Möglichkeiten und Grenzen von «Eisprungspritzen

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Möglichkeiten
und Grenzen von
«Eisprungspritzen»
Sowohl im Breiten- und Spitzensport wie auch in
der Humanmedizin wird heute die Anwendung von
Hormonen vielerorts zu locker gehandhabt. Auch
bei der Fortpflanzung im Bereich des Rindviehs ist
dieser Trend deutlich zu erkennen und hat bei der
systematischen Verabreichung von sog. «Eisprungspritzen» in vielen Betrieben zu einer problematischen Entwicklung geführt.
sko. Der weibliche Sexualzyklus
wird durch ein fein abgestimmtes
Zusammenspiel von mehreren
Hormonen gesteuert. Allen gemeinsam ist, dass kleine Mengen
grosse Wirkungen haben. Deshalb sind planlose und zu wenig
durchdachte Hormoneinsätze mit
gewissen Risiken verbunden. Sie
verlangen beim therapeutischen
Einsatz viel Fachwissen und gehören deshalb ausschliesslich in
die Hände der Tierärzte. Wie diese Hormone zusammenspielen
und was sie bewirken, ist in
Abb. 1 dargestellt. Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH)
wird im Hirnteil Hypothalamus
produziert und über ein Pfortadersystem in die Hirnanhangsdrüse befördert. Dort bewirkt es
die Freisetzung von follikelstimulierendem (Stimulierung des Eiblasenwachstums) Hormon (FSH)
und luteinisierendem Hormon
(LH). FSH bewirkt auf den Eierstöcken die Reifung der Eiblase
(Follikel) vor und während der
Brunst. Beim LH verhält es sich
so, dass dieses Hormon plötzlich
innerhalb der Brunst, während einer kurzen Zeitspanne, in sehr
grossen Mengen freigesetzt wird.
Dies bewirkt den Eisprung, der
etwa 24 Stunden nach diesem
LH-Gipfel stattfindet.
(Abb.1)
Was geschieht während des
Eisprungs?
Durch die Vorbereitung des Hormons LH öffnet sich an einer vorbestimmten Stelle der Eiblase die
Membran. Die Eizelle wird durch
eine Art Trichter aufgenommen
und in den Eileiter befördert. Dies
geschieht etwa acht bis sechzehn
Stunden nach Abklingen der äusseren Brunstsymptome und ist
die Voraussetzung für eine normale Befruchtung. Wegen diesen fein abgestimmten Abläufen
auf dem und um den Eierstock ist
ein Abtasten der Eierstöcke während der Brunst - ohne Verdacht
auf Störungen - wenig sinnvoll.
Störungen im Bereich des
Eisprungs
Wird das Hormon LH in zu geringer Menge produziert oder abgegeben oder stimmen die zeitlichen Verhältnisse nicht überein,
kann es zu einem verzögerten Eisprung kommen. Es kann aber
auch sein, dass sich die Eiblase
überhaupt nicht öffnet und eine
Eierstockszyste entsteht. Deshalb
können verzögerter Eisprung
und Eierstockszysten vielfach
den gleichen Ursprung haben. In
vielen Fällen geht der verzögerte
Eisprung mit verlängerten äusseren Brunstsymptomen einher.
Eine exakte Diagnose ist aber
sehr schwierig und bedingt
wiederholte Untersuchungen in
kurzen Abständen. Je nach
Untersuchungen ist das Problem
des verzögerten Eisprungs in unseren Rinderherden mit 10 bis
20% vertreten. Vor allem bei
Hochleistungstieren mit Mängeln in Fütterung und Management sind Eierstocksstörungen
immer häufiger anzutreffen.
Was bewirken Eisprungspritzen?
Am häufigsten wird bei der Eisprungspritze ein Präparat appliziert, welches das Hormon GnRH
enthält. Dadurch wird der natürliche Vorgang des Zusammenspiels der Hormone und die Auslösung des Eisprungs unterstützt.
Verschiedene klinische Studien
belegen, dass die Wirkung auch
tatsächlich erfolgt und eine Anwendung in begründeten Fällen
deshalb sinnvoll ist. Wer die zyklischen Abläufe und die Steuerungsmechanismen einigermassen kennt, kann sich leicht vorstellen, dass der Zeitpunkt der
Hormonverabreichung eine entscheidende Rolle spielt. Um die
natürlichen hormonellen Abläufe
B E R A T U N G
Sprungreife Eiblase (Follikel) auf
dem Eierstock. Der Eisprung lässt
nicht mehr lange auf sich warten.
während der Brunst nicht zu stören, sollte eine Eisprungspritze
innerhalb der Zeit gemacht werden, während der auch die vermehrte Ausschüttung von LH erwartet werden kann. Wenn man
jetzt noch die Brunstdauer und
die Überlebenszeit der Spermien
und der Eizellen miteinbezieht,
ergibt sich eine Zeitspanne für
die Anwendung der Spritze von
sechs Stunden vor bis zur Besamung. Anwendungen vor oder
nach dieser Zeitspanne sollten
nicht stattfinden. Dies geht aus
mehreren
Untersuchungen
deutlich hervor.
Schon ein Tag nach dem Eisprung
füllt sich die Follikelgrube mit
Gelbkörpergewebe aus.
Wann sollen Eisprungspritzen verabreicht werden?
Die Meinungen, wann eine Eisprungspritze Sinn macht und
wann nicht, gehen stark auseinander. Es gibt eine stattliche
Anzahl von Betrieben, welche die
Eisprungspritze systematisch bei
jeder Besamung anwenden. Obschon wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass durch
solche Massnahmen die Trächtigkeitsraten um ein paar Prozente verbessert werden können, ist ein solches Vorgehen
klar abzulehnen. Meistens wird
dadurch versucht, Fehler in Management,
Fütterung
und
Brunstbeobachtung
auszubügeln. Letztendlich sollten bei solchem Vorgehen auch die wirtschaftlichen Fragen nicht ausser
Acht gelassen werden. Unkontrollierter Hormoneinsatz kann
sehr schnell mehr Kosten als
Nutzen bringen. Auch andere
Hormonprogramme sind be-
B E R A T U N G
kannt, die man bei Kühen systematisch anwenden kann. Auch
bei diesen sind die gleichen Fragezeichen zu machen. Die Hormone haben in der Regel mehrere Wirkungen und sind in einem
komplexen System zu sehen.
Wenn dieses System von aussen
gestört wird, weil zum Beispiel
das Management oder die Fütterung nicht stimmt, kann es
schnell zu Fehlleistungen der
Fortpflanzung kommen. Doch
sehr selten tritt eine Störung isoliert auf. Mehrere Probleme können zusammen auftreten. Des-
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halb ist eine genaue Untersuchung mit einer klaren Diagnose
immer der bessere Weg, um an
die Probleme heranzugehen.
Daraus ist zu schliessen, dass die
Anwendung von Hormonen und
besonders der Eisprungspritze
zur Verbesserung der Fruchtbarkeit des Rindes nur Sache des
Tierarztes sein kann und ohne
genaue Untersuchungen wenig
sinnvoll ist. Richtig angewendet
ist die Eisprungspritze aber ein
wichtiges Instrument im Kampf
gegen ungenügende Trächtig■
keitsraten.
In der Anwendung von Hormonen liegen Nutzen und Gefahr nahe
beieinander; es braucht deshalb viel Fachwissen
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