Jura-Museum Eichstätt

Werbung
Jura-Museum Eichstätt
Führungskonzepte
Vulkane mit (fast) allen Sinnen –
Vulkanismus und vulkanische Gesteine für Blinde und Sehbehinderte
Im Kurs „Vulkane mit (fast) allen Sinnen“ geht es um vulkanische Gesteine. Viele ihrer
Strukturen, darunter die Oberfläche von Lavaströmen, die Form vulkanischer
Spindelbomben, Wurfschlacken und Brotkrustenbomben, lassen sich ertasten. Schwefel
aus Solfataren kann man riechen, Geräusche heißer Quellen oder eines Geysirausbruchs
hören. Auch die Explosivität vulkanischer Gase wird im lautstarken Experiment
erfahrbar. Historische Augenzeugenberichte machen Vulkanausbrüche gefahrlos
erlebbar und schlagen die Brücke vom eher abstrakten Gestein hin zum geologischen
Phänomen.
Benötigte Objekte: Plastilinmodelle von Schildvulkan und Stratovulkan, Stricklava, Blocklava, Basaltsäulen,
Phonolith, Hammer, Karbonatit, verdünnte Salzsäure (10%ig), Obsidian, blasenreiche Lava, Lava mit
Einsprenglingen (z.B. Olivin), Holz- oder Pappmodelle zur Kristallsymmetrie, Spindelbomben, Wurfschlacken,
Peles Tränen, Getränkedose mit kohlensäurehaltigem Mineralwasser, Kochplatte, Topf mit Wasser, Bimsstein,
Schüssel mit Wasser, Aschetuff, Brotkrustenbomben, akkretionäre Lapilli, Geräusche von Geysiren,
Schlammtöpfen, kochenden Quellen, vulkanische Schwefelablagerungen, Mantelxenolithe.
Zusammenhang von Vulkanismus und Plattentektonik: Die Erdkruste ist in mehrere Platten
unterteilt, die sich langsam (i.d.R. wenige Zentimeter pro Jahr) gegeneinander bewegen.
Vulkane befinden sich meist an den Plattengrenzen. Außerdem gibt es einzelne „Hot Spots“,
d.h. Heiße Flecken, die tief aus dem Erdmantel Magma fördern. Diese Vulkane gibt es auch
im Platteninneren, weitab von den Plattenrändern.
Wo sich Platten voneinander wegbewegen und auch bei vielen Hot Spot-Vulkanen ist die
Lava meist SiO2-arm, heiß (ca. 1150°C) und dünnflüssig. Solche Lava kann leicht ausfließen
und bildet flache, breite Vulkane, sogenannte Schildvulkane. Ein Model, für den Kurs aus
Plastilin gefertigt, veranschaulichte die geringe Hangneigung.
Oberfläche von Lavaströmen (i.d.R. Basalt):
Besonders heiße, dünnflüssige Lava bildet Lavaströme aus Stricklava (Pahoehoe). Die
Lavaströme sind dünner als ca. 30 cm.
Etwas kältere, daher zähere, stärker entgaste Lava bildet Blocklava (Aa). Lavaströme sind
mehrere Meter bis wenige zehner Meter dick. Im Inneren sind diese Lavaströme massiv, d.h.
die Blöcke liegen nur auf der Oberfläche.
Wenn massive Lavaströme rasch abkühlen, entstehen meist sechseckige Spannungsrisse, die
sich mit zunehmender Abkühlung ins Innere des Lavastroms ausbreiten: Es bilden sich
Basaltsäulen.
Es gibt aber nicht nur Basalt, sondern auch andere Lavasorten. Die Bezeichnung ist abhängig
von der chemischen Zusammensetzung. Basalt (s.o.) ist das häufigste Vulkangestein der Erde.
1
Ohne Einsatz des Sehsinns, bzw. ohne
chemische Analyse sind die meisten
anderen kaum begreiflich zu machen.
Zwei Ausnahmen gibt es jedoch:
Phonolith: z.B. aus dem Hegau oder
von den Kanarischen Inseln klingt beim
Anschlagen mit dem Hammer. Daher
der Name „Klingstein“.
Der sehr seltene Karbonatit besteht
chemisch größtenteils auch Calciumkarbonat und braust daher mit Salzsäure: Kaiserstuhl, Oldoinyo Lengai
(einziger rezenter Karbonatitvulkan).
Lava unterscheidet sich oft auch im
Gasgehalt: Obsidian (Gesteinsglas),
blasenreiche Lava
Der glatte, blasenfreie Obsidian mit
dem auffallenden muscheligen Bruch
und den messerscharfen Kanten ist ein
Gesteinsglas, d.h. die Bestandteile sind
ungeordnet erstarrt und bilden keine
Kristalle. Glas ist häufig in Vulkangesteinen, da Lava schnell abkühlt und
die Kristalle keine Zeit zum Wachsen
haben. Die meiste Lava bringt jedoch
schon Kristalle aus der Magmakammer
mit, die dort beim langsamen Abkühlen
im Laufe der Jahrzehnte bis Jahrhunderte gewachsen sind. Sie bilden
„Einsprenglinge“: Basalt-Lava mit
Olivin-Einsprenglingen. Die verschiedenen Einsprenglinge kann man nicht
nur an der Farbe erkennen, sondern
auch an der Kristallform: Verschiedene
Kristallmodelle aus Holz (Olivin,
Leucit, Pyroxen, Hornblende, Alkalifeldspat, Nephelin) Holz verdeutlichten dies.
Bei Beginn eines Ausbruchs enthält die
Lava noch sehr viel Gas, das sich oben
in der Magmakammer gesammelt hat:
Die Lava wird vom Gasdruck auseinander gerissen und im hohen Bogen
ausgeworfen, manchmal gibt es sogar
Lavafontänen.
Flüssig
ausgeworfene
Lavafetzen
erstarren oft noch im Flug und behalten
so ihre Form bei.
2
Spindelbomben entstehen aus dünnflüssigen Lavafetzen, die im Flug rotiert sind.
Wurfschlacke entsteht aus zäherer Lava und zeigt unregelmäßige Formen.
Peles Tränen sind erstarrte Lavatropfen aus Lavafontänen.
Ein Augenzeugenbericht eines solchen lavabetonten Vulkanausbruchs ist die Schilderung des
Vesuvausbruchs von 1868 durch die britische Naturwissenschaftlerin Mary Somerville
(Somerville 1873: 340f.):
„Wir waren sehr am Vesuv interessiert, der sich mehrere Monate lang in einem Zustand
starker Aktivität befand. Zuerst gab es nur Rauchmassen und einige kleine Lavaströme, aber
diese wurden gefolgt von den großartigsten Auswürfen rotglühender Steine und Felsen, die
eine Höhe von 2000 Fuß über dem Berggipfel erreichten. Viele fielen wieder zurück in den
Krater, aber ein großer Teil wurde in feurigen Schauern über die Seite des Kegels
hinabgeworfen. Schließlich hörten diese schönen Eruptionen von lapilli auf und die Lava
floss stärker, und obwohl sie immer wieder unterbrochen wurde und aus dem Gipfelkrater
ausströmte, war sie ganz harmlos; Massen von Rauch und Dampf stiegen vom Krater auf und
wurden vom Wind in große Entfernung getragen. Bei Sonnenschein war der Kontrast
zwischen dem jett-schwarzen Rauch und den silberweißen Dampfwolken schön anzusehen.
Schließlich kehrte der Berg zu scheinbarer Ruhe zurück, obwohl die heftigen Detonationen,
die gelegentlich zu hören waren, davor warnten, dass die Ruhe nicht lange anhalten würde.
Endlich, eines Abends im November 1868, als eine meiner Töchter und ich den Berg durch
ein sehr gutes Teleskop, das uns ein Freund geliehen hatte, beobachteten, sahen wir deutlich
einen neuen Krater am Fuß der Kegel im Atrio del Cavallo ausbrechen und Explosionen
rotglühender Lapilli und roter Rauch strömten in Massen hervor. Früh am nächsten Morgen
sahen wir einen großen Lavastrom nördlich des Observatoriums hinabströmen und eine Säule
schwarzen Rauchs stieg von den neuen Kratern auf, denn es gab deren zwei, und die Säule
nahm die wohlbekannte Form einer Pinie an. Die Bäume am nördlichen Rande der Lava
standen bereit in Flammen. Der Lavastrom erreichte bald die Ebene, wo er Felder,
Weingärten und Häuser überwältigte. Er war über eine Meile breit und dreißig Fuß tief. […]
Wir beobachteten, daß der Auswurf von Steinen und Lapilli entweder ganz aufhörte oder sehr
gering wurde, wenn die Menge der Lava zunahm.“
Bei SiO2-reicher und daher zäher und kühlerer (ca. 750–800°C) Lava kann das reichlich
enthaltene Gas nur schwer entweichen. Was dann passiert, haben wir mit einem einfachen
Experiment erkundet: Eine geschlossene, in ein kochendes Wasserbad gestellte
Mineralwasser-Getränkedose explodiert lautstark und platzt an Schwachstellen wie den
Falznähten auf (Sicherheitsabstand einhalten! Verbrühungsgefahr! Sich erst wieder nähern,
wenn die Explosion erfolgt ist: Das kann einige Minuten dauern!).
Vulkanismus, bei dem die Gase nur schwer entweichen können ist explosiv, die Lava wird in
Fetzen gerissen: Bimsstein ist so blasig, dass er so leicht ist, dass er im Wasser schwimmt.
Werden die Blasen größer (sie expandieren beim Aufstieg im Schlot), dann zerreißen sie den
Bimsstein vollständig und nur feine Splitter der Blasenwände bleiben übrig. Das nennt man
vulkanische Asche. Diese Asche regnet auf den Boden, wo sie zu einem festen Gestein, einem
Aschen-Tuff zusammensintern kann.
Solche explosiven Vulkane bestehen aus Tuffen und kurzen, dicken Lavaströmen. Es bildet
sich ein steiler Stratovulkan (Plastilin-Modell).
Im August des Jahres 79 n. Chr. erwachte der Vesuv nach einer mehrere Jahrhunderte
währenden Ruhepause und legte eine der lieblichsten Landschaften Italiens in Schutt und
Asche. Seit diesem Ausbruch, der den Berg und seine Umgebung nachhaltig veränderte, war
der Vesuv im Abstand einiger Jahre bis Jahrzehnte immer wieder tätig, wenngleich weniger
3
stark explosiv und dafür von Lavaströmen begleitet; zuletzt 1944/45. Zeuge des Ausbruchs im
Jahr 79 n. Chr., der die Städte Pompeji und Herculaneum zerstörte, wurde Plinius d. J. In
zwei Briefen an seinen Freund Cornelius Tacitus, schilderte er, was er gehört und gesehen hat
(Plinius: 6. Buch, 16. & 20. Brief):
„Schon mehrere Tage vorher hatte sich ein Erdbeben spüren lassen, was aber eben zu keiner
großen Furcht Anlass gab, weil dies in Kampanien etwas Gewöhnliches ist; in jener Nacht
aber wurde es so stark, dass alles nicht nur sich zu bewegen, sondern zusammenzufallen
schien. […]
Die Wagen, welche wir hatten hinausbringen lassen, wurden auf völlig freiem Felde hin- und
hergeworfen, und selbst als man Steine unterlegte, blieben sie nicht fest stehen. Und auch das
Meer gewährte einen Anblick, als ob es sich selbst verschlänge und durch die
Erderschütterungen zurückgetrieben würde. Wenigstens war das Gestade weiter vorgerückt,
und es befanden sich darauf viele auf dem trockenen Sande zurückgebliebene Seegeschöpfe.
Auf der anderen Seite zerbarst eine schwarze, schreckliche Wolke, aus welcher geschlängelte
Feuermassen nach allen Seiten herauszuckten, und entlud sich in langen Flammenstrahlen,
welche Blitzen ähnlich, aber weit größer waren. […]
Die Wolke stieg auf [...]: sie sah ihrer ganzen Gestalt nach wie ein Baum aus und zwar wie
eine Pinie. Sie hob sich nämlich wie mit einem sehr langen Stamme empor und zerteilte sich
dann in verschiedene Äste; [...] Sie erschien zuweilen glänzend weiß, dann wieder schmutzig
und fleckig. […]
Bereits fiel Asche in die Schiffe, und je näher [mein Onkel] kam, desto heißer und dichter; es
fielen auch Bimssteine und schwarzes, ausgebranntes und vom Feuer zerbröckeltes Gestein.
Jetzt zeigte sich plötzlich eine Untiefe, und der Schutt vom Berge her machte das Ufer
unzugänglich. […] Nicht lange darauf ließ sich jene Wolke auf die Erde herab und bedeckte
das Meer. Sie hatte Capreae ringsum eingehüllt und auch das Vorgebirge Misenum unseren
Blicken entzogen. […] Ich blickte zurück: ein dicker Dampf kam hinter uns her, der uns wie
ein sich auf die Erde ergießender Strom nachzog.“
Den geschilderten Ausbruchsmechanismus nennt man nach dem Augenzeugen Plinianische
Eruption. Reicht der Gasdruck nicht aus, um eine hochaufragende, plinianische
Eruptionssäule zu erhalten, so bilden sich heiße, pyroklastische Ströme, wie die, die 1902 von
der Montagne Pele abgingen (Augenzeugenberichte bei Haas 1903: 302–310):
Augenzeugenbericht von Roger Arnoux, der sich auf seinem Landsitz außerhalb und oberhalb
der Stadt St. Pierre aufhielt:
„Sobald ich zur Haustüre hinausgetreten war, galt mein erster Blick dem Vulkan, den ich
ziemlich ruhig fand, zumal ein heftiger Ostwind die seinen Scheitel umlagernden
Dampfwolken immer wieder rasch verscheuchte. Um acht Uhr stand ich noch immer draußen
und betrachtete den Berg, als ich plötzlich etwas Wellenartiges aus dem Krater herausquellen
sah, das von einer wie flüssig erscheinenden, beträchtlichen Masse gefolgt wurde, die
innerhalb drei Sekunden zur Pointe du Carbet hinabsauste. […] Gleichzeitig war aber die
Masse auch schon über unseren Häuptern, hatte sich also nicht minder rasch in die Breite
ausgedehnt, als in die Länge. Diese Erscheinung bestand aus Dämpfen, welche sich von
denjenigen, die der Vulkan bislang ausgehaucht hatte, in nichts unterschieden, grauviolett in
der Farbe waren und sehr dicht aussahen, denn trotzdem sie unbeschreiblich rasch zu großer
Höhe aufstiegen, behielten sie doch bis hoch hinauf ihre den Wolkenballen ähnliche Gestalt
bei. Unzählige elektrische Entladungen sprühten daraus hervor, während ein entsetzliches
Getöse uns beinahe taub machte.
Sofort wurde mir klar, dass St. Pierre zu Staub zerrieben worden sein müsse, und ich war tief
bewegt beim Gedanken, dass alle meine Lieben, die ich am verflossenen Abend in der Stadt
gelassen hatte, ums Leben gekommen sein müssten. Nunmehr schien es, als ob das Ungetüm
4
uns näher rücken wolle, und meine von jähem Schrecken erfassten Leute rannten auf eine in
der Nähe des Wohnhauses befindliche kleine Anhöhe, indem sie mir zuriefen, auch so zu tun.
Eine aufsaugende Luftwelle kam uns entgegen, welche die Blätter von den Bäumen riss und
die kleinen Zweige zerbrach, auch unserem Wettlauf einen starken Widerstand bot.
Wir hatten den Hügel kaum erreicht, da verfinsterte sich die Sonne und eine
undurchdringliche Dunkelheit umgab uns. Dann hagelten Schlacken, deren größte etwa 2 cm
Durchmesser hatten, auf uns herab, und über St. Pierre […] stieg eine Flammensäule auf, die
rasch vorwärts eilte, zugleich aber eine drehende Bewegung innezuhalten schien, ein
förmlicher Feuerwirbel, der meiner Schätzung nach etwa 400 m Höhe gehabt haben dürfte.
Dieser ganze Vorgang mag etwa 2 – 3 Minuten gewährt haben.
Nun kam sofort ein Schlammregen an die Reihe, der den Steinhagel ablöste und die Gräser
und die kleineren Sträucher zu Boden streckte, und zum Schluss ein gewaltiger Wolkenbruch
von einer halben Stunde Dauer. Alles in allem hat sich die ganze Katastrophe etwa während
der Zeit einer Stunde abgespielt. Alsdann kam die Sonne wieder zum Vorschein.“
Augenzeugenbericht aus zweiter Hand, Kapitän Freemann des englischen Handelsdampfer
„Roddam“ im Hafen von St. Pierre:
„Gegen 8:15 Uhr frühmorgens am Himmelfahrtstage befand sich Kapitän Freemann im
Kartenhaus. Der größere Teil seiner Besatzung war an Deck und betrachtete den entfernten
Vulkan, aus dem dichte Dampfwolken und zeitweilig auch Feuerschein herauskamen. Ganz
plötzlich hörte er ein schreckenerregendes Getöse, als ob das ganze Land vor ihm von Lärm
erfüllt wäre, und zugleich kam ein gewaltiger Windstoß daher, der die See in große
Bewegung brachte und die Schiffe in Hafen hin und her schaukelte. Freemann eilte aus dem
Kartenhaus, schaute bestürzt auf die Stadt und die Höhenzüge und erblickte Dinge, die jeder
Beschreibung spotten. Er rief einen seiner Offiziere mit den Worten an: Sehen Sie einmal
dorthin! Aber kaum waren diese seinem Munde entflohen, als auch schon eine dichte Wolke
heißer Massen auf das Schiff niederfiel. Alles was sie in ihrem Zuge berührte, geriet sofort in
Brand, auch die Fahrzeuge auf der Reede. Freemann hatte das Gefühl, als ob ein gewaltiger
Hammer auf sein Schiff niedersause, während die glühenden Lavastückchen nur so auf das
Deck des „Roddam“ herabhagelten. Jedermann suchte sich irgendwohin zu verkriechen, um
diesem Feuerregen zu entgehen. Die Hitze jedoch war so ungeheuerlich und die Luft so
entsetzlich erstickend, dass eine Anzahl der Leute von der Bemannung […] in voller
Verzweiflung über Bord sprangen. Andere kamen aus ihrem Versteck hervor, weil ihnen der
Atem dort ausging, und eilten wieder auf Deck, wurden aber hier von den glühenden
Aschenmassen förmlich geröstet.
Freemann behielt den Kopf oben und war nur von dem einzigen Gedanken beherrscht, sein
Schiff und die Überlebenden der Besatzung unter allen Umständen zu retten. Er befahl den
Anker zu kappen und Volldampf zu geben, und die tüchtigen und furchtlosen Leute an der
Maschine brachten das mit unsäglicher Mühe und Anstrengung auch zur Ausführung. Am
ganzen Körper selbst stark verbrannt, blieb der heldenhafte Kapitän dennoch auf der
Kommandobrücke; nach wenigen Stunden übermenschlicher Arbeit und bei gänzlicher
Finsternis gelang es, das Schiff in die See hinaus zu bugsieren. […]
Als Freemann den Hafenausgang erreicht hatte, warf er einen letzten Blick auf die in hellen
Flammen stehende Stadt. Qualm und Rauch lagen auf St. Pierre, ließen aber zeitweise die
schwarzgebrannten Mauerreste der Häuser und die dazwischen auftauchenden schattenhaften
Gestalten der wie geistesabwesend umherirrenden Männer und Frauen erkennen, und aus dem
Gebrüll des Vulkans und dem Getöse der niederströmenden Aschen hörte man den
Todesschrei von vielen tausend menschlichen Wesen deutlich heraus.
Wenige Tage darauf meldete eine Depesche aus St. Lucia, dass das Schiff ohne Anker und
Kette und mit verbranntem Deck dort angelangt sei. Von der vierzig Mann starken Besatzung
waren zwölf der Katastrophe zum Opfer gefallen.“
5
Explosiver Vulkanismus entsteht auch, wenn Wasser (Grundwasser, Meerwasser,
Gletscherwasser) Zutritt zur Lava bekommt. Der entstehende Wasserdampf kann explodieren
und die Lava dabei auseinanderreißen. Die Lavafetzen haben charakteristische Formen, da sie
im Wasserdampf, der im Vergleich zur Lava kühl ist, abgeschreckt werden. Es bilden sich
z.B. keine Spindelbomben oder Wurfschlacken (s.o.), sondern Brotkrustenbomben: Außen
abgeschreckt, während im Inneren die Blasen weiter expandieren, die Bombe geht auf, wie
Brotteig mit einer kantigen, aufgebrochenen Kruste.
Kommt es zu einer Ascheneruption an der viel Feuchtigkeit beteiligt ist, so ballt sich die
Asche zu Kügelchen, den akkretionären Lapilli, zusammen.
Auch wenn der Vulkan gerade nicht aktiv ist, ist es im Untergrund dennoch heiß. Die
Magmakammer entgast beständig und der heiße Gasstrom heizt auch das Grundwasser auf, so
dass heiße Quellen entstehen. Manchmal ist es so heiß, dass das Quellwasser sogar kocht:
Tonaufnahmen aus einem Geothermalgebiet in Island vermittelten diese Geräusche.
Manche Vulkane fördern auch viel Schwefel, der sich in Form gelber Kristalle um die
Gasaustritte herum ablagert. Schwefel hat einen charakteristischen Geruch. Die Geräusche
solcher, Solfataren genannter Gasaustritte auf der Insel Vulcano beschrieb Vergil in der
Aeneis (8. Buch: Vers 416–422).
„Neben Siziliens Küste und seitlich von Aeolus' Insel Lipara
hebt sich ein Eiland mit steilen, rauschenden Felsen,
unter ihm eine Höhle, die Ätnakluft der Kyklopen,
dröhnt, von Essen durchbrannt; und gewaltige Schläge vom Amboss
lassen das Stöhnen weithin verhallen. Es sprühn im Gewölbe
zischende Schlacken des Stahls, aus den Öfen atmet das Feuer:
Hier ist das Heim des Vulcan, und Vulcania nennt sich das Eiland.“
Wie wir gelernt haben, fördern Vulkane Gesteinsschmelze, Kristalle und Gas. Sie bringen
aber auch Steinbrocken aus der Tiefe mit an die Oberfläche, sogenannte Xenolithe, d.h.
Fremdgestein. Es handelt sich um Gesteinsbrocken, die aus der Schlotwand oder
Magmakammer herausgebrochen sind. Sehr selten kommt es auch vor, dass tief aus dem
Erdmantel Gestein mit an die Oberfläche gebracht wird. Das kann nur geschehen, wenn das
Magma schneller aufsteigt, als die Gesteinsbrocken absinken können. Aus Messung von
Erdbebentätigkeit, weiß man, dass solches, besonders gasreiches und dünnflüssiges Magma
mit einer Geschwindigkeit von ca. 5 bis 10 km pro Stunde aufsteigt. Mantelxenolithe
bestehen aus Erdmantelgestein, das eine höhere Dichte hat als die Erdkruste: Die Steine sind
also besonders schwer.
Quellen für die Augenzeugenberichte:
Somerville, Martha (1873): Personal Recollections, from early life to old age of Mary Somerville.– London:
John Murray.
Haas, Hippolyt (1903): Der Vulkan. Die Natur und das Wesen der Feuerberge im Lichte der neueren
Anschauungen.– Berlin: Verlagsbuchhandlung Alfred Schall.
Plinius der Jüngere: Briefe (6. Buch).– http://www.gottwein.de/Lat/plin/plin06.php
Vergil: Aeneis (8. Buch).– http://www.gottwein.de/Lat/verg/aen08.php
M. Kölbl-Ebert (2013)
6
Herunterladen