Alkohol und Werbung - Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft

Werbung
Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V.
Alkohol und Werbung
Fakten zum gesellschaftlichen Diskurs
in Stichworten
Stand: Mai 2016
Werbung wird immer wieder verantwortlich gemacht für
missbräuchlichen Alkoholkonsum insbesondere von jungen
Menschen. Gefordert werden weitere Einschränkungen bis hin zu
einem Totalverbot von Alkoholwerbung. Dabei sind Werbeverbote
der falsche Weg: Sie lösen das Problem nicht. Die gesunkenen
Konsumzahlen bei Minderjährigen bestätigen, dass neben einer
Überwachung der bestehenden Gesetze zum Jugendschutz vor
allem eine zielgruppenspezifische Prävention und Vorbilder nötig
sind, um Alkoholmissbrauch zu bekämpfen.
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Mai 2016
Alkohol und Werbung
Die Position des ZAW zum Thema Alkoholwerbung kurz gefasst in 20 Punkten:
Kein Zusammenhang zwischen Werbung und Alkoholmissbrauch
1.
Werbeverbote können weder nachhaltig Alkoholmissbrauch verhindern, noch den Kinder- und
Jugendschutz effektiv verbessern. Werbung setzt keine entscheidende Ursache für
missbräuchlichen Alkoholkonsum.
2.
Der im September 2014 vom EU-Ausschuss für Nationale Alkoholpolitik und
-maßnahmen (CNAPA) verabschiedete Europäische Aktionsplan Alkohol stellt fest:
Alkoholwerbung hat zwar einen statistisch messbaren Einfluss. Es wird aber eingeräumt, dass der
Einfluss der Werbung auf das Trinkverhalten junger Menschen insgesamt nicht groß ist. Die
Selbstkontrolle der Werbewirtschaft – in Deutschland durch den Deutschen Werberat – wird in
dem Aktionsplan positiv hervorgehoben.
3.
Wissenschaftler der Aalto Universität, Finnland, kommen 2013 in einer Meta-Studie zu dem
Ergebnis: Zwar würden immer wieder weltweit Studien von Sucht- und Konsumforschern zitiert,
die implizierten, dass Werbung eine wichtige Ursache des Alkoholkonsums unter Jugendlichen
sei. Diese wiesen jedoch zahlreiche methodische Fehler auf. Die in den Studien angeführten
Ergebnisse seien nicht ausreichend belastbar, um einen Zusammenhang zwischen
Alkoholwerbung und -missbrauch herzustellen. Die Untersuchungsergebnisse aus Finnland legen
mit Blick auf politische Maßnahmen vielmehr nahe, von weiteren Werbebeschränkungen und
Werbeverboten Abstand zu nehmen.
4.
Auch eine im März 2015 veröffentlichte Untersuchung der Universität Texas bestätigt, dass die
Werbung nur die Auswahl des Konsumenten auf ein bestimmtes Produkt beziehungsweise eine
bestimmte Alkoholgattung lenken kann, jedoch nicht den Alkoholkonsum als solches beeinflusse.
Die Forscher weisen auch darauf hin, dass deswegen ein von den US-Behörden angedachtes
Verbot von Alkoholwerbung die erhoffte Wirkung verfehlen würde.
5.
Wissenschaftliche Untersuchungen, die sich mit der Situation in Deutschland befassen,
bestätigen: Werbeverbote bleiben ohne Einfluss auf den Beginn und das Ausmaß des
jugendlichen Alkoholkonsums (Bergler et al., 2000).
6.
Werbung als Verursacher von Alkoholmissbrauch spielt auch nach Meinung der Bevölkerung
wenn überhaupt, dann nur eine sehr geringe Rolle (repräsentative Untersuchung des Instituts
Forsa im Auftrag des ZAW, 2010).
7.
Erfahrungen aus dem Ausland belegen ebenfalls die gesundheitspolitische Untauglichkeit von
Werbebeschränkungen: In Ländern mit noch strengeren Beschränkungen der Alkoholwerbung
(z.B. Polen) oder sogar vollständigen Werbeverboten (z.B. Norwegen) steigt laut WHO der
Konsum 13-jähriger Jungen und Mädchen seit 2005/2006 kontinuierlich an.
8.
Die aktuellen Daten für Deutschland zeigen hingegen: Auch ohne weitere Werbeverbote trinken
Kinder und Jugendliche so wenig wie nie. Noch nie gab es so viele Minderjährige im Alter von 12
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bis 17 Jahren, die noch nie in ihrem Leben Alkohol getrunken haben (2015: 33 Prozent, 2001 waren
es in dieser Altersklasse nur 13 Prozent). Entsprechend steigt das Durchschnittsalter, in dem
junge Menschen zum ersten Mal Alkohol probieren. In den vergangenen zehn Jahren hat es sich
fast um ein Dreivierteljahr erhöht – auf durchschnittlich 14,7 Jahre bei den Jungen und 14,9 Jahre
bei den Mädchen. Im Fünf-Jahres-Vergleich hat auch der Anteil derjenigen abgenommen, die
sich regelmäßig einen Rausch antrinken. Und von den 12- bis 17-Jährigen gaben demnach im
vergangenen Jahr nur noch 10 Prozent an, regelmäßig Alkohol zu trinken. Im Jahr 2005 hatte die
Quote noch bei knapp 19 Prozent gelegen (Drogenaffinitätsstudie 2015 der Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung).
9.
Es sind vor allem soziale Faktoren, die den Alkoholkonsum von Minderjährigen beeinflussen. In
einer repräsentativen Untersuchung stellt die BZgA fest: Minderjährige trinken, um Spaß zu
haben, Hemmungen zu überwinden und um weniger schüchtern zu sein. Zudem beeinflusst vor
allem das direkte Umfeld junger Menschen ihren Umgang mit Alkohol. Andernfalls wäre auch
nicht zu erklären, warum die Gesamtheit der Verbraucher im Allgemeinen und der Jugendlichen
im Besonderen nahezu die gleichen Werbebotschaften wahrnimmt, aber nur ein kleiner Teil von
ihnen Alkohol missbräuchlich konsumiert, während der weitaus größere Teil sich
verantwortungsbewusst verhält.
10. Die BZgA-Zahlen bestätigen, dass die Marktkommunikation der Anbieter alkoholhaltiger
Getränke nicht Menge und Intensität des Konsums vergrößert, sondern ein
betriebswirtschaftliches Mittel für den Wettbewerb im kontinuierlich schrumpfenden Markt für
alkoholhaltige Getränke ist.
Für Alkoholwerbung gilt eine Vielzahl von Gesetzen und selbstdisziplinären Vorgaben
11.
Alkoholwerbung ist in Deutschland bereits umfassend gesetzlich geregelt. Dies gilt insbesondere
vor dem Hintergrund des Kinder- und Jugendschutzes. Auch Online-Werbung findet nicht im
rechtsfreien Raum statt: So darf sich nach dem § 6 Absatz 5 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag
Alkoholwerbung im Internet beispielsweise weder an Kinder oder Jugendliche richten, noch
durch die Art der Darstellung Kinder und Jugendliche besonders ansprechen oder diese beim
Alkoholgenuss darstellen. Gleiches gilt für den Rundfunk (TV und Radio). Auch gegenüber
Erwachsenen gilt: Werbung und Teleshopping für alkoholische Getränke dürfen den
übermäßigen Genuss solcher Getränke nicht fördern, § 7 Abs. 10 Rundfunk-Staatsvertrag. Im Kino
ist Alkoholwerbung vor 18:00 Uhr nach § 11 Absatz 5 Jugendschutzgesetz untersagt.
Vermarktungskonzepte können zudem auf Grundlage des § 20 Nr. 2 Gaststättengesetz von den
Vollzugsbehörden im Vorfeld einer Veranstaltung unterbunden werden, wenn sie geeignet sind,
übermäßigen Alkoholkonsum zu begünstigen.
12. Seit Jahrzehnten engagieren sich Markenartikler, Handel, Medien und Agenturen darüber hinaus
selbstverantwortlich und beachten die Verhaltensregeln des Deutschen Werberats über die
kommerzielle Kommunikation für alkoholhaltige Getränke. Das unter dem Dach des ZAW
erstmals 1976 verabschiedete und seitdem mehrfach aktualisierte Regelwerk gilt für sämtliche
Werbe- und Sponsoringformen (online und offline). Erfasst sind klassische Werbung zum Beispiel
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im TV, auf Plakaten, in Zeitungen oder Zeitschriften, im Radio, aber auch Online-/MobileWerbung, Werbung in Sozialen Netzwerken, Sponsoring-Maßnahmen, Produktplatzierungen
oder Display-Werbung am Verkaufsort. Die in dem Kodex enthaltenen Regeln sind zentrale
Richtschnur bei der Bewerbung alkoholhaltiger Getränke. Nach ihnen ist in der kommerziellen
Kommunikation für diese Produktgruppe alles zu unterlassen, was als Aufforderung zum
Missbrauch oder als Anreiz zum übermäßigen Konsum umgedeutet werden könnte. Besondere
Bestimmungen gelten auch hier dem Schutz von Kindern und Jugendlichen.
13.
Im Jahr 2015 wurden Erläuterungen zu den Verhaltensregeln der Selbstkontrolleinrichtung für
Alkoholwerbung veröffentlicht. Sie richten sich an Hersteller alkoholhaltiger Getränke und haben
das Ziel, die Anwendung des bestehenden Kodex auch in Social-Media-Auftritten
sicherzustellen.
14. Die funktionierende Werbeselbstkontrolle ist in Deutschland und auch europaweit anerkannt.
Die Bundesregierung hat sie in ihrer im Jahr 2012 verabschiedeten „Nationalen Strategie zur
Drogen- und Suchtpolitik“ hervorgehoben. Die Werberichtlinien der Landesmedienanstalten
sowie die Werberichtlinien von ARD und ZDF verweisen auf die Verhaltensregeln des Werberats.
Auf der Internetseite der Drogenbeauftragten der Bundesregierung wird ausführlich über den
Werberat und die Beschwerdemöglichkeiten für die Bürger informiert. Und auch die von der EUKommission im Zusammenhang mit der Überarbeitung der AVMD-Richtlinie in Auftrag
gegebene Ecorys-Studie zur Alkoholwerbung hat auf die effektive Werbeselbstregulierung
hingewiesen.
15. Europaweit ist in den fünf Jahren der Anteil der Beschwerden über Alkoholwerbung stabil unter
2 Prozent aller Beschwerden an die nationalen Werberäte geblieben (jährlich rund 65.000
Beschwerden). Diese Statistik der Europäischen Allianz der Werbeselbstkontrolle (EASA) belegt
die umfassende Einhaltung der selbstdisziplinären Vorgaben zur Alkoholwerbung durch die
Unternehmen.
16. Auch die im Jahr 2009 vom ZAW eingeführte freiwillige Vorkontrolle von Werbemaßnahmen der
Alkoholwirtschaft trägt zu einem verantwortungsvollen Werbeverhalten bei. Alle
marktprägenden Hersteller nutzen diesen vorab-Check ihrer Werbung durch Gutachten eines
Experten-Teams beim ZAW. Am Dreieck aus freiwilligen Werberegeln, Beschwerdemöglichkeit
der Bürger beim Werberat und der Vorkontrolle von Marktkommunikation wird die Branche
konsequent festhalten.
17. Die Werbewirtschaft befürwortet alle Aktivitäten, die Alkoholmissbrauch verhindern. Weitere
Werbeverbote und -beschränkungen sind jedoch nicht geeignet, dieses gesundheits- und
gesellschaftspolitisch wichtige Ziel zu erreichen. Gemeinsames Ziel von Politik, Behörden,
Wirtschaft und Gesellschaft muss es aus Sicht des ZAW sein, bestehende Vollzugsdefizite bei
der Durchsetzung und Kontrolle geltender rechtlicher Vorgaben – zum Beispiel bezüglich des
Mindestabgabealters – konsequent zu beseitigen sowie Jugendliche und junge Erwachsene
dabei zu unterstützen, einen kritischen und bewussten Umgang mit Alkohol zu lernen. Die
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Wirtschaft engagiert sich
Aufklärungsmaßnahmen.
Alkohol und Werbung
hierbei
mit
einer
Vielzahl
von
Präventions-
und
Konsequenzen für Wirtschaft, Medien und Gesellschaft
18. Weitere Beschränkungen der Alkoholwerbung bedeuteten nicht zu rechtfertigende Eingriffe in
das Recht der Unternehmen, ihre Produkte gegenüber der Erwachsenen-Zielgruppe zu
bewerben.
19. Werberestriktionen tangieren auch den Bestand freier und unabhängiger Medien, die mit ihren
redaktionellen Beiträgen eine wichtige Informationsquelle für die Verbraucher auch bezüglich
der Gefahren missbräuchlichen Alkoholkonsums darstellen. Die Medienvielfalt basiert wesentlich
auf Werbeeinnahmen als unverzichtbarem Teil der Finanzierungsgrundlage.
20. Unzählige Veranstaltungen sind in Deutschland nur mit Sponsoringengagements von
Unternehmen möglich. Dies gilt für den Spitzen- und insbesondere Breitensport, für kulturelle
Ereignisse und weitere Veranstaltungen, die für die Gesellschaft von großer Bedeutung sind.
Kontakt
Julia Busse
Justiziarin ZAW
Am Weidendamm 1A
10117 Berlin
+49 30 59 00 99 -700 Telefon
+49 30 59 00 99 -722 Telefax
[email protected]
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Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) ist die Dachorganisation von 42 Verbänden der am
Werbegeschäft beteiligten Kreise. Er vertritt die Interessen der werbenden Wirtschaft, des Handels, der Medien, der
Werbeagenturen sowie der Werbeberufe und der Marktforschung. Er ist die gesamthafte Vertretung der Werbewirtschaft
in Deutschland.
Der ZAW repräsentiert 25 Milliarden EUR Investitionen in werbliche Kommunikation, davon 15,2 Milliarden EUR
Nettowerbeeinnahmen der Medien, und rund 900.000 Beschäftigte in den Arbeitsbereichen der Markt-Kommunikation. Zur
Dachorganisation gehört auch der Deutsche Werberat, die zentrale Werbeselbstkontrolleinrichtung in Deutschland.
Dabei setzt sich der ZAW für die Freiheit der kommerziellen Kommunikation als einer unabdingbaren Voraussetzung für den
im Interesse der Unternehmen und der Verbraucher liegenden unverfälschten und fairen Wettbewerb ein. Werbung und
kommerzielle Kommunikation sind zugleich unverzichtbare Grundlage für die Finanzierung vielfältiger, unabhängiger
Medien und somit ein wesentlicher Faktor für ein freiheitliches, demokratisches und verantwortungsbewusstes
Gemeinwesen – in Deutschland wie auch in Europa.
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