Referat Dr. Hans Georg Kopp

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Abgrenzungsproblematik bei
psychischen Diagnosen
H.G. Kopp
Zentrum für Begutachtung der
Rehaklinik Bellikon
Tagung SVV / 9.BVM-Tagung
27.11.2013
Prävalenzraten für reduzierte Leistungsbereitschaft bei
HWS-Distorsion und MTBI
USA

Malingering within the personal injury litigation MTBI population is estimated to be as high as 40%
(Larrabee, 2007; Mittenberg, Patton, Canyock & Condit, 2002, In: D. Carone & S. Bush, 2013)
Deutschland (Prävalenzraten nach HWS-Distorsion):

Schmand und Mitautoren (1998) stellten fest, dass 61% der von ihnen untersuchten Personen, die
eine HWS-Distorsion erlitten hatten und zum Zeitpunkt der Untersuchung im Rahmen eines
Rechtsbegehrens Schadenersatz beanspruchten, eine suboptimale Leistungsbereitschaft zeigten.
Zudem fanden sie, dass bei 29% der in einer klinischen Ambulanz behandelten und untersuchten
Patienten Aggravationstendenzen vorlagen.

In einer Studie von Merten, Friedel und Stevens (2006) liessen sich bei 48% der Antragsteller, die
eine HWS-Distorsion geltend machten, eine reduzierte Leistungsbereitschaft nachweisen.
Schweiz

Plohmann (2013) fand bei 300 Personen nach HWS-Distorsion und/oder MTBI (mild traumatic
brain injury), welche im Rahmen eines Rechtsverfahrens eine Entschädigung beanspruchten,
dass 54% der Exploranden in mindestens einem Symptomvalidierungstest eine reduzierte
Leistungsbereitschaft zeigten.
"Anfällige" Diagnosen/Beschwerdekomplexe
Schmerzen
Generell: +/- alle psy. Diagnosen
v.a. PTSD, Depression, Somatoforme Störungen, MTBI,
HWS-Distorsion
Syndromal («PÄUSBONOG»):
- Schmerzen
- Schwindel
- "Fatigue" (= Müdigkeit, Erschöpfung)
- Anfälle/Sturzneigung/Bewusstseinsstörung
- Lähmungen und Sensibilitätsstörungen
- Gedächtnis – Defizite und weitere kognitive Störungen
- «Depression»
Inhalte
• Allgemeine Grundlagen:
(Wie «tickt» der Psychiater?)
• Echte und unechte Profile von psychischen Störungen
• Symptomvalidierung und gutachterliches Vorgehen bei
Verdacht auf BVM
Eigenheiten der Psyche / von
psychischen Störungen
• Psychische Phänomene / Zustände
- teils von aussen beobachtbar (objektivierbar)
- teils nur dem eigenen Erleben zugänglich
(Bericht des Betroffenen als Quelle)
Störungs-Diagnose besteht i.d.R. aus objektiven
Befunden und subjektiven (typischen,
konsistenten?) Angaben
Probleme mit Reliabilität / Validität von
psychischen Diagnosen
Symptome (spez. und weniger
spezifische)
Kombination
= "Syndrom"
Expertenkonsens
über Mindestgrad
(= cut-off)
F-Diagnose (= psy. "Störung")
…. Syndromal/atheoretisch
kategorial
Nominaldefinition
Operationale Diagnostik
Verhaltensebene
…ein konzeptuelles Stiefkind in der ICD!
…Verhalten als Anlass für Medikalisierung!
(dysfunktional erlernte Verhaltensmuster, AUF)
… Verhaltensbeobachtung in Klinik für Begutachtung
… Einbezug Observations-Material
6
Das „Mantra“ des Versicherungspsychiaters:
Diagnose allein macht nicht AUF!
Herleitung AUF:
was (Störung vorhanden?)
wie viel (Schweregrad, v.a. Psychopathologie)
Komponenten mit Einfluss auf Funktionsfähigkeit (Mini-ICF)
was ist (nicht mehr) zumutbar?
(positive Umschreibung Zumutbarkeitsprofil!)
Und: Symptomvalidierung
Konsistenz !!!
Sind Psychiater gutgläubig?
… Vertrauen in Angaben des Pat. = nötige Basis für
Psychotherapie
… Ausbildungsmangel in BVM
… in Kliniken:
- Assistenzärzte!
- beobachtbares Verhalten – wegschauen?
… "nur keine Scherereien mit Austrittsbericht!"
Eine häufige Situation…..
Engagierter
Therapeut
"armes Opfer "
Psy. Betreuung
Unkritische
Diagnosestellung
Implizites
"Coaching"
Dynamik
… wie
Verfestigte
Überzeugungen
Autosuggestion,
Lernprozesse
Anreizfaktoren!
im Streit mit Versicherung
- stoppen?
- bewerten?
- Neuorientierung fördern?
Lügt er/sie jetzt gerade?
-
Bescheidene Treffsicherheit von Fachleuten!
Nicht spezifisch:
• Stockende
Unspez.
weil:
Sprache
Angst/Nervosität
• Versprecher
• Wegblicken
eher:
• Längere Pause bis Antwort
• Inhaltlich vage/pauschale, ev. dramatisierende
Angaben
• An Frage vorbeiantworten
• Eingelernte gleichförmige, Beschwerdeliste,
prompt vorgebracht
• Diskrepanzen verbal/averbal:
Kontrolle Mimik Mundregion gut-aber weniger in
Augenregion, Hände / Gestik/ Füsse unter Tisch
• Vorfälle
sich Entziehen (Abbruch)
• Naive Vorstellungen von psy. Gestörtheit
Realkennzeichen
I. Allgemeine Merkmale
1. Logische Konsistenz
2. Ungeordnet sprunghafte
Darstellung
3. Quantitativer Detailreichtum
II. Spezielle Inhalte
4. Raum-zeitliche Verknüpfungen
5. Interaktionsschilderung
6. Wiedergabe von Gesprächen
7. Schilderung von Komplikationen
im Handlungsverlauf
III. Inhaltliche Besonderheiten
8. Schilderung ausgefallener
Einzelheiten
9. Schilderung nebensächlicher
Einzelheiten
10. Phänomengemässe Schilderung
unverstandener
Handlungselemente
Universität St. Gallen
11. Indirekt handlungsbezogene
Schilderungen
12. Schilderung eigener psychischer
Vorgänge
13. Schilderung psychischer
Vorgänge des Angeschuldigten
IV. Motivationsbezogene Inhalte
14. Spontane Verbesserungen der
eigenen Aussage
15. Eingeständnis von
Erinnerungslücken
16. Einwände gegen die Richtigkeit
der eigenen Aussage
17. Selbstbelastungen
18. Entlastung des Angeschuldigten
V. Deliktspezifische Inhalte
19. Deliktspezifische
Aussageelemente
Steller / Undeutsch (nach Ludewig)
Begriffe
Aggravation
= bewusst übertrieben
Simulation
= bewusst vorgetäuscht
Verdeutlichung
= bewusstseinsfernerer
plakativer Appell
Artifizielle Störung
= bewusste
Selbstzufügung
körperl.
Schädigungen, aber
bewusstseinsferner
innerer Drang nach
Patientenrolle
… Dissimulation gibt es auch!
"malingering"
(externer Anreiz)
Irrtümer bez. «Malingering»
Krank oder Betrug?
sowohl als auch!
alle Grauschattierungen!
Treffsicheres Bauchgefühl
nie belegt, eher
unwahrscheinlich
Cave:
Generalisierende
Schlüsse aus einzelnen
Inkonsistenzen
breit abgestütztes
interdisziplinäres Urteil
aufgrund mehrerer
Daten-Ebenen, inkl.
Verhaltensparameter
des Erfahrenen?
"Symptomausweitung"
= Spektrum von +/- "erlernten" - Implizites
dysfunktionale Bewältigung/ ungünstigen Verhaltens- und
Werturteil!
Selbstlimitierung
Überzeugungsmustern
- keine psy. Störung
Dissimulation
= Pathologie in (bewusste)
Abrede stellen
Somatoforme Störung
= echt erlebte körperliche
Beschwerden ohne
nachweisbare organ.
Grundlage
Konversionsstörung/
dissoziative Störung
Kürzerer/längerer
Funktionsausfall
Motorik/Sensibilität/integriertes Erleben von
Selbst/Umwelt =
unbewusst/nicht steuerbar
psy. Störung
psy. Störung
Schwierig vorzutäuschen
- Formale Denkstörungen, spez. emot. Veränderungen bei
Schizophrenie
- Depressive Schwere/Hemmung/schuldzentrierte
Gedankendynamik
- PTBS: Flashback mit intrusivem Druck (Stimme,
vegetativ, usw.)
Inhalte
• Allgemeine Grundlagen:
(Wie «tickt» der Psychiater?)
• Echte und unechte Profile von psychischen Störungen
• Symptomvalidierung und gutachterliches Vorgehen bei
BVM
ICD-10: Kapitel V (F)
Psychische Störungen
F0
Organische/symptomatische St.
Demenz/Delir/Folgen von Hirnschaden wie
psychoorganisches Syndrom, organische
Persönlichkeitsstörung
F1
St. durch psychotrope Substanzen
- (Alkohol, Opiate, Cannabis …. usw)
- … Rausch/schädlicher Gebrauch/
Abhängigkeit/Entzugssyndrom …
F2
Schizophrenie, schizotype und wahnhafte St.
F 20 Schizophrenie
F 21 Schizotype Störung
….
F 25 Schizoaffektive Störung
(manisch/depress/schizo.)
Hirnerschütterung (MTBI, LTHV)
Persistierende Störungen (jenseits von wenigen Monaten):
Korrelation nur mit unfallunabhängigen Faktoren
18
Eher nicht-authentische
Gedächtnisdefizite
• Autolenken nicht beeinträchtigt
• Unfall erinnert – bei angeblicher Unfähigkeit, sich Neues zu merken
• Erzählen von Beispielen von Gedächtnisversagen
(implizit: präzise Wiedergabe einer langen Defizit-Liste)
• Fehlleistungen, wenn "Gedächtnis-Test" angekündigt
• Erinnert elementare persönl. Daten/Umstände nicht – bei implizit
situativer Orientiertheit
• NP-Test: • Bessere Resultate bei implizit
schwierigeren Tests
• Schlechter als schwer Hirnverletze
• Schlechter als Zufallsniveau (= vermeiden
richtiger Antworten)
• massive Langsamkeit
ICD-10: Kapitel V (F)
Psychische Störungen
F0
Organische/symptomatische St.
Demenz/Delir/Folgen von Hirnschaden wie
psychoorganisches Syndrom, organische
Persönlichkeitsstörung
F1
St. durch psychotrope Substanzen
- (Alkohol, Opiate, Cannabis …. usw)
- … Rausch/schädlicher Gebrauch/
Abhängigkeit/Entzugssyndrom …
F2
Schizophrenie, schizotype und wahnhafte St.
F 20 Schizophrenie
F 21 Schizotype Störung
….
F 25 Schizoaffektive Störung
(manisch/depress/schizo.)
Schizophrenie
… ein Spektrum!
… nicht:
- lediglich Wahn oder "Gespaltensein"
sondern:
Erleben von Fremdbeeinflussung des
eigenen Denkens/körperlicher
Empfindung/Bewegungsautonomie (IchStörungen)
• kommentierende Stimmen
• Bizarrer Wahn
• Halluzinationen
• Obj. formale Denkstörungen
• Katatone Symptome
• Negativ-Symptomatik (Apathie, verflachter
Affekt inadaequater Affekt (läppisch,
parathym)
Denkstörungen
Zerfahrenheit
inkohaerent (Wortsalat)
Abreissen, Sperrung
Wortneubildungen (Neologismen)
Verfolgungswahn (Schizo)
Grössenwahn
(Manie)
Schuldwahn
Verarmungswahn
Depression
Hypochondr. W.
Formale D. (Schizo!)
Inhaltliche D. (= Wahn)
Fraglich authentischer Wahn
•
•
•
•
•
•
Pat. thematisiert spontan Wahn und psychot. Sy
Plötzlicher Beginn angeben
Verhalten dem Wahninhalt nicht angepasst
Keine sog. Negativ-Symptomatik
Bei lebhaft – flexiblem Argumentieren
Angabe von kognitiven Defiziten
unangekündigte Kontrolle von MedikamentenSpiegel im Serum sinnvoll!
Sinnestäuschungen
(Halluzinationen)
- Stimmenhören
- Optische
- Körperhalluz.
- Geruchs- /
Geschmacks. H.
(v.a. Schizo)
(Delir)
(v.a. Schizo)
(v.a. Schizo)
Fraglich authentische Halluzinationen
- Visuelle Halluz. (ohne Wahn)
• (Verschwinden bei Schliessen der Augen!)
• schwarz – weiss
• dramatisch ausgestaltet/naiv-banaler Inhalt
- Stimmen (bei Schizo an sich häufig, typisch)
• Nicht negativ über Pat. kommentierend
• Sondern: • Nicht durch Ablenkung beeinflussbar
• Banaler Inhalt bzw. Fragen
F 3 Affektive Störungen
F 30
manische Episode
F 31
bioplare
F 32
depressive Episode
(=major depression, MDD)
F 32.0 leichte….
F 32.1 mittelgradige…
F 32.2 schwer, ohne psychot. Sy
F 32.3 schwer, mit psychot. Sy
F 33
rezidivierende depress. Störungen
… 33.0/33.1/33.2/33.3
F 34
anhaltende affektive St
… Dysthymie, F 34.1
(leichter als F32.0, langgezogen, fluktuierend)
F 38
andere
u.a. rezidivierende, kurze depressive Schwankungen
(= manisch/depressive) Störung
Depression i.e.S.
- Ein Syndrom von erheblicher Schwere
- Also nicht nur deprimiert, traurig, missgestimmt usw.
- Versicherungsmedizinisch relevant für AF in der Regel
ab mittelgradiger depressiver Episode (F 32.1)
Depression (major depression)
3 Hauptsymptome:
- Bedrücktheit, Hoffnungslosigkeit, Pessimismus
- Freudlosigkeit (Anhedonie), Interessenlosigkeit
- Energiemangel (Antriebsstörung, "müde",
"schwach", psychomotorische Hemmung)
minimal 2 von 3
minimal 2 Wochen
und weitere Zusatzsymptome
Depression
Zusatzsymptome
- wenig Selbstwert/Selbstvertrauen
- Selbstvorwürfe / Schuldgefühle
- Suizidgedanken
- Konzentrationsstörungen
- Agitiertheit (Unruhe) od. Verlangsamung
- Schlafstörung/Früherwachen, ev. "Hypersomie"
- Appetitveränderung
-
Mit somatischem Syndrom (ab 4 von 8):
• Interesseverlust
• Fehlende emot. Reaktion auf Positives
• Früherwachen
• Morgentief/ circadiane Periodik
• Agitiertheit / Verlangsamung
• Appetitverlust
• Gewichtsverlust
• Libidoverlust
"Unechte" Depression
Verzerrt – missmutige Mimik und intensives Klageverhalten
(statt sorgenvoll – innerlich schwer und gehemmt –
verlangsamt, Schuldgefühl)
Fokus der Klagen
• Extreme Verstimmung
• Total interessenlos
• Ständige intensive
Suizidimpulse
• Kein Appetit – ohne
Gewichtsverlust
• Total schlaflos
Wenig geklagt über
• Früherwachen
• Tagesschwankungen
• Schlechte
Konzentration
• Antriebshemmung
F 4 Neurotische – Belastungs- und
somatoforme Störungen
F 43
F 44
F 45
F 48
Reaktionen auf schwere Belastung und
Anpassungstörungen
F 43.1 posttraumat. Belastungsstörung
(Trauma i.e.S.)
F 43.2 Anpassungsstörungen
… F 43.20 – F 43.28
(lebensübliche Belastung + Persönlichkeit)
dissoziative Störungen (Konversion)
somatoforme Störungen
andere (u.a. Neurasthenie)
Posttraumatische Belastungsstörung
(PTBS, PTSD)
Angelpunkt ist die echt intrusive (=unwillkürlich sich
aufdrängende) Symptomatik
… Flashbacks, Albträume ("als ob jetzt gerade sich
ereignen…")
nicht: Gedanken mit Erinnerungscharakter
cave: viele falsche Diagnosen!
Echt intrusive Symptome
Exploration bezügl. traumatischer Situation (inkl. peritraumatischer
Verlauf)!
- Objektivierbare Zeichen?
- Stocken Redefluss/Stimme, Mimik, Gestik, dissoziative
Zeichen, vegetative/emotionale Reaktion?
- Erlebnisqualität
… als ob "gerade jetzt …"
…eindringlich… "kann mich nicht dagegen wehren…"
… typische, sensorisch erlebte Teilaspekte Trauma
… Situationen mit spezif. Triggern
… typische Schilderung Nacht/Traum
Trauma
psychische Störung = PTSD = AUF
F 4 Neurotische – Belastungs- und
somatoforme Störungen
F 43
F 44
F 45
F 48
Reaktionen auf schwere Belastung und
Anpassungstörungen
F 43.1 posttraumat. Belastungsstörung
(Trauma i.e.S.)
F 43.2 Anpassungsstörungen
… F 43.20 – F 43.28
(lebensübliche Belastung + Persönlichkeit)
dissoziative Störungen (Konversion)
somatoforme Störungen
andere (u.a. Neurasthenie)
Dissoziative Störungen, F 44
Allgemein:
- Verlust (meist zeitweilig) der integrativen Kontrolle von
- Willentlicher Bewegungsfähigkeit
- Sensorische Funktionen (Haut, ev. Sehen od. Hören)
- Gedächtnis
- Bewusstsein (ev. Einengung)
- Psychische Belastung- unlösbarer Konflikt – symbolisch
verhüllte Darstellung - "Lösung" auf anderer Ebene (sog.
primärer Leidensgewinn), "belle indifference" (unbekümmerter
Affekt)
… Theatralik
Publikum
… "Kommunikation mit anderen Mitteln"
… bunt/schillernd
… "hysterisch" - "histrionisch"
Echte dissoziative Störung?
Skepsis angebracht bei:
- Konstanter, andauernder
Ausprägung:
…. Ausschluss Hand/Arm
…. Totaler Gedächtnisverlust
… bis zu welchen Grad können sich suggestible Personen
– mit der Zeit und unter der Wirkung von Anreizfaktoren –
Beschwerden und "Erinnerungen" an Vorgänge / Umstände
selber suggerieren?
F 4 Neurotische – Belastungs- und
somatoforme Störungen
F 43
F 44
F 45
F 48
Reaktionen auf schwere Belastung und
Anpassungstörungen
F 43.1 posttraumat. Belastungsstörung
(Trauma i.e.S.)
F 43.2 Anpassungsstörungen
… F 43.20 – F 43.28
(lebensübliche Belastung + Persönlichkeit)
dissoziative Störungen (Konversion)
somatoforme Störungen
andere (u.a. Neurasthenie)
Die konzeptuelle Herausforderung
Klagen über / Leidenszustand infolge
somatisch nicht oder
(ganz) unzureichend
begründbarer Beschwerden
.. oft " Schmerzen "
40
Somatoforme Störungen
• Leidensdruck
themat. Einengung auf Beschwerden
Verdeutlichung
• Subjektiv +/- leistungsunfähig
• Oft begleitend/ (="komorbid")
Angst und Depressivität
Inaktivität, Vermeidung
Somatoform
und Ähnliches
Nicht-authentisch
Dysfunktionale
Bewältigung
(u.a.
Symptomausweitung)
42
Psychische Unfallfolgen:
Unfall i.d.R. als Teil-Ursache!
Ausnahmen:
• PTBS allenfalls nach schwerem Trauma auch
bei vormals Gesunden
• Schizophrenie ist keine Unfallfolge
Inhalte
• Allgemeine Grundlagen:
(Wie «tickt» der Psychiater?)
• Echte und unechte Profile von psychischen Störungen
• Symptomvalidierung und gutachterliches Vorgehen bei
Verdacht auf BVM
Definition
Die Symptomvalidierung bezeichnet die Beurteilung der
Authentizität oder Glaubhaftigkeit der durch eine Person
gezeigten Symptome, der durch sie geschilderten
Beschwerden und der Ergebnisse, die diese Person
(in psychologischen Testverfahren) erzielt.
(Merten et al. 2009)
Beurteilung der Konsistenz als
obligater Teil eines GA
… falls erheblich/multiple Inkonsistenzen
… mutmassliche Ursache(-n)?
… interdisziplinärer Austausch
Beurteilung!
Kein blosses Urteilen "aus dem Bauch heraus"!
Hinweise auf nicht oder nicht in dem
geklagten Umfang vorhandene
Funktionsbeeinträchtigungen (AWMF)
•
•
•
•
•
•
•
Diskrepanz zwischen Beschwerdeschilderung (einschliesslich
Selbsteinschätzung in Fragenbogen) und körperlicher und/oder psychischer
Beeinträchtigung in der Untersuchungssituation
Wechselhafte und unpräzis-ausweichende Schilderung der Beschwerden und
des Krankheitsverlaufes
Diskrepanzen zwischen eigenen Angaben und fremdanamnestischen
Informationen (einschliesslich Aktenlage)
Fehlende Modulierbarkeit der beklagten Schmerzen
Diskrepanz zwischen geschilderten Funktionsbeeinträchtigungen und zu
eruierenden Aktivitäten des täglichen Lebens
Fehlen angemessener Therapiemassnahmen und/oder Eigenaktivitäten zur
Schmerzlinderung trotz ausgeprägt beschriebener Beschwerden
Fehlende sachliche Diskussion möglicher Verweistätigkeiten bei
Begutachtungen zur beruflichen Leistungsfähigkeit
47
Multidimensionale Diagnostik für Gutachten BVM
….. stationär?
• ….. Verhaltensbeobachtung!
• ….. Für Fachrichtungen je spezifische
Abklärungsmethoden zur Ermittlung
von Funktionsausfall und Konsistenz
• …Neuropsychologie
• Interdisziplinäre Besprechung!
• ….. Psychiatrische Abklärung
….. oft überraschender neuer
Verständnishorizont
•
…. Reise ins Ungewisse
48
48
Symptomvalidierung
in Neuropsychologie:
Relativ elaborierte Methodik!
Set von Beschwerdevalidierungstests (u.a.
Entscheidungsalgorithmus von Slick et al.)
Überprüfung Konsistenz
und Anstrengungsbereitschaft
…..
…..
…..
…..
bewusstes Vermeiden richtiger Antworten
bei nur scheinbar schwierigen Aufgaben (u.a. visuelles
Wiedererkennen von zuvor präsentiertem Bildmaterial)
Massive Langsamkeit
Defizite/Beschwerden entsprechen
oft naiven Vorstellungen
Vergleiche mit schwer Hirnverletzten
49
49
Grenzen der Symptomvalidierung
• Spannungsfeld Sensitivität und Spezifität (falsch
Positive!!)
• Unkritischer Einsatz
→ Ausbildung und viel Erfahrung als Voraussetzung
für einen verantwortbaren Einsatz
• Generalisierung
• Statistische Wahrscheinlichkeit, nicht «Sicherheit»
• «Abnützung» bestimmter Verfahren durch allgemeine
Verfügbarkeit von Informationen
(Dressing et al. 2011)
Wertung von Observationen
Aussagekraft
fachspezifische Optik!
… aus psychiatrischer Sicht oft sehr limitierte Schlüsse!
… interdisziplinärer Konsens!
Schlussfolgerungen Symptomvalidierung
• Eher Kontinuum denn Entweder-oder bei «Malingering»
• Krankheit und Aggravation/Simulation
schliessen sich nicht aus
• Multimodale Diagnostik, Ausbildung und viel Erfahrung
sind Voraussetzungen für die Anwendung von
Symptomvalidierungechniken
• Zugrundeliegendes Motivgefüge oft unklar
• Cave Abstützen auf „den einen“ Test
• Berücksichtigung der Grenzen der jeweiligen Verfahren
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
… Fragen?
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