Schizophrenie im Kindes- und Jugendalter aktuelle Entwicklungen

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Schizophrenie im Kindes- und Jugendalter
aktuelle Entwicklungen
Vortrag im Rahmen des
kinder- und
jugendpsychiatrischen
Festkongresses zum
100jährigen Bestehen der
psychiatrischen Klinik in
Brandenburg an der Havel
03./04.12.2014
Hans Willner
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalter
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Übersicht
Einleitung
1. Schizophrenie im DSM-5
2. Früherkennung und Frühintervention
3. Aktuelles zu Diagnostik und Therapie
Literaturhinweise
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• Einleitung
• einige kurze persönliche Eindrücke aus der
Behandlung von an Schizophrenie erkrankten
(Kindern und) Jugendlichen
• …und ihren Familienangehörigen
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1. Schizophrenie im DSM-5
1.1 Aufgabe der bisherigen Subtypen
1.2 zwingende Forderung eines Symptoms
der Positivsymptomatik für die Diagnose
1.3 die Aufgabe der besonderen Rolle der
„Schneiderschen“ Erstrangsymptome
1.4 zu „weiteren psychotischen Störungen“
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1.1 Die Aufgabe der Subtypen
AG Psychotische Störungen der APA:
- (bisherige) Subtypen „paranoid“, „desorganisiert“,
kataton“, undifferenziert“ und „residual“ diagnostisch zu
wenig stabil, valide und reliabel sowie klinisch wenig
nützlich
- stattdessen: dimensionales Raster von
wesentlichen Symptomen mit jeweils fünf
Schweregraden (in Entwicklung, aktuell fakultativ)
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Symptomliste
1. Wahn
2. Halluzinationen
3. desorganisierte Sprache
4. desorganisiertes oder katatones Verhalten
5. Negativsymptome
6. kognitive Beeinträchtigungen
7. Depression
8. Manie
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Empfehlung, diagnostisch und therapeutisch „entlang
eines psychopathologischen Gradienten“ zu
arbeiten
- die schizotype (Persönlichkeits-) Störung
- die kurze psychotische Störung (ein Tag bis ein
Monat)
- die schizophreniforme Störung
- die schizophrene Störung
damit implizit Warnung vor der vorschnellen Diagnose
einer Schizophrenie
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1.2 Die obligatorische Positivsymptomatik
- Beibehaltung der Struktur der Schlüsselsymptome bei
Änderung von deren Gewichtung
- Obligatorisch: eines der drei Positivkriterien
- Wahn
- Halluzinationen
- desorganisierte inkohärente oder
„entgleiste“ Sprache/Sprechweise
Fakultativ psychomotorische Abnormalitäten/Katatonie
oder/und Negativsymptome
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Aufgabe des katatonen Subtypus (und der
undifferenzierten Schizophrenie)
katatone Störungsbilder entweder
- als „nicht näher bezeichnete Katatonie“ in der neu
eingeführten Katatoniesektion des Psychosekapitels
oder
- im Zusammenhang mit einer anderen psychischen
Störungen, z. B. der Schizophrenie
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1.3 Aufgabe der Schneiderschen Erstrangsymptome
wissenschaftliche Zäsur: bisher nur z. B.
Gedankenlautwerden, kommentierende Stimmen,
bizarrer Wahn als sog. A-Kriterien
nun andere Wahninhalte und Halluzinationen
gleichwertig daneben
Begründung: keine Evidenz für die bisherige
Hervorhebung; auch keine zuverlässige Abgrenzung
bizarrer und nicht-bizarrer Wahninhalte
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1.4 weitere psychotische Störungen
- im Kapitel „Schizophreniespektrum und andere
psychotische Störungen“ bis auf die affektiven
Störungen mit psychotischen Merkmalen alle
psychotischen Störungen zusammengefasst, auch
organische und substanzinduzierte
- mehrere Änderungen in Details, z. B. „nicht näher
bezeichnete Katatonie“, um leichtere klinische Bilder zu
klassifizieren (hier einzige Erwähnung von v. a. bei
Kindern und Jugendlichen auftretenden Störungen);
„attenuiertes Psychosesyndrom“; u. a.
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2. Früherkennung und Frühintervention
2.1 Plädoyer für Früherkennungs- und behandlungsmaßnahmen
2.2 Bisherige Früherkennungskonzepte
2.3 Risikofaktoren
2.4 Frühintervention
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2.1 Plädoyer für Früherkennungs- und –
behandlungsmaßnahmen
- seit Mitte der 90er Jahre oft lange Prodromalphase bei
psychotischen und insbesondere schizophrenen
Erkrankungen wissenschaftlich zunehmend anerkannt
- Entwicklung grundlegender Konzepte bei jungen
Erwachsenen; Übertragung auf Kinder und Jugendliche
nicht ohne weiteres möglich
- starkes Plädoyer engagierter KJPP-Vertreter für die
Etablierung von Angeboten auch für Kinder und
Jugendliche
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Empfehlungen
- Leiden von Kindern und Jugendlichen mit
Risikosymptomen – kompetente Abklärung
- differenzierte Diagnostik mit (ggfs.) Diskussion eines
möglichen Psychoserisikos
- Nebeneffekt: Früherkennung und –behandlung bisher
nicht entdeckter bereits manifester Psychosen
- Nebeneffekt: Erkennung und Behandlung weiterer
(überwiegender) komorbider Störungen
- Therapie möglicherweise günstig auch im Hinblick auf
die möglichen Psychoseprodromi
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- Vermeidung von Termini wie „psychosenah“ oder
„präpsychotisch“ – (unnötigen) Ängsten vorbeugen
- ggfs. Ermutigung zur Differentialindikation von
Antipsychotika oder Antidepressiva
- ggfs. durch kontinuierliche Nachbetreuung
möglicherweise präventive Wirkung
- Qualitätsverbesserung von Diagnostik und Therapie
durch Erkenntnisse der Früherkennung und behandlung
- Kooperation von KJPP und PP, Kliniken und
Niedergelassenen in Früherkennungszentren
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2.2 Bisherige Früherkennungskonzepte
(keine Validierung bei Kindern und Jugendlichen)
Unterschiede des Frühverlaufs zwischen Kindern und
Jugendlichen und Erwachsenen:
- Dauer der unbehandelten Psychose deutlich länger,
vermutlich wegen weniger ausgeprägter PositivSymptome, mangelnder Beachtung der Symptome oder
deren Missdeutung
- keine Abhängigkeit von der Art der Psychose, dem
prämorbiden Funktionsniveau, der familiären
Unterstützung und der psychiatrischen Vorgeschichte
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2.2.2 Das Ultra-High-Risk-Konzept
A mind. ein attenuiertes psychotisches Symptom (APS)
im letzten Monat mehrfach mind. eine Woche, erstmalig
o. Zunahme der Symptomatik im letzten Jahr :
- Beziehungsideen
- eigentüml. Vorstellungen o. magisches Denken
- Größenideen
- paranoide Ideen o. erhöhtes Misstrauen
- ungewöhnliche Wahrnehmungserlebnisse, eigenartige
Denk- und Sprechweise
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B Vorliegen von mind. einem kurzen intermittierenden
psychotischen Symptom (BLIPS) in den letzten drei
Monaten, mind. einige Minuten am Tag, mind. An
einem Tag im Monat u. weniger als eine Stunde an
nicht mehr als vier Tagen pro Woche in einem Monat:
- Wahn
- Halluzinationen
- formale Denkstörungen
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C ein Risikofaktor genetischer Art
- Verwandter ersten Grades mit diagnostizierter
nichtorganischer Psychose oder schizotyper
Persönlichkeitsstörung
- anhaltende Reduktion des psychosozialen
Funktionsniveaus (gemessen mittels Global Assessment
Functioning Scale GAF) um mind. 30 % im letzten Jahr
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2.2.3 „Kognitiv-perzeptive Basissymptome“ (COPER)
mind. eins von zehn Basissymptomen mit mehrfachem
Auftreten über einen Zeitraum von mind. einer Woche
und erstmaligem Auftreten vor mind. einem Jahr:
- Gedankenindifferenz
- Zwangähnliches Perseverieren von Bewußtseinsinhalten
- Gedankendrängen, -jagen
- Gedankenblockierung
- Störung der rezeptiven Sprache
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- Störung der Diskrimination von Vorstellungen und
Wahrnehmungen, Fantasie und Erinnerungsvorstellungen
- Eigenbeziehungstendenzen („Subjektzentrismus“)
- Derealisation
- Optische Wahrnehmungsstörungen
- Akustische Wahrnehmungsstörungen
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2.2.3 „Kognitive Störungen“ (COGDIS)
mind. zwei von neun Basissymptomen mit mehrfachem
Auftreten über einen Zeitraum von mind. einer Woche:
- Gedankeninterferenz
- Zwangähnliches Perseverieren von Bewußtseinsinhalten
- Gedankendrängen, -jagen
- Gedankenblockierung
- Störung der rezeptiven Sprache
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-
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Störung der expressiven Sprache
Störung der Symbolerfassung
Eigenbeziehungstendenz
Unfähigkeit, die Aufmerksamkeit zu spalten
Fesselung durch Wahrnehmungsdetails
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COGDIS
Sensitivität 67% - 83% Spezifität
COPER
87% - 54%
Ziersmann et al. 2011: Kombination von attenuierten
psychotischen Symptomen und Basis-Symptom-Kriterien
besonders geeignet für die kurzfristige Vorhersage eines
möglichen Übergangs in eine Psychose bei Jugendlichen
Insgesamt: Eignung als Prädiktoren einer späteren
psychotischen Erstmanifestation bei Kindern und Jugendlichen
noch nicht erbracht.
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2.2.4 Schizophrenia Proneness Instrument Child &
Youth Version (SPI-CY) Schulze-Lutter et al. 2011
- einziges Vorhersageinstrument mit Berücksichtigung
von entwicklungsspezifischen Aspekten von Kindern
und Jugendlichen
- dazu gehört eine Dimension Neurotizismus
(daneben Adynamie, Wahrnehmungsveränderungen,
Denk- und Handlungsstörungen) mit acht Items
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acht Items Neurotizismus
reduziertes Kontaktbedürfnis, erhöhte Beeindruckbarkeit
gegenüber fremdem Leid, Reizbarkeit, phobische und
zwangsartige Phänomene, Depersonalisation,
Schmerzsensationen, Dysästhesien
Hinweise, dass die höchsten Übergangsraten auftreten, wenn
attenuierte Symptome bzw. Basisymptome und subjektive
kognitive Störungen auftreten
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2.3 Risikofaktoren (vgl. Häfner et al. 2012)
Frühe dispositionelle Risikofaktoren 1) und spätere
exogene Auslösefaktoren 2) können neben
Prodromalzeichen Hinweise auf mögliche entstehende
Psychosen/Schizophrenien geben.
Zu 1) zählen vor allem genetisch bedingte Vulnerabilität; in
geringem und unspezifischem Umfang prä- und perinatale
Komplikationen, Enzephalitiden in der Kindheit, Neurotizismus
als Persönlichkeitsfaktor, Entwicklungsverzögerungen
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Zu 2) zählen v. a. der Konsum von Drogen wie Cannabis,
Kokain, Amphetamine, Halluzinogene (wahrscheinlich auch
synthetische Drogen)
Die Beachtung möglicher kumulativer Risiken erscheint
wichtig..
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2.4 Frühintervention
- ethische Fragen: Frühintervention aufgrund von
Risikokriterien?
- individuelle Behandlungsangebot zunächst im Hinblick
auf die meistens dominierenden Symptome wie
Depressivität, Konzentrationsstörungen, Leistungsabfall
- Verhinderung möglicher psychotischer Entwicklungen?
Wodurch?
- noch wenige gesicherte Daten insbesondere bei
Kindern und Jugendlichen
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Stafford et al. 2013: Elf Studien (kontrolliert,
prospektiv) zu Frühinterventionen (teils Jugendliche
einbezogen, mittl. Teilnehmeralter 21 Jahre, N<1000)
- Vier Studien: KVT versus supportive Beratung
- Zwei Studien: KVT plus Risperidon versus supportive
Beratung
- weitere u. a. : Risperidon plus KVT versus Placebo,
Olanzapin plus KVT versus Placebo, Omega3-Fettsäuren
versus Placebo, individuelle Interventionen ohne versus
plus Amisulprid
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Ergebnisse:
- eingeschränkte Vergleichbarkeit bei sehr
unterschiedlicher Studienqualität
- mittelgradige Evidenz für präventive KVT
- niedrige Evidenz für Omega3-Fettsäuren
- sehr niedrige Evidenz für „integrierte PT“
- keine Evidenz für frühe psychopharmakologische
Interventionen (bei signifikanten UAW)
(- ev. Evidenz für psychosoziales Therapieprogramm)
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Hinweis auf Bechdolf et al. 2012 (Dt.
Forschungsnetzwerk Schizophrenie):
- überwiegend junge Erwachsene
- KVT-Interventionen, Fertigkeitentraining in der
Gruppe, Psychoedukation in Multifamiliengruppen
- Vergleich zu supportiver Beratung
- im 12- bzw. 24-Monats-Follow-Up 3.2% versus 16.9%
bzw. 6.3% versus 20% Übergänge in ein
Psychosestadium
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3. Aktuelles zu Diagnostik und Therapie
3.1 Aktuelle Empfehlungen der American Academy of
Child and Adolescent Psychiatry (AACAP 2013)
- Zehn Empfehlungen
- drei abgestufte Evidenzkriterien:
- Clinical Standard (CS)
- Clinical Guideline (CG)
- Clinical Option (OP)
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1. Grundsätzlich sollen bei kinder- und jugendpsychiatrischen
Vorstellungen/Untersuchungen Fragen zum Ausschluss
bzw. Erkennen einer möglichen Psychose oder
Schizophrenie beinhaltet sein. (CS)
2. Die Diagnose einer Schizophrenie sollte nach denselben
Kriterien wie bei Erwachsenen erfolgen. (CS)
3. Bei Verdacht auf eine schizophrene Störung sollte immer
nach möglichen weiteren assoziierten Umständen und
Problemen geforscht werden (u. a. Suizidalität, komorbide
Störungen, Substanzmissbrauch psychosoziale Stressoren,
somatische Erkrankungen/medizinische Probleme) (CS)
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Schizophrenie im Kindes- und Jugendalter
aktuelle Entwicklungen
1. Grundsätzlich sollen bei kinder- und jugendpsychiatrischen
Vorstellungen/Untersuchungen Fragen zum Ausschluss bzw.
Erkennen einer möglichen Psychose oder Schizophrenie
beinhaltet sein. (CS)
2. Die Diagnose einer Schizophrenie sollte nach denselben
Kriterien wie bei Erwachsenen erfolgen. (CS)
3. Bei Verdacht auf eine schizophrene Störung sollte immer
nach möglichen weiteren assoziierten Umständen und
Problemen geforscht werden (u. a. Suizidalität, komorbide
Störungen, Substanzmissbrauch psychosoziale Stressoren,
somatische Erkrankungen/medizinische Probleme) (CS)
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4. Die erstrangige Behandlungsoption bei schizophrenen
Störungen auch von Kindern und Jugendlichen stellen
Antipsychotika dar. (CS)
5. Bei den meisten betroffenen Kindern und Jugendlichen
sollte die Behandlung mit Antipsychotika langfristig erfolgen,
um das psychosoziale Funktionsniveau zu verbessern und
Rückfällen vorzubeugen (CS).
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6. Einige betroffenen Kinder und Jugendliche können von
einer Zusatzmedikation profitieren, um mögliche UAW der
Antipsychotika zu verringern oder Begleitsymptome zu
vermindern (Agitation/Impulsivität, Affektlabilität,
Depression). (CG)
Aufgelistet werden: Anticholinergica (EPS), Betablocker
(Akathisie), Stimmungsstabilisierende Medikamente
(Stimmungslabilität, Aggressivität), Antidepressiva
(Depression, Negativsymptomatik), Benzodiazepine (Angst,
Schlafstörungen, Akathisie; primär auch bei Katatonie); auf
das Fehlen systematischer Studien wird hingewiesen.
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7. Bei therapierefraktären schizophrenen Störungen sollte ein
Behandlungsversuch mit Clozapin erwogen werden (CS;
Hinweis auf Überlegenheit der antipsychotischen Wirkung
auch im Langzeitverlauf bei Kindern und Jugendlichen; wg.
erheblicher potentieller UAW weiter erst nach Einsatz von zwei
oder mehr First-Line-Medikamenten empfohlen).
8. Eine Baselineerhebung und ein Verlaufsmonitoring von
Symptomen, UAW und Laborwerten sollte erfolgen (CS).
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9. In Kombination mit der Medikation sollten
psychotherapeutische Interventionen erfolgen. (CG)
Nachgewiesen seien bei Erwachsenen Effekte von kognitivbehavioralen Therapien, sozialen Fertigkeitentrainings,
unterstützenden Interventionen in der Familie; bei Kindern
und Jugendlichen sei die Datenlage sehr spärlich; es gebe
Hinweise auf positive Effekte von Psychoedukation bei den
Eltern und Problemlösetrainings, bei stationären Patienten von
Milieutherapie und reintegrativer Netzwerkarbeit.
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10. Bei schwer beeinträchtigten Jugendlichen, die nicht
ausreichend auf die Behandlung ansprechen oder die
Medikation nicht vertragen, kann eine Elektrokrampftherapie
erwogen werden. (OP)
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Zusammenfassung der Therapieempfehlungen
Die Kombination der antipsychotischen Medikation mit
psychoedukativen, psychotherapeutischen und
pädagogischen Maßnahmen wird – bei Hinweis auf
Forschungsbedarf zur Entwicklung wirksamer und
sicherer Therapien - empfohlen.
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Ziele der Psychotherapie:
- Linderung der Krankheitsbeschwerden
- Verbesserung der Behandlungsadhärenz
Methoden:
- Psychoedukation (Krankheitsverständnis, Behandlungsmöglichkeiten)
- Soziales Fertigkeitentraining
- Anleitung zur Rückfallvermeidung
- Training grundlegender Fertigkeiten
- Problemlösetraining
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Psychoedukation für die Familie:
- Verbesserung des Krankheitsverständnisses
- Information über Behandlungsmöglichkeiten und –prognose
- Hilfe, Strategien zum besseren Umgang mit der
Symptomatik des Patienten
Individuelle Unterstützung:
- Ggfs. Verbesserung kognitiver und funktionaler Defizite
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Medikamentöse Behandlung:
- Empfehlung von Antipsychotika der „2. Generation“ als
erste Wahl
- Jedoch: sehr kritische Bewertung der vorliegenden Studien
und deren Ergebnisse:
Keine der Substanzen zeige eine befriedigende Wirkung und
die auftretenden UAW seien erheblich.
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Fazit AACAP:
- Sicherheit und Effektivität für Kinder und Jugendliche
begrenzt, v. a. im Langzeitverlauf
- Medikamentenauswahl soll sich an Zulassungsstatus,
Nebenwirkungs-profil, Präferenzen von Patient und Familie
und Erfahrung des Arztes orientieren
- Nach sechswöchiger Behandlung unter angemessener
Dosierung Bewertung der Wirkung und ggfs.
Medikamentenwechsel
- Olanzapin: Spezifisch hohes Gewichtszunahmerisiko
- Ziprasidon: Jugendlichenstudie 2009: keine Effekte
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Schizophrenie im Kindes- und Jugendalter
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3.2 neueste Metaanalysen:
Sarkar u. Grover 2013:
- 15 randomisierte kontrollierte Studien
- AP der ersten und der zweiten Generation wirksamer als
Placebo
- AP der ersten Generation unterlegen bzgl. UAW (bis auf
metabolische UAW)
- Clozapin allen überlegen
- Geringe Studienzahl und -dauer, überwiegend aus den
westlichen Industrieländern
05.12.2014
Seite 46
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalter
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3.2 neueste Metaanalysen:
Kumar et al. 2013:
- 13 randomisierte kontrollierte Studien
- vergleichbare Aussagen wie Sarkar und Grover, zusätzlich:
- kaum Überlegenheitsevidenz (außer Clozapin) eines AP,
jedoch unterschiedliche UAW-Profile
- Olanzapin, Risperidon und Clozapin riskant bzgl. Gewicht
- Aripiprazol: keine Prolactin- oder Blutfetterhöhungen,
niedrigere Dosierungen als bei Erwachsenen
05.12.2014
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Schizophrenie im Kindes- und Jugendalter
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Fazit:
Die Studienlage ist bei Kindern und Jugendlichen mäßig.
Die Zulassungssituation von Medikamenten für unter 18jährige
ist nach wie vor unzureichend.
Es bleibt eine außerordentlich hohe persönliche
Verantwortung für die behandelnden und verordnenden Ärzte.
Nichtmedikamentöse Interventionen sind möglicherweise vor
allem im Prodromalstadium (und in der Nachsorge) effektiv.
Die Kooperation und der fachliche Austausch sind auf
verschiedenen Ebenen zu intensivieren.
05.12.2014
Seite 48
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalter
aktuelle Entwicklungen
Literatur (Auswahl)
APA, DSM 5, Washington DC, APA 2013
Bechdolf A et al., Preventing progression to first-episode
psychosis, Br J Psychiatry 200 (1) (2012): 22-29
Häfner H et al., Psychosen – Früherkennung und
Frühintervention, Schattauer, Stuttgart 2012
Kumar A et al., Atypical antipsychotics for psychosis in
adolescents, Cochrane Database Syst Rev 10 (2013):
CD009582
Ruhrmann S et al., Prediction of psychosis in adolescents and
young adults, Arch Gen Psychiatry 67 (2010): 241-251
05.12.2014
Seite 49
Schizophrenie im Kindes- und Jugendalter
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Sarkar S, Grover S, Antipsychotics in children and adolescents
wih schizophrenia, Indian J Pharmacol 45 (5) (2013): 439-446
Schimmelmann B, resch F (Hrsg.), Psychosen in der
Adoleszenz, Kohlhammer, Stuttgart 2014.
05.12.2014
Seite 50
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