3.7. Thermospannung - Physikalisches Anfängerpraktikum

Werbung
3.7 Thermospannung
253
3.7. Thermospannung
SICHERHEITSHINWEIS: Trockeneis ist eine tiefkalte Substanz und kann bei
Berührung der Haut Verletzungen erzeugen, die denen von Verbrennungen sehr ähnlich
sind. Bitte halten Sie sich bei der Handhabung an die Anweisungen der Betreuerin/des
Betreuers.
Ziel
Bestimmung der Abhängigkeit der Thermospannung zwischen zwei Lötstellen von ihrer
Temperaturdifferenz mit Hilfe einer Kompensationsschaltung.
Im Versuch wird die Materialkombination Kupfer/Nickel untersucht.
Hinweise zur Vorbereitung
Die Antworten auf diese Fragen sollten Sie vor der Versuchdurchführung wissen. Sie sind
die Grundlage für das Gespräch mit Ihrer Tutorin/Ihrem Tutor vor dem Versuch. Informationen zu diesen Themen erhalten Sie in der unten angegebenen Literatur.
• Was ist Thermospannung und wie kommt es zu diesem Effekt?
• Was versteht man unter Thermodiffusion?
• Welche drei Effekte stehen in direktem Zusammenhang mit der Thermoelektrizität?
• Wieso benötigt man die thermoelektrische Spannungsreihe?
• Wie funktioniert die Kompensationsmessung in diesem Versuch?
Zubehör
• zusammengelötete Drähte aus Kupfer und Nickel
• zwei Bechergläser
• Messzylinder (100 mL) aus Glas
• zwei Quecksilberthermometer
• Präzisionspotentiometer (Rv = 77.8 Ω, 20 Umdrehungen)
• fester ohmscher Widerstand Rf = 100.8 kΩ
• Gleichspannungsnetzgerät 0 V bis 20 V
• zwei Multimeter als Spannungsmessgeräte
• Eis
• Trockeneis
© Physikalisches Anfängerpraktikum der Universität Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmt
Diese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschläge?
Dieser Abschnitt: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)
Gesamtversion: kompiliert am 4. April 2017 um 13:58 Uhr
254
3. Versuche zur Thermodynamik
Grundlagen
Die physikalischen Grundlagen der Thermospannung sind in dem sehr empfehlenswerten Artikel Thermospannungen – viel genutzt und fast immer falsch erklärt“ von Rolf
”
Pelster et al. ausführlich dargestellt [PPH05], so dass in dieser Stelle auf eine Wiederholung der Darstellung verzichtet werden soll. Der Artikel ist im Internet abrufbar (siehe
Literaturhinweise am Ende dieser Versuchsanleitung).
Alternativ findet sich auch eine ausführliche und gut verständliche Erklärung der Thermospannung in einem Aufsatz von Josef Jäckle aus dem Jahr 1998 [Jäc98b] (englische
Version: [Jäc98a]).
Thermospannung und Kontaktspannung
In einigen Lehrbüchern wird die Thermospannung (Galvani-Spannung) als Folge der
Temperaturabhängigkeit der Kontaktspannung (Volta-Spannung) zwischen zwei Metallen dargestellt. Dies trifft nicht zu, wie in [PPH05, Jäc98b, Jäc98a] ausführlich begründet
wird.
Kompensationsmessung
In Abbildung 3.7.1 ist das Schaltbild zur Messung der Thermospannung durch Kompensation dargestellt.
Abbildung 3.7.1.: Kompensationsschaltung zur Messung der Thermospannung. Der feste
Widerstand hat den Wert Rf = 100.8 kΩ, der variable Widerstand Rv
ist als Potentiometer geschaltet und der abgegriffene“ Anteil über ins”
gesamt 20 Umdrehungen von 0 Ω bis 77.8 Ω einstellbar.
© Physikalisches Anfängerpraktikum der Universität Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmt
Diese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschläge?
Dieser Abschnitt: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)
Gesamtversion: kompiliert am 4. April 2017 um 13:58 Uhr
3.7 Thermospannung
255
Versuchsdurchführung
1. Bauen Sie die Kompensationsschaltung nach Abbildung 3.7.1 auf.
Hinweis: Für die beiden Versuchsteile ergeben sich unterschiedliche Vorzeichen der
Thermospannung. Wie müssen Sie das bei der Schaltung berücksichtigen?
2. Stellen Sie am Netzgerät eine Gleichspannung von ca. 10 V ein.
3. Halten Sie während des gesamten Versuchs eine der Lötstellen in einem Becherglas
mit Eiswasser auf T = 0 ◦ C (häufig umrühren!).
4. Füllen Sie einen Messzylinder (100 mL) aus Glas mit Äthanol und stellen Sie ihn
auf die Heizplatte. Geben Sie nach und nach Trockeneis hinzu, bis die Temperatur
nicht mehr weiter absinkt (T < −70 ◦ C).
Stecken Sie die zweite Lötstelle in die kalte Flüssigkeit und messen Sie die Thermospannung als Funktion der Temperatur, während der Alkohol von der Heizplatte
langsam wieder bis auf 0 ◦ C erwärmt wird.
5. Stellen Sie die Heizplatte ab und ersetzen Sie das Gefäß mit dem Alkohol durch ein
Becherglas mit Wasser.
Heizen Sie das Wasser bis zum Siedepunkt und messen Sie die Thermospannung
Uthermo als Funktion der Temperaturdifferenz T .
Auswertung
1. Zeichnen Sie ein Diagramm der Thermospannung als Funktion der Temperaturdifferenz. Tragen Sie sowohl die Daten aus Punkt 4 als auch die Daten aus Punkt 5
der Versuchsdurchführung ein.
2. Bestimmen Sie die Ausgleichsgerade für die Messpunkte mit T ≥ 0 ◦ C (Punkt 4).
3. Berechnen Sie die mittlere Empfindlichkeit des Thermoelementes für das jeweils
untersuchte Temperaturintervall (d. h. den Quotienten Uthermo
aus der ThermoT
spannung und der Temperaturdifferenz zwischen den Kontaktstellen) getrennt für
Punkt 4 und Punkt 5 der Versuchsdurchführung.1,2
1
Wir nehmen hier an, dass die Thermospannung direkt proportional zur Temperaturdifferenz und unabhängig von den absoluten Temperaturen der Kontaktstellen ist. Im betrachteten Temperaturbereich
und für die betrachtete Materialkombination ist dies auch hinreichend gut erfüllt. Sonst müsste man
die Thermospannung allgemeiner als Funktion der Form Uthermo (Theiß ,Tkalt ) schreiben und könnte
nicht mehr von der Empfindlichkeit schlechthin sprechen.
2
Alternativ könnte man auch die differentielle Empfindlichkeit, also den Quotienten Uthermo
, betrachten.
T
Da die Gerade durch den Ursprung geht, erhält man den gleichen Wert.
© Physikalisches Anfängerpraktikum der Universität Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmt
Diese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschläge?
Dieser Abschnitt: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)
Gesamtversion: kompiliert am 4. April 2017 um 13:58 Uhr
256
3. Versuche zur Thermodynamik
Fragen und Aufgaben
1. Warum muss man zur Auswahl der richtigen Materialkombination für ein Thermoelement den vorgesehenen Temperaturbereich kennen?
2. Welchen Vorteil bietet die Messung kleiner Spannungen mit Hilfe einer Kompensationsschaltung im Vergleich zur direkten Messung mit einem noch so hochempfindlichen Voltmeter?
3. Wieso kann der thermoelektrische Effekt bei der Messung kleiner Spannungen zu
systematischen Fehlmessungen führen?
Ergänzende Informationen
Zeitlich veränderliche Temperaturverteilungen
Ändern sich die Temperaturgradienten in den Drähten mit der Zeit, so treten interessante
zusätzliche Ladungseffekte auf, die in [Jäc01] ausführlich behandelt werden.
Fermionen und Bosonen
Gelegentlich findet man die Aussage, dass das Auftreten des thermoelektrischen Effekts
ursächlich mit der fermionischen Natur der Ladungsträger zusammenhängt (Fermionen
haben halbzahligen Spin, z. B. 1/2, Bosonen ganzzahligen Spin, z. B. 1, Elektronen sind
also Fermionen). Dies ist aber nicht der Fall, denn da die Thermospannung auf die Thermodiffusion zurückzuführen ist, und somit nichts mit der Kontaktspannung und der Fermi-Verteilung zu tun hat, würde sie auch mit Bosonen auftreten.
Literaturhinweise
Leider wird die Ursache der Thermospannung in der Literatur häufig falsch erklärt. Das
gilt auch für einschlägige Lehrbücher. Sehr empfehlenswert ist die Darstellung in [PPH05].
Sie geht zurück auf einen älteren Text, der sowohl auf deutsch als auch auf englisch
verfügbar ist [Jäc98b, Jäc98a].
Eine deutlich über den Begriff der Thermospannung hinausgehende Behandlung von elektrischen Ladungen im Zusammenhang mit zeitabhängigen Temperaturgradienten wird in
[Jäc01] gegeben.
Literaturverzeichnis
[Jäc98a] Jäckle, Josef: The origin of the thermoelectric potential, 1998. http://www.
uni-konstanz.de/FuF/Physik/Jaeckle/papers/thermopower/index.html.
[Jäc98b] Jäckle, Josef: Über die Ursache der Thermospannung, 1998.
http:
//www.uni-konstanz.de/FuF/Physik/Jaeckle/papers/thermospannung/
index.html.
© Physikalisches Anfängerpraktikum der Universität Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmt
Diese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschläge?
Dieser Abschnitt: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)
Gesamtversion: kompiliert am 4th April 2017 um 13:58 Uhr
3.7 Thermospannung
[Jäc01]
257
Jäckle, Josef: Space charges in metals during non-stationary heat flow. J.
Phys.: Condens. Matter, 13:2789–2797, 2001.
[PPH05] Pelster, Rolf, Reinhard Pieper und Ingo Hüttl: Thermospannungen
– viel genutzt und fast immer falsch erklärt. PhyDid, 4(1):10–22, 2005. http:
//www.phydid.de/.
© Physikalisches Anfängerpraktikum der Universität Konstanz — zum internen Gebrauch bestimmt
Diese Anleitung ersetzt NICHT den Grundlagenteil Ihres Praktikumsberichtes! Haben Sie Verbesserungsvorschläge?
Dieser Abschnitt: Revision: 798 , Date: 2017-04-03 16:57:15 +0200 (Mo, 03 Apr 2017)
Gesamtversion: kompiliert am 4. April 2017 um 13:58 Uhr
Herunterladen