Die Katzen- kratzkrankheit

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Zoonosen III
Die Katzenkratzkrankheit
Geschwollene Lymphknoten und grippeähnliche Symptome können ihre
Ursache manchmal in Bissen und Kratzern von Hauskatzen haben.
Epidemiologie. Der Erreger der Katzenkratzkrankheit
Bartonella henselae ist ein kleines, gramnegatives Stäbchenbakterium das zum Genus Bartonella gehört. Bartonellen können bei Mensch und Tier eine Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen hervorrufen. Unter anderem
werden das (nur in den südamerikanischen Anden-Staaten vorkommende) Oroyafieber und die Verruga peruana
durch Bartonellen verursacht. Die bazilläre Angiomatose
einschließlich anhaltender Bakteriämien, Endocarditis
und neurologischer Krankheitsbilder kommt dagegen
insbesondere bei HIV-Patienten vor.
Erreger. Von den Bartonellen sind inzwischen etwa 80
Spezies bekannt. Mikroskopisch betrachtet handelt es sich
um zarte, leicht gebogene, sehr kleine, Oxidase negative
und aerob wachsende anspruchsvolle Stäbchenbakterien,
die in zehn Prozent Kohlendioxid enthaltender feuchter
Atmosphäre nach längerer Bebrütungszeig (9 bis 40 Tage)
kultiviert werden können.
Einige wenige Arten sind begeißelt, viele tragen aber Pili,
die eine intrazelluläre Aufnahme der Bartonellen in Erythrozyten und Endothelzellen vermitteln.
Es kann heute als gesichert angesehen werden, dass B.
henselae der Haupterreger der Katzenkratzkrankheit ist.
Lediglich vereinzelt wurden identische Krankheitsbilder
mit Nachweis von Afipia felis und B. clarridgeiae beobachtet.
Risiko Kratz- und Bissverletzungen
Das Klinische Bild der Katzenkratzkrankheit kommt nur
beim Menschen vor, hier vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Die Katzenkratzkrankheit kann sowohl einzelne Personen befallen, es können aber auch kleinere Epidemien vor
allem in Familienverbänden beobachtet werden.
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Das Reservoir/der Hauptwirt von B. henselae sind Hauskatzen, die selbst nicht erkranken, aber eine länger anhaltende Bakteriämie aufweisen. Die Flöhe (Ctenocephalides felis) infizierter Katzen sind meist ebenfalls befallen,
wobei der Floh wahrscheinlich nur als Vektor bei der
Übertragung von Katze zu Katze dient, also die wirtsspezifische Übertragung sicherstellt.
Als ein Infektionsweg wird vermutet, dass der trockene,
erregerhaltige Kot der Katzenflöhe über Kratz- und Bissverletzungen in das subkutane menschliche Gewebe eindringt. So werden von der überwiegenden Zahl der Patienten Kratz- und Bissverletzungen vor allem durch junge
Katzen, selten dagegen durch Hunde, angegeben.
Klinik. Nach einer Inkubationszeit von ein bis zwei
Wochen tritt eine subakute regionäre Lymphadenitis
auf, bei der es in bis zu 15 Prozent der Fälle zu einer eitrigen Einschmelzung eines oder mehrerer Lymphknoten
kommt.
Der Hauptmanifestationsort sind die axillären, zervikalen oder die inguinalen Lymphknoten. Die Lymphknoten können mehrere Wochen vergrößert persistieren,
in seltenen Fällen tritt eine generalisierte Lymphadenopathie auf. An der Eintrittspforte der Infektion kommt
es nahezu immer zu einer Primärläsion in Form einer
erythematösen Papel. Daneben werden Fieber, Schüttelfrost, Anorexie, Unwohlsein und manchmal auch ein
generealisiertes Exanthem als seltenere Befunde beobachtet.
Selten gibt es schwerere Verläufe wie z. B. ein Parinaud'
sches okuloglanduläres Syndrom. Weiterhin werden in
Einzelfällen (zirka zwei Prozent) eine Enzephalopathie,
lang anhaltendes Fieber, Koma, Krämpfe und Erblindung infolge einer Neuritis des N. optici gesehen. Noch
Fotos: Kalfar, Niza (Fotolia)
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seltener (zirka 0,3 Prozent) sind eine granulomatöse
Hepatitis, Arthralgien und Arthritis, Osteomyelitis und
Pneumonien beschrieben worden. Im Allgemeinen ist die
Prognose aber gut.
Als Mittel der Wahl wird dann auch bei Immungeschwächten und schweren Verläufen eine Behandlung mit
Azithromycin 1x500mg am 1. Tag und 1x250mg vom 2.
– 5. Tag oral empfohlen.
Antibiose im Einzelfall
Seltene Komplikationen
Klinische Diagnose. Die Diagnose erfolgt aufgrund
klinischer Bilder nach folgenden Kriterien:
• Das Vorliegen einer regionären Lymphadenopathie, bei
der spezifische Infektionserreger wie Tuberkulose und Toxoplasmose sowie ein Lymphom ausgeschlossen wurden.
• Anamnese: Kontakt mit Tieren, besonders mit Katzen
oder Hunden.
• Nachweis einer primären Hautläsion, eines Kratzers oder
einer primären Konjunktivitis. Häufig kann drei bis
30 Tage nach Katzenkontakt eine nicht juckende persistierende rote Papel von etwa fünf mm Durchmesser nachgewiesen werden. Hiernach muss bei der körperlichen Untersuchung genau gefahndet werden.
Labordiagnostik:
• Nachweis des Erregers durch Anzüchtung
• Nachweis von Antikörpern gegen Bartonellen (IFT, Elisa)
• Molekularbiologischer Nachweis des Erregers mittels
PCR
• Histologie: Nachweis von multiplen Abszessen in den befallenen Lymphknoten mit nekrotischen Zentren, die von
Epitheloidzellen und Eosinophilen und gelegentlich Riesenzellen umgeben sind.
In der Differenzialdiagnose kommen alle Krankheiten, die
mit Lymphknotenbeteiligung einhergehen in Betracht,
z. B. Mononucleosis infectiosa, mykobakterielle Infektionen, Lymphogranuloma venereum, Syphilis, M. Hodgkin,
Lymphome und andere Tumore, Tularämie, Brucellose,
Toxoplasmose und Histoplasmose.
Therapie. Die Katzenkratzkrankheit zeigt in der Regel einen
gutartigen, selbstlimitierenden Verlauf. Sie bedarf deshalb
nicht zwingend einer antimikrobiellen Behandlung. Eine
symptomatische Behandlung mit Analgetika und Antibiotika etc. reicht in der Regel aus. Persistierende Primärläsionen
werden mit warmen feuchten Umschlägen behandelt.
Die Abheilung erfolgt meisten innerhalb von zwei bis drei
Monaten. Vereiterte Lymphknoten müssen gegebenenfalls inzidiert oder punktiert werden, auch um Material
für die histologische Untersuchung und für den Erregernachweis zu gewinnen. Über eine Antibiose sollte nach
Situation und klinischem Bild für jeden Einzelfall entschieden werden.
Weitere Infektionen. Bei immunkompetenten Menschen
können Bartonellen, v.a. B. henselae, in seltenen Fällen persistieren oder intermittierendes Fieber auslösen, ohne dass
sich lokale klinische Symptome finden. Als seltene Komplikationen werden eine Endokarditis oder auch Meningitis
beobachtet. Bakteriämien mit Bartonellen können asymptomatisch lange Zeit persistieren.
Bei Patienten mit Immundefekten beginnt die Bartenollose
oft symptomarm und schleichend
und äußert sich eher in einem
allgemeinen Krankheitsgefühl,
wie bei einem grippalen Infekt.
Begleitender Gewichtsverlust,
Hepatomegalie, rezidivierende
Fieberschübe mit länger andauernder Kontinua werden beobachtet. Als auslösende Ursache Hauskatzen erkranken selbst nicht an
Bartonella henselae, weisen aber eine
werden auch andere Spezies als länger anhaltende Bakteriämie auf.
B. henselae nachgewiesen.
Ebenfalls bei immungeschwächten Patienten, insbesondere bei HIV Patienten im Spätstadium, induziert B.
henselae Gefäßneubildungen in der Haut, in Lymphknoten und inneren Organen wie Leber, Milz, Lunge, Gehirn, Knochen und Darm. Die Läsionen können ulzerieren und serös oder blutig sezernieren und verkrusten. Die
regionären Lymphknoten sind meist vergrößert. Ähnliche
Veränderungen findet man auch an den Schleimhäuten
und dem tieferen Weichgewebe.
Die sogenannte viscerale Angiomatose äußert sich uncharakteristisch mit Fieber, Lymphadenopathie, Anämie,
Hepato- und Splenomegalie. Therapie: Doxycyclin 100
mg/die, Ciprofloxacin 2x500-750 mg/die oder Azithromycin 250 mg/die.
Kontakt
Prof. Dr. med Holger Blenk
synlab Nürnberg/EuromedClinic Fürth
Telefon: 09 11 – 9 71 44 35
E-Mail: [email protected]
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