1 3 2I Lagungen Nebel aus Sicht des Hubble Weltraumteleskops. Foto: NASA und Supernova im Sternbild Schwan. Foto vom Autor. Aufnahme mit 1.000 mm Brennweite; 4x 10 min belichtet; Canon 300D Die Bahn der Sonne In den Sommermonaten wird die Beobachtung des Sternenhimmels durch die kürzeren Nächte in die späten Nachtstunden verschoben, da die Sonne nicht mehr weit genug unter den Horizont wandert. Denn um eine "völlig" dunkle Nacht zu erleben, muss die Sonne mindestens 18° unter den Horizont getaucht sein; man spricht dann vom Ende der astronomischen Dämmerung. Bei einer geographischen Breite von 47° Nord (z.B. Innsbruck) sinkt die Sonne während der kürzesten Nacht des Jahres, also am 21. Juni, 19,5° unter den Horizont. In unseren Breiten gibt es also das ganze Jahr über dunkle Nächte. Weiter im Norden allerdings spricht man von weißen Nächten, da die Sonne nicht mehr tief genug sinkt, bis schließlich auf einer geographischen Breite von 66,5° die Sonne am 21. Juni nicht mehr untergeht. Warum gerade bei 66,5°? Die Schiefstellung der Erdachse gegen die Ekliptik (gedachte Ebene, aufgespannt durch den Erd- und Sonnenmittepunkt) bedingt diesen Wert (Abb. 4). bergundsteigen 2/05 Neben der astronomischen Dämmerung gibt es noch die bürgerliche und die nautische Dämmerung. Die bürgerliche Dämmerung ist der Zeitraum nach Sonnenuntergang oder vor Sonnenaufgang, währenddessen es noch hell genug ist, um Arbeiten durchzuführen, die Tageslicht erfordern. Steht die Sonne 6° unter dem Horizont, so endet oder beginnt diese bürgerliche Dämmerung. Die nautische Dämmerung war früher für die Seefahrt besonders wichtig, da während dieser Zeit sowohl die für die Navigation so wichtigen Sterne aber auch noch der Horizont zu sehen waren. Zur Ortsbestimmung in der Seefahrt wurde ein Sextant benutzt; um damit die Höhe eines Sternes oder der Sonne über dem Horizont messen zu können, musste man den Horizont und die Sterne erkennen können. Die nautische Dämmerung endet oder beginnt, wenn der Horizont unsichtbar wird, was im allgemeinen der Fall ist, wenn die Sonne 12° unter dem Horizont steht. 70 Ist die Sonne schließlich weit genug unter dem Horizont verschwunden, springt einem unter dem Firmament sofort die Milchstraße ins Auge, deren helles Band aus Sternen mitten durch das Sommerdreieck verläuft. Dieses wird gebildet aus den drei hellsten Sternen am Sommerhimmel: Deneb ("Schwanz" der Henne), dem Hauptstern des Schwans, Wega (Harfen-Stern) in der Leier und schließlich von Atair (Adler), welcher als hellster Stern des Adlers die südliche Spitze des Dreiecks bildet. Von den drei Figuren ist der Schwan am besten erkennbar, denn seine hellsten Sterne formen ein großes Kreuz am Himmel, deshalb nennt man den Schwan auch manchmal "Kreuz des Nordens". Es entschädigt uns für den Umstand, dass wir das berühmte Kreuz des Südens von Mitteleuropa aus nicht sehen können. Wega ist einer der hellsten Sterne am Firmament und 28 Lichtjahre von uns entfernt. Der Durchmesser dieser Sonne oder dieses Sternes ist dreimal so groß wie jener unsere Sonne. Deneb hingegen übertrifft die Leuchtkraft unserer Sonne um das 10.000fache, ist aber 150 Lichtjahre entfernt. Dass der Frühling sich verabschiedet merkt man am Sternbild Löwe, der im Westen untertaucht. Entlang der Ekliptik findet man im Sommer die Tierkreiszeichen Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion, Schütze und Steinbock. Interessant ist Antares (= Gegenmars), der Hauptstern des Sternbildes Skorpion. Es ist ein roter Riesenstern mit einem ca. 300mal größeren Durchmesser als unsere Sonne. Die Entfernung beträgt 360 Lichtjahre, wobei Antares 10.000mal heller strahlt als unsere Sonne und von einer zweiten Sonne begleitet wird. Zwischen den Sternbildern Skorpion und Schütze liegt das schöne Sternbild Schlangenträger. Da die Ekliptik und somit auch die Sonne dieses Sternbild kreuzt, gehört es streng genommen zu den Tierkreiszeichen. Die Sonne steht vom 29. November bis 18. Dezember in diesem Sternbild. Es kann also sein, dass gerade Sie zufällig Schlangenträger sind. Dass dieses Sternbild nicht im Horoskop auftaucht, hat übrigens den einfachen Grund, dass 13 Tierkreiszeichen bei weitem nicht so magisch und auch mathematisch nicht so leicht zu teilen sind wie 12. Der mächtige Schlangenträger ist in den hellen Sommernächten nicht immer leicht zu erkennen. Dieses Sternbild wird mit Äsku lap, dem griechischen und römischen Gott der Heilkunst, in Verbindung gebracht. In der bildenden Kunst wird er immer wieder mit einem Stab, um den sich eine Schlange windet, dargestellt. Hier am Himmel sehen wir dagegen die Schlange in seinen Händen mit aufgerichtetem Haupt. Der große Wagen hat seine Zenitstellung verlassen und beginnt zu sinken. Der kleine Wagen und der Drachen hingegen kulminieren (wandern durch den Südmeridian = gedachte Linie zwischen Polarstern und Südrichtung). Hoch im Süden stehen die Sternbilder Herkules, Nördliche Krone und Bootes. Im Südosten sind der Pegasus und die Andromeda aufgestiegen. Wer sich in dem Himmelsgebiet kein geflügeltes Pferd vorzustellen vermag, kann mit den hellsten Sternen dieser Figur Vorlieb nehmen. Sie formen das sogenannte Herbst-Viereck, womit wir schon auf die nächste Ausgabe von bergundsteigen hinweisen. Die meisten Objekte, die der Sommerhimmel bietet, sind typisch für die Regionen der Milchstraße: So können zahlreiche Gasne- bergundsteigen 2/05 Der Sternenhimmel im Sommer Norbert Span, 38, studierte Meteorologie, dissertierte über Glaziologie und ist begeisteter (Hobby-)Astronom. 4 Zusammenhang zwischen geographischer Breite, Deklination und Höhe der Sonne sowie deren tägliche Bahn. Als Deklination der Sonne bezeichnet man deren Höhe über dem Himmelsäquator, eine gedachte Projektion des Erdäquators an die Himmelskugel. Die Deklination der Sonne schwankt im Laufe des Jahres zwischen -23,5° und 23,5° und überquert dabei den Himmelsäquator am 21. März in Richtung Norden und am 23. September in Richtung Süden. An diesen beiden Tagen befindet sich die Sonne genau am Himmelsäquator und dieser schneidet den Horizont genau an den Ost- und Westpunkten. Deshalb geht die Sonne genaugenommen nur an diesen zwei Tagen genau im Osten auf und im Westen unter. Beispiel: Warum geht die Sonne genau auf einer geographischen Breite von 66,5° am 21. Juni nicht mehr unter? Höhe des Himmelsäquators über dem Horizont (Blickrichtung Süden) 23,5° (= 90° - 66,5°) Deklination der Sonne am 21. Juni . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23,5° Höhe der Sonne zu Mittag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47° Höhe des Himmelsäquators über dem Horizont (Blickrichtung Norden) -23,5° (= 66,5° - 90°) Deklination der Sonne am 21. Juni . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23,5° Höhe der Sonne um Mitternacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 00,0° 71 bel und Sternhaufen, aber nur wenige Galaxien beobachtet werden. In den Regionen, in denen wir quer in die Milchstraßenscheibe hineinschauen, wird uns der Blick auf weit entfernte Galaxien durch die große Anzahl an Vordergrundsternen unserer Galaxis, und den darin enthaltenen Staub versperrt. Blicken wir in Richtung Sternbild Schütze, so wird die Milchstraße immer heller und strukturierter. Dort befindet sich das Zentrum unserer Galaxis! bergundsteigen 2/05 Jedes Jahr im August kann man ein Himmelsschauspiel der besonderen Art erleben: Zwischen dem 10. und 13. ziehen viele Sternschnuppen ihre hellen Bahnen über den Himmel. Die meisten wird man in der Nacht vom 11. auf 12. August zwischen 23 Uhr und 5 Uhr morgens sehen. Man nennt den Sternschnuppenschauer im August Perseiden (weil sich ihre Leuchtspuren am Himmel zum Sternbild Perseus zurückverfolgen lassen) oder auch "Laurentius-Tränen" nach dem Heiligen Laurentius, der am 10. August 258 als Märtyrer umkam. Genau in jener Nacht sollen besonders viele Sternschnuppen erschienen sein. Oft kann man bis zu 100 Sternschnuppen pro Stunde erkennen. Sternschnuppen sind aber nichts anderes als kleine Meteore (einige Gramm schwer), die mit hoher Geschwindigkeit in die Erdatmosphäre eintreten und dabei verglühen. 72 Besondere Objekte für das Fernglas M27 Hantel Nebel Bei diesem Objekt im Sternbild Füchslein (zwischen Adler und Schwan) handelt es sich um ein schönes Beispiel eines Planetarischen Nebels. Im Fernrohr gewinnt man den Eindruck einer blaß leuchtenden Planetenscheibe - daher die Bezeichnung. In Wirklichkeit haben diese Himmelsobjekte nichts mit Planeten gemeinsam. Im Zentrum eines solchen Gasnebels sitzt ein Stern (Sonne) mit extrem hoher Oberflächentemperatur (50.000° C bis 100.000° C), der die äußere Gashülle abstößt. Dabei dehnt sich die Hülle mit großen Geschwindigkeiten (10-50 km/s) aus und wird von der Zentralsonne zum Leuchten angeregt. M22 Dieser Kugelsternhaufen im südlichen Sternbild Schütze ist ein brillantes Objekt im Feldstecher. Er wird mit recht als einer der schönsten Kugelsternhaufen des nördlichen Sternenhimmels bezeichnet (neben M13, siehe Ausgabe von bergundsteigen 01/05). M22 ist ca. 10.000 Lichtjahre entfernt bei einem Durchmesser von imposanten 65 Lichtjahren. Da er heller als der Kugelsternhaufen im Herkules, M13 ist, kann man M22 mit bloßem Auge sehen, solange sich ein Beobachter nicht zu hoch im Norden befindet. M22 gehört mit zu den näheren Kugelsternhaufen. Der Sternhaufen entfernt sich von uns mit einer Geschwindigkeit von 144 km/s. M8 Lagunen Nebel Hier können wir im Feldstecher einen diffusen Nebel erkennen, in dem gerade viele neue Sonnen entstehen. Dieser Nebel erstreckt sich über 160x60 Lichtjahre bei einer Entfernung von ca. 5.200 Lichtjahren. Einer der bemerkenswerten Kennzeichen des Lagunen Nebels ist die Anwesenheit von dunklen Nebeln, die als "Globulen" bekannt sind. Bei diesen Globulen handelt es sich um kollabierende protostellare Wolken, aus denen später neue Sonnen geboren werden; mit Durchmessern in der Größenordnung von rund 10.000 AU (Astronomische Einheiten = Entfernung Erde Sonne; ca. 150.000.000 km). Innerhalb des hellsten 5 Aufsuchkarten für alle im Beitrag erwähnten Objekte. Quelle: Digitized Sky Survey. Das Sternbild Schwan. Aufnahme vom Autor. Brennweite 50 mm. 4x10 min belichtet; Canon 300D. 7 M27 Hantelnebel, ein planetarischer Nebel im Sternbild Füchslein. Foto vom Autor. Aufnahme mit 1000 mm Brennweite; vom Autor; 4x10 min belichtet; Canon300D. 8 Kugelsternhaufen M22. Quelle: Digitized Sky Survey. 9 Trifid Nebel. Quelle: Digitized Sky Survey. 10 Omega Nebel. Quelle: Digitized Sky Survey. Dunkelnebel Barnard 142/143. Quelle: Digitized Sky Survey. 11 6 M20 Trifid Nebel Der Trifid Nebel M 20 ist für sein dreigeteiltes Erscheinungsbild bekannt. Dieser rote Emissionsnebel mit seinen jungen Sternhaufen in der Nähe seines Zentrums wird von einem blauen Reflektionsnebel umgeben, der besonders deutlich am nördlichen Ende hervortritt. Einige der jungen Sterne sind oftmals sehr massereich und so heiß, dass ihre hohe Energiestrahlung das umgebende Gas des Nebels (zumeist Wasserstoff) zum Leuchten anregen kann. Daher die Bezeichnung Emissionsnebel. Sind die Sterne nicht heiß genug, so wird ihr Licht von dem Staub der Umgebung reflektiert und kann als weiß oder blau leuchtender Reflektions-Nebel beobachtet werden. Die Entfernung dieses Nebels ist sehr unsicher: Die Angaben schwanken zwischen 2200 Lichtjahren und 7600 Lichtjahren. Am Himmel liegt er, grob geschätzt, etwa 2° nordwestlich des größeren Nebels M8 - beide Nebel bilden ein gutes Ziel für den Feldstecher. M17 Omega Nebel Der Omega Nebel M17, manchmal auch der Schwanen Nebel, Hufeisen Nebel oder auch (insbesondere in der südlichen Hemisphäre) der Hummer Nebel genannt, ist ein auch Sternentstehungsgebiet. Er wird durch das Strahlungsfeld seiner jungen Sterne zum Leuchten angeregt. Entweder ist die Sternentste- hung noch immer aktiv oder sie hat vor kurzem aufgehört. Der Omega Nebel leuchtet in einem rötlichen Licht mit einigen Abweichungen nach rosa; die hellste Region erscheint weiß, aber nicht als Folge einer Überbelichtung, wie man vielleicht annehmen würde. Dieses Phänomen ist augenscheinlich ein Resultat aus einer Mischung von Emissionslicht des heißesten Gases und des Staubes in dieser Region, der das Licht der hellen Sterne reflektiert. Die Angaben für die Entfernung spannen sich über einen größeren Bereich, die modernen Werte jedoch liegen zwischen 5.000 und 6.000 Lichtjahren. Dunkelnebel Barnard Mit dem Feldstecher in dieser Region durch die Milchstraße zu surfen ist schon beeindruckend. Das Glitzern der endlosen Anzahl an Sternen wird aber bei genauer Beobachtung immer wieder unterbrochen. Man erkennt sogenannte schwarze Flecken mit wenigen oder gar keinen Sternen darin. Hier blickt man auf dunkle Gas- und Staubwolken, die uns den Durchblick zu den dahinterliegenden Sternen verwehren. Auch diese dunklen Wolken können sich später einmal verdichten und neue Sterne hervorbringen. Für diese Beobachtung ist eine mondlose Nacht mit einer guten Durchsicht notwendig. Der Dunkelnebel ist aber für den Feldstecher ein auffälliges Objekt, das in deutlichem Kontrast zu seiner sternreichen Umgebung steht. bergundsteigen 2/05 Teiles des Lagunen Nebels sieht man eine bemerkenswerte Erscheinung, die wegen ihrer Form "Stundenglas Nebel" genannt wird. Diese Erscheinung taucht in einer Region auf, in der gegenwärtig ein lebhafter Sternentstehungsprozess im Gange ist; die helle Emission wird durch starke Anregung sehr heißer, junger Sterne hervorgerufen, der Stundenglas Nebel wird durch einen heißen Stern beleuchtet. 73