die varroa- milbe

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DIE
VARROAMILBE
Ein gefährlicher Bienenparasit
Honigbienen
Kleine Insekten,
große Leistung
INHALT
Die Varroa-Milbe
Ein gefährlicher Bienenparasit
Einleitung
3
5
6
7
Honigbienen – Kleine Insekten, große Leistung
Varroose Der Befall von Bienenvölkern
Verbreitung der Varroa-Milbe
Milbenwanderung
Biologie
8
8
9
10
11
12
13
14
15
16
Die Biologie des Parasiten
Körperbau
Milben-Geschlechter
Sinneswahrnehmungen der Milbe
Die Fortpflanzung der Varroa destructor
Eiablage in der Brutzelle
Begattung der Milben-Weibchen
Entwicklungsstadien der Varroa-Milbe
Nach dem Schlüpfen der Biene
Die Übertragung von Viren
Viren bei Honigbienen
Infektion
19
Infektion mit der Varroa-Milbe
Bekämpfung
21
Die Bekämpfung der Varroa-Milbe
24
Maßnahmen zur Bekämpfung
26
27
Diagnostik
Chemische Verfahren während der Brutzeit
Chemische Verfahren außerhalb der Brutzeit
Biotechnische Verfahren
Ausblick
28
29
30
Ausblick auf einige aktuelle Forschungsansätze
Varroa-Gate Technologie
Weitere Forschungsansätze
Die Arbeit von Honigbienen ist für uns
Menschen immens wichtig. Sie leisten
eine bedeutende Hilfe bei der Bestäubung
vieler Nutzpflanzen und tragen so zur
Nahrungsmittelproduktion bei. Ein großer
Anteil unserer Lebensmittelproduktion
basiert auf der Unterstützung durch Bienen
und andere Bestäuber. Und deshalb gilt:
Die Bienengesundheit muss geschützt und
verbessert werden.
In den letzten 50 Jahren ist zwar die Anzahl
der Honigbienenvölker weltweit gewachsen,
doch in einigen Regionen der Welt hat der
schlechte Gesundheitszustand der Kolonien
besorgniserregende Ausmaße angenommen.
Einer der Hauptverantwortlichen, wenn nicht
der größte Feind der Honigbiene, ist eine
kleine Milbe namens Varroa destructor.
Zur Bekämpfung der Milbe stehen derzeit
nur wenige Mittel zur Verfügung. Die erhältlichen Wirkstoffe und Maßnahmen können,
kombiniert mit guter imkerlicher Praxis, den
Einfluss dieses Schädlings eindämmen.
Þ
1
Ist ein Artikel oder ein Bildmotiv mit diesem
Zeichen gekennzeichnet, steht Ihnen Bildoder Textmaterial zum Download unter
dem jeweils angeführten Link zur Verfügung.
Nutzen Sie unser Angebot für Ihre VarroaSchulungen.
Die Varroa-Milbe | Einleitung
3
Varroose
Der Befall von
Bienenvölkern
Þ
1
Bildmaterial zum Download unter
www.beecare.bayer.de/varroa
Rechts:
Varroa-Milben in verschiedenen
Entwicklungsstadien in den
Brutwaben eines Bienenvolks
Links:
Adulte Biene mit Varroa-Milbe
und Symptomen des Flügeldeformationsvirus (DWV)
Sie ist winzig und doch höchst gefährlich: Die Milbe Varroa destructor ist
der größte Feind der Westlichen Honigbiene (Apis mellifera). Der Parasit
hat sich mittlerweile in großen Teilen der Welt ausgebreitet; ausgenommen Australien. Vor allem Europa und Nordamerika verzeichnen einen
starken Milbenbefall. Und der Schädling bedroht die Bienengesundheit
in Europa und Nordamerika maßgeblich: Ohne menschliche Hilfe stirbt
dort ein von Milben befallenes Bienenvolk in der Regel innerhalb von drei
Jahren aus.
Neben der Bedrohung durch die Varroa-Milbe selber besteht auch die
Gefahr von Sekundärinfektionen, die sich ebenfalls stärker ausbreiten
und die Bienenvölker zusätzlich schwächen: Ähnlich wie die Zecke
übertragen die kleinen Parasiten Krankheiten, die für erwachsene Bienen
und ihren Nachwuchs oft tödlich enden.
Forscher haben im Kampf gegen die Milbe eine schwierige Aufgabe. Denn
trotz vielversprechender Ansätze gibt es bislang keine einfach einzusetzenden und nachhaltigen Behandlungen gegen den Bienenparasiten. Und
der Durchbruch in der Züchtung Varroa-resistenter Linien der Westlichen
Honigbiene ist bislang noch nicht gelungen.
Die Varroa-Milbe | Einleitung
5
Verbreitung
der Varroa-Milbe
Milbenwanderung
Heimisch ist die Varroa-Milbe ursprünglich in Asien. Sie wurde das
erste Mal vor 100 Jahren auf der Insel Java in Indonesien entdeckt.
Der niederländische Zoologe Anthonie Cornelis Oudemans nannte sie
Varroa jacobsoni. Ursprünglich befiel die Milbe die Asiatische Honigbiene (Apis cerana). Diese konnte sich über Jahrtausende erfolgreich
an den Parasiten anpassen: Durch ausgeprägtes Putzverhalten im
Stock und andere Verhaltensweisen bekämpfen die Bienen die Milben
und begrenzen so den Schaden am Volk.
Als europäische Siedler die Westliche Honigbiene (Apis mellifera) nach
Asien brachten, befiel die Varroa-Milbe auch diese. Mit den infizierten
Völkern wurde der Parasit dann nach Europa eingeschleppt. Dort
breitet sich die Milbe seit den 1970er-Jahren immer weiter aus.
Neue genetische Untersuchungen zeigen, dass Varroa jacobsoni
18 genetisch unterschiedliche Typen umfasst, die zwei Hauptgruppen
zugeordnet werden: Varroa jacobsoni und Varroa destructor. Der neu
identifizierte Typ Varroa destructor richtet großen Schaden in Europa und Nordamerika an, denn die Westliche Honigbiene verfügt über
keine ausreichenden Abwehrfunktionen. Das Gleichgewicht zwischen
Parasit und Wirt muss sich in diesen Teilen der Welt offensichtlich noch
einstellen.
Mittlerweile bevölkert die Milbe viele Regionen der Welt: China und
Russland verzeichnen die Parasiten ebenso wie Mitteleuropa und Nordsowie Südamerika. Sogar Neuseeland und Hawaii vermelden in den
2000ern einen Befall. Bislang ist nur Australien verschont geblieben,
vor allem durch intensive Kontroll- und Quarantänemassnahmen.
Keine Angaben
Kein Vorkommen
Verbreitung der Milbe in den markierten Ländern mit dem Jahr des Erstfunds im entsprechenden Jahrzehnt.
2000er
1980er
1970er
1960er
1950er
Erster Fund
Quelle: modifiziert nach Webster TC, Delaplane KS 2001, Mites of Honey Bee, (ECPA)
// Die parasitische Varroa-Milbe kommt ursprünglich aus Asien.
Von dort aus hat sie sich mittlerweile in Richtung Westen
beinahe auf der ganzen Welt verbreitet – und bedroht dort
die Westliche Honigbiene.
//Einzig in Australien ist die Milbe bisher noch nicht gesichtet worden.
6
Die Varroa-Milbe | Einleitung
Die Varroa-Milbe | Einleitung
7
Die Biologie
des Parasiten
Körperbau
Milben-Geschlechter
Varroa destructor bedeutet „zerstörerische Milbe“:
Der Name des Parasiten ist bezeichnend – dabei ist das
Spinnentier kaum mehr als einen Millimeter lang und kann
weder sehen noch hören. Der Körper der Milbe besteht
aus vier Beinpaaren sowie den stechend-saugenden
Mundwerkzeugen. Ihre Umgebung nimmt die Milbe über
zahlreiche Rezeptoren in Sinneshärchen wahr, die über
den ganzen Körper verteilt sind. Durch ihre flache Form
und Haftborsten kann sich die Varroa-Milbe optimal
am Bienenkörper festhalten. Mit den Mundwerkzeugen
sticht sie dann in die „Bienenhaut“ (cuticula) und saugt die
blutähnliche Flüssigkeit der Biene, die sogenannte
Hämolymphe.
Männliche und weibliche Milben unterscheiden sich deutlich voneinander: Die Männchen haben eine rundere Körperform und sind
gelblichweiß gefärbt. Sie sind außerdem mit einer Größe von 0,7 bis
0,9 Millimetern deutlich kleiner als die Weibchen. Diese messen rund
1,1 Millimeter in der Länge und 1,6 Millimeter in der Breite. Zudem sind
sie stark sklerotisiert, haben also eine härtere Cuticula mit bräunlicher
Färbung.
// Körperbau:
Idiosoma (hinterer
Körperabschnitt) und
Gnathosoma (Kopfteil).
//Die Milbe hat vier
Beinpaare sowie
stechend-saugende
Mundwerkzeuge.
Þ
1
Auch die Mundwerkzeuge sind deutlich ausgeprägter als bei den
Männchen. So können nur die Weibchen die Haut der Bienen und ihrer
Brut durchdringen, während die Männchen ohne Verletzungen nicht an
die Hämolymphe als Nahrung gelangen. Die männlichen Milben befinden sich in der Brutzelle und ernähren sich von der Bienenbrut an einem
Futterloch, das die weibliche Milbe geschaffen hat. Daher können auch
nur die Weibchen außerhalb der Brutzellen überleben. Die Funktion der
männlichen Milben beschränkt sich auf die Begattung der Weibchen.
Bildmaterial zum Download unter
www.beecare.bayer.de/varroa
Morphologie des Weibchens
•1,1 mm lang und 1,6 mm breit
•flacher Körper
•stark sklerotisiert = mechanischer Schutz
•braune Färbung
•Haftlappen (Apotelen)
am letzen Beinglied (Tarsen)
•zwei Zähne am Ende der Kieferklaue
// Mit Haaren an der
Ober- und Unterseite
ihres Körpers haftet
sich die Milbe an die
Honigbiene.
Morphologie des Männchens
// Der Parasit saugt die
Hämolymphe adulter
Bienen und der
Bienenbrut.
•kleiner als das Weibchen
•0,7 mm lang und 0,9 mm breit
•gelblich-weiß gefärbt
•rundliche Körperform
•lebt nur in den verdeckelten Zellen
auf der Bienenbrut
Varroa-Weibchen rechts oben,
Varroa-Männchen links unten im Bild
8
Die Varroa-Milbe | Biologie
Die Varroa-Milbe | Biologie
9
Die Fortpflanzung
der Varroa destructor
Sinneswahrnehmungen der Milbe
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Vermehrung der
Varroa-Milbe
......
Die Varroa-Milbe | Biologie
....
10
......
// DIE VARROA DESTRUCTOR HAT EINE GRUBE MIT EINEM
GERUCHSSINNESORGAN AUF DEN VORDERBEINEN. DAMIT
KANN SIE RIECHEN UND SCHMECKEN. DIE VORDERBEINE
NUTZT SIE WIE FÜHLER, UM DAMIT DIE UMGEBUNG
ABZUTASTEN. //
.....................
Detailaufnahme der beiden Vorderbeine einer
Varroa-Milbe mit dem dazwischenliegenden
Mundwerkzeug
..
Varroa-Milbe aufgenommen
mit einem Elektronenmikroskop
......
Die Vorderbeine setzt er ähnlich wie Insekten ihre Fühler ein: Er tastet
seine Umgebung ab. Forschungen haben zudem gezeigt, dass die VarroaMilbe über ein Sinnesorgan in einer kleinen Grube auf den Vorderbeinen
riecht und schmeckt. Mithilfe der sensiblen Wahrnehmungssensoren
findet sie den richtigen Weg zu den Brutzellen im Bienenstock.
Varroa-Milbe wandert
in die Zelle mit Larve ein
...................
Die Varroa-Milbe orientiert sich, ohne zu sehen oder zu hören – sie kann
lediglich zwischen hell und dunkel unterscheiden. Dagegen sind die
Rezeptoren an ihren Sinneshärchen sehr ausgeprägt: Die Milbe ist sehr
empfänglich für Wärmeunterschiede, Feuchtigkeit und chemische Reize.
Um sich im Bienenstock zurechtzufinden, nutzt der Parasit seinen ausgeprägten Tastsinn und spürt dabei selbst leichteste Vibrationen.
Entwicklung der Varroa-Milbe in der Bienenwabe
Der Parasit befällt sowohl adulte Bienen als auch ihre Brut. Die VarroaWeibchen können auch außerhalb der Brutzellen überleben, indem sie
sich an den adulten Bienen festsaugen. Der Parasit pflanzt sich aber
ausschließlich in den geschlossenen Brutzellen der Bienen fort. Kurz vor
dem Verdeckeln dringen die Varroa-Weibchen in die Brutzellen ein und
wandern zum Boden der Zelle – sie verstecken sich zum Schutz vor den
brutpflegenden Bienen unter den Bienenlarven. Dort liegen sie im Futtersaft der Bienenbrut. Ist dieser aufgebraucht, sticht die Varroa-Milbe die
Bienenlarve und beginnt zu saugen. Der Parasit hat seinen Lebensraum
und die Nahrung stark an seinen Wirt angepasst.
Die Varroa-Milbe | Biologie
11
Eiablage in der Brutzelle
Die Pheromone der Bienenlarve und das Verschließen der Wabenzellen
durch die Arbeiterinnen mit Wachs (Verdeckeln) aktivieren rund sechs
Stunden nach dem Eindringen der Varroa ihre Eireifung – die sogenannte
Oogenese. Rund 60 Stunden nach der Verdeckelung der Zelle legt die
Muttermilbe dann fünf bis sechs Eier: Das erste bleibt unbefruchtet,
daraus schlüpft immer ein Männchen. In Abständen von jeweils einem
Tag legt die Milbe danach vier bis fünf befruchtete Eier, aus denen der
weibliche Milben-Nachwuchs schlüpft. Die Nymphen sind weiß und
entwickeln sich in etwa sechs Tagen über verschiedene Entwicklungsstadien zu geschlechtsreifen Milben-Weibchen. Die Männchen brauchen
etwa sieben Tage bis zur Geschlechtsreife. Die jungen Milben können
sich noch nicht selber ernähren, die Muttermilbe bohrt daher für den
gesamten Nachwuchs ein gemeinsames Futterloch in die Bienenpuppe.
Während der Entwicklungszeit muss die Muttermilbe dieses Futterloch
als einzige Nahrungsquelle aller Milben mit viel Energie aufrechterhalten.
Begattung der Milben-Weibchen
Während der Entwicklungszeit der Arbeiterinnen bleiben der Milbe
12 Tage, um sich zu vermehren – in den Zellen des männlichen
Bienennachwuchses sogar 14 Tage. Die Drohnenbrut wird üblicherweise
fünf- bis zehnmal häufiger befallen als die weibliche Arbeiterinnenbrut.
Auch die Begattung in der Brutzelle verläuft effizient und zielgerichtet: Die
Männchen warten am gemeinsamen Kotplatz auf die geschlechtsreifen
Weibchen. Bevor die Biene schlüpft, sollen alle Milben-Weibchen begattet werden, denn nach dem Schlupf der Biene sterben die Männchen und
die unbegatteten Milben-Weibchen ab. Die Paarung zeigt, dass sich die
Varroa-Milben zur Ernährung und Reproduktion ihrer Art optimal an den
Lebensraum der Biene angepasst haben. Während der Brutzeit der Biene
kann sich der Parasitenbefall so alle drei bis vier Wochen verdoppeln.
// DIE DROHNENBRUT WIRD FÜNF- BIS ZEHNMAL HÄUFIGER
BEFALLEN ALS DIE ARBEITERINNENBRUT. //
12
Die Varroa-Milbe | Biologie
8.
Tag nach
Verdeckelung
der Brutzelle
7.
Tag nach
Verdeckelung
der Brutzelle
Tag
nach Verdeckelung
der Brutzelle
Tag nach
Verdeckelung
der Brutzelle
6.
Tag
nach Verdeckelung
der Brutzelle
12.
Tag
nach Verdeckelung
der Brutzelle
Paaru
ng
Tag nach
Verdeckelung
der Brutzelle
5.
9. 10. 11.
4.
Mil
ben
-Ei
Tag nach
Verdeckelung
der Brutzelle
3.
Milben
-Ei
4.
Tag nach
Verdeckelung
der Brutzelle
3.
2.
Milben-Ei
legt
Eine weibliche Milbe Eier
bis zu 5 befruchtete
1. n-Ei
Milbe
17 18 19 20
16
21
15
14
ENTWICKLUNG
13
DER BIENENBRUT 1
12
IN TAGEN
2
11
3
10
4
9
8 7 6 5
Varroa-Weibchen
und deren Nachkommen dringen
in neue Brutzellen ein
Tag nach
Verdeckelung
der Brutzelle
2.
Tag nach
Verdeckelung
der Brutzelle
1.
Kurz vor dem Verdeckeln dringen die Varroa-Weibchen in die Brutzellen ein.
Rund 3 Tage später legt die Muttermilbe das erste männliche Ei, gefolgt von
bis zu fünf befruchteten Eiern, aus denen die weibliche Milben schlüpfen.
Je nach Entwicklungszeit der Bienenbrut verlassen ein bis zwei Tochtermilben
mit der Muttermilbe die Brutzelle beim Schlüpfen der Biene.
Tag nach
Verdeckelung
der Brutzelle
Entwicklung der Varroa-Milbe
Entwicklungsstadien
der Varroa-Milbe
Das erste Entwicklungsstadium der Varroa
ist eine sechsbeinige Larve, die sich vollständig innerhalb der Eischale entwickelt.
Daraus entsteht im zweiten Entwicklungsstadium eine achtbeinige Protonymphe,
die aus dem Ei schlüpft. Sie häutet sich
zum dritten Entwicklungsstadium, der
Deutonymphe, aus der die neue Generation
adulter Milben hervorgeht. Beide Nymphenstadien werden gegen Ende ihrer Wachstumsperiode unbeweglich, dieses immobile
Übergangsstadium wird als Chrysalis
bezeichnet. Während die Nymphen weiß
gefärbt sind, besitzen die Milbe im letzten
Ruhestadium (Deutochrysalis) bereits die
braune Farbe der adulten Milben-Weibchen.
Unbefruchtetes Ei
Befruchtetes Ei
Männliche
Protonymphe
Weibliche
Protonymphe
Männliche
Deutonymphe
Weibliche
Deutonymphe
Junge
männliche Milbe
Junge
weibliche Milbe
Erwachsene
männliche Milbe
Erwachsene
weibliche Milbe
Erwachsene männliche
Milbe verbleibt in der
Brutzelle und stirbt
Unbefruchtete weibliche
Milbe verbleibt in der
Brutzelle und stirbt
Die Varroa-Milbe | Biologie
13
Die Übertragung von Viren
Nach dem Schlüpfen der Biene
Eine Milbe lebt im Sommer zwei bis drei Monate – im Winter sechs bis
acht Monate. Der Parasit ist allerdings stark abhängig von seinem Wirt:
Ohne adulte Honigbienen und ihre Brut kann er maximal sieben Tage
überleben. Die toten Milben fallen im Bienenstock einfach zu Boden.
Populationsdichte
Brut
Varroa-Milben
Bienen
Winterbienen
Winterbienenbrut
Frühjahr
Sommer
Herbst
Winter
Grafik: Varroa-Population
Als Gemüll eines Bienenstocks bezeichnet man
abgetragene Materialien, die zu Boden fallen.
Durch die Bewegungen und Aktivitäten der Honigbienen im Bienenstock fallen viele Materialien wie
Wachs, Zelldeckel, Futter oder Milben von den
Bienenwaben nach unten in eine Schublade am
Boden des Bienenstocks. Zur Überprüfung des
Infektionsdrucks können dort die toten Milben
gezählt werden (Gemülldiagnose).
Anders als die Honigbienen in Südostasien hat die Westliche Honigbiene keine ausreichenden Abwehrfunktionen gegen den eingeschleppten Parasiten. Die befallenen Bienen sind durch das Saugen an der
Hämolymphe geschwächt, das Immunsystem wird angegriffen. Ihre
Leistung sinkt ebenso wie die Lebensdauer. Zusätzlich überträgt der
Parasit beim Saugen an den Larven für die Bienen gefährliche Viren
direkt in ihre Hämolymphe. Während der sensiblen Entwicklungsphase
der Biene können die Viren sich in ihr ausbreiten und sie schädigen.
Varroa verstärkt die Ausmaße der Infektionen, denn in der Hämolymphe
wirken viele Viren sogar tödlich. Da es noch keine wirksamen Medikamente gegen Bienenviren gibt, ist es essenziell, deren Ausbreitung über
die Varroa zu kontrollieren.
Weit verbreitet ist beispielsweise das Flügeldeformationsvirus (DWV),
das sowohl bei der Bienenbrut als auch bei adulten Bienen vorkommen kann. Oft bleibt die Infektion jedoch ohne Symptome. Überträgt
der Parasit das Virus aber bereits bei einer Bienenpuppe, so entwickeln
sich bei dem Bienennachwuchs verkrüppelte Flügel. Die schlüpfenden
Jungbienen können nicht fliegen und haben eine verkürzte Lebensdauer
gegenüber gesunder Bienen.
Zudem überträgt die Milbe auch andere Viren, wie das Akute BienenParalyse-Virus (ABPV), das erwachsene Bienen sowie Larven befallen kann. Es kommt vor allem im Fettkörper und in den Speicheldrüsen
der Biene vor, verursacht aber keine typischen Krankheitszeichen. Die
Varroa-Milbe überträgt das ABPV dagegen direkt in die Hämolymphe der
Biene. Von dort aus gelangt es in die lebenswichtigen Organe: Im Gehirn
löst das Virus beispielsweise Störungen des Verhaltens, der Orientierung
sowie der Entwicklung aus – diese Folgen sind für die Biene tödlich.
Besonders bei den Winterbienen ist eine Infektion mit ABPV kritisch –
die Winterfestigkeit wird stark beeinträchtigt.
Bienenlarve mit parasitierenden
Varroa-Milben
// DIE VARROA-POPULATION KANN SICH WÄHREND DER
SAISON ALLE VIER WOCHEN VERDOPPELN. EINE POPULATION
VON 50 MILBEN KANN VON ANFANG FEBRUAR BIS ENDE
AUGUST AUF ETWA 3.200 TIERE ANWACHSEN – UND SO AUCH
EIN STARKES BIENENVOLK ÜBER DEN WINTER TÖTEN. //
14
Die Varroa-Milbe | Biologie
Die Varroa-Milbe | Biologie
15
Viren bei Honigbienen
Ü1
Tabelle zum Download unter
www.beecare.bayer.de/varroa
Virus
Abkürzung
Krankheitssymptome
Virus
Abkürzung
Krankheitssymptome
Akutes
Bienen-Paralyse-Virus
ABPV
Das Virus reichert sich in den Fettkörpern und
Speicheldrüsen der Bienen an, die Infektion
verläuft aber in der Regel ohne typische Symptome. Über die Hämolymphe kann ABPV aber bis
ins Gehirn der Bienen gelangen. Dann verursacht
es auffälliges Verhalten, wie etwa einen starken
Verflug – dem starken verfliegen in andere Bienenvölker. Auch die Entwicklung der Biene wird
gestört und sie sterben oft nach kurzer Zeit.
Langsames
Bienen-Paralyse-Virus
SBPV
Die SBPV-Infektion verursacht bei der Biene
üblicherweise keine Symptome. Die VarroaMilbe überträgt das Virus aber direkt in die Hämolymphe, wo die Infektion tödlich wirken kann.
Chronisches
Bienen-Paralyse-Virus
Israelisches AkuteBienenparalyse-Virus
CBPV
IAPV
Auffällige Anzeichen für die sogenannte Waldtrachtkrankheit sind schwarze Bienen ohne
Haare. Die zitternden Bienen sind flugunfähig
und krabbeln vor dem Flugloch herum. Über
Kotausscheidungen bei auftretendem Durchfall
verbreitet sich CBPV im ganzen Bienenstock.
Der IAPV Virus wurde erstmals 2004 in Israel
entdeckt. Die Bienen die sich mit IAPV infiziert
haben zittern, sind flugunfähig und sterben oft
nach kurzer Zeit. Über Kotausscheidungen
verbreitet sich IAPV im ganzen Bienenstock. Die
Varroa-Milbe verstärkt die Ausbreitung des Virus
im Bienenstock und überträgt diesen sowohl auf
Puppen wie adulte Bienen.
Flügeldeformationsvirus DWV
DWV ist weit verbreitet und tritt bei Bienen in
allen Entwicklungsstadien auf. Die Infektion
verläuft aber ohne Krankheitssymptome. Überträgt die Varroa-Milbe das Virus jedoch auf eine
Bienenpuppe, so entwickelt der Nachwuchs
verkrüppelte Flügel. Die Biene ist flugunfähig und
nicht lebenstüchtig.
Sackbrut-Virus
SBV
SBV infiziert meistens die Bienenbrut, die das
Virus über den Futtersaft aufnimmt. Erkrankte Larven sind mit Flüssigkeit gefüllt, und der
Körper verliert seine Struktur. Die Bienenbrut
trocknet aus und stirbt – auf den toten Körpern
bildet sich ein dunkler Schorf. Adulte Arbeiterinnen zeigen üblicherweise keine erkennbaren
Symptome einer SBV-Infektion. Sie entwickeln
sich aber schneller, sammeln und fressen weniger Nahrung und sterben früher.
Kaschmir-Bienen-Virus
KBV
Die Infektion mit KBV ist für adulte Bienen schon
nach kurzer Zeit tödlich. Die Varroa-Milbe verstärkt die Ausbreitung des Virus im Bienenstock.
Auch Wespen und Hummeln können an einer
KBV-Infektion erkranken. Typische Symptome
der KBV Virus Infektion sind schwarze Bienen
ohne Haare die nach kurzer Zeit in- oder außerhalb des Bienenstocks versterben.
Trübe-Flügel-Virus
CWV
CWV kann sich über die Stockluft im Bienenvolk ausbreiten. Varroa begünstigt zudem den
Befall der Brut. Die Flügel der Bienen verlieren
ihre Transparenz.
DIE VARROA-MILBE SCHÄDIGT DIE BIENE AUF VERSCHIEDENEN EBENEN:
// SIE SCHWÄCHT DAS IMMUNSYSTEM DER HONIGBIENE, WODURCH
VIRUSKRANKHEITEN VERSTÄRKT AUSBRECHEN.
// SIE ÜBERTRÄGT VIREN, WODURCH DIESE SICH SCHNELLER IM BIENENVOLK
UND ZWISCHEN VERSCHIEDENEN BIENENVÖLKERN AUSBREITEN.
// SIE ÜBERTRÄGT VIREN DIREKT IN DIE HÄMOLYMPHE DER BIENE – ZUVOR
HARMLOSE VIREN KÖNNEN DADURCH TÖDLICH SEIN.
16
Die Varroa-Milbe | Biologie
Die Varroa-Milbe | Biologie
17
Infektion mit
der Varroa-Milbe
Übertragungswege
der Varroa-Milbe
Der Schwarm ist die natürliche Völkervermehrung der Honigbienen:
Wird es in der Behausung zu eng, schwärmt etwa die Hälfte der Bienen
aus, um mit der alten Königin ein neues Volk zu gründen. Dabei tragen
sie die ansitzenden Varroa-Milben mit in die neue Behausung. Der Parasit
vermehrt sich in der neuen Brut – und der Reproduktionskreislauf der
Varroa-Milbe beginnt von vorne.
Königinnenversand
Brutableger
Ableger
Verflug
Wirtschaftsvolk
Varroa destructor nutzt den Flug der Honigbiene, um von Stock zu
Stock zu gelangen. Denn Bienen aus unterschiedlichen Völkern kommen
auf der Nahrungssuche immer wieder in Kontakt, sogar über mehrere
Kilometer hinweg. Auch Bienenvölker, die gegen Varroa behandelt wurden,
sind dadurch dem Invasionsdruck unbehandelter Völker ausgesetzt – sie
können erneut befallen werden. Eine hohe Bienendichte in manchen
Gebieten begünstigt die Verbreitung der Milben zusätzlich. Die Ausbreitung
der Varroa-Milben – die sogenannte Milbenreinvasion – wurde lange
unterschätzt.
Kunstschwarm
Des Weiteren können sich die Milben auch durch die Völkervermehrung
der Imker verbreiten – etwa durch Brutableger, also die Entnahme der
Brut zur Gründung eines neuen Volkes. Ableger können auch mit adulten
Honigbienen eingerichtet werden: Beim sogenannten Kunstschwarm
bildet der Imker aus Flugbienen und Königin einen neuen Bienenstock.
Beim sogenannten Flugling hängt er im neuen Stock eine Brutwabe auf,
aus deren Larven die Flugbienen eine neue Königin entwickeln. In beiden
Fällen transportiert der Imker mit den Bienen auch Milben aus dem alten
in den neuen Stock – allerdings ist der natürliche Befall mit Milben in den
Ablegern geringer als im Mutterstock. Eine zusätzliche Varroa-Behandlung
während der Bildung des Brutablegers oder des Kunstschwarms hilft,
den Parasiten im neuen Ableger weiter zu reduzieren.
Es kann vorkommen, dass sich Bienen versehentlich verfliegen. So
kommen auch Kolonien unterschiedlicher Imker miteinander in Kontakt.
Der sogenannte Verflug ist für die Imker nicht kontrollierbar, da sie nicht
bemerken, wenn ihre Bienen in die Nachbarschaft ausschwärmen.
Flugling
Räuberei
18
Die Varroa-Milbe | Infektion
Die Varroa-Milbe | Infektion
19
Die Bekämpfung
der Varroa-Milbe
Die Hauptgefahr der Übertragung von Varroose sehen Bieneninstitute
in der Räuberei: Wenn im Spätsommer bis Herbst die Nahrungsquellen
knapper werden, beginnen Honigbienen, die Wintervorräte schwächerer
Völker – die beispielsweise mit besonders vielen Varroa-Milben befallen
sind – zu berauben. In den geschwächten Völkern finden auch die VarroaMilben immer weniger Nahrung, daher wandern sie auf die eindringenden
Bienen über. So bringen die räuberischen Bienen nicht nur Nahrung,
sondern auch neue Parasiten zurück ins eigene Bienenvolk.
Für Imker in Europa und Nordamerika gehört die Bekämpfung der
Varroa-Milbe zu einer der Hauptaufgaben bei der Sicherung der Bienengesundheit. Besonders im Spätsommer besteht ihre wichtigste Arbeit
darin, den Befall im Bienenstock einzudämmen. Nur so überleben genug
Winterbienen die kalte Jahreszeit und können im nächsten Frühjahr
wieder ein starkes Volk bilden.
Noch gefährlicher ist die Räuberei für die zurückgebliebenen Bienen:
Etwa zwei Drittel der Varroa-Milben sitzen in verdeckelten Brutzellen.
So steigt die Anzahl der befallenen Bienen im Verhältnis zur Gesamtpopulation stark an. Im schlimmsten Fall stirbt das Bienenvolk, oder die
Honigbienen verlassen im Herbst – der Hochsaison der Varroa-Milben –
den Stock: In Notschwärmen fliegen sie mit der Königin aus und suchen
sich eine neue Behausung. Die stark befallene Brut lassen sie zurück,
um das Überleben ihres Bienenvolks zu sichern.
// DIE VARROA-MILBE KANN SICH DURCH KONTAKT MIT
ANDEREN BIENEN VON STOCK ZU STOCK AUCH ÜBER
MEHRERE KILOMETER HINWEG VERBREITEN. BEI DER
NATÜRLICHEN ODER IMKERLICHEN VÖLKERVERMEHRUNG
ODER DURCH RÄUBEREI GELANGT DIE VARROA-MILBE MIT
DER BIENE VON EINEM STOCK IN DEN NÄCHSTEN. DORT
BREITET SIE SICH ERNEUT AUS. //
Þ
1
Bildmaterial zum Download unter
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Einhängen eines Behandlungsstreifens zwischen den
Wabengassen
Diagnostik
Bevor er Behandlungsmaßnahmen ergreifen kann, prüft der Imker regelmäßig, ob und wie stark seine Bienenstöcke von der Varroa-Milbe befallen
sind. Er entscheidet dementsprechend die passende Vorgehensweise.
Diagnosen werden aber auch während und nach der Milbenbehandlung
durchgeführt, um den Erfolg der Maßnahme zu überprüfen.
20
Die Varroa-Milbe | Infektion
Die Varroa-Milbe | Bekämpfung
21
Þ
1
Tabelle zum Download unter
www.beecare.bayer.de/varroa
VOR- UND NACHTEILE VERSCHIEDENER
DIAGNOSEMÖGLICHKEITEN
VORTEILE
NACHTEILE
VARROA-WINDEL
Zur Diagnose werden die abgefallenen Varroa-Milben auf einer Bodeneinlage gezählt. Das Foto zeigt Peter
Trodtfeldt, den Bayer-Experten für Bienengesundheit, bei der Kontrolle des Milbenfalls auf einer Bodeneinlage.
Eine Diagnosemöglichkeit ist die Nutzung
einer Bodeneinlage, der sogenannten
Varroa-Windel. Diese flache Schublade
wird unter dem Bienenstock eingesetzt.
Tote Milben wie auch anderes Material aus
den Waben fallen auf diese Unterlage. So
können die Imker täglich die Anzahl der
toten Milben bestimmen. Daraus lassen
sich der Gesamtbefall des Bienenstocks
abschätzen und der passende Zeitpunkt
für die jeweilige Behandlungsmaßnahme
wählen. Die Befallsdiagnose durch die
Varroa-Windel ist sehr einfach (man benötigt nur einen offenen Gitterboden)
und dient einer ungefähren, dafür aber
kontinuierlichen Abschätzung der
Varroa-Milben im Volk.
Ein anderes Verfahren ist die Puderzucker-Methode: Etwa 500 Bienen werden aus dem Stock entnommen und
in einem Becher mit fünf Esslöffeln Puderzucker bestäubt und mehrfach geschüttelt.
Dadurch lassen die Milben von ihrem Wirt
ab, können über ein Auffangsieb vom
Puderzucker getrennt und auf einem
hellen Untergrund ausgezählt werden. Die
Bienen werden unbeschadet in den Stock
zurückgegeben. Diese Behandlung ist
witterungsabhängig: Sie lässt sich optimal
bei trockenem Wetter durchführen, da Puderzucker und Bienen vollständig trocken
sein müssen.
Bei jeder Witterung ist hingegen die Auswaschmethode möglich, um den VarroaBefall des Bienenstocks zu überprüfen. Dafür werden ebenfalls Bienen entnommen.
In einem Gefäß mit Wasser und Spülmittel werden die Milben dann von den Bienen
gewaschen, abgesiebt und gezählt.
22
Die Varroa-Milbe | Bekämpfung
•einfache Erfassung des
Varroa-Befalls
•Gemüll lässt Rückschlüsse auf
den Zustand des Bienenvolks zu
•kontinuierliche Beobachtung
möglich
•keine Störung des Bienenvolkes
bei der Diagnose nötig
•der natürliche Totenfall der Milben
ist von der Volksstärke und der
Brutaktivität des Bienenvolks
abhängig und muss bei der
Diagnose mit einbezogen werden
•Wind und Ameisen können das
Ergebnis verfälschen
PUDERZUCKER
•Berücksichtigung der
Bienenvolksstärke möglich
•Erfassung der Milbenstärke
im Bienenvolk
•witterungsabhängig:
trockenes Wetter nötig
•die Beurteilung des Befallsgrads
hängt von der Brutaktivität des
Bienenvolks und der Jahreszeit ab
•lebende Bienen werden für die
Diagnose benötigt
AUSWASCHEN
•Berücksichtigung der Bienenvolksstärke möglich
•Diagnose bei jeder Witterung
möglich
•Erfassung der Milbenstärke im
Bienenvolk
•lebende Bienen werden für die
Diagnose benötigt
•die Beurteilung des Befallsgrads
hängt von der Brutaktivität des
Bienenvolks und der Jahreszeit ab
Die Varroa-Milbe | Bekämpfung
23
Maßnahmen
zur Bekämpfung
Um die Varroa-Milbe im Bienenstock zu behandeln, stehen verschiedene
chemische oder biotechnische Möglichkeiten zur Auswahl.
Wichtig ist: Eine einzige Behandlung am Ende der Bienensaison reicht
nicht aus, um das Bienenvolk vor den Parasiten zu schützen. So wird
zwar die Anzahl der Milben spät im Jahr gesenkt, doch Bienen, die sich
während der starken Milbenbelastung zuvor entwickelt haben, sind
erheblich geschwächt – es ist nicht sicher, dass das Volk bis zum
Frühjahr überlebt. Imker müssen außerdem je nach Standort und
eigener Betriebsweise geeignete Verfahren kombinieren. Temperaturund umweltabhängige Produkte zur Varroa-Behandlung eignen sich nur
in bestimmten Regionen der Welt.
// SOGENANNTE AKARIZIDE DIENEN ALS WIRKMITTEL ZUR
BEKÄMPFUNG VON MILBEN UND ZECKEN – WIRKMITTEL
SPEZIELL ZUR BEKÄMPFUNG DER VARROA-MILBE NENNT
MAN VARROAZIDE. DIE ERSTE CHEMISCHE BEHANDLUNG
IST UNMITTELBAR NACH DER LETZTEN HONIGERNTE ODER
IN DER BRUTFREIEN ZEIT DURCHZUFÜHREN. //
Chemische Verfahren während der Brutzeit
Ameisensäure
Ein wirksames Behandlungsmittel gegen den Parasiten ist beispielsweise
die Ameisensäure: Die Flüssigkeit wird im Bienenstock verdunstet und
verteilt sich dort im gasförmigen Zustand. Das saure Gas dringt sogar in
die verdeckelten Zellen ein. Dort tötet die Säure die Brutparasiten und
schützt somit neben den adulten Bienen ebenfalls den Bienennachwuchs.
Die Ameisensäure verringert den Milbenbefall rasch. Ein entscheidender
Faktor für die Behandlung ist die Temperatur: Ist die Ameisensäure durch
zu hohe Außentemperaturen überdosiert, wird auch die Bienenbrut
geschädigt – bei zu niedriger Dosierung wirkt sie hingegen nicht.
Ameisensäure wird daher hauptsächlich von Imkern in Ländern mit
gemäßigtem Klima verwendet, beispielsweise für die Hauptentmilbung
Ende Juli bis Mitte September, nach der letzten Honigernte.
24
Die Varroa-Milbe | Bekämpfung
Varroaziden
Neben den organischen Säuren ist auch
der Einsatz von Varroaziden möglich.
Diese Arzneimittel wurden speziell zur
Bekämpfung von Milben entwickelt, ohne
dass sie den Bienen schaden. Varroazide
eignen sich speziell zur Behandlung im
Spätsommer bis in den Herbst.
Amitraz
Der Wirkstoff Amitraz tötet die Milben nicht
direkt, sondern bewirkt eine Lähmung.
Der Parasit fällt dadurch von der Biene ab
und verhungert. Der Wirkstoff wird von
den Bienen über einen Kunststoffstreifen
aufgenommen, der zwischen die Waben
des zentralen Brutraums gehängt wird.
Die Honigbienen verteilen den Wirkstoff
über ihre sozialen Kontakte im gesamten
Bienenstock.
Coumaphos
Auch Behandlungsmittel mit dem Wirkstoff
Coumaphos werden über das Einhängen
eines Kunststoffstreifens zwischen den
Rahmen im Bienenstock verbreitet. Bienen,
die mit dem Streifen in Kontakt kommen,
nehmen den Wirkstoff auf. Durch ihre
sozialen Kontakte geben die Bienen den
Wirkstoff anschließend an alle Bienen im
Stock weiter. So kommen auch die VarroaWeibchen, die außerhalb der Brutwaben
auf den Bienen leben, mit dem Wirkstoff in
Kontakt und werden abgetötet.
Flumethrin
Produkte, die den Wirkstoff Flumethrin
enthalten, sind ein wirksames Mittel gegen
Varroa-Milben. Für die Bienen sind sie
gut verträglich. Der Wirkstoff ist in einen
Kunststoffstreifen eingebettet, der zwischen die Waben des zentralen Brutraums
gehängt wird. Wenn die Bienen über die
Streifen laufen, nehmen sie den Wirkstoff
mit den Beinen auf und verteilen ihn durch
die sozialen Kontakte gleichmäßig im
Bienenvolk. Beim Saugen an der Hämolymphe nehmen auch die Milben den Wirkstoff auf und werden dadurch abgetötet.
Tau-Fluvalinat
Bei Produkten mit dem Wirkstoff TauFluvalinat laufen die Bienen ebenfalls
über einen eingehängten Kunststoffstreifen zwischen den Waben des zentralen Brutraums und nehmen so den
Wirkstoff auf. Das Kontaktmittel verteilt
sich über die sozialen Kontakte der
Honigbienen im Bienenvolk und tötet die
Varroa-Milben, die auf den adulten Bienen
sitzen.
Thymol
Varroazide mit dem Wirkstoff Thymol
werden über Schwammtuchplättchen
oder Gelträger im Bienenstock verdunstet.
Die Konzentration des Thymols in der Luft
ist für die Bienen bedenkenlos, wirkt aber
auf die Varroa-Milbe toxisch. Die Milben
fallen von den Bienen ab und sterben.
Die beste Wirkung erzielen thymolhaltige
Produkte bei Maximaltemperaturen von
20 bis 25 Grad Celsius. Unter 15 °C ist die
Wirksamkeit eingeschränkt, und bei über
30 °C sollte das Produkt nicht angewendet
werden.
Die Produkte zur Bekämpfung der Varroa sind nicht in allen Ländern registriert.
Die gesetzlichen Bestimmungen des jeweiligen Landes sind bei der Anwendung zu beachten.
Die Varroa-Milbe | Bekämpfung
25
Biotechnische
Verfahren
Chemische Verfahren außerhalb der Brutzeit
Milchsäure eignet sich für eine Sprühbehandlung: Wenn keine Brut
mehr vorhanden ist, werden die Bienenvölker auf jeder Wabenseite
leicht und gleichmäßig mit 15-prozentiger Milchsäure besprüht. Brutfreie
Jungvölker können jederzeit behandelt werden. Da jede einzelne Wabe
entnommen und von beiden Seiten besprüht werden muss, ist diese
Behandlung allerdings sehr arbeitsintensiv.
Oxalsäure wird bevorzugt für die Winterbehandlung auf brutfreien
Bienenvölkern eingesetzt. Die Bienen werden in der Wabengasse
gleichmäßig mit Oxalsäure beträufelt, nehmen diese auf und verteilen
sie im Bienenvolk. Diese Entmilbung sollte in der brutfreien Zeit
abgeschlossen sein, denn nach der Behandlung darf der Honig erst
im darauffolgenden Frühjahr geerntet werden.
// MIT DER ZEIT KÖNNEN DIE MILBEN AUCH RESISTENZEN
GEGEN DIE WIRKSTOFFE ENTWICKELN – DIE VARROAZIDE
HELFEN DANN NICHT MEHR. UM DEM ENTGEGENZUWIRKEN,
MÜSSEN IMKER UNTERSCHIEDLICHE MITTEL IM WECHSEL
ANWENDEN. //
Zusätzlich zu der Haupt- und Rest-Entmilbung, die im Spätsommer und
Winter mit chemischen Verfahren durchgeführt werden, helfen biotechnische
Maßnahmen, um die Varroa-Milbe an der Vermehrung zu hindern. Sie sind
jederzeit, auch während der Bienentracht ( dem Einbringen von Nektar in
das Bienenvolk) möglich und benötigen keine Unterstützung von Medikamenten oder anderen Chemikalien. Besonders sinnvoll sind diese Maßnahmen,
wie beispielswei­se die Entnahme der Drohnenbrut, während des gesamten
Zeitraums der Drohnenbrutaufzucht (April bis Juli). Die Drohnenbrut wird
fünf- bis zehnmal stärker von Milben befallen als die Arbeiterinnenbrut.
Entnahme der Drohnenbrut
Ein leeres Rähmchen ohne
Mittelwand, der Baurahmen,
wird hierfür wiederholt in die
Randzone des oberen Brutraums
gehängt (dies bezeichnet den
Bereich, in dem auf Bienenwaben die Brutaufzucht der
Bienen erfolgt). Alle zwei bis drei
Wochen wird die verdeckelte
Drohnenbrut entnommen und
ausgeschnitten.
Durch die konsequente Entnahme der Drohnenbrut kann der Befall eines
Bienenvolks mit Varroa-Milben sehr stark reduziert werden. Da im Bienenvolk an anderer Stelle weitere Drohnenbrut aufgezogen wird, stehen
ausreichend Drohnen zur Begattung der Jungköniginnen zur Verfügung.
Auch die Bildung von Jungvölkern ist eine mögliche Maßnahme, um die
Varroa-Milben im Muttervolk zu verringern. Hier werden beispielsweise
Brutwaben aus dem Muttervolk entnommen. Die enthaltenen Milben lassen
sich dann im brutfreien Jungvolk, zum Beispiel mit Milchsäure, leichter
abtöten – und können sich nicht mehr im Muttervolk vermehren.
Der Imker kann auch Kunstschwärme mithilfe erwachsener Bienen
aufbauen. Dazu fegt er Bienen (circa 1,5 kg) vom Muttervolk in eine neue
Bienenbehausung (Beute) und bildet einen Kunstschwarm. Die VarroaMilben sitzen zu dieser Zeit größtenteils in der Brut und weniger auf den
erwachsenen Tieren – so ist der Befall der Kunstschwärme automatisch
gering. Die neu gebildeten Jungvölker haben außerdem noch keine Brut
und können vom Imker entmilbt werden.
26
Die Varroa-Milbe | Bekämpfung
Die Varroa-Milbe | Bekämpfung
27
Ausblick auf einige aktuelle
Forschungsansätze
Varroa-Gate
Technologie
Züchtung Varroa-resistenter Bienenpopulationen
Künftig könnte die Biene selbst die Varroazide im Bienenstock verteilen:
Bayer-Forscher arbeiten an der Entwicklung des sogenannten VarroaGates. Dabei handelt es sich um einen gelochten Kunststoffstreifen mit
eingebettetem Wirkstoff zum Schutz vor Varroa-Milben, den der Imker am
Einflugloch des Stocks anbringen kann. Schlüpfen die Bienen durch dieses Eingangstor, bleibt das Mittel an den Beinen oder Härchen hängen.
Der Streifen soll immer automatisch neuen Wirkstoff nachliefern – immer
so viel wie nötig. Er wirkt dann über mehrere Wochen. Dadurch können
die Imker ihre Bienen nicht nur im Stock schützen, sondern auch einer
Milbenreinvasion von außen vorbeugen.
Hilfe zur Selbsthilfe: Eine langfristige Lösung gegen das Milbenproblem ist die Züchtung
Varroa-resistenter Bienenpopulationen. Erste Veranlagungen für eine Resistenz zeigen
einige Völker bereits: Honigbienen mit dem sogenannten Varroa-sensitives Hygiene
(VSH)-Verhalten erkennen den Befall der Varroa-Milben in den verdeckelten Brutwaben
und entfernen die infizierte Bienenpuppe mit dem Parasiten. Die Varroa-Milbe kann
sich nicht mehr im Bienenstock vermehren. Dieses Verhalten war zunächst nur von der
Asiatischen Honigbiene bekannt. Auf Grundlage dieser Beobachtungen wollen Forscher
die Fähigkeit zur Verteidigung durch gezielte Zucht auch bei den europäischen Honigbienenpopulationen stärken und so langfristig Abhilfe gegen den Parasiten schaffen.
Die Forschungen der Arista Bee Research Stiftung sind vielversprechend und könnten
die Bienengesundheit in Zukunft maßgeblich verbessern – dafür bedarf es aber noch
einiger Jahre. Forscher und Imker müssen daher auch weiterhin kontinuierlich an neuen
Behandlungen zur Bekämpfung der Varroa-Milbe arbeiten.
Ü1
Honigbiene Apis mellifera
Entwicklung vom Ei bis zur erwachsenen
Honigbiene mit Varroa-Milbe
Grafik zum Download unter
http://aristabeeresearch.org/de/varroa-resistenz/
Varroa-resistente Honigbiene
Varroa-sensitives Hygiene (VSH)-Verhalten
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Larve
Königin legt Eier . . . . . . . . . . . . . .
Arbeiterin füttert die Larve . . . .
Varroa-Milbe wandert in die
Zelle mit Larve ein . . . . . . . . . .
Larve wächst zu voller Größe . . .
. . . . . . . Varroa-Milbe wandert
in die Zelle mit Larve ein
. . . . . . . . . . . . . Vermehrung
der Varroa-Milbe
. . . . . . . Arbeiterin öffnet die Zelle
. . . . . . . . . Arbeiterin entfernt
die Puppe mit Milben
Arbeiterin schließt die Zelle . . . .
Vermehrung der Varroa-Milbe . .
Verpuppung . . . . . . . . . . . . . . . . .
Junge Biene mit Varroa-Milbe
schlüpft aus der Zelle . . . . . . . . . . .
28
Die Varroa-Milbe | Ausblick
Modell Varroa-Gate
. . Erwachsene Weibchen
. . Erwachsene Männchen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . Ei
. . . . . . . . . Protonymphe
Þ
1
Illustration zum Download unter
www.beecare.bayer.de/varroa
. . . . . . . . . Deutonymphe
Die Varroa-Milbe | Ausblick
29
Weitere Forschungsansätze
Besonders wichtig ist es auch, den
Parasiten durch ein intensives Monitoring
der Varroa-Milbe besser kennenzulernen.
In Langzeitbeobachtungen können Forscher
bedeutende Fakten und Zahlen über die
Milbenpopulation sowie die Wirksamkeit
der aktuellen Bekämpfungsmethoden
sammeln. Anhand der Ergebnisse können
sie Maßnahmen zur Varroa-Behandlung
weiterhin optimieren und ergänzen.
Wissenschaftler konnten sogar erste
Sexuallockstoffe, sogenannte Pheromone,
ausmachen, mithilfe derer sie zukünftig
gezielt natürliche und synthetische Varroazide entwickeln könnten. Derzeit erforschen
und testen Experten die Pheromone im
Labor.
Andere Maßnahmen – wie etwa eine
Sterilisation der männlichen und weiblichen Milben oder eine Hitzebehandlung –
zielen darauf ab, die Bienenvölker vor
der Varroa-Milbe zu schützen.
30
Die Varroa-Milbe | Ausblick
IMPRESSUM
REDAKTION
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Alfred-Nobel-Straße 50
40789 Monheim am Rhein
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www.beecare.bayer.com
Peter Trodtfeld
Bayer Bee Health Expert
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transquer GmbH –
wissen + konzepte
GESTALTUNG
ageko . agentur für gestaltete
kommunikation
DRUCK
HH Print Management
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ILLUSTRATIONEN
Seite 7, 29: Bayer
Seite 11, 28: Arista Bee Research
Seite 13, 14, 18: ageko
BILDMOTIVE
Seite 1, 2, 4, 8, 10 (links),
14, 21, 22, 27, 31: Bayer
Seite 5: Werner Mühlen,
Landwirtschaftskammer NRW
Seite 9, 15: Bettina Ziegelmann
Seite 10 (rechts): BASF SE
Seite 18: Shutterstock
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