NATURA 2000-Gebiete im Landkreis Holzminden – Der Ith

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N AT U RA 2 0 0 0 - Gebiete im Landkreis Holzminden – Der Ith
Klettern am Ith im Einklang mit der Natur
Naturnahe Buchenwälder —
Farbenprächtiger Kontrast
zum kargen Fels
Karger Fels voller Extreme
on weither leuchten die Ithklippen in die Landschaft. Der bis zu 439 Meter hohe Gebirgszug
des Iths erstreckt sich über mehr als 20 Kilometer Länge. Der nach Westen aufgerichtete Kamm ist an
den schmalsten Stellen weniger als einen Kilometer
breit. Die aus dem Jurakalk (Korallenoolith) steil herauf
ragenden, schroffen Ithklippen sind aus Dolomitgestein
und erscheinen aus der Ferne wie die Zinnen einer Festungsanlage.
Der Höhenzug aus Jurakalk, die zahlreichen Klippen und
hohen Kalkfelswände sowie einige Höhlen beherbergen
eine bemerkenswerte Tier- und Pflanzenwelt. Naturnahe
Wälder, Bewohner natürlicher Blockschutthalden und
seltene Fels bewohnende Arten konnten sich am Ith ausbreiten.
Weite Gebiete des Iths stehen daher unter Naturschutz
und unterliegen als FFH-Gebiet sogar einem europaweiten Schutz.
Als einer der größten
naturnahen Kalkbuchenund Schluchtwaldkomplexe in Niedersachsen bietet der Ith Lebensräume
für zahlreiche spezialisierte Tier- und Pflanzenarten.
Die Felsen am Ith weisen ganz spezielle, sehr
extreme Umweltbedingungen auf, die zu
stark unterschiedlichen Standorten auf kleinstem
Raum führen:
V
Geologie und Höhlen
Auch zahlreiche Höhlen
ziehen sich entlang der
Ithklippen. Einige von
ihnen, wie beispielsweise
die Höhlen bei Holzen
haben archäologisch gesehen eine hohe Bedeutung.
Zahlreiche prähistorische
Funde zeugen von einer
Nutzung dieser Höhlen
(Rothesteinhöhle, Soldatenhöhle, Töpferhöhle,
Nasensteinhöhle, Kinderhöhle und Teufelshöhle)
als Zufluchts- oder Wohnort und sogar als Kultstätten, in denen zumindest
Opferrituale ausgeführt
worden sind.
Klettern erlaubt!
Der Ith mit seinen Felsen beherbergt nicht nur eine
schützenswerte Tier-und Pflanzenwelt, sondern ist auch
ein traditionelles Klettergebiet. Um Naturschutz und
Klettersport parallel zu ermöglichen und die unterschiedlichen Interessen miteinander in Einklang zu brin-
Wald und Fels auf engem Raum
Neben den wertvollen Buchenwäldern sind vor allem
die Felsen des Iths faszinierende Lebensräume. Innerhalb des Tier- und Pflanzenreiches sind diese durch
extreme Umweltbedingungen geprägten Sonderstandorte sehr seltene Lebensraumtypen. Vom Menschen weitgehend unbeeinflusst konnten sich diese Sonderbiotope als steinige Ökosysteme über Jahrtausende ungestört entwickeln.
gen, haben Experten in mühevoller und langjähriger
Arbeit eine naturverträgliche Kletterkonzeption erarbeitet. Als Anhang der Naturschutz-Gebiets-Verordnung ist
die Kletterkonzeption bindend und erleichtert allen
Besuchern und Kletterern des Iths den unbeschwerten Aufenthalt in
der Natur.
Bestandteil dieser Vereinbarung sind neben
allgemein
gültigen
naturverträglichen Verhaltensweisen auch die
Ausweisung von Bereichen, die aus Naturschutzgründen
vom
Klettern ausgeschlossen
sind und Bereichen, die
beklettert werden dürfen.
Die Kletterkonzeption
mit Topos als
Wegeführer
Felsbereiche mit besonders hohem Wert für
den Naturschutz sind geschützt und dürfen nicht betreten werden und Felsbereiche mit besonderem Wert für
den Klettersport bleiben für das Klettern weiterhin
offen. Bei einer Überlappung von wertvollen Gebiete
sind als Kompromiss kleinräumige Zonen von Kletterund Ruhebereichen ausgewiesen worden. Zusätzliche
besondere Regelungen stellen sicher, dass durch das
Klettern keine natürlichen Lebensgemeinschaften
gestört werden.
Im Gelände werden die Klettervereinbarungen durch
sogenannte Topos, die ganz bestimmte bekletterbare
Wegstrecken markieren, kenntlich gemacht.
„Topo“ mit Darstellung ausgewiesener Kletterzonen
Klettern erlaubt
Klettern verboten
Ithwiesen
Dreisch
fruchtbares Ackerland
Felskopf
Felsabsatz
Spalten und
Löcher
der Felswand
Der Wanderfalke
Foto: Kevin Cole, Quelle: www.wikipedia.org
„Und um Felsspalten, durch schwarzes Gewirr niedergebrochener Äste, über Falllaub und Gestein sprudelt die entzückende Buntheit des Lerchensporns, ein fröhliches Frühlingshallo von Elfenbeinweiß, Silbergrau, zartem Gelb, Violett, Fliederfarbe und Weinrot ... Überall rauschen grüne,
zwiebelduftende Bäche des Bärlauches, überall schäumen
bunte Lerchenspornwellen. Dazwischen liegen die blauen
Kissen wohlriechender Veilchen, Goldschaum von Schlüsselblumen, Anemonen und Goldstern, rot und blau bestickte
Lungenblumenpolster. In baumdicker Rundung quillt Kraut
des gelben Eisenhutes und zierlich hebt sich die Frühlingsplatterbse über Steinbrocken.“
Von Anfang Februar bis Ende Juni brüten an den Felsen des Iths die Wanderfalken. Mit bis zu 350 km/h jagt der Wanderfalke. Mit auffälligen
Schauflügen, häufigem Anfliegen des Brutplatzes und lauten
Rufen wird die Balz eingeläutet. Die drei bis vier Eier
werden dazu direkt auf einen Felsabsatz gelegt. Da brütende Wanderfalken sehr anfällig gegen Störungen sind,
werden die Brutfelsen für eine befristete Zeit gesperrt. Artenschutz hat hier
immer Vorrang vor allen anderen Interessen.
Pflanzen auf Stein
Die Fetthennengewächse
wachsen an trockenen,
nährstoffarmen Extremstandorten. Als niedrig
wachsende Bodendecker
kriechen sie förmlich über
die Felsen und scheinen
dabei fast völlig bedürfnislos. Auch das Blaugras
treffen Sie auf den lebensfeindlich erscheinenden
Felsen an. Es vermehrt sich
durch Samen aber auch mit
Hilfe von Wurzelausläufern.
Bernhard Flemes, „Strom und Hügel“, 1923
rde
Ithbö
Höhlen
• wo sich eine dünne Bodenauflage entwickeln kann,
wächst ein artenreicher Mix
aus Hochstauden, niedrigen
Kräutern, Gräsern und Sträucher.
• wird von Vögeln als Brutplatz genutzt.
• genügsame Felspflanzen
wie kleinwüchsige Kräuter
oder niedrige Halbsträucher
schaffen es sie zu besiedeln.
• bieten Fledermäusen geeignete Winterquartiere
• im feucht-kühlen, schattigen Übergangsbereich zwischen Fels und Wald wachsen
oft Farne.
Felsfuß
Ithfrühling
Schichtenaufbau des Ith im Querschnitt
Ithklippen
• steile Felsen, auf denen
Erosion und Verwitterung
stattfinden
• kleinräumig wechselndes
Lokalklima
• starke Sonnen- und Windeinwirkung, die Trockenheit
und Wassermangel
bewirken: hohe Temperaturschwankungen im Tagesund Jahresverlauf
• fehlende Bodenauflage,
wenig Halt für Wurzeln und
kaum verfügbare Nährstoffe.
Nur besonders angepasste Tiere und Pflanzen —
Überlebenskünstler und Spezialisten — schaffen
hier eine erfolgreiche und dauerhafte Besiedlung.
Wo sind die Fledermäuse im Winter?
Natura 2000: Schutz und Erhalt — Europaweit
Das Naturschutzgebiet „Ith“ ist Teil eines der größten Kalkbuchen- und Schluchtwaldgebiete in Niedersachsen. Das
Naturschutzgebeit liegt teilweise im Europäischen Vogelschutzgebiet „Sollingvorland“ und vollständig im FFH-Gebiet
„Ith“, ist daher auch Bestandteil von Natura 2000. Darunter
ist ein zusammenhängendes ökologisches Netz von Schutzgebieten in Europa zu verstehen. Natürliche und naturnahe
Lebensräume und gefährdete Tiere und Pflanzen werden in
eigens dazu ausgewiesenen Lebensräumen geschützt und
erhalten.
Grundlage des Netzes Natura 2000 ist die europaweite
Richtlinie über die Erhaltung der natürlichen Lebensräume
sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen, auch FFHRichtlinie genannt. Das Kürzel FFH steht für
Flora = Pflanzenwelt,
Fauna = Tierwelt,
Habitat = Lebensraum bestimmter
Tier- und Pflanzenarten.
FFH- Gebiet
Die insektenarmen Wintermonate verschlafen die meisten Fledermausarten. In Spalten und Ritzen von frostfreien Höhlen beispielsweise verkriechen sie sich oder hängen frei
von der Decke herunter. So auch in
der Rothesteinhöhle am Ith. Bereits
im Spätsommer suchen die erste Tiere
die Höhle auf, um dann spätestens im
Oktober in einen tiefen Winterschlaf zu verfallen. Dazu sinkt ihre Körpertemperatur von 38 ° auf
die Umgebungstemperatur ab (einige Grad Celsius), die
Tiere verringern ihren Herzschlag und die Atmung um
bis zu 40 %. Werden die Tiere
gestört, wachen sie auf und
sterben im schlimmsten Fall.
Daher ist die Rothesteinhöhle im
Winter für den Menschen gesperrt. Im
Sommer hingegen, ist die fast 60 Meter
lange, gangartige Spalte frei zugänglich und
kann besichtigt werden.
Landkreis Holzminden · Untere Naturschutzbehörde
Bürgermeister- Schrader- Str. 24 · 37603 Holzminden
www.landkreis- holzminden.de
Text und Gestaltung:
Birgit Czyppull
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