Leseprobe

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Gymnastik Fachbeiträge
Gymnastik Fachbeiträge
Lower Back Pain
Rückenschmerz in der Lumbosakral-Region: Beispielhaft
für die ganzkörperliche Sichtweise der Osteopathie
Text und Portrait-Foto: Sabine Schöttle, Foto: Friederike Röhr
▶ Patienten um. Der Zahnarzt-Spezialist und Kieferorthopäde
können so Faktoren ermitteln, die den Biss stören.
Therapie
Ein Behandler alleine genügt für die Therapie der CMD in
der Regel nicht. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von
Zahnärzten, Orthopäden und anderen Fachärzten, Physiotherapeuten, Entwicklungstherapeuten, Osteopathen und
gegebenenfalls auch eines Psychotherapeuten ist notwendig.
Die zahnärztliche Basistherapie soll das harmonische Zusammenspiel der Körper- und Mundstatik wiederherstellen.
Akute Ursachen einer CMD wie zu hohe Kronen oder Füllungen sowie gekippte Zähne werden durch Korrekturen der
Zahnoberflächen (Einschleifen) beseitigt. Außerdem prüft
der Zahnarzt Prothesen auf Verschleißerscheinungen, da
schlechtsitzende Prothesen häufig eine CMD auslösen. In
den meisten Fällen reichen kleinere Korrekturen, nur selten
muss der Zahnersatz komplett erneuert werden.
Eine biodynamische Funktionsschiene aus Kunststoff hilft,
den normalen Biss des Patienten wieder herzustellen. Diese
ist herausnehmbar und wird vom Patienten überwiegend
nachts auf der unteren oder oberen Zahnreihe getragen. Dadurch wird eine gleichmäßige Belastung der Kiefermuskeln
erreicht. Da die Kiefermuskeln mit den Nackenmuskeln und
diese mit den Rückenmuskeln verschaltet sind, wirkt sich die
Schiene auch auf die Körperstatik aus. Daher ist es zwingend
erforderlich, die Funktionsschiene mit einem Physio- und
Entwicklungstherapeuten und/ oder Orthopäden abzustimmen. Die Verbesserung der Körperstatik und besonders der
Becken- und Kopfbeweglichkeit, die durch einen spezialisierten Physio- und Entwicklungstherapeuten erreicht werden, verhilft dem Patienten zu regulierenden Ausgleichsbewegungen. Nur wenn die Schiene die Körperstatik positiv
beeinflusst, werden sich die Beschwerden verbessern oder
sogar völlig verschwinden.
Darüber hinaus gibt es mehrere Methoden, das Schmerzempfinden zu verringern. Wärme- und Kältetherapien, manuelle Therapien, Akupunktur, Pflanzenheilkunde, Bedarfsorientierte Ernährung und Entspannungstechniken tragen
wesentlich zum langfristigen Therapieerfolg bei. Die Wahl
der Methode wird auf die individuellen Bedürfnisse und Beschwerden abgestimmt. ■
Der Autor
Dr. med. dent Alexander Oberle MSc ist niedergelassen in eigener Praxis
seit 1987 in Oppenau. Er absolvierte von 2004 bis 2007 das Masterstudium
Zahnärztliche Funktionsanalyse und -therapie mit Computerunterstützung
an der Universität Greifswald. Er ist zertifizierter Spezialist für Funktionsdiagnostik und -therapie der DGFDT seit 2007, Mitglied des Gnathologischen
Arbeitskreises Stuttgart sowie 2. Vorsitzender des CMD-Dachverbandes.
Dr. Alexander Oberle
18 Gymnastik Juni 2016
Der Schmerzzustand des unteren Rückens mit
all seinen diversen Erscheinungsformen ist ein
verbreitetes und ernstzunehmendes Volksleiden. Dieser Beitrag soll die Entwicklung und das
breite Feld der möglichen Ursachen aus Sicht
der Osteopathie umreißen. Wie weiter unten
beschrieben, sind es vor allem fasziale, sowie
statisch-propriozeptive Einflüsse, die vorerst zu
einem akuten bzw. subakuten Lumbalschmerz,
später zu einem chronifizierten Zustand und
erst viel später zu einem degenerativen Lumbalsyndrom führen.
Während einer Behandlung findet Osteopathie durch die Zusammenarbeit zwischen dem
Osteopathen und der Physiologie des Patien-
Der Osteopath sucht ganz detektivisch
die Zonen eingeschränkter Mobilität
und Vitalität und behandelt sie mit
gezielten Griffen.
ten statt. Osteopathie ist eine Methode, die die
Ursachen von Dysfunktionen und Symptomen
in einer Person aufspürt, analysiert und behandelt. Der Osteopath fungiert hier als Ingenieur,
der die verschiedenen Körperfunktionen im
Zusammenhang betrachtet. Hierzu benötigt er
umfassendes anatomisches Wissen.
Der Osteopath sucht ganz detektivisch die
Zonen eingeschränkter Mobilität und Vitalität und behandelt sie mit gezielten Griffen. Er
befreit den Körper des Klienten von störenden Altlasten und regt somit seine Selbstheilungskräfte an. Der Körper wird bei der Diagnosestellung als auch bei der Erstellung des
Behandlungsplanes als eine Ansammlung von
miteinander kommunizierenden Funktionseinheiten betrachtet.
Wenn sämtliche Gewebe (Organe, Knochen,
Bindegewebe etc.) in sich und zueinander mo-
bil sind, dann stimmt die Statik, zirkulieren
die Flüssigkeiten frei und die Ver- und Entsorgung des Gewebestoffwechsels läuft reibungslos. Infekte, Stürze, Operationen, emotionale
Schocks, schwere Entbindungen, eine schwere
(eigene) Geburt usw. hinterlassen Verdichtungen, Verklebungen, Blockierungen oder Narben.
Eines Tages kann der Mensch die belastenden
Faktoren, die sich zunehmend ansammeln,
nicht mehr kompensieren. Dann entwickelt er
Beschwerden, die oft an ganz anderer Stelle zutage treten, als da, wo sie eigentlich ursprünglich
verursacht wurden. Das bestätigt die Erfahrung
in der Praxis: In circa sechs von zehn Fällen
können die nicht-radikulären Schmerzempfindungen bei unspezifischer Lumbago allein
durch die osteopathische Behandlung von inneren Organen und ihren Aufhängungsstrukturen
reduziert werden.
Beispiel Nierenfaszie: Die Nierenfaszie strahlt
zum einen in das Zwerchfell, zum anderen in
die Beckenfaszie ein. So hat eine verklebte oder
inelastische Faszie einen Einfluss auf die tiefe
Brustwirbelsäule und die unteren Rippenringe,
als auch auf die Iliosakral-Gelenke.
Das Gekröse des Dünndarms (Dünndarmwurzel, Teil des Bauchfells) heftet rückwandig
diagonal auf Höhe von L2 bis S1 an. Eine Spannung dieser Faszie wird eine asymmetrische
Zugspannung auf die Lendenwirbelsäule bewirken, welche dann bei einer Bewegung unter
Belastung eine Wirbelkörper-Blockierung (Verheben) begünstigt.
〈〈
Beispiel Nierenfaszie: Die
Nierenfaszie strahlt zum
einen in das Zwerchfell,
zum anderen in die Beckenfaszie ein. So hat eine
verklebte oder inelastische
Faszie einen Einfluss auf
die tiefe Brustwirbelsäule
und die unteren Rippenringe, als auch auf die
Iliosakral-Gelenke.
Die Gebärmutter ihrerseits hat durch ihre bandhaften Verbindungen zum Becken direkten Einfluss auf die klassische Region L4-L5-S1. Es liegt
daher nahe, dass Positionsabweichungen des Organs, vor allem Retroflexion, Retroversion und
Lateroflexion diese Wirbelsäulenregion schwä ▶
chen und für Beschwerden anfällig machen.
Juni 2016 Gymnastik 19
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▶ Generell können Organproblematiken (Beispiel
Nierensteine) über die vegetativen Afferenzen
vom Organ zum Rückenmark reflektorische
Verspannungszonen (ähnlich der Schmerzausstrahlung bei den Head’schen Zonen) hervorrufen (sog. viszerosomatischer Reflex). Hier
reagiert die authochtone Rückenmuskulatur
ein- oder beidseitig mit einem Muskelspasmus.
Körper im Körper
〉〉
Besonderes Augenmerk
wird in der Osteopathie auf
die Spannungsfreiheit der
harten Hirnhaut, der Dura
mater cranialis (Kopfbereich) und spinalis (Wirbelsäulenbereich) gelegt.
Nicht nur im Bereich der inneren Organe spielen Faszien eine große Rolle. Hier und auch
im Bereich des Bewegungsapparats, des Gefäß- und des Nervensystems dienen Faszien
als Gleitlager, Schutzhülle, stabilisierendes Element usw.
Dabei muss einem bewusst sein, dass es nicht
die einzelne Muskelfaszie, die einzelne Organfaszie, die unabhängig existierende Rückenmarkshaut gibt. Wenn man sich die embryologische Entwicklung der Faszien betrachtet,
wird deutlich, dass gewissermaßen ein Körper
im Körper existiert.
Die Faszien entstehen aus dem embryonalen Mesenchym, das bereits die beiden Keimblätter Endoderm und Ektoderm zu Beginn
der Organogenese verbindet. Durch unzählige
Differenzierungen und Umstülpungen während des Wachstums wird dieses embryonale
Bindegewebe in alle Ecken und Enden des Körpers mitgenommen. Dies verdeutlicht, dass wir
es mit einem einzigen auf den Körper verteilten
Faszienkörper mit einer konsequenten Kontinuität zu tun haben. Gewissermaßen ein Faszienkörper, der wie ein großer Strampelanzug
jede kleinste Nische im Körper durchdringt. Zu
diesem Faszienkörper zählen zum Beispiel die
Hirnhäute inklusive der peripheren Nervenhüllen, die Gelenkkapseln, die Organkapseln und
-bänder, die Muskelhäute, das Periost, die Intima der arteriellen Gefäße u.v.m.
Besonderes Augenmerk wird in der Osteopathie auf die Spannungsfreiheit der harten Hirnhaut, der Dura mater cranialis (Kopfbereich)
und spinalis (Wirbelsäulenbereich) gelegt. Die
ungemein zähe Dura kleidet den Schädelinnenraum und den Rückenmarkskanal aus. Sie
verfügt über einzelne Verwachsungen mit dem
Knochensystem, und zwar am Siebbein hin-
20 Gymnastik Juni 2016
ter der Nasenwurzel, an der Basis des Hinterhauptsbeines, am ersten und zweiten Halswirbel und dann wieder im Bereich des zweiten
Kreuzbeinwirbels.
Stauchungen und wesentliche Läsionen im
Bereich dieser Anheftungsstellen bewirken
eine unphysiologische Spannungserhöhung der
Dura und dadurch einen Vitalitäts- und Mobilitätsverlust, sowie eine gesteigerte Anfälligkeit
des Körpers gegenüber Wirbelläsionen, v. a. im
Bereich L4-L5-S1, auf dem das meiste Gewicht
lastet.
Wenn Wirbel blockieren
Die Wirbelsäule muss zwei Funktionen übernehmen, die gegensätzlich sind. Einerseits muss
sie eine gewisse Festigkeit sichern und andererseits eine gewisse Flexibilität bieten. Durch
Alle Faktoren, die die freie Bewegung
eines Gelenks einschränken, müssen
als pathologische motorische Barrieren (Läsionen) betrachtet werden.
die natürlichen Krümmungen verstärkt sich
ihr Widerstand gegen über axialen Kompressionskräften um ein Zehnfaches im Vergleich
zu einem experimentell angedachten geraden
Verlauf. Andererseits besitzt die Wirbelsäule im
optimalen Funktionszustand ein ausgezeichnetes Anpassungsvermögen. Sie kann sich in allen
Ebenen, also in Flexion/Extension, Seitneigung
und Rotation harmonisch bewegen.
Der Gelenkkomplex, zusammengesetzt aus
dem eigentlichen Gelenk, als auch aus den ihn
umgebenden Muskel- und Faszienstrukturen,
besitzt eine naturgegebene Bewegungsamplitude. Diese ist zum einen der natürlichen Form
des Gelenks, zum anderen dem elastischen Widerstand der myofaszialen Gewebe geschuldet.
Alle Faktoren, die die freie Bewegung eines Gelenks einschränken, müssen als pathologische
motorische Barrieren (Läsionen) betrachtet
werden.
Wirbelläsionen, landläufig Blockierungen genannt, entstehen, wenn einzelne Wirbel anstatt
in ihre neutrale Ausgangsposition zurückzu-
kehren, in einem oder mehreren sogenannten
Bewegungsparametern hängen bleiben. Also
in Flexion, Extension, Seitneigung und Rotation. Aufgrund von biomechanischen Gesetzen
blockieren die Wirbel im Allgemeinen in einer
Vorzugsrichtung, kombiniert aus mehreren
Bewegungsparametern. Eine physiologische
Rotation einer Wirbelgruppe während einer
Bewegung wird immer auch von einer Seitneigungs-Translationsbewegung begleitet. Deshalb
ist auch der einzelne Wirbel, der im Begriff ist,
sich zu blockieren, geneigt, diesem Schema zu
folgen. Je mehr die Läsionsparameter eines blockierten Wirbels von diesen biomechanischen
Gesetzen abweichen, desto schwerwiegender
wird die Läsion für den Körper sein.
Eine Wirbelsäulenfehlstatik wird sehr häufig
durch Blockaden der Kreuzbein-Darmbein-Fugengelenke (ISG) verursacht, die lumbosacrale
Beschwerden bis hin zur Ischialgie hervorrufen
können.
Die Kontinuität des Faszienkörpers, als auch
propriozeptive Stellreflexe dienen als Übertragungsmechanismen bei weit entfernten Einflüssen. So können auch beispielsweise Kiefer-
gelenksläsionen als auch alte Verletzungen eines
Sprunggelenks das System aus der Balance bringen und somit dem Rückenschmerz Vorschub
leisten.
Der Körper benutzt das System der Propriozeption zur Kontrolle, das ihn konstant über
Änderungen der Umgebung als auch den inneren Zustand, die Spannung der Muskulatur und
die Positionierung im Raum informiert und ihn
veranlasst, zu reagieren und sich anzupassen.
Das Zentrale Nervensystem kontrolliert und koordiniert das Knochen-Muskel-Faszien-System
und erhält hierzu von diesem die größte Anzahl afferenter Nervenbahnen, ausgehend von
Rezeptoren in der quergestreiften Muskulatur,
in den Gelenksgeweben (Kapseln, Bändern), in
der Unterhaut und in den Faszien.
Die Wahrnehmungen aus diesen Systemen
erfassen die Position des Körpers im Raum, die
Stellung der Körperteile zueinander, Geschwindigkeits- und Bewegungsanalyse, Analyse von
Druck- und Zugkraft (v.a. im Bereich der Wirbelbogengelenke) sowie der intramuskulären
Spannung. All diese Afferenzen werden in komplexen Vorgängen zusammen mit den Gleichgewichtswahrnehmungen aus dem Innenohr ▶
〈〈
Der Körper benutzt das
System der Propriozeption
zur Kontrolle, das ihn
konstant über Änderungen
der Umgebung als auch
den inneren Zustand, die
Spannung der Muskulatur
und die Positionierung im
Raum informiert und ihn
veranlasst, zu reagieren
und sich anzupassen.
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Gymnastik Portrait
▶ (Labyrinth) zum ständigen Abgleich herangezogen.
Bei Verschiebungen im oberen oder unteren
Sprunggelenk, als auch der Fußwurzel verlagert
der Patient das Gewicht von der verletzten Seite
weg. Aber auch die Statik im Bein selbst verändert sich. Die Membran zwischen Schien- und
Wadenbein (Faszie!) erhöht ihre Spannung, die
sich u.a. über den Tractus iliotibialis nach oben
fortsetzt und den Beckenring, das Fundament
der Wirbelsäule in Ungleichgewicht bringt. Natürlich setzt sich dieses Problem nach oben weiter fort und verändert auch die Situation z.B. im
Bereich der Kopfgelenke.
So kann sich innerhalb eines Patienten ein
〉〉
System von mehr oder weniger gut kompenSo kann sich innerhalb
sierten auf- und absteigenden Läsionen finden.
eines Patienten ein System
Je mehr dieser Läsionen sich stapeln und je gravon mehr oder weniger gut
vierener diese Läsionen sind, desto weniger wird
kompensierten auf- und
der Körper in der Lage sein, ebendiese Kompenabsteigenden Läsionen
sation zu bewerkstelligen. Jedoch ist Kompensafinden.
tion notwendig, um eine Beschwerdefreiheit und
Funktionalität aufrecht zu erhalten.
Individuelle Lösungen finden
Weiterlesen …
Viele weitere int
eressante Atrik
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finden Sie in GY
MNASTIK Nr
. 39.
Bezug über: Ge
schäftsstelle
Deutscher Gy
mnastikbund
DGymB e.V.
Casteller Straß
e 37
65719 Hofheim
am Taunus
berufsverban
[email protected]
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Die Kombination aus einer erhöhten DuraSpannung, sowie Translationsläsionen einzelner Wirbel z.B. nach Stürzen etc. wird in der
Osteopathie als eine der möglichen Ursachen
für Bandscheibenvorfälle gehandelt. Die konstante Druckerhöhung und die Schwächung des
Faserrings der Bandscheibe arbeiten nach dem
Prinzip des steten Tropfens.
Für ein bandscheibenbedingtes Lumbalsyndrom sprechen folgende Symptome: Taubheitsgefühl oder Kribbeln im Verlauf des N. ischi-
adicus, plötzliches Auftreten, Beeinflußbarkeit
durch die Position (Stufenlagerung), sowie verstärkter Schmerz beim Husten, Niesen, Pressen.
Die Deutsche Schmerzliga hat jedoch herausgefunden, dass neun von zehn Patienten
lediglich unter funktionellen oder unspezifischen Rückenschmerzen leiden. Bildgebende
Verfahren müssen oft herangezogen werden,
dürfen jedoch die Anhörung der Vorgeschichte, die Schilderung der Symptomatik und die
umfassende körperliche Untersuchung nicht
Rückenprobleme werden in der
Osteopathie als ganzkörperliches
Problem verstanden.
ersetzen. MRT oder Röntgen ermitteln oft Zufallsbefunde, und auf den Bildern ist immer
wieder einmal etwas zu finden, das zufällig zu
den Beschwerden passt. Aber ob es dann auch
die Ursache für die Symptomatik ist, muss im
Einzelfall immer erst überprüft werden.
Rückenprobleme werden in der Osteopathie
als ganzkörperliches Problem verstanden. Sie
will den Ursachen auf die Spur kommen. Hier
unterscheiden wir zwischen lokalen, regionalen
und globalen Ursachen.
Eine adäquate, individuelle Lösung muss gefunden werden. Diese kann u. U. die Diagnostik und Therapie bei einem erfahrenen Osteopathen, am besten in Zusammenarbeit mit dem
zuständigen Facharzt sein. Danach oder begleitend können präventive Formen wie Yoga,
Pilates, Faszientraining usw. unterstützen und
einem Rückfall vorbeugen. ■
Die Autorin
Sabine Schöttle absolvierte eine Ausbildung zur staatlich geprüften Gymnastiklehrerin an der Kleine-Nestler-Schule München. Im Anschluss arbeitete
sie vor allem mit Gyrotonic Expansion System ™ in der Bewegungstherapie
mit Wirbelsäulen-Patienten (heutige Atos-Klinik München). Zeitgleich absolvierte sie eine fünfjährige berufsbegleitende Ausbildung am Deutschen
Osteopathie Kolleg. Seit 2001 besitzt sie eine eigene Praxis in Brannenburg.
Funktionstraining als
Basistherapie bei Osteoporose
Der Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose e.V. stellt sich vor
Text: Thorsten Freikamp, Geschäftsführer Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose e.V.
Der Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose e.V. (BFO) ist
ein gemeinnütziger Verein der Gesundheitsselbsthilfe und
wird von Betroffenen ehrenamtlich geführt. Er wurde 1987
auf Initiative von Prof. Dr. Dr. Keck aus Wiesbaden von Patienten in Düsseldorf gegründet.
Osteoporose (Knochenschwund) ist eine chronische Erkrankung, die Knochen porös und brüchig macht. Der Grund:
ein gestörter Knochenstoffwechsel. Unsere Knochen werden
im Laufe des Lebens ständig auf-, um- und wieder abgebaut,
um unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden.
Bis etwa zum 30. Lebensjahr nimmt die Knochenmasse zu,
spätestens ab dem 40. Lebensjahr überwiegt der Knochenabbau. Bei Osteoporose verringert sich die Knochenmasse viel
schneller als normal. Knochenbrüche, vor allem an Wirbelsäule und Oberschenkel, sind die schmerzhafte Folge.
Damals wie heute geht es dem BFO um die Verbesserung
der medizinischen Versorgung der Osteoporose-Betroffenen. Osteoporose gehört nach Aussage der WHO zu den
zehn häufigsten Erkrankungen weltweit und gilt als Volkskrankheit. In Deutschland leiden mehr als sechs Millionen
Menschen an Osteoporose. Aufgrund der demographischen
Entwicklung rechnen neuere Studien damit, dass die Zahl
der Betroffenen in Europa bis 2025 um ein Viertel zunimmt,
von derzeit rund 28 auf 34 Millionen. 2010 beliefen sich die
jährlichen Therapiekosten in Deutschland auf neun Milliarden Euro.
Der BFO ist mittlerweile zur größten Patientenorganisation zum Krankheitsbild Osteoporose weltweit geworden. Derzeit sind dort über 15000 Mitglieder in circa 300
Selbsthilfegruppen bundesweit aktiv. Elf Landesverbände
sind das Bindeglied zwischen den Ortsgruppen und dem
Bundesverband. In Düsseldorf befindet sich noch heute die
Bundesgeschäftsstelle des Vereins, in der ein hauptamtlicher
Geschäftsführer und zwei Angestellte tätig sind.
Fortbildung zum Osteoporose-Trainer
In den Selbsthilfegruppen des Verbandes treffen sich Patienten gleicher Betroffenheit und erfahren psychosoziale Unterstützung und praktische Lebenshilfe. Sie gewinnen Lebensfreude durch gemeinsame Aktivitäten und profitieren
von Erfahrungsaustausch und aktuellen Informationen, die
vom Verband bereitgestellt werden. Außerdem führen sämtliche Selbsthilfegruppen des BFO eine spezielle Osteoporose-Gymnastik, das sogenannte Funktionstraining, durch.
Funktionstraining ist ein fester Bestandteil der Basistherapie
bei Osteoporose. Es wird als Trocken- oder Warmwassergymnastik angeboten und nach ärztlicher Verordnung von
den Krankenkassen als ergänzende Maßnahme der Rehabilitation gemäß § 44 Abs. 1 Satz 4 SGB IX unterstützt.
Als Kursleiter kommen ausschließlich vom BFO zertifizierte Physiotherapeuten, Gymnastiklehrer, Ergotherapeuten oder Sportwissenschaftler zum Einsatz. Neben einem
qualifizierten Berufsabschluss ist eine Fortbildung zum
Osteoporose-Trainer erforderlich. Diese Fortbildung wird
auch vom Verband selbst organisiert und umfasst einen Wochenendkurs mit mindestens 20 Unterrichtseinheiten. Nach
Erwerb der Zusatzqualifikation sind alle vier Jahre eintägige
Refresher-Kurse zu absolvieren. Die konkreten Anforderungen an die Kursleiter sind in der Rahmenvereinbarung zur
Durchführung und Finanzierung von Reha-Sport und Funktionstraining niedergelegt, die auf der Website der Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation (www.bar-frankfurt.de)
zum Download bereitsteht. ■
Weitere Informationen: www.osteoporose-deutschland.de.
Sabine Schöttle
22 Gymnastik Juni 2016
Juni 2016 Gymnastik 23
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