Geologie und Geomorphologie Schleswig-Holsteins

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Ruhr-Universität Bochum
Fakultät für Geowissenschaften
Geographisches Institut
Seminar: Geologie, Geomorphologie und Böden Schleswig-Holsteins
Dozent: Dr. Mansfeldt
Geologie und Geomorphologie
Schleswig-Holsteins
Max Rieger
Munscheider Straße 92
44869 Bochum
Tel.:
0 23 27 / 78 87 99
01 60 / 27 05 12 1
email: [email protected]
Sommersemester 2003
Max Rieger
Geologie und Geomorphologie Schleswig-Holsteins
-2 -
Inhalt
1. Einleitung
3
2. Der tiefe Untergrund
3
3. Das Quartär und die Gliederung der Eiszeiten in
Schleswig-Holstein
4. Die Landschaften Schleswig-Holsteins und ihre Entstehung
4
6
4.1 Das östliche Hügelland
8
4.2 Die Geest
9
4.3 Die Marsch
11
5. Zusammenfassung
12
Abbildungen und Tabellen
13
Literatur
14
Max Rieger
Geologie und Geomorphologie Schleswig-Holsteins
-3 -
1. Einleitung
Das Seminar bei Herrn Dr. Mansfeldt gibt einen Überblick über die physischgeographischen
Gegebenheiten
des
Bundeslandes
Schleswig-Holstein.
Diese
Ausarbeitung bearbeitet den Themenkomplex der Geologie und der Geomorpholgie.
Schleswig-Holsteins Oberflächenformen sind in hohem Maße von den Eiszeiten
geprägt, daher wird hier ein Schwerpunkt auf die glazialen Formengebungen des
Quartärs gelegt, der tiefere Untergrund wird nur kurz beleuchtet.
2. Der tiefe Untergrund
Das Fundament des Norddeutschen Tieflandes bildet der Fennoskandische Schild.
Darüber liegen, teilweise mit Schichtlücken, die Gesteine des Altpaläozoikums und des
Paläozoikums. Ab dem Rotliegenden war die Norddeutsche Senke beständig ein
Sedimentationsbecken bis ins Tertiär 1 , in dem sehr mächtige Gesteinspakete abgelagert
wurden. In die Zeit des Rotliegenden und des Zechsteins fallen auch die Bildung
mächtiger Salzlagen. Sie bilden die Grundlagen für zahlreiche Salzstrukturen im
Untergrund von West-Holstein über Hamburg bis nach Niedersachsen. 2 Die
Strukturenbildung wurde im Jura so stark, daß der Ablagerungsraum in mehrere
Teiltröge gegliedert wurde, in welchen die Schichtmächtigkeiten von Jura und Kreide
sehr groß sind, während sie an anderen Stellen teilweise nicht vorhanden sind. Über den
Abb. 1: Schematischer geologischer Nord-Süd-Schnitt durch den Untergrund des Norddeutschen
Tieflandes. (Schichtmächtigkeit stark überhöht). (Henningsen, 2002)
1
2
Henningsen (2002) S. 171
Henningsen (2002) S. 171
Max Rieger
Geologie und Geomorphologie Schleswig-Holsteins
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Schichten lagerten sich anschließend Tone und Sande des Tertiärs ab, die zur Grenze
Tertiär-Quartär durch Schüttungen von Nord (Skandinavien) und Süd (Mittelgebirge)
eine weitgehend flache Landschaft bilden. 3 Abbildung 1 zeigt einen schematischen
Schnitt durch die Norddeutsche Tiefebene.
3. Das Quartär und die Gliederung der Eiszeiten in Schleswig-Holstein
Die bis zu 400m mächtigen4 Deckschichten des Quartärs sind in Schleswig-Holstein
vorwiegend durch die wiederholten Vorstöße der Kaltzeiten sowie die damit
zusammenhängenden Schwankungen des Meeresspiegels gegliedert. Das Volumen der
Gletscher in den quartären Eiszeiten war etwa dreimal so groß wie das der heutigen.
Das Meeresniveau lag zur Zeit des Maximums des letzten Glazials ca. 100m tiefer als
heute. Der Nordteil der heutigen Nordsee war eisbedeckt, der Südteil festes Land 5 .
Damit war das Land unter dem Eis glazialen, die vor dem Eis liegenden Flächen
periglaziären Prozessen ausgesetzt. Diese finden sich deutlich in der Gliederung der
Landschaften Schleswig-Holsteins wieder.
Die Gliederung der Eiszeiten gibt Tabelle 1 wieder. Entscheidend für die heutige
Oberflächenform sind vor allem die Voränge während der Saale- und der WeichselVereisung.
Tabelle 1: Vereinfachte stratigraphische Tabelle für das Quartär im norddeutschen Tiefland. (nach
Henningsen, 2002)
3
Liedtke und Marcinek (1995), S. 264
Blume und Brümmer (1986), S. 4
5
Ahnert (1996), S.68
4
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Ablagerungen der wärmeren und kälteren Phasen des Alt-Pleistozäns sind in
Norddeutschland nur örtlich bekannt. 6 Das erste Inlandeis, das Norddeutschland
erreichte, war das Eis des Elster-Glazials. 7 Die nachfolgenden Eiszeiten löschten seine
Spuren aus, nur tief in den tertiären Untergrund eingeschnittene Rinnen sind heute noch
feststellbar
(durch
Bohrungen). 8
Diese
Tiefenrinnen
sind
vermutlich
durch
Tiefenerosion von Geltscherzungen und starke subglaziale Schmelzwasserströme
entstanden und erreichen im Bereich von Schleswig-Holstein Einschnitttiefen von bis
zu 200m. 9 Verfüllt wurden sie noch während der Elster-Eiszeit.
Während der recht kurzen Holstein-Warmzeit lagerte der Vorläufer der heutigen
Nordsee an der Westküste Tone und Sande ab. Zu finden sind sie an einigen Stellen der
Westküste von Schleswig-Holstein (Husum, Elbmündungsgebiet). 10
Die nachfolgende Saale-Vereisung überfuhr den Vereisungsraum der Elster-Eiszeit, sie
bestand aus mehreren Eisvorstößen, von denen das Warthe-Stadium (der geringere
Vorstoß) für Schleswig-Holstein das wichtigste darstellt. Es hinterließ eine breite
Eisrandzone mit kräftiger Stauchung und einem deutlichen Höhenrücken. 11
Auch in der Eem-Warmzeit stieg der Meeresspiegel stark an, wenn auch nicht so hoch
wie in der Gegenwart. Trotzdem bestand eine Verbindung zwischen Nord-und Ostsee. 12
Abgelagert wurden auch hier vorwiegend Tone und Sande und Torfe, heute sind davon
noch Vorkommen an der Westküste und östlich von Lübeck zu finden. 13
Das Weichsel-Glazial bedeckte Schleswig-Holstein nur im Osten und hat die Elbe nicht
überschritten. Das Weichseleis hinterlies durch mehrmalige Vorstöße und Oszillation
des Eises nach dem Abschmelzen eine typische Jungmoränenlandschaft mit teilweise
ausgeprägten Eisrandlagen, Sandern, vielen See und geschlossenen Hohlformen. In
Schleswig-Holstein ist das Landschaftsbild des östlichen Hügellands so gebildet
worden. In den Gebieten außerhalb der Eisbedeckung überprägte ein periglaziales
Klima die Jungmoränenlandschaft des Saale-Glazials, es entstand ein typisches
Altmoränengebiet, die Geest. 14 Auch die Form der schleswig-holsteinsischen
Ostseeküste ist durch die Gletschererosion (Eisoszillation, Schmelzwasserströme)
6
Henningsen (2002), S. 177
Liedtke und Marcinek (1995), S. 267
8
Stephan, (1995), S. 3
9
Henningsen (2002), S. 180
10
Henningsen (2002), S. 180
11
Liedtke und Marcinek (1995), S. 268
12
Liedtke und Marcinek (1995), S. 270
13
Henningsen (2002), S. 181
14
Liedtke und Marcinek (1995), S. 270
7
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Geologie und Geomorphologie Schleswig-Holsteins
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geprägt, im Norden bildete sich durch mehrere lange Eisloben die Fördenküste heraus,
südlich eine Großbuchtenküste (Kieler Bucht, Lübecker Bucht). 15
Abbildung 2 zeigt die Eisrandlagen vereinfacht die Eisrandlagen der Kaltzeiten in
Schleswig-Holstein.
Abb. 2: Die wichtigsten
Eisrandlagen in
Schleswig-Holstein (nach
Henningsen, 2002)
Mit dem Abschmelzen des Eises begann der Meeresspiegelanstieg, der besonders die
Landschaftsbildung an der Westküste Schleswig-Holsteins betraf. 16 Es entstanden die
Marschlandschaften und Wattengebiete.
4. Die Landschaften Schleswig-Holsteins und ihre Entstehung
Das Relief Schleswig-Holstein wird heute in drei, in Nord-Südrichtung verlaufende,
Großfromationen eingeteilt:
1. Das östliche Hügelland mit seiner glaziär gestalteten Jungmoränenlandschaft, in der
die kurze Zeit nach Ende der Weichsel-Vereisung nicht ausreichte, das Relief
weitgehend zu verändern.
2. Die Geest als ein durch periglaziäre Prozesse stark verändertes Altmoränengebiet, in
dem das Relief während der Weichsel-Eiszeit eingeebnet wurde.
3. Die Marsch als ein weitgehend nacheiszeitlich und marin entstandener Großraum,
sowie das Wattenmeer.
15
16
Liedtke und Marcinek (1995), S. 245 ff.
Stephan, (1995), S. 12
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Abbildung 3 zeigt die Großräume sehr differenziert. Es gibt keine sehr deutlichen
Grenzen zwischen den Großräumen, zumal die Höhenunterschiede im Relief in
Schleswig-Holstein von unter NN bis 168m ü. NN (Bungsberg) nicht sehr groß sind.
Abb. 3: Die Landschaftsformen Schleswig-Holsteins (Stewig, 1978)
Die Grenze zwischen Jungmoränen- und Altmoränengebiet ist am deutlichsten zu
erkennen, weil durch die Reliefformen der Endmoränenzüge Übergänge vorherrschen. 17
Abbildung 4 verdeutlicht den Aufbau des Untergrundes und des Reliefs von SchleswigHolstein.
Abb. 4:
Schematischer
W-E-Schnitt
durch SchleswigHolstein.
(Brümmer und
Schröder, 1971)
17
Liedtke und Marcinek (1995), S. 272
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4.1 Das östliche Hügelland
Das östliche Hügelland ist der jüngste Teilraum mit
dem ausgeprägtesten Relief. Es ist durch mehrere, sehr
dicht
beieinander
liegende
Eisrandlagen
gekennzeichnet, die der Landschaft seinen hügeligen
Charakter durch die Endmoränenzüge geben18 und die
Westgrenze bestimmen. Das von NE kommende Eis
schob Lockermaterial vor sich her und lagerte es ab.
Die höchsten Erhebungen werden dort erreicht, wo Oszillation des Inlandeises eine
Stauchung hervorrief, wie beispielsweise die Hüttener Berge zwischen Schleswig und
Rendsburg. Sonst sind vielfach nur niedrige Endmoränen entstanden.
19
Das Rückschmelzen der Eiszungen vollzog sich teilweise sehr rasch und mit mehreren
erneuten Vorstößen. Viele Endmoränen haben eine charakteristische U-Form durch
diese Eiszungen (Beispiel: Lübecker Eiszunge). Diese zahlreichen Endmoränenzüge
schufen, zusammen mit der Bildung subglaziärer Rinnen und Becken, der
Konservierung von Toteiskörpern und deren Füllung durch Ausschmelzung das
seenreiche, kuppige Jungmoränenrelief. 20 Nur auf Fehmarn und in der Probstei bildete
sich durch sehr schnelles Abschmelzen ohne erneute Vorstößen ein flaches
Grundmoränenrelief. 21
Neben den zahlreichen Seen im ostholsteinischen Hügelland sind auch die Förden durch
Aushobeln von Eiszungen und die Wasserströme unter (während der Vereisung) und
vor (Abschmelzphase) dem Eis entstanden. In diese Hohlformen wurde durch den
oszillierenden Eisrand Moränenmaterial auch quer zur Rinnenform abgelagert. Auch
Ablagerungen auf Toteisblöcken blieben nach deren Abschmelzen erhalten. Viele
Hohlformen wurden später durch Schmelzwasser gefüllt, allerdings blieben nicht alle
davon bis in die Gegenwart als Seen erhalten. 22
Die Entwässerung der
Weichselgletscher erfolgte nach Westen und Süden in das eisfreie Vorland. An
vorhandenen Endmoränenzügen bilden sich Gletschertore, Durchlässe, durch die das
Wasser strömt. 23 Durch sie erfolgte auch die Schüttung der großen Sander, die heute
einen Teil der Geest bilden. Sander- und Schmelzwasserrinnenbildung erfolgte aber
18
Liedtke und Marcinek (1995), S. 300
Stewig (1978), S. 19
20
Liedtke und Marcinek (1995), S. 301
21
Stewig (1978), S. 22
22
Stewig (1978), S. 22
23
Stewig (1978), S. 22
19
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Geologie und Geomorphologie Schleswig-Holsteins
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auch im Hügelland selbst, auch hier spielten Umlagerungen und das Ablagern von
mitgeführtem Material eine Rolle bei der Reliefgestaltung. 24 In Abbildung 3 sind sie als
Binnensander dargestellt.
4.2 Die Geest
Die Geest bildet heute den Mittelrücken SchleswigHolsteins und ist noch einmal in zwei verschiedene
Teiläume aufzuteilen. Der sich direkt dem Hügelland
anschließende flache Bereich wird Vor- oder auch
Sandergeest
genannt.
Er
unterscheidet
sich
in
Oberflächengestalt und Entstehung von der stärker
reliefierten,
westlich
gelegenen
Hohen-
oder
Altmoränengeest.
Die Hohe Geest besteht aus dem Material der Grundmoräne des Warthe-Stadiums der
Saale-Eiszeit. Diese und dessen Sander und Teile der Endmoräne bilden das
Ausgangsmaterial für die Überformung während der letzten Eiszeit, die aus einem
Jungmoränengebiet ein Altmoränengebiet schuf. 25 Der Bereich blieb im WeichselGlazial zwar eisfrei, war aber den periglazialen Wirkungen direkt ausgesetzt. Gefrieren
und Wiederauftauen des Boden bewirkten Solifluktion, das Bodenmaterial wurde nach
Korngrößen sortiert. 26 Winderosion und Kryoturbation trugen dazu bei, daß das Relief
eingeebnet wurde. Insgesamt wurde die Hohe Gest so stark nivelliert, daß der Verlauf
der Haupteisrandlagen der Saale-Eiszeit nicht mehr genau bestimmbar ist. 27 Die
Schmelzwasserstöme der Weichsel-Gletscher erodierten die Moränenzüge 28 und
gliederten sie in mehrere Komplexe, die durch Schmelzwasserrinnen und Sanderbahnen
getrennt werden. Auch die drei größten nördlichen Inseln (Sylt, Amrum und Föhr)
bestehen aus Geestkernen, die Erosion und Anlandungen durch die Nordsee ausgesetzt
sind. 29 Die großen Altmoränenkomplexe sind (von N nach S): Lecker Geest,
Bredstedter Geest, Husumer Geest, Stapelholm und Hohner Platte, Heider Geest,
Itzehoer Geest, Pinneberger Geest, Kiesdorfer Wohld und, östlich von Hamburg, die
24
Stewig (1978), S. 22
Liedtke und Marcinek (1995), S. 305
26
Stewig (1978), S. 28
27
Liedtke und Marcinek (1995), S. 305
28
Blume und Brümmer (1986), S. 6
29
Liedtke und Marcinek (1995), S. 237
25
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Glinder Geest und die Schwarzenbeker Geest. 30 Die Schmelzwasserrinnen werden heute
von nach Westen abfließenden Fließgewässern genutzt, beispielsweise von Eider und
Stör. Sie werden teils zur Geest31 , durch ihre tiefe Lage teilweise aber auch schon zur
Marsch32 gezählt.
Die niedere Geest besteht aus Schmelzwasserablagerungen des Weichselgletschers aus
dem Bereich des Hügellandes. Die Entwässerung erfolgte nach Westen, so lange die
Eisbedeckung der Ostsee die Richtung auf Elbe und Ur-Nordsee vorgab. 33 Das
Schmelzwasser bewirkte die Sedimentation von Flächen- und Kegelsandern und
gleichzeitig
die
Erosion
der
oben
genannten
Schmelzwasserrinnen
in
der
Altmoränenlandschaft. 34 Die Schüttungen erfolgten aus den Gletschertoren der
Endmoränenzüge der Weichsel-Vereisung, die größten Flächen sind westlich einer
Linie Flensburg-Schleswig-Rendsburg sowie südlich Neumünster zu finden. 35 Sie gehen
ineinander über und reichen teilweise sogar bis an die Westgrenze der Geest. 36 Die
Sander der niederen Geest tauchen dann an der Küste unter die Marschschichten ab. Die
Hohe Geest weist dagegen einige Bereiche auf, an denen es steile Hänge und sogar
kleine Kliffs gibt (z.B. im Klev von St. Michaelisdonn). 37 Sie entstanden durch die weit
nach Osten vordringende Nordsee, als diese in einigen postglazialen Phasen noch
stärker als in der Gegenwart anstieg. 38 Im südlichen Holstein sind die Sander nur
schwach ausgeprägt, hier entwässerten die Gletscher der Lübecker Bucht weiter östlich
in
die
Rinne
der
Stecknitz,
wodurch
im
Hamburger
Raum
weniger
Schmelzwasserablagerungen zu finden sind. 39
Eine weitere Ausprägung erfolgte lokal, als unter periglazialen Bedingungen in den
vegetationslosen Gebieten Binnendünen und Flugsanddecken aufgeworfen wurden.
Man kann sie beispielsweise südwestlich Bad Segebergs, im NW von Rendsburg oder
im SW von Flensburg finden.
30
Stewig (1982), Kartenanhang, Abb. 23
Stewig (1978), S. 29
32
Liedtke und Marcinek (1995), S. 230
33
Stewig (1978), S. 30
34
Brümmer und Schroeder (1971), S. 14
35
Blume und Brümmer (1986), S. 6
36
Stewig (1978), S. 30
37
Liedtke und Marcinek (1995), S. 305
38
Stewig (1978), S. 29
39
Liedtke und Marcinek (1995), S. 305
31
Max Rieger
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4.3 Die Marsch
Die Marschgebiete Schleswig-Holsteins sind nicht
durch
glaziäre
sondern
durch
marine
Prozesse
enstanden. Sie werde noch einmal in seewärts
gelegenes Marschenhochland und in landeinwärts
gelegenes
Marschensietland
Sedimentation
erfolgte
in
unterschieden.
horizontalen,
Die
ebenen
Schichten aus Richtung der Nordsee und bildete so ein
extrem flaches, reliefarmes Gebiet. 40 Die bei Flut antransportierten Schwebstoffe sinken
bei Stillstand des Wassers (Übergang Flut-Ebbe) ab und das ablaufende Wasser der
Ebbe kann nicht alles sedimentierte Material abtransportieren. 41 Bei Flutständen über
dem mittleren Tiedehochwasser werden auch die Salzwiesen überflutet und aufgehöht,
teilweise bis auf 1m über MThw. 42
In Schleswig-Holstein gibt es regionale Unterschiede in der Marschbildung. Die
Landoberfläche im Dithmarscher unnd Eiderstädter Raum fällt vom Gestrand her relativ
stark ab (teilweise 20m unter NN), während im nordfriesischen Raum ein geringeres
Gefälle vorherrscht und die Oberfläche nur 1-10m unter NN liegt. 43 Daher konnte
während der flandrischen Transgression (ca. 8000-2000 v. Chr.) die Nordsee das
südlich gelegene Gebiet bis an die Geest als Tiefmeer überfluten (Erosion ->
Kliffbildung), während im Norden nun eine Flachmeerküste Sedimentation erlaubte.
Erst mit einem Rückgang der Transgression (bis ca. 800 v.Chr.) bildete sich auch im
Dithmarscher Raum eine Sedimentationszone aus, während das Gebiet von
Nordfriesland sogar trockenfiel und vermoorte (Torfbildung). 44 Die dabei entstandenen
Marschgebiete werden „alte Marsch“ genannt. Ein erneuter Anstieg der Nordsee
(Dünkirchener Transgression) lagerte wieder in beiden Räumen Sedimente ab, im
nordfriesischen Bereich auf der alten Marschoberfläche, im Dithmarscher Raum vor den
alten Flächen. 45 Diese müssen zum Zeitpunkt der Sedimentation also höher gelegen
haben. Es entstanden die Gebiete der „jungen Marsch“.
Die höher gelegenen, neu sedimentierten Flächen werden Marschhochland genannt, die
zwischen Hochland und Geest liegenden, tieferen alten Sedimentationsräume bilden das
40
Stewig (1978), S. 36
Stewig (1978), S. 37
42
Liedtke und Marcinek (1995), S. 231
43
Brümmer und Schroeder (1971), S. 15
44
Brümmer und Schroeder (1971), S. 15
45
Stewig (1978), S. 38
41
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Geologie und Geomorphologie Schleswig-Holsteins
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Sietland, sie liegen teilweise mehrere Meter unter NN. Die Absackung fand teilweise
auf natürlichem Wege aber auch durch den Menschen beeinflußt statt (Torfabbau, vor
allem in Nordfriesland, und Entwässerung). 46
Eine weitere Beeinflussung des Reliefs fand durch die Sturmfluten seit der Zeitenwende
statt. Vor allem die „Mandränken“ von 1362 und 1634 überfluteten große Bereiche der
Marsch. Die hohe Marsch wurde besonders im nordfriesischen Teil zerstört und durch
die starke Absackung infolge Torfabbaus drang das Wasser weit in das Sietland vor und
große Teile des Marschgebietes wurde in Wattenmeer umgewandelt. 47 Auch die
heutigen Umrisse der nordfriesischen Inseln wurde durch die Sturmfluten geprägt. Der
Untergrund von Dithmarschen und Eiderstedt zeichnet sich dagegen durch eine stabilere
Schichtung und fehlende Torfschichten aus, daher fand eine geringere Absackung statt
und die Sturmfluten hatten schwächere Auswirkungen. 48
Ein weiterer Marschenraum stellt in Schleswig-Holstein der Bereich der Elbmarschen
dar, auch der Eiderraum wird teilweise zu den Flußmarschen gezählt. 49 Die
Sedimentation ist an Hochwässer der Flüsse und Überflutungen von See her gebunden.
Auch hier läßt sich in Marschsiet- und hochland unterscheiden, allerdings ist gerade im
Bereich der Elbmarschen ein großer Teil des Hochlandes abgetragen worden, weil sich
die Elbe etwas nach Norden verlagerte. 50
5. Zusammenfassung
Das Relief des Bundeslandes Schleswig-Holstein wurde überwiegend durch die
Vorgänge während und nach der Weichsel-Eiszeit gebildet. Die Einteilung in die drei
Großformationen Hügelland, Geest und Marsch zeichnet verschiedene zeitlich und
räumliche Stadien dieser Prozese nach. Das Hüggelland als Jungmoränengebiet
beinhaltet den Formenschatz der glazialen Serie. Das Altmoränengebiet der Geest
spiegelt die Überprägung durch periglaziale Prozesse wieder, die Marsch die Bildung
von neuem Land während des Holozäns. So sind hier auf relativ engem Raum die
Vorgänge des Eiszeitalters erhalten geblieben.
46
Stewig (1978), S. 38
Brümmer und Schroeder (1971), S. 17
48
Stewig (1978), S. 39
49
Liedtke und Marcinek (1995), S. 230
50
Stewig (1978), S. 39
47
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Geologie und Geomorphologie Schleswig-Holsteins
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Abbildungen und Tabellen
Abbildung 1: Schematischer geologischer Nord-Süd-Schnitt durch den Untergrund des
Norddeutschen Tieflandes. (Schichtmächtigkeit stark überhöht).
Quelle: Henningsen, D. (2002): Einführung in die Geologie Deutschlands. Heidelberg,
Berlin. Spektrum. Seite 171
Abbildung 2: Die wichtigsten Eisrandlagen in Schleswig-Holstein.
Quelle: Henningsen, D. (2002): Einführung in die Geologie Deutschlands. Heidelberg,
Berlin. Spektrum. Seite 168. Bearbeitet.
Abbildung 3: Die Oberflächenformen Schleswig-Holsteins.
Quelle: Stewig, R. (1978): Landeskunde von Schleswig-Holstein. Berlin, Stuttgart.
Borntraeger. Seite 21
Abbildung 4: Schematischer W-E-Schnitt durch Schleswig-Holstein.
Quelle: Brümmer, G. und Schroeder, D. (1971): Landschaften und Böden SchleswigHolsteins- insbesondere: Böden der Marsch-Landschaft. In: Mitteilungen der
Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft 13. Seite 21.
Tabelle 1: Vereinfachte stratigraphische Tabelle für das Quartär im norddeutschen
Tiefland.
Quelle: Henningsen, D. (2002): Einführung in die Geologie Deutschlands. Heidelberg,
Berlin. Spektrum. Seite 178. Bearbeitet.
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Literatur
Blume, H.-P. und Brümmer, G. (1986): Agriculture, Landscapes, and soils of
Schleswig-Holstein. In: Mitteilungen der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft 51,
Seiten 3-14.
Brümmer, G. und Schroeder, D. (1971): Landschaften und Böden SchleswigHolsteins- insbesondere: Böden der Marsch-Landschaft. In: Mitteilungen der Deutschen
Bodenkundlichen Gesellschaft 13, Seiten 7-57.
Henningsen, D. (2002): Einführung in die Geologie Deutschlands. Heidelberg, Berlin.
Spektrum.
Liedtke, H. und Marcinek, J. (Hrsg.) (1995): Physische geographie Deutschlands.
Gotha. Perthes.
Stephan, H.-J. (1995): Schleswig-Holstein. In: Benda, L. (Hrsg.): Das Quartär
Deutschlands. Berlin, Stuttgart. Bornträger.
Stewig, R. (Ausgaben 1978 und 1982): Landeskunde von Schleswig-Holstein. Berlin,
Stuttgart. Borntraeger.
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