Script für die Vorlesung PCI

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Script zur Vorlesung
Physikalische Chemie I
2
Dieses Script ist lediglich als Leitfaden zu verstehen und umfasst die wesentlichen Inhalte der
Vorlesung Physikalische Chemie I, die von Prof. Dr. A.J. Meixner und Dr. H. Kneppe in verschiedenen Semestern im Grundstudium für Chemie an der Universität Siegen gehalten wurden. Für das intensivere Studium und insbesondere zur Vorbereitung auf Prüfungen sollten
auch Lehrbücher herangezogen werden.
3
Inhaltsverzeichnis
1
Zwischenmolekulare Kräfte und Aggregation ...................................................... 5
1.1 Aggregation geladener Teilchen ................................................................. 5
1.1.1 Coulombkraft, Coulomenergie, Gleichgewichtsabstand ..................... 5
1.1.2 Ausgedehnte Kristallgitter, Madelung-Konstante............................... 7
1.2 Aggregation ungeladener Teilchen ............................................................. 9
1.2.1 Elektrisches Dipolmoment, Drehmoment, Dielektrikum .................... 9
1.2.2 Dipolkräfte .......................................................................................13
1.2.3 Induktionskräfte ...............................................................................14
1.2.4 Dispersionskräfte (van-der-Waals Kräfte).........................................15
1.2.5 Lennard-Jones Potential ...................................................................17
1.2.6 Wasserstoff-Brückenbindungen........................................................18
2
Temperatur und Wärmebewegung von Molekülen..............................................18
2.1 Ideales Gasgesetz ......................................................................................18
2.2 Einführung in die kinetische Gastheorie.....................................................20
2.2.1 Voraussetzungen für das Modell .......................................................20
2.2.2 Mittlere kinetische Energie und absolute Temperatur ........................20
2.2.3 Die mittlere freie Weglänge ..............................................................22
2.2.4 Diffusion ..........................................................................................23
2.2.4.1 Mittleres Verschiebungsquadrat ............................................23
2.2.4.2 Das 1. Fick’sche Gesetz ........................................................27
2.2.4.3 Das 2. Fick’sche Gesetz ........................................................29
2.2.4.4 Diffusion in drei Dimensionen ..............................................35
2.3 Energieverteilung als Funktion der Temperatur .........................................35
2.3.1 Gleichverteilung der Energie.............................................................35
2.3.2 Boltzmann’scher e-Satz ....................................................................36
2.3.3 Energieinhalt eines Moleküls ............................................................37
2.3.3.1 Verteilung auf elektronische Zustände ..................................38
2.3.3.2 Verteilung auf vibratorische Zustände...................................40
2.3.3.3 Verteilung auf rotatorische Zustände.....................................41
2.3.3.4 Verteilung auf translatorische Zustände ................................42
3
Thermodynamik .................................................................................................45
3.1 Innere Energie, Wärme, Arbeit ..................................................................45
3.1.1 Innere Energie ..................................................................................45
3.1.2 Zustandsänderung bei konstantem Volumen .....................................45
3.1.3 Zustandsänderung bei konstantem Druck ..........................................45
3.2 1. Hauptsatz der Thermodynamik .............................................................46
3.2.1 Isobare, isochore, isotherme und adiabatische Prozesse.....................46
3.2.2 Stirling-Motor...................................................................................48
3.2.3 Carnotscher Kreisprozess..................................................................50
3.2.4 Thermodynamischer Wirkungsgrad ..................................................51
3.3 Einführung der Entropie ............................................................................52
3.3.1 Entropie und Wahrscheinlichkeit ......................................................52
3.3.2 Zusammenhang zwischen Entropie und zugeführter Wärme .............55
3.3.3 II. Hauptsatz der Thermodynamik.....................................................56
3.3.4 III. Hauptsatz der Thermodynamik....................................................56
3.4 Weitere thermodynamische Funktionen .....................................................57
3.4.1 Enthalpie, Freie Energie, Gibbssche Freie Energie ............................57
4
3.4.2 Allgemeine Zustandsgleichung ..................................................................60
3.4.3 Expansionskoeffizient und Kompressibilität .....................................61
3.4.4 Spezifische Wärmen ..................................................................................61
3.5 Zustandsgleichungen realer Gase...............................................................62
3.5.1 Virialgleichungen .............................................................................62
3.5.2 van der Waalsgleichung ....................................................................63
3.5.3 Joule-Thomson-Experiment ..............................................................65
3.6 Chemische Thermodynamik ......................................................................67
3.6.1 Standardgrößen.................................................................................67
3.6.2 Gleichgewichtsbedingungen, chemisches Potential ...........................68
3.6.3 Gibbssche Phasenregel......................................................................70
5
1 Zwischenmolekulare Kräfte und Agreggation
Fragen:
- Wie entstehen aus Molekülen Flüssigkeiten und Festkörper?
- Welche Kräfte wirken zwischen Molekülen?
1.1 Aggregation geladener Teilchen
1.1.1 Coulombkraft, Coulombenergie, Gleichgewichtsabstand
Beispiel: NaCl
rNa + = 95 pm , rCl − = 184 pm , r = rNa + + rCl −
Einheiten : 100 pm = 1 Å = 10-10 m
Annahme: Der Schwerpunkt der Ladungen befindet sich im Kern.
FC =
Anziehung: Coulombkraft
1
4πε 0
⋅
q Na + ⋅ qCl −
r2
C2
(Dielektrizitätskonstante im Vakuum)
Jm
= + e0 ≅ 1,6 ⋅ 10 −19 C
ε 0 = 8,85 ⋅ 10 −12
q Na +
qCl − = − e0 ≅ −1,6 ⋅ 10 −19 C
Anziehende Kräfte haben ein negatives Vorzeichen.
R
= ÿ FC dr
E Anziehung
∞
1
R
1
dr
2
4πε 0
r
∞
1 2 1
=−
e0 ⋅
R
4πε 0
=−
e02 ⋅ ÿ
Abstoßung: durch Überlappung der Elektronenhüllen
1
E Abstoßung = c n mit c = const. und 6 ≤ n ≤ 12
aus Erfahrung :
R
6
E ( R ) Gesamt
Gesamtenergie:
= E Anziehung + E Abstoßung
e02
1
=−
⋅ +c n
4πε 0 R
R
1
E(r)
Abstoßung
r
Anziehung
Energieminimum
Der Gleichgewichtsabstand zweier Ionen befindet sich im Energieminimum. Dort gilt:
ÿ
ÿ
- die anziehende Kraft ist gleich der abstoßenden Kraft : FAnziehung + FAbstoßung = 0
-
die erste Ableitung der Energie (des Potentials) ist gleich 0:
dE ( R ) Gesamt
=0
dR
Im Potentialminimum gilt:
dE ( R )
dR
=
=
d
1 e02
1
−
⋅ +c⋅ n
dR
4πε 0 R
R
1
4πε 0
⋅
e02
1
− n ⋅ c n+1 = 0
2
R
R
im Gleichgewichtsabstand ( R → R0 ) folgt hieraus für die Konstante c
c=
1
4πε 0
⋅
e02
⋅ R0n−1 .
n
Hiermit läßt sich die Konstante c für den Ausdruck der Energie im Gleichgewichtsabstand
ersetzen und man erhält einen gegenüber der reinen Coulomb-Energie um 1/n verringerten
Betrag:
7
E ( R0 ) = −
e02
1
1−
≈ ECoulomb .
4πε 0 R0
n
1
1.1.2 Ausgedehnte Kristallgitter, Madelung-Konstante
Beispiel eines eindimensionalen Kristallgitters:
+
-
+
-
+
-
+
-
-
zugelassen sind Wechselwirkungen mit dem nächsten und übernächsten Nachbarn, u.s.w.
die Wechselwirkung ist alternierend (anziehend und abstoßend)
die Wechselwirkung wird geringer mit größer werdenden Abstand
zur Berechnung der Wechselwirkungsenergie ist eine Reihenentwicklung durchzuführen
(Madelung)
In einem realen Kristall ist jedes Ion von Gegenionen umgeben. Für NaCl ergibt sich für die
Gitterenergie pro Ionenpaar:
1 e02
1
E ( R0 ) = −
⋅ 1.748 ⋅ 1 −
4πε 0 R0
n
1,748 ist die Korrekturkonstante für das NaCl-Gitter und wird „Madelung-Konstante“ genannt
Definition:
Die Madelung-Konstante beschreibt das Verhältnis der Energie pro Ionenpaar
im Kristall zum freien Ionenpaar und hängt von der Geometrie des Kristallgitters ab.
Beispiele einiger Ionengitter:
NaCl-Kristall
Koordinationszahl = 6
Ionenradien : rCl − = 184 pm und rNa + = 95 pm
r+
Radienverhältnis : − = 0,4
r
8
Zinkblende
Koordinationszahl = 4
r+
Radienverhältnis : − = 0,225
r
CsCl-Gitter
Koordinationszahl = 8
r+
Radienverhältnis : − ≅ 0,72
r
Merke !
Die Ionen formen immer diejenige Gitterstruktur, welche aufgrund ihrer Ionenradien den
höchsten Energiegewinn ergibt.
9
Grund für Abweichungen:
Kovalente Bindungsanteile
Definition der Ionenradien (O2— - Durchmesser wird gleich 140 pm gesetzt)
1.2 Aggregation ungeladener Teilchen
1.2.1 elektrisches Dipolmoment, Drehmoment, Dielektrikum
Repetition einiger Begriffe aus der allgemeinen Chemie
10
elektrisches Dipolmoment
Beispiel: HF
Die Bindung wird Aufgrund der verschiedenen Elektronegativitäten der Atome polarisiert.
Dadurch hat HF ein elektronisches Dipolmoment:
p HF ≅ 1,87 D
Definition des Dipolmoments
δ−
δ+
ÿ ÿ
p = a ⋅δ
ÿ
a
auf die Chemie angepasste Einheit
Einheit: Cm
1 D = 1 El.stat.Einh. *1 Angstr. = 3,335 ⋅ 10 −30 C ⋅ m ≈ e0 ⋅ 0,2 ÿ
Einige Dipolmomente
HCl
HBr
HI
p ≈ 1D
p ≈ 0,8D
p ≈ 0,44 D
Das elektrische Feld
ÿ
E
A
B
d
+
-
11
Zwischen den Platten A und B eines geladenen Kondensators befindet sich das elektrische
ÿ
Feld E .
ÿ
ÿ F U
E= = ÿ
q d
Definition: elektrische Feldstärke:
Einheit:
N V
=
C m
Die elektrische Feldstärke ist ein Maß für die Kraft, die auf eine Ladung im elektrischen Feld
ausgeübt wird. Speziell für den Plattenkondensator ist die elektrische Feldstärke der Quotient
aus elektrischer Spannung U zwischen den Platten A und B und dem Plattenabstand d.
Definition: elektrische Spannung:
B
ÿ ÿ
U AB = ÿ E ⋅ dr
Einheit:
A
Nm J
= =V
C
C
Drehmoment
Ein Dipol befinde sich in einem homogenen elektrischen Feld eines Plattenkondensators:
+
+
F=+E⋅δ
a/2
ϕ
+
x
-
p
+
F = -E ⋅ δ
a/2
-
-
Das Dipolmoment richtet sich parallel zur angelegten Feldstärke aus.
Ist das Dipolmoment nicht parallel zum Feld ausgerichtet, so wirkt ein Drehmoment:
Für den Betrag des Drehmoments gilt:
T = 2 ⋅ F ⋅ a / 2 ⋅ sin ϕ = 2 ⋅ E ⋅ δ ⋅ a / 2 ⋅ sin ϕ = E ⋅ p ⋅ sin ϕ
Beträgt der Winkel ϕ zwischen Feldrichtung und Dipolmoment 90°, so ist das Drehmoment
maximal. Das Drehmoment verschwindet, wenn das Dipolmoment parallel zum Feld ausgerichtet ist, der Winkel ϕ also 0° beträgt.
Die Richtung des Drehmoments ergibt sich aus der vektoriellen Schreibweise
ÿ ÿ ÿ
T = E× p
-
im homogenen elektrischen Feld wirkt nur ein Drehmoment auf ein Dipolmoment.
im inhomogenen elektrischen Feld wirkt zusätzlich noch eine Kraft auf das Dipolmoment,
die es zu dem Ort höherer Feldstärke zieht
12
Dielektrikum
Betrachten wir einen Plattenkondensator im Vakuum, dessen Platten eine Fläche A besitzen
und in einem Abstand d voneinander entfernt sind.
d
Wird eine Spannung U an die Kondensatorplatten angelegt, so beträgt die elektrische Feldstärke
U
E= .
d
Die Ladung auf den Kondensatorplatten beträgt +Q0, -Q0
Die elektrische Verschiebung ist definiert als
D=
Q0
,
A
es gilt weiterhin
D = ε0 ⋅ E .
ε 0 ist die Dielektrizitätskonstante im Vakuum.
Nun befindet sich ein Dielektrikum zwischen den Platten des Kondensators:
Die Moleküle in Dielektrikum richten sich aus, ihre Ladungen erzeugen durch Induktion zusätzliche Ladungen ∆Q auf den Oberflächen der Platten. Die elektrische Verschiebung steigt
an.
Phänomenologische Beschreibung:
D = ε ⋅ε0 ⋅ E =
Q0 + ∆Q
A
∆Q ist die zusätzliche Ladungsdichte, die durch die Dipole im Dielektrikum erzeugt werden.
Die dielektrische Verschiebung ist um den Faktor ε (Dielektrizitätskonstante des Mediums)
erhöht.
13
Zusatzladung auf der Oberfläche: ∆Q =
d
ÿ
p ist die Summe der Dipole im Medium.
ÿ
p
,
ÿ
ÿ
p Q0
p
Q0
=
+
=
+
A A⋅d
A
V
D
= ε 0 ⋅ E + P = εε 0 E .
P=
ÿ
p
V
bezeichnet die Polarisation des Mediums.
-
Aufgrund der unvollständigen Orientierung der Moleküle im Medium, stellt
-
Maximalwert der Polarisation P dar.
je größer die Dielektrizitätskonstante ε, desto größer ist die Polarisation P
ÿ
p
V
den
Beispiele einiger Dielektrizitätskonstanten:
Vakuum
Luft
Wachs
Glas
Wasser
Eis
ε=1
ε = 1,0006
ε = 2,1
ε=5–9
ε = 81
ε = 4.9
1.2.2 Dipolkräfte
Gegeben seien zwei Dipole, die sich im Abstand x voneinander befinden:
Die Kraft, die zwischen diesen beiden Dipolen wirkt, läßt sich mit Hilfe des CoulombGesetzes berechnen:
(+ q ) ⋅ (− q ) + (− q ) ⋅ (+ q )
4πε 0
r
r
(r + a )2
(r − a )2
2
2
2
2
1 2q 2 (r + a ) (r − a ) − q 2 r 2 (r − a ) − q 2 r 2 (r + a )
=
2
2
4πε 0
r 2 (r + a ) (r − a )
FD =
.
1
(+ q )2
2
+
(− q )2
2
+
14
. FD = −
1
4πε 0
q2
2
1 a
6a r 1 −
3 r
2
2
r6 1−
a
r
2
.
2
wird das Dipolmoment p = a ⋅ q eingesetzt, so ergibt sich
FD = −
1
4πε 0
⋅
6 p2
⋅
r4
2
1 a
1−
3 r
1−
a
r
2
2
.
Punktdipolnäherung: Die Ladungsschwerpunkte seien viel näher zusammen als der Abstand
der Dipole, d.h. r » a
FD = −
1
4πε 0
⋅
6p2
.
r4
Handelt es sich um zwei verschiedene Dipole mit den Dipolmomenten p1 und p2, so ergibt
sich als Dipolkraft:
FD = −
1
4πε 0
⋅
6 p1 ⋅ p 2
.
r4
1.2.3 Induktionskräfte
Moleküle mit einem permanenten Dipolmoment polarisieren Moleküle, die kein Dipolmoment besitzen, aber polarisierbar sind. Diese Moleküle erhalten dadurch ein induziertes Dipolmoment. Das permanente und das induzierte Dipolmoment ziehen sich gegenseitig an.
pind
α
E
= induziertes Dipolmoment
= Polarisierbarkeit
= Feldstärke am Ort des unpolaren Moleküls
Zur Berechnung der wechselwirkenden Kraft zwischen induzierenden und induziertem Dipol
benötigen wir zunächst das elektrische Feld des permanenten Dipols am Ort des unpolaren
15
Moleküls. Die Feldstärke einer punktförmigen Ladung, deren Gegenladung sich im Unendlichen befindet, erhält man über die elektrische Verschiebung:
D=
E=
Q
Q
=
A 4πr 2
E=
(+ q )
1
4πε 0
a
r−
2
2
(− q )
+
a
r+
2
D
Q
=
ε 0 4πε 0 r 2
q
⋅ 2⋅
=......=
4πε 0 r
2
1
2
a
r
a
1−
2r
2
2
mit r » a und p = a ⋅ q als induzierendes Dipolmoment folgt:
ÿ
E=
ÿ
2p
⋅
.
4πε 0 r 3
1
Durch dieses elektrische Feld entsteht ein induziertes Dipolmoment:
pind = α ⋅ E = α ⋅
1
4πε 0
⋅
ÿ
2p
,
r3
wobei α die Polarisierbarkeit des Moleküls ist. Damit läßt sich schließlich die Kraft zwischen
dem permanenten und dem induzierten Dipolmoment bestimmen:
Find
6 p ⋅ pind
1
=−
⋅
=−
4
4πε 0
4πε 0
r
1
2
12 p 2
α.
r7
Der Energiegewinn, wenn sich die beide Dipole aus dem Unendlich annähern, ergibt sich aus:
ÿ
= ÿ FD dr =
r
Eind
∞
1
4πε 0
2
2 p 2α
.
r6
1.2.4 Dispersionskräfte (van-der-Waals Kräfte)
Betrachte zwei He-Atome im Abstand r zueinander. Obwohl die beiden He-Atome eine sphärische Ladungsverteilung besitzen, ziehen sie sich gegenseitig an. Im zeitlichen Mittel wird
die Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Elektronen durch die sphärischen 1s-Orbitale beschrieben. Momentan können aber Dipolmomente von der Größenordnung
p mom =
3
e0 ⋅ a 0
2
16
auftreten.
Dies beeinflußt die Elektronenverteilung im anderen Atom und führt zu einem induzierten
Dipolmoment und damit zu einer anziehenden Kraft:
2
1
Fdisp = −
4πε 0
2
12 p mom
⋅α
.
7
r
Führen wir nun die Polarisierbarkeit
9
2
α = 4πε 0 ⋅ ⋅ a 03
mit dem Bohr-Radius a0 = 0.529 Å
und die Ionisierungsenergie
I=
1
4πε 0
⋅
e02
2a 0
ein und multiplizieren beide, so erhält man den gleichen Ausdruck wie für die momentane
Polarisation p mom ².
2
p mom
=α ⋅I .
Hiermit läßt sich die Dispersionskraft als Funktion der Ionisierungsenergie ausdrücken:
Fdisp = −
2
1
4πε 0
12α 2
⋅I .
r7
Die Dispersionsenergie erfolgt wiederum durch eine Integration:
r
E disp = ÿ Fdisp dr = −
∞
1
4πε 0
2
2α 2
I.
r6
Im allgemeinen Fall für unterschiedliche Ionisierungsenergien ist die Dispersionsenergie
E disp =
1
4πε 0
2
2α 1α 2 I1 ⋅ I 2
.
⋅
I1 + I 2
r6
17
1.2.5 Lennard-Jones Potential
Zusammenfassung:
Molekulare Flüssigkeiten oder Festkörper bilden sich aufgrund von:
-
Coulombkräfte (zwischen Ionen)
Dipolkräfte (zwischen Molekülen mit permanenten Dipolmomenten)
Induktionskräfte (zwischen Molekülen mit einem permanenten Dipolmoment und
Molekülen mit einem induzierten Dipolmoment)
Dispersionskräfte (zwischen unpolaren Molekülen)
Dabei gilt : Eion > Edipol > Eind > Edisp
Das Lennard-Jones-Potential beschreibt die Wechselwirkung zwischen Molekülen:
E Pot = c n
r0
r
Abstossung
n
− cm
r0
r
m
Anziehung
Häufig findet man zwischen unpolare Moleküle m=6 (van-der-Waals Wechselwirkung) und
n=12.
Ein Lennard-Jones Potential hat die folgende Form:
E
Abstoßung
r
Anziehung
18
1.2.6 Wasserstoff-Brücken
H
Beispiel:
O
H
H
O
H
Die Wechselwirkung des Wasserstoffs eines Wassermoleküls mit dem freien Elektronenpaar
eines anderen Wassermoleküls ist so stark, dass der Abstand H......O kleiner ist als die Summen der van-der-Waals Radien. Es handelt sich hier um eine partielle chemische Bindung.
Der Abstand der Wasserstoffbrückenbindung liegt zwischen den Radien der einzelnen Atomen und dem Abstand einer chemischen Bindung:
O und H (1,4Å + 1,2Å = 2,6 Å) > O...H (H-Brücke) > O__H (OH-Bindung = 0,97Å).
Wasserstoff-Brückebindungen äußern sich
- in einem hohen Siedepunkt
- höheres spezifisches Gewicht von flüssigem Wasser als von Eis (wegen der gerichteten
Wechselwirkung im Eis ist keine dichteste Packung der Moleküle möglich)
- hohe Viskosität von z.B. Ethylenglycol
19
2 Temperatur und Wärmebewegung von Molekülen
Die kinetische Gastheorie beschreibt den Zusammenhang zwischen dem thermodynamischen
Begriff „Temperatur“ und dem mechanischen Begriff „Bewegung“.
2.1 Ideales Gasgesetz
Phänomenologische Beschreibung der Temperatur am Beispiel des idealen Gases.
Das Gas im Inneren des Behälters übt eine Kraft auf die Behälterwand
aus:
F
N
p=
Einheit:
= Pa
A
m2
alte Einheit: 1bar = 10 5 Pa
A
Ideales Gasgesetz : p ⋅ V = n ⋅ R ⋅ T
p = Druck
V = Volumen
n = Anzahl der Mole
R = allgemeine Gaskonstante = 8,314 J/(mol K)
T = absolute Temperatur = T°C + 273,15 K
Aus physikalischen Gründen gilt am absoluten Nullpunkt, dass der Druck = 0 ist. Dies ist
jedoch nur richtig für ideale Gase, reale Gase kondensieren vorher.
Beispie: Kondensation von H2O-Dampf
einige Siedepunkte :
CO2
CH4
N2
:
:
:
194,67 K
111,45 K
77,35 K
O2 :
H2 :
He :
90,18 K
20,35 K
4,22 K
Die Bewegung der Moleküle arbeitet gegen die Anziehung der Moleküle.
20
2.2 Einführung in die kinetische Gastheorie
Ziel dieses Abschnitts ist, den Druck und die Temperatur durch den Energieinhalt der Moleküle zu beschreiben
2.2.1 Voraussetzungen für das Modell
1) Die Moleküle haben alle die gleiche kinetische Energie : E =
1
⋅ m ⋅ v 2 , wobei m die Mo2
lekülmasse und v deren mittlere Geschwindigkeit ist.
1
2) Je der Moleküle bewege sich in eine Raumrichtung
3
3) Davon bewegt sich die Hälfte in positiver, die andere in negativer Richtung
4) Das Gesamtvolumen der Gasteilchen ist im Vergleich zum Behältervolumen vernachlässigbar (Punktmassen)
5) Es gibt keine Anziehungskräfte zwischen den Molekülen
6) Es gibt nur elastische Stöße zwischen Teilchen und Wand
2.2.2 Beziehung zwischen mittlerer kinetischer Energie und absoluter Temperatur
Ein Teilchen fliegt gegen eine Wand und wird reflektiert:
Die Geschwindigkeitsänderung beträgt
∆v = 2 ⋅ v .
Das Teilchen übt auf die Wand eine Kraft aus:
∆v
F = m⋅
.
∆t
Dadurch entsteht ein Druck der Größe
F m ⋅ 2v
.
p= =
A A ⋅ ∆t
21
Die Wechselwirkungszeit ∆t ist unbekannt. Deswegen benutzen wir folgende Hilfskonstruktion:
2mv
p ⋅ ∆t =
A
unbekannt
konstant
Die Fläche muss immer konstant sein : p⋅∆t = konst.
Frage: Wie groß ist der mittlere Druck?
c c
c c c c
+ +0+0+0+ + + +
2 2
4 4 4 4 = c+c+c
p=
13
13
Anzahl der Stöße im Zeit int ervall 2mv
⋅
p=
Länge des Zeit int ervalls
A
Anzahl der Stöße 2mv
p=
⋅
s
A
0+c+0+0+
mittlere Druck :
Frage: Wieviel Teilchen pro s treffen auf die Wand?
v⋅∆t
∆t = 1 s
A
alle Teilchen, die diese Entfernung haben, können zur
Wand kommen.
∆N
1
N
6
=
Anzahl der Teilchen, die die Wand in 1s stoßen
=
Anzahl der Teilchen, die im Volumen V überhaupt in diese Richtung fliegen.
∆N v ⋅ ∆t ⋅ A
=
1
V
N
6
v⋅ A
∆N 1
= N⋅
∆t 6
V
22
Setzt man dies in den Ausdruck für den mittlere Druck ein, so führt dies zu
p=p=
∆N 2mv 1 N
⋅
=
⋅ mv 2
∆t
A
3V
Diese Gleichung beschreibt eine Verbindung zwischen dem meßbaren Druck und der Geschwindigkeit der Moleküle.
Die Gleichung umgestellt ergibt
1
2
N ⋅ mv 2 = N ⋅ E kin
3
3
p ⋅V =
für 1 mol folgt
p ⋅ Vm =
2
N A ⋅ E kin = R ⋅ T = k ⋅ N A ⋅ T .
3
mit der allgemeinen Gasgleichung. Durch einen Vergleich erkennt man schließlich, daß
E kin =
3
kT .
2
Dies ist der gesuchte Zusammenhang zwischen der kinetischen Energie und der absoluten
Temperatur.
2.2.3 Die mittlere freie Weglänge
Ein leichtes Teilchen (z.B. He) bewegt sich in Br2:
Definition der mittleren freien Weglänge
Unter der mittleren freien Weglänge λ wollen wir die mittlere Distanz verstehen, die ein Teilchen zwischen 2 Stößen zurücklegt.
Definition des Stoßquerschnitts:
Grenzfall: Wenn der Mittelpunkt des Teilchens innerhalb der Fläche σ liegt, treffen sich die
Teilchen. σ wird Stoßquerschnitt genannt:
23
Stossquerschnitt :
σ = π (r1 + r2 )2
Volumen, dass einem Teilchen zwischen 2 Stößen zur Verfügung steht : σ⋅λ
V
Aus dem Volumen pro Teilchen = σ ⋅ λ ergibt sich:
N
λ=
1 V
⋅
σ N
für die mittlere freie Weglänge von Teilchen mit ortsfesten Stoßpartnern und
λ=
V
2σ N
1
⋅
für die mittlere freie Weglänge von Teilchen mit gleichartigen Stoßpartnern, wie z.B. in einem Gas.
Definition der Stoßzeit
Die Zeit zwischen zwei Stöße lautet: τ =
λ
v
, v = mittlere Geschwindigkeit der Teilchen.
2.2.4 Diffusion
2.2.4.1 Mittleres Verschiebungsquadrat
Fragen:
1. Wie sieht die Verteilung der Teilchen nach unendlich länger Zeit aus?
2. Wie lange dauert es, bis sich die Verteilungen angenähert haben?
Auf Grund der thermischen Bewegung führen die Teilchen eine Zick-zack-Bewegung aus.
Nehmen wir ein Teilchen an, das sich zum Zeitpunkt t = 0 im Ursprung befindet:
24
Da Stöße in jede Raumrichtung gleich häufig vorkommen, ergibt die Summe aller Wegstücke
bei unendlich langer Zeit Null:
(Mittelwert aller ∆x)
<∆x> = 0
Dies gilt aber nicht für das sog. mittlere Verschiebungsquadrat (s.u.)
<∆x2>
0
(Mittelwert aller ∆x²)
es wird gezeigt werden, dass gilt:
<∆x2> = j⋅λx2 , j = Anzahl der Stöße, λx2 = mittleres Verschiebungsquadrat in x-Richtung
< ∆x 2 >=
Bsp:
1
N
N
n =1
∆x n2
(Mittelwertbildung)
∆x = λ + λ + λ − λ + λ − λ − λ = λ
∆x 2 = (λ ) + (λ ) + (λ ) + (− λ ) + (λ ) + (− λ ) + (− λ ) = 7λ 2
2
2
2
Mittelwert: < ∆x > =
2
λ
7
2
2
< ∆x 2 >= λ2
2
< x2 > = λ
Frage: Wie weit entfernt sich ein Teilchen aufgrund der Diffusion im Mittel innerhalb der Zeit
ÿt von seinem Ursprung?
25
Position des Teilchens
zum Zeitpunkt t0 = 0:
zum Zeitpunkt t1=t0+∆
ÿ
r = (0,0,0)
ÿ
r = (∆x, ∆y , ∆z )
Betragsquadrat des Radiusvektors:
r 2 = ∆x 2 + ∆y 2 + ∆z 2
Wir beschränken wir uns auf eine Raumrichtung
Betrachte das Zustandekommen des mittleren Abstandsquadrats für ein Teilchen nach einem
Stoß:
(∆x j ) 2 = (∆x j −1 ± λx ) = ∆x 2j −1 ± 2∆x j −1λx + λ2x
2
Mittelwertbildung:
< (∆x j ) 2 >
1 N
(∆x j −1 ± λx ) 2n
N n=1
1 N
=
(∆x 2j −1 ± 2∆x j −1 ⋅ λx + λ2x ) n
N n=1
1 N
1 N
1
=
± (2∆x j −1λ x ) n +
(∆x j −1 ) 2n +
N n=1
N n=1
N
2
2
=< ( x j −1 ) > +0 + λ x
=
analog folgt für
< (∆x j −1 ) 2 >
1 N
(∆x j −2 ± λx ) 2
N n=1
=< (∆x j −2 ) 2 > + λ2x
=
wird dies rekursiv eingesetzt, folgt:
< ∆x 2j >=< ∆x 2j −2 > + 2λ2x
N
n =1
λ2x
26
Betrachtet man den Vorgang von Anfang an, d.h. j Stöße vorher so ergibt sich
< ∆x 2j >=< ∆x 2j − j > + j ⋅ λ2x
und damit schließlich
< ∆x 2j >= j ⋅ λ2x
∆t → j ⋅τ
∆s → j ⋅ λx
Die mittlere Geschwindigkeit der Gasteilchen in x-Richtung ist vx, damit folgt
Verknüpfung von j mit der Zeit ∆t (τ = Stosszeit) :
∆s = v x ⋅ ∆t = j ⋅ λ x
< ∆x 2j > = λ ⋅ ( j ⋅ λ x ) = λ x ⋅ v x ⋅ ∆t
Anmerkung:
vx ist die mittlere Geschwindigkeit aus der Temperaturbewegung der Teilchen.
2
Ekin = kT
3
,
1
1
Ekin = mv 2 = m ⋅ (v x2 + v y2 + v z2 )
2
2
v2 =
3kT
m
und
v=
3kT
m
Bei Gleichverteilung der kinetischen Energie auf alle Raumrichtungen ist
1
1
vx =
v
v x2 = v 2
3
3
Bei Gleichverteilung des mittleren Verschiebungsquadrats auf alle Raumrichtungen ist
< ∆r 2 > = j ⋅ λ2 = j ⋅ (λ2x + λ2y + λ2z ) = j ⋅ 3 ⋅ λ2x
λx =
1
λ
3
Auf die drei Raumrichtungen verteilt ergibt sich
1
< ∆x 2 >= λ ⋅ v ⋅ ∆t
3
1
< ∆y 2 >= λ ⋅ v ⋅ ∆t
3
1
< ∆z 2 >= λ ⋅ v ⋅ ∆t
3
Damit folgt dann insgesamt: < r 2 >= λ ⋅ v ⋅ ∆t
Merke! Der mittlere Abstand vom Ursprung nimmt mit der Quadratwurzel der Zeit ∆t zu:
r = < r 2 > = λ ⋅ v ⋅ ∆t
27
2.2.4.2 Das 1. Fick’sche Gesetz
Dieses Gesetz beschreibt die Diffusion aufgrund eines Konzentrationsgefälles.
Experiment:
Brom verdampft an der Unterseite des Gefäßes
Brom reagiert mit Silber an der Oberseite des Gefäßes: Br2 + 2 Ag → 2( AgBr )
Daraus folgt ein Materialtransport, da Gasteilchen durch die Reaktion aus der Gasphase entnommen werden.
Herleitung der Diffusionsgleichung
Betrachte die Diffusion durch eine dünne Scheibe der Fläche A und der Dicke ∆x.
In (1) befinden sich n1 Teilchen, in (2) n2. Die Teilchen sollen sich nur in x-Richtung bewegen
können. Die Hälfte bewegt sich nach oben, die andere nach unten. Es soll ein Konzentrationsgefälle von unten nach oben bestehen.
Für die Konzentrationen in (1) und (2) nehmen wir die mittlere Konzentration zwischen x-∆x
und x bzw. x und x+∆x an:
c1
=
=
½ ( c(x) + c(x-∆x) ) =
c(x) – ½ dc/dx ∆x
½ ( c(x) + ( c(x) - dc/dx ∆x ) )
c2
=
=
½ ( c(x) + c(x+∆x) ) =
c(x) + ½ dc/dx ∆x
½ ( c(x) + ( c(x) + dc/dx ∆x ) )
(Es besteht ein Konzentrationsgefälle nach oben => dc/dx ist negativ.)
28
Anzahl der Teilchen, die sich von (1) nach unten bewegen:
Beachte
a)
Anzahl der Teilchen im Volumenelement V: n = NA c V
b)
Vorfaktor ½ , da die andere Hälfte der Teilchen von (1) in die andere Richtung diffundiert)
n1
=
=
½ A ∆x NA c1 [m2 m Teilchen/mol mol/m3 = Teilchen]
½ A ∆x NA ( c(x) – ½ dc/dx ∆x)
Teilchen, die sich von (2) nach oben bewegen:
n2
=
=
½ A ∆x NA c2
½ A ∆x NA ( c(x) + ½ dc/dx ∆x)
Netto-Bewegung nach oben:
∆n
=
=
=
n1 – n2
- ½ A ∆x NA dc/dx ∆x
- ½ A NA dc/dx ∆x2
∆x² können wir mit der mittleren Teilchengeschwindigkeit in Verbindung bringen (s. oben): :
∆x2
=
<∆x2> =
1/3 λ v ∆t
damit ergibt sich:
∆n
=
=
∆n/∆t =
- ½ A NA dc/dx 1/3 λ v ∆t
- 1/6 A NA dc/dx λ v ∆t
- 1/6 λ v A NA dc/dx
Wird die Scheibchendicke und das Zeitintervall infinitesimal klein, so folgt:
dn/dt =
- 1/6 λ v A NA dc/dx
Die Anzahl der Teilchen dn, die pro Zeiteinheit dt nach oben strömen, ist proportional zum
Rohrquerschnitt A und zum Konzentrationsgefälle dc/dx.
Definitionen:
D
=
1/6 λ v
j
=
1/A dn/dt
Diffusionskonstante
Teilchenstromdichte (Teilchen pro Zeit und Fläche)
damit ergibt sich
j
=
- D NA dc/dx
1. Ficksches Gesetz
Ausgedrückt nur durch die Teilchenzahldichte (Nv = Teilchen pro Volumen)
Nv
=
NA c
29
ergibt sich
j
=
- D dNv/dx
1. Ficksches Gesetz
Der Teilchenfluß pro Querschnittsfläche und Zeit ist proportional zum Gefälle der Teilchendichte in dieser Richtung.
2.2.4.3 Das 2. Fick’sche Gesetz
behandelt die zeitabhängige Diffusion.
Beispiel: Verteilung von Gasteilchen zu den Zeiten t1 < t2 < t3
t1
t2
t3
30
Die Anzahl der Gasteilchen bleibt konstant, das heißt die Fläche unter der Kurve bleibt konstant, daher wird die Kurve flachgedrückt.
Die Gesamtzahl der Teilchen soll erhalten bleiben (nr gibt Teilchen pro Länge an):
∞
ÿ n (r )dr = n
r
0
0
Die Verteilung ist immer kugelsymmetrisch.
Jetzt schauen wir uns weit weg vom Ursprung ein Flächenelement an und betrachten, wieviele
Teilchen dort hindurchdiffundieren
zeitlich veränderte Konzentration.
Ableitung der Differentialgleichung
Volumenelement : ∆V=Aÿ∆x
Konzentration am Ort x soll bestimmt wurde.
Frage: Wieviele Teilchen gibt es hier in Abhängigkeit von der Zeit?
Anzahl Teilchen, die pro Zeiteinheit in ∆V hineinströmen:
dnin
= A ⋅ jx ,
jx : Teilchenfluss am Ort x
dt
Teilchen
j=
= Teilchenstromdichte
Flächenelement ⋅ Zeitintervall
Anzahl Teilchen, die pro Zeitintervall aus ∆V herausströmen:
dnout
= A ⋅ j x + ∆x
dt
Zeitlich veränderte Konzentration
sind nicht gleich:
Anzahl der Teilchen, die hinein- bzw. hinausströmen,
Wie ändert sich der Strom von jx nach jx+∆x:
31
j x + ∆x = j x +
dj x
⋅ ∆x
dx
-----------Einschub: Differentialgleichung – wie groß ist der Funktionswert einer Funktion f(x) bei einer Änderung von x um ∆x?
df ( x ′)
⋅ ∆x
f ( x ′ + ∆x ) = f ( x ′ ) +
dx ′
(
df ( x )
ist die Steigung der Funktion f an der Stelle x)
dx
Voraussetzung : ∆x muss so klein gewählt sein, dass die Krümmung der Kurve vernachlässigbar ist, d.h. als Gerade angenähert werden kann
------------
Änderung der Anzahl Teilchen im Volumenelement pro Zeitintervall:
dnin dnout
−
= A ( j x − ∆j x+ ∆x )
dt
dt
dj
dj
dn
= A j x − j x − x ∆x = − A x ∆x
dt
dx
dx
dc
mit 1. Fick’sches Gesetz : j x = − D ⋅ N A
dx
2
dj x
d c
d dc
= −D ⋅ N A 2 = − D ⋅ N A
dx
dx
dx dx
dj
− A x ∆x
dn
dx
=
dt ⋅ A ⋅ ∆x ⋅ N A A ⋅ ∆x ⋅ N A
dc
d 2c
= D⋅ 2
dt
dx
2. Fick’sches Gesetz
und
c=
n
n
=
V A ⋅ ∆x
32
Das 2. Fick’sche Gesetz ist eine Differentialgleichung 1. Ordnung in t und 2. Ordnung in x.
Die zeitliche Änderung der Konzentration hängt von der Krümmung des Konzentrationsverlaufes ab. Je stärker die Krümmung, desto größer die zeitliche Änderung.
Bsp.: Linearer Konzentrationsverlauf
linear bedeutet
dc
=m
dx
(→ 1. Fick’sches Gesetz)
= konstant
Frage: Wie ändert sich der Konzentrationsverlauf als Funktion der Zeit?
Lösung: 2. Fick’sches Gesetz
d 2c
dc
=D 2
dt
dx
→
d dc
d
=
⋅m = 0
dx dx
dx
dc
= 0 d.h., die Konzentration ändert sich zeitlich nicht.
dt
Die Konzentration an einem Ort x ändert sich nicht mit der Zeit, weil der Fluss von Teilchen
in das gedachte Volumen ∆V hinein und heraus gleich groß ist.
Eine Differentialgleichung hat in der Regel mehrere Lösungen. Aus diesem Spektrum wird
eine Lösung herausgenommen.
Eine Lösung für das 2. Fick’sches Gesetz in einer Dimension lautet:
c( x, t ) =
x2
−
C0
e 4 Dt
4πDt
c hat bei einer Dimension auch die Dimension Mol / Länge !
33
Diese Funktion hat die Form einer Glocke und heißt daher Gauß’sche Glocke. Sie hat folgende Eigenschaften:
•
sie ist symmetrisch (x²)
•
der Wert im Ursprung beträgt
•
sie geht für große x gegen 0
c0
4πDt
Normierung:
Die Fläche unter der Funktion bleibt konstant, d.h. die Anzahl Mole n0 bleibt erhalten
+∞
ÿ c( x, t )dx = n
0
−∞
Gesamtzahl der Mole:
n0 =
+∞
ÿ c( x, t )dx
−∞
=
+∞
ÿ
−∞
x2
−
c0
e 4 Dt dx
4πDt
=
c0
4πDt
in einer Integraltafel lässt sich das Integral nachschlagen:
+∞
ÿe
−∞
−
x2
4 Dt
dx
34
+∞
ÿe
−a2x2
dx =
0
π
2a
, ∀a > 0
unser Integral ist doppelt so groß (von - ∞ bis + ∞)
+∞
ÿe
−a 2 x 2
dx =
−∞
π
a
,
durch Vergleich ist a 2 =
1
4 Dt
a=
1
4 Dt
damit lässt sich das obige Integral lösen und es folgt als Lösung
n0 =
1
⋅ 4πDt = c0
4πDt
⇔
n0 = c0
d.h. c0 ist die normierte Anzahl der Mole.
Setzt man die Anfangskonzentration gleich 1, gibt die Funktion die Wahrscheinlichkeit an,
ein Teilchen zu einer Zeit t am Ort x zu finden.
Mit einer normierten Wahrscheinlichkeitsfunktion lassen sich Erwartungswerte berechnen:
z.B. Berechnung des mittleren Weges <x>:
<x>=
+∞
ÿ x ⋅ c( x, t )dx =
−∞
1
4πDt
+∞
ÿ x⋅e
−
x2
4 Dt
dx = 0
−∞
Die Lösung dieses Integrals lässt sich leicht geometrisch veranschaulichen:
Das Flächenintegral antisymmetrischer Funktionen ist Null.
Berechnung des mittleren Verschiebungsquadrats: <x²>
+∞
1
< x > = ÿ x ⋅ c ( x, t )dx =
4πDt
−∞
2
2
+∞
ÿx
−∞
2
⋅e
x2
4 Dt
dx =
π
1
= 2 Dt
3/ 2
4πDt 2 (1 / 4 Dt )
35
2.2.4.4 Diffusion in drei Dimensionen
r 2 = x2 + y2 + z 2
G ( x, y , z , t ) =
1
π 4 Dt
3
⋅e
−
x2
4 Dt
⋅e
−
y2
4 Dt
⋅e
−
z2
4 Dt
Die Gesamtwahrscheinlichkeit ist das Produkt der Einzelwahrscheinlichkeiten.
G ( x, y, z, t )
=
1
π 4 Dt
=
1
π 4 Dt
3
⋅e
3
⋅e
−
x2 + y 2 + z 2
4 Dt
−
r2
4 Dt
= G (r , t )
2.3. Energieverteilung als Funktion der Temperatur
2.3.1 Gleichverteilung der Energie
Energieinhalt von Molekülen setzt sich aus folgenden Beiträgen zusammen:
•
•
•
•
elektronische Energie
vibratorische Energie
rotatorische Energie
translatorische (kinetische) Energie
Resultat aus der Quantenmechanik:
36
Unterschiede in den Energiestufen:
∆Eel > ∆Evib > ∆Erot > ∆Etrans
Die Frage, wie bei einer bestimmten Temperatur die Energie auf die verschiedenen Zustände
verteilt ist, wird im folgenden Abschnitt besprochen.
2.3.2 Boltzmann’scher e-Satz
Betrachten wir zunächst ein einführendes Beispiel:
Wie nimmt der Luftdruck mit der Höhe ab, wenn man sich von der Erdoberfläche entfernt?
Zur Lösung benutzen wir die barometrische Höhenformel.
− dp =
g ⋅ dm
,
A
Volumenelement
Druckabnahme von z nach dz :
g
= Erdbeschleunigung
m
= Masse der Moleküle im Volumenelement
dV = A⋅dz
g ⋅ ρ ⋅ A ⋅ dz
= g ⋅ ρ ⋅ dz
A
Dichte nimmt als Funktion der Höhe ab.
=> dm = ρ⋅dV = ρ⋅A⋅dz
− dp =
37
Druckabhängigkeit der Dichte : ρ =
M M⋅p
=
V
RT
→ − dp = g ⋅
M⋅p
⋅ dz
RT
Dies ist eine Differentialgleichung, die Integration erfolgt durch Variablenseparation :
p'
gMz '
z'
−
dp
M
p'
RT
=
−
g
dz
→
=
e
mit g ⋅ M ⋅ z = E pot ( z ) und p ' p
ÿp p
ÿ
RT
p
0
0
0
gMz
−
p
= e RT
p0
Ursprünglich sollte überlegt werden, wieviele Moleküle eine bestimmte potentielle Energie
besitzen. Daher wird der Ausdruck umgerechnet in eine Anzahl von Molekülen:
pVM=RT, R=NA⋅k
pV = nRT =nNAkT
für eine bestimmte Anzahl Mole, nNA = N = Anzahl der Teilchen
N
kT
kT = N
V
V
kT
E pot
N
−
p
V
=
= e RT
kT
p0
N0
V
p=
→
−
N
=e
N0
∆E pot
RT
, N0 = Gesamtzahl der Teilchen
Das Resultat gibt das Verhältnis der Moleküle zur Gesamtzahl der Teilchen an, die die potentielle Energie ∆Epot gegenüber den Molekülen am Referenzpunkt haben.
Der Ausdruck ist ein Sonderfall einer ganz allgemein geltender Verteilungsfunktion, die die
Häufigkeit des Vorkommens von Molekülen mit verschiedenen Energien ausdrückt, nämlich
des Boltzmann’schen e-Satzes, zu Ehren von Ludwig Boltzmann (1844 – 1906).
2.3.3 Energieinhalt eines Moleküls
38
2.3.3.1 Verteilung auf elektronische Zustände
Frage: Welche Verteilung der Zustände ergibt sich bei thermischer Anregung ?
Gesamtzahl der Teilchen:
N = N0 + N1 + N2 + ...
Als Näherung soll gelten:
N = N0 + N1 (1)
∆E
Boltzmann’scher e-Satz :
−
N1
= e kT
N0
(2)
;
∆E = E1 – E0
Die Besetzungszahl im unteren Energieniveau lautet: (2) in (1)
N = N0 + N0 ⋅ e
−
∆E
kT
= N 0 1 + exp −
⇔ N0 =
N
∆E
1 + exp( −
)
kT
∆E
kT
(3)
Besetzungszahl im 1. angeregten Niveau : (3) in (1)
39
N=
N
+ N1
∆E
1 + exp −
kT
N1 = N −
N
∆E
1 + exp −
kT
= N 1−
1
⇔
∆E
1 + exp −
kT
∆E
−1
1
kT
N1 = N ⋅
=N
∆E
∆E
1 + exp −
1 + exp
kT
kT
1 + exp −
( 4)
Verhalten für hohe Temperatur:
∆E
kT » ∆E
→0
kT
N
(3) → N 0 =
2
N
(4) → N 1 =
2
e
±
∆E
kT
→1
Verhalten für tiefe Temperatur:
(3) →
∆E
→∞
kT
N0 = N
(4) →
N1 = 0
kT « ∆E
e
+
∆E
kT
→ ∞ und
e
−
∆E
kT
→0
Die Bedeutung von hoher und tiefer Temperatur wird an einer Berechnung für die gelbe NaLinie deutlich:
600 nm = 180 kJ/mol = k*22500 K. d.h. Erst bei dieser Temperatur ist kT = )E.
Allgemein gilt bei der Betrachtung mehrerer Energieniveaus :
Ni
e − βE i
= ∞
N
e − β En
n=0
;
β=
1
kT
40
Dies ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich ein Molekül im „i“-ten Quantenzustand befindet.
Der Ausdruck z =
∞
e − βEn wird als „Zustandssumme“ bezeichnet.
n =0
Beispiel : zwei Zustände E0 , E1 :
N1
e − βE1
1
(es ergibt sich also genau der Ausdruck wie oben hergeleitet)
= − βE0
=
− βE1
β ( E1 − E0 )
N e
+e
1+ e
2.3.3.2 Verteilung auf vibratorische Zustände
Wiederholung — Federpendel : harmonische Näherung
Energiezustände: En = n +
1
h ⋅ν 0
2
;
n=0, 1, 2, .... — Quantenzahl
Keine Schwingungsenergie würde bedeuten, dass die Teilchen einen festen Abstand haben
und keinen Impuls gegeneinander. Das ist mit der Unschärferelation unvereinbar. Die Nullpunktsenergien, so man sie nutzbar machen könnte, sind gewaltig: Für Wasserstoff ergibt sich
ein Wert von 18.4 kJ/mol.
D
ν0 =
1
2π
µ=
m1 ⋅ m2
m1 + m2
µ
reduzierte Masse
Man berechne die reduzierten Massen für H-H, C-H, N-H, C-D, D-D und vergleiche.
Annahme : Gas aus zweiatomigen Molekülen (z.B. H2, N2, ...)
Die Schwingungsenergie aller Moleküle ergibt sich aus der Summe der Einzelbeiträge:
Evib = N0E0 + N1E1 + N2E2 + .......
41
Evib = N ⋅ h ⋅ν 0
1
1
+
hν 0
2
exp
−1
kT
Verhalten für tiefe Temperaturen:
T
0K
Evib =
1
Nhν 0
2
Verhalten für hohe Temperaturen:
T
K
1
→∞
exp(0) −1
Reihenentwicklung der Exponentialfunktion f(x)=ex :
hν
∂f ( x)
⋅ ∆x + ...... ≅ 1 + 0
f (∆x ) = f (0) +
∂x 0
kT
damit ergibt sich : Evib = Nhν 0
kT 1
+
≅ NkT
hν 0 2
(für hohe Temperaturen geht die mittlere Energie gegen den klassischen Grenzfall)
2.3.3.3 Verteilung auf rotatorische Zustände
es folgt aus der Quantenmechanik: En =
h2
8π 2 µr 2
n(n + 1) , mit n = 0,1,2,.....
r = Kernabstand
42
Energieniveaus für Rotationszustände zweiatomiger Moleküle
Jedes Energieniveau ist (2n+1)-fach entartet, d.h. es gibt 2n+1 verschieden, aber energetisch
gleiche Zustände.
Gesamtenergie :
Erot =
∞
i =0
N i Ei
für hohe Temperaturen gilt der klassische Grenzfall: Erot = NkT
2.3.3.4 Verteilung auf translatorische Zustände
Aus der Quantenmechanik:
h2
E (n x , n y , n z ) =
n x2 + n y2 + n z2
2
8mL
(
)
,
mit nx, ny ,nz = 1,2,3, .........
Energiezustände von Molekülen der Masse m in einem würfelförmigen Behälter der Kantenlänge L.
Wahrscheinlichkeit, dass ein Molekül in dem durch nx, ny, nz charakterisierten Energiezustand
vorliegt :
E (n x , n y , n z )
1
W (n x , n y , n z ) =
⋅ exp −
Z trans
kT
Zustandssumme :
Z trans =
∞
∞
∞
exp −
n x =1 n y =1 nz =1
3
2
E (n x , n y , n z )
kT
,
V=Volumen des Behälters
2πmkT
⋅V
h2
nx, ny, nz beschreiben Translationszustände; alle ni sind positiv und lassen sich als Gitterpunkte im 1.Oktanden eines räumlichen Koordinatensystems vorstellen.
=
43
R = n x2 + n y2 + n z2
ist der Radius der 1/8 Kugel, in der g Translationszustände liegen, deren höchste Energie den
Wert E hat :
1 4
g = ⋅ π R3
(Volumen der 1/8 Kugel)
8 3
=
=
π
(n
6
2
x
+ n y2 + n z2
π 8mL E
2
6
)
3
2
3
2
h2
4πV 2m
g=
E
3
h2
3
2
dg
dE
2m
dg = 2π v 2
h
3
2
E dE
dg ist die Anzahl der Translationszustände, die im Energieintervall von E bis E+dE liegen.
Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Translationszustände besetzt sind :
dW ( E , dE ) = c dg ⋅ exp −
dW ( E , dE ) = c' E exp −
1
E = mv 2 → dE = mvdv
2
E
kT
E
dE
kT
dW (v, dv) = c′′v 2 exp −
mv 2
dN
dv =
2kT
N
Dies ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Moleküle Geschwindigkeiten zwischen v und dv
haben.
Die Integrationskonstante c“ erhält man aus der Normierung:
ÿ dN = N
m
c′′ = 4π
2πkT
3
2
44
Damit ergibt sich die Maxwell’sche Geschwindigkeitsverteilung:
dN
m
= 4π
N
2πkT
3
2
mv 2
v exp −
dv
2kT
2
hieraus folgen:
mittlere Geschwindigkeit : < v >=
1
N
v=∞
ÿ v dN =
2
v =0
∞
mittlere Translationsenergie : Etrans
3kT
m
1 m
3
= ÿ v 2 dN = kT
N0 2
2
45
3 Thermodynamik
3.1 Innere Energie, Wärme und Arbeit
3.1.1 Innere Energie
Def. Man nennt den gesamten Energieinhalt eines Systems von Molekülen Innere Energie U
U = Ue + Uvib + Urot + Utrans
Bei Raumtemperatur sind alle Moleküle im elektronischen und vibratorischen Grundzustand.
Sie sind rotatorisch und translatorisch angeregt.
Bei vollständiger Anregung (T→4) beträgt die Energie pro Freiheitsgrad kT/2. Für die drei
Translationsfreiheitsgrade ergibt sich 3/2kT (s. vor. Kap.). Rotationsfreiheitsgrade speichern
kT/2.
Ein lineares zweiatomiges Molekül hat zwei Rotationsfreiheitsgrade und kann damit kT speichern (s. vor. Kap.)
Schwingungsfreiheitsgrade speichern das Doppelte, da sie sowohl kinetische als auch potentielle Energie enthalten.
3.1.2 Zustandsänderung bei konstantem Volumen
Die Innere Energie ändert sich bei der Zufuhr von Wärme unter konstantem Volumen (isochor):
♠Q = ♠U = Cv (T2 – T1) = (Anzahl anger. Freiheitsgrade) R/2 (T2 – T1)
2 Cv/R gibt somit die Anzahl angeregter Freiheitsgrade an.
Tabelle: Einige Werte bei Raumtemperatur und Atmosphärendruck
He
H2
Cl2
CO2
H2O
CH4
COCl2
2 Cv /R
3 (3T)
5 (3T + 2R)
6 (3T + 2R + 0,5(!)V)
7 (3T + 3R + 0,5V)
6 (3T + 3R)
6,5 (3T + 3R + 0,25V)
10,8 (3T + 3R + 2,4V)
T = Translations-, R = Rotations-, V = Vibrationsfreiheitsgrad
3.1.3 Zustandsänderung bei konstantem Druck (isobar) p0:
46
♠Q = ♠U + ♠W
♠W = ΙF dh = Ι p0 A dh = p0 A (h2 - h1) = p0 (V2 – V1)
p0V1 = R T1
p0V2 = R T2
V2 – V1 = R/p0 (T2 – T1)
♠W = R (T2 – T1)
Die Innere Energie hängt nicht vom Druck, sondern nur von der Temperatur ab. (s. vor. Kap.
u. oben)
♠U = Cv (T2 – T1)
♠Q = Cv (T2 – T1) + R (T2 – T1) = (Cv + R) (T2 – T1) = Cp (T2 – T1)
Cp = Cv + R
3.2. 1. Haupsatz der Thermodynamik
3.2.1 Isobare, isochore, isotherme und adiabatische Prozesse
Zuerst Vorzeichenkonvention:
Im Mittelpunkt steht das thermodynamische System. Abgegebene Energiebeträge werden
negativ, aufgenommene positiv gewertet.
Für die Erwärmung bei konstantem Druck wird die Wärme ♠Q aufgenommen und die Arbeit
♠W geleistet. Der Rest dient der Änderung der Inneren Energie. (Energieerhaltungssatz)
Also im Gegensatz zu oben!
♠U = ♠Q + ♠W
Wir unterscheiden die Prozesse:
♠p = 0
Isobar
47
♠V = 0
♠T = 0
♠Q = 0
Isochor
Isotherm
Adiabatisch
Isobare Prozesse: s.o.
Isochore Prozesse: ♠W = 0
♠U = ♠Q = Cv ♠T
Isotherme Prozesse: ♠ U = 0
♠Q = - ♠ W
(Wärme wird vollständig in Arbeit umgewandelt!)
♠W = ΙFds = Ιp A dh =Ι p dV = Ι RT/VdV = RT ln V2/V1
Adiabatische Prozesse: ♠Q = 0
♠U = ♠W
CvdT = - p dV = - RT d lnV
- Cv /R d ln T = d ln V
- Cv / R ln T/T0 = ln V/V0
V/V0 = (T/T0) –Cv/R
T/T0 = (V0/V) (Cp - Cv)/Cv
9 = Cp / Cv
T/T0 = pV/p0V0 = (V0/V) 9-1
pV9 = p0V09 = const
Anwendungsbeispiele: Automotor, Föhn in den Bergen
Graphische Beschreibung der Zustandsänderungen:
1.) p,T- Diagramm
isobar:
p = const. waagerechte Linien
isochor:
p = R/V T Geraden durch Null
isotherm:
T = const. senkrechte Linien
adiabatisch: p = c T x x<1 nach unten gekrümmte Linie durch Null
2.) V,T – Diagramm
isobar:
V = R/p T Geraden durch Null
isochor:
V = const. waagerechte Linien
isotherm:
T = const. senkrechte Linien
adiabatisch: V = const. T –Cv/R Hyperbeln
3.) p,V – Diagramm
isobar:
p = const. waagerechte Linien
isochor:
V = const. senkrechte Linien
isotherm:
p = RT 1/V Hyperbeln
adiabatisch: p = const 1/Vx steilere Hyperbeln
48
Die Fläche unter den Kurven entspricht der bei der Expansion geleisteteten Arbeit. Die Arbeit
ist bei der adiabatischen Expansion am kleinsten. Sie stammt aber auch auschließlich aus der
Ineren Energie des Gases, dessen Temperatur und Druck dabei sinkt. Die Arbeit wird größer,
wenn gegen die Abkühlung bei der isothermen Expansion Wärme ins System gesteckt wird.
Es sinkt aber immer noch der Druck. Soll der Druck konstant bleiben, muss die Temperatur
des Gases bei der Expansion erhöht werden. Dann wird von allen drei Vorgängen die größte
Volumenarbeit geleistet, aber auch die meiste Wärme hereingesteckt.
3.2.2 Stirling-Motor
Jeder kennt die Funktionsweise einer Dampfmaschine oder eines Verbrennungsmotors. In
beiden Fällen wird ein Arbeitsgas benutzt, das nach einem Umlauf an die Atmosphäre abgegeben wird und für den nächsten Umlauf ersetzt werden muss.
Frage: Gibt es eine Möglichkeit, mit einem eingeschlossenen Arbeitsgas zu arbeiten und vor
allem mit kontinuierlicher Verbrennung?
Vorexperiment:
49
Der Kolben ist nicht dicht, deshalb ist der Druck auf beiden Seiten gleich. Es findet kein Materieaustausch statt, deshalb ist die Gesamtmolzahl konstant. Wir erhalten:
n=
pV1 pV2 p V1 V2
+
= ( + )
RT1 RT2 R T1 T2
Ersetzt man V2 durch V-V1 und löst nach p auf:
p=
nR
V1 ( 1 − 1 ) + V
T1
T2
T2
Ist V1 klein, wird p groß und umgekehrt. Durch ein periodisches Verschieben des Kolbens
kann auch der Druck periodisch geändert werden.
Wir können vier Takte (gegen Uhrzeiger bewegt) unterscheiden:
a.) Kurbel rechts, Verdränger steht rechts, Arbeitskolben bewegt sich nach unten: Unter kleinem Druck wird adiabatisch verdichtet.
b.) Kurbel oben, Arbeitskolben steht unten, Verdränger bewegt sich nach links: Kalte Luft
wird in den heißen Teil geschoben: Isochore Erwärmung
c.) Kurbel links, Verdränger steht links, Arbeitskolben bewegt sich nach oben: Unter hohem
Druck wird adiabatisch entspannt (Arbeitstakt).
d.) Kurbel unten, Arbeitskolben steht oben, Verdränger bewegt sich nach rechts: Heiße Luft
wird in den kalten Teil geschoben: Isochore Abkühlung.
Im p,V-Diagramm ergeben die Takte des Stirling-Motors:
50
Die zugeführten Arbeits- und Wärmebeträge lassen sich für den Stirling-Motor nur sehr
schwer berechnen. Daher leichte Abwandlung: Die isochoren Erwärmungsprozesse werden
durch entsprechende isotherme Prozesse ersetzt. (Carnotscher Kreisprozess)
3.2.3 Carnotscher Kreisprozess
Für die einzelnen Prozesse haben wir die Arbeiten und Wärmen bereits berechnet:
WI = -RT1 ln V2/V1 = -QI
WII= CV(T2-T1) QII=0
WIII= -RT2ln V4/V3 = -QIII
WIV=CV(T1-T2)
QIV=0
51
Aus der Adiabatengleichung folgt:
T1
V
= 3
T2
V2
κ −1
V
= 4
V1
κ −1
V2 V3
=
V1 V4
Nach einem Umlauf ist die Arbeit
WI+WII = -RT1 lnV2/V1-RT2 lnV4/V3=-R(T1-T2) lnV2/V1
ins Gas gesteckt worden. Der entsprechende positive Betrag ist daher vom Gas geleistet worden.
3.2.4 Thermodynamischer Wirkungsgrad
Den Wirkungsgrad 0 definiert man am besten als das Verhältnis von geleisteter Arbeit zur
zugeführten Wärme. Wärme wird nur im Prozess I zugeführt.
η=
R(T1 − T2 ) ln V2
RT1 ln V2
V1
V1
=
T1 − T2
T1
Wichtige Erkenntnisse:
Der Wirkungsgrad hängt nur von den Temperaturen ab! Das Gas kehrt nach einem
Umlauf in seinen Originalzustand zurück!
Für einen hohen Wirkungsgrad sollte T1 möglichst hoch und T2 möglichst klein sein!
Bei dem Kreisprozess wird bei einer höheren Temperatur T1 Wärme vom System aufgenommen, eine Teil davon wird in Arbeit verwandelt und der Rest wird als Wärme bei
der tieferen Temperatur T2 wieder abgegeben.
Man kann den Kreisprozess aber auch rückwärts laufen lassen. Dann benötigt man mechanische Arbeit, um Wärme bei einer tieferen Temperatur T2 aufzunehmen, die dann bei der höheren Temperatur T1 gemeinsam mit der in Wärme umgewandelten mechanischen Arbeit abgegeben wird. (Wärmepumpe: das ist ein Kühlschrank)
Ziel ist also, mit möglichst wenig mechanischer Arbeit möglichst viel Wärme zu transportieren. Man würde daher den Kehrwert des obigen Wirkungsgrades für die Effizienz einer solchen Maschine heranziehen.
Daraus folgt:
Ein Kühlschrank hat einen Wirkungsgrad größer 1. Der Wirkungsgrad ist um so höher,
je kleiner die Temperaturdifferenz ist. (Hitzestau bei Einbaukühlschränken vermeiden).
Universalität des thermodynamischen Wirkungsgrades:
Angenommen, es gebe eine Maschine mit einem Kreisprozess, dessen Wirkungsgrad größer
als der der Carnotschen Maschine wäre, d.h. sie gibt weniger Wärme an das tiefere Niveau
und leistet mehr mechanische Arbeit. Dann würde man die Carnotsche Maschine als Wärmepumpe betreiben und mit dieser mechanisch koppeln. Da weniger Wärme zurückgeführt werden muss, bleibt ein Nettogewinn an mechanischer Arbeit. Man würde also ein Maschine haben, die Wärme vollständig in Arbeit verwandelt. (Perpetuum mobile II. Art)
52
Angenommen, es gebe eine Maschine mit einem Kreisprozess, dessen Wirkungsgrad kleiner
als der der Carnotschen Maschine ist. Dann nimmt man diese Maschine als Wärmepummpe
und die Carnotsche Maschine als Arbeits-(Wärmekraft)maschine und hat die gleichen Probleme.
Daraus folgt:
Eine reversibel arbeitende Wärmekraftmaschine, die Wärme von einem höheren Niveau
T1 zu einem kälteren Niveau T2 transportiert, und dabei Arbeit verrichtet, hat immer
den Wirkungsgrad
η=
T1 − T2
T1
Es gibt keine reversibel arbeitende Maschine, die der Umgebung Wärme entzieht und
diese in Arbeit umwandelt.
Eine reversibel arbeitende Wärmepumpe, die Wärme von einem tieferen Niveau T2 zu
einem höheren Niveau T1 pumpt, hat immer den Wirkungsgrad
η* =
T2
T1 − T2
Will man Gase, z.B. He mit Hilfe einer Wärmepumpe verflüssigen, so wird mit sinkender Temperatur unabhängig von der Temperatur des höheren Niveaus der Wirkungsgrad immer schlechter. Am absoluten Nullpunkt hat die Wärmepumpe den Wirkungsgrad Null. (Unerreichbarkeit des absoluten Nullpunktes)
3.3 Einführung der Entropie
3.3.1 Entropie und Wahrscheinlichkeit
Nicht umkehrbare Vorgänge:
Nehmen wir eine Luftpumpe, in der Luft komprimiert wurde. Wir können die Entspannung so
durchführen, das dabei Arbeit geleitet wird, z.B. ein Gewicht gehoben wird. Wir können aber
auch den Kolben einfach loslassen. Soll die Temperatur unverändert bleiben, müssen wir im
ersten Fall Wärme zuführen, im zweiten Fall geschieht der Vorgang adiabatisch, das Gas
kühlt sich zwischendurch ab, die Bewegungsenergie des Kolbens und des Gases wird aber am
Ende wieder in Wärme umgewandelt, die für eine Einstellung der alten Temperatur sorgt. Es
ist nämlich weder Wärme noch Arbeit mit der Umgebung ausgetauscht worden, also hat sich
nach dem 1. Hauptsatz auch nicht die Innere Energie geändert und damit muss auch die Temperatur konstant bleiben. Den urprünglichen Zustand können wir aber nur über die Umkehrung des ersten Vorganges erreichen, d.h. unter Aufwendung von Arbeit. Wiederholt man die
Vorgänge, so wird beim ersten Weg Wärme in Arbeit und wieder zurück verwandelt, beim
zweiten Weg wird laufend Arbeit in Wärme verwandelt.
Bringt man einen heißen Block und einen kalten Block in thermischen Kontakt, so gleichen
sich die Temperaturen ohne äußeres Zutun an. Dabei wird keine Arbeit freigesetzt. Warum
muss ich dann Arbeit leisten, um den alten Zustand wieder herzustellen?
Bringt man einen gefüllten Luftballon in einem evakuierten Gefäß zum Platzen, verteilt sich
die Luft gleichmäßig über das ganze Gefäß. Würde man den Vorgang mit einer Kamera fil-
53
men, die Moleküle sehen kann, und würden wir nach erfolgter Expansion den Film rückwärts
laufen lassen, d.h. allen Molekülen zu einer bestimmten Zeit sagen, sie sollen ihre Geschwindigkeit beibehalten, aber die Richtung umkehren (was sicher nicht verboten ist), würden sich
die Moleküle nach einer gewissen Zweit komplett im Luftballon wiederfinden. Unsere Erfahrung zeigt aber, das dieser Zustand nur unter äußerer Kraftanstrengung (Verdichten) zu erreichen ist. Dürfen wir also die Zeit nicht rückwärts laufen lassen?
Die Antwort vorweg:
Nichts ist der Natur in dieser Hinsicht verboten, es ist nur beliebig unwahrscheinlich,
das sie sich so verhält.
Fangen wir mit dem Luftballon oder etwas Vergleichbarem an. Wir teilen unser Gefäß in zwei
Hälften. Dann ist die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen in einer bestimmten Hälfte anzutreffen
½.
Die Wahrscheinlichkeit, zwei Teilchen in einer bestimmten Hälfte anzutreffen ¼, drei Teilchen in einer bestimmten Hälfte 1/8, usw.
Die Wahrscheinlichkeit für n Teilchen ist offensichtlich 1/2n.
Für 1 Mol Teilchen etwa 10-70, also beliebig unwahrscheinlich. Wenn wir den Ausdruck
„Teilchen in einer bestimmten Kiste“ als Ordnung beschreiben, so würden wir gefühlmäßig
eine lineare Beziehung zwischen Grad der Ordnung und Teilchenzahl hinschreiben. Da bei
der Wahrscheinlichkeit aber die Teilchenzahl im Exponenten steht, ist der negative Logarithmus der Wahrscheinlichkeit ein geeignetes Mass für die Ordnung. Je niedriger dieser Wert,
desto unwahrscheinlicher ist der Zustand und desto höher ist seine Ordnung. Die so definierte
Ordnung ist mathematisch gesehen ein relatives Mass, es bezieht sich auf die Summe aller
möglichen Zustände, d.h. die Wahrscheinlichkeit, einen von allen möglichen Zuständen anzutreffen. Die ist gleich 1 und der Ordnungsgrad 0.
Allgemein definieren wir bei zwei Zuständen:
Ordnung(2)-Ordnung(1) = - ln (Wahrscheinl.(2)/Wahrscheinl.(1))
Das negative Vorzeichen verschwindet, wenn wir ein Mass für Unordnung suchen. Für thermodynamische Zwecke multipliziert man am besten noch bei molekularer Betrachtungsweise
mit k, so daß wir eine neue thermodynamische Funktion für den Grad der Unordnung einführen können, die Entropie S:
S2 – S1 = k ln W2/W1
Sei V1 ein Teilvolumen von V. Dann ist die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen in V1 anzutreffen gleich V1/V, n Teilchen in V1 anzutreffen, (V1/V)n. Also gilt für 1 Mol Teilchen
S2 – S1 = k ln W2/W1 = k ln (V1/V)N/(V/V)N = kN ln V1/V = R ln V1/V
Die Entropie (Unordnung) ist also kleiner, wenn alle Teilchen in V1 sind. Die Gleichverteilung der Teilchen ist wahrscheinlicher.
Bisher: Gleiche Temperatur, verschiedene Volumina.
Jetzt: Gleiche Gesamtenergie, verschiedene Energiezustände
54
Welcher ist am wahrscheinlichsten?
n Teilchen in n Kästen: n! verschiedene Anordnungen
m Teilchen auf gleichem Niveau: m! ununterscheidbare Anordnungen (Reihenfolge beliebig)
Daraus folgt für die Möglichkeiten:
6!
6!
MA =
= 60
MB =
= 15
1!2!3!
2!4!
MC =
6!
= 15
4!2!
und für die Wahrscheinlichkeiten:
WA=MA/(MA+MB+MC) = 60/90 WB = WC = 15/90
Die Verteilung A und damit der unordentlichste ist am wahrscheinlichsten!
Nächstes Beispiel:
Energiebilanz: Ekalt + Eheiß = 2* Ewarm
55
Möglichkeiten:
Mkalt= 4!/4! =1
Mheiß = 4!/(2!2!) = 6 Mwarm = 4!/(3!1!) = 4
Mkalt/heiß = 1*6 = 6 Mwarm/warm = 4*4 = 16
Wahrscheinlichkeiten: Wkalt/heiß = 6/22
Wwarm/warm = 16/22
Bei 40 Teilchen: Wkalt/heiß = 1.4 1011 Wwarm/warm = 7.25 1017
Die Gleichverteilung der Energie ist am wahrscheinlichsten!
Für ein einatomiges Gas mit der Energie E in einem Kasten der Seitenlänge L gibt es
g=
π 8mL2
6
h2
3
2
E
Translationszustände.
Da E = 3/2 kT ist g ~ T3/2
.
Für N Teilchen gibt es gN/N! Anordnungsmöglichkeiten.
Damit ergibt sich für die Entropieänderung bei Temperaturänderung:
S2 - S1 = k ln ((gN(T2)/N!)/( gN(T1)/N!)) = k ln (T2/T1)3/2
S2 - S1 = 3/2 kN ln T2/T1
Und für 1 Mol
im Vergleich zu
S2 - S1 = 3/2 R ln T2/T1
S2 - S 1 =
R ln V2/V1
bei isochorer Erwärmung
bei isothermer Expansion
3.3.2 Zusammenhang zwischen Entropie und zugeführter Wärme
Bei isothermer Entspannung nimmt die Entropie zu. Da die zugeführte Wärme gleich RT ln
V2/V1 ist, gilt:
)S = )Q/T
Je größer die Erwärmung, desto größer die entstehende Unordnung. Bei adiabatischer Prozessführung ist )Q = 0, die Entropie bleibt konstant.
Beim Carnot-Prozess unterscheiden sich zwar die aufgenommene und abgegebene Wärme
durch die geleistete Arbeit, teilen wir aber die Wärmemengen durch die entsprechende Temperatur, d.h. ermitteln wir die entsprechende Entropieänderung, so sind beide Beträge absolut
gleich, unterscheiden sich aber durch das Vorzeichen.
Es gilt für einen reversiblen Kreisprozess:
Ε ) S = Ε )Q / T = 0
Denken wir noch einmal an die losgelassene Luftpumpe:
56
In beiden Fällen steigt die Entropie des Gases um R ln V2/V1. Bei isothermer und reversibler
Prozessführung wird Wärme aus der Umgebung aufgenommen. Dessen Entropie wird um den
entsprechenden Betrag erniedrigt. Die Entropie des Gesamtsystems bleibt konstant. Rückwärts gilt dasselbe.
Im adiabatischen und irreversiblen Fall bleibt die Entropie der Umgebung unverändert, so
dass die Entropie des Gesamtsystems steigt. Arbeit muss aufgebracht werden, um die Entropie des Gases auf den ursprünglichen Wert zurückzubringen. Dabei steigt aber die Entropie
der Umgebung.
Will man also die Differenz der Entropie zwischen zwei Zuständen über die auf dem Weg
zwischen den beiden Zuständen ausgetauschte Wärme bestimmen, muss die Prozessführung
reversibel erfolgen.
3.3.3
II. Hauptsatz der Thermodynamik
Bei einer Zustandsänderung, die von selbst abläuft, nimmt die Entropie zu.
Die Entropie ist eine Zustandsfunktion, die nur von den Zustandsgrößen des Systems
abhängt, aber nicht vom Weg, auf dem dieser Zustand erreicht wurde.
Die Entropie nimmt zu, wenn ein Prozess irreversibel abläuft.
Bei reversiblen Prozessen bleibt die Entropie konstant.
Bei reversiblen Kreisprozessen ist Ε ) S = Ε )Qrev / T = 0
Betrachte Wärmeausgleich zwischen zwei Blöcken:
Es wird die Wärmemenge )Q ausgetauscht, allerdings bei der höheren Temperatur abgegeben
und der niedrigeren aufgenommen, also ist
)Q / T1 < )Q / T2
Es wird also weniger Entropie abgebaut als aufgebaut, die Entropie nimmt beim Wärmeausgleich zu, der Vorgang läuft von selbst ab.
Die Tatsache, das die Entropieänderung zwischen zwei Zuständen über die auf dem reversiblen Weg dazwischen ausgetauschte Wärmemenge bestimmt werden kann, gilt nicht nur für
ideale Gase:
∆S = S (T2 ) − S (T1 ) =
T2
dQrev
T
T1
ÿ
Da dQrev = Cv dT ist
T2
S (T2 ) = S (T1 ) + ÿ C v
T1
dT
T
Für ideale Gase ist CV=CP + R und es tauchen die beiden schon früher berechneten Beträge
für isochore Erwärmung und isotherme Expansion auf.
Aus der experimentellen Bestimmung der Wärmekapazität eines Stoffes läßt sich die Entropie
bei jeder Temperatur berechnen.
57
3.3.4. III. Hauptsatz der Thermodynamik
S(0 K) wird willkürlich gleich Null gesetzt. Damit hat jeder Stoff eine positive Entropie.
Der Temperaturnullpunkt kann nicht erreicht werden. (s. Betrachtungen zum Carnotschen Wirkungsgrad)
3.4 Weitere thermodynamische Funktionen
3.4.1 Enthalpie, Freie Energie, Gibbssche Freie Energie
1. Hauptsatz:
dU=dQ+dW
d Q und d W können vom Weg abhängen, d S und d V aber nicht:
Für isochore Prozesse ist d U = d Q, für isotherme d Q = - d W.
Für reversible Prozessführung ist d S = d Qrev/T und d W = - p d V.
Damit gilt:
dU=TdS–pdV
In dieser Gleichung stehen nur Größen, die nicht vom Weg abhängen!
d U gibt an, um welchen Betrag sich die Innere Energie (Translation, Rotation, Vibration,
etc.) eines Stoffes bei einer Zustandsänderung ändert. Besonders einfach ist die Berechnung
für konstantes Volumen. Dann wird die reversibel zugeführte Wärme ausschließlich zur Erhöhung der Inneren Energie (und damit der Temperatur) benutzt.
58
Zugeführte Wärme dividiert durch erreichte Temperaturerhöhung nennen wir die spezifische
Wärme Cv für konstantes Volumen. Sie ist gleich der Temperaturabhängigkeit der Inneren
Energie.
Allerdings ist eine isochore Prozessführung experimentell nicht immer einfach.
Will man die Temperaturerhöhung unter isobaren Bedingungen berechnen, ist es besser die
Innere Energie U und die Volumenenergie pV zu einer neuen Energiegröße H, die Enthalpie
genannt wird, zusammenzufassen.
H = U + pV
dH = dU + p dV + V dp = ( T dS – p dV) + p dV +Vdp = T dS – Vdp
Unter isobaren Bedingungen erhöht die zugeführte Wärme die Enthalpie des Stoffes.
Zugeführte Wärme dividiert durch erreichte Temperaturerhöhung nennen wir die spezifische
Wärme Cp für konstanten Druck. Sie ist gleich der Temperaturabhängigkeit der Enthalpie.
Zugeführte Wärme kann einen Stoff nicht nur erwärmen, sondern auch Phasenumwandlungen
hervorrufen. Hierbei sieht man am besten den Unterschied zwischen Innerer Energie und
Enthalpie. Betrachten wir die Verdampfung eines Stoffes. Aus der unter isochoren Bedingungen zugeführten Wärmemenge lassen sich unmittelbar Rückschlüsse auf molekulare Wechselwirkungen (Innere Energie) ziehen. Bei isobarer Verdampfung muss die verdampfte Flüssigkeit Volumenarbeit leisten. Die Umwandlungsenthalpie enthält also Anteile, die nicht
stoffspezifisch sind. Auf Grund der einfacheren Messbedingungen wird die Enthalpie i.a. bevorzugt.
Bei der Innerer Energie U und der Enthalpie H steht die ausgetauschte Wärme im Mittelpunkt. Bei V = const ist dQ = dU und bei p = const ist
dQ = dH. Bei den nächsten beiden Energieinhalten steht die ausgetauschte Arbeit im Mittelpunkt. Ersetzen wir im 1. Hauptsatz dQ durch TdS und lösen nach der Arbeit auf:
dW = dU – T dS = d(U – TS) + S dT
Führen wir für U - TS die Freie Energie A ein, so ist
dW = dA + SdT
Unter isothermen Bedingungen gibt dA den Arbeitsbetrag an, der mit der Umgebung ausgetauscht wird.
Es gilt:
dA = dW – S dT = – pdV – SdT
Für isochore und isotherme Prozesse bleibt also A konstant.
Da uns isobare Prozesse häufiger interessieren, nehmen wir besser eine weitere Funktion, die
wir erhalten, wenn wir die Volumenenergie pV zu A hinzuaddieren (ähnlich U und H). Die
neue Funktion wird Gibbssche Freie Energie G genannt.
G = A + pV
dG = - pdV – SdT + pdV + Vdp = Vdp – SdT
59
dG gibt ebenfalls den Arbeitsbetrag an, der unter isothermen Bedingungen mit der Umgebung
ausgetauscht wird. Allerdings bleibt die Gibbssche Freie Energie für isobare und isotherme
Prozesse konstant.
Fassen wir noch einmal zusammen:
Thermodynamische Zustände (ohne chemische Reaktionen) lassen sich durch die Variablen p,
V, S und T beschreiben. p und V sowie S und T treten immer gepaart auf. Wir haben die vier
verschiedene Energieformen U, H, A und G definiert. Wenn jeweils eine Größe aus den
Zustangsgrößenpärchen konstant bleibt, ändert sich eine der Energieformen nicht:
S und V konstant :
S und p konstant :
T und V konstant :
T und p konstant :
U = const
H = const
A = const
G = const
Obwohl jede Energieform auch als Funktion einer anderen Variablenkombination ausgedrückt
werden kann, empfiehlt es sich, genau diese Zustandsgrößen als die unabhängigen Variablen
zu nehmen.
dU = TdS – pdV
dH = TdS + Vdp
dA = - SdT – pdV
dG = - SdT + Vdp
Wiederholung partielle Differentiation:
Wenn wir eine Funktion y = f(x) haben, so können wir aus dem Funktionswert an einem bestimmten Punkt a und der Steigung in diesem Punkt einen benachbarten Funktionwert berechnen.
f (a + dx) = f (a) + f ’ (a) dx
Bei Funktion mit zwei Veränderlichen gilt Analoges. Man denke sich die Erdoberfläche als
Funktion der Breiten- und Längengrade ausgedrückt. Will man die Höhenänderung bei einer
Bewegung in eine beliebige Raumrichtung ausrechnen, zerlegt man diese Bewegung in zwei
Bewegungen parallel zu einem Längen- bzw. Breitengrad. Die Höhenänderung entlang der
Längen- und Breitengrade kann man aus der gegebenen Funktion bestimmen.
Allgemein gilt:
Sei u eine Funktion der Variablen x,y,z. Dann ändert sich die Funktion bei einer Änderung
der Variablen um die Beträge dx, dy, dz um
du =
∂u
∂x
dx +
y,z
∂u
∂y
dy +
z,x
∂u
∂z
dz
x, y
Die in runden Klammern stehenden Ausdrücke nennt man partielle Ableitungen. Die Indizes
geben an, welche Variablen bei der Ableitungsbildung konstant gehalten werden. Wie das
Profil der Erde auch als Funktion anderer Variablen als Längen- und Breitengrade ausgedrückt werden kann, ohne das sich das Profil ändert, gilt dies für die thermodynamischen
Funktionen. Die Innere Energie wird normal als Funktion der Variablen S und V dargestellt
60
dU = TdS – pdV
Damit gilt:
∂U
∂S
∂U
∂V
=T
V
= −p
S
Die Innere Energie kann aber auch als Funktion der Variablen T und V ausgedrückt werden:
∂U
∂T
dU =
∂U
∂V
dT +
v
dV = C v dT +
T
∂U
∂V
dV
T
Für ein ideales Gas verschwindet der zweite Ausdruck, d.h. die Ableitung der Inneren Energie
nach dem Volumen hängt davon ab, welche Größen dabei konstant gehalten wird.
3.4.2 Allgemeine Zustandsgleichung
dU = T dS – p dV
wird differenziert nach dem Volumen für konstante Temperatur
∂U
∂V
=T
T
∂S
∂V
−p
T
dA = - SdT – pdV
∂A
∂T
ergibt
∂A
∂V
= − S und
V
= −p
T
Weiter differenziert
∂2 A
∂T∂V
T
∂S
=−
∂V
∂2 A
∂V∂T
T
=−
V
∂p
∂T
V
Die Reihenfolge der Differentiation hat keinen Einflusss auf das Ergebnis. Also sind die beiden letzten Ausdrücke gleich. In die Volumenableitung der Inneren Energie eingesetzt erhalten wir:
∂U
∂V
+ p =T
T
∂S
∂V
=T
T
∂p
∂T
V
Diese Gleichung gilt für alle Stoffe. Sie wird daher oft auch als die allgemeine Zustandsgleichung bezeichnet. Für ideale Gase ergibt die Zustandsgleichung für die rechte Seite
den Druck p. Demnach darf die Innere Energie eines idealen Gases bei konstanter Temperatur nicht vom Volumen abhängen, was wir früher schon anders gezeigt haben.
3.4.3 Isobarer thermischer Expansionskoeffizient und isotherme Kompressibilität
61
α=
1 ∂V
V ∂T
β =−
p
1 ∂V
V ∂p
T
Man kann leicht zeigen, dass bei idealen Gasen ∀ der reziproken Temperatur und ∃ dem reziproken Druck entspricht.
Wir betrachten das Volumen als Funktion von Temperatur und Druck.
dV =
∂V
∂T
∂V
∂p
dp +
p
dT
T
Wir führen eine isochore Zustandsänderung durch (dV = 0):
0=
∂V
∂T
∂V
∂p
dpV +
p
dpV
∂p
=
dTV
∂T
=−
V
dTV
T
∂V
∂T
∂V
∂p
1 ∂V
V ∂T
=
p
−
T
=
p
1 ∂V
V ∂p
α
β
T
Der Ausdruck gibt an, wie stark der Druck bei einer isochoren Erwärmung steigt.
z.B. Hg-Thermometer, Kapillarende bei 50° erreicht, wird auf 51° erhitzt.
∀ = 1.8 10-4 K-1
∃ = 3.9 10-11 Pa-1
∂p
∂T
= 5 ⋅ 10 6 Pa / K
V
d.h. 1° führt zu 50*105 Pa oder 50 bar.
Wichtig: Der entstehende Druck ist vom Volumen unabhängig. (Erosion von Gebirgen).
3.4.4. Spezifische Wärmen
∂Q
∂T
Definition: CV =
C p − CV =
∂H
∂T
−
p
∂U
∂T
=
V
∂U
∂T
=
V
∂Q
∂T
Cp =
V
∂(U + pV )
∂T
−
p
∂U
∂T
Den ersten Summanden reschts erhalten wir, wenn wir
dU =
∂U
∂T
dT +
v
∂U
∂V
dV
T
=
p
=
V
∂H
∂T
∂U
∂T
p
+p
p
∂V
∂T
−
p
∂U
∂T
V
62
nach der Temperatur für konstantes p differenzieren
∂U
∂T
p
T
∂V
∂T
∂U
∂T
=
+
V
∂U
∂V
T
∂V
∂T
p
Damit wird
C p − CV =
∂U
∂V
+p
p
∂V
∂T
= p+
p
∂U
∂V
T
∂V
∂T
p
Die Differenz der spezifischen Wärmen enthält also zwei Anteile. Der durch den äußeren
Druck bestimmte ist der äußere Arbeitsanteil, der durch die Volumenableitung der Inneren
Energie bestimmte ist die Arbeit gegen den inneren Druck (verursacht durch Wechselwirkungskräfte). Die Volumenableitung der Inneren Energie wird daher auch Binnendruck genannt. Für ideale Gase ist dieser Ausdruck bekannterweise gleich Null.
3.5 Zustandsgleichungen realer Gase
3.5.1. Virialgleichungen
Für ideale Gase ist die Größe Z = pV /RT gleich 1. Sie wird Kompressionsfaktor genannt. Für
reale Gase ist er von 1 verschieden und eine Funktion von Druck, Volumen und Temperatur.
Ist Z<1, nimmt ein Mol eines Gases z.B. weniger Volumen ein als ein ideales Gas unter gleichem Druck und Temperatur. Es liegt offensichtlich Anziehung zwischen den Teilchen vor.
Entsprechend führt Abstoßung zu Z>1. Anziehungs- und Abstoßungskräfte äußern sich besonders bei tiefen Temperaturen. Eine weitere Ursache für Abweichungen von der Idealität ist
das Eigenvolumen der Moleküle, das natürlich nicht an Expansions- oder Kompressionsvorgängen teilnehmen kann. Dies äußert sich besonders bei hohen Drucken.
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Die komplexen Zusammenhänge führen dazu, dass der Kompressionsfaktor für bestimmte
Temperaturen und Drucke den Wert 1 annehmen kann. Quasi-ideales Verhalten liegt aber erst
dann vor, wenn zusätzlich die Druckabhängigkeit des
Kompressionsfaktors verschwindet.Diese Temperatur wird Boyle-Temperatur genannt.
Zur Beschreibung des Verhaltens realer Gase wird auch oft das Produkt pV in eine Potenzreihe entwickelt. Diese nennt man Virialgleichungen.
pV = RT + B’p + C’p² + D’p³ + .....
pV = RT + B/V + C/V² + D/V³ + ......
3.5.2 van-der-Waals Gleichung
Eine weitere Gleichung, die das Verhalten realer Gase mit gewissen Einschränkungen beschreibt, ist die van-der-Waals-Gleichung:
p+
a
(V − b) = RT
V2
Den Ausdruck a/V² bezeichnet man mit Binnendruck, die Größe b beschreibt das Eigenvolumen.
Ar
CO2
He
N2
a / MPa L² mol-2
0.1363
0.3640
0.0034
0.1408
b / 10-3 L mol-1
32.2
42.67
23.7
39.13
Man sieht sehr gut, dass die Größe a mit Wechselwirkungskräften zu tun hat. Für Ar erhält
man aus b einen Atomradius von 2.3 ∆. Aus Streuexperimenten wurde ein Radius von 3.4 ∆
bestimmt.
Die van der Waals Gleichung läßt sich näherungsweise auch in die Virialform bringen:
64
pV =
RTV a
− = RT
V −b V
1
1−
b
V
−
a 1
b
a
a
≅ RT 1 + −
= RT + b −
RT V
V RTV
RTV
Bei T = a/bR verschwindet der 1. Virialkoeffizient. Dies ist offensichtlich die BoyleTemperatur. Bei dieser Temperatur heben sich das Produkt aus Binnendruck und Gesamtvolumen und das Produkt aus Gesamtdruck und Eigenvolumen gegenseitig auf.
Die Isothermen zeigen für hohe Temperaturen ideales Verhalten.
Bei tiefen Temperaturen entsteht erst ein Wendepunkt, dann ein Sattelpunkt und schließlich
Extremwerte. In diesem Gebiet liegen flüssige und gasförmige Phase nebeneinander vor. Zwischen den Extremwerten ist die Steigung positiv und damit thermodynamisch unsinnig. Die
Phasengrenze findet man, wenn man eine waagerechte Linie durch die Isothermen so legt, das
die Flächen oberhalb und unterhalb der Linie gleich sind. Dann heben sich die entsprechenden
Volumenarbeiten auf und die Integration entlang der Linie liefert die gleiche Arbeit wie die
Integration entlang der Isothermen.
Der Sattelpunkt hat eine besondere Bedeutung. Gas und Flüssigkeit haben bei diesem Punkt
das gleiche Molvolumen, also die gleiche Dichte. Sie sind somit nicht mehr unterscheidbar.
Bei höherer Temperatur gibt es keine flüssige Phase mehr. Diesen Punkt nennt man kritischen
Punkt. An ihm haben Temperatur, Druck und Molvolumen feste Werte, die sich aus der van
der Waals Gleichung berechnen lassen. An diesem Punkt verschwindet die erste und zweite
Ableitung des Druckes nach dem Volumen für konstante Temperatur.
p=
RT
a
− 2
V −b V
∂p
∂V
=
T
− RTk
2a
− 3 =0
(Vk − b ) Vk
65
∂2 p
∂V 2
=
T
Vk = 3 b
2 RTk
(Vk − b )
3
−
6a
=0
Vk4
Tk = 8a/27bR
pk = a/27b²
3.5.3. Joule-Thomson-Experiment
Wir haben früher festgestellt, dass ein ideales Gas bei der Expansion keine Temperaturänderung erfährt. Joule hat versucht, Abweichungen vom idealen Gas in einem Thermostaten festzustellen. Allerdings war die Wärmekapazität so groß, dass er auch für reale Gase keine
messbare Erwärmung hätte feststellen können. Schlechtes Experiment: Einen Effekt nicht zu
beobachten heißt nicht, dass es ihn nicht gibt!
Thomson verbesserte das Experiment, indem er weitgehend adiabatische Bedingungen verwendete und das Gas durch eine Fritte entspannen ließ.
Nach dem ersten Hauptsatz ist bei einem adiabatischen Experiment die geleistete Volumenarbeit gleich der Änderung der Inneren Energie.
U2-U1 = p2V2 – p1V1 oder U1+ p1V1 = H1 = U2 + p2V2 = H2
Beim Joule Thomson Experiment handelt es sich also um einen isenthalpischen Vorgang.
Frage: Wie groß ist
∂T
∂p
?
H
66
∂H
∂p
dH =
dp H
∂p
=
dTH
∂T
∂H
∂T
dp H +
T
dTH = 0
p
∂H
∂p
=−
T
∂H
∂T
H
=−
∂H
∂p
T
Cp
p
Nebenrechnung für Zähler:
H = G + TS
ergibt:
∂H
∂p
∂H
∂p
=V +T
T
T
∂G
∂p
dG = Vdp – SdT ergibt:
∂G
∂p
=
∂G
∂
−
∂pT
∂T
+T
T
∂S
∂p
= V und
T
=V −T
p
∂G
∂T
∂ ∂G
∂T p ∂p
T
= −S
p
= V −T
T
∂V
∂T
p
und damit
µ=
∂T
∂p
V −T
=
∂V
∂T
p
Cp
H
Der Joule-Thomson-Koeffizient : ist im allgemeinen positiv, d.h. Gase kühlen sich beim Expandieren ab. Wasserstoff hat bei Raumtemperatur ein negatives Vorzeichen, d.h. Wasserstoff, der frei aus einer Druckgasflasche entströmen kann, entzündet sich selbst!
Man kann den Joule-Thomson Koeffizienten auch aus der Virialgleichung in der einfachsten
Form gewinnen:
pV = RT + Bp
∂V
∂T
µ=
=
p
V = RT/p + B
R
∂B
+
p
∂T
p
RT
R
∂B
+ B −T −T
p
p
∂T
Cp
B −T
p
=
∂B
∂T
p
Cp
Für ideale Gase ist B und damit der Koeffizient Null, für reale Gase kann er verschwinden,
wenn der Zähler verschwindet.
3.6. Chemische Thermodynamik
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3.6.1. Standardgrößen
Bisher haben wir uns fast ausschließlich auf Prozesse beschränkt, bei denen keine stofflichen
Umwandlungen stattfinden. Bei solchen Umwandlungen fließt die zugeführte Wärme bei
konstanter Temperatur in den Umwandlungsprozess. Normalerweise sind Umwandlungsenthalpien und -entropien für viele Stoffe in Nachschlagewerken tabelliert. Meist wird sich
auf Standardgrößen beschränkt, d.h. Werte für reine Substanzen in der bei Raumtemperatur
und einem Druck von 105 Pa stabilen chemischen Verbindung und Phase.
Nomenklatur:
⊕
z.B. H2O (l) ÿ H2O (g) (Verdampfung) ∆V H 373
= 44,66kJ / mol
Der Index V steht für Vaporization, H ist die Enthalpie, 373 gibt die absolute Temperatur und
das hochgestellte Symbol (oft eine waagerecht gestrichene 0 ) steht für Stndardbedingungen.
Neben den Umwandlungsenthalpien und –entropien gibt es auch die Bildungsenthalpien tabelliert. Die Enthalpien beziehen sich immer auf ein Mol gebildeten Stoff aus den Elementen.
Elemente sind die bei Raumtemperatur stabilen Verbindungen, also H2, O2, N2, etc.
So finden wir für NH3 die Bindungsenthalpie –46,1 kJ/mol. Da bei der Reaktion ½ N2 + 3/2
H2 ÿ NH3 sich die Molzahl um 1 erniedrigt, wird bei konstantem Druck Volumenarbeit am
System geleistet.
ÿ pdV = p∆V =
RT
∆V = RT = 2,48kJ / mol bei Raumtemperatur
V
Allgemein gilt für die Volumenarbeit bei einer Molzahländerung )Λ.
ÿ pdV = ∆νRT
Für die Ammoniaksynthese erhalten wir bei konstantem Volumen:
)U = )H - ΙpdV = -46,1 + 2,48 = -43,6 kJ/mol
Da die Bindungswärmen unterschiedliches Vorzeichen haben kann, gilt allgemein für
Isochore Prozesse:
Bei Teilchenzahlabnahme wird weniger Wärme frei oder mehr Wärme verbraucht.
Bei Teilchenzunahme wird mehr Wärme frei oder weniger Wärme verbraucht.
Isobare Prozesse:
Bei Teichenzahlabnahme wird mehr Wärme frei oder weniger Wärme verbraucht.
Bei Teilchenzahlzunahme wird weniger Wärme frei oder mehr Wärme verbraucht.
Übergangsenthalpien finden wir tabelliert für:
Phasenübergänge:
Mischungen:
Schmelzen, Verdampfen, Sublimieren
Lösung, Solvatation, Hydratation
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Elektronische Übergänge:
Reaktionen:
Ionisierung, Elektronenanlagerung
Dissoziation, Oxidation, Aktivierung
Dissoziationsenthalpien bei 298 K in kJ/mol :
H-CH3
H-Cl
H-H
H-OH
H-O
H3C-CH3
H2C-CH2
HC-CH
435
431
436
492
428
368
612
823
3.6.2 Gleichgewichtsbedingungen, chemisches Potential
Die Reaktionsenthalpien sind ein Maß für die Wärmemenge, die bei einer Reaktionsführung
unter isothermen und isobaren Bedingungen frei wird. Wenn Wärme freigesetzt wird, nimmt
das System einen energetisch tieferen Zustand ein.
Aus dem Bisherigen wissen wir, dass die Natur bestrebt ist, solche Zustände einzunehmen.
So läuft die exotherme Reaktion
Na2O2 + Zn Ψ Na2O +ZnO von selbst ab.
Die freigesetzte Wärme kann aber nicht allein die Triebkraft für chemische Reaktionen ausmachen, denn die endotherme Reaktion
CoCl2*6 H2O + 6 SOCl2 ΨCoCl2 + 12 HCl + 6 SO2
läuft ebenfalls von allein ab.
Erinnern wir uns an die Betrachtungen zur Entropie. Viele Teilchen bedeuten große Unordnung. Bei der zweiten Reaktion werden aus 7 Teilchen 19 Teilchen. Offensichtlich gibt es
zwei Größen, die Reaktionen von selbst ablaufen lassen: Frei werdende Wärme und entstehende Unordnung. Die thermodynamische Größe, die beide Terme kombiniert, ist die
Gibbssche Freie Energie.
)G = )H - T)S
Nimmt bei einer Reaktion die Entropie ab, z.B. bei der Ammoniaksynthese, dann läuft diese
nur dann von selbst ab, wenn der positive Ausdruck - T)S durch ein entsprechend negatives
)H kompensiert wird. Ist umgekehrt eine Reaktion endotherm, muss das positive )H durch ein
entsprechend großes T)S kompensiert werden.
Eine Reaktion kommt dann zum Stillstand, wenn )G verschwindet. Das kann bereits bei unvollständiger Umsetzung der Fall sein. Man kann die obige Geleichung auch durch die Temperatur teilen und erhält als Bedingung für selbst ablaufende Prozesse die Clausiussche Ungleichung:
dS– dH/T >= 0
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Bisher haben wir die thermodynamischen Funktionen nur mit T, S, p und V als unabhängige
Variablen betrachtet.
Lassen wir chemische Reaktionen zu, ändern sich auch die Teilchenzahlen oder Molenbrüche
einzelner Komponenten. Daher müssen wir weitere Abhängigkeiten von U, H, A und G in
Betracht ziehen.
Beginnen wir mit G und definieren:
∂G
∂n
= µ . Diese Größe nennen wir das chemische Potential.
p ,T
Für ein ideales Gas gilt:
p
⊕
G=G +
ÿ
p⊕
∂G
∂p
p
p
dp = G + ÿ Vdp = G + nRT
⊕
T
⊕
p⊕
p
dp
= G ⊕ + nRT ln ⊕
p
p
p⊕
ÿ
Differenziert nach n ergibt sich
µ = µ ⊕ + RT ln
p
p⊕
Bei chemischen Reaktionen gibt es mindestens zwei verschiedene Teilchensorten, und demnach auch zwei verschiedene chemische Potentiale. Für beliebig viele Teilchensorten ergibt
sich für die Erweiterung der Gibbsschen Energie bei Teilchenzahländerungen:
dG = Vdp − SdT +
µ i dni
Erfolgt die Reaktion unter isothermen und isobaren Bedingungen, so bleibt auf der rechten
Seite nur die Summe übrig. Offensichtlich steckt in den chemischen Potentialen die sich aus
Exothermizität und Entropieänderung (s.o.) hergeleitete Bedingung für das Ablaufen chemischer Reaktionen.
Aus den Beziehungen für die Differenentiale der anderen Funktionen folgt:
dH = dG + TdS + SdT = Vdp + TdS +
dU = dH − pdV − Vdp = TdS − pdV +
dA = dU − TdS − SdT = − pdV − SdT +
Oder:
U:
∂U
∂ni
= µi
V , S ,n j
µ i dni
µ i dni
µ i dni
70
H:
A:
G:
∂H
∂ni
∂A
∂ni
∂G
∂ni
= µi
p ,S ,n j
= µi
V ,T , n j
= µi
p ,T ,n j
3.6.3. Gibbssche Phasenregel
Anwendungungen auf Phasengleichgewicht:
Wir betrachten ein Gleichgewicht zwischen verschiedenen Phasen. Die Gesamtzahl der Teilchen jeder Teilchensorte soll sich nicht ändern.
Die nicht-chemische Thermodynamik fordert, dass sich sowohl Druck (mechanisches Gleichgewicht) als auch Temperatur (thermisches Gleichgewicht) in allen Phasen gleich einstellen.
Das heißt, das Gleichgewicht ist durch einen Wert für T und p und die Konzentration jeder
Komponente in jeder Phase bestimmt. Das ergibt bei c Komponenten und p Phasen c*p+2
Unbekannte. Die Konzentration einer Komponenten können wir aus den Konzentrationen der
übrigen Komponenten in einer Phase (z.B. über die Summe der Molenbrüche) berechnen.
Dann haben wir nur noch c*p + 2 – p Unbekannte.
Wie sieht es mit dem chemischen Gleichgewicht aus?
Dazu muss die Summe mit den chemischen Potentialen verschwinden. Ist in einer Phase das
chemische Potential höher als in den anderen, ist dG negativ, wenn Teilchen von dem höheren
zu einem tieferen Potential wandern, d.h. dieser Vorgang läuft von allein ab. Nach einer gewissen Zeit stellt sich ein Gleichgewicht ein, das dadurch gekennzeichnet ist, das die chemischen Potentiale für alle Komponenten in allen Phasen gleich sind. Bei c Komponenten und p
Phasen sind das c*(p-1) Gleichungen.
Wir haben also für c*p + 2 – p Unbekannte c*p – c Gleichungen. Das ergibt für die Anzahl
Freiheitsgrade die sog. Gibbssche Phasenregel
f=c–p+2
71
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