Quantenmechanik eines Teilchens in drei Dimensionen

Werbung
Kapitel 5
Quantenmechanik eines
Teilchens in drei Dimensionen
5.1
Schrödinger–Gleichung im Zentralpotential
Ausgangspunkt ist die stationäre Schrödinger–Gleichung in drei Dimensionen,
�
�
�2 � 2
∇ + V (�r) ψ(�r) = E ψ(�r) .
H ψ(�r) = −
2m
Wir sind an kugelsymmetrischen Problemen interessiert, d.h.
V (�r) = V (r)
(5.1)
mit r = |�r|. Um der Symmetrie gerecht zu werden, beschreiben wir das Problem in
Kugelkoordinaten (r, ϑ, ϕ) (Abbildung 5.1(a)), also
ψ(�r) = ψ(r, ϑ, ϕ) .
(5.2)
Die Umrechnung zwischen kartesischen und Kugelkoordinaten ist
x = r sin ϑ cos ϕ ,
y = r sin ϑ sin ϕ ,
z = r cos ϑ .
Der Laplace-Operator in Kugelkoordinaten ist
∂2
∂2
∂2
+
+
∂x2 ∂y 2 ∂z 2
�
�
�
�
∂2
∂
1
∂
1
1 ∂
2 ∂
r
+
sin
ϑ
+
.
r2 ∂r
∂r
r2 sin ϑ ∂ϑ
∂ϑ
r2 sin2 ϑ ∂ϕ2
�2 =
Δ = ∇
=
102
(5.4)
5.2. DREHIMPULS
z
ϑ
ϕ
dϕ
dϑ
dϑ
r
dϕ
2
(b) Flächenelement r dΩ.
(a) Kugelkoordinaten.
Abbildung 5.1: Kugelkoordinaten.
5.2
Drehimpuls
5.2.1
Definition
Der Drehimpuls–Operator ist in Ortsdarstellung gegeben durch
�
�
� = �r × �p = − i � �r × ∇
�
L
und hat im kartesischen Koordinatensystem die Komponenten
�
�
∂
∂
Lx = −i � y
,
−z
∂z
∂y
�
�
∂
∂
,
Ly = −i � z
−x
∂x
∂z
�
�
∂
∂
.
Lz = −i � x
−y
∂y
∂x
5.2.2
(5.5)
(5.6a)
(5.6b)
(5.6c)
Operator–Relationen
Das Betragsquadrat des Drehimpulsoperators ist
L2 = L2x + L2y + L2z .
(5.7)
103
5.2. DREHIMPULS
Für die Kommutatoren findet man (vgl. Übung)
[Li , Lj ] = i � εijk Lk ,
�
� 2
L , Li = 0 .
(5.8b)
L+ := Lx + i Ly ,
(5.9a)
L− := Lx − i Ly .
(5.9b)
(5.8a)
In Analogie zur Diskussion beim harmonischen Oszillator führen wir Auf- und Absteige–
Operatoren ein,
Diese erfüllen die Relationen
[L+ , L− ] = 2� Lz ,
(5.10a)
[Lz , L± ] = ±� L± ,
� 2
�
L , L± = 0 .
(5.10b)
(5.10c)
Dabei ist zu beachten, dass Lx , Ly und Lz hermitesch sind, L± hingegen nicht.
Darüber hinaus kann man L2 durch L± und Lz ausdrücken,
L2 = L+ L− − � Lz + L2z .
(5.11)
Die Relationen (5.10) und (5.11) bestätigt man durch Nachrechnen.
5.2.3
Drehimpuls in Polarkoordinaten
Wir wollen nun den Drehimpuls–Operator (in Ortsdarstellung) durch Polarkoordinaten ausdrücken. Dazu verwenden wir die Kettenregel,
�
�
∂
∂
−y
Lz = −i � x
∂y
∂x
�
�� �
� �
� �
�
∂r
∂ϑ
∂ϕ
∂
∂
∂
= −i � r sin ϑ cos ϕ
+
+
∂y ∂r
∂y ∂ϑ
∂y ∂ϕ
��
� �
� �
�� �
∂
∂
∂
∂ϑ
∂ϕ
∂r
.
+
+
− r sin ϑ sin ϕ
∂x ∂r
∂x ∂ϑ
∂x ∂ϕ
�
Da r = x2 + y 2 + z 2 ist, gilt
∂r
x
=
,
∂x
r
∂r
y
=
∂y
r
und
∂r
z
=
∂z
r
sowie
y
z
und tan ϕ =
.
r
x
Für die Komponenten des Drehimpulses in Polarkoordinaten findet man nach Rechnung, dass
cos ϑ =
Lz = −i �
∂
,
∂ϕ
(5.12a)
104
5.2. DREHIMPULS
Ly
Lx
�
�
∂
∂
,
= −i � cos ϕ
− cot ϑ sin ϕ
∂ϑ
∂ϕ
�
�
∂
∂
= −i � sin ϕ
− cot ϑ cos ϕ
.
∂ϑ
∂ϕ
(5.12b)
(5.12c)
und
L
2
= −�
2
�
1 ∂
sin ϑ ∂ϑ
�
�
�
∂
1
∂2
sin ϑ
+
.
∂ϑ
sin2 ϑ ∂ϕ2
(5.13)
Der Operator der kinetischen Energie ist nun1
�
�
�2 � 2
�2 ∂
L2
2 ∂
T = −
∇ = −
r
+
.
2m
2m r2 ∂r
∂r
2m r2
Für ein Zentralpotential ist der Hamilton–Operator invariant unter Rotationen im
3 , d.h. nicht von den Winkeln ϕ und ϑ abhängig,
�
�
L2
�2 ∂
2 ∂
r
+
+ V (r) .
(5.14)
H(�r) = −
2m r2 ∂r
∂r
2m r2
0
Es gibt zwei Operatoren, nämlich L2 und Lz , die sowohl mit H als auch untereinander
kommutieren,
�
�
0 = H, L2 = [H, Lz ] .
(5.15)
Wir hätten anstatt Lz ebensogut Lx oder Ly nehmen können, aber nicht beispielsweise Lz und Lx gleichzeitig, da Lz nicht mit Lx kommutiert. M.a.W. können wir
nur eine Komponente des Drehimpulses in der Quantenmechanik gleichzeitig messen.
Es ist eine weitverbreitete Konvention, das Koordinatensystem so anzulegen, dass das
die z–Komponente ist.
Insbesondere haben wir zwei Operatoren identifiziert, die Erhaltungsgrößen entsprechen (vgl. die Diskussion der Erhaltungsgrößen auf Seite 86),
{L2 , Lz } ↔ Erhaltungsgrößen .
(5.16)
Darüber hinaus bilden die Energie, das Betragsquadrat und die z–Komponente einen
Satz guter Quantenzahlen,
Eigenwerte von {H , L2 , Lz } ↔ gute Quantenzahlen .
5.2.4
Eigenfunktionen des Drehimpulses (Kugelflächenfunktionen Y�m )
Betrachte die kommutierenden Operatoren L2 und Lz ,
�
� 2
L , Lz = 0 .
1
(5.17)
Zur Erinnerung: In der klassische Mechanik ist T =
105
p2
r
2m
+
� 2
|L|
.
2m r 2
5.2. DREHIMPULS
Nach dem Theorem auf Seite 82 gibt es also einen gemeinsamen Satz von Eigenzuständen |�, m�, wobei sich � bzw. m auf die Eigenwerte bzgl. L2 bzw. Lz beziehen.
Die zugehörigen Eigenfunktionen in Ortsdarstellung werden Y�m (ϑ, ϕ) bezeichnet,
Y�m (ϑ, ϕ) = �ϑ, ϕ | �, m� .
Diese sog. Kugelflächenfunktionen Y�m sind damit ebenfalls charakterisiert durch die
Quantenzahlen � und m, d.h.
L2 Y�m (ϑ, ϕ) = a� Y�m (ϑ, ϕ) ,
Lz Y�m (ϑ, ϕ) = bm Y�m (ϑ, ϕ) .
Gemäß der Diskussion in Abschnitt 4.8 bezeichen a� und bm gute Quantenzahlen. Nun
sollen Y�m , a� und bm bestimmt werden. Dazu machen wir den Ansatz
Y�m (ϑ, ϕ) = Θ(ϑ) Φ(ϕ) .
(5.18)
Einsetzen in die Eigenwertgleichung für den Lz –Operator liefert
−i �
dΦ
(ϕ) = bm Φ(ϕ)
dϕ
�
Φ(ϕ) = ei bm ϕ/� =: ei m ϕ
mit bm = m �.2 Somit ist
Lz Y�m (ϑ, ϕ) = m � Y�m (ϑ, ϕ)
(5.19a)
Lz |�, m� = m � |�, m� .
(5.19b)
bzw.
Wegen
Y�m (ϑ, ϕ + 2π) = Y�m (ϑ, ϕ)
muss m ganzzahlig sein.
Bemerkung: Die Wellenfunktion ψ (bzw. die Eigenfunktion des Drehimpulses) ist
nicht beobachtbar, sondern nur ψ ∗ ψ. Somit gilt das Argument streng genommen nicht.
Später werden wir Objekte mit halbzahligem m kennenlernen, die bei einer Rotation
um 2π in Minus sich selbst übergehen.
2
Achtung: Dieses m bezeichnet nicht die Masse! (Wir folgen der Standard–Notation, die an dieser
Stelle etwas unglücklich ist.)
106
5.2. DREHIMPULS
Wie wirkt L± auf |�, m� bzw. Y�m ? Aus
�
� 2
L , L± = 0 und [Lz , L± ] = ± � L±
folgt
Lz (L± |�, m�) = L± Lz |�, m� ± � L± |�, m�
= (m ± 1) � (L± |�, m�)
(5.20a)
und entsprechend
Lz (L± Y�m ) = (m ± 1) � (L± Y�m ) .
(5.20b)
Also ist L± |�, m� wieder Eigenzustand bzw. L± Y�m wieder Eigenfunktion zu Lz mit
Eigenwert (m ± 1) �, d.h.
L+ bzw. L− erhöht bzw. vermindert die Quantenzahl m um 1.
Wie wirkt L2 auf L± |�, m� bzw. L± Y�m ? Aus
�
�
L2 (L± Y�m ) = L± L2 Y�m = a� (L± Y�m )
folgt, dass L± |�, m� auch Eigenzustand bzw. L± Y�m auch Eigenfunktion von L2 ist.
Insbesondere ändert L± den Eigenwert von L2 (Gesamtdrehimpuls) nicht.
Wir bezeichnen aus Gründen die etwas später klar werden
a� := �2 � (� + 1) .
Wesentliche Eigenschaften der Zahlen � und m erschliessen sich aus der Normierung,
(L± Y�m , L± Y�m ) = (Y�m , L∓ L± Y�m )
�
�
�
�
= Y�m , L2 − L2z ∓ � Lz Y�m
�
�
= �2 � (� + 1) − m2 �2 ∓ m �2 (Y�m , Y�m )
= �2 (� (� + 1) − m (m ± 1)) .
(5.21)
Da die Norm (5.21) positiv ist, haben wir
� (� + 1) ≥ m (m + 1)
� (� + 1) ≥ m (m − 1)
für m > 0 ,
für m < 0 .
Das impliziert
� (� + 1) ≥ m (|m| + 1)
�
|m| ≤ � .
Ferner impliziert (5.21)
�
L± Y�m = � �(� + 1) − m (m ± 1) Y�,m±1
107
(5.22a)
5.2. DREHIMPULS
bzw.
L± |�, m� = �
�
�(� + 1) − m (m ± 1) |�, m ± 1� .
(5.22b)
Bezeichne mit mmax das größtmögliche m, d.h.
L+ |�, mmax � = 0
bzw.
L+ Y�mmax = 0 .
Also muss die Wurzel in (5.22b) verschwinden,
� (� + 1) = mmax (mmax + 1)
(5.23)
und damit ist � ganzzahlig. Analog finden wir mmin = −�.
Fazit.
Die Y�m sind Eigenfunktionen zu L2 und Lz ,
L2 Y�m (ϑ, ϕ) = �2 � (� + 1) Y�m (ϑ, ϕ) ,
(5.24a)
Lz Y�m (ϑ, ϕ) = � m Y�m (ϑ, ϕ) ,
(5.24b)
wobei � = 0, 1, 2, . . . und −� ≤ m ≤ +�. In der Dirac–Notation bedeutet das, dass wir
Eigenzustände |�, m� zu L2 und Lz gefunden haben mit
L2 |�, m� = �2 � (� + 1) |�, m� ,
(5.25a)
Lz |�, m� = � m |�, m� .
(5.25b)
Die Y�m (ϑ, ϕ) ergeben sich durch Projektion,
Y�m (ϑ, ϕ) = �ϑ, ϕ|�, m� .
z
�
Beispiel (� = 1). Wir haben
�
√
� = � � (� + 1) = � 2
|L|
und m = 0, 1, −1. Also gilt für den Erwartungswert m von Lz
�� = 1, m | Lz | � = 1, m� ∈ {0, +�, −�} .
108
−�
5.2. DREHIMPULS
Kugelfunktionen Θ�m und zugeordnete Legendre–Polynome P�m .
innern uns an unseren ursprünglichen Ansatz (5.18), der mit Φ = ei m ϕ
Y�m (ϑ, ϕ) = Θ�m (ϑ) ei m ϕ
Wir er(5.26)
liefert. Aus der Eigenschaft (5.24),
L2 Y�m (ϑ, ϕ) = �2 � (� + 1) Y�m (ϑ, ϕ) ,
folgt die Legendresche Differentialgleichung
�
�
�
�
∂
m2
1 ∂
sin ϑ
−
+
�
(�
+
1)
Θ�m (ϑ) = 0 .
sin ϑ ∂ϑ
∂ϑ
sin2 ϑ
(5.27)
Für die Lösung dieser Differentialgleichung setzt man nun für Θ�m Polynome in cos ϑ
an,
Θ�m (ϑ) ∝ P�m (cos ϑ) .
(5.28)
Darin bezeichnen die P�m die sog. zugeordneten Legendre–Polynome
�
�m/2 dm
P� (ξ)
P�m (ξ) = (−1)m 1 − ξ 2
dξ m
(5.29)
mit ξ := cos ϑ, m ≥ 0 und den Legendre–Polynomen
P� (ξ) =
��
d� � 2
1
ξ −1 .
�
�
2 · �! dξ
(5.30)
Durch Einsetzen verifiziert man, dass die P�m (cos ϑ) die Legendresche Differentialgleichung (5.27) lösen. Aus (5.30) ist ersichtlich, dass
P�m (−ξ) = (−1)�+m P�m (ξ) .
(5.31)
Die P�m erfüllen die Orthogonalitäts–Relationen
�+1
�
dξ P�m (ξ) P�m
� (ξ) =
−1
2 (� + m)!
δ��� δmm�
2� + 1 (� − m)!
(5.32)
für m > 0 und m� > 0. Um zu erreichen, dass die Kugelflächenfunktionen Y�m richtig
normiert sind, fordern wir für m ≥ 0 den Zusammenhang
�
�
(� − m)! 2� + 1 m
P� (cos ϑ) ei m ϕ .
(5.33)
Y�m (ϑ, ϕ) =
(� + m)!
4π
109
5.2. DREHIMPULS
Eigenschaften der Kugelflächenfunktionen Y�m .
� 2 und Lz . Wir
(1) Die Y�m sind Eigenfunktionen der Drehimpuls–Operatoren L
können schreiben
Y�m (ϑ, ϕ) = �ϑ, ϕ | �, m� .
(5.34)
(2) Gleichung (5.33) liefert eine explizite Darstellung durch die zugeordneten Legendre–
Polynome.
∗ ,
(3) Es gibt eine Relation zwischen Y�−m und Y�m
∗
(ϑ, ϕ) .
Y�−m (ϑ, ϕ) = (−1)m Y�m
(5.35)
Die komplexe Konjugation kommt aus dem Faktor ei m ϕ , das −“ von den P�m .
”
(4) Kugelflächenfunktionen zu verschiedenen � und/oder m sind orthogonal,
�
dΩ Y�∗� m� (ϑ, ϕ) Y�m (ϑ, ϕ) =
�
� � ��
� , m � �, m = δ�� � δm� m .
(5.36)
Dabei bezeichnet dΩ das infinitesimale Oberflächenelement (Abbildung 5.1(b)),
�
dΩ :=
�π
0
�2π
�1
�2π
dϑ sin ϑ dϕ =
d(cos ϑ) dϕ .
0
−1
0
In Dirac–Notation bedeutet das, dass
��� , m� |�, m� = δ�� � δm� m .
(5) Die Y�m sind vollständig,
�
∞ �
�
∗
(ϑ, ϕ) Y�m (ϑ� , ϕ� ) =
Y�m
�=0 m=−�
1
δ(ϑ − ϑ� ) δ(ϕ − ϕ� )
sin ϑ
= δ(cos ϑ − cos ϑ� ) δ(ϕ − ϕ� ) .
(5.37)
(6) Parität (P bezeichnet hier den Paritätsoperator)
P Y�m (ϑ, ϕ) = Y�m (π − ϑ, ϕ + π) .
Wie aus Abbildung 5.2 ersichtlich ist, gilt, dass
�r �→ − �r
110
(5.38)
5.2. DREHIMPULS
z
ϑ
0
y
ϕ
x
0
Abbildung 5.2: Raumspiegelung in Kugelkoordinaten.
äquivalent ist zu der Transformation der Kugelkoordinaten
r →
�
r,
ϑ �→ π − ϑ ,
ϕ →
�
ϕ+π .
Die Kugelflächenfunktionen Y�m erben von den Legendre–Polynomen die Eigenschaft (5.31)
P Y�m (ϑ, ϕ) = (−1)� Y�m (ϑ, ϕ) .
(5.39)
Wir finden also, dass
Y�m
�
gerade
ungerade
�
ist falls �
�
gerade
ungerade
�
ist .
(7) Die explizite Form einiger Kugelflächenfunktionen ist
1
√ ,
4π
�
3
cos ϑ ,
Y10 (ϑ, ϕ) =
4π
Y00 (ϑ, ϕ) =
(5.40a)
(5.40b)
111
5.3. ZENTRALPOTENTIAL
�
3
Y1,±1 (ϑ, ϕ) = ∓
sin ϑ e±i ϕ ,
8π
�
5
Y20 (ϑ, ϕ) =
(3 cos2 ϑ − 1) ,
16π
�
15
sin ϑ cos ϑ e±i ϕ ,
Y2,±1 (ϑ, ϕ) = ∓
8π
�
15
Y2,±2 (ϑ, ϕ) =
sin2 ϑ e±2i ϕ .
32π
(5.40c)
(5.40d)
(5.40e)
(5.40f)
Die ϑ–Abhängigkeit der Kugelflächenfunktionen kann durch die Polardiagramm–
Darstellung (Abbildung 5.3) verdeutlicht werden. In Abbildung 5.4 wird die
z
ϑ
|Y�m |2 (ϑ)
y
x
Abbildung 5.3: Polardiagramm–Darstellung.
ϑ–Abhängigkeit von einigen Y�m gezeigt.
5.3
Zentralpotential
Fragestellung. Es geht darum, die Eigenfunktionen des Hamilton–Operators für
ein Zentralpotential, d.h. für
V (�r) = V (|�r|) = V (r)
zu bestimmen.
Ausgangspunkt ist die zeitunabhängige Schrödinger–Gleichung
�
�
�
�
�2 ∂
L2
2 ∂
+ V (r) ψ(�r) = E ψ(�r) .
H ψ(�r) = −
r
+
2m r2 ∂r
∂r
2m r2
Es gibt drei verschwindende Kommutatoren,
�
�
�
�
H, L2 = 0 = [H, Lz ] = Lz , L2 .
(5.41)
Daraus folgt, dass es ein gemeinsames System von Eigenfunktionen zu H, L2 und
Lz gibt. Wir suchen also nach Zuständen |E, �, m�, die durch die Quantenzahlen E, �
112
5.3. ZENTRALPOTENTIAL
z
z
(a) |Y00 |2 .
(b) 3 · |Y10 |2 .
z
z
(c) 5 · |Y1±1 |2 .
(d) 5 · |Y2±1 |2 .
Abbildung 5.4: Polardarstellung einiger Kugelflächenfunktionen. Einige Y�m wurden reskaliert
(siehe Unterschrift).
und m charakterisiert sind. Um diese Zustände bzw. Eigenfunktionen zu bestimmen,
machen wir einen Separationsansatz,
ψ(�r) = R(r) · Y�m (ϑ, ϕ) .
(5.42)
Damit liefert die Schrödinger–Gleichung
�
�
�
�
L2
�2 ∂
2 ∂
+ V (r) − E R(r) Y�m (ϑ, ϕ)
r
+
0 = −
2m r2 ∂r
∂r
2m r2
�
�
�
�
�2 ∂
�2 � (� + 1)
2 ∂
+ V (r) − E R(r) Y�m (ϑ, ϕ) .
= −
r
+
2m r2 ∂r
∂r
2m r2
113
5.4. EXKURS: ZWEI–KÖRPER–PROBLEM MIT WECHSELWIRKUNG
Daraus kann man die radiale Schrödinger–Gleichung für R(r) ablesen,
�
�
�
�
�2 � (� + 1)
�2 d
2 d
r
+
+ V (r) − E R(r) = 0 .
−
2m r2 dr
dr
2m r2
(5.43)
Nun substituiert man in der Gleichung (5.43) R(r) = U (r)
r . Wir verwenden, dass für
beliebige Funktionen u und v
� u ��
u� v − u v �
=
v
v2
gilt. Damit erhalten wir
�
�
dU (r)
U (r)
2 d
2 dr · r − U (r)
r
= r
dr
r
r2
dU (r)
· r − U (r) .
=
dr
Für die Ableitung dieses Ausdrucks nach r ergibt sich
�
�
�
�
d
d dU (r)
U (r)
2 d
=
r − U (r)
r
dr
dr
r
dr
dr
d2 U (r)
dU (r)
dU (r)
=
r+
·1−
dr2
dr
dr
2
d U (r)
=
·r .
dr2
Insgesamt ergibt haben wir also
�
�
�2 � (� + 1)
� 2 d2
+
+ V (r) U (r) = E U (r) ,
−
(5.44)
2m dr2 � 2m r2��
�
�
=:Veff
� ein sog. effektives Potential bezeichnet.
wobei Veff
Beispiel: Sei V (r) = − const
r , und � > 0. Der qualitative Verlauf des effektiven
Potentials ist in Abbildung 5.5 dargestellt.
5.4
Exkurs: Zwei–Körper–Problem mit Wechselwirkung
Vielteilchensysteme. Bisher haben wir immer ein Teilchen betrachtet, das ein
Potential sieht“ (welches selbstverständlich von anderen Teilchen verursacht“ wird).
”
”
Wie beschreibt man quantenmechanische Systeme mehrerer Teilchen? Man muss die
Wellenfunktion an die Situation anpassen,
ψ(�r) → Ψ(�r1 , �r2 , . . . ) ,
wobei �ri die Koordinate des i–ten Teilchens bezeichnet. Entsprechend ist Ψ(�r1 , �r2 , . . . )
die Wahrscheinlichkeitsamplitude dafür, das erste Teilchen bei �r1 , das zweite Teilchen
bei �r2 usw. zu messen.
114
5.4. EXKURS: ZWEI–KÖRPER–PROBLEM MIT WECHSELWIRKUNG
��=0
Veff
r
V
Abbildung 5.5: Effektives Potential.
Zwei–Körperproblem mit Wechselwirkung.
durch den Hamilton–Operator
H = −
Wir betrachten ein System, das
�2 � � �2
�2 � � �2
∇1 −
∇2 + V (|�r1 − �r2 |)
2m1
2m2
(5.45)
beschrieben wird (siehe Übungsblatt 10). V bezeichnet darin ein Potential, das ledig� i die
lich vom Abstand der Teilchen abhängt, mi sind die Massen der Teilchen und ∇
Gradienten bzgl. der �ri .
Wie in der klassischen Mechanik definiert man Relativ- und Schwerpunktskoordinaten,
�r := �r1 − �r2
und
� := m1 �r1 + m2 �r2 ,
R
m1 + m2
sowie die reduzierte Masse
m1 m2
m :=
m1 + m2
und die Gesamtmasse
M := m1 + m2 .
Um die Schrödinger–Gleichung zu lösen, macht man den Separationsansatz
� �r) = Φ(R)
� · ψ(�r) .
Ψ(R,
Damit zerfällt die Schrödinger–Gleichung mit Hamilton–Operator (5.45) in zwei Gleichungen, eine für Φ,
−
�2 � 2
� = ER Φ(R)
� .
∇ Φ(R)
2M R
115
5.5. WASSERSTOFFATOM
Dafür ist die Lösung bekannt,
�
�
i � �
�
Φ(R) ∼ exp
P ·R ,
�
wobei ER =
�2
P
2M
mit dem Gesamtimpuls P� . Die Gleichung für ψ lautet
�2 � 2
∇ ψ(�r) + V (|�r|) ψ(�r) = Er ψ(�r) .
2m r
Insbesondere haben wir das Zwei–Teilchen–Problem effektiv auf zwei Ein–Teilchen–
Probleme zurückgeführt. Wesentlich ist, dass die Gleichung für Φ nicht von V abhängt;
somit reduziert sich das Problem letztlich auf ein effektives Ein–Teilchen–Problem mit
Relativkoordinate �r und reduzierter Masse m.
−
5.5
Wasserstoffatom
Zielsetzung. Es soll eine erste Version der quantenmechanischen Beschreibung von
Atomen erarbeitet wird. Konkret geht es darum, ein Elektron zu beschreiben, das
durch elektromagnetische Wechselwirkung an einen Atomkern gebunden ist.
Coulomb–Potential in der Quantenmechanik. Ein Elektron im Feld eines punktförmigen Atomkerns mit Ladung Z · e sieht“ ein Potential
”
2
Ze
V (�r) = −
.
r
Eigentlich ist das ein Zwei–Körper–Problem, aber wie in Abschnitt 5.4 diskutiert
lässt es sich auf ein Ein–Körper–Problem zurückführen; dabei setzen wir uns in das
� = 0. Die reduzierte Masse beträgt dabei
Schwerpunktsystem mit R
me
m =
m e ≈ me ,
1+ M
K
wo MK die Masse des Atomkerns bezeichnet.
Die zeitunabhängige Schrödinger–Gleichung
H ψ(�r) = E ψ(�r)
schreibt sich in Kugelkoordinaten als
�
�
�
�
Z e2
L2
�2 ∂
2 ∂
−
−
E
ψ(�r) = 0 .
r
+
−
2m r2 ∂r
∂r
2m r2
r
Nun machen wir wieder den Separationsansatz (5.42)
ψ(�r) = R(r) Y�m (ϑ, ϕ)
und verwenden die Substitution
R(r) =
U (r)
.
r
116
(5.46)
5.5. WASSERSTOFFATOM
Durch Wiederholung der Schritte, die auf Gleichung (5.44) geführt haben, liefert dies
die allgemeine zeitunabhängige radiale Schrödinger–Gleichung
�
�
� U (r)
�2 1 ∂ 2 U (r)
�2 � (� + 1) U (r) �
−
r
+
+ V (r) − E
= 0.
2
2
2
2m r
∂r
2m r
r
r
Diese Gleichung vereinfacht sich zu
�
�
� 2 d2
�2 � (� + 1)
−
+
+ V (r) −E U (r) = 0 .
2m dr2 � 2m r2��
�
(5.47)
�
=: Veff
Für den speziellen Fall des Coulomb–Potentials erhält man
�
�
�2 � (� + 1) Z e2
� 2 d2
+
−
U (r) = E U (r) .
−
2m dr2
2m r2
r
Diskussion der Differentialgleichung. Die Lösung kann weitenteils durch eine
Analyse des asymptotischen Verhaltens bestimmt werden.
Verhalten für r → 0. Der 1/r2 –Term dominiert. Aus
−
�2 � (� + 1)
� 2 d2
U
(r)
+
U (r) = 0
2m dr2
2m r2
erhalten wir die Lösung
U (r) = A r�+1 + B r−� .
Nun darf R(r) für r → 0 nicht singulär werden, also folgt, dass B = 0 sein muss.
Somit finden wir
R(r) =
U (r)
→ A r�
r
für
r→0.
Verhalten für r → ∞. Der �–abhängige sowie der 1/r–Term verschwinden in diesem Limes, wir betrachten also
�
�
� 2 d2
− E U (r) = 0 .
−
2m dr2
Wir sind an den gebundenen Zustände (E < 0) interessiert. Wie bei der Diskussion der gebundenen Zustände im Potentialtopf (vgl. Abschnitt 3.3) führen
wir die Grösse κ ein,
κ :=
�
2m |E|
.
�2
117
5.5. WASSERSTOFFATOM
Die asymptotische Lösung ist damit
U (r) = C eκ r + D e−κ r .
Aus der Bedingung der Normierbarkeit folgt C = 0, also gilt für r → ∞
U (r) → D e−κ r .
Bevor wir dieses asymptotische Verhalten verwenden, beschreiben wir die Lösung
durch die dimensionslose Variablen
�
2m |E|
ρ := κ · r =
·r ,
�2
�
2m c2
e2 � c κ
Z e2 κ
= Z·
=: Z · α ·
,
ρ0 :=
|E|
� c |E|
|E|
wobei α =
e2
�c
�
1
137
die Feinstrukturkonstante bezeichnet. Aus dρ = κ dr folgt, dass
2
d2
2 d
=
κ
dr2
dρ2
gilt. Durch Einsetzen in die radiale Differentialgleichung ergibt sich
�
�
� 2 2 d2
�2 � (� + 1) Z e2
−
+
−
κ
− E U (ρ) = 0 .
2
2m r2
r
� 2m
�� � dρ
≡−|E|
Division durch −|E| liefert
�
�
1
Z e2
E
d2
− � (� + 1) 2 +
+
U (ρ) = 0 .
dρ2
ρ
r |E| |E|
Mit
Z e2
r |E|
�
=
ρ0
ρ
und
E
|E|
= −1 für E < 0 folgt die Differentialgleichung
�
d2
1
ρ0
− � (� + 1) 2 +
− 1 U (ρ) = 0 .
dρ2
ρ
ρ
(5.48)
Nun machen wir einen Lösungsansatz, der das bekannte asymptotische Verhalten
enthält,
U (ρ) = ρ�+1 e−ρ w(ρ) .
Im Folgenden geht es darum, die Funktion w(ρ) zu bestimmen.
Hierzu setzen wir den Ansatz in die Differentialgleichung ein,
ρ
dw(ρ)
d2 w(ρ)
+ 2 (� + 1 − ρ)
+ (ρ0 − 2� − 2) w(ρ) = 0 .
2
dρ
dρ
118
(5.49)
5.5. WASSERSTOFFATOM
Um diese Gleichung zu lösen, machen wir den Potenzreihenansatz
w(ρ) =
∞
�
a k ρk .
(5.50)
k=0
Das liefert
∞ �
�
�
k−1
k−1
k
ak k (k − 1)ρ
+ 2(� + 1) k ρ
ak + ak (ρ0 − 2� − 2 − 2k) ρ
= 0.
k=0
Durch Koeffizientenvergleich finden wir
�
�
ak+1 [(k + 1) k + 2(� + 1) (k + 1)] + ak (ρ0 − 2� − 2 − 2k) ρk = 0 .
Da die ρk linear unabhängig sind, folgt die Rekursionsformel
ak+1
2(k + � + 1) − ρ0
=
.
ak
(k + 2� + 2) (k + 1)
(5.51)
Es gilt jedoch für große k, dass
ak+1
2
.
∼
ak
k
Dies ist nichts anderes als die Relation zwischen den Taylor–Koeffizienten der Exponentialfunktion e2ρ ,
e2ρ =
∞
�
(2ρ)k
k=0
k!
,
bei der für aufeinanderfolgende Koeffizienten gilt
2k+1
2
2
(k + 1)!
=
∼
für k → ∞ .
k
k+1
k
2
k!
Somit hätten wir w(ρ) ∼ e2ρ und entsprechend für die Funktion U (ρ) (vgl. unsere
Diskussion des eindimensionalen harmonischen Oszillators auf Seite 59)
U (ρ) → ρ�+1 eρ .
Diese Funktion ist jedoch nicht normierbar!
Hauptquantenzahl n. Diese Folgerung kann umgangen werden, wenn die Potenzreihe (5.50) bei endlichen k abbricht. Um das zu erreichen, muss die rechte Seite in
(5.51) verschwinden, d.h. es muss eine natürliche Zahl N geben, so dass
2(N + � + 1) = ρ0
gilt. Dies führt auf die sog. Hauptquantenzahl
n := N + � + 1 ∈
�.
Insbesondere ist n ≥ � + 1 bzw. � ≤ n − 1.
119
5.5. WASSERSTOFFATOM
Diskrete Energie–Eigenwerte En .
�
2m c2
ρ0 = 2n =
·Z ·α,
|E|
Aus dem Zusammenhang zwischen ρ0 und n,
folgt für den Betrag der Energie
�
�
m c2 Z α 2
.
|E| =
2
n
Da E < 0 ist, gilt
En
m c2
= −
2
�
Zα
n
�2
= −
m Z 2 e4
.
2�2 n2
(5.52)
Dieser Ausdruck enthält den Bohr’schen Radius 3
a0 =
�2
= 0.529 · 10−10 m = 0.529 Å
me e2
sowie die Compton–Wellenlänge des Elektrons
λe =
�
�2 e2
=
= α · a0 .
me c
me e2 � c
Diese bezeichnen typische Längenskalen in der Atomphysik. Insbesondere kann man
mit der (historischen) Einheit Rydberg“,
”
2
e
= 13.6 eV ,
1 Ry =
2a0
die Energie–Eigenwerte schreiben als
�
�
1
Z2
Ze 2
En = −
= − Ry · 2 .
2a0
n
n
3
Wir ignorieren hier die Tatsache, dass die reduzierte Masse m sich etwas von me unterscheidet.
120
5.5. WASSERSTOFFATOM
E
Beispiel (Energiespektrum des
Wasserstoffatoms). Für Z = 1
hat man
En = −
r
E3 , n = 3, � = 0, 1, 2
E2 , n = 2, � = 0, 1
Ry
.
n2
Wir sehen, dass die Energie–Eigenwerte
für n > 1 n–fach entartet sind, d.h.
� kann die Werte 0, 1 . . . n − 1 annehmen. Später werden wir sehen,
dass es zunächst weitere Entartung
durch den Spin des Elektrons gibt,
und dass die Entartung durch Effekte aufgehoben wird, die wir hier
noch nicht mit einbeziehen.
E1 , n = 1, � = 0
Entartungsgrad. Wie besprochen, sind die Energie–Eigenzustände im Coulomb–
� �2
Potential entartet, denn En = − 2a10 Ze
hängt nur von n ab, zu jedem n gibt es
n
eine Bahndrehimpulsentartung � = 0, 1, . . . , n − 1 und zu jedem � gibt es 2� + 1 Werte
für m. Also finden wir für den Entartungsgrad
n−1
�
�=0
(2� + 1) = n (n − 1) + n = n2 .
Notation.
Es hat sich (historisch) folgende Notation eingebürgert:
�
Orbitale
0
s
1
p
Spektrum in Übergängen zwischen den
Energie–Niveaus. Gebundene Elektronen
können durch Absorption eines Photons in
ein höheres Energie–Niveau angehoben werden bzw. durch Abstrahlung in ein tieferes
Energie–Niveau absinken.
2
d
...
En �
�ω
Die Energie des Photons für solche Prozesse ist durch die Balmer–Formel
�
�
Z 2 e2 1
1
ΔEnn� = En − En� = −
.
−
2a0
n2 n� 2
En
(5.53)
gegeben. Historisch spielte diese eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Quantenmechanik.
121
5.5. WASSERSTOFFATOM
Energie–Eigenfunktionen. Nachdem wir die radiale Schrödinger–Gleichung gelöst
haben, können wir nun die Energie–Eigenfunktionen angeben,
ψn�m (�r) = ��r|n�m� = Rn� (r) · Y�m (ϑ, ϕ) .
(5.54)
Im Folgenden werden einige Eigenschaften dieser Funktionen diskutiert.
Orthogonalität.
�
Die Eigenfunktionen sind orthogonal,
�
�∞
3
∗
2
∗
d r ψn�m (�r) ψn� �� m� (�r) =
dr r Rn� (r) Rn� �� (r) d٠Y�m
(ϑ, ϕ) Y�� m� (ϑ, ϕ)
0
= δnn� δ��� δmm� .
Diese Eigenschaft schreibt sich in der Dirac–Schreibweise als
�n�m|n� �� m� � = δnn� δ��� δmm� .
Laguerre–Polynome.
sind
(5.55)
Die Wellenfunktionen der verschiedenen Energie–Eigenzustände
ψn�m = Rn� (r) Y�m (ϑ, ϕ)
mit n ≥ � + 1, � = 0, 1, 2, . . . und −� ≤ m ≤ +�. Die radiale Abhängigkeit der
Wellenfunktion ist
�
�
3 −1/2
−κ r
� (n − � − 1)! (2κ)
L2�+1
(5.56)
(2κ r)
Rn� (r) = − e
n+� (2κ r) ,
2n ((n + �)!)3
�
wobei κ = 2m�2|E| ist, und L�n die sog. zugeordneten Laguerre–Polynome bezeichnet.
Eine mögliche Definition der L�n ist
L�n (x) =
d� x dn −x n
e x .
e
dx� dxn
(5.57)
Man kann sie als Potenzreihe darstellen,
L�n (x) =
n−�
�
k=0
(−1)k+�
(n!)2
xk .
k! (k + �)! (n − k − �)!
(5.58)
Diese entsprechen bis auf Normierung den möglichen Potenzreihen für w (siehe Gleichung (5.50)).
122
5.5. WASSERSTOFFATOM
Explizite Beispiele für radiale Wellenfunktionen.
a :=
Mit der Bezeichnung
a0
�2
=
Z
Z me e2
können wir die radiale Abhängigkeit der Wellenfunktion für einige Energie–Niveaus
explizit angeben,
r
−
−3/2
n = 1 � = 0 : R10 (r) = 2 a
e a ,
r
�
r � −
−3/2
e 2a ,
n = 2 � = 0 : R20 (r) = 2 (2a)
1−
2a
�r� − r
1
−3/2
� = 1 : R21 (r) = √ (2a)
e 2a ,
a
3
r
�
�
−
2r2
2r
−3/2
+
e 3a ,
n = 3 � = 0 : R30 (r) = 2 (3a)
1−
3a 27a2
√
r
�r� �
r � −
4 2
−3/2
3a
(3a)
1−
e
� = 1 : R31 (r) =
,
3
a
6a
√
r
� r �2 −
2 2
√ (3a)−3/2
e 3a .
� = 2 : R32 (r) =
a
27 5
Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit ist dann proportional zu r2 · |Rn� |2 , wo der Faktor
r2 vom Integralmaß in Kugelkoordinaten kommt und insbesondere unabhängig von
m. Beispiele sind in Abbildung 5.6 dargestellt.
Erwartungswert von r.
�r�n�
Der Erwartungswert des Radius berechnet sich über
�∞
2
=
dr r2 r Rn�
(r) ,
(5.59)
0
wobei ein Faktor r2 vom Volumen–Element in Kugelkoordinaten kommt. Wir erhalten
für n = 1 und � = 0
3 a0
�r�10 =
,
2Z
für � = n − 1 ergibt sich
�
�a � �
1
0
n n+
.
�r�n,n−1 =
Z
2
Mittlerer quadratischer Radius.
r2 ,
� 2�
r n� =
Analog bestimmt man den Erwartungswert von
�∞
2
dr r2 r2 Rn�
(r) .
(5.60)
0
123
5.5. WASSERSTOFFATOM
r2 |R10 |2
r
(a) n = 1.
r2 |R20 |2
r2 |R21 |2
r
r2 |R30 |2
(d) n = 3, � = 0.
r
(b) n = 2, � = 0.
(c) n = 2, � = 1.
r2 |R31 |2
r2 |R32 |2
r
r
(e) n = 3, � = 1.
r
(f) n = 3, � = 2.
Abbildung 5.6: Radiale Abhängigkeit der Wahrscheinlichkeit für die Energie-Eigenzustände
im Wasserstoff-Atom mit n ≤ 3.
Für � = n − 1 ergibt sich
�
�
� a �2
� 2�
1
0
r n,n−1 =
n2 n +
(n + 1) .
Z
2
Damit kann man das Abstandszentrum bestimmen,
� �
�
�
a
1
1
0
2
2
�r �n,n−1 − �r�n,n−1 =
n
n+
.
Δr :=
Z
2
2
124
5.6. FREIE BEWEGUNG IN DREIDIMENSIONALEN KUGELKOORDINATEN
r2 |ψ(r)|2
Es gilt offenbar, dass
1
Δr
= √
.
�r�n,n−1
2n + 1
r
Das bedeutet, dass die Zustände mit
� = n−1 für grosse n gut lokalisiert
sind.
5.6
V (r)
Freie Bewegung in dreidimensionalen Kugelkoordinaten
Die stationäre Schrödinger–Gleichung für ein freies Teilchen in drei Dimensionen ist
�
�
�2 � 2
−
∇ − E ψ(�r) = 0 .
2m
In kartesischen Koordinaten sind die Lösungen ebene Wellen,
�
ψ�k (r) = C ei k·�r
mit Wellenvektor bzw. Impuls
�k = (kx , ky , kz )
bzw.
p� = � �k
und Energie
E =
p�2
.
2m
�
Die ebenen Wellen sind Eigenfunktionen zum Impulsoperator �p = −i � ∇.
In Polarkoordinaten lautet die Schrödinger–Gleichung
�
�
�
�
�2 1 ∂
L2
�2 k 2
2 ∂
−
r
+
ψ(r,
ϑ,
ϕ)
=
ψ(r, ϑ, ϕ) .
2m r2 ∂r
∂r
2m r2
2m
Mit dem Separationsansatz (5.42),
ψk,�,m (�r) = R� (k, r) · Y�m (ϑ, ϕ) ,
erhält man eine Differentialgleichung für R� (k, r) für eine feste, vorgegebene Drehimpuls–
Quantenzahl �,
�
�
1 d 2 d
� (� + 1) � 2
(5.61)
+ k R� (k, r) = 0 .
r
−
r2 dr dr
r2
Mit der Nebenrechnung
1 d 2 �
r R� =
r2 dr
1 d � 2 ��
r R�
r2 dr
125
5.6. FREIE BEWEGUNG IN DREIDIMENSIONALEN KUGELKOORDINATEN
=
=
1
(2r R�� + r2 R��� )
r2
2 �
R + R���
r �
erhält man die Besselsche Differentialgleichung
�
�
� (� + 1)
d2 R� 2 dR�
2
�
+
+ k −
R� = 0 .
dr2
r dr
r2
(5.62)
Wir hatten bereits bei der Diskussion des Wasserstoff–Atoms gesehen, dass die Funktion U (r) = r · R(r) eine Differentialgleichung erfüllt, die keine lineare Ableitung
enthält. Damit schliesst man auf die Identität
1 d 2 d
2 �
1 d2
��
=
+
R
=
(r · R� ) .
r
R
R
�
�
�
r2 dr dr
r
r dr2
(5.63)
Schreibt man die Gleichung (5.61) nun mit Hilfe dieser Relation um, so entsteht nach
Multiplikation mit r
�
�
�
(�
+
1)
d2
2
(r · R� ) + �k −
(5.64)
(r · R� ) = 0 .
dr2
r2
Lösung für � = 0.
Aus der Differentialgleichung (5.64) folgt für � = 0, dass
d2
(r · R0 ) + �k 2 (r · R0 ) = 0 .
dr2
Das impliziert offenbar, dass
(r · R0 ) ∝ ei k r
mit k = |�k| bzw.
R0 (r) = C
e−i k r
ei k r
+ C�
r
r
mit den Konstanten C und C � . Zerlegung in Real- und Imaginärteil liefert
sin(k r)
cos(k r)
+B
r
r
= A k · j0 (k r) − B k · n0 (k r) ,
R0 (r) = A
wobei
sin(k r)
,
kr
cos(k r)
n0 (k r) = −
.
kr
j0 (k r) =
(5.65a)
(5.65b)
j� bzw. n� steht für die sphärische Besselfunktionen bzw. für die sphärische Neumannfunktionen. Wir sind hier nur Lösungen interessiert, die für r → 0 regulär sind. Somit
ist die Lösung j0 (k r) (Abbildung 5.7).
126
5.6. FREIE BEWEGUNG IN DREIDIMENSIONALEN KUGELKOORDINATEN
Abbildung 5.7: Kugelwelle.
Reguläre Lösungen für � > 0.
stimmt werden. Wir setzen an
Die Lösungen zu höherem � können rekursiv be-
R� (z) = z � χ� (z)
mit z = k r. Gleichung (5.62) wird dann zu
χ��� (z) +
2(� + 1) �
χ� (z) + χ� (z) = 0 .
z
Nun nehmen wir an, χ� zu kennen, und setzen
χ(z) :=
χ�� (z)
z
in (5.66) ein. Durch Differentiation von (5.66) erhalten wir
�
�
2(� + 1)
2(� + 1)
��
�
(z χ) +
(z χ) + 1 −
zχ = 0
z
z2
bzw.
χ�� +
2(� + 2) �
χ +χ = 0.
z
D.h. χ löst die Gleichung (5.66) für � + 1. Also ist
χ�+1 (z) =
1 d
χ� (z) .
z dz
Somit sind die Lösungen für � �= 0 gegeben durch
R� (k, r) = A� k · j� (k r)
127
(5.66)
5.6. FREIE BEWEGUNG IN DREIDIMENSIONALEN KUGELKOORDINATEN
mit Koeffizienten A� sind und den sphärischen Bessel–Funktionen
�
�
1 d �
�
j� (z) := z −
j0 (z) .
z dz
Das −“–Zeichen ist eine Konvention. Ausgehend von j0 (z) =
”
beispielsweise j1 ,
�
�
1 d
sin(z) cos(z)
sin(z)
j1 (z) = z −
−
=
.
z dz
z
z2
z
Alle j� (z) sind regulär. Zum Beispiel hat man für � = 1
�
�
sin(z) cos(z)
−
lim j1 (z) = lim
z→0
z→0
z2
z


3
z
z2
 z − 3! + . . . 1 − 2! + . . . 

= lim 
−

z→0 
z2
z
= lim
z→0
= 0.
�
1
z
1
z
− + ... − + + ...
z 3!
z 2!
Normierung und Orthogonalität.
�∞
dr r2 j� (k r) j� (k � r) =
0
�
Es gilt
π
δ(k − k � ) .
2k 2
Für festes � erhalten wir die Normierung von R� aus
�
d3 x |ψ(x)|2 = 1 .
Weiterhin ist
�∞
dr r2 R� (k, r) R� (k � , r) = δ(k − k � )
0
und
A2�
�∞
A2 k 2 π
·k
dr r2 j� (k r) j� (k � r) = � 2 δ(k − k � ) .
2k
2
0
Aus diesen Gleichungen folgt, dass
�
2
A� =
.
π
128
sin(z)
z
konstruieren wir
5.6. FREIE BEWEGUNG IN DREIDIMENSIONALEN KUGELKOORDINATEN
Damit können wir die R� (k, r) explizit angeben,
�
2
R� (k, r) =
· k · j� (k r) .
π
(5.67)
Somit sind die kompletten Wellenfunktionen gegeben durch
2k
ψ�m (r, ϑ, ϕ; k) = √ j� (k r) Y�m (ϑ, ϕ) .
2π
(5.68)
Diese Kugelwellen sind Lösungen, die bezüglich des Ursprungs einen definierten Drehimpuls haben. Man kann sich auch überlegen, dass man ebene Wellen in der Basis
der Kugelwellen entwickeln lassen. Es gilt
e
i �k·�
r
= e
i k r cos ϑ
∞
�
(i)� (2� + 1) j� (k r) P� (cos ϑ) .
=
�=0
Bemerkung: Auslaufende und einlaufende Kugelwellen ergeben sich als Lösung
kugelsymmetrischer Probleme im potentialfreien Bereich. In den Übungen (Aufgabe
30 auf Blatt 12) wird der dreidimensionale Potentialtopf diskutiert, in dem V (r) = 0
für r > a. Dort sind die Lösungen Kugelwellen. Kugelwellen spielen auch bei der
Streutheorie eine große Rolle, die in QM 2 behandelt wird.
129
Herunterladen