Klassiker trifft auf Uraufführung

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Offenbach-Post (Ausgabe West) vom 17./18. Oktober 2015
Klassiker trifft auf Uraufführung
Ansteckende Euphorie im Zeichen der Glocke: d’aChor brilliert als Mitgestalter eines großen Konzertabends
DREIEICH � Die St. Stephanskirche als Schauplatz einer Uraufführung: Mit ihrer „Glocken“Vorstellung begeisterten
d’aChor von der Musikschule
Dreieich, die Harmonisten aus
Goldbach, das Barockorchester
L’arpa festante und sieben Solisten nicht nur das Publikum, sondern auch den eigens angereisten Schaffer der Komposition.
Maestro Battista Pradal ist
von Italien nach Dreieich gekommen, um die Proben und
die Premieren-Vorstellung seines Auftragswerkes „Campane“ zu erleben. In denkbar
kurzer Zeit hatte er das sphärische Werk zuvor geschaffen,
indem er Texte aus Schillers
„Lied von der Glocke“ mit
fremdsprachigen Texten vereinte; gleichsam als Bild eines
vereinten Europas, das die
Friedensbotschaft der Glocken in die Welt hinaus trägt.
Das neue Werk erklingt an
diesem Abend als Ergänzung
zu dem Klassiker „Das Lied
von der Glocke“ von Andreas
Romberg (1767 - 1821). Mit
dem Konzert feiern beide
Chöre ihr Bestehen – die Harmonie Goldbach gibt es seit
150, d’a Chor seit zehn Jahren.
Schon die ersten Takte von
„Campane“ offenbaren, dass
die Instrumentalisten von
L’arpa festante unter Regie
von Christoph Hesse wahre
Asse im historischen Aufführungsstil sind: Sie bestechen
durch einen obertonreichen
Streicherklang und den satten
Klang von Pauke, Trompeten
und Hörnern.
Dirk Schneiders Baritonstimme hat eine ungemein
farbige Ausdruckspalette, die
der Sänger sinndeutend einzusetzen weiß. Im späteren
Romberg-Oratorium singt er
in der Rolle des Meisters wahr-
Barockorchester, sieben Solisten und ein 100-stimmiger Chor – der Jubiläumsabend im St. Stephan versprach schon bei der Generalprobe
ein Konzert der Superlative zu werden. Thomas Jakobs (Foto) übernahm zusammen mit Florian Bauer die Tenor-Passagen. � Foto: es
lich meisterhaft. Sopranistin
Constanze Backes und ihre
Altkollegin Beate Leisner deuten ihr Duett „How still the
bells“ mit zartester Stimmgebung und atemberaubender
atmosphärischer
Dichte.
Auch Constanze Backes lotet
in ihren Romberg-Arien den
Affektgehalt von freudig-tänzerisch bis hin zu verinnerlicht-klagend aus. Tenor Thomas Jakobs füllt seine dramatischen Partien mit metallischem Klang, die lyrischen
Passagen zart schmelzend.
Dem Chor als „das Volk“
hat der Komponist vier Sätze
über Schillers Texte anvertraut.
Der
100-stimmige
Klangkörper beeindruckt mit
Durchschlagskraft und ansteckender Euphorie. Als dann
im „Freude hat mir Gott gegeben“ gemeinsam mit den Solisten der Schlussakkord erklingt, setzen Beifallsstürme
ein – und der Komponist wird
zu Recht ausgiebig gefeiert.
In Rombergs Oratorium gesellen sich zu den Mitwirkenden noch die vier Vocalsolis-
ten von „enChanted“: Renata
Grunwald mit schwebendem
Sopran, die bereits erwähnte
Beate Leisner als Altistin mit
warmer Stimmgebung, Florian Bauer mit jugendlich
schlankem Tenor und Bariton
Ronny Rickfelder, der die fein
ausbalancierte Solistenbesetzung komplettiert. Im Werk
des Haydn-Zeitgenossen Romberg trumpfen alle noch einmal auf: Das Orchester, nunmehr ausschließlich auf alten
Originalinstrumenten zu hören, spielt beseelt auf. Die So-
listen konzertieren homogen
und klangprächtig und der
große Chor wächst schlicht
über sich hinaus. Da wird im
zartesten, lyrischen Klang
„Zur Eintracht“ aufgerufen,
im schnellsten Parlando die
„Tausend fleißge Hände“
nachgezeichnet und in brausender Ekstase „ Sturm“ und
„Feuersbrunst“ besungen. Dirigent Martin Winkler und
seine Goldbacher Kollegin Elisabeth Neyses sprechen später von einer wahrlich grandiosen Chorleistung. � cor
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