien X und Y zwei Mengen. Eine Funktion f von X nach Y ist
eine Vorschrift, welche jedem Element x ∈ X genau ein Element y = f (x) ∈ Y
zuordnet. Wir schreiben
f : X −→ Y .
58
KAPITEL 2. MENGEN UND FUNKTIONEN
X heißt die Definitionsmenge, Y der Wertevorrat von f .
Gilt f (x) = y, so heißt x ein Argument der Funktion und y der Funktionswert an
der Stelle x.
Beispiele:
1. X = {1, 2, 3}, Y = {1, 2}, f (1) = 1, f (2) = 1, f (3) = 2.
1
1
2
2
3
2. X = N, Y = N, f (n) = 2n für alle n ∈ X.
1
1
2
2
3
3
4
4
5
..
.
6.
..
5
.. 6
.
3. X = Q, Y = Q, f (r) = r2 für alle r ∈ X.
Man beachte in der vorigen Definition sowie in den Beipielen, dass es wichtig ist,
dass wirklich jedem Element von X ein Element von Y zugeordnet wird, und nur
eines. Es ist nicht wichtig, dass jedes Element von Y einem x ∈ X zugeordnet wird.
Wir bringen noch zwei Beispiele für etwas, das keine Funktion ist:
4. X = {1, 2, 3}, Y = {1, 2}, f (1) = 1, f (1) = 2, f (2) = 1, f (3) = 2.
1
2
3
1
2
Hier gehen vom Element 1 links zwei Pfeile weg, das heißt die Vorschrift ordnet
dem Element 1 ∈ X einmal das Element 1 ∈ Y und einmal das Element 2 ∈ Y
zu.
5. X = N, Y = N, f (n) = n : 2 für alle geraden n ∈ X.
59
2.2. FUNKTIONEN
1
1
2
2
3
3
4
4
5
6.
..
..
.
5
.. 6
.
Hier wird nur jedem zweiten Element von X ein Element von Y zugeordnet.
Definition 2.6 (injektiv,surjektiv,bijektiv) Sei f : X −→ Y eine Funktion.
(i) f heißt injektiv, wenn jeder Wert in Y höchstens einmal durch f zugeordnet
wird, also wenn für alle x1 , x2 ∈ X
f (x1 ) = f (x2 ) =⇒ x1 = x2 .
(Das ist gleichbedeutend mit alle x1 , x2 ∈ X
x1 6= x2 =⇒ f (x1 ) 6= f (x2 ) .)
(ii) f heißt surjektiv, wenn jeder Wert in Y mindestens einmal zugewiesen wird,
also wenn
∀y ∈ Y ∃x ∈ X : f (x) = y .
(iii) f heißt bijektiv, wenn f injektiv und surjektiv ist.
Beispiele:
1. Die Funktion f : N −→ N, f (n) = 2n ist injektiv. Sie ist nicht surjektiv, da
etwa für kein n gilt f (n) = 1.
2. Die Funktion f : Q −→ Q, f (x) = 2x ist injektiv: Seien x1 , x2 rationale Zahlen
mit f (x1 ) = f (x2 ). Dann ist 2x1 = 2x2 und daher x1 = x2 .
f ist auch surjektiv: wir betrachten eine beliebige Zahl y ∈ Q. Wir müssen eine
Zahl x ∈ Q finden mit f (x) = y, also 2x = y. Mit x = y2 ist aber so eine Zahl
gefunden.
f ist also bijektiv.
3. f : Z\{0} −→ N, f (x) = |x|. f ist surjektiv, da für jede natürliche Zahl n eine
ganze Zahl x existiert mit f (x) = n, etwa x = n, da für eine natürliche Zahl
gilt |n| = n. f ist aber nicht injektiv, da f (−1) = | − 1| = 1 = f (1) ist.
2.2.2
Ein noch exakterer Funktionssbegriff
Noch ist in unserer Definition von Funktionen ein Schönheitsfehler enthalten: es ist
nicht klar, wie die Vorschrift beschaffen sein muss. Dieser Schönheitsfehler wird mit
folgender Definition behoben.
Definition 2.7 Eine Funktion f : X −→ Y besteht aus Mengen X und Y , sowie
einer Teilmenge f ⊆ X × Y mit folgender Eigenschaft:
∀x ∈ X ∃! y ∈ Y : (x, y) ∈ f .
60
KAPITEL 2. MENGEN UND FUNKTIONEN
Es gibt also bei dieser Definition keinerlei Einschränkung bezüglich dessen, wie sich
der Funktionswert zum Argument verhält.
Ein Vorteil dieser Definition ist der, dass der folgende Satz damit praktisch zur
Trivialität wird.
Satz 2.1 Sei f : X −→ Y eine Funktion. f ist genau dann bijektiv, wenn f eine
Umkehrfunktion hat.
Bevor wir diesen Satz beweisen können, müssen wir zunächst erklären, was wir unter
einer Umkehrfunktion verstehen.
Definition 2.8 Sei f : X −→ Y eine Funktion. Eine Funktion g : Y −→ X heisst
Umkehrfunktion von f , falls
g(f (x)) = x ∀x ∈ X
und
f (g(y)) = y ∀y ∈ Y .
Die Umkehrfunktion, so sie existiert, macht also die Wirkung der Funktion rückgängig.
Wir beweisen den Satz:
Beweis: Sei zunächst g eine Umkehrfunktion von f . f ist dann injektiv: seien
x1 , x2 ∈ X mit f (x1 ) = f (x2 ). Dann ist x1 = g(f (x1 )) = g(f (x2 )) = x2 , da g eine
Umkehrfunktion ist.
f ist surjektiv, da für beliebiges y ∈ Y ein Element x ∈ X existiert mit f (x) = y,
nämlich f (g(y)) = y.
Sei nun umgekehrt f surjektiv und bijektiv. Wir definieren g : Y −→ X wie folgt:
(y, x) ∈ g ⇐⇒ (x, y) ∈ f .
g ist eine Funktion: für jedes y ∈ Y existiert ein x ∈ X mit (y, x) ∈ g, da ein x
existiert mit (x, y) ∈ f , da f surjektiv ist. Es kann nur ein so ein x geben, da f
injektiv ist.
Funktionen sind ein fundamentales Instrument in der ganzen Mathematik. Wir
illustrieren dies hier mit einer einfachen aber sehr weitreichenden Anwendung.
Es liegt nahe zu sagen, dass etwa die Menge {1, 2, 3} größer ist als die Menge {2, 3},
weil die zweite Menge in der ersten (echt) enthalten ist.
Genauso möchte man das aber auch sagen für die Mengen {1, 2, 3} und {a, b}: die
erste ist in gewisser Weise größer als die zweite.
Definition 2.9 (Mächtigkeit) 1. Eine Menge X heißt mächtiger als die Menge
Y , falls es eine surjektive Abbildung f : X −→ Y gibt.
2. Zwei Mengen X, Y heißen gleichmächtig, wenn es eine bijektive Funktion f :
X −→ Y gibt.
Nach Satz 2.1 gibt es genau dann eine bijektive Funktion f : X −→ Y , wenn es eine
bijektive Funktion g : Y −→ X gibt.
Der folgende Satz liefert eine alternative Definition für X ist mächtiger als Y “:
”
61
2.2. FUNKTIONEN
Satz 2.2 X ist mächtiger als Y genau dann, wenn es eine injektive Funktion g :
Y −→ X gibt.
Beweis: Übung.
Der folgende Satz ist der erste schwierige Satz in dieser Vorlesung:
Satz 2.3 (Satz von Schröder-Bernstein) Seien X und Y zwei Mengen. Folgende Aussagen sind äquivalent:
(a) X und Y sind gleichmächtig.
(b) Es gibt injektive Funktionen f : X −→ Y und g : Y −→ X.
(c) Es gibt surjektive Funktionen f : X −→ Y und g : Y −→ X.
Beweis: Schwere Übung. Fast trivial für endliche Mengen.
Wir können nun definieren, wann eine Menge unendlich ist.
Definition 2.10 Sei X eine Menge. Wir sagen X ist unendlich, falls X gleichmächtig
ist zu einer echten Teilmenge von A.
Zum Beispiel ist die Menge N unendlich, betrachte etwa die Abbildung, welche n in
s(n) überführt.
Wir bezeichnen mit In folgende Mengen
In := {m ∈ N : m ≤ n} = {1, 2, . . . , n} .
Definition 2.11 Wir sagen X hat Kardinalität n ∈ N, falls X gleichmächtig ist
zu In . Wir schreiben #X = n.
Man kann nun noch Kardinalitäten für unendliche Mengen definieren und jede Menge aufregender Resultate beweisen.
Wir bringen nur noch zwei Beispiele unendlicher Mengen, zusammen mit einem
verblüffenden Resultat.
Satz 2.4 N und Z sind gleichmächtig.
Obwohl die ganzen Zahlen ja offenbar mehr sind, als die natürlichen, sind sie trotzdem gleichviel in dem Sinne, dass sie einander umkehrbar eindeutig zuordenbar
sind.
Beweis: Wir definieren folgende Abbildung f : N −→ Z:
(n − 1) : 2 falls n ungerade
f (n) :=
−(n : 2) falls
n gerade
1
↓
0
2
↓
-1
3
↓
1
4
↓
-2
5
↓
2
6
↓
-3
7
↓
3
8
↓
-4
9
↓
4
···
···
···
62
KAPITEL 2. MENGEN UND FUNKTIONEN
Es ist leicht zu zeigen, dass f bijektiv ist.
Satz 2.5 N und Q sind gleichmächtig.
Beweis: Wir definieren Q>0 := {x ∈ Q : x > 0}. Es ist ziemlich klar, dass Q>0 und
Q gleichmächtig sind (es besteht eine gewisse Analogie zu N und Z).
Als Hinweis, warum N mächtiger ist als Q, dient die folgende Graphik:
1
2
3
4
5
1
2
2
2
3
2
4
2
5
2
1
3
2
3
3
3
4
3
5
3
1
4
2
4
3
4
4
4
5
4
1
5
2
5
3
5
4
5
5
5
2.2.3
Funktionsgraphen und Beispiele
Definition 2.12 Sei f : X −→ Y eine Funktion. Die Menge
{(x, f (x)) : x ∈ X}
heißt der Graph der Funktion.
Der Name kommt vermutlich daher, dass man meist den Graph der Funktion zeichnet, wenn man sie veranschaulichen will.
Beispiele:
1. Sei X = {1, 2, 3}, Y = {1, 2, 3, 4}, f (1) = 2, f (2) = 1, f (3) = 4.
4
3
2
1
1
2. f : N −→ N, f (n) := 2n, ∀n ∈ N.
2
3
63
2.3. FOLGEN RATIONALER ZAHLEN
..
.
6
5
4
3
2
1
1
2
3
5 ···
4
Hier haben wir offenbar nur einen sehr kleinen Teil des Graphen dargestellt.
Oft reicht das aber schon aus, um eine Vorstellung zu bekommen.
3. f : N −→ Q, f (n) := n1 , ∀n ∈ N.
..
.
1
1
2
1
3
1
2
3
4
5 ···
Es ist eher typisch als die Ausnahme, dass man den Graphen nur teilweise darstellen kann. Im vorliegenden Beispiel haben wir die Achsen“ kontinuierlich
”
gezeichnet, auch die x-Achse, das heißt wir haben N als Teilmenge von Q gezeichnet. Eigentlich sollte man Q selbst nicht kontinuierlich zeichnen, weil wir
ja gesehen haben, dass Q Löcher“ hat.
”
4. f : Q −→ Q, f (x) := x, ∀x ∈ Q.
f (x)
1
0
1
x
Hier haben wir auch nur ganz wenige Elemente des Funktionsgraphen gezeichnet.
2.3
Folgen rationaler Zahlen
Die vorliegende Sektion dient zwei Zwecken. Einerseits sind Folgen rationaler Zahlen
spezielle Funktionen, und mit ihrem Studium wird der Funktionsbegriff vertieft.
64
KAPITEL 2. MENGEN UND FUNKTIONEN
Andererseits werden wir Folgen rationaler Zahlen zur Konstruktion der reellen Zahlen verwenden.
2.3.1
Definition und Beispiel
Definition 2.13 Eine Folge ist eine Funktion, deren Definitionsbereich die Menge
N ist.
Ist a : N −→ X eine Folge mit Werten in X (X eine beliebige Menge), so schreiben
wir meist an := a(n).
Wir schreiben auch sei (an )n≥1 eine Folge mit Werten in X“.
”
Wir wollen nun Folgen rationaler Zahlen studieren, das sind eben Folgen mit Werten
in Q.
Beispiele:
1. an =
1
n,
n∈N
⊕
1.0
0.9
0.8
0.7
0.6
⊕
0.5
0.4
⊕
0.3
⊕
⊕
0.2
⊕
⊕
⊕
⊕
0.1
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
0.0
0
2. an =
3n3 −n
2n+3 ,
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
n∈N
600
⊕
⊕
500
⊕
⊕
400
⊕
⊕
300
⊕
⊕
⊕
200
⊕
⊕
100
⊕
0
0
3. an =
4n2 +2
n2 +2n ,
n∈N
⊕
2
⊕
⊕
4
⊕
⊕
6
⊕
⊕
8
⊕
10
12
14
16
18
20
65
2.3. FOLGEN RATIONALER ZAHLEN
4.0
3.6
3.2
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
2.8
⊕
2.4
⊕
⊕
2.0
1.6
1.2
0.8
0.4
0.0
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
Obwohl man nur einen kleinen Teil des Graphen sieht, hat man das Gefühl, dass
man weiss, wie es weitergeht. Etwa liegen die Glieder der ersten Folge immer näher
bei null, bei der zweiten Folge ist das nicht der Fall, sie gehen immer weiter ins
positive. Die dritte Folge wird auch immer positiver, aber nie grösser als 4. Dabei
darf man sich aber nicht täuschen lassen, alle diese Aussagen muss man beweisen.
Betrachten wir etwa eine leicht abgewandelte“ Version der zweiten Folge: an =
”
3n3 −n
2n+3+0.0001n4 , n ∈ N.
Wenn man nur die ersten 20 Glieder betrachtet, dann erkennt man qualitativ wenig
Unterschiede: das Wachstum ist nur etwas abgeschwächt.
600
500
⊕
400
⊕
⊕
⊕
⊕
300
⊕
⊕
⊕
200
⊕
⊕
100
⊕
0
0
⊕
⊕
2
⊕
⊕
⊕
4
⊕
6
⊕
8
⊕
⊕
10
12
14
16
18
20
Für größere n sieht die Sache schon anders aus: man erkennt, dass sich das Wachstum irgendwo bei n = 35 umdreht, die Folge beginnt wieder zu sinken.
600
⊕⊕⊕⊕⊕⊕⊕⊕⊕
⊕⊕
⊕⊕⊕
⊕⊕
⊕⊕
⊕⊕
⊕
⊕⊕
⊕
⊕⊕
⊕
⊕⊕
⊕
⊕⊕
⊕⊕
⊕
⊕⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
500
400
⊕
⊕
300
⊕
⊕
⊕
200
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕
⊕⊕
100
0
0
10
20
30
40
50
60
Wie ist das nun mit unseren ursprünglichen Beispielen? Ändert sich das Verhalten
für große n oder bleibt es so, wie wir vermutet haben? Die nächsten Sektionen setzen
sich mit Fragestellungen dieser Art auseinander.
66
KAPITEL 2. MENGEN UND FUNKTIONEN
2.3.2
Beschränkte Folgen
Definition 2.14 Sei (xn )n≥1 eine Folge rationaler Zahlen.
(i) (xn )n≥1 heißt nach oben beschränkt, n. o. b., falls es eine rationale Zahl M
gibt mit
xn ≤ M ∀n ∈ N .
(ii) (xn )n≥1 heißt nach unten beschränkt, n. u. b., falls es eine rationale Zahl M
gibt mit
xn ≥ M ∀n ∈ N .
(iii) (xn )n≥1 heißt beschränkt, falls (xn )n≥1 n. o. b. und n. u. b. ist.
Proposition 2.3 (xn )n≥1 ist genau dann beschränkt, wenn es eine rationale Zahl
M gibt mit |xn | ≤ M .
Beweis: Übung.
Beispiele:
1. xn = r für alle n, r eine rationale Zahl. Dann ist (xn )n≥1 beschränkt. So eine
Folge heißt konstant.
2. xn = n1 . Dann gilt 0 ≤ xn ≤ 1 für alle n. Das heißt (xn )n≥1 ist beschränkt.
3. xn = n. Dann gilt xn ≥ 0, (xn )n≥1 ist also n. u. b.
Die Folge ist aber nicht n. o. b.: Angenommen M wäre eine rationale Zahl
mit ∀n ∈ N : xn ≤ M . Dann muss M eine positive rationale Zahl sein, da
M ≥ x1 = 1. Wir haben schon früher gesehen, dass wir M schreiben können
als M = k + r, wo k eine ganze Zahl mit k ≥ 0 und r eine rationale Zahl mit
0 ≤ r < 1.
Es gilt dann aber M ≥ xk+1 = k + 1 > M , ein Widerspruch.
2
+1
4. xn = n2n
2 −n+1 . Hier müssen wir uns zunächst fragen, ob das überhaupt eine
sinnvolle Definition ist, das heißt, dass der Nenner ungleich 0 ist. Das sieht
man durch Induktion, oder durch
n2 − n + 1 > n2 − 2n + 1 = (n − 1)2 ≥ 0 .
Daraus folgt sogleich, dass xn ≥ 0 und somit (xn )n≥1 n. u. b. ist.
Wir wollen nun zeigen, dass (xn )n≥1 n. o. b. ist. Dazu müssen wir eine rationale
Zahl M finden mit
2n2 + 1
≤M,
n2 − n + 1
also 2n2 + 1 ≤ M (n2 − n + 1) .
Wir raten nun M = 4.
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
2n2 + 1
2n2 + 1
0
0
0
4(n2 − n + 1)
4n2 − 4n + 4
2n2 − 4n + 3
2
n − 2n + 1 + 12
(n − 1)2 + 21
≤
≤
≤
≤
≤
5. Schwierigeres Beispiel: wir definieren ein Folge (xn )n≥1 rekursiv wie folgt:
x1
xn+1
=
=
2
xn
2
+
1
xn
,
n≥2
67
2.3. FOLGEN RATIONALER ZAHLEN
Zunächst stellt sich wieder die Frage, ob die Folge sinnvoll definiert ist, das
heißt, dass der Nenner stets ungleich null ist. Das sieht man mit Induktion.
Betrachten wir einmal die ersten paar Folgenglieder:
2
3
4
n 1
xn 2 1.5 1.416. . . 1.4142. . .
Wir stellen die folgende kühne Vermutung auf: xn ≥ 1 ∀n. Für n = 1 ist das
klar. Für n ≥ 2 gilt
+ x1n
+2
x2n − 2xn + 2
x2n − 2xn + 1 + 1
(xn − 1)2 + 1
xn
2
x2n
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
≥
≥
≥
≥
≥
1
2xn
0
0
0
Die letzte Aussage stimmt offenbar, und somit auch die anderen. Damit ist also
die Folge nach unten beschränkt.
Wir Zeigen nun noch, dass die Folge n. o. b. ist durch 2: dass x1 ≤ 2 gilt ist
wieder klar.
n → n + 1: Für n ≥ 2 gilt nach Definition wieder
xn+1 =
1
xn
+
.
2
xn
Nun ist, da xn ≥ 1 gilt, x1n ≤ 1. Weiters ist, da xn ≤ 2,
Insgesamt ist also xn+1 ≤ 2.
2.3.3
xn
2
≤ 1.
Große und kleine Zahlen
Wir haben schon ausgiebig über die Ordnungen auf unseren verschiedenen Zahlen
nachgedacht. Hier wollen wir nun noch einmal darüber reflektieren.
Wir betrachten zum Beipiel die natürliche Zahl 1000. Ist 1000 eine große Zahl?
Wenn ja, dann in welcher Hinsicht? Nun, zunächst ist 1000 größer als die Zahlen
1, 2, . . . , 999. Es gibt also eine Menge Zahlen, die kleiner als 1000 sind. Andererseits
gibt es unendlich viele Zahlen, die größer sind.
Es gibt für rationale Zahlen gewissermaßen zwei verschiedene Arten, klein“ zu sein,
”
wobei beide natürlich immer relativ sind: einerseits kann die Zahl sehr negativ sein,
wie zB. -100000000, andererseits betragsklein“, das heißt, dass der Betrag nahe“
”
”
bei 0 ist, wie etwa bei den Zahlen 0.002 oder -0.00034.
2.3.4
Konvergente Folgen
Betrachten wir nun die Folge (xn )n≥1 mit
2n + 1
.
3n − 2
Wir sehen wieder, dass die Folge sinnvoll definiert ist, da der Nenner stets ungleich
null ist.
xn :=
Wir rechnen zunächst ein paar Folgenglieder aus:
n
1
2
3
4
5
10
100
1000
10000
xn
3
5
4
1
9
10
11
13
21
28
201
298
2001
2998
20001
29998
xn ≈
3
1.25
1
0.9
0.846
0.75
0.674
0.6674
0.6667
68
KAPITEL 2. MENGEN UND FUNKTIONEN
Es drängt sich der Verdacht auf, dass sich xn mit wachsendem n immer mehr an
2
3 = 0.6666 . . . annähert.
Betrachten wir etwa die Folge (yn )n≥1 , die entsteht, wenn man von jedem Folgenglied xn die Zahl 32 abzieht:
2
yn := xn − .
3
n
xn ≈
1
2.333
2
0.5833
3
0.3333
10
0.08333
100
0.00783
1000
0.000778
10000
0.000078
Wir sehen, dass der Betrag von yn immer kleiner wird. Der Betrag von yn ist aber
das, was wir unter dem Abstand von xn zu 23 verstehen.
Wir betrachten noch eine einfachere Folge, xn = n1 . Offensichtlich ist (xn )n≥1 monoton fallend und durch 0 von unten beschränkt. Man kann aber mehr sagen: xn
kommt 0 beliebig nahe. Genauer gesagt: sei r eine beliebige rationale Zahl mit
r ∈ Q>0 . Dann gibt es einen Index N , sodass für jedes n ≥ N gilt
0 < xn < r .
In Formelschreibweise
∀r ∈ Q>0 : ∃N ∈ N : ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ 0 < xn < r .
Die Folge zwängt“ sich gewissermassen zwischen 0 und r und kommt auch nicht
”
mehr heraus.
Genauso zwängt sich für gegebenes r ∈ Q>0 die Folge (yn )n≥1 zwischen 0 und r,
und kommt nicht mehr heraus.
Wir formulieren nun eine entsprechende Definition.
Definition 2.15 Sei (xn )n≥1 eine Folge rationaler Zahlen, x eine rationale Zahl.
Wir sagen (xn )n≥1 konvergiert gegen x, falls
∀r ∈ Q>0 : ∃N ∈ N : ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ |xn − x| < r .
Wir schreiben lim xn = x. x heißt Grenzwert oder Limes der Folge.
n→∞
Eine Folge (xn )n≥1 heißt konvergent in Q, falls es ein x ∈ Q gibt derart, dass
(xn )n≥1 gegen x konvergiert.
Es hilft manchmal, sich das als Spiel vorzustellen. Spieler 1 gibt r ∈ Q>0 vor. Spieler
2 muss nun eine Zahl N sagen. Wenn nun gilt...
Beispiele:
1. lim n1 = 0.
n→∞
Wir müssen zeigen, dass
∀r ∈ Q>0
1
: ∃N ∈ N : ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ − 0 < r .
n
Sei also r ∈ Q>0 . Es soll für gewisse n ∈ N gelten | n1 − 0| < r, das heißt n1 < r.
Das heißt wiederum n > r−1 . Wir wissen, dass wir r−1 schreiben können als
r−1 = k + q mit k ∈ Z, k ≥ 0 und q ∈ Q, 0 ≤ q < 1. Wenn wir also definieren
N := k + 1, dann ist N eine natürliche Zahl, und es gilt: falls n ∈ N und n ≥ N ,
dann folgt: n ≥ N = k + 1 > r−1 und somit n1 < r.
69
2.3. FOLGEN RATIONALER ZAHLEN
2n+1
= 32 .
2. lim 3n−2
n→∞
Wir müssen zeigen, dass
∀r ∈ Q>0
das heißt also
2n + 1 2 : ∃N ∈ N : ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ − < r,
3n − 2 3 ∀r ∈ Q>0 : ∃N ∈ N : ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ 7 < r.
9n − 6 Das, was zwischen den Betragsstrichen steht, ist immer positiv, wir können
daher die Betragsstriche weglassen.
7
7
< r. Das heißt 9r
+ 32 < n.
Sei r > 0. Es soll für gewisse n gelten, dass 9n−6
Wir können nun so verfahren wie vorher: schreibe
2
7
+ =k+q
9r 3
mit k ∈ Z, k ≥ 0 und q ∈ Q, 0 ≤ q < 1. Dann gilt mit N := k + 1: falls n ≥ N
7
7
gilt, so auch n ≥ k + 1 > k + q = 9r
+ 32 , also 9r
+ 32 < n. Umformen ergibt
7
< r.
9n − 6
Wir führen eine Schreibweise ein, von der wir bereits gesehen haben, dass sie praktisch ist: Sei x ∈ Q. Dann schreiben wir ⌊x⌋ für die größte ganze Zahl k, für die gilt
k ≤ x. So ist also zum Beispiel ⌊ 23 ⌋ = 1, ⌊8.33⌋ = 8, ⌊−4.324⌋ = −5, ⌊k⌋ = k falls
k ∈ Z.
Wir betrachten noch ein Beispiel: xn :=
1+n+n2
n2 +4 .
Behauptung: lim xn = 1.
n→∞
Sei r ∈ Q>0 . Es ist zu zeigen, dass ein N ∈ N existiert mit
1 + n + n2
< r.
∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ −
1
n2 + 4
2
Zunächst gilt 1+n+n
n2 +4 − 1 =
für gewisse n ∈ N gilt
Es ist
⇐⇒
⇐⇒
⇐=
⇐⇒
n−3
n2 +4 .
Es ist also xn ≥ 0, falls n ≥ 3. Wir wollen, dass
n−3
< r.
n2 + 4
n−3
n2 +4
n−3
−4r − 3
nr − 1
n
<
<
<
≥
≥
r
n2 r + 4r
n2 r − n = n(nr − 1)
0
r−1
Wir bemerken, dass die Folgerung einmal nur in die umgekehrte“ Richtung geht.
”
Das ist aber glücklicherweise die Richtung, die wir brauchen. Sei nämlich N :=
⌊r−1 ⌋ + 1. Dann ist, wenn n ≥ N ,
n≥N
=⇒
nr − 1
=⇒ −4r − 3
⇐⇒
n−3
n−3
⇐⇒
n2 +4
>
≥
<
<
<
r−1
0
n2 r − n
n2 r + 4r
r.
70
KAPITEL 2. MENGEN UND FUNKTIONEN
Also: für n ≥ N = ⌊r−1 ⌋ + 1 gilt
n−3
< r.
n2 + 4
Wir sind fast fertig, wir müssen nur noch die Betragsstriche hinkriegen. Sei N1 die
n−3
größere der Zahlen N und 3. Dann ist für n ≥ N1 nn−3
2 +4 ≥ 0 und n2 +4 < r, also
insbesondere auch
n−3 n2 + 4 < r .
Es fehlt noch ein Beispiel einer Folge, die nicht konvergiert. Was heißt es, wenn wir
sagen, dass (xn )n≥1 nicht konvergent ist?
(xn )n≥1 ist konvergent, falls
∃x ∈ Q : ∀r ∈ Q>0 : ∃N ∈ N : ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ |n − x| < r .
(xn )n≥1 ist nicht konvergent, falls
nicht ∃x ∈ Q : ∀r ∈ Q>0 : ∃N ∈ N : ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ |n − x| < r .
Das heißt
∀x ∈ Q : nicht ∀r ∈ Q>0 : ∃N ∈ N : ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ |n − x| < r .
Das heißt
∀x ∈ Q : ∃r ∈ Q>0 : nicht ∃N ∈ N : ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ |n − x| < r .
Das heißt
∀x ∈ Q : ∃r ∈ Q>0 : ∀N ∈ N : nicht ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ |n − x| < r .
Das heißt
∀x ∈ Q : ∃r ∈ Q>0 : ∀N ∈ N : ∃n ∈ N : nicht n ≥ N =⇒ |n − x| < r .
Das heißt
∀x ∈ Q : ∃r ∈ Q>0 : ∀N ∈ N : ∃n ∈ N : n ≥ N ∧ |n − x| ≥ r .
Wir zeigen dies nun für die Folgen xn := n. Sei x ∈ Q. Wir wählen r = 1. Sei N ∈ N
beliebig. Wir müssen zeigen, dass es ein n ∈ N gibt mit n ≥ N und |n − x| ≥ r = 1.
Sei n die größere der Zahlen ⌊x⌋+2 und N . Dann gilt n ≥ N und n ≥ ⌊x⌋+2 ≥ x+1,
also n − x ≥ 1 und daher |n − x| ≥ 1.
Es hilft manchmal, sich die Konvergenz als Spiel vorzustellen. Spieler 1 gibt r ∈ Q>0
vor. Spieler 2 muss nun eine Zahl N sagen. Wenn Spieler 1 nun ein n finden kann
mit n ≥ N und |xn − x| ≥ r, so hat er gewonnen. Sonst hat Spieler 2 gewonnen.
lim xn = x heißt: Spieler 2 kann immer gewinnen (wenn er gut spielt). nicht( lim xn =
n→∞
x) heißt Spieler 1 kann immer gewinnen (wenn er gut spielt).
n→∞
71
2.3. FOLGEN RATIONALER ZAHLEN
2.3.5
Grenzwertsätze
Wir haben gesehen, dass der direkte Beweis der Konvergenz einer Folge relativ
aufwändig ist. Oft kann man die Konvergenz einer Folge aber auf die Konvergenz
anderer Folgen zurückführen, deren Konvergenz schon bewiesen wurde. Dazu benutzt man den folgenden wichtigen Satz.
Wir führen eine weitere Schreibweise ein:
Definition 2.16 (Maximum und Minimum) Seien x, y rationale Zahlen. Wir
schreiben max(x, y) für die größere der beiden Zahlen und min(x, y) für die kleinere
der beiden Zahlen.
Satz 2.6 (Grenzwertsätze) Seien (xn )n≥1 und (yn )n≥1 konvergente Folgen rationaler Zahlen und a eine rationale Zahl.
Dann gelten:
(i) lim a = a
n→∞
(ii) lim (xn + yn ) = lim xn + lim yn
n→∞
n→∞
n→∞
(iii) lim (xn · yn ) = lim xn · lim yn
n→∞
n→∞
n→∞
(iv) Gilt yn 6= 0 für alle n und lim yn 6= 0, so gilt
n→∞
lim
n→∞
1
1
=
yn
lim yn
n→∞
Bevor wir sie beweisen, müssen wir die Aussagen (i) bis (iv) noch richtig erklären.
(i) sagt, dass die Folge (zn )n≥1 mit zn = a für alle n konvergiert mit Grenzwert a.
Also: wenn alle Glieder einer Folge gleich a sind, dann konvergiert die Folge gegen
a.
(ii) sagt, dass die Folge (zn )n≥1 mit zn = xn + yn für alle n konvergiert, und dass
ihr Grenzwert gleich der Summe der Grenzwerte der Folgen (xn )n≥1 und (yn )n≥1
ist.
Aussagen (iii) und (iv) sind entsprechend zu interpretieren.
Beweis: Wir definieren x := lim xn , y := lim yn .
n→∞
n→∞
(i): Sei also zn = a für alle n. Zu zeigen ist folgende Aussage:
∀r ∈ Q>0 : ∃N ∈ N : ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ |zn − a| < r
Sei also r ∈ Q>0 beliebig. Hier kann ich N beliebig wählen, etwa N = 1. Ist n ∈ N
und n ≥ N (gilt für jede Zahl), dann ist |zn − a| = |a − a| = 0 < r.
(ii): Sei zn = xn + yn für alle n. Sei r ∈ Q>0 beliebig.
Es gibt ein N1 ∈ N mit
∀n ∈ N : n ≥ N1 =⇒ |xn − x| <
r
.
2
∀n ∈ N : n ≥ N2 =⇒ |yn − y| <
r
.
2
Es gibt ein N2 ∈ N mit
72
KAPITEL 2. MENGEN UND FUNKTIONEN
Wir definieren N := max(N1 , N2 ). Ist n ≥ N , so ist n ≥ N1 und daher |xn − x| < 2r .
Aber es gilt auch n ≥ N2 und daher |yn − y| < 2r .
Also gilt für so ein n dann
|zn − (x + y)|
=
=
|(xn + yn ) − (x + y)|
|(xn − x) + (yn − y)|
≤
|xn − x| + |yn − y| <
r
r
+ = r,
2 2
wobei wir die Dreiecksungleichung Satz 1.31 verwendet haben.
(iii): Sei zn = xn · yn für alle n. Sei r ∈ Q>0 beliebig.
Es gibt ein N1 ∈ N mit
∀n ∈ N : n ≥ N1 =⇒ |xn − x| <
Es gibt ein N2 ∈ N mit
∀n ∈ N : n ≥ N2 =⇒ |yn − y| < min
r
.
2(|y| + 1)
r
,1 .
2(|x| + 1)
Wir definieren N := max(N1 , N2 ). Ist n ≥ N , so ist n ≥ N1 und daher
|xn − x| <
r
.
2(|y| + 1)
|yn − y| <
r
2(|x| + 1)
Ausserdem ist dann
und |yn − y| < 1, sodass nach Satz 1.31 |yn | − |y| < 1 und daher
|yn | < |y| + 1 .
Also gilt für so ein n dann
|zn − (x · y)|
=
=
≤
=
<
≤
|xn yn − xy|
|xn yn − xyn + xyn − xy|
|xn yn − xyn | + |xyn − xy|
|xn − x| |yn | + |x| |yn − y|
r
r
(|y| + 1) + |x|
2(|y| + 1)
2(|x| + 1)
r
r
+ = r,
2 2
wobei wir die Dreiecksungleichung Satz 1.31 verwendet haben sowie die leicht zu
beweisende Aussage, dass für beliebige rationale Zahlen p, q gilt |pq| = |p| |q|.
(iv): Sei zn =
1
yn
für alle n ∈ N. Sei r ∈ Q>0 . Es gibt ein N ∈ N mit
∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ |y − yn | < min(
Ist n ∈ N mit n ≥ N , so gilt also |y − yn | <
und daher |y|
2 < |yn |, beziehungsweise
|y|
2 ,
2
1
<
.
|yn |
|y|
r|y|2 |y|
, ).
2
2
sodass |y| − |yn | ≤ |y − yn | <
|y|
2
73
2.3. FOLGEN RATIONALER ZAHLEN
Weiters gilt |y − yn | <
r|y|2
2 .
Insgesamt haben wir
1
− 1 =
yn
y
=
<
y − yn yn y 1
|yn | |y|
r|y|2 2 1
= r.
2 |y| |y|
|yn − y|
Da laut Vorraussetzung yn 6= 0 für alle n und y 6= 0, sind die Nenner alle ungleich
0.
Korollar 2.1 Sei (yn )n≥1 eine konvergente Folge mit lim yn 6= 0.
n→∞
Dann gibt es einen Index N derart, dass
∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ yn 6= 0 .
Sei (zn )n≥1 die Folge
zn :=
0
n<N
n≥N
1
yn
Dann ist (zn )n≥1 wohldefiniert und konvergent mit Grenzwert
lim zn =
n→∞
1
.
lim yn
n→∞
Beweis: Übung.
Als Anwendung rechnen wir noch ein Beispiel.
2
Beispiel: xn := 1+n+3n
2+n+2n2 . Um die Grenzwertsätze anwenden zu können, brauchen
wir konvergente Folgen. Hier sind noch keine zu sehen. Wir multiplizieren Zähler
und Nenner mit n12 . Das ändert den Bruch nicht, und damit auch die Folge nicht:
xn :=
1
n→∞ n
Wir wissen, dass lim
lim
n→∞
1
n2
2
n2
+
+
1
n
1
n
+3
.
+2
= 0. Aus den Grenzwertsätzen folgt
1
11
1
1
= lim
= lim
lim
= 0 · 0 = 0.
n→∞ n n
n→∞ n n→∞ n
n2
Weiters folgt aus den Grenzwertsätzen, dass
lim
n→∞
1
1
1
1
+ + 3 = lim 2 + lim
+ lim 3 = 0 + 0 + 3 = 3
2
n→∞
n→∞
n
n
n
n n→∞
und analog
lim
n→∞
1
2
+ + 2 = 2.
n2
n
74
KAPITEL 2. MENGEN UND FUNKTIONEN
Insgesamt erhalten wir, wieder mit den Grenzwertsätzen
1
2
lim n2
n→∞ 2
n
+
+
1
n
1
n
lim 12 +
+3
n→∞ n
=
lim n22 +
+2
n→∞
1
n
+3
1
n
+2
=
2
.
3
Aus den Grenzwertsätzen folgt auch, dass man mit konvergenten Folgen in gewisser
Weise rechnen kann, und die Grenzwerte dann den gleichen Rechenregeln gehorchen, wie die rationalen Zahlen. Das ist zwar im vorliegenden Kontext nicht so
verwunderlich, da die Grenzwerte ja rationale Zahlen sind, aber wir haben mit unseren Folgen noch größeres vor, nämlich die Konstruktion der reellen Zahlen, die
wir gewissermaßen als Grenzwerte von rationalen Foglen verstehen werden.
Betrachten wir wieder die Folge x1 := 2, xn+1 := x2n + x1n . Wir wissen noch nicht, ob
diese Folge überhaupt konvergent ist. Aber angenommen, sie wäre es. Was können
wir dann über den Grenzwert sagen?
Hilfssatz 2.1 Sei (xn )n≥1 eine Folge und sei (yn )n≥1 die Folge yn := xn+1 .
Dann konvergiert (xn )n≥1 genau dann, wenn (yn )n≥1 konvergiert und die Grenzwerte stimmen überein.
Beweis: Übung.
Für unsere spezielle Folge gilt also, Konvergenz vorausgesetzt
1
limn→∞ xn
1
x 1
xn
+
=
+
= +
n→∞ 2
xn
2
limn→∞ xn
2 x
x := lim xn = lim xn+1 = lim
n→∞
n→∞
Daraus folgt aber x2 = 2.
Insbesondere kann die Folge in den rationalen Zahlen nicht konvergieren.
2.3.6
Monotone Folgen
Definition 2.17 Sei (xn )n≥1 eine Folge rationaler Zahlen.
(i) (xn )n≥1 heißt monoton fallend, falls xn+1 ≤ xn für alle n ∈ N.
(ii) (xn )n≥1 heißt monoton steigend, falls xn+1 ≥ xn für alle n ∈ N.
(iii) (xn )n≥1 heißt monoton, wenn sie monoton steigend oder fallend ist.
Wir sagen streng monoton fallend bzw. steigend, wenn stets echte Ungleichheit gilt.
Beispiele:
1.
2.
3.
4.
(a)n≥1 , mit a ∈ Q ist monoton steigend und fallend.
(n)n≥1 ist streng monoton steigend.
( n1 )n≥1 ist streng monoton fallend.
x1 = 2, xn+1 = x2n + x1n . Die Vermutung ist, dass die Folge monoton fallend
ist. Das kann man wie folgt nachrechnen:
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
xn+1
xn
1
+
2
xn
2
xn
2 +1
≤
≤
≤
2 ≤
xn
xn
x2n
x2n
75
2.3. FOLGEN RATIONALER ZAHLEN
Die letzte Ungleichung gilt klarerweise für n = 1, für n ≥ 2 gilt
2
1
1
x2
xn
+
= n +1+ 2
x2n+1 =
2
xn
4
xn
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
2.3.7
x2n+1
x2n
1
4 + 1 + x2n
4
2
xn + 4xn + 4
x4n − 4x2n + 4
(x2n − 2)2
≥
≥
≥
≥
≥
2
2
8x2n
0
0
Cauchyfolgen
Wir müssen nun noch eine geeignete Klasse von Folgen rationaler Zahlen auswählen,
von denen wir wollen, dass sie gegen reelle Zahlen konvergieren. Eine Möglichkeit
wäre, so wie im vorangegangenen Beispiel, Folgen zu betrachten, die monoton fallend
und nach untern beschränkt sind.
Diese Folgen sind uns aber zu unflexibel.
Wir betrachten etwas allgemeinere Folgen, die sogenannten Cauchyfolgen.
Definition 2.18 Eine Folge (xn )n≥1 heißt Cauchyfolge, wenn
∀r ∈ Q>0 : ∃N ∈ N : ∀n, m ∈ N : n, m ≥ N =⇒ |xn − xm | < r .
n, m ≥ N ist dabei eine Abkürzung für n ≥ N ∧ m ≥ N .
Man kann also zu jeder beliebig kleinen positiven Zahl einen Index angeben, ab dem
die Abstände zwischen den Folgengliedern kleiner als die gegebene Zahl sind.
Anstelle von Beispielen betrachten wir zwei Sätze, die uns genügend viele Beispiele
liefern.
Satz 2.7 Jede konvergente Folge rationaler Zahlen ist eine Cauchyfolge.
Beweis: Sei also (xn )n≥1 eine konvergente Folge, sei x ihr Grenzwert.
Wir betrachten eine beliebige rationale Zahlr r ∈ Q>0 .
Es ist zu zeigen:
∃N ∈ N : ∀n, m ∈ N : n, m ≥ N =⇒ |xn − xm | < r .
Da die Folge gegen x konvergiert, gibt es ein N ∈ N, sodass für alle n ∈ N gilt
r
n ≥ N −→ |xn − x| < .
2
Somit gilt für n, m ∈ N
r
r
.
n, m ≥ N =⇒ |xn − x| < ∧ |xm − x| <
2
2
Insgesamt gilt dann
r
r
|xn − xm | = |xn − x + x − xm | ≤ |xn − x| + |x − xm | < + = r .
2 2
76
KAPITEL 2. MENGEN UND FUNKTIONEN
Satz 2.8 Jede monotone und beschränkte Folge ist eine Cauchyfolge.
Beweis: Betrachten wir etwa eine Folge (xn )n≥1 , welche monoton wachsend und
nach oben beschränkt ist. Die obere Schranke sei M ∈ Q, sodass
x1 ≤ x2 ≤ x3 ≤ ... ≤ M .
Wir schreiben:
bzw. allgemein
x2
x3
=
=
xn
=
x1 + (x2 − x1 )
x1 + (x2 − x1 ) + (x3 − x2 )
n
X
(xk − xk−1 ) .
x1 +
k=2
Angenommen, (xn )n≥1 wäre keine Cauchyfolge:
∃r ∈ Q>0 : ∀N ∈ N : ∃n, m ∈ N : n, m ≥ N ∧ |xn − xm | ≥ r .
Wir können dabei ohne Beschränkung der Allgemeinheit annehmen, dass stets n >
m gilt. Es gibt also ein r ∈ Q>0 mit der Eigenschaft
∀N ∈ N : ∃n, m ∈ N : n > m ≥ N ∧ |xn − xm | ≥ r .
Etwa für N = 1 gibt es n1 , m2 ∈ N mit n1 > m1 ≥ 1 ∧ |xn1 − xm1 | ≥ r.
Weiters gibt es für N = n1 Zahlen n2 , m2 ∈ N mit n2 > m2 ≥ n1 ∧ |xn2 − xm2 | ≥ r.
Allgemein gibt es, wenn m1 < n1 ≤ m2 < n2 ≤ . . . ≤ mk < nk bereits konstruiert
sind mit ∀l ∈ N : 2 ≤ l ≤ k =⇒ nl > ml ≥ nl−1 ∧ |xnl − xml | ≥ r, stets
nk+1 , mk+1 ∈ N mit nk+1 > mk+1 ≥ nk ∧ |xnk+1 − xmk+1 | ≥ r.
Es gilt nun für alle k ∈ N
M
≥
xnk
=
x1 +
nk
X
j=2
k
X
(xj − xj−1 )
(xnl − xml )
≥
x1 +
≥
x1 + kr .
l=1
Also M ≥ x1 + kr für alle k ∈ N, woraus folgt k ≤
M −x1
r
für alle k.
Das kann aber nicht sein, da die Folge (k)k≥1 nicht beschränkt ist.
Satz 2.9 Jede Cauchyfolge ist beschränkt.
Beweis: Übung.
Wir formulieren noch einen einfachen Hilfssatz, den wir später brauchen werden.
Hilfssatz 2.2 Seien (xn )n≥1 eine Folge mit
lim xn = 0
n→∞
2.3. FOLGEN RATIONALER ZAHLEN
77
und (yn )n≥1 eine beschränkte Folge.
Dann gilt
lim xn yn = 0 .
n→∞
Beweis: Übung.
2.3.8
Übungsaufgaben
1. Man skizziere die Graphen der Funktionen:
2n + 3 , n ≤ 3,
• f1 : Z → Z, f1 (n) =
,
−n + 1 , n > 3
• f2 : Q → Q, f2 (x) = |x| (bzw. im Fall f2 : Z → N ∪ {0}),
• f3 : Z → Z, f3 (x) = |2x − 1| (bzw. im Fall f2 : Z → N ∪ {0}).
2. Sei (xn )n≥1 eine Folge von rationalen Zahlen. Man zeige:
(xn )n≥1 ist beschränkt ⇔ ∃M ∈ Q : |xn | ≤ M, ∀n ∈ N.
Man untersuche folgende Folgen auf Beschränktheit. Man bestimme, falls diese
existieren, eine entsprechende untere bzw. obere Schranke in der Menge der
rationalen Zahlen. Man studiere die Monotonie der Folgen. Man berechne den
Grenzwert, wo er existiert.
2n+1
, für n 6= 2, und a2 = 0.
3. (an )n∈N , an = 3n−6
4. (bn )n∈N , bn =
5. (cn )n∈N , cn =
6. (dn )n∈N , dn =
5n
15n+1 ,
2
n ≥ 1.
4n +1
2n , n ≥ 1.
1−n2
1+n2 , n ≥ 1.
7. Sei (xn )n∈N eine rationale Folge mit limn→∞ xn = 0 und (yn )n∈N eine beschränkte Folge. Man zeige limn→∞ xn yn = 0.
8. Es seien die Folgen
1
(an )n∈N , an = (−1)n und (bn )n∈N , bn = (−1)n , ∀n ∈ N.
n
Man untersuche, ob sie monoton, beschränkt, Cauchyfolgen bzw. konvergente
Folgen sind.
9. Es sei die Folge
(an )n∈N , an =
5nk + 4n + 1
, ∀n ∈ N.
n2 + 3n + 2
Man untersuche für welche Werte des Parameters k ∈ Z die Folge einen Grenzwert hat und man bestimme den entsprechenden Grenzwert.
10. Man untersuche, ob die Folge (an )n∈N eine Cauchyfolge ist, wobei
an =
1
1
1
+
+ ··· +
, ∀n ∈ N.
n+1 n+2
2n
78
KAPITEL 2. MENGEN UND FUNKTIONEN
11. Man zeige, dass die Folge (an )n∈N eine Cauchyfolge ist, wobei
an =
n3
n(n + 2)
− 2
, ∀n ∈ N.
n+1
n +1
12. Seien die Folgen rationaler Zahlen (xn )n∈N und (yn )n∈N , mit yn := xn+1 , ∀n ∈
N. Man zeige
• (xn )n∈N ist dann und nur dann konvergent, wenn (yn )n∈N konvergent ist.
• Im Fall der Konvergenz gilt limn→∞ xn = limn→∞ yn .
13. Es sei a ∈ Q eine Konstante und die rationalen Folgen (yn )n∈N , (zn )n∈N , mit
zn = yn − a, ∀n ∈ N. Man zeige
(yn )n∈N ist Cauchyfolge ⇔ (zn )n∈N ist Cauchyfolge.
14. Man zeige, dass jede Cauchyfolge beschränkt ist.
15. Es sei (an )n∈N eine rationale Folge, definiert durch: a1 = 1, an+1 = 3an − 1,
∀n ∈ N. Ist (an )n∈N eine Cauchyfolge?
(Hinweis: Man untersuche eventuell die Folge (xn )n∈N , xn = an − 1, ∀n ∈ N.)
Kapitel 3
Die reellen Zahlen
3.1
Konstruktion
Nachdem wir schon die ganzen Zahlen aus den natürlichen und die rationalen Zahlen
aus den ganzen Zahlen konstruiert haben, ist die grundsätzliche Vorgangsweise bei
der Konstruktion der reellen Zahlen schon klar:
1. Bilden eine Menge von Objekten, deren Bauteile im wesentlichen rationale Zahlen sind. Im konkreten Fall werden das Cauchyfolgen sein.
2. Erkläre, wann zwei dieser Objekte gleich sind.
3. Erkläre Rechenoperationen auf den Objekten, die wohldefiniert sind.
4. Übertrage die Rechenregeln für rationale Zahlen auf die neuen Objekte.
Dieses Programm wollen wir nun durchführen, wobei wir kaum einen der Beweise
wirklich ausformulieren werden.
Zunächst erledigen wir die Punkte 1 und 2 in der folgenden Definition:
Definition 3.1 Eine reelle Zahl ist eine Cauchyfolge rationaler Zahlen.
Zwei reelle Zahlen (xn )n≥1 und (yn )n≥1 sind gleich, wenn lim (xn − yn ) = 0. Wir
n→∞
schreiben (xn )n≥1 = (yn )n≥1 .
Wir bezeichnen die Menge der reellen Zahlen mit R.
Die folgende Proposition hat ihre Entsprechung in den früheren Konstruktionen.
Proposition 3.1 Für die Gleichheit reeller Zahlen gelten:
(i) jede reelle Zahl ist gleich sich selbst, (xn )n≥1 = (xn )n≥1 ;
(ii) (xn )n≥1 = (yn )n≥1 genau dann, wenn (yn )n≥1 = (xn )n≥1 ;
(iii) aus (xn )n≥1 = (yn )n≥1 und (yn )n≥1 = (zn )n≥1 folgt (xn )n≥1 = (zn )n≥1 .
Beweis: Übung.
Beispiele:
1. Jede konstante Folge rationaler Zahlen.
79
80
KAPITEL 3. DIE REELLEN ZAHLEN
2. Jede beschränkte und monotone Folge.
3. Sei (ak )k≥1 eine Folge ganzer Zahlen, 0 ≤ ak < 10. Wir definieren
xm :=
m
X
ak 10−k .
k=1
Offenbar gilt xm+1 = xm + am+1 10−(m+1) ≥ xm , sodass (xm )m≥1 monoton
wachsend ist. (xm )m≥1 ist außerdem beschränkt: Es ist sicher xm ≥ 0 und
außerdem ist
xm
=
m
X
k=1
ak 10−k ≤
= 9 · 10−1
m−1
X
k=0
m
X
k=1
9 · 10−k
10−k = 9 · 10−1
= 1 − 10−m < 1 ,
1 − 10−m
1 − 10−1
sodass (xm )m≥1 auch nach oben beschränkt ist. Es ist also (xm )m≥1 eine reelle
Zahl in unserem Sinne. Wir schreiben diese Zahl dann als 0.a1 a2 a3 . . . .
4. Wie im letzten Beispiel, aber ak = 9 für alle k ≥ 1. Wir erhalten wir vorher
1
xm = 1 − 10−m . Es ist also lim 1 − xm = lim 10−m = 0, da 0 < 10−m < m
m→∞
m→∞
für alle m.
Es ist also (xm )m≥1 = (1)m≥1 .
3.2
Rechenoperationen
Definition 3.2 (Addition und Multiplikation) Seien (xn )n≥1 und (yn )n≥1 reelle Zahlen. Wir definieren
(i) (xn )n≥1 + (yn )n≥1 := (xn + yn )n≥1
(ii) (xn )n≥1 · (yn )n≥1 := (xn · yn )n≥1
Proposition 3.2 Addition und Multiplikation sind wohldefiniert, das heißt
(a) Sind (xn )n≥1 und (yn )n≥1 Cauchyfolgen, so auch (xn +yn )n≥1 und (xn ·yn )n≥1 .
(b) Gelten (xn )n≥1 = (yn )n≥1 und (wn )n≥1 = (zn )n≥1 , so auch
(xn )n≥1 + (wn )n≥1 = (yn )n≥1 + (zn )n≥1
und
(xn )n≥1 · (wn )n≥1 = (yn )n≥1 · (zn )n≥1 .
Beweis: Dass (xn + yn )n≥1 eine Cauchyfolge ist, beweist man wie den entsprechenden Grenzwertsatz.
Für (xn · yn )n≥1 sieht man das wie folgt. Sei r ∈ Q>0 . Nach Satz 2.9 sind (xn )n≥1
und (yn )n≥1 beschränkt. Es gibt also M1 , M2 > 0 mit
|xn | ≤ M1 und |yn | ≤ M2
für alle n ∈ N. Weiters gibt es N1 , N2 ∈ N mit
n, m ≥ N1 =⇒ |xn − xm | <
r
2M2
81
3.2. RECHENOPERATIONEN
und
n, m ≥ N2 =⇒ |yn − ym | <
r
.
2M1
Es gilt nun für n, m ≥ N := max(N1 , N2 )
|xn yn − xm ym |
|xn yn − xm yn + xm yn − xm ym |
=
≤
≤
|xn yn − xm yn | + |xm yn − xm ym |
|xn − xm | |yn | + |xm | |yn − ym |
r
r
M2 + M1
= r.
2M2
2M1
<
Also ist (xn yn )n≥1 eine Cauchyfolge.
Wir zeigen noch, dass die Multiplikation nicht von der konkreten Wahl der Cauchyfolgen, welche den reellen Zahlen entsprechen, abhängt. Sei also lim (xn − yn ) = 0
n→∞
und lim (wn − zn ) = 0. Dann gilt
n→∞
lim (xn wn − yn zn )
n→∞
=
=
=
lim (xn wn − xn zn + xn zn − yn zn )
n→∞
lim (xn wn − xn zn ) + lim (xn zn − yn zn )
n→∞
n→∞
lim xn (wn − zn ) + lim (xn − yn )zn = 0 ,
n→∞
n→∞
nach Hilfssatz 2.2.
Der Rest des Beweises ist wieder eine Übung.
Wir fassen nun alle Rechenregeln in einer großen Definition zusammen.
Definition 3.3 (Körperaxiome) Ein Körper ist eine Menge K zusammen mit
zwei Abbildungen
+ : K × K −→ K
· : K × K −→ K
welche folgende Axiome erfüllen:
K1)
K2)
K3)
K4)
∀x, y, z ∈ K : x + (y + z) = (x + y) + z
∃n ∈ K : ∀x ∈ K : n + x = x = x + n
∀x ∈ K : ∃y ∈ K : x + y = n = y + x
∀x, y ∈ K : x + y = y + x
K5)
K6)
K7)
K8)
∀x, y, z ∈ K : x · (y · z) = (x · y) · z
∃e ∈ K\{n} : ∀x ∈ K : e · x = x = x · e
∀x ∈ K\{n} : ∃y ∈ K\{n} : x · y = e = y · x
∀x, y ∈ K : x · y = y · x
K9) ∀x, y, z ∈ K : (x + y) · z = x · z + y · z
(Assoziativität
(neutrales Element bzgl.
(inverses Element bzgl.
(Kommutativität
+)
+)
+)
+)
(Assoziativität
(neutrales Element bzgl.
(inverses Element bzgl.
(Kommutativität
·)
·)
·)
·)
(Distributivgesetz)
Achtung: n steht hier für Nullelement, e für Einselement. Damit keine Verwechslung
entstehen kann, indizieren wir im Beweis des folgenden Satzes Folgen mit m.
Satz 3.1 Die reellen Zahlen bilden einen Körper.
82
KAPITEL 3. DIE REELLEN ZAHLEN
Beweis: K1), K4), K5), K8) und K9) folgen direkt aus den entsprechenden Regeln
für das Rechnen mit rationalen Zahlen.
K2) n = (0)m≥1 erfüllt dies.
K3) Für x = (xm )m≥1 definieren wir y = (−xm )m≥1 .
K6) e = (1)m≥1 erfüllt dies.
K7) Dies ist der einzige Punkt, der etwas schwieriger ist. Sei also x = (xm )m≥1 eine
reelle Zahl. Nach Voraussetzung ist x 6= n, das heißt es gilt nicht lim (xm − 0) = 0 ,
m→∞
das heißt es gilt nicht lim xm = 0 .
m→∞
Aus Satz 3.2 folgt, dass es eine Cauchyfolge (ym )m≥1 gibt, und einen Index N ∈ N,
sodass für alle m ∈ N gilt m ≥ N =⇒ xm ym = 1.
Es ist leicht zu sehen, dass (ym )m≥1 6= n, das heißt dass (ym )m≥1 nicht gegen 0
konvergiert.
Satz 3.2 Sei (xm )m≥1 eine Cauchyfolge, welche nicht gegen 0 konvergiert. Dann
gibt es einen Index N ∈ N mit
∀m ∈ N : m ≥ N =⇒ xm 6= 0 .
Sei (ym )m≥1 die Folge
ym :=
0
1
xm
für m < N
für m ≥ N .
Dann ist (ym )m≥1 eine Cauchyfolge.
Beweis: (xm )m≥1 konvergiert nicht gegen 0. Das heißt es gibt ein r ∈ Q>0 mit
∀N ∈ N : ∃m ∈ N : m ≥ N ∧ |xm | ≥ r .
Da (xm )m≥1 eine Cauchyfolge ist, gibt es einen Index N1 ∈ N mit
r
.
2
∀l, m ∈ N : l, m ≥ N1 =⇒ |xl − xm | <
Es gibt nun zu diesem N1 ein l ∈ N mit
l ≥ N1 ∧ |xl | ≥ r .
Es gilt nun für alle m ≥ N1 , dass |xl − xm | < 2r . Daraus folgt
r − |xm | ≤ |xl | − |xm | ≤ |xl − xm | <
und somit
Sei nun
r
2
r
,
2
< |xm |. Insbesondere gilt m ≥ N1 =⇒ xm 6= 0.
ym :=
0
1
xm
für m < N1
für m ≥ N1 .
Wir wollen zeigen, dass (ym )m≥1 eine Cauchyfolge ist. Sei also q ∈ Q>0 .
Da (xm )m≥1 eine Cauchyfolge ist, gibt es ein N2 ∈ N mit
∀l, m ∈ N : l, m ≥ N2 =⇒ |xl − xm | < q
r2
.
4
83
3.2. RECHENOPERATIONEN
Seien nun l, m ∈ N mit l, m ≥ N := max(N1 , N2 ). Dann gelten
sodass
|
|xl |
>
|xm |
>
|xl − xm |
<
r
2
r
2
r2
q ,
4
1
1
xl − xm
1
1
r2 2 2
− |=|
| = |xl − xm | |
|| | < q
= q.
xm
xl
xm xl
xm xl
4 rr
Proposition 3.3 Sei K ein Körper. Dann gelten auch folgende Verstärkungen von
K2), K3), K6), K7):
K2’)
K3’)
K6’)
K7’)
∃!n ∈ K : ∀x ∈ K : n + x = x = x + n
∀x ∈ K : ∃!y ∈ K : x + y = n = y + x
∃!e ∈ K\{n} : ∀x ∈ K : e · x = x = x · e
∀x ∈ K\{n} : ∃!y ∈ K\{n} : x · y = e = y · x
Beweis: K2’) Seien n1 , n2 zwei Elemente, für welche
∀x ∈ K : x + n1 = n1 = n1 + x und ∀x ∈ K : x + n2 = n2 = n2 + x .
Dann gelten speziell auch n1 + n2 = n1 und n1 + n2 = n2 , also n1 = n2 .
K3’) Sei x ∈ K und seien y, z ∈ K mit
x+y
x+z
=
=
n
n
=
=
y+x
z + x.
Dann gilt, mit K1) und K2),
y = y + n = y + (x + z) = (y + x) + z = n + z = z .
Analog folgen die Aussagen für die Multiplikation.
Es bilden übrigens auch die rationalen Zahlen einen Körper. Hingegen bilden die
ganzen Zahlen und die natürlichen Zahlen keinen Körper. (Übung.)
Die rationalen Zahlen bilden nun wieder auf natürliche Weise eine Teilmenge von
R, nämlich durch die Identifikation von r ∈ Q mit (r)m≥1 , also mit derjenigen
Folge, deren Folgenglieder alle gleich r sind. Entsprechend können wir 0 als das
Nullelement von R auffassen und 1 als das Einselement.
Was der ganze Aufwand gebracht hat, sehen wir an folgendem Beispiel.
Beispiel: Wir betrachten die Folge x1 := 2, xn+1 := x2n + x1n . Wir haben schon
gesehen, dass diese Folge monoton fallend ist und beschränkt. Also ist sie eine
Cauchyfolge rationaler Zahlen, die wir als reelle Zahl x = (xn )n≥1 auffassen können.
Wir wollen zeigen, dass x2 = 2.
x2 ist die Folge (xn )n≥1 · (xn )n≥1 = (x2n )n≥1 . Wir müssen also zeigen, dass
lim (x2n − 2) = 0.
n→∞
84
KAPITEL 3. DIE REELLEN ZAHLEN
Es ist aber
|x2n+1
− 2|
=
=
=
2
2
x
xn
1
1
n
+
− 2 = + 1 + 2 − 2
2
xn
4
xn
2
2
xn
xn
1 1 4 − 1 + x2 = 2 − xn n
2
2
2
2
2
x n − 2 2
= |xn − 2| ≤ |xn − 2| ,
2xn |4x2n |
4
wobei die Abschätzung deswegen gilt, weil xn ≥ 1 (haben wir früher gezeigt). Nun
gilt wegen 1 ≤ xn ≤ 2, dass |x2n − 2| ≤ 2. Somit gilt insgesamt
|x2n+1 − 2| ≤
1 2
1
1
|x − 2|2 ≤ 2|x2n − 2| = |x2n − 2|
4 n
4
2
für jedes n ∈ N. Mit Induktion folgt daraus, dass
|x2n+1 − 2| ≤
Da
1
2n
≤
1
n
1
1 2
|x1 − 2| = n−1 .
n
2
2
für n ≥ 1 gilt (Induktion), geht x2n+1 − 2 gegen 0 und damit auch x2n − 2.
Also taugen unsere reellen Zahlen zumindest dazu, die Wurzel aus 2 darzustellen.
3.3
Eine algebraische Vokabelliste
Wir haben gesehen, dass es mehrere Körper gibt, zum Beispiel Q und R. Das macht
es nützlich, Eigenschaften eines Körpers allgemein zu studieren. Das gleiche gilt
auch für andere algebraische Strukturen. Wir werden nur zur Allgemeinbildung ein
paar solche präsentieren.
Sei M eine Menge.
1. Ist + : M × M −→ M eine Abbildung mit K1) und K2), so heißt (M, +) ein
Monoid.
2. Ein Monoid, welches zusätzlich K3) erfüllt, heißt Gruppe.
3. Sind + : M × M −→ M und · : M × M −→ M zwei Abbildungen, welche
K1)-K5), sowie K9) erfüllen, so heißt (M, +, ·) ein Ring.
4. Ein Ring, welcher zusätzlich K6) erfüllt, heißt Ring mit Eins.
5. Ein Ring mit Eins, welcher zusätzlich K7) erfüllt, heißt Schiefkörper.
Beispiele:
1.
2.
3.
4.
5.
(N ∪ {0}, +) ist ein kommutatives Monoid.
(N, ·) ist ein kommutatives Monoid.
(Z, +, ·) ist ein kommutativer Ring mit Eins.
(Z, +), (Q, +) und (R, +) sind kommutative Gruppen.
(Q\{0}, ·), (R\{0}, ·) sind kommutative Gruppen.
85
3.4. ORDNUNG AUF DEN REELLEN ZAHLEN
3.4
Ordnung auf den reellen Zahlen
Definition 3.4 Ein Körper K = (K, +, ·) heißt angeordnet, wenn es eine Menge
P , gibt mit
P1) ∀x ∈ K : entweder x = n oder x ∈ P oder − x ∈ P .
P2) ∀x, y ∈ K : x, y ∈ P =⇒ x + y ∈ P .
P3) ∀x, y ∈ K : x, y ∈ P =⇒ x · y ∈ P .
Beispiel: Q ist ein angeordneter Körper mit P = {x ∈ Q : x > 0}.
Satz 3.3 R ist ein angeordneter Körper.
Beweis: Sei P ⊆ R,
P := {x = (xm )m≥1 : ∃r ∈ Q>0 : ∃N ∈ N : ∀m ∈ N : m ≥ N =⇒ xm ≥ r} .
Also ist P die Menge aller Cauchyfolgen rationaler Zahlen, die ab einem Index
größer als eine positive rationale Zahl sind.
P2) und P3) sind damit schon klar.
Sei x = (xm )m≥1 eine Cauchyfolge rationaler Zahlen. Wir müssen zeigen, dass genau
eine der folgenden Aussagen gilt:
(a) x = 0, das heißt
∀r ∈ Q>0 : ∃N ∈ N : ∀m ∈ N : m ≥ N =⇒ |xm | = |xm − 0| < r .
(b) x ∈ P , das heißt
∃r ∈ Q>0 : ∃N ∈ N : ∀m ∈ N : m ≥ N =⇒ xm ≥ r .
(c) −x ∈ P , das heißt
∃r ∈ Q>0 : ∃N ∈ N : ∀m ∈ N : m ≥ N =⇒ −xm ≥ r .
Es ist eine gute Übung, zu zeigen, dass höchstens eine der Aussagen gelten kann,
wenn (xm )m≥1 eine Cauchyfolge ist.
Es gelte nun (a) nicht. Das heißt es gibt ein r ∈ Q>0 , sodass
(I)
∀N ∈ N : ∃m ≥ N : m ≥ N ∧ |xm | ≥ r .
Da (xm )m≥1 eine Cauchyfolge ist, gibt es nun zu diesem r ein N ∈ N, sodass
∀m, l ∈ N : m, l ≥ N =⇒ |xm − xl | <
r
.
2
Aus (I) folgt nun, dass es ein m ∈ N gibt mit
m ≥ N ∧ |xm | ≥ r .
Sei nun l ≥ N . Dann sind m, l ≥ N und damit gilt |xm − xl | < 2r .
Also gilt
r − |xl | ≤ |xm | − |xl | ≤ |xm − xl | <
r
,
2
86
KAPITEL 3. DIE REELLEN ZAHLEN
sodass |xl | ≥ 2r .
Die xl müssen aber nun für l ≥ N immer das gleiche Vorzeichen haben: angenommen, es gäbe l1 , l2 ≥ N mit xl1 < 0 < xl2 . Da |xl1 | ≥ 2r und |xl2 | ≥ 2r muss
dann
r
r
x l1 ≤ − < 0 < ≤ x l2 ,
2
2
sodass xl2 − xl1 ≥ r, im Widerspruch zu
∀l1 , l2 ∈ N : l1 , l2 ≥ N =⇒ |xl2 − xl1 | <
r
.
2
Wir nennen die Elemente von P die positiven Elemente des Körpers. Wir schreiben,
wie in Q, x > y, falls x − y ∈ P . Weiters definieren wir <, ≤ und ≥ auf die
naheliegende Weise.
Proposition 3.4 Sei (xm )m≥1 eine Cauchyfolge rationaler Zahlen. Dann gelten:
(i) Wenn (xm )m≥1 > 0, dann gibt es einen Index N ∈ N mit
∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ xm > 0 .
(ii) Ist xm ≥ 0 für alle m ∈ N, so ist (xm )m≥1 ≥ 0.
(iii) (xm )m≥1 ≥ 0 genau dann, wenn
∀r ∈ Q>0 ∃N ∈ N : ∀m ∈ N : m ≥ N =⇒ xm ≥ −r .
Beweis: Übung.
Satz 3.4 (Archimedisches Axiom) Sei x ∈ R, x > 0. Dann gibt es ein n ∈ N
mit
1
< x.
n
Beweis: Nach Voraussetzung gibt es ein N ∈ N und ein r ∈ Q>0 mit k ≥ N =⇒
xk ≥ 2r. r ist von der Form m
n . Es gilt für k ≥ N
xk −
Das heißt aber x −
1
n
1
≥ xk − r ≥ r .
n
> 0.
Man sagt R ist ein archimedisch angeordneter Körper. Das ist übrigens auch Q.
Korollar 3.1 Sei x ∈ R, x > 0. Dann gibt es eine natürliche Zahl n ∈ N mit
x < n.
Beweis: Übung.
87
3.4. ORDNUNG AUF DEN REELLEN ZAHLEN
Definition 3.5 (Betrag einer reellen Zahl) Wir definieren für x ∈ R
x falls x ≥ 0 ,
|x| =
−x falls x < 0 .
Den folgenden Hilfssatz braucht man in der einen oder anderen Form öfter:
Hilfssatz 3.1 Sei |x| <
1
n
für jedes n ∈ N. Dann ist x = 0.
Beweis: Angenommen x 6= 0. Dann gilt |x| > 0. Nach dem archimedischen Axiom
gibt es ein n ∈ N mit n1 < |x|, im Widerspruch zur Voraussetzung.
Wir haben schon gesagt, dass die Zahlengerade der rationalen Zahlen Löcher“
”
hat. Es ist sogar leicht einzusehen, dass zwischen je zwei rationalen Zahlen eine
irrationale Zahl, liegt, also so ein Loch“. Dazu suchen wir zunächst ein α, welches
”
irrational ist und zwischen 0 und 1 liegt. Wir wissen, dass es eine Zahl x gibt mit
x2 = 2. x liegt zwischen 1 und 2: wäre x ≤ 1, so wäre x2 ≤ x ≤ 1 < 2, wäre x ≥ 2,
so wäre x2 ≥ 2x ≥ 4 > 2. Also 0 < α := x − 1 < 1. (Warum ist α irrational?)
Seien nun r, q ∈ Q mit r < q. Dann gilt
r < r + α(q − r) < q ,
und r + α(q − r) ist eine irrationale Zahl.
Überraschender ist vielleicht folgender Sachverhalt:
Satz 3.5 Seien x, y reelle Zahlen, x < y. Dann gibt es eine rationale Zahl r mit
x < r < y.
Beweis: Wir zeigen das Resultat auf zwei verschiedene Arten. Die erste verwendet
die Darstellung der reellen Zahlen als Cauchyfolgen rationaler Zahlen, die zweite
verwendet im wesentlichen das archimedische Axiom.
Variante 1: Seien x = (xm )m≥1 , y = (ym )m≥1 Darstellungen von x und y als
Cauchyfolgen rationaler Zahlen.
Laut Voraussetzung ist x < y, also y − x > 0, sodass ein q ∈ Q>0 existiert und ein
N1 ∈ N mit
∀m ∈ N : m ≥ N1 =⇒ ym − xm ≥ q .
Es gibt, da (xm )m≥1 und (ym )m≥1 Cauchyfolgen rationaler Zahlen sind N2 , N3 ∈ N
mit ∀n, m ∈ N
q
n, m ≥ N2 =⇒ |xn − xm | <
4
q
n, m ≥ N3 =⇒ |yn − ym | < .
4
Sei N := max(N1 , N2 , N3 ) und sei r :=
x<
xN +yN
2
. Wir zeigen
x N + yN
< y.
2
Sei m ≥ N . Dann gelten
xm − xN ≤
|xm − xN |
yN − ym ≤
|ym − yN |
q
4
q
,
<
4
<
88
KAPITEL 3. DIE REELLEN ZAHLEN
sodass xm < xN +
q
4
und ym > yN − 4q . Es ist
r=
x N + yN
yN − x N
q
= xN +
≥ xN + ,
2
2
2
da N ≥ N1 , sodass yN − xN ≥ q. Also ist
r ≥ xN +
Somit gilt für alle m ≥ N
q
q
q
q
= xN + + > xm + .
2
4 4
4
r − xm >
q
.
4
Das heißt aber, dass r > x.
Eine ähnliche Rechnung liefert r < y.
Variante 2: Wir betrachten zunächst den Spezialfall x > 0. Nach Satz 3.4 gibt es
n ∈ N mit y − x > n1 . Nach Korollar 3.1 gibt es ein m1 ∈ N mit nx < m1 .
Nach dem Wohlordnungsprinzip Satz 1.9 gibt es also eine kleinste natürliche Zahl
m mit dieser Eigenschaft, also nx < m und m − 1 ≤ nx.
r= m
n ist nun eine rationale Zahl. Aus nx < m folgt x < r und aus m − 1 ≤ nx
folgt x ≥ r − n1 . Da aber laut Konstruktion von n gilt y − x > n1 , folgt auch
y > x + n1 ≥ r − n1 + n1 = r.
Sei nun x ≤ 0. Dann ist 1 − x > 0 und es gibt ein k ∈ N mit k > 1 − x nach Korollar
3.1. Mit diesem k gilt nun 0 < k + x < k + y. Nach dem Spezialfall gibt es ein r ∈ Q
mit k + x < r < k + y. Somit ist x < r − k < y. r − k ist aber rational.
3.5
Folgen reeller Zahlen und Vollständigkeit
Wir können nun Folgen reeller Zahlen betrachten, also Funktionen N −→ R. Weiters
können wir wieder Monotonie, Beschränktheit und Konvergenz studieren.
Definition 3.6 Sei (xn )n≥1 eine Folge reeller Zahlen.
(i) (xn )n≥1 heißt monoton fallend, falls xn+1 ≤ xn für alle n ∈ N.
(ii) (xn )n≥1 heißt monoton steigend, falls xn+1 ≥ xn für alle n ∈ N.
(iii) (xn )n≥1 heißt monoton, wenn sie monoton steigend oder fallend ist.
Wir sagen streng monoton fallend bzw. steigend, wenn stets echte Ungleichheit gilt.
Definition 3.7 Sei (xn )n≥1 eine Folge reeller Zahlen.
(i) (xn )n≥1 heißt nach oben beschränkt, n. o. b., falls es eine reelle Zahl M gibt
mit
xn ≤ M ∀n ∈ N .
(ii) (xn )n≥1 heißt nach unten beschränkt, n. u. b., falls es eine reelle Zahl M gibt
mit
xn ≥ M ∀n ∈ N .
(iii) (xn )n≥1 heißt beschränkt, falls (xn )n≥1 n. o. b. und n. u. b. ist.
Proposition 3.5 (xn )n≥1 ist genau dann beschränkt, wenn es eine reelle Zahl M
gibt mit |xn | ≤ M .
3.5. FOLGEN REELLER ZAHLEN UND VOLLSTÄNDIGKEIT
89
Beweis: Wie im Fall rationaler Folgen.
Definition 3.8 Sei (xn )n≥1 eine Folge reeller Zahlen, x eine reelle Zahl. Wir sagen
(xn )n≥1 konvergiert gegen x, falls
∀ε > 0 : ∃N ∈ N : ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ |xn − x| < ε .
Wir schreiben lim xn = x. x heißt Grenzwert oder Limes der Folge.
n→∞
Eine Folge (xn )n≥1 heißt konvergent in R, falls es ein x ∈ R gibt derart, dass
(xn )n≥1 gegen x konvergiert.
Die obigen Definitionen sind genau dieselben wie für Folgen rationaler Zahlen, wobei
rational“ durch reell“ ersetzt wurde.
”
”
Der griechische Buchstabe ε ( epsilon“) ist das traditionell in dieser Definition ver”
wendetet Symbol für eine kleine“ reelle Zahl.
”
Es spielt keine Rolle, ob ε eine rationale Zahl ist oder nicht, da zu jedem reellen
ε > 0 ein rationales r > 0 existiert mit r < ε und umgekehrt.
Satz 3.6 Sei (xn )n≥1 eine konvergente Folge. Dann ist der Grenzwert eindeutig
bestimmt.
Beweis: Sei lim xn = x und lim xn = y. Wir wollen zeigen, dass x = y.
n→∞
n→∞
Sei M ∈ N. Es gibt N1 ∈ N mit
∀n ∈ N : n ≥ N1 =⇒ |xn − x| <
1
.
2M
∀n ∈ N : n ≥ N2 =⇒ |xn − y| <
1
.
2M
Es gibt N2 ∈ N mit
Somit gilt für n ≥ max(N1 , N2 ), dass |xn − x| <
1
2M
und |xn − y| <
|x − y| = |x − xn + xn − y| ≤ |x − xn | + |xn − y| <
M war beliebig, somit gilt |x − y| <
x = y nach Hilfssatz 3.1.
1
M
1
2M ,
und somit
1
.
M
für jede natürliche Zahl M ∈ N und daher
Definition 3.9 Eine Folge (xn )n≥1 heißt Cauchyfolge, wenn
∀ε > 0 : ∃N ∈ N : ∀n, m ∈ N : n, m ≥ N =⇒ |xn − xm | < ε .
Wir haben schon bei den Cauchyfolgen rationaler Zahlen bemerkt, dass sie so aussehen, als müssten sie konvergieren. In den reellen Zahlen ist das nun tatsächlich
so.
Satz 3.7 (Vollständigkeit von R) Eine Folge reeller Zahlen ist genau dann konvergent, wenn sie eine Cauchyfolge ist.
90
KAPITEL 3. DIE REELLEN ZAHLEN
Beweis: Dass eine konvergente Folge eine Cauchyfolge ist, zeigt man exakt wie für
rationale Folgen.
Wir müssen also noch zeigen, dass jede Cauchyfolge reeller Zahlen konvergiert. Sei
also (xn )n≥1 eine Cauchyfolge reeller Zahlen. Wir müssen ein y ∈ R finden mit
lim xn = y.
n→∞
Der Beweis verläuft nun in drei Schritten:
1. Konstruktion von y.
2. Beweis, dass tatsächlich y ∈ R.
3. Beweis, dass tatsächlich lim xn = y.
n→∞
1. Konstruktion von y: Jedes xn ist eine Cauchyfolge rationaler Zahlen: xn =
(xn,m )m≥1 .
Da (xn,m )m≥1 für jedes n eine Cauchyfolge ist, gibt es für jede dieser Folgen ein
K(n) mit
∀m1 , m2 ∈ N : m1 , m2 ≥ K(n) =⇒ |xn,m1 − xn,m2 | <
1
.
n
Wir setzen yn := xn,K(n) für jedes n ∈ N. Damit ist eine Folge (yn )n≥1 rationaler
Zahlen erklärt.
2. (yn )n≥1 ist eine Cauchyfolge rationaler Zahlen: Sei q ∈ Q>0 . Zu zeigen:
∃N ∈ N : ∀n1 , n2 ∈ N : n1 , n2 ≥ N =⇒ |yn1 − yn2 | < q .
Da (xn )n≥1 eine Cauchyfolge reeller Zahlen ist, gibt es ein N ∈ N mit
∀n1 , n2 ∈ N : n1 , n2 ≥ N =⇒ |xn1 − xn2 | <
Wir können außerdem annehmen, dass
1
N
q
.
3
< 3q .
Gilt also n1 , n2 ≥ N , so ist |xn1 − xn2 | < 3q und daher |xn1 ,l − xn2 ,l | <
hinreichend groß ist wegen Proposition 3.4.
q
3
falls l ∈ N
Weiters gilt laut Konstruktion von yn1
|yn1 − xn1 ,l | = |xn1 ,K(n1 ) − xn1 ,l | <
1
,
n1
falls l groß genug ist. Es folgt, dass
|yn1 − xn1 ,l | <
1
q
1
≤
< ,
n1
N
3
falls l groß genug ist.
Ganz analog ist
|yn2 − xn2 ,l | <
q
,
3
für hinreichend großes l.
Insgesamt gilt also
|yn1 − yn2 | ≤ |yn1 − xn1 ,l | + |xn1 ,l − xn2 ,l | + |xn2 ,l − yn2 | <
q
q
q
+ + = q,
3 3 3
falls l hinreichend groß ist. |yn1 − yn2 | hängt aber von l nicht ab, und so sehen wir,
dass |yn1 − yn2 | < q für n1 , n2 ≥ N , was zu zeigen war.
3.5. FOLGEN REELLER ZAHLEN UND VOLLSTÄNDIGKEIT
91
Es ist also (yn )n≥1 eine Cauchyfolge rationaler Zahlen und somit eine reelle Zahl,
welche wir mit y bezeichnen.
3. lim xn = y: Sei ε > 0. Zu zeigen:
n→∞
∃N ∈ N : ∀n ∈ N : n ≥ N =⇒ |xn − y| < ε .
Sei q ∈ Q>0 mit 0 < q < ε. Wie vorher gibt es ein N ∈ N mit
∀n1 , n2 ∈ N : n1 , n2 ≥ N =⇒ |xn1 − xn2 | <
q
.
3
Sei n ≥ N . Wir zeigen |xn − y| ≤ q.
Da (xn,m )m≥1 eine Cauchyfolge ist gibt es ein N2 ∈ N mit N2 ≥ N und N12 <
und
q
∀m1 , m2 ∈ N : m1 , m2 ≥ N2 =⇒ |xn,m1 − xn,m2 | < .
3
Ist m ≥ N2 , so ist auch m ≥ N und daher |xn − xm | < 3q , sodass |xn,l − xm,l | <
für l groß genug.
Weiters gilt
|xm,l − ym | = |xm,l − xm,K(m) | <
q
3
q
3
1
1
q
≤
<
m
N2
3
für l ≥ K(m).
Insgesamt ist also
|xn,m − ym | ≤ |xn,m − xn,l | + |xn,l − xm,l | + |xm,l − xm,K(m) | < q ,
falls m ≥ N2 und l groß genug. |xn,m − ym | hängt von l nicht ab, also gilt |xn,m −
ym | < q falls m ≥ N2 .
Aus Proposition 3.4 folgt aber nun |xn − y| ≤ q.
Also haben wir ein N gefunden derart, dass für alle n ∈ N
n ≥ N =⇒ |xn − y| ≤ q < ε .
Korollar 3.2 Jede monotone und beschränkte Folge reeller Zahlen ist konvergent.
Beweis: Wir haben schon in Satz 2.8 gezeigt, dass jede monotone und beschränkte
Folge rationaler Zahlen eine Cauchyfolge ist. Der Beweis überträgt sich ohne Änderungen auf Folgen reeller Zahlen. Somit ist jede monotone und beschränkte Folge
reeller Zahlen eine Cauchyfolge und damit konvergent.
R ist also ein archimedisch angeordneter Körper, in dem jede Cauchyfolge konvergiert. Letzteres heißt auch die Vollständigkeit von R“.
”
Wir erwähnen nun einen Satz, den wir nicht beweisen und auch nur ungenau formulieren:
Satz 3.8 R ist im Wesentlichen der einzige vollständige, archimedisch angeordnete
Körper.
Ohne Beweis.
92
KAPITEL 3. DIE REELLEN ZAHLEN
3.6
Teilmengen von R
Definition 3.10 (Intervalle) Seien a, b ∈ R, a < b. Dann definieren wir
(i)
(ii)
(iii)
(iv)
[a, b] := {x ∈ R : a ≤ x ≤ b}
(a, b) := {x ∈ R : a < x < b}
(a, b] := {x ∈ R : a < x ≤ b}
[a, b) := {x ∈ R : a ≤ x < b}
(Abgeschlossenes
(Offenes
(Halboffenes
(Halboffenes
Intervall)
Intervall)
Intervall)
Intervall)
Definition 3.11 (Unendliche Intervalle) Sei a ∈ R. Dann definieren wir
(i)
(ii)
(iii)
(iv)
[a, ∞) := {x ∈ R : a ≤ x}
(a, ∞) := {x ∈ R : a < x}
(−∞, a] := {x ∈ R : x ≤ a}
(−∞, a) := {x ∈ R : x < a}
Die folgende Definition hat Ähnlichkeiten mit früheren Definitionen zum Thema
Beschränktheit.
Definition 3.12 (Beschränkte Mengen, obere und untere Schranke) Sei A ⊆
R eine nicht-leere Teilmenge von R.
(i) A heißt nach oben beschränkt, kurz n. o. b., falls es ein M ∈ R gibt mit
x ∈ A =⇒ x ≤ M .
M heißt dann eine obere Schranke von A.
(ii) A heißt nach unten beschränkt, kurz n. u. b., falls es ein M ∈ R gibt mit
x ∈ A =⇒ x ≥ M .
M heißt dann eine untere Schranke von A.
(iii) A heißt beschränkt, falls A n. o. b. und n. u. b.
Beispiele:
1. Seien a, b ∈ R. Dann sind [a, b], (a, b), [a, b), (a, b] nach unten beschränkt durch
a und nach oben beschränkt durch b.
2. Jede endliche Teilmenge von R ist beschränkt.
3. N ist nach unten beschränkt, jedoch nicht nach oben.
Definition 3.13 (Minimum,Maximum) Sei A ⊆ R.
(i) Wenn es ein x ∈ A gibt mit ∀y ∈ A : y ≤ x, so heißt x ein Maximum von A.
Wir schreiben dann x = max(A).
(ii) Wenn es ein x ∈ A gibt mit ∀y ∈ A : y ≥ x, so heißt x ein Minimum von A.
Wir schreiben dann x = min(A).
Es ist eine einfache Übung zu zeigen, dass es höchsten ein Maximum einer Menge
gibt. Dasselbe gilt für das Minimum.
Beispiele:
1. Seien a, b ∈ R, a < b. Dann gelten b = max[a, b] und a = min[a, b].
3.6. TEILMENGEN VON R
93
2. Seien a, b ∈ R, a < b. Das Intervall (a, b) hat weder Maximum noch Minimum.
Es gilt zwar für alle y ∈ (a, b) dass a ≤ y, aber a ist nicht Element von (a, b).
3. 1 = min N. Es hat aber N kein Maximum.
4. Jede Menge, welche ein Maximum hat, ist n. o. b.. Die Umkehrung gilt nicht.
Eine analoge Aussage gilt für das Minimum.
Definition 3.14 (Supremum und Infimum) Sei A ⊆ R eine nicht-leere Menge.
(i) x heißt kleinste obere Schranke oder Supremum, falls x eine obere Schranke
von A ist, und für jede obere Schranke y von A gilt y ≥ x.
Wir schreiben dann x = sup A.
(ii) x heißt größte untere Schranke oder Infimum, falls x eine untere Schranke von
A ist, und für jede untere Schranke y von A gilt y ≤ x.
Wir schreiben dann x = inf A.
Beispiele:
1.
2.
3.
4.
Seien a, b ∈ R, a < b. Dann gelten b = sup[a, b] und a = inf[a, b].
Seien a, b ∈ R, a < b. Dann gelten b = sup(a, b) und a = inf(a, b).
inf{ n1 : n ∈ N} = 0.
A = {r ∈ Q>0√: r2 < 2}. A hat weder Maximum noch Minimum, aber inf A = 0
und sup A ist 2, also die positive Zahl x mit x2 = 2, die wir früher konstruiert
haben.
Satz 3.9 (Supremumseigenschaft) Jede nicht-leere, nach oben beschränkte Teilmenge von R hat ein Supremum.
Beweis: Sei ∅ 6= A ⊆ R, A n. o. b. durch ein b1 ∈ R.
A ist nicht-leer, das heißt es gibt ein a1 ∈ A. Somit haben a1 und b1 folgende
Eigenschaften:
• ∀x ∈ A : x ≤ b1 .
• ∃x ∈ A : x ≥ a1 .
1
Sei nun x1 := a1 +b
2 . Es kann nun sein, dass x1 eine obere Schranke von A ist, oder
eben nicht. Wir definieren
a1 falls x1 eine obere Schranke von A
a2 :=
x1 falls x1 keine obere Schranke von A ,
x1 falls x1 eine obere Schranke von A
b2 :=
b1
falls x1 keine obere Schranke von A .
a2 und b2 haben wieder folgende Eigenschaften:
• ∀x ∈ A : x ≤ b2 .
• ∃x ∈ A : x ≥ a2 .
Wir wiederholen dieses Verfahren und erhalten durch Induktion Folgen (an )n≥1 und
(bn )n≥1 , mit folgenden Eigenschaften:
1. (an )n≥1 ist monoton steigend,
94
KAPITEL 3. DIE REELLEN ZAHLEN
2. (bn )n≥1 ist monoton fallend,
3. für alle N ∈ N gilt an ≤ bn , sodass die Folgen insbesondere beschränkt sind,
4. bn − an = 2−(n−1) (b1 − a1 ),
5. ∀n ∈ N : ∀x ∈ A : x ≤ bn ,
6. ∀n ∈ N : ∃x ∈ A : x ≥ an .
Aus 1.,2. und 3. folgt, dass (an )n≥1 und (bn )n≥1 konvergieren und dass
lim an ≤ lim bn .
n→∞
n→∞
Mit 4. folgt, dass sogar limn→∞ an = limn→∞ bn . Wir bezeichnen den gemeinsamen
Wert mit z, z := limn→∞ an .
Wir zeigen z = sup A. Zunächst ist z eine obere Schranke: sei x ∈ A. Dann ist
x ≤ bn für alle n, laut 5., und daher auch x ≤ z = lim bn .
n→∞
Sei y eine obere Schranke von A. Wir müssen noch zeigen, dass z ≤ y. Angenommen
y < z. Dann gibt es, da limn→∞ an = z, ein n mit an > y. Laut 6. gibt es ein x ∈ A
mit x ≥ an > y. Das ist aber ein Widerspruch zur Annahme, dass y eine obere
Schranke von A ist.
Das Prinzip, mit welchem wir das Supremum in Satz 3.9 gefunden haben, nennt
man Intervallhalbierungsmethode, aus naheliegenden Gründen.
Das Prinzip entspricht der mathematischen Methode der Löwenjagd: zuerst zäune
man ein Gebiet ein, von dem man weiß, dass es einen Löwen enthält – zum Beispiel
Afrika. Dann zieht man einen weiteren Zaun mitten durch das Gebiet. Man schaut
nun, in welchem Gebiet der Löwe sich befindet und wiederholt das Verfahren. Irgendwann kann schließlich der Löwe nur noch auf einer Pfote stehen und läßt sich
leicht fesseln...
Wir präsentieren gleich noch eine weitere nützliche Anwendung dieses Prinzips
in der nächsten Sektion, nämlich die Konstruktion der k-ten Wurzel einer (nichtnegativen) reellen Zahl.
3.7
Rationale Potenzen
Natürlich kann man für x ∈ R, k ∈ N eine Zahl xk definieren genau wie für rationale
Zahlen. Weiters kann man für x > 0 und k ∈ Z die ganzzahlige Potenz xk definieren.
Es gelten in jedem Fall die selben Rechenregeln wie für die rationalen Zahlen in Satz
1.33. Man kann aber auch rationale Potenzen bilden, das heißt xr , r ∈ Q , was wir
in Kürze tun werden.
Satz 3.10 Seien y ∈ R, y ≥ 0 und k ∈ N. Dann gibt es genau eine reelle Zahl
x ∈ R mit x ≥ 0 und xk = y.
Beweis: Die Eindeutigkeitsaussage ist eine leichte Übung.
Existenz: Sei zunächst y ∈ [0, 1]. Wir definieren a1 = 0, b1 = 1. Damit ist a1 ≤ b1
und ak1 ≤ y ≤ bk1 .
95
3.7. RATIONALE POTENZEN
Nun sei x1 :=
a1 +b1
2 .
Wir definieren
a2 :=
b2 :=
x1
a1
falls xk1 ≤ y
falls xk1 > y ,
b1
x1
falls xk1 ≤ y
falls xk1 > y .
Dann ist a1 ≤ a2 ≤ b2 ≤ b1 und ak2 ≤ y ≤ bk2 .
Wir wiederholen diese Konstruktion und erhalten mit Induktion Folgen (an )n≥1
und (bn )n≥1 , für welche gelten
1.
2.
3.
4.
5.
(an )n≥1 ist monoton steigend,
(bn )n≥1 ist monoton fallend,
für alle n ∈ N gilt an ≤ bn , sodass die Folgen insbesondere beschränkt sind,
bn − an = 2−(n−1) (b1 − a1 ) = 2−(n−1) ,
∀n ∈ N : akn ≤ y ≤ bkn .
Aus 1.,2. und 3. folgt, dass (an )n≥1 und (bn )n≥1 konvergieren und dass
lim an ≤ lim bn .
n→∞
n→∞
Mit 4. folgt, dass sogar limn→∞ an = limn→∞ bn . Wir bezeichnen den gemeinsamen
Wert mit x, x := limn→∞ an .
Wir müssen noch zeigen, dass xk = y. Aus den Grenzwertsätzen1 Satz 2.6 folgt,
dass
k
k lim akn = lim an = lim bn = lim bkn .
n→∞
n→∞
n→∞
n→∞
Also gilt
xk = lim akn ≤ y ≤ lim bkn = xk .
n→∞
n→∞
Es ist klar, dass x = 0 genau dann gilt, wenn y = 0,
Sei nun y ≥ 1. Dann ist 0 < y −1 ≤ 1. Nach dem ersten Teil des Beweises gibt es
eine positive Zahl z ∈ R mit z k = y −1 . Es ist klar, dass z nicht gleich 0 sein kann.
k
Damit ist aber y = z −1 .
Korollar 3.3 Seien y ∈ R und k ∈ N, k ungerade. Dann gibt es genau eine Zahl
z ∈ R mit z k = y.
Beweis: Übung.
Definition 3.15 (k-te Wurzel) Sei y ∈ R, y ≥ 0 und k ∈ N. Die laut Satz 3.10
existierende Zahl z ≥ 0 mit z k nennen wir k-te Wurzel von y und schreiben
z=
Für k = 2 schreiben wir auch
√
y statt
√
2
√
k
y.
y.
1 Genaugenommen benötigt man natürlich eine Version derselben für reelle Folgen. Diese formuliert und beweist man aber genauso wie für rationale Folgen.
96
KAPITEL 3. DIE REELLEN ZAHLEN
Definition 3.16 (Rationale Potenzen) Sei y ∈ R, y > 0, m ∈ Z und n ∈ N.
Dann definieren wir
m
√ m
y n = ( n y) .
Proposition 3.6 Sei y > 0, m, l ∈ Z, n, k ∈ N. Dann gelten
√
√ m
= n ym
(a) n y
(b) Ist
m
n
m
l
= kl , so gilt y n = y k .
Beweis: Übung.
3.8
Relle Potenzen
Es wäre nun fast schade, wenn wir bei den rationalen Potenzen Schluss machen
würden. Kann man nicht auch y α definieren für y > 0, α ∈ R? Man kann.
Definition 3.17 Sei y > 0, α ∈ R. Wir definieren
y α := lim y rn ,
n→∞
wo (rn )n≥1 eine Folge rationaler Zahlen mit lim rn = α.
n→∞
Damit die Definition funktioniert“, müssen wir natürlich zeigen, dass
”
1. Der Grenzwert existiert,
2. Der Grenzwert unabhängig von der speziellen Wahl der Folge (rn )n≥1 ist.
Das zu beweisen ist das Ziel dieses Unterkapitels. Wir gliedern den Beweis in mehrere
Hilfssätze, die Teils selbst schon interessant sind.
Satz 3.11 (Bernoulli-Ungleichung) Sei x ∈ R, x > −1 und sei n ∈ N. Dann
gilt
(1 + x)n ≥ 1 + nx .
Beweis: Induktion nach n.
Hilfssatz 3.2 Sei y > 0. Dann gilt
lim
n→∞
Beweis: 1. Fall: y > 1. Dann ist auch
√
n
y = 1.
√
n y ≥ 1. Somit können wir schreiben
√
n
y = 1 + xn
mit xn ≥ 0. Es ist daher mit der Bernoulli-Ungleichung
y = (1 + xn )n ≥ 1 + nxn ,
97
3.8. RELLE POTENZEN
also 0 ≤ xn ≤
y−1
n .
Also gilt limn→∞ xn = 0.
√
√
2. Fall: y = 1. Dann ist n y = 1 für jedes n ∈ N und somit limn→∞ n y = 1 .
p
√
3. Fall: 0 < y < 1. Dann ist y −1 > 1 und daher limn→∞ n y −1 = 1 . Aber n y =
p
−1
√
n
y −1
und damit gilt limn→∞ n y = 1 nach den Grenzwertsätzen.
Hilfssatz 3.3 Sei y > 0 und ε > 0.
Dann gibt es ein δ > 0 derart, dass für alle r ∈ Q gilt
|r| < ε =⇒ |y r − 1| < ε .
Beweis: Sei y > 1.
1
Sei ε > 0. Wir wissen schon, dass limn→∞ y n = 1. Somit gibt es ein N1 ∈ N derart,
dass ∀n ∈ N:
1
n ≥ N1 =⇒ |y n − 1| < ε .
1
Ausserdem gilt, dass limn→∞ y − n = 1. Somit gibt es ein N2 ∈ N derart, dass
∀n ∈ N:
1
n ≥ N2 =⇒ |y − n − 1| < ε .
Sei δ = min( N11 , N12 ). Dann gilt für r ∈ Q mit |r| < δ dass − N12 ≤ −δ < r < δ <
und daher
1
1
−ε < y − N2 − 1 ≤ y r − 1 ≤ y N1 − 1 < ε ,
1
N1
also |y rn − 1| < ε.
Für y = 1 ist die Aussage trivial, für 0 < y < 1 beweist man die Aussage analog. Hilfssatz 3.4 Sei y > 0 und (rn )n≥1 eine beschränkte rationale Folge. Dann ist
(y rn )n≥1 beschränkt.
Beweis: Übung.
Satz 3.12 Sei y > 0 und α ∈ R. Sei (rn )n≥1 eine Folge rationaler Zahlen mit
lim rn = α. Dann gelten
n→∞
1. Der Grenzwert der Folge (y rn )n≥1 existiert,
2. ist (sn )n≥1 eine eine Folge rationaler Zahlen mit lim sn = α, so gilt lim y sn =
n→∞
n→∞
lim y rn .
n→∞
Beweis: Es genügt wieder, die Aussage für y > 1 zu beweisen.
Wir zeigen zuerst 2). Seien also (rn )n≥1 und (sn )n≥1 zwei Folgen rationaler Zahlen
mit lim rn = α = lim sn . Dann ist
n→∞
n→∞
lim |y rn − y sn | = lim |y rn | |1 − y sn −rn |
n→∞
n→∞
(sn − rn )n≥1 ist eine Folge rationaler Zahlen, welche gegen 0 konvergiert. Demnach
konvergiert nach Hilfssatz 3.3 (|1 − y sn −rn |)n≥1 gegen 0. (|y rn |)n≥1 ist laut Hilfssatz
98
KAPITEL 3. DIE REELLEN ZAHLEN
3.4 beschränkt. Somit gilt lim y rn − y sn = 0 . Also folgt aus den Grenzwertsätzen,
n→∞
dass falls lim y rn und lim y sn existieren, die Grenzwerte gleich sein müssen.
n→∞
n→∞
Wir zeigen nun 1). Sei nun (rn )n≥1 eine beliebige Folge rationaler Zahlen mit
lim rn = α. Dann ist (y rn ) beschränkt, etwa 0 < y rn ≤ M für alle n ∈ N. (rn )n≥1
n→∞
konvergiert und ist daher eine Cauchyfolge.
Sei ε > 0. Es gibt ein δ > 0 mit
∀r ∈ Q : |r| < δ =⇒ |1 − y r | <
ε
.
M
Es gibt ein N ∈ N mit
∀n, m ∈ N : n, m ≥ N =⇒ |rn − rm | < δ .
Es gilt dann für n, m ∈ N mit n, m ≥ N dass
|y rn − y rm | = |y rn | |1 − y rm −rn | < M
ε
= ε.
M
(y rn )n≥1 ist also eine Cauchyfolge und konvergiert daher in R.
3.9
Gleichungen mit reellen Zahlen
Wir werden wieder ein paar Gleichungen betrachten, die man in R vielleicht lösen
kann.
Zunächst sind einmal alle diejenigen Gleichungen, die in N, Z oder Q lösbar waren,
auch in R lösbar. Das folgt direkt aus den Körperaxiomen.
Wir haben auch gesehen, dass die Gleichung xk = y für gesuchtes x oft eine Lösung
hat, wenn auch nicht immer.
Sei etwa k eine gerade natürliche Zahl und y < 0. k ist von der Form k = 2l mit
l ∈ N und daher ist für beliebiges x ∈ R
xk = x2l = xl
2
≥ 0 > y.
Also gilt für alle x ∈ R dass xk 6= y, die Gleichung hat also für gesuchtes x keine
Lösung.
Ist y > 0, so hat die Gleichung xk = y, k gerade, sogar zwei Lösungen: genau eine
positive Lösung z und eine negative Lösung, −z:
(−z)k = (−z)2l = (−z)2
l
= z2
l
= z 2l = z k .
Für y = 0 hat die Gleichung xk = y, k gerade, nur eine Lösung, nämlich 0.
Eine weitere wichtige Klasse von Gleichungen sind die sogenannten quadratischen
Gleichungen, das sind Gleichungen der Form
ax2 + bx + c = 0 ,
wobei x gesucht ist und a, b, c gegebene reelle Zahlen sind. Wir wollen diese Gleichungen nun studieren.
Sei zunächst a = 0. Die Gleichung lautet dann bx + c = 0. Wir haben solche
Gleichungen schon betrachtet und wissen, dass sie genau eine Lösung x = − cb
99
3.9. GLEICHUNGEN MIT REELLEN ZAHLEN
haben, wenn b 6= 0, keine Lösung für b = 0 und c 6= 0, sowie jede Zahl x ∈ R als
Lösung haben für b = c = 0.
Sei nun a 6= 0. Dann können wir die Gleichung schreiben als
a(x2 + px + q) = 0
mit p =
wenn
b
a
und q =
c
a.
Da a 6= 0 gilt, ist diese Gleichung ist genau dann erfüllt,
x2 + px + q = 0 .
Wir formen das um:
p2
p2
x2 + px +
−
+q
4
4
p 2 p2
−
+q
=
x+
2
4
2
2
Es ist also x2 + px + q = 0 genau dann, wenn x + p2 − p4 + q = 0, also genau
dann, wenn
p 2
p2
x+
=
−q.
2
4
Wir werden einstweilen y = x + p2 schreiben, sodass die Gleichung lautet
x2 + px + q
=
y2 =
p2
−q,
4
2
y gesucht. Wenn p4 −q < 0 ist, dann kann die Gleichung nach den obigen Überlegungen
keine Lösung haben.
2
Wenn p4 − q = 0 ist, dann hat die Gleichung genau eine Lösung, nämlich y = 0,
sodass x = − p2 .
q
2
p2
Wenn p4 − q > 0 gilt, so hat die Gleichung genau zwei Lösungen, y1 =
4 −q
q
2
und y2 = p4 − q. Das heißt, dass die Gleichung für x die Lösungen
p
x1 = − +
2
r
p2
−q
4
und
p
x2 = − −
2
r
p2
−q
4
hat.
Wir können nun wieder p durch ab und q durch ac ersetzen und erhalten die Lösungen
für die ürsprüngliche Gleichung:
√
√
−b + b2 − 4ac
−b − b2 − 4ac
x1 =
und x2 =
.
2a
2a
2
Der Term p4 −q wird dabei umgeformt zu
b2 − 4ac > 0 gilt.
b2 −4ac
4a2 ,
welcher genau dann > 0 ist, wenn
Wir erhalten als Zusammenfassung den folgenden Satz:
Satz 3.13 (Quadratische Gleichung) Seien a, b, c ∈ R, a 6= 0. Die Gleichung
ax2 + bx + c = 0
hat
100
KAPITEL 3. DIE REELLEN ZAHLEN
• keine Lösung, falls b2 − 4ac < 0,
b
, falls b2 − 4ac = 0,
• die eindeutige Lösung x = − 2a
• genau zwei Lösungen
√
√
−b + b2 − 4ac
−b − b2 − 4ac
x1 =
und x2 =
,
2a
2a
falls b2 − 4ac > 0.
3.10
Komplexe Zahlen
Wir haben bereits gesehen, dass gewisse quadratische Gleichungen in R keine Lösung
haben, wie zum Beispiel die Gleichung x2 = −1.
Man kann nun den Zahlbereich der reellen Zahlen zu einem neuen Zahlbereich so
erweitern, dass diese Gleichung in dem neuen Zahlbereich eine Lösung hat.
Definition 3.18 (Komlexe Zahlen) Eine komplexe Zahl z ist ein geordnetes Paar
(a, b) reller Zahlen. a heißt dabei der Realteil von z, b der Imaginärteil.
Die Menge der komlexen Zahlen wird mit C bezeichnet.
Bei unseren früheren Konstruktionen haben wir immer erklärt, wann zwei der neuen
Objekte gleich sind. Das ist hier nicht nötig, zwei komplexe Zahlen sollen genau dann
gleich sein, wenn sie als geordnete Paare gleich sind. Wir müssen bei den noch zu
erklärenden Rechenoperationen demnach auch nicht überprüfen, ob sie wohldefiniert
sind, oder besser gesagt: sie sind es automatisch.
Definition 3.19 (Addition und Multiplikation komlexer Zahlen) Seien z =
(a, b) und w = (c, d) komplexe Zahlen. Dann definieren wir:
(i) z + w := (a + c, b + d),
(ii) z · w := (ac − bd, ad + bc).
Satz 3.14 (C, +, ·) ist ein Körper.
Beweis: Der Beweis von K1), K4), K5), K8) und K9 besteht aus schlichtem Nachrechnen.
Mit dem Nullelement n = (0, 0) und dem Einselement e = (1, 0) sind auch K2) und
K6 einfach einzusehen.
Weiters sieht man unmittelbar, dass für (a, b) ∈ C die komplexe Zahl (−a, −b) ein
inverses Element zu (a, b) bezüglich Addition ist. Das heißt, dass auch K3) erfüllt
ist.
Es bleibt, die existenz eines inversen Elementes bezüglich der Multiplikation zu
zeigen. Sei (a, b) ∈ C. Definiere
−b
a
.
,
(c, d) :=
a 2 + b2 a 2 + b2
Es ist leicht zu zeigen, dass (a, b) · (c, d) = (1, 0) = e gilt, womit dann alles gezeigt
ist.
101
3.10. KOMPLEXE ZAHLEN
Es ist leicht zu sehen, dass eine reelle Zahl a mit der komplexen Zahl (a, 0) identifizieren kann, da die Rechenoperationen auf diesen Elementen mit denen auf R
übereinstimmen:
(a, 0) + (c, 0) = (a + b, 0)
und
(a, 0) · (c, 0) = (ac, 0) .
Wir definieren nun die sogenannte imaginäre Einheit i.
Definition 3.20 i := (0, 1) ∈ C.
Damit kann jede komplexe Zahl z = (a, b) in der folgenden Form geschrieben werden:
z = (a, b) = (a, 0) + (0, b) = (a, 0) + (b, 0)(0, 1) = a + b · i .
Der folgende Sachverhalt ist zwar trivial, aber wichtig genug, um als Satz formuliert
zu werden:
Satz 3.15 i2 = −1.
Beweis: i2 = (0, 1) · (0, 1) = (0 · 0 − 1 · 1, 0 · 1 + 1 · 0) = (−1, 0) = −1.
√
√ 2
Ist nun a < 0, so gibt es zwei komplexe Lösungen von z 2 = a: (i −a)2 = i2 −a =
√
√
2
(−1)(−a) = a und (−i −a)2 = (−i)2 −a = (−1)2 (−1)(−a) = a.
Mit dieser Erkenntnis können wir nun alle quadratischen Gleichungen lösen. Betrachten wir wieder die Gleichung z 2 + pz + q = 0 mit p, q ∈ R. Wie vorher ist diese
Gleichung äquivalent zu
p2
p 2
=
−q.
z+
2
4
Wir schreiben w = z + p2 , sodass wir
w2 =
p2
−q
4
2
erhalten. Den Fall p4 − q ≥ 0 haben wir bereits abgehandelt. Sei nun
Dann hat die Gleichung in w die Lösungen
r
r
p2
p2
und w2 = −i q −
.
w1 = i q −
4
4
p2
4
− q < 0.
Entsprechend hat die ursprüngliche Gleichung dann die (komplexen) Lösungen
r
r
p2
p2
p
p
z1 = − + i q −
und z2 = − − i q −
.
2
4
2
4
Somit ist in C jede quadratische Gleichung az 2 + bz + c = 0 mit a, b, c ∈ R, a 6= 0
lösbar. Mit Übungsaufgabe 8 kann man sogar sehen, dass die Gleichung auch für
a, b, c ∈ C, a 6= 0, stets lösbar ist.
Es gilt sogar die folgende Aussage:
Satz 3.16 (Fundamentalsatz der Algebra) Sei n ∈ N und seien a0 , a1 , . . . , an ∈
C, an 6= 0. Dann hat die Gleichung
a0 + a1 z + a2 z 2 + · · · + an z n = 0
mindestens eine Lösung in C.
102
KAPITEL 3. DIE REELLEN ZAHLEN
Beweis: Siehe etwa [1].
3.11
Übungsaufgaben
1. Sei (K, +, ·) ein Körper und n sein Nullelement. Dann gilt n · x = n, für jedes
x ∈ K.
2. Es sei α ∈ R, α ≥ 0, so dass α2 = 2 und
Q(α) := {x ∈ R : x = aα + b, a, b ∈ Q}.
3.
4.
5.
6.
Man zeige
(a) x1 , x2 ∈ Q(α) =⇒ x1 + x2 ∈ Q(α) und x1 · x2 ∈ Q(α).
(b) (Q(α), +, ·) ist ein Körper.
(Hinweis: Man wendet die Körperstruktur von R an.)
Es seien die reellen Zahlen x = (xm )m≥1 , y = (ym )m≥1 .
(a) Man zeige: wenn es ein N1 ∈ N gibt, so dass xm < ym , für alle m ∈ N mit
m ≥ N1 , dann ist x ≤ y.
(b) Gilt auch die Umkehrung? Man begründe die Antwort.
Es seien x = (xm )m≥1 und y = (ym )m≥1 reelle Zahlen. Man zeige:
(a) x ∈ P, y ∈ P =⇒ x + y ∈ P,
(b) x ∈ P, y ∈ P =⇒ x · y ∈ P,
(c) x ∈ P, y 6∈ P =⇒ x · y 6∈ P,
(d) x 6∈ P, y ∈ P =⇒ x · y ∈ P.
Es sei x = (xm )m≥1 eine Cauchyfolge rationaler Zahlen. Man beweise:
(a) Wenn x > 0 ist, dann gilt: ∃ N ∈ N : ∀m ∈ N : m ≥ N ⇒ xm > 0.
(b) xm ≥ 0, ∀m ∈ N =⇒ (xm )m≥1 ≥ 0.
Es sei x = (xm )m≥1 eine reelle Zahl. Man zeige:
x ≥ 0 gerade dann wenn ∀r ∈ Q+ ∃N ∈ N : ∀m ∈ N : m ≥ N ⇒ xm > −r.
7. Es sei (rm )m≥1 eine Cauchyfolge rationaler Zahlen. Schreibe r = (rm )m≥1 für
die reelle Zahl. Dann gilt limn→∞ rn = r. (Konvergenz von Folgen reellen Zahlen.)
8. Zeigen Sie: sei w eine komplexe Zahl, w 6= 0. Dann gibt es genau zwei Lösungen
der Gleichung z 2 = w.
Hinweis: Sei (a, b) ∈ C gegeben. Dann suchen wir Zahlen der Form (c, d) ∈ C
mit (c, d) · (c, d) = (a, b), also
c 2 − d2 = a
und
2cd = b .
Zeigen Sie, dass
p√
a 2 + b2 + a
√
c1 =
,
2
d1 =
p√
a 2 + b2 − a
√
2
diese Bedingungen erfüllen. Was ist die zweite Lösung?
9. Zeigen Sie: C ist kein angeordneter Körper.
Kapitel 4
Weitere Übungen
1. Zeigen Sie, dass für q 6= 1
n
X
qk =
k=0
q n+1 − 1
.
q−1
2. Zeigen Sie, dass für x ≥ −1 und n ∈ N gilt
(1 + x)n ≥ 1 + nx .
3. Zeigen Sie, dass für alle n ∈ N mit n ≥ 4 gilt
n! ≥ 2n .
4. Zeigen Sie für ganze Zahlen n 6= 0, m 6= 0
(n|m) ∧ (m|n) =⇒ (n = m) ∨ (n = −m) .
5. Zeigen Sie: ist n eine natürliche Zahl, n > 1, so gibt es einen kleinsten Teiler
von n, welcher größer als 1 ist:
∃m ∈ N : m > 1 ∧ m|n ∧ (∀k ∈ N : k|n =⇒ m ≥ k)
6. Stellen sie folgenden Ausdruck als einfachen Bruch
1
2
1
3
+
3
2
+
2
3
5
m
n
mit m, n ∈ Z dar:
.
7. Beweisen Sie: ∀r ∈ Q>0 ∃n ∈ N : n1 < r.
8. Welche der folgenden Ausssagen ist äquivalent zur Aussage: f : X −→ Y ist
”
eine Funktion“?
(a) ∀x ∈ X : ∃y ∈ Y : (x, y) ∈ f
(b) ∃! : ∀y ∈ Y : (x, y) ∈ f
(c) ∀x ∈ X : ∃!y ∈ Y : (x, y) ∈ f
(d) ∀y ∈ Y : ∃x ∈ X : (x, y) ∈ f
(e) ∃!y ∈ Y : ∀x ∈ Y : (x, y) ∈ f
9. Schreiben Sie 13 zur Basis 3, (13)10 = (. . .)3 .
10. Welche der folgenden Vorschriften definieren eine Funktion f : Q −→ Q?
1 ,x ∈ Z
∀x ∈ Q.
(a) f (x) =
0 ,x ∈
/Z
103
104
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
KAPITEL 4. WEITERE ÜBUNGEN
√
(b) f (x) = 2x ∀x ∈ Q.
(c) f (x) = x2 − x1 ∀x ∈ Q.
Welche der folgenden Funktionen sind injektiv, surjektiv, bijektiv?
(a) f : N −→ N, f (x) = n2 ∀n ∈ N,
(b) f : Z −→ N ∪ {0}, f (n) = n2 ∀n ∈ Z,
(c) f : Q −→ Q, f (x) = x2 ∀x ∈ Q,
(d) f : R −→ R, f (x) = x2 ∀x ∈ R.
√
Zeigen Sie, dass 3 irrational ist.
Was ist eine Cauchyfolge?
Wann heißt eine Folge monoton wachsend?
Wann heißt eine Folge beschränkt?
Zeigen Sie: jede Cauchyfolge ist beschränkt.
Zeigen Sie: jede konvergente Folge ist beschränkt.
Zeigen Sie: wenn eine Folge konvergiert, dann ist der Grenzwert eindeutig bestimmt.
√
Sei y > 0. Was bedeutet 6 y?
√
Hinweis: Eine richtige Antwort beginnt mit den Worten 6 y ist die eindeutig
bestimmte Zahl x mit . . ..
√
6
Vereinfachen Sie den Ausdruck ( x3 )5 , das heißt schreiben Sie ihn in der Form
m
xn.
Seien a, b ≥ 0. Zeigen Sie:
a+b √
≥ ab .
2
√ 2
√
Hinweis: ( a − b) ≥ 0 .
Untersuchen Sie die Gleichung 3x2 + 2x − 8 = x auf Lösungen.
Untersuchen Sie die Gleichung x2 +yx+1 = 0 auf Lösungen. (Die Lösungsmenge
hängt natürlich von x ab.)
Sei (xn )n≥1 eine monotone und beschränkte Folge reeller Zahlen. Zeigen Sie,
dass lim xn = sup{xn : n ∈ N}.
n→∞
25. Zeigen Sie: sei x ≥ 0, n ∈ N. Dann gilt
(1 + x)n ≥ 1 + nx +
26. Zeigen Sie: lim
n→∞
n(n − 1) 2
x .
2
√
n
n = 1.
Hinweis: Folgern
Sie aus 25, dass für x > −1 und n ∈ N gilt (1+x)n ≥
√
n
Schreiben Sie n = 1 + xn und zeigen Sie, dass lim xn = 0.
n(n−1) 2
x .
2
n→∞
27. (Cauchy-Schwarz-Ungleichung 1) Zeigen Sie, dass für x1 , x2 , y1 , y2 ∈ R gilt
(x21 + x22 )(y12 + y22 ) ≥ (x1 y1 + x2 y2 )2 .
Hinweis: Rechnen Sie beide Seiten aus, um auf eine andere Ungleichung zu
kommen. Beweisen und verwenden Sie dann die Ungleichung a2 + b2 ≥ 2ab.
28. (Cauchy-Schwarz-Ungleichung 2) Zeigen Sie, dass für x1 , . . . , xn , y1 , . . . , yn ∈ R
gilt
! n
!2
!
n
n
X
X
X
2
2
xk
yk ≥
.
x k yk
k=1
k=1
k=1
Hinweis: Verwenden Sie Beispiel 27 und vollständige Induktion.
29. Lösen Sie die Gleichung z 2 + z + 1 = 0 in C.
Index
N, 51
Q, 51
Z, 51
∩, 53
∪, 53
∈, 52
∈,
/ 52
∨, 53
∧, 53
natürlicher Zahlen, 33
Distributivgesetz
für ganze Zahlen, 27
Distributivgesetze, 11
Division
ohne Rest, 17
Durchschnitt, 53
Addition, 7
ganzer Zahlen, 24
komplexer Zahlen, 100
natürlicher Zahlen, 7
rationaler Zahlen, 37
Allquantor, 54
angeordneter Körper, 85
archimedisch angeordnet, 86
Assoziativgesetz
Addition ganzer Zahlen, 25
Addition natürlicher Zahlen, 7
für rationale Zahlen, 37
Multiplikation ganzer Zahlen, 27
nMultiplikation natürlicher Zahlen,
12
beschränkt
Folge, 88
Menge, 92
nach oben, 66
nach unten, 66
Betrag
einer reellen Zahl, 87
bijektiv, 59
Binom, 43
Binomialkoeffizient, 43
Bruch, 36
Bruchrechnung, 42
Cartesisches Produkt, 54
Cauchyfolge
rationaler Zahlen, 75
reeller Zahlen, 89
Definitionsmenge, 58
Dezimaldarstellung, 29
echte Teilmenge, 52
Einselement, 81
Einsgesetz
für ganze Zahlen, 28
Element einer Menge, 51
Existenzquantor, 54
Faktorielle, 20
Folge, 64
konstante, 66
Funktion, 57, 59
bijektive, 59
injektive, 59
surjektive, 59
Funktionsgraph, 62
ganze Zahl, 23
gerade Zahl, 48
Gleichheit von Mengen, 52
gleichmächtig, 60
Gleichung, 9
quadratisch, 98, 99
Gleichungen
mit rationalen Zahlen, 41
Graph, 62
Grenzwert, 68, 89
Gruppe, 84
imaginäre Einheit, 101
Imaginärteil, 100
Infimum, 93
injektiv, 59
Intervallhalbierungsmethode, 94
Inverses Element, 25
Körper, 81
Körperaxiome, 81
Klammernkonventionen, 12
105
106
Kommutativgesetz
Addition ganzer Zahlen, 25
Addition natürlicher Zahlen, 8
für rationale Zahlen, 37
Multiplikation ganzer Zahlen, 27
Multiplikation natürlicher Zahlen, 13
Komplement, 53
konstante Folge, 66
Konstruktion, 22
konvergente Folge, 68, 89
Konvergenz
von Folgen, 68, 89
Kreuzprodukt, 54
Löwenjagd, 94
leere Menge, 52
Limes, 68, 89
mächtiger, 60
Maximum
einer Menge, 92
Menge, 51
Mengenlehre, 51
Minimum
einer Menge, 92
Monoid, 84
Multiplikation, 11
komplexer Zahlen, 100
natürlicher Zahlen, 11
n. o. b., 88, 92
n. u. b., 88, 92
n.o.b., 66
n.u.b., 66
natürliche Zahl, 5
nach oben beschränkt
Folge, 88
Menge, 92
nach unten beschränkt
Folge, 88
Menge, 92
Nachfolger, 6
Natürliche Zahl, 5
Null, 5, 24
Nullelement, 81
Nullgesetz
für ganze Zahlen, 25
Ordnung
natürlicher Zahlen, 13
rationale Zahlen, 39
Pascal’sches Dreieck, 43
Peano Axiome, 6
Potenzen, 29
INDEX
Prinzip der vollständigen Induktion, 106
quadratische Gleichung, 98, 99
rationale Zahl, 36
Realteil, 100
Rechenopertionen, 24
reelle Zahl, 79
Ring, 84
Schiefkörper, 84
Supremum, 93
surjektiv, 59
Teilmenge, 52
echte, 52
unendlich, 61
unendliche Menge, 61
ungerade Zahl, 48
Unkehrfunktion, 60
Vereinigung, 53
Verteilungsgesetze, 11
vollständige Induktion, 6
Wertevorrat, 58
Wurzel, 95
Zahl
ganze, 23
natürliche, 5
rationale, 36
reelle, 79
Literaturverzeichnis
[1] Walter Rudin. Principles of mathematical analysis. McGraw-Hill Book Co., New
York, third edition, 1976. International Series in Pure and Applied Mathematics.
107
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