Landeshauptstadt München Kreisverwaltungsreferat

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Landeshauptstadt
München
Kreisverwaltungsreferat
Dr. Wilfried Blume-Beyerle
Berufsmäßiger Stadtrat
CSU-Fraktion im Münchener Stadtrat
Herrn Stadtrat Hans Podiuk
Rathaus
80331 München
Islamischer Fundamentalismus in München?
Schriftliche Anfrage gem. § 68 GeschO von
Herrn Stadtrat Hans Podiuk vom 08.08.2007
Sehr geehrter Herr Stadtrat Podiuk,
Ihre nachstehende Anfrage vom 08.08.2007 wurde im Auftrag von Herrn Oberbürgermeister
Ude in Federführung dem Kreisverwaltungsreferat zur zuständigen Beantwortung zugeleitet.
Ihre Anfrage zielt darauf ab zu erfahren, ob die schweren Vorwürfe, die gegen Personen und
Institutionen, die Ihren Sitz in München haben, im Hinblick auf Fundamentalismus und Extremismus erhoben wurden, auch zutreffend sind.
Nachdem mir zwischenzeitlich die Stellungnahmen des Polizeipräsidiums München und dem
Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vorliegen, kann ich Ihre Fragen nunmehr
nachstehend beantworten:
Frage 1:
Trifft es zu, dass der oberste Chef der Muslimbruderschaften, Mohammed Mahdi Akef, lange
Zeit Leiter des islamischen Zentrums an der Wallnerstraße in München war?
Ruppertstraße 11
80337 München
Telefon: (089) 233 - 4 40 00
Telefax: (089) 233 - 4 45 03
[email protected]
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Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz zu Frage 1:
„Herr Mohamed Mahdi Akef leitete das „Islamische Zentrum München“ (IZM) Mitte der 80er
Jahre. Das IZM stand für ca. 3 Jahre unter seiner Führung.“
Stellungnahme des Polizeipräsidiums München zu Frage 1:
„Herr Mohammed Mahdi Akef war Mitte der 80er Jahre Leiter des „Islamischen Zentrums München“ (IZM) an der Wallnerstraße.
Frage 2:
Treffen die Vorwürfe des Extremismus gegen ihn zu?
Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz zu Frage 2:
„Als Leiter der Muslimbruderschaft (MB) muss Herr Akef sich die Ziele der Organisation zurechnen lassen, die unzweifelhaft extremistisch sind. Sie stellen sich wie folgt dar:
Die 1928 von Hassan Al Banna gegründete „Gemeinschaft der Muslimbrüder Ägyptens“, in
Deutschland Muslimbruderschaft genannt, ist die älteste und zugleich bedeutendste arabische
islamistische Gruppierung. Sie ist heute, teils unter anderen Namen, in fast allen Ländern des
Vorderen Orients vertreten und unterhält auch Zweige in westeuropäischen Ländern. Ihre
Ideologie ist in der gesamten muslimischen Welt verbreitet und hat zur Herausbildung zahlreicher militanter islamistischer Organisationen geführt wie z. B. Al-Gamaa al-Islamiya, Djihad Islami, FIS, GIA, GSPC, HAMAS, EN-NAHDA.
Im Unterschied zu den Anhängern des modernen Jihadismus um Usama Bin Laden, die ihre
Islamität ausschließlich durch militantes Handeln gegeben sehen, geht es den Anhängern der
Muslimbruderschaft als Vertreter des klassischen, „gemäßigten“ Islamismus um die Errichtung
einer „islamischen Ordnung“ innerhalb des jeweiligen Nationalstaats, oder mit anderen Worten
um die Errichtung islamistischer „Gottesstaaten“. Die Islamisten der MB verstehen Religion
nicht als Glaube und Ethik, sondern als vollkommene Lebensform und Ideologie, welche imstande ist, alle Lebensbereiche zu regeln. In diesem System wird der Koran als unmittelbares
Gotteswort und die Sunna mit den schriftlich festgehaltenen Worten und Taten des Propheten
Muhammad auch zur Richtschnur politischen Handelns erhoben.
Offiziell haben sich die meisten Zweige von der Gewalt abgewandt. Vor allem aber die Selbstmordattentate der palästinensischen Sektion Islamistische Widerstandsbewegung (HAMAS)
zeigen, dass in der MB Gewalt weiterhin als legitimes politisches Mittel betrachtet wird.
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Herr Akef selbst hat in einem Schreiben mit dem Titel „Das Verbrechen von Kana und die Lehren der Standhaftigkeit und des Sieges“ vom 08.03.2006 Gewalt befürwortet. Das Schreiben
wurde auf der Homepage der En-Nahda in arabischer Sprache veröffentlicht. Neben der Glorifizierung des Märtyrertums beinhaltet diese Publikation den Aufruf zum Dschihad und dem
Training dafür. Wörtlich heißt es:
………“Dann kam diese nicht ausgewogene Schlacht, die gezeigt hat, dass das Besiegen dieser Armee möglich ist, nicht nur durch Armeen, sondern mit Kämpfern, die an Allah glauben
und nach dem Martyrium streben, die sich mit dem Training und der Bewaffnung nach Möglichkeit vorbereitet haben. Aus diesem Grund rufen wir dazu auf, alle jungen Menschen, die
den Dschihad wünschen, in allen islamischen und arabischen Ländern zu trainieren, damit sie
die Speerspitzen der Armeen bzw. an ihrer Seite in der Schlacht der Befreiung und der Würde
kämpfen werden.“……..“
Stellungnahme des Polizeipräsidiums München zu Frage 2:
„Es liegen dem Polizeipräsidium München keine über den Verfassungsschutzbericht 2006 hinausgehenden Erkenntnisse über Herrn Akef vor.“
Frage 3:
Gibt es derartige Erkenntnisse über das Zentrum und seine jetzige Leitung?
Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz zu Frage 3:
„Das IZM ist der offizielle Vereinssitz der „Islamischen Gemeinschaft in Deutschland e. V.“
(IGD). Derzeit sind Bestrebungen im Gange, das IZM als selbständigen Verein zu führen. Zu
einer Eintragung im Vereinsregister des Amtsgerichts München kam es bisher jedoch nicht.
Somit sind die im IZM von der IGD und damit der MB vertretenen ideologischen Positionen
dem IZM zuzurechnen. Auf die Darstellung im Verfassungsschutzbericht des Freistaates Bayern 2006 (www.bmi.bund.de; Seiten 39 – 44) darf hingewiesen werden.
Trotz der beschriebenen ideologischen Ausrichtung des IZM, wird es auch von einer Vielzahl
von Besuchern frequentiert, die das Zentrum lediglich als Ort der Religionsausübung nutzen.
Bei religiösen Hochfesten nehmen bis zu 1200 Gläubige an den Gottesdiensten teil.“
Stellungnahme des Polizeipräsidiums München zu Frage 3:
„Das „islamische Zentrum München e.V.“ (IZM) ist ein religiöses Zentrum mit Moschee und
Unterkünften. Die Moschee wurde durch die ägyptische „Muslimbruderschaft“ (MB) als eine
der ersten Moscheen in Europa gegründet. Das Zentrum ist der unter gleicher Adresse residierenden „islamischen Gemeinde Deutschland e.V.“ (IGD) nachgeordnet. (Zur islamischen Gemeinde in Deutschland e.V. siehe Frage 4)
Das IZM gilt seit langem generell als Anlaufstelle und Treffpunkt für islamische Extremisten
weltweit und ist Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes.
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Das IZM wird derzeit von Herrn Ahmad von Denffer geleitet. Herr von Denffer ist Funktionär
der IGD und neben seinem Amt als Leiter des IZM dort auch als Imam und Mitglied des Schurarats tätig. Zudem ist Herr von Denffer Vorsitzender des Vereins „Muslime Helfen e.V.“, welcher als sympathisierende Organisation zum IZM und zur IGD angesehen wird.
Weitere Erkenntnisse zu Herrn von Denffer liegen beim PP München nicht vor.“
Frage 4:
Gibt es Erkenntnisse gegen den Präsidenten der Islamischen Gemeinschaft in Deutschland
(IGD), Al-Zayat bzw. die IGD als solche?
Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz zu Frage 4:
„Die IGD (Islamische Gemeinschaft in Deutschland e.V.) gilt als deutsche Zentrale der Muslimbruderschaft. Die Mehrzahl der Funktionäre wird dem islamistischen nicht gewaltbereiten Teil
der MB zugerechnet. Dies schließt aber nicht zwingend die Unterstützung (logistisch und finanziell) kämpfender muslimischer Brüder im Ausland aus.
Ziel der IGD in Deutschland ist es, die Ziele der MB durch Partizipation am sozialen, gesellschaftlichen und politischen Leben zu verwirklichen. Insbesondere hat sich hier ein Engagement im Bereich der Erziehung und Bildung als hilfreich erwiesen. So erlangen extremistische
Organisationen wie die IGD, frühzeitig Zugriff auf die nachfolgenden Generationen um diese in
ihrem Sinne zu indoktrinieren. Durch die Schließung der Deutsch-Islamischen Schule und deren angegliederten Kindergarten in München, die der IGD zugehörig waren, konnte diese
Möglichkeit reduziert werden.
Herr EL-ZAYAT Ibrahim ist seit Februar 2002 Präsident der IGD. Als Präsident der IGD muss
sich Herr EL-ZAYAT die Ideologie der MB persönlich zurechnen lassen.
Im Februar 2007 wurde von der ägyptischen Generalstaatsanwaltschaft Anklage gegen 40
führende Mitglieder der Muslimbruderschaft in Ägypten, sowie weitere im Ausland erhoben.
Darunter befand sich auch Herr EL-ZAYAT, der Präsident der IGD in Deutschland. Der Prozess vor einem Militärgericht ist wegen „terroristischer Methoden“ und Geldwäsche angesetzt.
Am 11.02.2007 wurde auf der Internetseite der Muslimbruderschaft (www.ikhwanweb.info)
hierüber berichtet.“
Stellungnahme des Polizeipräsidiums München zu Frage 4:
„Die IGD gilt als deutsche Zentrale der ägyptischen „Muslimbruderschaft“ sowie als wichtigste
Organisation des arabischen Islam in Deutschland. Die Muslimbruderschaft wurde im Jahre
1928 von Hassan Al-Banna in Ägypten gegründet und verfolgt eine sunnitisch-extremistische
Ideologie. Das Programm von Hassan Al-Banna lehnt politische Parteien und Nationalstaaten
ab. Die Muslimbruderschaft strebt einen theokratischen Staat an, der alle Moslems in einer politischen Einheit umfassen soll (islamischer Gottesstaat).
Die IGD ist mit Ihren Neben- und Unterorganisationen sowohl personell als auch organisatorisch eng mit der „Muslimbruderschaft“ verbunden.
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Sowohl die IGD als auch die Muslimbruderschaft“ sind Beobachtungsobjekte des Verfassungsschutzes.
Herr Ibrahim El-Zayat übernimmt zahlreiche Funktionen im Netzwerk der weltweit agierenden
„Muslimbruderschaft“ und deren deutscher Vertretung, der IGD mit ihren Umfeldorganisationen. So ist er im Januar 2005 erneut ins Amt des Präsidenten der IGD
gewählt worden, welches er bereits seit Februar 2002 bekleidet.
In der Zeitschrift „islam-online.net“ vom 19.März 2004 wurde er als Vertreter der „Muslimbruderschaft“ in Deutschland bezeichnet, was erneut die enge Beziehung zwischen der „Muslimbruderschaft“ und der IGD verdeutlicht.“
Stellungnahme des Kreisverwaltungsreferat München zu Frage 4:
Der IGD ist seit 1971 beim Kreisverwaltungsreferat als Ausländerverein gemeldet.
Frage 5:
Trifft es zu, dass Al-Zayat der Deutschland-Chef der Muslimbruderschaft ist?
Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz zu Frage 5:
„Am 23.02.2007 erschien ein Beitrag im Rahmen des ARD-Mittagsmagazins über die aktuelle
Lage der Muslimbruderschaft in Ägypten. Enthalten war auch ein Interview mit dem derzeitigen obersten Führer der Muslimbruderschaft, Herrn Mohammed Mahdi Akef.
In dem Filmbeitrag wird zunächst ein Bild des Herrn Ibrahim El-Zayat eingeblendet. Direkt anschließend daran gibt Herr Akef folgende Erklärung ab:
Er ist tatsächlich / gilt (unterschiedliche Übersetzungen) als der Chef der Muslimbrüder in
Deutschland. Er lebt in Deutschland und zählt zu den besten jungen Leuten in Deutschland,
wenn es um Bildung, Wissen und Charaktereigenschaften geht.“
Stellungnahme des Polizeipräsidiums München zu Frage 5:
„Auf die Antwort zu Frage 4 darf verwiesen werden.“
Frage 6:
Gibt es weitere neue Erkenntnisse in Zusammenhang mit Fundamentalismus in München?
Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz zu Frage 6:
„Neben der IGD gibt es im Bereich der Stadt München noch weitere Organisationen / Vereine,
die dem islamistischen Extremismus zugerechnet werden können. In diesem Zusammenhang
erlauben wir uns, auf den Verfassungsschutzbericht hinzuweisen (www.bmi.bund.de).“
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Stellungnahme des Polizeipräsidiums München zu Frage 6:
„Ermittlungen belegen, dass sich in München Personen aus islamitisch-terroristischen Kreisen
aufhalten oder zumindest Kontakte in dieser „Szene“ unterhalten. Aktuell hält sich im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums München ein sog. „Gefährder“ auf.
Unter der Vielzahl von Ausländervereinen, welche es in München gibt, weisen auch einige
Vereinigungen Extremismusbezüge auf.“
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Blume – Beyerle
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