Mutterliebe, eine Sache der Erfahrung?

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 Mutterliebe, eine Sache der Erfahrung?
Die Mutter-Jungtier-Beziehung der Orang-Utans und Gorillas im Zoo Zürich
AutorInnen:
Laura Berchtold, 1995 (Kollegium Spiritus Sanctus Brigg, VS)
Ann-Kathrin Popp, 1996 (Bündner Kantonsschule Chur, GR)
Lia Schmidt, 1993 (Liceo Artistico Zürich, SG)
Victor Steininger, 1995 (Collège de Candolle, GE)
Adrian Walter, 1996 (Kantonsschule Schaffhausen, SH)
Betreuerinnen:
Bettina Baader, dipl. Umwelt-Natw. ETH
Franziska Heinrich, dipl. Zool., Uni Zürich
(Zürich, 15.11.2012)
Inhalt
1. Einleitung 2 1.1. Motivation 2 1.2. Allgemeine Informationen zu den Menschenaffen 2 1.3. Ausgangslage 3 1.4. Fragestellung und Hypothesen 3 2. Material und Methoden 3 2.1. Tiere 3 2.2. Interview mit dem Tierpfleger Christian Weber 4 2.3. Datenanalyse 5 3. Resultate 5 3.1. Gorillas 5 3.2. Orang-Utans 7 3.3. Gorillas und Orang-Utans 8 4. Diskussion 9 4.1. Gorillas 9 4.2. Orang-Utans 9 4.3. Gorillas und Orang-Utans 10 5. Schlussfolgerung 11 6. Dank 11 7. Literaturverzeichnis 11 8. Anhang 12 8.1 Stammbäume 12 8.2 Protokollblatt 13 1 1. Einleitung
1.1. Motivation
Im Rahmen der Studienwoche haben wir Gorillas und Orang-Utans beobachtet und die
Beziehung zwischen Mutter und Jungtier untersucht.
Der Reiz dieser Forschung lag für uns vor allem darin zu sehen, wie unsere nächsten
Verwandten in der Tierwelt, die Primaten, mit ihren Jungtieren umgehen. Des Weiteren war
es eine einmalige Chance, vier fast gleichaltrige Menschenaffenjungtiere und deren Mütter
nebeneinander beobachten zu können. Zudem verliebten wir uns einfach auf den ersten Blick
in die süssen Menschenaffenkinder.
Während der Woche haben wir viel fotografiert, sodass wir für die Titelseite eigene Bilder
verwenden konnten. Das linke Bild wurde von Laura Berchtold und das rechte von Lia
Schmidt aufgenommen.
1.2.
Allgemeine Informationen zu den Menschenaffen
Die Menschenaffen, die wir in dieser Woche beobachten konnten, sind enge Verwandte des
Menschen. Vor fünfzehn bis achtzehn Millionen Jahren haben sich die Spezies
auseinanderentwickelt.1
Westliche Flachlandgorillas leben in Gruppen in den afrikanischen Regenwäldern. Sie
bewegen sich viel am Boden um Nahrung zu suchen, klettern aber häufiger als Berggorillas.
In jeder Gruppe gibt es immer ein Alpha-Männchen, das die anderen Mitglieder schützt und
als einziges das Recht hat, sich mit den Weibchen zu paaren, ausserdem gibt es noch die
Weibchen und die Jungtiere. Selten gibt es mehrere Männchen, die sich aber nicht
fortpflanzen.2 Ein Weibchen ist ab sieben Jahren fruchtbar, bekommt ihr erstes Junges jedoch
meist erst mit zehn Jahren. Bei den Gorillas dauert die Tragzeit fast neun Monate, im
Durschnitt ist sie etwa eine oder zwei Wochen kürzer als beim Menschen.3 Die Mutter trägt
ihr Kind in den ersten Monaten immer bei sich. Da es einen zu grossen Kopf hat, um
selbstständig bei seiner Mutter zu trinken, muss sie ihm dabei helfen und pausenlos auf es
aufpassen. Trotzdem lernt es sehr schnell, sich an seine Mutter zu klammern, und nach
einigen Monaten kriecht und klettert es ohne fremde Hilfe. Das Jungtier wird mehr und mehr
unabhängig, bis es schliesslich nach zwei bis drei Jahren entwöhnt wird.
Orang-Utans kann man nur auf den Inseln Sumatra und Borneo in Asien finden. An ihren
langen und muskulösen Armen kann man erkennen, dass sie Baumbewohner sind. Sie sind
Einzelgänger, nur Weibchen gehen manchmal mehrere Tage miteinander auf Nahrungssuche.
Bei den Orang-Utans ist die Autorität des Alpha-Männchens stärker ausgeprägt als bei den
Gorillas. Wenn das Alpha-Tier stirbt, verändert sich sein Nachfolger körperlich, seine
Körpermasse verdoppelt sich. Er wird aggressiver, vor allem den anderen Männchen
gegenüber. Im Alter von acht bis zehn Jahren wird das Weibchen geschlechtsreif.4 Die
1 http://de.wikipedia.org/wiki/Menschenaffen 2 http://de.wikipedia.org/wiki/Gorillas 3 http://www.markuskappeler.ch/tex/texs/gorilla.html 4 http://de.wikipedia.org/wiki/Gorillas 2 Tragzeit beträgt etwa acht Monate. Ab einem Alter von vier Monaten klettert das Jungtier
schon selbstständig herum und erforscht seine Umgebung. Nach etwa 2.5 Jahren braucht es
die Muttermilch nicht mehr. Obwohl es sich jetzt selbst ernährt, bleibt es für die nächsten
Jahre nahe bei der Mutter.
1.3.
Ausgangslage
Am 16. April 2012 wurde das Orang-Utan-Männchen Malou, das Jungtier von Djarius und
Cahaya, im Zoo Zürich geboren. Wenige Monate später, am 18. August, kam seine
Halbschwester Mimpi, die Tochter von Timor, auf die Welt (siehe Anhang 8.1 Stammbäume).
In der Orang-Utan-Anlage leben sechs Orang-Utan-Weibchen und drei Männchen, wobei
zwei der Weibchen in einem abgetrennten Bereich sind.
Das Gorilla-Männchen N’Gola zeugte dieses Jahr zwei Töchter, am 12. Juli gebar Mamitu
das Weibchen Mawimbi und genau einen Monat später kam das zweite Weibchen Mahiri, das
Jungtier von N’Yokumi, nach (siehe Anhang 8.1 Stammbäume).
Im Gorillagehege des Zoos Zürich leben sechs Gorillaweibchen und zwei Männchen, darunter
zwei Jungtiere und drei Halbwüchsige.
In jeder Familie lebt eine erfahrene Mutter, die schon mehrere Jungtiere hatte und eine
unerfahrene Mutter.
1.4.
Fragestellung und Hypothesen
Wir fragten uns, ob das Verhältnis zwischen der Mutter und dem Jungtier von der Art, aber
auch der Erfahrung der Mutter abhängig ist.
Null-Hypothese: Alle Mütter, unabhängig von Alter und Art, verhalten sich gleich.
Unsere Hypothesen:
- Die unerfahrenen Mütter haben mehr Körperkontakt mit ihren Jungen als die
erfahrenen.
- Zwischen den beiden Affenarten gibt es Unterschiede in der
Jungenaufzuchtinsbesondere bei der Tragweise der Jungtiere und den Interaktionen.
2. Material und Methoden
2.1.
Tiere
Die zu beobachtenden Tiere waren:
•
Bei den Westlichen Flachlandgorillas:
o Mutter Mamitu (1977) mit Jungtier Mawimbi (f)
o Mutter N’Yokumi (2001) mit Jungtier Mahiri (f)
•
Bei den Sumatra Orang-Utans:
3 o Mutter Timor (1975) mit Jungtier Mimpi (f)
o Mutter Cahaya (2002) mit Jungtier Malou (m)
Um herauszufinden, in welchem Masse sich die älteren, erfahreneren Mütter bei der
Jungenaufzucht von den jungen, unerfahrenen Müttern unterscheiden, haben wir versucht zu
messen, wie viel Zeit die Mütter tatsächlich mit ihrem Jungen verbringen, d.h. wie oft sie das
Junge auf ihrem Körper tragen (1. Kategorie), bei sich in der Nähe haben (2. Kategorie) oder
gar alleine lassen (3. Kategorie), vgl. Anhang 8.2 Protokollblatt.
Kategorie 1 bedeutet, dass sich das Jungtier irgendwo am Körper der Mutter festhält, ohne
Kontakt zum Boden zu haben. Wir haben dabei noch unterschieden, an welchem Körperteil es
sich genau festhält: am Rücken, am Bauch, am Arm bzw. der Hand, an der Seite, an den
Beinen oder ob es gesäugt wird.
Kategorie 2, in der Nähe der Mutter, bedeutet, dass sich das Jungtier in greifbarer Nähe, ca.
1.5 Metern Distanz, befindet. Dabei haben wir noch unterschieden, ob die Mutter sich mit
dem Jungen beschäftigt oder es nicht beachtet (aktiver Kontakt/passiver Kontakt).
Wenn das Junge alleine war (Kategorie 3), haben wir geschaut, ob es sich aktiv bewegt oder
schläft bzw. ruht (Jungtier aktiv/ Jungtier passiv).
Zuletzt haben wir noch untersucht, wie lange es dauert, bis die Mutter eingreift, wenn ein
anderes Mitglied der Gruppe versucht mit dem Jungtier zu spielen oder es an sich zu nehmen.
Wir haben die Tiere über zwei Tage verteilt zehn bis zwölf Mal je eine halbe Stunde lang
beobachtet, damit jeder aus unserer Forschergruppe jedes Mutter-Jungtier-Paar ein Mal pro
Tag beobachten konnte. Insgesamt haben wir 22 Stunden beobachtet, wobei immer vier
Personen je eine halbe Stunde ein Jungtier beobachteten und sich Notizen machten und die
fünfte Person die Gesamtsituation beobachtete und die Daten in den Laptop eintrug.
Die Anzahl der Beobachtungen hingen von der Sichtbarkeit der Tiere ab. Während jeder
halben Stunde liessen wir die Stoppuhr laufen und haben in einer Tabelle (vgl. 8.2
Protokollblatt) eingetragen, wie viele Minuten welche der oben beschriebenen
Verhaltensweisen vorherrschte (vgl. Anhang 8.3 Ergebnisse).
2.2.
Interview mit dem Tierpfleger Christian Weber
Am 12. November führten wir ein Gespräch mit dem Tierpfleger Christian Weber durch, der
uns einiges über die Menschenaffen erzählte. Er zeigte uns, wie man die Affen voneinander
unterscheiden kann und was für sie typisch ist.
• Jüngere Mütter haben noch keine Erfahrung und kümmern sich nicht so intensiv um
ihre Jungtiere wie erfahrene Weibchen. Sie wissen noch nicht, was sie zu tun haben
und verbringen insgesamt weniger Zeit mit ihren Jungtieren.
• Unerfahrene Mütter schauen ihr Wissen über das Mutter-Sein bei älteren, erfahrenen
Müttern ab.
• Zwischen der Lebensweise der Gorillas und Orang-Utans gibt es grosse Unterschiede.
Die Orang-Utans sind Einzelgänger, wogegen Gorillas nie alleine, sondern immer in
einer Familie leben.
• Gorillas kümmern sich mehr um ihre Jungtiere. Zwischen Jungtier und Mutter besteht
stets eine starke Bindung.
• Die jüngere der Gorillamütter verlor vor ungefähr einem Jahr ihr Jungtier, weil sie
sich wahrscheinlich zu wenig um es gekümmert hatte. Jetzt hat sie ein erfahrenes
4 •
Weibchen an der Seite, von dem sie lernen kann, wie man sich um sein Jungtier
kümmert.
Orang-Utan-Jungtiere nehmen schon recht früh feste Nahrung zu sich, kommen aber
trotzdem noch lange zu ihren Müttern um zu säugen.
2.3.
Datenanalyse
Alle unsere Messergebnisse haben wir in einer Excel-Datei ausgewertet. Für jedes MutterJungtier-Paar wurden die einzelnen Zeiten der gesamten Beobachtungszeit, in denen sie ein
bestimmtes Verhalten zeigten, addiert. Danach haben wir mithilfe von Kreisdiagrammen
dargestellt, wie viel Zeit welches Verhalten im Verhältnis zu der totalen Beobachtungszeit in
Anspruch nimmt. Pro Paar kamen wir im Durchschnitt auf 5.5 Stunden Beobachtungszeit,
ohne Miteinbezug der Zeit, in der die Tiere nicht sichtbar waren. Da in den Diagrammen
immer 100% der gesamten beobachteten Zeit entsprachen, nahmen wir keinen auf die
unterschiedlichen Zeiten. Allerdings ist eine längere Beobachtungszeit genauer und
aussagekräftiger als eine kürzere.
Mamitu und Mawimbi und N’Yokumi und Mahiri wurden je elf Mal eine halbe Stunde, also
5.5 Stunden beobachtet.
Alles in allem wurden Timor und Mimpi zehn Mal eine halbe Stunde, also fünf Stunden, und
Cahaya und Malou zwölf Mal eine halbe Stunde, also sechs Stunden, beobachtet. Diese hohen
Zahlen, im Gegensatz zu denen der Gorillas, kommen daher, dass die Orang-Utans oft nicht
zu beobachten waren, weshalb unsere geplanten Beobachtungszeiten oft unverwertbar waren.
3. Resultate
3.1.
Gorillas
Das erfahrene Gorillaweibchen Mamitu trug ihr Jungtier Mawimbi mehr als 80 % der
beobachteten Zeit bei sich am Körper (vgl. Abb.1), vorzugsweise am Rücken, am Bauch oder
in den Armen (vgl. Abb. 2). Sie liss das Jungtier nie alleine.
Abb. 1: Aufenthaltsort des Jungtieres während der gesamten Beobachtungszeit in %
5 Abb. 2: Aufenthaltsort des Jungtieres auf der Mutter während der gesamten Zeit auf der Mutter in %
N’Yokumi hatte ihr Jungtier um einiges weniger am Körper als Mamitu, nämlich 60% der
Beobachtungszeit (vgl. Abb. 3), meistens am Bauch, an den Armen oder an der Seite (vgl.
Abb. 4).
Abb. 3: Aufenthaltsort des Jungtieres während der gesamten Beobachtungszeit in %
Abb. 4: Aufenthaltsort des Jungtieres auf der Mutter während der gesamten Zeit auf der Mutter in %
6 3.2.
Orang-Utans
Die erfahrene Orang-Utan-Mutter Timor war sehr schwer zu beobachten, da sie die meiste
Zeit in den Gängen oder in den hinteren Teilen des Geheges verbrachte, wo man sie vom
Besucherraum aus nicht sehen konnte. In der Zeit, in der wir sie beobachten konnten, wich ihr
das Jungtier nie von der Seite (vgl. Abb. 5). Meistens hing Mimpi an der Seite ihrer Mutter,
ansonsten klammerte sie sich an deren Bauch (vgl. Abb. 6).
Abb. 5: Aufenthaltsort des Jungtieres während der gesamten Beobachtungszeit in %
Abb. 6: Aufenthaltsort des Jungtieres auf der Mutter während der gesamten Zeit auf der Mutter in %
Das jüngere und unerfahrenere Orang-Utan-Weibchen Cahaya liess ihr Jungtier Malou zu
61% der Beobachtungszeit alleine durch das Gehege klettern (vgl. Abb. 7). Oft kam es vor,
dass sich nur Malou im Gehege und seine Mutter in einem der Tunnel aufhielt, die zum
Aussengehege führten. Wenn Cahaya ihr Junges auf sich trug, dann war dieses meistens an
ihrer Seite (vgl. Abb. 8).
7 Abb. 7: Aufenthaltsort des Jungtieres während der gesamten Beobachtungszeit in %
Abb. 8: Aufenthaltsort des Jungtieres auf der Mutter während der gesamten Zeit auf der Mutter in %
3.3.
Gorillas und Orang-Utans
Mamitu liess Mawimbi nie alleine und reagierte meistens in recht kurzer Zeit (weniger als
zwei Minuten) auf die vergleichsweise häufigen Versuche der anderen Affen, ihr das Junge
abzunehmen (vgl. Abb. 9).
Das jüngere Gorillaweibchen reagierte immer sehr schnell auf Näherungen anderer Gorillas,
hatte allerdings auch weniger Versuche abzuwehren (vgl. Abb. 9).
Bei Timor konnten wir keinen einzigen Versuch anderer Affen sehen, ihr das Junge
abzunehmen.
Nur einmal versuchte Hadiah Malou von dessen Mutter Cahaya zu entfernen, worauf diese
umgehend, d.h. innerhalb 30 Sekunden, reagierte (vgl. Abb. 9). Hadiah ist ein halbwüchsiger
Halbbruder von Malou.
Die beiden Gorillaweibchen Mimitu und N’Yokumi hatten beide mehrere Näherungsversuche
durch andere Affen abzuwehren. Dabei handelte es sich ausschliesslich um Halbwüchsige, die
versuchten, die Jungtiere an sich zu nehmen und mit ihnen zu spielen. Bei den Orang-Utans
war das nur einmal zu beobachten.
8 Abb. 9: Anzahl der Näherungsversuche von Gruppenmitgliedern und die Reaktionszeit der
Affenmütter in Minuten während der gesamten beobachteten Zeit
4. Diskussion
4.1.
Gorillas
Wir vermuten, dass N’Yokumi weniger Zeit mit ihrem Jungtier verbringt, da sie noch
unerfahren ist und den Umgang mit ihm noch lernen muss. Mamitu hat auf Grund ihrer
Erfahrung mehr Kontakt mit ihrem Jungen. Diese Vermutung bestätigte uns der Tierpfleger
Christian Weber sowie ein Artikel vom Spiegel5, in dem es heisst, dass der Mutterinstinkt bei
Gorillas nicht angeboren ist, sondern durch die eigene Mutter bzw. andere Mütter gelehrt
wird. Dadurch fällt es gerade Individuen aus Handaufzuchten schwer, sich genügend um ihr
Jungtier zu kümmern, da sie nie erfahren konnten, was es heisst, ein Jungtier aufzuziehen. Sie
müssen es sich bei den anderen Müttern abschauen. Bei N’Yokumi ist das der Fall, weshalb
sie vermutlich auch ihr erstes Jungtier, das vor ungefähr einem Jahr geboren wurde, schon
nach kurzer Zeit verlor, vermutlich auf Grund von Vernachlässigung. Bei Mahiri, ihrem
zweiten Jungtier ist es hingegen so, dass sie nun bei Mamitu, die ihren Nachwuchs einen
Monat früher bekam, das richtige Verhalten abschauen und nachahmen kann.
Da Gorillas sich hauptsächlich am Boden aufhalten, wäre es für sie und ihre Jungtiere sehr
unpraktisch das Jungtier an der Seite zu tragen. Das Jungtier liegt entweder auf dem Rücken
der Mutter oder hängt an ihrem Arm, wo die Mutter es sicher halten kann. Wenn sie am
Boden sitzen, haben die Mütter das Jungtier meistens am Bauch oder säugen es.
4.2.
Orang-Utans
Das unerfahrene Weibchen Cahaya verbringt weniger Zeit mit ihrem Jungtier als die
erfahrene Timor. Das liegt vermutlich daran, dass ihr Jungtier vier Monate älter und schon
viel unabhängiger ist als dasjenige von Cahaya. Ein weiterer Grund könnte im
Geschlechterunterschied zwischen den beiden Jungtieren liegen. Das vermuten wir, weil
Orang-Utan-Männchen später alleine umherziehen, während Weibchen ihre Zeit mit ihren
5 http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/mutterliebe-­‐das-­‐staerkste-­‐gefuehl-­‐entschluesselt-­‐a-­‐
415306.html 9 Jungtieren oder manchmal auch anderen Weibchen verbringen.6 Daher könnte es sein, dass
Männchen schon früher selbstständig ihre Umgebung erkunden. Dafür konnten wir aber keine
Nachweise finden. Wir vermuten auch, dass auch Orang-Utans das Muttersein erst erlernen
müssen, konnten aber auch hier keine Nachweise in der Literatur finden. Interessant ist, dass
Cahaya ihr Junges viel alleine lässt, obwohl das erfahrene Weibchen Timor kurz nach dessen
Geburt versuchte, das Kleine an sich zu nehmen, wie wir durch das Interview mit Christian
Weber erfuhren.
Orang-Utans sind Baumbewohner, die sich die meiste Zeit des Tages durch die Äste hangeln.
Wenn sie ihre Jungtier auf dem Rücken oder beim Klettern im Arm halten würden, würde sie
das behindern und Kraft in den Armen rauben. Deswegen klammert sich das Jungtier im
langen Fell an der Seite fest. So hat die Mutter genügend Armfreiheit.
4.3.
Gorillas und Orang-Utans
Orang-Utan-Jungtiere bleiben in den ersten Lebensmonaten komplett bei ihren Müttern und
erkunden ab einem gewissen Alter zunehmend ihre Umgebung. Das sieht man vor allem bei
Timor, die ihr drei Monate altes Jungtier immer bei sich hatte, während der sieben Monate
alte Malou die meiste Zeit ohne seine Mutter Cahaya verbrachte.
Währenddessen verbringen Gorilla-Junge sehr lange viel Zeit mit ihren Müttern, werden aber
auch recht früh schon für einige Minuten sich selber überlassen. Hier beträgt der
Altersunterschied nur einen Monat, weshalb wir in dieser Hinsicht keine Unterschiede
zwischen den Jungtieren sahen und die Jungtiere nie lange alleine gelassen wurden.
Obwohl im Gorillagehege immer wieder Halbwüchsige zu den Jungtieren kamen und
versuchten mit ihnen zu spielen oder sie an sich zu nehmen, liessen die beiden Gorillamütter
ihre Jungtiere immer wieder einen Moment allein neben sich auf dem Boden. Hier kann es
auch zu Ungenauigkeiten kommen, da im Gorillagehege drei und im Orang-Utan-Gehege nur
ein Halbwüchsiger lebt. Unsere Beobachtungen zeigten, dass die erfahrene Mamitu meistens
ihr Jungtier sofort zurückholte, es aber auch manchmal für einige Minuten einem der
Halbwüchsigen überliess. N’Yokumi dagegen holte ihr Jungtier immer sofort zurück (vgl.
Abb. 9). Auch die unerfahrene Cahaya wehrte Näherungsversuche durch den Halbwüchsigen
Habiah sofort ab. Ob es hier Unterschiede zwischen den erfahrenen und unerfahrenen Müttern
gibt, können wir nicht sicher sagen, da die Anzahl der Näherungsversuche sehr
unterschiedlich war.
Auffallend war, dass jeweils bei beiden Menschenaffenarten die unerfahrenere Mutter
weniger Zeit mit ihrem Jungtier verbrachte. Daraus schliessen wir, dass Gorilla- und OrangUtan-Mütter erst lernen müssen, wie sie sich ihren Jungtieren gegenüber verhalten sollten
und mit der Erfahrung auch die Fürsorglichkeit für das Jungtier grösser wird.
Die Unterschiede zwischen Gorillas und Orang-Utans könnten auch in den verschiedenen
Stillzeiten liegen. Orang-Utan-Jungtiere werden schon mit einigen Monaten langsam
abgestillt, wobei sie in den nächsten Jahren noch immer wieder zu ihren Müttern zum Säugen
kommen, während Gorillas vergleichsweise lange gestillt werden, ab einem gewissen Alter
dafür aber gar nicht mehr. Das könnte erklären, warum in der Orang Utan-Gruppe das ältere
Jungtier Malou bereits schon die meiste Zeit alleine unterwegs ist, wo hingegen sich die
jüngere Mimpi noch rund um die Uhr auf der Mutter befindet und sich im Gegensatz dazu
beide Gorilla-Jungtiere noch zu einem grossen Teil der Zeit auf oder bei der Mutter aufhalten.
Bezüglich Tragweise war auffällig, dass die Orang-Utan-Weibchen ihre Jungtiere meistens an
der Seite trugen, während die Gorilla-Weibchen ihre Jungtiere meistens auf dem Rücken oder
im bzw. am Arm hatten. Vermutlich liegt dies an der unterschiedlichen Lebensweise der
6 http://de.wikipedia.org/wiki/Orang-Utans 10 beiden Menschenaffenarten, dass sich Orang-Utans als Baumbewohner meistens von Ast zu
Ast hangeln und ihnen die Jungen so nicht im Weg sind. Gorillas dagegen leben
hauptsächlich auf dem Boden und bewegen sich oft auf vier Beinen vorwärts, daher ist es am
einfachsten, wenn sie ihre Jungen auf dem Rücken oder am Arm transportieren.
5. Schlussfolgerung
Anhand der gesammelten Daten wurde unsere erste Hypothese widerlegt. Junge Weibchen
sind noch unerfahren und verbringen deswegen weniger Zeit mit ihren Jungtieren.
Unsere zweite Hypothese wurde im Rahmen dieses Projekts bestätigt. Zwischen Orang-Utans
und Gorillas bestehen auf Grund ihrer verschiedenen Lebensweisen und Lebensräumegrösse
Unterschiede in der Aufzucht des Nachwuchses, insbesondere in der Tragweise ihrer
Jungtiere.
Um unsere Hypothesen einwandfrei zu bestätigen bzw. zu widerlegen, müssten wir mehr
Mutter-Jungtier-Paare untersuchen. Ausserdem müsste man für gleiche Bedingungen sorgen
(Alter, Geschlecht, Familienumstände). Vieles kann natürlich auch vom Charakter der
einzelnen Weibchen abhängen.
Das grösste Problem war, dass vor allem die Orang-Utans oft für längere Zeiten nicht zu
sehen waren, weshalb wir unseren Zeitplan umstellen mussten und viele erhobene Messungen
für uns unbrauchbar waren.
Ausserdem gab es bei beiden Arten unregelmässige Fütterungszeiten, welche das Verhalten
der Tiere vielleicht auch beeinflusst haben könnte.
6. Dank
Die Studienwoche hat uns einen Einblick in den Alltag des Zürcher Zoos ermöglicht und uns
die Möglichkeit gegeben eine wissenschaftliche Arbeit durchzuführen. Für das grosszügige
Angebot möchten wir uns herzlich bei der Stiftung Schweizer Jugend Forscht und dem Zoo
Zürich bedanken.
Danken möchten wir auch Bettina Baader und Franziska Heinrich für ihre Hilfsbereitschaft
und Unterstützung während der gesamten Woche. Sie sorgten allzeit für Motivation und gute
Stimmung.
Ein herzliches Dankeschön geht auch an den Tierpfleger Christian Weber für die wichtigen
Informationen, die er uns über die Menschaffen gegeben hat.
7. Literaturverzeichnis
http://de.wikipedia.org/wiki/Gorillas (15.11.12)
http://de.wikipedia.org/wiki/Menschenaffen (15.11.12)
http://de.wikipedia.org/wiki/Orang-Utans (15.11.12)
http://www.markuskappeler.ch/tex/texs/gorilla.html (15.11.2012)
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/mutterliebe-das-staerkste-gefuehl-entschluesselta-415306.html (15.11.12)
http://www.tierportraet.ch/htm/gorilla.php (15.11.2012)
http://www.zoo.ch/xml_1/internet/de/application/d1/d1970/d294/f1454.cfm?id=93
(15.11.2012)
11 8. Anhang
8.1
Stammbäume
Die Gorillafamilie Die Orang-­‐Utans-­‐Familie 12 8.2
Protokollblatt
13 
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