Hellmann - VDFF Fischerei

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Verband Deutscher Fischereiverwaltungsbeamter und Fischereiwissenschaftler e.V.
„Forschung zur Unterstützung der deutschen Binnenfischerei und Aquakultur“
Betäubungs- und Schlachtverfahren für Afrikanische
Welse (Clarias gariepinus)
John Hellmann1, Wanda Hörnig 2, Matthias Lübke 2, Dieter Steinhagen1
1 Institut
für Parasitologie, Abteilung Fischkrankheiten und Fischhaltung der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Bünteweg 17, 30559 Hannover
2 Fachgebiet Allgemeine Radiologie und medizinische Physik der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Bischofsholer Damm 15, 30173 Hannover
Einleitung:
Der Afrikanische Wels (Clarias gariepinus) ist eine wärmeliebende, in der deutschen Aquakultur verhältnismäßig neue Spezies, die in intensiven Kreislaufanlagen gehalten wird. Durch das Einführen
solcher neuen Spezies müssen nicht nur neue Haltungsformen entwickelt, sondern auch die für die Schlachtung notwendigen Betäubungsmethoden auf eine Tauglichkeit geprüft werden. Nach der
Tierschutzschlachtverordnung (TierSchlV) sind für Fische zur Betäubung folgende Methoden erlaubt: Die Elektrobetäubung, der stumpfe Schlag auf den Kopf, die Kohlendioxidexposition bei
Salmoniden und die Verabreichung eines Stoffes mit Betäubungseffekt, ausgenommen Stoffe wie Ammoniak, die gleichzeitig dem Entschleimen dienen. Diese herkömmlichen Betäubungsverfahren
erweisen sich bei dieser Fischart aufgrund ihrer Anatomie und Physiologie als schwierig bzw. schließen sich aus, da die Erlaubnis auf Salmoniden eingeschränkt ist oder keine Stoffe mit
Betäubungseffekt zugelassen sind. In diesem Projekt wurden die Elektrobetäubung simuliert und die Eiswasserbetäubung, als ein neues Verfahren, das in der Tischschutzschlachtverordnung nicht
aufgeführt ist, untersucht. Unter Laborbedingungen wurde dokumentiert wie bei Afrikanischen Welsen eine Bolzenschussbetäubung möglich ist.
Simulierung der Elektrobetäubung:
Material und Methoden
• Erstellen eines 3-D Computermodelles aus CT- und MRT-Daten des Fisches (Software AMIRA 5.5.0,Visualization Science Group)
• Übertragen der Netze des Modells in das Programm COMSOL Multiphysics (version 4.3b) für die Simulierung einer elektrischen Durchströmung mit Hilfe der Finite Elemente Analyse
• Zuweisen der Leitfähigkeiten der einzelnen Gewebe, Festlegen der Randbedingungen und Simulationen mit unterschiedlichen Frequenzen, Spannungen
Ergebnisse
• Anatomisch korrektes 3-D Modell des Kopfes des Afrikanischen Welses (Abb. 1)
• Stromdichten im Gehirn sehr gering im Vergleich zu anderen Geweben (Abb. 2)
• Nur mit hohen Frequenzen und Spannungen konnte eine Erhöhung der mittleren Stromdichte im Gehirn erreicht werden (Abb. 3)
• Fett und Knochen umgeben das Gehirn und schirmen es weitestgehend vom elektrischen Feld ab
• Strom fließt hauptsächlich um das Gehirn herum bzw. durch Gewebe mit einer höheren elektrischen Leitfähigkeit als die von Knochen und Fett (Abb. 4)
Abb. 1: 3-D Modell des Kopfes des Afrikanischen Welses
Abb. 2: Mittlere Stromdichten ausgesuchter Gewebe
Abb. 3: Abhängigkeit der Stromdichte von Frequenz und
Spannung bei Verwendung von Plattenelektroden rechts /
links
Abb. 4: Stromdichteverteilung in einem Transversalschnitt
des 3-D Modells. Die Pfeile kennzeichnen die Richtung
des
Stromflusses
und
die
Schattierung
die
unterschiedlichen Stromdichten.
Ist eine Eiswasserbetäubung möglich?
Material und Methoden
• Durch starke Lichtreize wurden visuell erzeugte Potentiale (VER) im Elektroenzephalogramm (EEG) ausgelöst
• Das Verhalten der VER im EEG wurde unter dem Einfluss der Eiswasserbetäubung untersucht
Ergebnisse
• Eine Eiswasserbetäubung ist möglich
• Nach 5 bis 15 min im Eiswasser (0,1 C) sind im EEG keine Reaktionen durch einen Lichtreiz (VER) mehr nachvollziehbar
B
Stroboskop Für den Lichtreiz
Eiswasserzugabe
Afrikanische Wels im EEG/VER
Versuch im Eiswasser
Abb. 5: Unter Laborbedingungen wurden den
Versuchstieren während der Eiswasserbeteubung
kontinuierlich VER im EEG abgeleitet
Betäubungseintritt
Zeit (min)
Lichtreiz
EEG (mV)
A
Spannung (mV)
Computer zur Datenauswertung
Zeit (s)
Abb. 6: Auf einen Lichtreiz folgt im EEG ein VER (Pfeil A),
wird der Lichtreiz nicht verarbeitet folgt kein VER (Pfeil B)
0,1 C
Abb. 7: Über den Betäubungszeitraum ist zu sehen, wie
die Potentiale (mV) im EEG abnehmen
Ist die Eiswasserbetäubung belastend?
Material und Methoden
• Während des Haltungs- und Verarbeitungsprozesses wurden Blutproben entnommen
• Die Blutproben wurden, unter anderem, auf das „Stresshormon“ Cortisol untersucht
Ergebnisse
• Vergleiche der normalen Haltung mit der Eiswasserbetäubung ergaben eine signifikant erhöhte Cortisolausschüttung
• Vergleiche zwischen der Eiswasserbetäubung und dem Abfischen ergaben keine signifikanten Unterschiede
3-5 C
Abb. 8: Nach 5 bis 15 min in 0,1 C kaltem Wasser zeigt
das EEG eine Betäubung, bei höheren Temperaturen des
Eiswassers ist der Betäubungseintritt verzögert
Abb. 9: zwischen A
und B sind signifikante
Unterschiede in den
Cortisol- Werten zu
sehen. Innerhalb der
Gruppen sind keine
signifikanten
Unterschiede zu sehen
B
A
Gibt es alternative Methoden?
Material und Methoden
• Für die Betäubung wurde ein Bolzenschussapparat (z.B. PTB 3-69, Blitz-Kerner Kaliber 9/17) verwendet
• Anhand von Knochenpunkten wurde von außen die Lage des Gehirns und somit der Ansatzpunkt der Betäubung abgeschätzt
Ergebnisse
• Mittels des Bolzenschussapparates konnte eine unmittelbare Betäubung erreicht werden
Abb. 10: Die Lage des Gehirns (grüner Kreis) kann von außen
aufgesucht werden
Zusammenfassung
Die Simulation der elektrischen Durchströmung zeigte, dass das Gehirn perfekt durch Fett und Knochen, die es umgeben, gegenüber dem elektrischen Feld abgeschirmt wird. Die elektrischen
Leitfähigkeiten dieser Gewebe sind gering. Hierin scheint der Grund für die geringen Stromdichten im Gehirn zu liegen und die Schwierigkeit, den Afrikanischen Wels mittels elektrischem Strom
zu betäuben. Anhand der Auswertung spezifischer Reaktionen des Gehirns kann dargestellt werden, dass Afrikanische Welse sich mittels Eiswasser (0;1 C) nach 5 bis 15 min betäuben
lassen. Dies führt bei den Tieren zu einer Cortisolausschüttung, wobei zwischen dem Abfischvorgang und Eiswasserbetäubung selbst keine signifikanten Unterschiede zu sehen sind. Durch die
Verwendung eines Bolzenschussaparates kann eine unmittelbare Betäubung erreicht werden.
Vielen Dank an alle Projektpartner
Das Projekt wurde durch den Europäischer Fischereifond (EFF) und das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern gefördert und durch die
Fischgut Nord eG und Pal Anlagenbau GmbH unterstützt
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