Schlaglicht - BIOspektrum

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Schlaglicht
Yersinia als Insektenkiller
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Geraldine Bresolin, Siegfried Scherer und Thilo M. Fuchs
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왘 Trotz der medizinischen Relevanz vieler
humanpathogener Bakterien ist nur vergleichsweise wenig über deren Ursprung
und Vorkommen außerhalb des Menschen
bekannt. Die Grundlagenforschung gibt
jetzt neue Hinweise darauf, dass möglicherweise wirbellose Tiere (Invertebraten) wie
beispielsweise Insekten und Würmer ein unterschätztes Reservoir für bakterielle Krankheitserreger des Menschen darstellen. Invertebraten sind zahlreich und vielfältig in
der Natur vorhanden, werden grundsätzlich
von einer großen Zahl von Bakterien besiedelt und können eng mit Säugetieren vergesellschaftet sein. Prominente Beispiele Insekten-assoziierter, humanpathogener Bakterien sind Borrelia burgdorferi, der von
Zecken übertragene Erreger der Lyme-Borreliose, Rickettsia prowazekii, ein Parasit, der
durch Läuse übertragen wird und Fleckfieber verursacht, oder auch Vertreter der Gattung Yersinia. Die Erforschung des genetischen Repertoires, das die Assoziation von
Yersinien mit Invertebraten ermöglicht,
eröffnete jüngst neue und interessante Einblicke in die Verbreitung und Evolution dieser Gattung.
Lebenszyklus von Yersinien
Zur Gattung Yersinia zählen elf Arten, wovon
drei von medizinischer Relevanz sind: Y. enterocolitica, Y. pseudotuberculosis und Y. pestis.
Die ersten beiden Arten sind gastrointestinale Erreger und rufen im Menschen ein
sehr ähnliches Krankheitsbild in Form einer
unspezifischen, meist von allein abklingenden Diarrhö hervor. Sie sind in der Natur
weit verbreitet und können, ausgehend von
verschiedenen Umweltreservoiren wie beispielsweise Erdboden oder Oberflächenwasser, über eine Infektionskette, die oft
Nutztiere und Lebensmittel umfasst, bis
zum Menschen gelangen. Die Übertragung
von Y. enterocolitica zwischen Tieren erfolgt
über erregerhaltigen Kot und die damit kontaminierte Umwelt. Für den Menschen stellt
der Verzehr symptomlos infizierter Schweine sowie anderer, sekundärkontaminierter
Nahrungsmittel die wichtigste Infektionsquelle dar[1]. Charakteristisch für Y. pestis hingegen ist ein Lebenszyklus mit wildlebenden Nagetieren, überwiegend Ratten, als
Reservoir und deren Flöhen als Überträger.
Im Vormagen des mit Y. pestis infizierten
Flohs bildet sich ein Biofilm-ähnlicher
Pfropfen, der aus miteinander verklumpten
Pesterregern besteht. Während der Floh versucht, von einem weiteren Säugetier Blut
aufzunehmen, lösen sich einige Pesterreger
aus dem Pfropfen heraus, vermischen sich
mit dem Blut und gelangen so in die Wunde des befallenen Wirts[2]. Die für diesen Insekten-assoziierten Lebenszyklus erforderlichen, genetischen Komponenten sind in Y.
pestis eingehend untersucht. Dabei zeigte
sich, dass Gene, die für die Übertragung von
Y. pestis essenziell sind, auch eine bedeutende Rolle bei der Infektion des Fadenwurms Caenorhabditis elegans übernehmen,
den nicht nur Y. pestis, sondern auch Y. pseudotuberculosis infizieren kann[3]. Y. enterocolitica hingegen wurde bislang noch nie mit Invertebraten in Verbindung gebracht. Durch
die Entdeckung einer neuen Klasse insektizider Toxine in Y. enterocolitica konnten wir
jetzt erstmals einen stichhaltigen Hinweis
für die Assoziation von Y. enterocolitica mit
Invertebraten liefern[4].
Insektizide Toxine
Bei dieser neuartigen Proteinklasse handelt
es sich um Toxin-Komplexe (Tc, toxin com-
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Abb. 1: Genetische Anordnung der insektiziden Pathogenitätsinsel tc-PAI Ye (grau hinterlegt) von
Y. enterocolitica. Die Gene tcaA, tcaB1, tcaB2, tcaC und tccC kodieren für die Toxin-Elemente.
BIOspektrum · 2/06 · 12. Jahrgang
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Abb. 2: Temperaturregulierte Expression von
tcaA. Für die Untersuchung der Expression der
tc-Gene wurde in tcaA ein Luciferase-Reporter
inseriert, anhand dessen sich die Promotoraktivität von tcaA bestimmen lässt. Bakterien, die bei
15 °C kultiviert werden, weisen gegenüber
Bakterien, die bei 37 °C herangezogen werden,
eine deutlich höhere Expressionsstärke auf.
entomophila identifiziert. Die Sequenzierung bakterieller Genome ergab darüber hinaus, dass auch in Y. pestis sowie Y. pseudotuberculosis homologe tc-Gene vorhanden sind[7]. Bislang wurde jedoch weder in
Y. pestis noch Y. pseudotuberculosis ein kausaler Zusammenhang zwischen den tc-Genen und einer Aktivität in Invertebraten gezeigt.
Bei Y. enterocolitica hingegen wurde jüngst
ein insektizides Potenzial nachgewiesen. Als
Proteinextrakte von Y. enterocolitica an Larven des Tabakschwärmers verfüttert wurden, starben diese nach wenigen Tagen,
während die Kontrollgruppe, welche Proteinextrakte mit inaktivierten Tc-Proteinen
erhielt, überlebte. Damit konnte dieses Phänomen auf das Vorhandensein der tc-Gene
in Y. enterocolitica zurückgeführt werden, die
in der Pathogenitätsinsel tc-PAIYe angeordnet
sind. Diese umfasst fünf tc-homologe, zwei
regulatorische sowie zwei Phagen-ähnliche
Gene (Abb. 1). Eine Besonderheit der tcPAIYe ist die temperaturregulierte Expression
der tc-Gene[4]. Die Tatsache, dass die Genprodukte nur bei niedrigen, nicht jedoch bei
höheren Temperaturen gebildet werden
(Abb. 2), bekräftigt eine Aktivität der Toxine in der Umwelt und in Invertebraten, nicht
aber im Menschen.
왘왘
Evolution der Yersinien
plex), die erstmals aus dem Bakterium
Photorhabdus luminescens isoliert wurden, und
deren mögliche Anwendung in der Landwirtschaft als Alternative zu den Bt-Toxinen
(Bacillus thuringiensis) diskutiert wird. P. luminescens lebt als Symbiont im Darm von Nematoden (Fadenwürmer), die die Fähigkeit
besitzen, in Larven des Tabakschwärmers
einzudringen und diese durch die von den
Bakterien gebildeten Tc-Proteine zu töten.
Der Insektenkadaver dient dann sowohl den
Bakterien als auch den Nematoden als Nahrungsquelle[5]. In P. luminescens kennt man
vier native Toxin-Komplexe, die durch die
Loci tca, tcb, tcc und tcd kodiert werden. Die
einzelnen Gene dieser Loci sind in Pathogenitätsinseln (PAI) angeordnet. Eine PAI
stellt einen distinkten, instabilen Bereich
des Chromosoms dar, der sich vom restlichen
Genom durch die Präsenz mehrerer Virulenz-assoziierter Gene unterscheidet. Wie
sich zeigte, weisen in P. luminescens nicht alle Toxin-Komplexe eine insektizide Aktivität auf; manchen wird auch eine Funktion
als Aktivator oder Chaperon (Protein, das die
Faltung anderer Proteine unterstützt) beigemessen[6].
Seit der Beschreibung der tc-Gene in
P. luminescens wurden homologe Gene mit
vergleichbarem insektizidem Potenzial in
Xenorhabdus nematophilus, einem weiteren
Nematoden-Symbiont, sowie in Serratia
Bei Y. pestis handelt es sich evolutionär betrachtet um einen „sehr jungen“ Abkömmling von Y. pseudotuberculosis, der sich vor
1.500 bis 20.000 Jahren abgespaltet hat[8]. Y.
pestis und Y. enterocolitica haben sich bereits
vor 41 bis 186 Millionen Jahren getrennt,
wenn man eine – allerdings sehr niedrig angesetzte – uniforme Mutationsrate von 6 ×
10–9 synonymen Polymorphismen pro Jahr
annimmt[9]. Auch wenn sich der Pesterreger
innerhalb kürzester Zeit auf den Floh als
Überträger spezialisiert hat, unterstützen das
Vorhandensein der tc-Gene in allen drei humanpathogenen Yersinia-Spezies und das insektizide Potenzial von Y. enterocolitica die
Hypothese, dass Y. pestis wohl nicht der erste Insekten-assoziierte Vertreter der Gattung Yersinia war[7, 10]. Vielmehr sprechen
diese Befunde für ein gemeinsames, ursprüngliches Invertebraten-Reservoir, welches bis heute für die Persistenz dieser Keime außerhalb des Menschen relevant sein
könnte und vermutlich auch maßgeblich an
deren Evolution beteiligt war.
Bedenkt man außerdem die zahlreichen,
übereinstimmenden Barrieren, die pathogene Bakterien in der Immunabwehr von wirbellosen Tieren und Säugetieren überwinden müssen, kann man vermuten, dass humanpathogene Bakterien zunächst an das
Immunsystem der in der Natur viel zahlrei-
cher vertretenen Invertebraten angepasst
waren und erst später die Evolution auf Säugetiere als Wirtssystem vollzogen haben[10].
Wie das Beispiel Yersinia zeigt, kann die Erforschung der Assoziation von bakteriellen
Krankheitserregern und Invertebraten zum
besseren Verständnis der Evolution von
Krankheitserregern beitragen; darüber hinaus könnten weitere Studien auf diesem Gebiet aber auch Ergebnisse liefern, die für die
Entwicklung von Strategien zur präventiven
Bekämpfung humanpathogener Keime relevant sind.
Literatur
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emerging human pathogens. Nat Rev Microbiol 2:
833–841.
Korrespondenzadresse:
Dr. Thilo M. Fuchs
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BIOspektrum · 2/06 · 12. Jahrgang
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