Braunsche Röhre - Universität Hamburg

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INSTITUT FÜR ANGEWANDTE PHYSIK
Physikalisches Praktikum für Studierende der Ingenieurswissenschaften
Universität Hamburg, Jungiusstraße 11
Braunsche Röhre
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Einleitung
Die Braunsche Röhre war vor Einführung von Plasmabildschirmen ein weitverbreitetes technisches Instrument. Man fand sie zum Beispiel als Röhrenbildschirm in Fernsehern oder in Oszilloskopen. Die
zugrundeliegenden physikalischen Prinzipien finden auch heute noch in der aktuellen Forschung weitverbreitete Anwendung (Teilchenbeschleuniger, Elektronenmikroskop). Die Braunsche Röhre ermöglicht es, den zeitlichen Verlauf sich schnell ändernder Spannungen und Ströme sichtbar zu machen.
Ziel des Versuchs ist es, sich zunächst mit der Funktionsweise der Braunschen Röhre vertraut zu machen. Anschließend wird die Auswirkung von elektrischen und magnetischen Feldern auf den Elektronenstrahl der Braunschen Röhre untersucht. Schließlich wird das Hystereseverhalten eines ferromagnetischen Materials vermessen.
2
Funktionsweise der Braunschen Röhre
Im Inneren der Röhre emittiert eine Glühkathode Elektronen, die durch passend gewählte Spannungen U1 bis U4 an verschiedenen Elektroden beschleunigt und fokussiert werden (Siehe Abb. 1). Der
Elektronenstrahl erscheint als Leuchtfleck auf dem beschichteten Bildschirm. Die Ablenkung des
Elektronenstrahls erfolgt in x-Richtung mit Hilfe des elektrischen Feldes zweier parallel angeordneter
Ablenkplatten Die Spannung an den Ablenkplatten bestimmt das Ausmaß der Ablenkung. In yRichtung lässt sich der Elektronenstrahl mit dem magnetischen Feld zweier außerhalb der
Braunschen Röhre angeordneter Spulen ablenken. Dabei wird über den Spulenstrom das Magnetfeld
und damit die Stärke dieser Ablenkung variiert.
Abbildung 1: Aufbau der Braunschen Röhre. UB ist die Spannung am Ort P relativ zur Kathode. UB
kann nicht an einem der Stifte des Sockelkastens gemessen werden.
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12.05.2011
BRAUNSCHE RÖHRE
3
Theorie
3.1 Homogenes elektrisches Feld
r
Betrachten wir ein einzelnes geladenes Teilchen im homogenen elektrischen Feld E , welches durch
r
zwei parallele geladene Metallplatten im Abstand d erzeugt wird. Für das E -Feld ergibt sich
E=
UB
,
d
(1)
wobei UB die Spannung zwischen den Platten ist. Auf eine Ladung q der Masse m wirkt im elektrischen Feld die Coulomb-Kraft
r
r
r
F = q⋅E = m⋅a .
(2)
r
In der Vektordarstellung wird deutlich, daß die Ladung q eine Beschleunigung a in Richtung der Feldr
r
linien des E -Feldes erfährt. In der Braunschen Röhre wird die Beschleunigung durch das E -Feld
zweimal genutzt: Zur Beschleunigung in z-Richtung und zur Ablenkung des Strahls in x-Richtung.
1. Nach ihrer Emission an der Glühkathode werden die Elektronen
in Richtung der positiv geladenen Anoden beschleunigt. Das Beschleunigungsfeld erstreckt sich über die Hilfsanode und Anode
hinaus bis zu den Ablenkplatten, die aufgrund ihrer hohen Spannung die hauptsächliche Beschleunigung bewirken. Einsetzen der
Gleichung (1) in Gleichung (2) liefert für den Betrag der Beschleunigung eines Elektrons der Ladung e mit der Masse me
a=
e ⋅U B
.
me ⋅ d
(3)
Die Elektronen erfahren eine konstante Beschleunigung wie ein
r
fallender Stein. Kennt man den Ort x0 und die Geschwindigkeit
r
v 0 zur Zeit t = 0, kann man mit Hilfe der beiden Gleichungen
r
r
r
v (t ) = v 0 + a ⋅ t
und
r
r
a
r
r
x(t ) = x0 + v 0 ⋅ t + ⋅ t 2
2
Kathode
Anode
E
-
e
vz
d
UB
(4)
(5)
Ort, bzw. den entsprechenden Zeitpunkt des Elektrons im Feld berechnen. Wird das Koordinatensystem so gelegt, dass d = z - z0 und x0 = 0 ist, und befinden sich die Elektronen außerdem zu
Anfang in Ruhe (v0 = 0), dann gilt
vz =
2 ⋅ e ⋅UB
me
und
t=d
2 ⋅ me
.
e ⋅UB
(6)
Die Geschwindigkeit vz aus Gleichung (6) läßt sich auch aus einer Energiebetrachtung gewinnen:
Das Elektron gewinnt beim Durchlaufen einer Potentialdifferenz UB die kinetische Energie
2
Ekin = e⋅UB = 1/2·me·v . Dies ist die Gesamtenergie des Teilchens, falls es beim Eintritt in das Feld
die Geschwindigkeit v0 = 0 hat.
2. Hat das Elektron beim Eintritt in das Ablenkungsfeld die Bahngeschwindigkeit v = vz erreicht, tritt
es in das homogene elektrische Feld des Ablenkkondensators ein. An jedem Punkt seiner Flugbahn durch das Feld erfährt es nun eine Beschleunigung in Richtung der positiv geladenen Ablenkplatte (x-Richtung). Die Bahnkurve im Bereich des elektrischen Feldes wird durch eine Para-
2
BRAUNSCHE RÖHRE
bel beschrieben. Um das Feld zu
durchqueren, braucht es die Zeit
t = L/vz. In x-Richtung hat es nach dieser Zeit die Geschwindigkeit
vx = a ⋅ t =
e
L
⋅E⋅
me
v
(7)
Ablenkplatten
vz
Ux
e
d
E
-
vz
erreicht. Die Flugrichtung hat sich daher um den Winkel α mit
tan(α ) =
vx
e⋅ L
=
⋅E
v z me ⋅ v 2
a
vx
L
(8)
geändert. Drückt man die Geschwindigkeit durch die Beschleunigungsspannung UB aus
r
2
(Ekin = 1/2·me·v = e⋅UB) und das E -Feld des Ablenkkondensators durch die Ablenkspannung Ux,
ergibt sich
tan(α) =
L Ux
.
⋅
2 ⋅ d UB
(9)
Da der Winkel α keine beobachtbare Größe ist, wird das Ablenkverhalten mit der x-Koordinate
beschrieben. Dazu multipliziert man Gleichung (9) mit der Schirmentfernung SE (siehe Abb. 1)
und erhält
x=
L ⋅ SE
⋅Ux .
2 ⋅ d ⋅UB
(10)
3.2 Homogenes Magnetfeld
Betrachten wir jetzt das geladene Teilchen im homogenen Magr
netfeld. Eine Ladung q, die mit der Geschwindigkeit v durch ein
r
Magnetfeld mit der Flussdichte B fliegt, erfährt die Lorentz-Kraft
r
r r
FL = q ⋅ v × B .
(11)
Diese wirkt immer senkrecht zu der Bewegungsrichtung des
Teilchens, kann also keine Arbeit leisten. Daraus folgt, daß diese Kraft den Betrag der Geschwindigkeit und damit die Energie
des Teilchens nicht ändern kann. Es erfährt aber senkrecht zu
seiner Bewegungsrichtung eine konstante Beschleunigung. Dies
sind die Kennzeichen einer gleichförmigen Kreisbewegung, der
ren Radialbeschleunigung a sich dem Betrage nach aus dem
r
Bahnradius r und der Bahngeschwindigkeit v ergibt:
v2
a=
.
(12)
r
r r
In unserem Versuch ist v ⊥ B , so dass sich Gleichung (11) vereinfacht zu
FL = e ⋅ v ⋅ B .
b
r
L
b
v
z
-
e
B
Ablenkspulen
L
(13)
r
Sie verursacht die Beschleunigung a , so dass auch gilt
FL = me ⋅ a =
me ⋅ v 2
.
r
3
(14)
BRAUNSCHE RÖHRE
Es folgt
e ⋅v ⋅ B =
me ⋅ v 2
r
(15)
und daraus gemäß obiger Abbildung unter der Annahme L << r (bzw. ß << 1)
sin(ß) =
L L⋅e⋅ B
=
.
r
me ⋅ v
(16)
Weitere Umformung ergibt:
sin(ß) =
e
L⋅B
⋅
.
me
2 ⋅UB
(17)
Da ß nicht direkt gemessen werden kann, berechnen wir die y-Koordinate auf dem Schirm mit y =
r
SM⋅tan(ß), wobei SM die Entfernung vom Ende des B -Feldes zum Schirm ist. Für kleine Winkel gilt
sin(ß) ≈ tan(ß) und damit wird Gleichung (17) zu
y = SM ⋅ L ⋅
e
2 ⋅ me ⋅ U B
⋅B.
(18)
Im Praktikumsversuch wird das Magnetfeld durch zwei in Reihe geschaltete Spulen erzeugt. Es zeigt
in Richtung der Spulenachse und ist proportional zum Strom durch die Spulen ( B I ). Die obigen Formeln gelten unter der Annahme, dass man die inhomogenen Felder in den Randbereichen vernachlässigen kann, so dass das Feld zwischen den Spulen räumlich konstant, d.h. homogen ist.
3.3 Zusammenhang von Magnetfeld und magnetischen Dipolen
r
Man unterscheidet zwischen der magnetischen Feldstärke H , deren Feldlinien an den Magnetpolen
r
beginnen bzw. enden und der magnetischen Flussdichte (oder Induktion) B , deren Feldlinien ger
r
-6
schlossen sind. Im Vakuum gilt für diese Felder B = µ0 H wobei µ0 = 1,256·10 Vs/(Am) die magnetir
sche Feldkonstante ist. Ein von aussen angelegtes Magnetfeld H richtet in Materie elementare magr
netische Dipolmomente aus und erzeugt so eine Magnetisierung M . Es gilt dann
r
r r
B = µ0 ( H + M ) .
(19)
r
r
Die Magnetisierung M ist im Bereich kleiner Felder proportional zu H , so dass man Gleichung (19)
umschreiben kann zu
r
r
B = µ0 µr H .
(20)
µr heisst Permeabilitätszahl, und sie ist abhängig von der Materie, die von der magnetischen Feldstärke durchsetzt wird. Für den Fall µr < 1 spricht man von Diamagnetismus. Er entsteht dadurch, dass
durch ein äusseres Feld magnetische Momente induziert
und ausgerichtet werden. Da dieser Effekt klein ist, wird er
B
bei vielen Substanzen durch andere Phänomene überdeckt. So findet man viele Substanzen, bei denen µr > 1
Remanenz
ist. Sie enthalten permanent vorhandene magnetische Dipole, die untereinander kaum wechselwirken, sich aber parallel zu einem angelegten Magnetfeld ausrichten. Das
Maß der Ausrichtung hängt nicht nur vom Magnetfeld, sonH
dern auch von der Temperatur ab, da die thermische Bewegung der Ausrichtung entgegenwirkt. Solche SubstanKoerzitivzen werden paramagnetisch genannt.
feldstärke HK
Bei Ferromagneten (Fe, Co, Ni), die durch µr >> 1 gekennzeichnet sind, koppeln die permanenten magnetischen
4
BRAUNSCHE RÖHRE
Momente so stark untereinander, daß die Wärmebewegung die Ausrichtung der magnetischen Momente nicht unterdrücken kann. Sie richten sich innerhalb unregelmäßiger Bereiche, sogenannten
magnetischen Domänen (oder Weiss-Bereichen), parallel aus. Wird ein äußeres Magnetfeld angelegt,
wachsen diejenigen Domänen auf Kosten von anderen, in denen die magnetischen Momente parallel
zur Magnetfeldrichtung stehen. Fremdatome im Gitter behindern dabei die Verschiebung von Domänenwänden und fixieren diese zeitweise in einer bestimmten Lage. Dies führt dazu, daß die Wandverr
schiebungen zum Teil irreversibel sind. Nimmt die magnetische Feldstärke H wieder ab, werden die
reversiblen Wandverschiebungen rückgängig gemacht, nicht aber die irreversiblen. Es bleibt deswer
gen bei H = 0 eine Remanenzmagnetisierung zurück. Um diese rückgängig zu machen, muß ein Gegenfeld, die sogenannte Koerzitivfeldstärke HK, aufgewendet werden. Weitere Magnetisierung in Gegenrichtung und schließlich Umkehr des ganzen Vorgangs erzeugt eine sogenannte
Hystereseschleife. Zum Entmagnetisieren eines ferromagnetischen Materials verwendet man ein abklingendes magnetisches Wechselfeld.
4
Durchführung und Aufgabenstellung
4.1 Elektrisches Feld
•
Inbetriebnahme der Braunschen Röhre gemäß der Bedienungsanleitung (siehe Abb. 2 (Schaltplan)).
•
Bestimmung der Abhängigkeit der x-Ablenkung als Funktion der Spannung Ux an den Ablenkplatten. Die Meßwerte sollen in der Auswertung mit der Theorie (Gleichung (10)) verglichen
werden. Die Ablenkung, die die Elektronen schon im Bereich der Platten erfahren, ist zu vernachlässigen.
•
Wie viel Zeit braucht das Elektron von der Kathode zum Schirm? (Der Wert wird berechnet,
nicht gemessen.)
4.2 Magnetisches Feld
•
Bestimmung der Abhängigkeit der y-Ablenkung vom Strom durch die Magnetspulen ohne Eisenkerne. Mit Hilfe von Gleichung (18) lässt sich daraus H(I), d.h. die magnetische Feldstärke H
in Abhängigkeit vom Strom durch die Magnetspulen, bestimmen (B = µ0(H+M), M = 0 ohne Eisenkerne).
4.3 Hysterese
•
Die Kurve y(I) soll für die Eisenkerne der Magnetspulen aufgenommen werden. Dafür wird in jer
de Spule ein Eisenkern gesteckt, d.h. die Magnetisierung M wird nicht identisch Null bleiben.
Es wird wieder die y-Auslenkung in Abhängigkeit vom Strom I durch die Magnetspulen gemessen. Zu Anfang sollen die Eisenkerne mit einem magnetischen Wechselfeld entmagnetisiert
werden (Vorführung durch den Assistenten). Danach wird die Neukurve bestimmt. Dazu wird
die Stromstärke beginnend von Null solange erhöht bis der Leuchtpunkt auf dem Schirm am
oberen Rand angekommen ist. Es ist die Brückenschaltung gemäß Abbildung 8 zu verwenden.
Danach ist die Hysteresekurve vollständig durchzufahren.
•
Achtung! Der Strom darf während der Messung von einem Endpunkt zum anderen nur in einer
Richtung verändert werden, da es sonst unmöglich ist, das Hystereseverhalten des Ferromagneten zu messen.
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BRAUNSCHE RÖHRE
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Anhang
5.1 Beschaltung Braunsche Röhre
Abbildung 2: Beschaltung der Braunschen Röhre. Die Quellen Q1 – Q5 und Qx werden durch das
VHG und das VEA zur Verfügung gestellt. Die Punkte A1, A2, P3, P4, H, K und AKN
sind in Abb. 3 vermerkt.
Abbildung 3: Foto des Sockelkastens (SOKA) der Braunschen Röhre
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Abbildung 4: Versorgungshauptgerät (VHG).
5.2 Entmagnetisierung
Abbildung 5: Der TRAFO (Foto)
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5.3 Elektrische Ablenkung
Abbildung 6: Versorgungsgerät für die elektrische Ablenkung (VEA).
Abbildung 7: Entmagnetisierungs- bzw. Ablenkspule (Foto)
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5.4 Magnetische Ablenkung
Abbildung 8: Die Brückenschaltung
Abbildung 9: Schiebewiderstand (Foto)
Abbildung 10: Primärquelle für magnetische Ablenkung (PRIMA)
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