Skript Theoretische Physik A, SS 2010, komplett, Stand

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Skript zur Vorlesung
Theoretische Physik A
Sommersemester 2010
Department Physik
Universität Paderborn
Prof. Dr. Torsten Meier
N3.338
[email protected]
Das Skript wird im Laufe der Vorlesung ergänzt und auf
http://homepages.uni-paderborn.de/tmeier/index.html
als pdf-Datei zur Verfügung gestellt.
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
1
Newton-Mechanik eines Massenpunktes
In diesem Kapitel werden zunächst einige mathematische Sachverhalte und Rechenoperationen, die im Laufe der Vorlesung noch oft gebraucht werden, kurz dargestellt. Danach
wird untersucht, unter welchen Bedingungen für ein Kraftfeld ein Potential existiert. Nach
einem kurzen Einschub zu krummlinigen Koordinatensystemen, werden dann die Planetenbewegung (Kepler-Problem) und beschleunigte Bezugssysteme behandelt.
1.1
Mathematischer Einschub I: Ableitungen und Kurvenintegral
Partielle Ableitung
Sei f (x, y, z, t), also eine skalare Größe, deren Wert vom Ort x, y, z und (möglicherweise)
von der Zeit t abhängt (Skalarfeld, Bsp. Temperaturfeld), gegeben. Dann ist die partielle
Ableitung nach x gegeben durch
(x,y,z,t)
∂f (x,y,z,t)
= lim→0 f (x+,y,z,t)−f
,
∂x
d.h. beim Bilden einer partiellen Ableitung werden die anderen Variablen konstant gehalten. Partielle Ableitungen nach anderen Variablen werden analog gebildet.
Bsp.: Sei f (x, y, z, t) = x5 y 2 z 3 sin(αt)
= x5 y 2 z 3 cos(αt)α.
⇒ ∂f
∂t
∂g
dg
= dx
, d.h. die partielle und die “normale”
Für eine Funktion einer Variablen g(x) ist ∂x
Ableitung sind identisch.
Wenn man g(x(t)) betrachtet, ist nach der Kettenregel
dg dx
∂g dx
dg
dg
= dx
= ∂x
= dx
ẋ.
dt
dt
dt
d
(Zeitableitungen dt werden durch einen Punkt gekennzeichnet; mehrfache Zeitableitunn
gen dtd n durch n Punkte)
Totale Ableitung
Sei ~r(t) = (x(t), y(t), z(t)) eine Bahnkurve und f (~r(t), t) = f (x(t), y(t), z(t), t) werde als
Funktion dieser aufgefasst. Dann ändert sich f als Funktion der Zeit sowohl über die explizite Abhängigkeit von t ( ∂f
), als auch dadurch, dass x(t), y(t) und z(t) von der Zeit
∂t
abhängen. Die totale Ableitung von f nach t ist (Kettenregel!)
df
dt
=
=
∂f (x,y,z,t) dx
dy
dz
+ ∂f (x,y,z,t)
+ ∂f (x,y,z,t)
+ ∂f (x,y,z,t)
∂x
dt
∂y
dt
∂z
dt
∂t
∂f (x,y,z,t)
∂f (x,y,z,t)
∂f (x,y,z,t)
∂f (x,y,z,t)
ẋ +
ẏ +
ż +
.
∂x
∂y
∂z
∂t
Bsp.: Sei f = x(t) + y 2 (t) + z 3 (t) + cos(t)
⇒ ∂f
= − sin(t) und
∂t
df
= 1ẋ(t) + 2y(t)ẏ(t) + 3z 2 (t)ż(t) − sin(t).
dt
1
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
“Multiplikation” von df
mit dt ergibt das totale Differential von f
dt
∂f (x,y,z,t)
∂f (x,y,z,t)
df =
dx +
dy + ∂f (x,y,z,t)
dz + ∂f (x,y,z,t)
dt.
∂x
∂y
∂z
∂t
Nabla-Operator
 ∂ 
∂x

~ =
Def. ∇

∂
∂xi
∂
∂y
∂
∂z

=

∂
~e
∂x x
+
∂
~e
∂y y
+
∂
~e
∂z z
=
P3
∂
ei .
i=1 ∂xi ~
~ auch
sind hierbei partielle Ableitungen. Oft wird statt ∇
∂
∂~
r
geschrieben.
Gradient
Sei f (x, y, z) ein skalares Feld. Der Gradient (auch Richtungsableitung) von f ist definiert
als
 ∂ 
 ∂f 
∂x
∂x

~ = ∂f =
grad f = ∇f
∂~
r

∂
∂y
∂
∂z


f = 


∂f
∂y
∂f
∂z

=

∂f
~e
∂x x
+
∂f
~e
∂y y
+
∂f
~e .
∂z z
Der Gradient zeigt immer in Richtung des stärksten Anstiegs von f .
2
Bsp.: Sei f (x, y, z) = x2 + y 2 + z 2 =
r 
x
~ = 2x~ex + 2y~ey + 2z~ez = 2  y  = 2~r = 2r ~r = 2r~er .
⇒ ∇f
r
z
BILD


Fx (x, y, z)
~ auch mit Vektorfeldern F~ (x, y, z) =  Fy (x, y, z) 
Man kann den Nabla-Operator ∇
Fz (x, y, z)
skalar und vektoriell multiplizieren:
Divergenz


~ F~ = 
Def. div F~ = ∇·

∂
∂x


∂
∂x
∂
∂y


 · F~ = 


∂
∂y
∂
∂z
∂
∂z



Fx (x, y, z)

 ·  Fy (x, y, z)  =

Fz (x, y, z)
Die Divergenz gibt die Quellstärke eines Feldes an.
2
∂Fx
∂x
y
z
+ ∂F
+ ∂F
=
∂y
∂z
P3
∂Fi
i=1 ∂xi .
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010


a1
Bsp.: Sei ~a =  a2  ein konstanter Vektor, dann ist div ~a = 0.
a3  
x
~ ·  y  = ∂x + ∂y + ∂z = 3.
Weiter ist div ~r = ∇
∂x
∂y
∂z
z
Rotation

∂
∂x

∂
∂y


 × F~ = 



∂
∂x




∂Fz
∂y
∂Fx
∂z
∂Fy
∂x
−
∂Fy
∂z
∂Fz
∂x
∂Fx
∂y

Fx (x, y, z)



 ×  Fy (x, y, z)  = 

−



F
(x,
y,
z)
z
∂
∂
−
∂z
∂z
y
y
x
z
x
z
~ex + ∂F
~ez .
− ∂F
− ∂F
~ey + ∂F
− ∂F
= ∂F
∂y
∂z
∂z
∂x
∂x
∂y
Die Rotation gibt die Wirbelstärke eines Feldes an und wird im Laufe dieser Vorlesung
noch benötigt.

~ × F~ = 
Def. rot F~ = ∇

∂
∂y
Bsp.:
~ × ~a = 0.
Sei ~a konstant, dann ist rot ~a = ∇

  
x
x

~



y =
y
Es ist rot ~r = rot
=∇×
z
z

∂z
∂y
∂x
∂z
∂y
∂x
−
−
−
∂y
∂z
∂z
∂x
∂x
∂y


 = 0.
~ × (−y~ex + x~ey ) = 2~ez .
Ausserdem rot(−y~ex + x~ey ) = ∇
BILD
3
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Kurvenintegral
Ein Kurvenintegral beschreibt z.B. die Arbeit, die bei Verschiebung eines Körpers in einem Kraftfeld entlang eines Weges geleistet wird.
Wir betrachten hier das Kurvenintegral über das Vektorfeld F~ (~r) = F~ (x, y, z) von ~r1 nach
~r2 entlang der Kurve C
R ~r2
R
~ (~r) · d~r = ~r2 (Fx (~r)dx + Fy (~r)dy + Fz (~r)dz).
F
~
r1 ,C
~
r1 ,C
BILD
Berechnung von Kurvenintegralen:


x
1. Möglichkeit: Sei die Kurve C z.B. ausdrückbar als  y(x) , mit x1 ≤ x ≤ x2 . Dann
z(x)
dz(x)
dy(x)
kann man dy = dx dx und dz = dx dx berechnen und erhält
Rx
R ~r2
dy
dz
F~ (~r) · d~r = x12 (Fx (x, y(x), z(x)) + Fy (x, y(x), z(x)) dx
+ Fz (x, y(x), z(x)) dx
)dx,
~
r1 ,C
d.h. man hat das Kurvenintegral durch eine Summe von eindimensionalen Integralen ausgedrückt.
(Analoge Formeln ergeben sich, wenn man x(y) und z(y) durch y bzw. wenn man x(z)
und y(z) durch z ausdrücken kann).
 
 
0
1



0
1  und die Kurve die Parabel y = x2 .
Bsp.: Sei ~r1 =
und ~r2 =
0
0
BILD
dy
dz
= 2x und wegen z = 0 ist dx
= 0, d.h. in diesem Fall ist
Dann ist dx
R ~r2
R1
2
2
F~ (~r) · d~r = 0 (Fx (x, x , 0) + Fy (x, x , 0)2x)dx.
~
r1 ,C


−y
Für F~ (~r) = −y~ex + x~ey =  x  ergibt sich
0
R ~r2
R1
R
~ (~r) · d~r = (−x2 + x 2x)dx = 1 x2 dx = 1 .
F
3
~
r1 ,C
0
0
4
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010


x(α)
2. Möglichkeit: Berechnung durch Parametrisierung der Kurve gemäß ~r(α) =  y(α) ,
z(α)
so dass die Kurve C von ~r1 nach ~r2 für α1 ≤ α ≤ α2 durchlaufen wird. Dann ist
R ~r2
Rα
F~ (~r) · d~r = 2 F~ (~r(α)) · d~r dα.
~
r1 ,C
α1
dα


 


0
1
α
Bsp.: Die Parabel y = x2 kann von ~r1 =  0  nach ~r2 =  1  durch ~r(α) =  α2 
0
0
0


1
d~
r

2α .
mit 0 ≤ α ≤ 1 parametrisiert werden. Für dieses Beispiel ist dann dα =
0
Berechnet man das Kurvenintegral für F~ (~r) = −y~ex + x~ey , so ergibt sich
R ~r2
R1
R1
F~ (~r) · d~r = 0 (−α2 1 + α 2α)dα = 0 α2 dα = 31 ; also natürlich dasselbe Ergebnis wie
~
r1 ,C
oben.
Im allgemeinen hängen Kurvenintegrale nicht
sondern auch von dem
 nur
 von ~r1 und~r2 , 
0
1
gewählten Weg ab. Wir verbinden z.B. ~r1 =  0  und ~r2 =  1  mit einer Gerade, die
0
0
 
α
wir C 0 nennen. Eine Parameterdarstellung ist ~r(α) =  α  mit 0 ≤ α ≤ 1.
0
 
1
d~
r

1 .
Hieraus ergibt sich dα =
0
BILD
Für das Kurvenintegral über F~ (~r) = −y~ex + x~ey erhalten wir dann
R ~r2
R1
F~ (~r) · d~r = 0 (−α 1 + α 1)dα = 0 (da F~ und d~r senkrecht aufeinander stehen); also
~
r1 ,C 0
ein anderes Ergebnis als das Integral über C!
5
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Damit hängt das Kurvenintegral über das hier betrachtete Vektorfeld F~ (~r) = −y~ex + x~ey
vom gewählten Integrationsweg ab!
(Später wird untersucht, dass dies daher kommt, dass rot F~ (~r) 6= 0 ist, also F (~r) ein Wirbelfeld ist.)
Wenn wir zunächst über C und dann in entgegengesetzter Richtung über C 0 integrieren,
erhalten wir ein geschlossenes Kurvenintegral über C 00 = C − C 0 .
BILD
Für das betrachtete Vektorfeld
ist somit
über die geschlossene Kurve
H
R das Kurvenintegral
R
C 00 ungleich Null, d.h. C 00 F~ (~r) · d~r = C F~ (~r) · d~r − C 0 F~ (~r) · d~r 6= 0.
6
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
1.2
Potential und Energieerhaltung
Der Ort eines Massenpunktes (dessen Masse wir im folgenden als zeitlich konstant ansetzen) werde in einem nichtbeschleunigten Bezugssystem (Inertialsystem) durch den
Ortsvektor zunächst in kartesischen Koordinaten ~r(t) = (x(t), y(t), z(t)) beschrieben. Die
auf den Massenpunkt wirkende äußere Kraft F~ (~r, t) darf von Ort und der Zeit und auch
von der Geschwindigkeit ~r˙ ≡ ~v abhängen. Die Bahnkurve des Massenpunktes wird durch
2
die Newtonschen Bewegungsgleichungen beschrieben (~a = dtd 2 ~r = ~¨r)
m~¨r = F~ ,
bzw. mẍ(t) = Fx (~r, t) ,
mÿ(t) = Fy (~r, t) ,
mz̈(t) = Fz (~r, t) .
(1)
Um die Schreibarbeit zu reduzieren, werden zukünftig die Argumente oft weggelassen.
Wir multiplizieren die Bewegungsgleichung (1) skalar mit ~r˙
m~r˙ · ~¨r = ~r˙ · F~ ,
d 1 ˙2
d ~r
⇒
m~r
= F~ ·
dt 2
dt
Nun integrieren wir von t1 bis t2
Zt2
d
dt
Zt2
1 ˙2
d ~r(t)
m~r dt =
dt .
F~ ·
2
dt
t1
t1
Mit d ~rdt(t) dt = d~r ergibt sich (T ≡ Ekin )
~rZ(t2 )
t=t
1 ˙2
1 ˙ 2 2
1 ˙2
m~r(t) F~ · d~r = W .
= m~r (t2 ) − m~r (t1 ) = T (t2 ) − T (t1 ) = ∆T =
2
2
2
t=t1
~r(t1 )
W ist die von der Kraft F~ auf dem Weg von ~r1 = ~r(t1 ) nach ~r2 = ~r(t2 ) geleistete Arbeit.
In Komponenten gilt
W =
Z~r2 Fx (~r, t) dx + Fy (~r, t) dy + Fz (~r, t) dz .
~r1
Falls die Kraft ein zeitunabhängiges Potential V (~r) ≡ Epot (~r) hat, also
~ (~r)
F~ = −∇V
d.h. Fx = −
∂V (~r)
,
∂x
Fy = −
∂V (~r)
,
∂y
Fz = −
∂V (~r)
,
∂z
so ist
dW
= F~ (~r) · d~r = Fx (~r) dx + Fy (~r) dy + Fz (~r) dz
∂V (~r)
∂V (~r)
∂V (~r)
=
−
dx −
dy −
dz = −dV = −(V (~r + d~r) − V (~r))
∂x
∂y
∂z
7
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
und somit
W = −(V (~r(t2 )) − V (~r(t1 ))) = T (~r(t2 )) − T (~r(t1 )) .
(2)
Es ist also
(3)
T (t) + V (t) = const. = E ,
d.h. die Summe aus kinetischer und potentieller Energie ist zeitlich konstant und gleich
der mechanischen Gesamtenergie E.
Woher weiss man nun, ob ein gegebenes Kraftfeld F~ (~r) als negativer Gradient eines Potentials geschrieben werden kann?
Nehmen wir an, wir hätten ein Potential, und berechnen die Ableitungen der Kraftkomponenten, also
∂ ∂V
∂2
∂ ∂V
∂2
∂Fy
∂Fx
= −
V = −
V = −
.
= −
=
∂y
∂y ∂x
∂y∂x
∂x∂y
∂x ∂y
∂x
Da sich für die gemischten Ableitungen der anderen Komponenten ähnliche Beziehungen
ergeben, ist eine notwendige Bedingung für die Existenz eines Potentials
∂Fz ∂Fy
−
= 0,
∂y
∂z
∂Fx ∂Fz
−
= 0,
∂z
∂x
∂Fy ∂Fx
−
= 0,
∂x
∂y
~ × F~ (~r) = rot F~ (~r) = 0 gelten, d.h. nur rotationsfreie Kraftfelder können ein
also muss ∇
Potential haben.
Die Bedingung rot F~ (~r) = 0 ist (in einem einfach zusammenhängenden Raum) allerdings
auch hinreichend für die Existenz eines Potentials.
Beweisskizze: Wir setzen an
Z~r
V (~r) = V (~
r0 ) −
F~ (~r 0 ) · d~r 0 .
(4)
~
r0
und berechnen dieses Kurvenintegral für eine spezielle Wegführung über
x0 ≤ x0 ≤ x,
y 0 = y0 ,
z 0 = z0 ,
0
0
x = x,
y0 ≤ y ≤ y,
z 0 = z0 ,
=
x0 = x,
y 0 = y,
z0 ≤ z 0 ≤ z,
d.h. drei achsenparallele Geraden.
BILD
8
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Also ist
Zx
0
Zy
0
Fx (x , y0 , z0 )dx −
V (~r) = V (~r0 ) −
x0
0
0
Zz
Fy (x, y , z0 )dy −
Fz (x, y, z 0 )dz 0 . (∗)
z0
y0
Wir benutzen nun (∗) für die Berechnung des negativen Gradienten von V
~ (~r) = −~ex
−∇V
∂V
∂V
∂V
− ~ey
− ~ez
∂x
∂y
∂z
(5)
und erhalten unter Benutzung von rot F~ = 0
∂V
∂x
Zy
= −Fx (x, y0 , z0 ) −
y0
∂Fy
(x, y 0 , z0 ) dy 0 −
|∂x {z
}
∂Fx
∂y 0
Zz
z0
∂Fz
(x, y, z 0 ) dz 0
|∂x {z
}
∂Fx
∂z 0
Zy
Zz
∂Fx
∂Fx
0
0
(x,
y
,
z
)dy
−
(x, y, z 0 )dz 0
= −Fx (x, y0 , z0 ) −
0
0
0
∂y
∂z
z0
y0
{z
}
|
{z
} |
Fx (x,y,z)−Fx (x,y,z0 )
Fx (x,y,z0 )−Fx (x,y0 ,z0 )
= −Fx (x, y, z) .
Analog kann gezeigt werden, dass
(6)
∂V
∂y
= −Fy und
∂V
∂z
~ (~r), gilt.
= −Fz ist, also F~ = −∇V
Für einen strengen Beweis muss man zeigen, dass die Reihenfolge der x-, y- und zIntegrationen das Resultat nicht ändert und jeden beliebigen Weg durch infinitesimale
Geradenstücke annähern.
~ (~r) spricht man von einem konservativen Kraftfeld.
Ist rot F~ (~r) = 0 bzw. F~ = −∇V
Äquivalente Formulierungen von Konservativität sind:
~rR(t2 )
a) der Wert des Kurvenintegrals
F~ · d~r ist vom Weg C unabhängig, hängt also nur
~r(t1 ),C
von den Anfangs- und Endpunkten ~r1 und ~r2 ab.
H
b) die Arbeit entlang jeder geschlossenen Kurve C verschwindet, d.h. F~ · d~r = 0.
C
9
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Falls das Kraftfeld rotationsfrei (wirbelfrei) ist und nicht explizit von der Zeit abhängt, so
nennt man das Kraftfeld konservativ. In diesem Fall folgt aus Gl. (2) der Energiesatz
(7)
T + V = E = const.
Wenn das Kraftfeld wirbelfrei aber zeitabhängig ist, so ist das Potential auch zeitabhängig, und
das totale Differential des Potentials
dV =
∂V
∂V
∂V
∂V
dx +
dy +
dz +
dt
∂x
∂y
∂x
∂t
hat einen Beitrag von der expliziten Zeitabhängigkeit
−dW =
∂V
∂t
. Dieser fehlt jedoch in
∂V
∂V
∂V
dx +
dy +
dz .
∂x
∂y
∂z
Daher ist
−dW 6= dV
und das Integral
Z~r2
−W = −
F~ · d~r 6= V (~r2 , t2 ) − V (~r1 , t1 ) .
~r1
Für ein zeitabhängiges Potential gilt der Energiesatz also nicht!
Für abgeschlossene Systeme, die von der Umgebung isoliert sind, ist die Energie erhalten. Bei der Bewegung makroskopischer Körper, ist oft die Energie nicht erhalten.
Beispiel: Freier Fall mit Stokesscher Reibung (F~R ∝ −~r˙ )
Der einfachste Fall einer eindimensionalen Bewegung mit konstanter Gravitationsbeschleunigung und Reibungsterm wird beschrieben durch die Bewegungsgleichung
mz̈ = −mg − β ż .
Multiplizieren mit ż führt auf
1 d
mż z̈ = m ż 2 = −mg ż − β ż 2 .
2 dt
Integrieren über die Zeit ergibt
m
2
Zt1
t0
d 2
m 2
ż dt =
(ż (t1 ) − ż 2 (t0 )) = −
dt
2
Zt1
Zt1
m g ż dt −
t0
10
2
z(t
Z 1)
β ż dt = −
t0
z(t0 )
Zt1
m gdz −
t0
β ż 2 dt .
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Also erhalten wir (V = mgz ist das Potential der Schwerkraft ohne die Reibungskraft, für
die es kein Potential gibt)
Zt1
T (t1 ) + V (t1 ) = T (t0 ) + V (t0 ) − β
ż 2 dt .
t0
Die mechanische Energie E nimmt durch die Reibung als Funktion der Zeit ab, da Energie
vom Massenpunkt auf das umgebende Medium übertragen wird. Nur für verschwindende
Reibung β = 0 ist E erhalten.
Generell gilt bei Vorhandensein von konservativen Kräften und dissipativen Reibungskräften
d
d
T = (F~kons + F~R ) · ~r˙ = −∇V · ~r˙ + F~R · ~r˙ = − V + F~R · ~r˙ ,
dt
dt
also
d
(T + V ) = F~R · ~r˙ ,
dt
wobei F~R · ~r˙ die Leistung ist mit der Energie vom System an die Umbegung abgegeben
wird.
Beispiel: Ungedämpfte erzwungene Schwingung mit einer harmonischen Kraft
Betrachtet werde als eindimensionales Problem ein Massenpunkt im Oszillatorpotential
mit einem zusätzlichen zeitabhängigen Potential
k
V (x, t) = −Fe x cos(ωe t) + x2 .
2
Hieraus ergibt sich die Bewegungsgleichung
∂V (x, t)
= Fe cos(ωe t) − k x
also
mẍ + k x = Fe cos(ωe t) .
∂x
Nachdem Einschwingvorgänge abgeklungen sind, wird die Lösung dieser Gleichung die
Zeitabhängigkeit des Potentials haben. Als spezielle Lösung dieser Differentialgleichung
setzen wir daher an
mẍ = −
xs (t) = x0 cos(ωe t + ϕ) ⇒ ẋs (t) = −x0 ωe sin(ωe t + ϕ) ⇒ ẍs (t) = −x0 ωe2 cos(ωe t + ϕ) .
Eingesetzt in die Differentialgleichung ergibt sich
⇒
−x0 mωe2 cos(ωe t + ϕ) + k x0 cos(ωe t + ϕ) = Fe cos(ωe t)
x0 cos(ωe t + ϕ)(−mωe2 + k) = Fe cos(ωe t)
cos(ωe t)
1
⇒ x0 = F e
.
cos(ωe t + ϕ) k − mωe2
11
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Die rechte Seite ist nur für ϕ = nπ unabhängig von t. Für ϕ = 0 ist mit ω02 = k/m
x0 =
Fe
1
.
2
m ωo − ωe2
Für ωe < ω0 ist die Auslenkung xs (t) in Phase mit der zeitabhängigen Kraft Fe cos(ωe t), für
ωe > ω0 ist die Auslenkung gegenphasig. Für diese spezielle Lösung der Bewegungsgleichung ist die Summe aus kinetischer und potentieller Energie
T +V
=
k
m 2 2 2
m 2 k 2
ẋ + x − Fe x cos(ωe t) =
x0 ωe sin (ωe t) + x20 cos2 (ωe t) − Fe x0 cos2 (ωe t) .
2
2
2
2
D.h. T + V ist nicht konstant, sondern oszilliert als Funktion der Zeit. Die äußere Kraft erzwingt die Schwingung mit der Kreisfrequenz ωe , wobei dem Oszillator periodisch Energie
zu- und wieder abgeführt wird.
Zentralkräfte
(Anmerkung: Allgemein werden Kräfte der Form
~r
F~ = f (~r, ~r˙ , t)~er = f (~r, ~r˙ , t)
r
˙
Zentralkräfte genannt. Man kann zeigen, dass diese nur konservativ sind, wenn f nicht
p von ~r und
nicht von t abhängt und nur eine Funktion des Abstandes vom Ursprung r = |~r| = x2 + y 2 + z 2
ist.)
Wir betrachten hier
F~ = f (r)~er .
(8)
~ = ~r × F~ = 0, da
Für eine solche Zentralkraft verschwindet das Drehmoment, d.h. M
~ = ~r × p~ konstant, denn es ist d L
~ = d ~r × p~ + ~r × d p~ =
F~ k ~r. Damit ist der Drehimpuls L
dt
dt
dt
~.
m~r˙ × ~r˙ + ~r × F~ = ~r × F~ = M
~ stehen, findet die BeweDa ~r und p~ zu jedem Zeitpunkt senkrecht auf dem konstanten L
~
gung ein einer Ebene statt (z.B. in der x-y-Ebene, wenn L = L~ez ist, siehe Skizze).
Ist eine solche Zentralkraft konservativ?
Dazu berechnen wir
~ × F~ .
rotF~ = ∇
Die x-Komponente ist
∂Fz ∂Fy
~
rotF
=
−
.
∂y
∂z
x
12
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Weiter ist
∂ y
d f (r) ∂r
d f (r) z
d f (r) zy
∂Fz
∂Fy
=
f (r)
=
y =
y =
=
,
∂z
∂z
r
dr r
∂z
dr r
r
dr r
r
∂y
da
xi
∂r
∂
1
2xi
=
=
(x21 + x22 + x23 )1/2 =
.
2 1/2
2
2
∂xi
∂xi
2 (x1 + x2 + x3 )
r
(9)
Analoges gilt für die anderen Komponenten. Daher ist eine Zentralkraft gemäß Gl. (8)
rotationsfrei und somit konservativ.
Das Potential einer solchen Zentralkraft hängt nur vom Abstand vom Kraftzentrum ab,
denn es ist
Z~r
−
F~ (~r ) · d~r = −
0
0
∞
Zr
f (r0 )dr0 = V (r) ,
∞
da F~ parallel zu ~er ist.
1.3
Mathematischer Einschub II: Krummlinige Koordinatensysteme
Bisher wurden Vektoren meistens in kartesischen Koordinaten, bei denen die Koordinatenlinien Geraden und die Basisvektoren ortsunabhängig sind, angegeben, z.B. Ortsvektor
 
x
(10)
~r =  y  = x~ex + y~ey + z~ez .
z
Oft sind krummlinige Koordinaten besser an die Symmetrien eines Problem angepasst.
Typischerweise vereinfacht die Wahl geeigneter Koordinaten die Lösung eines Problems
stark.
Anstatt als Funktion von x, y und z können Vektoren ganz allgemein als Funktion von drei
Variablen qi , i = 1, 2, 3 beschrieben werden, d.h.
~r(x, y, z) → ~r(q1 , q2 , q3 ) .
(11)
Die Einheitsvektoren sind bestimmt durch
~eqi =
∂~
r
∂qi
∂~
r
| ∂q
|
i
(12)
.
13
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
BILD
Bsp. Kugelkoordinaten r = (x2 + y 2 + z 2 )−1/2 , θ = arc cos(z/r) und ϕ = arc tan(y/x)
~r = r sin θ cos ϕ~ex + r sin θ sin ϕ~ey + r cos θ~ez = r(sin θ cos ϕ, sin θ sin ϕ, cos θ) . (13)
Für q1 = r ist
∂~r
= (sin θ cos ϕ, sin θ sin ϕ, cos θ) ,
∂r ∂~r = 1,
∂r ⇒ ~er = (sin θ cos ϕ, sin θ sin ϕ, cos θ) .
(14)
Für q2 = θ ist
∂~r
= r(cos θ cos ϕ , cos θ sin ϕ, − sin θ) ,
∂θ ∂~r = r,
∂θ ⇒ ~eθ = (cos θ cos ϕ , cos θ sin ϕ, − sin θ) .
(15)
Für q3 = ϕ ist
∂~r
= r(− sinθ sinϕ , sinθ cos ϕ, 0) ,
∂ϕ
∂~r = rsinθ ,
∂ϕ ⇒ ~eϕ = (− sinϕ , cos ϕ, 0) .
(16)
Die Basisvektoren ändern sich als Funktion des Ortes!
Für den Ortsvektor gilt ~r = r~er .
~er , ~eθ und ~eϕ stehen senkrecht aufeinander, d.h., die Skalarprodukte ~er · ~eθ = ~er · ~eϕ =
~eθ · ~eϕ = 0 verschwinden. Die Kugelkoordinaten sind also krummlinig-orthogonale Koordinaten. Außerdem bilden ~er , ~eθ und ~eϕ in die Reihenfolge ein Rechtssystem.
14
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Anmerkung: Wenn man Linien-, Flächen- und Volumenintegrale in krummlinigen Koordinaten auswertet, müssen die Bogen-, Flächen- und Volumenelemente transformiert werden und auch Ableitungen, also z.B. der Nabla-Operator, müssen transformiert werden.
BILD
Z.B. Flächenelement in x-y-Ebene in kartesischen Koordinaten dF = dx dy.
Flächenelement in ebenen Polarkoodinaten (z = 0 bzw. Θ = π/2) dF = r dϕ dr.
Für das Volumenelement in Kugelkoordinaten gilt
dr dθ dϕ = r2 sin θ dr dθ dϕ, wobei
dV = dx dy dz = ∂(x,y,z)
∂(r,θ,ϕ)
∂x ∂y ∂z ∂r ∂r ∂r ∂(x,y,z)
∂y
∂z = ∂x
∂θ
∂θ
∂θ die Funktionaldeterminante ist.
∂(r,θ,ϕ)
∂x ∂y ∂z
∂ϕ
∂ϕ
∂ϕ
In Kugelkoordinaten gilt beispielsweise
~ A(r, θ, ϕ) = ∂A ~er + 1 ∂A ~eθ + 1 ∂A ~eϕ
grad A(~r) = ∇
∂r
r ∂θ
r sin θ ∂ϕ
siehe z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Formelsammlung Nabla-Operator
Eine Herleitung ist beispielsweise in Nolting, Grundkurs Theoretische Physik 1 (Springer)
zu finden.
15
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
1.4
Planetenbewegung als Einkörperproblem
Johannes Kepler hat die nach ihm genannten Gesetze 1609 aus astronomischen Beobachtungsdaten von Tycho Brahe abgeleitet ohne die Newtonschen Gesetze zu kennen.
1. Keplersches Gesetz:
Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht.
2. Keplersches Gesetz:
Der Fahrstrahl von der Sonne zum Planeten überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen.
3. Keplersches Gesetz:
Die Quadrate der Umlaufszeiten verhalten sich wie die Kuben der großen Halbachsen.
Ellipsen:
BILD
Die Ellipse ist ein Kegelschnitt mit einer großen Halbachse a und einer kleinen Halbachse
b. Für die Abstände r und r0 von den Brennpunkten F und F’ gilt 2a = r + r0 .
Definition: Exzentrizität ε = ae < 1.
Von der mittleren Skizze liest man ab
a2 = b2 + e2 .
Von der rechten Skizze liest man ab
(2e)2 + p2 = (2a − p)2
⇒
p=
a2 − e 2
b2
= .
a
a
16
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
BILD
Wir brauchen im folgenden die Ellipsengleichung in der Form
r=
p
1 − ε cos ϕ
r0 =
,
p
.
1 − ε cos ϕ0
(∗)
Dass diese Gleichungen eine Ellipse beschreiben, zeigen wir wie folgt:
Es gilt
cos ϕ =
x
r
cos ϕ0 =
und
x0
.
r0
Hieraus folgt
r(1 − ε cos ϕ) = p = r − εx
r0 (1 − ε cos ϕ0 ) = p = r0 − εx0 .
und
Also
r = p + εx
r0 = p + εx0 ,
und
was auf
0
0
r + r = 2p + ε (x + x ) = 2(p + εe) = 2
| {z }
b2 e 2
+
a
a
=
2 2
b + e2 = 2a
a
2e
führt. Also beschreiben Gln. (∗) für 0 < ε < 1 eine Ellipse.
Für ε = 0, 1, > 1 beschreiben Gln. (∗) einen Kreis, eine Parabel bzw. eine Hyperbel.
Wir behandeln das sogenannte Kepler-Problem zunächst als Einkörperproblem, d.h. wir
betrachten die Bewegung einer Masse m im Gravitationspotential einer ruhenden Masse
M . Im nächsten Abschnitt wird das Problem als Zweikörperproblem analysiert und gezeigt, ob bzw. wann die Behandlung als Einkörperproblem eine gute Näherung darstellt.
Die Bewegungsgleichung für die Masse m (Planet mit Ortsvektor ~r) im Feld der ruhenden
Masse M (Sonne, befindet sich im Ursprung) lautet
γmM ~r
.
F~ = m~¨r = − 2
r r
(17)
17
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Ausgehend hiervon wollen wir nun untersuchen, unter welchen Voraussetzungen die Keplerschen Gesetze gelten.
Wir beginnen mit dem 2. Keplerschen Gesetz:
BILD
1
~r × ~v dt
2
~
~˙ = dA = 1 ~r × ~v
⇒A
dt
2
˙~
~.
⇒ 2mA = m ~r × ~v = ~r × p~ = L
~ =
dA
(18)
~˙ konstant ist. Dies ist gleichbedeutend damit, dass der
Der Flächensatz bedeutet, dass A
~ erhalten ist, d.h. das Drehmoment M
~ = ~r × F~ verschwindet.
Drehimpuls L
Da die Gravitation ein Zentralkraftfeld darstellt, also F~ ∝ ~r und ~r × ~r = 0 ist, verschwindet
~ und der Drehimpuls L
~ und somit auch A
~˙ sind konstant.
M
18
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
~ = ~r × p~ konstant ist, stehen ~r und p~ für alle Zeiten senkrecht auf L.
~ Daher liegt
Wenn L
~ gegeben ist.
die Bahn in einer festen Ebene, deren Normalenrichtung durch L
BILD
Beschreibung der Bahnkurve in ebenen Polarkoordinaten (Kugelkoordinaten mit θ = π/2):
~ k ~ez erhalten, dann findet die Bewegung in der x-y-Ebene statt, denn es muß ~r ·~ez = 0
Ist L
und p~ · ~ez = 0 gelten. D.h. ~r(t) = (x(t), y(t), 0) = r(t) (cos ϕ(t), sinϕ(t), 0) = r(t)~er (t),
wobei ~er (t) natürlich von ϕ(t) abhängt.
Wir betrachten nun
d
d
(r(t)~er (t)) =
~v (t) = ~r(t) =
dt
dt
d
d
r(t) ~er (t) + r(t)
~er (t) .
dt
dt
Es ist
d
d
~er =
(cos ϕ, sinϕ, 0) = ϕ̇(−sinϕ, cos ϕ, 0) = ϕ̇~eϕ .
dt
dt
Hieraus folgt
~v (t) = ṙ~er + r ϕ̇ ~eϕ
~ = ~r × p~ = m~r × (ṙ~er + r ϕ̇~eϕ ) = r2 m ϕ̇~ez ,
⇒L
da ~er × ~eϕ = −~eθ gilt und für θ = π/2 ist −~eθ = ~ez .
Weiter ist
v 2 = ~v · ~v = (ṙ~er + r ϕ̇ ~eϕ ) · (ṙ~er + r ϕ̇ ~eϕ ) = ṙ2 + r2 ϕ̇2 .
Hieraus folgt
1
T = m(ṙ2 + r2 ϕ̇2 ) .
2
Verwenden wir ϕ̇ =
~
|L|
,
mr2
so kann die Gesamtenergie geschrieben werden als
1 2
L2
E = T + V (r) = mṙ +
+ V (r) .
2
2mr2
19
(19)
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Die beiden letzten Terme werden oft zu einem effektiven Potential zusammengefasst
L2
Vef f (r) = V (r) + 2mr
2 . Für gegebene Energie E, kann man mit einer graphischen Darstellung von Vef f (r) die möglichen Bahnen qualitativ diskutieren, siehe Skizze.
BILD
~ zeigt in die positive z-Richtung. Dann ist ϕ̇(t) > 0 für alle
Sei ϕ̇(t = 0) > 0, d.h. L
~ keine Erhaltungsgröße sein könnte. Da ϕ als Funktion von t streng
t, da andernfalls L
monoton steigt, kann man anstatt t auch ϕ als unabhängige Variable zur Beschreibung
der Bewegung verwenden. Aus
ṙ =
dr dϕ
dϕ dt
und
ϕ̇ =
dϕ
L
=
dt
m r2
folgt
ṙ =
dr L
.
dϕ mr2
Damit wird die Energie zu

dr
dϕ
2
1
L2 
E = T + V (r) = m(ṙ2 + r2 ϕ̇2 ) + V (r) =
 4
2
2m
r

+
1
 + V (r)
r2
zu einer Funktion der Variablen r und ϕ.
Im folgenden wird gezeigt, dass eine Ellipsenbahn nur für das Potential
V (r) = −
c1
+ c2
r
durchlaufen wird (und zeigen somit das 1. Keplersche Gesetz).
Hierfür gehen wir von der Bahnkurve einer Ellipse
r=
p
1 − ε cos ϕ
aus. Hieraus folgt
dr
p
=−
(−ε (− sin ϕ)) .
dϕ
(1 − ε cos ϕ)2
20
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Da
p = r(1 − ε cos ϕ)
1
r4
dr
dϕ
2
=
folgt
dr
r2
= − ε sin ϕ
dϕ
p
und
2
ε2 sin 2 ϕ
2 1 − cos ϕ
=
ε
.
p2
p2
Wir lösen die Ellipsengleichung nach cos ϕ auf
p
1
1−
.
cos ϕ =
ε
r
Hiermit folgt
2
1 dr
ε2 − (1 − p/r)2
ε2 − 1 + 2p/r − p2 /r2
ε2 − 1
2
1
=
=
=
+
−
.
r4 dϕ
p2
p2
p2
p r r2
Einsetzen in die Formel für die Gesamtenergie ergibt
L 2 ε2 − 1
2
E = T + V (| ~r |) =
+
+ V (r) .
2m
p2
pr
Da E zeitlich konstant ist, muß für jede Ellipsenbahn gelten
V (r) = const. −
L2
.
mpr
Üblicherweise setzt man V (r) = 0 für r → ∞ (Normierung), d.h.
V (r) = −
L2
.
mpr
Hieraus ergibt sich
E = T + V (r) =
L2 ε2 − 1
.
2m p2
Für eine Ellipse ε < 1 und einen Kreis ε = 0 ist die Energie kleiner als Null. Die Energie
verschwindet für eine Parabelbahn ( = 1) und wird positiv für Hyperbelbahnen ( > 1).
Die Parabelbahn beschreibt den Grenzfall, dass der Massenpunkt im Unendlichen eine
verschwindende kinetische Energie hat, während ein Massenpunkt, der im Unendlichen
eine endliche kinetische Energie hat, eine Hyperbelbahn durchläuft. Ellipsen- und Kreisbahnen gehören zu Massenpunkten, die im Potential gebunden sind. Der Unterschied
zwischen gebundenen und ungebundenen Bahnen läßt sich am effektiven Potential diskutieren (siehe oben).
21
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Für die Ellipse gilt
e2
e 2 − a2
b2
−
1
=
=
−
a2
a2
a2
ε2 − 1 =
und
p =
b2
a
⇒
1
a2
=
.
p2
b4
Hieraus ergibt sich
E = −
L2 1
< 0.
2m b2
Benutzen wir das Gravitationsgesetz
V (r) = −
γmM
L2 1
= −
,
mp r
r
so ergibt sich
L2
γmM b2
−
= −
.
2m
2
a
(∗∗)
Hieraus folgt
E= −
γM m
,
2a
d.h. die Energie hängt nur von der großen Halbachse a ab.
Im Prinzip können wir aus der Bahngleichung auch die Zeitabhängigkeit der Koordinaten
berechnen. In dem Ausdruck
~ = L = m r2 (ϕ) ϕ̇ = m r2 (ϕ)
|L|
dϕ
.
dt
können wir die Variablen trennen und erhalten
Z
t(ϕ) =
0
t
m
dt =
L
Zϕ
r2 (ϕ0 )dϕ0
mit
r(ϕ) =
p
.
1 − ε cos ϕ
ϕ0
Die Umkehrfunktion von t(ϕ) ist ϕ(t) und daraus erhalten wir dann r(ϕ(t)). Damit ist rein
mathematisch das Keplerproblem bereits vollständig gelöst. Allerdings gibt es für das
Integral keinen geschlossenen expliziten Ausdruck.
22
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Die Umlaufzeit T kann aber bereits elementar berechnet werden. Aus (∗∗) folgt
r
L
b γM
=
.
2m
2
a
Eingesetzt in den Flächensatz ergibt sich
r
~
γM
1
L
1
~˙ = ~r × ~r˙ =
A
= b
~ez .
2
2m
2
a
Also gilt nach einem Umlauf
ZT
A~ez =
~˙ dt =
A
0
ZT
1
1
1
~r × ~r˙ dt = ~r × ~r˙ T = b
2
2
2
r
γM
T~ez .
a
0
Andererseits ist die Fläche einer Ellipse
πab = A,
also
2π a b
T =
b
r
a
2π a3/2
= √
.
γM
γM
Dies ist das 3. Keplersche Gesetz T 2 ∝ a3 .
Aus der Umlaufzeit T , der großen Halbachse a und der Gravitationskonstanten γ kann
die Masse der Sonne M bestimmt werden; die Masse des Planeten geht nicht ein.
1.5
Planetenbewegung als Zweikörperproblem
Bisher sind wir davon ausgegangen, dass der Planet sich in dem Gravitationsfeld der ruhenden Sonne bewegt. Nach dem Prinzip von actio = −reactio verursacht aber die Sonne
nicht nur eine beschleunigte Bewegung des Planeten, sondern umgekehrt verursacht der
Planet auch eine beschleunigte Bewegung der Sonne. Im folgenden vernachlässigen wir
den Einfluß aller anderen Planeten und betrachten die Bewegung zweier Massen m1 und
m2 an den Orten ~r1 und ~r2 .
BILD
23
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Die Bewegungsgleichungen lauten
~r1 − ~r2
~r
m1~¨r1 = −γm1 m2
= −γm1 m2 3 ,
3
|~r1 − ~r2 |
r
~r2 − ~r1
~r
m2~¨r2 = −γm1 m2
= γm1 m2 3 ,
3
|~r2 − ~r1 |
r
(20)
(21)
mit der Relativkoordinate ~r = ~r1 − ~r2 und r = | ~r1 − ~r2 |.
~ = m1~r1 + m2~r2 = m1~r1 + m2~r2
R
m1 + m2
M
ist der Schwerpunkt und M = m1 + m2 die Gesamtmasse.
Da die folgenden Umformungen für viele Zweiteilchenprobleme verwendet werden können,
wollen wir Gln. (20) und (21) etwas verallgemeinern und gehen aus von
m1~¨r1 = −f (r)~r ,
m2~¨r2 = f (r)~r .
(22)
(23)
Addieren dieser Gleichungen ergibt
¨~
m1~¨r1 + m2~¨r2 = M R
= 0.
Da sich wegen actio = −reactio die beiden Kräfte kompensieren, wirkt auf den Schwerpunkt keine Kraft, d.h. er wird nicht beschleunigt und bewegt sich geradlinig gleichförmig.
Dividieren von Gl. (23) durch m2 und subtrahieren Gl. (22) geteilt durch m1 führt auf
1
1
¨
¨
¨
+
f (r)~r .
~r = ~r1 − ~r2 = −
m1 m2
Einführen der reduzierten Masse µ durch
1
µ
=
1
m1
+
1
m2
führt auf
µ~¨r = −f (r)~r .
Auf den Relativabstand wirkt dasselbe Kraftfeld, aber die Bewegung erfolgt mit der verringerten reduzierten Masse µ = m1Mm2 .
Für die Gravitationskraft ist f (r) = γm1 m2 r13 = γµM r13 . Daher fällt in diesem Fall µ aus
der Bewegungsgleichung heraus
~r
~¨r = −γM 3 .
r
Dies ist fast dieselbe Bewegungsgleichung wie für das Keplersche Einkörperproblem; nur
die Masse der Sonne ist durch die Gesamtmasse ersetzt. Da in unserem Sonnensystem
die Planetenmassen kleiner als 10−3 Sonnenmassen sind, werden die Keplerschen Gesetze nur im Detail modifiziert (denn µ weicht nur wenig von der Planetenmasse ab).
24
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Die Bewegung der Planeten ist allerdings nicht vollständig beschrieben, da
1. die Planeten sich durch die Gravitationswechselwirkung gegenseitig anziehen
2. alle um den mit der Sonne gemeinsamen Schwerpunkt kreisen
3. weder die Sonne noch die Planeten und Monde wirklich starre Körper sind, sodass es
wegen der Gezeitenkräfte zu nichtzentralen Wechselwirkungen untereinander kommt
etc. ...
Für dieses (oder generell solche) Vielkörperproblem gibt es keine exakten Lösungen
(schon das Dreikörperproblem ist ungelöst). Es existieren aber Näherungsverfahren, die
die Berechnung der Planetenbahnen mit praktisch beliebiger Genauigkeit erlauben.
1.6
Beschleunigte Bezugssysteme
Wir betrachten zwei Bezugssysteme S und S 0 . Bei S handele es sich um ein Inertialsystem. S und S 0 seinen relativ zueinander beliebig beschleunigt.
BILD
Vektoren in S und S 0 werden beschrieben durch (xi entspricht x, y, z)
~r =
3
X
xi~ei
0
und ~r =
i=1
3
X
x0i~ei 0 .
(24)
i=1
Für den Ortsvektor zur Masse m gilt
0
~r = ~r0 + ~r = ~r0 +
3
X
x0i~ei 0 .
(25)
i=1
Nun berechnen wir die Geschwindigkeiten. In S 0 ist
~r˙ 0 =
3
X
ẋ0i~ei 0 ,
(26)
i=1
da die BeobachterIn sich mit S 0 mitbewegt.
25
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
In S ist
~r˙ = ~r˙0 +
3 X
ẋ0i~ei 0 + x0i~ei˙ 0 .
(27)
i=1
Diese drei Terme beschreiben die Relativgeschwindigkeit zwischen S und S 0 , die Geschwindigkeit in S 0 und die Geschwindigkeit, die sich aufgrund der Relativdrehung zwischen S und S 0 ergibt.
Der letzte Term, kann durch die momentane Winkelgeschwindigkeit ω
~ (t) geschrieben werden als
3
X
x0i~ei˙ 0 = ω
~ × ~r 0 .
(28)
i=1
Ineinander eingesetzt ergibt sich
~r˙ = ~r˙0 + ~r˙ 0 + ω
~ × ~r 0 .
(29)
Dies kann umgeschrieben werden als
d
d0
d
(~r − ~r0 ) = ~r 0 = ~r 0 + ω
~ × ~r 0 = ~r˙ 0 + ω
~ × ~r 0 ,
dt
dt
dt
(30)
0
d
wobei dt
bedeutet, dass die Zeitableitung in S 0 gemäß Gl. (26) ausgeführt wird.
Symbolisch hat man also (die Operatorgleichung)
d0
d
=
+ω
~×.
dt
dt
(31)
Die Zeitableitung in S setzt sich zusammen aus der in S 0 und einem Zusatzterm, der die
Relativdrehung zwischen S und S 0 beschreibt.
Nun wenden wir diese Regel nochmal an und leiten die Geschwindigkeit nach der Zeit ab
d ˙
d ˙0
d
d
~r − ~r˙0 =
~r + ω
~ × ~r 0 = ~r˙ 0 + (~ω × ~r 0 )
dt
dt
dt
dt
0
0
0
0
¨
˙
˙
˙
= ~r + (~ω × ~r ) + (ω
~ × ~r ) + (~ω × ~r ) + (~ω × (~ω × ~r 0 ))
= ~r¨0 + (~ω × (~ω × ~r 0 )) + 2(~ω × ~r˙ 0 ) + (ω
~˙ × ~r 0 ) .
(32)
Da m~¨r = F~ ist, ergibt sich die Bewegungsgleichung im Nichtinertialsystem S 0 als
m~r¨0 = F~ − m~r¨0 + F~C + F~Z − m(ω
~˙ × ~r 0 ) ,
(33)
mit der Zentrifugalkraft
F~Z = −m(~ω × (~ω × ~r 0 ))
(34)
und der Corioliskraft
F~C = −2m(~ω × ~r˙ 0 ) .
(35)
26
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
F~Z und F~C werden Trägheitskräfte (manchmal auch Scheinkräfte) genannt, die in S 0 aufgrund dessen beschleunigter Bewegung auftauchen. Außerdem tauchen in Gl. (33) noch
zwei weitere Beiträge m~r¨0 und −m(ω
~˙ × ~r 0 ), die die Beschleunigung der Ursprünge von S
und S 0 relativ zueinander und Kräfte durch zeitliche Änderungen der Winkelgeschwindigkeit beschreiben.
Mit der bac − cab−Regel
~
~a × b × ~c = ~b (~a · ~c) − ~c (~a · ~b)
kann F~Z noch umgeformt werden zu
F~Z = −m(~ω × (~ω × ~r 0 )) = −m (~ω (~ω · ~r 0 ) − ~r 0 (~ω · ω
~ )) .
Wenn ω
~ · ~r 0 = 0 ist, so gilt F~Z = mω 2~r 0 , d.h. F~Z wirkt radial nach außen.
Die Corioliskraft wirkt nur wenn ~r˙ 0 6= 0 ist. Diese Kraft rührt daher, dass sich während der
Bewegung das Bezugssystem mit ω
~ dreht. Bsp.:
− Eine horizontale Nord-(Süd-)Strömung von Wasser oder Luft erfährt eine horizontale
Ost-(West-)Ablenkung.
− Auf der Nordhalbkugel existiert eine Rechtsabweichung der Geschwindigkeit (z.B. von
Geschossen).
− Die Pendelebene eines frei schwingenden Pendels dreht sich (Foucaultsches Pendel).
...
BILD
Beispiele und Visualisierungen finden Sie z.B. unter
http://de.wikipedia.org/wiki/Corioliskraft
27
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
2
Mehrteilchensysteme
Zwei Teilchen mit einer Wechselwirkungskraft wurden schon oben am Beispiel des KeplerProblems behandelt. Hier betrachten wir ein System aus N Massenpunkten mit Massen
mi in einem Inertialsystem. Die Massenpunkte befinden sind an den Orten ~ri .
BILD
Es gilt das Newtonsche Axiom
(t)
mi~¨ri = F~i ,
i = 1, 2, . . . , N ,
(t)
wobei die Kräfte F~i
(t)
F~i = F~i +
N
X
einen Einteilchen- und einen Wechselwirkungsanteil haben, gemäß
F~i k .
k=1
k6=i
Der erste Index von F~i k bezeichnet den Massenpunkt, der die Kraft erfährt, der zweite
Index gibt den Massenpunkt an, der diese Kraft verursacht. Wegen actio = −reactio muss
für die Wechselwirkungskräfte gelten
F~i k = −F~k i .
28
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
2.1
Erhaltungssätze
Schwerpunktsatz und Impulssatz
Wir addieren alle Bewegungsgleichungen für das Massenpunktsystem
N
X
mi~¨ri =
i=1
N
X
F~i +
i=1
N X
N
X
i=1
F~i k .
k=1
k6=i
Die Doppelsumme über die inneren Kräfte verschwindet, da zu jedem Summand F~i k ein
Summand F~k i = – F~i k vorhanden ist. Hieraus folgt
N
X
mi~¨ri =
i=1
N
X
F~i .
i=1
Mit der Gesamtmasse
N
X
mi = M
i=1
N
1 X
~
mi~ri
und dem Schwerpunktsvektor R =
M i=1
~
erhalten wir eine Bewegungsgleichung für den Schwerpunkt R
¨~
MR
= F~ ,
mit F~ =
N
X
F~i .
i=1
Der Schwerpunkt bewegt sich wie ein Massenpunkt der Masse M , auf den die Gesamtkraft F~ wirkt. Die inneren Kräfte F~i k beeinflussen die Bewegung des Schwerpunkts nicht.
Führt man die Impulse p~i = mi~r˙ i und den Gesamtimpuls
P~ =
N
X
p~i
i=1
ein, so kann man die Bewegungsgleichung für den Schwerpunkt auch in eine für den
Gesamtimpuls umschreiben
¨~
˙
MR
= P~ = F~ .
Wenn die Gesamtkraft verschwindet (abgeschlossenes System), so ist
¨~
MR
= 0
also
~
~
~˙
R(t)
= R(0)
+ R(0)t
.
In diesem Fall bekommen wir die Erhaltung der drei Komponenten des Gesamtimpulses
P~ (t).
29
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Der Drehimpulssatz
Wir starten noch einmal mit der Bewegungsgleichung für den Massenpunkt i
mi~¨ri = F~i +
N
X
F~i k .
k=1
k6=i
Wir multiplizieren beide Seiten der Gleichung mit ~ri × und summieren über alle i
N
X
mi~ri × ~¨ri =
i=1
N
X
~ri × F~i +
i=1
N X
N
X
i=1
~ri × F~i k .
(∗)
k=1
k6=i
Wegen
d
~ri × ~r˙ i = ~r˙ i × ~r˙ i +~ri × ~¨ri
| {z }
dt
=0
und mit
~ i = mi~ri × ~r˙ i = ~ri × p~i
L
und
~ =
L
N
X
~i
L
i=1
können wir die linke Seite von (∗) schreiben als
N
X
i=1
N
d X~
d~
~˙ .
mi~ri × ~¨ri =
L = L
Li =
dt i=1
dt
Der erste Term der rechten Seite von (∗) ist ebenfalls schnell identifiziert als
N
X
~ri × F~i =
i=1
N
X
~i = M
~ .
M
i=1
Den zweiten Term der rechten Seite von (∗) untersuchen wir etwas genauer. Da Summationsindizes umbenannt werden dürfen, ist
N X
N
X
i=1
k=1
k6=i
~ri × F~i k =
N X
N
X
k=1
~rk × F~k i = −
i=1
i6=k
N X
N
X
k=1
i=1
i6=k
N
N
1 XX
(~ri − ~rk ) × F~i k
~rk × F~i k =
2 i=1 k=1
k6=i
Falls für die zwischen zwei Massenpunkten wirkende Wechselwirkungskraft F~i k k (~ri − ~rk )
gilt (was der Normalfall ist), so verschwinden die Vektorprodukte in der obigen Gleichung
und es ist
N X
N
X
i=1
N
N
1 XX
~ri × F~i k =
(~rk − ~ri ) × F~k i = 0 .
2
k=1
i=1 k=1
k6=i
k6=i
30
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
In diesem Fall gilt also
d~
~ ,
L = M
dt
d.h. die zeitliche Änderung des Gesamtdrehimpulses ist gleich der Summe der Drehmomente der äußeren Kräfte.
~ = 0 ist
Für M
d~
L = 0,
dt
also der Gesamtdrehimpuls erhalten und seine drei Komponenten stellen dann drei Erhaltungsgrößen dar.
Der Energiesatz
Wir starten ein drittes Mal mit der Bewegungsgleichung für den Massenpunkt i
mi~¨ri = F~i +
N
X
F~i k ,
k=1
k6=i
multiplizieren beide Seiten skalar mit ~r˙ i und summieren über alle Massenpunkte
N
X
mi~r˙ i · ~¨ri =
i=1
N
X
~r˙ i · F~i +
N X
N
X
i=1
i=1
~r˙ i · F~i k .
k=1
k6=i
Wir identifizieren
2
d1
mi~r˙ i
mi~r˙ i · ~¨ri =
dt 2
und erhalten
N
N
N X
N
X
X
d 1X ˙ 2
˙
~
mi~ri =
~ri · Fi +
~r˙ i · F~i k .
dt 2 i=1
i=1
i=1 k=1
k6=i
Auf der linken Seite steht die Zeitableitung der gesamten kinetischen Energie
rechten Seite die Leistung der äußeren und inneren Kräfte
N
N X
N
X
X
dW
˙
~
=
Fi · d~ri +
F~i k · d~r˙ i
dt
i=1
i=1 k=1
k6=i
bzw.
dW =
N
X
i=1
F~i · d~ri +
N X
N
X
i=1
F~i k · d~ri .
k=1
k6=i
31
dT
,
dt
auf der
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Integriert über die Zeit ergibt sich
Z t2
Z t2
dW
dT
dt = T (t2 ) − T (t1 ) = T2 − T1 =
dt = W .
dt
t1
t1 dt
Die Änderung der kinetischen Energie ist gleich der von allen Kräften (inneren und äußeren Kräften) geleisteten Arbeit.
Wenn die Kräfte ein Potential haben, also eine skalare Funktion V (~r1 , ~r2 , . . . ~rN ) existiert,
so dass
(t)
F~ = −∇i V
i
ist, mit
∂ ∂ ∂
,
,
),
∂xi ∂yi ∂zi
dann ist die von den inneren und äußeren Kräften geleistete Arbeit


N
N
X
X

F~i k  · d~ri
dW =
F~i +
∇i = (
i=1
= −
N
X
k=1
k6=i
∇i V · d~ri = −dV .
i=1
Wenn sich das Massenpunktsystem von t1 nach t2 entwickelt, sich die Massenpunkte also
von (~r1 (t1 ), ~r2 (t1 ), . . . ~rN (t1 )) nach (~r1 (t2 ), ~r2 (t2 ), . . . ~rN (t2 )) bewegen, dann ist die geleistete Arbeit


Z2 X
N
N
~ X ~ 
W =
Fi k  · d~ri
F i +
1
i=1
k=1
k6=i
= −V (~r1 (t2 ), ~r2 (t2 ), . . . ~rN (t2 )) + V (~r1 (t1 ), ~r2 (t1 ), . . . ~rN (t1 ))
= −V2 + V1 .
Für solche konservativen Massenpunktsysteme gilt also der Energiesatz
E = T + V = const.
Oft ist es sinnvoll das Potential für das Mehrteilchensystem in innere und äußere Beiträge
aufzuteilen.
Mit
F~i = −∇i Vi (~ri )
32
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
ist
N
X
i=1
F~i · d~ri = −
N
X
∇i Vi · d~ri = −
i=1
N
X
dVi .
i=1
Typischerweise hängen die Wechselwirkungspotentiale vom Betrag des Abstands der
Teilchen ab, also Vik = Vik (|~ri − ~rk |) = Vik (|~rik |) = Vik (rik ). Damit ist
1X
X
1 X~
~
~
Fi k · d~ri + Fk i · d~rk =
F~i k · d~rik
Fi k · d~ri =
2
2
i,k
i,k
i,k
X
X
1
1
1X
= −
∇i Vik (rik ) · d~rik = −
∇ik Vik (rik ) · d~rik = −
dVik ,
2 i,k
2 i,k
2 i,k
mit ∇ik = ∂~r∂ik = ( ∂x∂ik , ∂y∂ik , ∂z∂ik ).
Zusammengenommen ergibt sich
V (~r1 , ~r2 , . . . ~rN ) =
N
X
i=1
N
N
X
1 XX
1 X0
Vi (~ri ) +
Vik (rik ) ,
Vik (rik ) ≡
Vi (~ri ) +
2 i=1 k=1
2 i,k
i
k6=i
wobei der Strich an der Doppelsumme bedeutet, dass die Terme mit i = k nicht berücksichtigt werden.
2.2
Schwingungen um Gleichgewichtslagen
Wir betrachten nun ein Mehrteilchensystem mit Einteilchen- und Wechselwirkungskräften,
die durch ein Potential V (~r1 , ~r2 , . . . ~rN ) beschrieben werden.
BILD
Die Bewegungen der Teilchen werden durch die Newton-Gleichungen beschrieben
(t)
mi~¨ri = F~i = −∇i V (~r1 , ~r2 , . . . ~rN ) ,
i = 1, 2, . . . , N .
Eine Gleichgewichtskonfiguration eines solchen Systems ist ein Satz von Ortsvektoren
~ri0 für den sämtliche Kräfte verschwinden, d.h.,
∇i V (~r1 , ~r2 , . . . ~rN )|~rj0 = 0 ,
i = 1, 2, . . . , N .
33
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Im Gleichgewicht ist die potentielle Energie also extremal, wobei ein stabiles Gleichgewicht einem Minimum von V entspricht.
Nun betrachten wir Abweichungen vom Gleichgewicht ~ui gemäß
~ri = ~ri0 + ~ui ,
i = 1, 2, . . . , N .
Da die Gleichgewichtslagen ~ri0 zeitlich konstant sind, erhalten wir folgende Bewegungsgleichung für die Auslenkungen ~ui
¨ i = F~ (t) = −∇i V (~r1 , . . . ~rN ) = −∇u V (~r 0 + ~u1 , . . . ~r 0 + ~uN ) ,
mi~u
N
1
i
i
i = 1, 2, . . . , N ,
mit ∇ui = ( ∂u∂i,x , ∂u∂i,y , ∂u∂i,z ).
Nun definieren wir Ũ (~u1 , . . . ~uN ) = V (~r10 + ~u1 , . . . ~rN0 + ~uN ) und ändern die Notation durch
folgende Vorschriften
(~u1 , . . . ~uN ) → (u1,x , u1,y , u1,z . . . uN,x , uN,y , uN,z ) → (u1 , . . . , u3N ) und
(m1 , m1 , m1 , . . . mN , mN , mN ) → (m1 , . . . , m3N ) und erhalten so folgende Bewegungsgleichungen:
mα üα = −
∂
Ũ (u1 , . . . , u3N ) ,
∂uα
α = 1, 2, . . . , 3N .
Unter der Annahme kleiner Auslenkungen entwickeln wir das Potential bis zur 2. Ordnung
in eine Taylor-Reihe:
Ũ (u1 , . . . , u3N ) ≈ Ũ (0, . . . , 0) +
X ∂ Ũ
1 X ∂ 2 Ũ
|ui =0 uα +
|ui =0 uα uβ .
∂u
2
∂u
∂u
α
α
β
α
α,β
Hierbei ist Ũ (0, . . . , 0) eine Konstante, die die Bewegung nicht beeinflusst und
verschwindet, da wir von einem stabilen Gleichgewicht ausgegangen waren.
BILD
Mit Γα,β =
∂ 2 Ũ
|
∂uα ∂uβ ui =0
= Γβ,α ist das Potential näherungsweise gegeben durch
Ũ (u1 , . . . , u3N ) ≈ Ũ (0, . . . , 0) +
1X
Γα,β uα uβ ,
2 α,β
34
∂ Ũ
|
∂uα ui =0
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
wobei Γα,β eine symmetrische Matrix ist.
Die Bewegungsgleichungen lauten
mγ üγ = −
X
X
1 X
∂ 1X
(
Γα,β uα uβ ) = − (
Γγ,β uβ +
Γα,γ uα ) = −
Γα,γ uα , γ = 1, . . . , 3N .
∂uγ 2 α,β
2 β
α
α
Es sind also alle Kräfte linear in den Auslenkungen (harmonisch), wobei gemäß Γα,γ die
Teilchen und Auslenkungen in verschiedene Richtungen miteinander verkoppelt sind.
Das Bewegungsgleichungssystem kann mit Matrizen geschrieben werden:
¨ = −Γ~u ,
M~u
mit Mi,j = δi,j mi und ~ui = ui , für i, j = 1, ..., 3N .
Zur Lösung verwenden wir den Ansatz uγ = ûγ e−iωt .
Dann ist üγ = (−ω 2 )ûγ e−iωt = (−ω 2 )uγ .
Hieraus ergibt sich nach Multiplikation mit eiωt
N (ω 2 ) ~û = 0 ,
mit Ni,j (ω 2 ) = −ω 2 Mi,j + Γi,j und (~û)i = ûi , für i, j = 1, ..., 3N .
Dieses lineare Gleichungssystem hat nichttriviale Lösungen, wenn die Determinante der
Matrix N (ω 2 ) verschwindet. Aus dieser Bedingung erhalten wir (maximal) 3N Lösungen
für ω 2 = ων2 , ν = 1, ..., 3N . Zu jeder Lösung ων2 gibt es einen Eigenvektor ~ûν , d.h. eine bis
auf einen Vorfaktor festgelegte Lösung der Gleichung N (ων2 ) ~ûν = 0.
Anmerkung: Falls bestimmte ων2 mehrfache Lösungen sind, existiert ein Eigenraum, der
durch orthogonale Eigenvektoren beschrieben werden kann.
Aus ω 2 = ων2 folgt ω = ±ων . Die allgemeine Lösung für die Auslenkungen ~u kann als eine
Überlagerung der Eigenmoden geschrieben werden
X
X
~u(t) =
Aν eiων t + A∗ν e−iων t ~ûν =
(aν sin(ων t) + bν cos(ων t)) ~ûν ,
ν
ν
wobei die Amplituden (Aν ∈ C bzw. aν , bν ∈ R) mit denen die verschiedenen Eigenmoden
zur Lösung beitragen, durch die Anfangsauslenkungen ~u(t = 0) und Anfangsgeschwindigkeiten ~u˙ (t = 0) bestimmt sind.
35
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Beispiel: Eindimensionale gekoppelte Schwingungen eines Zweiteilchensystems
Wir betrachten folgende Situation
BILD
Dieses System wird durch zwei Auslenkungen u1 und u2 beschrieben, die die Abweichungen der x-Koordinaten der zwei Teilchen von deren Ruhelagen beschreiben.
Die Bewegungsgleichungen lauten
m1 u¨1 = −D1 u1 − D12 (u1 − u2 ) ,
m2 u¨2 = −D2 u2 + D12 (u1 − u2 ) .
Mit dem Ansatz ui = ûi e−iωt erhalten wir folgendes homogenes Gleichungssystem
D1 + D12 − m1 ω 2
−D12
û1
0
=
2
−D12
D2 + D12 − m2 ω
û2
0
Nichttriviale Lösungen erhalten wir für verschwindende Determinante der Koeffizientenmatrix
2
(D1 + D12 − m1 ω 2 )(D2 + D12 − m2 ω 2 ) − D12
=0
Hieraus erhalten wir zwei Eigenfrequenzen


s
2

2 
D1 + D12 D2 + D12
4D12
1 D1 + D12 D2 + D12
2
+
±
−
+
ω1,2
=
2  m1
m2
m1
m2
m1 m2 
Für D12 = 0 erhält man ω12 =
Eigenfrequenzen.
D1
m1
und ω22 =
D2
,
m2
d.h. die Wechselwirkung modifiziert die
Für die Berechnung der Eigenmoden gehen wir aus von
D1 + D12 − m1 ωi2
−D12
ûi,1
0
=
−D12
D1 + D12 − m2 ωi2
ûi,2
0
36
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
also für die Komponenten
(D1 + D12 − m1 ωi2 )ûi,1 − D12 ûi,2 = 0 ,
(D1 + D12 − m2 ωi2 )ûi,2 − D12 ûi,1 = 0 .
Hieraus erhalten wir folgende Amplitudenverhältnisse
D +D −m ω 2
ûi,2
= 1 D1212 1 i = D1 +DD1212−m2 ω2 .
ûi,1
i
Wenn wir auf ein symmetrisches System spezialisieren, also m1 = m2 = m und D1 =
D2 = D annehmen, so ergibt sich für die Eigenfrequenzen
D
12
ω12 = D+2D
und ω22 = m
m
2,2
und für die Amplitudenverhältnisse der beiden Moden ûû2,1
= 1 und ûû1,2
= −1.
1,1
D
Die Mode für ω22 = m
beschreibt also eine symmetrische Schwingung beider Massen,
bei der deren Abstand nicht geändert wird und somit D12 keine Rolle spielt, während für
12
beide Massen gegeneinander schwingen.
ω12 = D+2D
m
BILD
37
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
3
Starre Körper
Bisher wurden einzelne Massenpunkte oder Systeme von N Massenpunkten betrachtet.
Die physikalische Fragestellung war die Berechnung der Bahnkurven ~ri (t) für alle Teilchen. Ein makroskopischer Körper besteht aus N ∼ 1023 Teilchen/cm3 . Es ist unmöglich
(und auch nicht sinnvoll) eine solche Zahl von Bahnkurven zu berechnen.
Zur Beschreibung von Bewegungen makroskopischer Körper werden stattdessen Modelle verwendet, die die Zahl der Bewegungsmöglichkeiten, d.h. der Freiheitsgrade, des
System stark reduzieren. Im folgenden beschäftigen wir uns mit der idealisierten Annahme eines starren, also nicht deformierbaren Körpers. Dies bedeutet, dass die Abstände
zwischen allen Teilchen des starren Körpers konstant sind, also rij = |~ri − ~rj | = const.
BILD
Der starre Körper hat daher zwei Bewegungsmöglichkeiten: Translation und Rotation.
Beide Bewegungsmöglicheiten entsprechen jeweils 3 Freiheitsgraden, da die Translation
in drei Raumrichtungen erfolgen kann und die Rotation durch Angabe einer Rotationsachse durch zwei Winkel und einen Drehwinkel eindeutig beschrieben wird. Insgesamt
hat der starre Körper also 6 Freiheitsgrade.
Später werden vor allem 2 Spezialfälle betrachtet:
1) Kreisel: Der starre Körper wird in einem Punkt festgehalten und kann rotieren (3 Rotationsfreiheitsgrade).
2) physikalisches Pendel: Der starre Körper rotiert um eine feste Drehachse (1 Freiheitsgrad=Drehwinkel).
3.1
Rotation um eine feste Achse
Die Bewegung wird vollständig durch die Angabe des Drehwinkels ϕ beschrieben, d.h. es
existiert ein Freiheitsgrad. Die kinetische Energie eines Systems von Massenpunkten ist
gegeben durch
X mi 2
T =
~r˙i .
2
i
38
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Aufgrund der Rotationsbewegung ist
~r˙i = ω
~ × ~ri = ω~n × ~ri ,
mit ~n = ωω~ . Hieraus folgt für die kinetische Energie
X mi
T =
(~n × ~ri )2 ω 2 .
2
i
2
(~n × ~ri )2 = r⊥
ist das Quadrat des senkrechten Abstands von der Drehachse, siehe BILD
Für eine kontinuierliche Beschreibung makroskopischer Körper führt man die Massendichte durch
%(~r) = lim∆V →0
∆m(~r)
∆V (~r)
ein. Physikalische Größen wie die Gesamtmasse, der Schwerpunkt, der Gesamtimpuls,
... werden dann durch Volumenintegrale beschrieben, z.B.
Z
Z Z Z
M =
%(~r) dV =
%(~r) dx dy dz ,
V Z
V
~ = 1
~r %(~r) dV ,
R
M V
Z
~
P =
~r˙ %(~r) dV .
V
...
Für die Berechnung von Volumenintegralen ist es hilfreich an die Symmetrie des Integrationsvolumens angepasste Koordinaten zu verwenden, z.B. Kugelkoordinaten
Z Z Z
M=
%(r, Θ, ϕ) r2 sinΘ dr dΘ dϕ .
V
39
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Die kinetische Energie für eine kontinuierliche Massenverteilung ist gegeben durch
Z
ω2
ω2
%(~r)(~n × ~r)2 dV =
J,
T =
2 V
2
R
mit dem Trägheitsmoment J = V %(~r)(~n × ~r)2 dV .
Für konservative Kraftfelder existiert ein Potential und die Gesamtenergie ist erhalten. Da
das System nur einen Freiheitsgrad (den Drehwinkel ϕ um die feste Achse) hat, hängt
das Potential nur von ϕ ab.
E =T +V =
1
1 dϕ
1
J ω 2 + V (ϕ) = J ϕ̇2 + V (ϕ) = J ( )2 + V (ϕ) .
2
2
2
dt
Durch Umformung nach dt (Trennung der Variablen) erhält man
dt = q
dϕ
2
J
.
(E − V (ϕ))
Integration ergibt
Z ϕ
q
t − t0 =
ϕ0
dϕ 0
2
J
,
(E − V (ϕ 0 ))
also t(ϕ) woraus man durch Umkehrung ϕ(t) berechnen kann.
Drehimpulskomponente parallel zu ω
~:
~ starrer Körper ist im allgemeinen nicht parallel zu ω
Der Drehimpuls L
~ . Hier legen wir die
z-Achse unseres Koordinatensystems in die Richtung von ω
~ , d.h. ω
~ = ω~ez und ~n = ω
~ /ω =
~
~ez , und betrachten die Komponente von L in Richtung von ω
~ , also die z-Komponente von
~
L:
X
X
~ · ~n =
Lω = L
mi (~ri × ~r˙i ) · ~n =
mi (~n × ~ri ) · ~r˙i
i
=
X
mi (~n × ~ri ) · (~ω × ~ri ) =
i
i
X
mi (~n × ~ri )2 ω = J ω = J ϕ̇ .
i
Eine Änderung des Drehimpulses wird durch die Summe der durch die externen Kräfte
hervorgerufenen Drehmomente bewirkt
X
d~ X
~i = M
~ .
L=
~ri × F~i =
M
dt
i
i
40
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
~ haben wir also
Für die Zeitableitung der drehachsenenparallelen Komponente von L
d~
~ · ~n, d.h.
L · ~n = M
dt
X
d
Lω = J ω̇ = J ϕ̈ =
(~ri × F~i ) · ~n = Mω
dt
i
X
X
=
(~n × ~ri ) · F~i =
ρi F~i · ~eϕi ,
i
i
wobei ρi der senkrechte Abstand zur Drehachse und ~eϕi der azimutale Einheitsvektor ist,
siehe BILD
Verschwindet Mω , so sind Lω und ω konstant und somit ist auch die kinetische Energie
erhalten. Im hier betrachteten Fall einer festen Drehachse ist dann auch ω
~ konstant.
Physikalisches Pendel:
Ein physikalisches Pendel ist ein starrer Körper, der im homogenen Kraftfeld der Erde um
eine horizontale Achse drehbar ist. Wir legen die z-Achse des Koordinatensystems in die
Richtung der Drehachse und orientieren das Koordinatensystem so, dass die x-Achse in
Richtung der Gravitationskraft zeigt
F~i = mi g~ex .
Hiermit ist
J ϕ̈ =
X
i
(~ri × F~i ) · ~n = −
X
mi yg = −M gRy ,
i
~ ist. Der Nullpunkt der Drehachse
wobei Ry die y-Komponente des Schwerpunktsvektors R
wird so gewält, dass Rz verschwindet, also ist
~ = (Rx , Ry , 0) = R(cos ϕ, sin ϕ, 0) .
R
BILD
41
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Wir erhalten eine nichtlineare Differentialgleichung 2. Ordnung für den Drehwinkel (mathematisches Pendel)
J ϕ̈ + M gR sin ϕ = 0 ,
bzw.
ϕ̈ +
M gR
sin ϕ = 0 .
J
Für kleine Drehwinkel können wir näherungsweise die Sinusfunktion durch das Argument
ersetzen (sin ϕ ≈ ϕ) und erhalten so eine Schwingungsdifferentialgleichung
ϕ̈ +
M gR
ϕ = 0,
J
die durch
ϕ(t) = A sin(ω̃t) + B cos(ω̃t)
q
mit der Kreisfrequenz ω̃ = MJgR gelöst wird.
Das Potential einer Masse mi im Schwerefeld ist gegeben durch
Vi = −mi gxi .
Das Gesamtpotential des starren Körpers erhalten wir durch Summation (bzw. Integration)
X
X
V (ϕ) =
Vi = −
mi gxi = −M gRx = −M gR cos ϕ .
i
i
Der Energiesatz des physikalischen Pendels lautet daher
1
E = T + V = J ϕ̇2 − M gR cos ϕ .
2
Leitet man diesen Ausdruck nach der Zeit ab, ergibt sich wiederum die nichtlineare Differentialgleichung 2. Ordnung für den Drehwinkel.
42
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Steiner’scher Satz:
Das Trägheitsmoment hängt von Richtung und Position der Drehachse ab. Der Steiner’sche Satz besagt, dass man das Trägheitsmoment um eine Achse einfach bestimmen
kann, wenn das Trägheitsmoment um eine parallele Achse durch den Schwerpunkt bekannt ist.
BILD
Wir legen wieder die z-Achse unseres Koordinatensystems in Richtung der Drehachsen.
Das Trägheitsmoment bzgl. der betrachteten Drehachse lautet
X
J =
mi (x2i + yi2 )
i
und das bzgl. der parallelen Achse durch den Schwerpunkt
X
JS =
mi (x̃2i + ỹi2 ) .
i
Laut Bild ist
xi = x̃i + Sx
,
yi = ỹi + Sy .
Damit ist J
J
=
X
=
X
mi ((x̃i + Sx )2 + (ỹi + Sy )2 )
i
i
mi (x̃2i + ỹi2 ) + (Sx2 + Sy2 )
X
mi + 2Sx
i
X
i
mi x̃i + 2Sy
X
mi ỹi
i
= JS + M S 2 ,
P
P
da i mi x̃i = i mi ỹi = 0, weil in diesem Koordinatensystem der Schwerpunkt auf der
z̃-Achse liegt.
Das Trägheitsmoment erhöht sich also um M S 2 bzgl. des Trägheitsmoments einer parallelen Drehachse, die durch den Schwerpunkt geht, wobei S der Abstand der beiden
Drehachsen ist. Das kleineste Trägheitsmoment hat man daher, wenn die Drehachse
durch den Schwerpunkt geht.
43
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
3.2
Der Trägheitstensor
ω
~ (t)
Wenn sich die Drehachse ~n(t) = ω(t)
zeitlich verändert, so hängt auch das Trägheitsmoment von der Zeit ab. Um solche Situationen beschreiben zu können, wird im folgenden
der Trägheitstensor eingeführt.
3.2.1
Kinetische Energie des starren Körpers
Die kinetische Energie ist gegeben durch
T =
2
1X
mi~r˙ 0 i ,
2 i
wobei ~r˙ 0 i die Geschwindigkeit der Masse mi in einem Inertialsystem ist.
Sei S 0 ein Inertialsystem und S ein körperfestes Bezugssystem, das sich mit dem starren
Körper mitbewegt und mitrotiert.
BILD
Dann ist
3
X
x0i (t)~ei 0
0
= ~r (t) = ~r0 (t) + ~r(t) = ~r0 (t) +
i=1
3
X
xi~ei (t) .
(36)
i=1
Die Geschwindigkeit im Inertialsystem ist gegeben durch (siehe Abschnitt 1.6, wobei S
und S 0 vertauscht wurden)
~r˙ 0 = ~r˙0 + ~r˙ + ω
~ × ~r .
(37)
Da die Komponenten xi im körperfesten Koordinatensystem zeitunabhängig sind, verschwindet die Geschwindigkeit in S, d.h., ~r˙ = 0 und die Gesamtgeschwindigkeit im Inertialsystem S 0 setzt sich daher zusammen aus der Translationsgeschwindigkeit und der
Rotation des starren Körpers relativ zu S 0 , also
~r˙ 0 = ~r˙0 + ω
~ × ~r .
(38)
44
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Hieraus folgt für die kinetische Energie
2
1X
1X
mi~r˙ 0 i =
mi (~r˙0 + ω
~ × ~ri )2
2 i
2 i
X
X
2
1
1X
=
mi~r˙0 +
mi (~ω × ~ri )2 +
mi (~ω × ~ri ) · ~r˙0 .
2 i
2 i
i
T =
Durch zyklische Vertauschung des Spatprodukts kann der dritte Term geschrieben werden als
X
mi (~r˙0 × ω
~ ) · ~ri .
i
Es gibt nun zwei Möglichkeiten:
i) Ein Punkt des Körpers bleibt während der Bewegung raumfest (Kreisel). In diesem Fall
legt man sinnvollerweise die Ursprünge der Koordinatensysteme S und S 0 in diesen Punkt
und erhält ~r0 = 0 also ~r˙0 = 0 und der dritte Term verschwindet.
ii) Bleibt kein Punkt raumfest,
legt man den Ursprung von S in den Schwerpunkt des
P
Körpers. Dann ist aber i mi~ri = 0 und der dritte Term verschwindet wiederum.
Als Ergebnis kann die kinetische Energie T als Summe eines Translationsanteils Tt und
eines Rotationsanteils Tr geschrieben werden
2
1X
1
mi (~ω × ~ri )2 .
T = Tt + Tr = M ~r˙0 +
2
2 i
Im folgenden wollen wir Tr genauer untersuchen. Für Vektoren gilt allgemein
(~a × ~b)2 = a2 b2 − (~a · ~b)2 ,
d.h. es ist
(~ω × ~ri )2 = ω 2 ri2 − (~ω · ~ri )2
= (ω12 + ω22 + ω32 )(x2i1 + x2i2 + x2i3 ) − (ω1 xi1 + ω2 xi2 + ω3 xi3 )2 .
Einsetzen und ordnen ergibt
X
X
X
2Tr = ω12
mi (x2i2 + x2i3 ) − ω1 ω2
mi xi1 xi2 − ω1 ω3
mi xi1 xi3
i
i
−ω2 ω1
X
−ω3 ω1
X
i
i
mi xi2 xi1 +
ω22
X
i
mi (x2i1
+
x2i3 )
− ω2 ω3
i
mi xi3 xi1 − ω3 ω2
X
mi xi2 xi3
i
X
mi xi3 xi2 +
i
ω32
X
i
45
mi (x2i1 + x2i2 ) .
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Definiert man die Komponenten des Trägheitstensors als
X
Jlm =
mi (ri2 δl,m − xil xim )
i
für l, m = 1, 2, 3, so kann Tr geschrieben werden als
3
1
1 X
~ Jω
~.
ωl Jlm ωm ≡ ω
Tr =
2 l,m=1
2
Der Trägheitstensor J entspricht einer 3x3-Matrix mit den Einträgen:

 P
P
P
2
2
)
−
m
x
x
−
m
x
x
+
x
m
(x
i
i1
i2
i
i1
i3
i
i3
i2
iP
Pi
P i 2
− i mi xi2 xi3  ,
mi (xi1 + x2i3 ) P
J =  − Pi mi xi2 xi1
iP
2
2
− i mi xi3 xi1
− i mi xi3 xi2
i mi (xi1 + xi2 )
d.h. die Matrix ist symmetrisch, also Jlm = Jml und hat somit 6 unabhängige Elemente.
Für eine kontinuierliche Massenverteiltung muss man die Summe in ein Integral überführen
und die Komponenten des Trägheitstensors definieren als
Z
Jlm = dV %(~r)(r2 δl,m − xl xm ) .
Tensoren:
Generell sind Tensoren k-ter Stufe Größen, die k Indizes tragen, von denen jeder von 1
bis n läuft, und die bei Koordinatendrehungen bestimmten Gesetzen genügen.
k = 0: Ein Tensor nullter Stufe ist ein Skalar, der bei Koordinatendrehung invariant bleibt
r̃ = r.
k = 1: Ein Tensor erster Stufe ist ein Vektor, der sich bei Koordinatendrehung transformiert
wie
X
x̃i =
Dij xj ,
j
wobei Dij die Komponenten einer Drehmatrix sind.
Bzw. in Vektor-Matrixschreibweise hat man
~r̃ = D ~r ,
k = 2: Ein Tensor zweiter Stufe transformiert sich bei Koordinatendrehung wie
X
X̃ij =
Dil Xlm Djm .
l,m
Tensoren zweiter Ordnung lassen sich als quadratische Matrizen schreiben.
In Matrixschreibweise hat man
X̃ = DX DT ,
T
wobei DT die zu D transponierte Matrix ist, also Di,j
= Dj,i .
46
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Eigenschaften von Drehmatrizen:
Drehmatrizen beschreiben Drehungen von Objekten und Koordinatensystemen. Seien
S und S 0 zwei Koordinatensysteme mit denselben Ursprüngen, die relativ zueinander
gedreht sind. Die Einheitsvektoren in S und S 0 sind über die Drehmatrix D miteinander
verknüpft
X
~ej 0 =
Djk~ek .
k
Multipliziert man skalar mit ~el erhält man
X
X
~ej 0 · ~el =
Djk~ek · ~el =
Djk δk,l = Djl = cos ϕjl ,
k
k
d.h. die Komponenten der Drehmatrix sind gleich dem Cosinus der Winkel zwischen den
Basisvektoren in S und S 0 .
Bsp. Drehung um die z-Achse um den Winkel ϕ.
BILD


cos ϕ sin ϕ 0
D =  − sin ϕ cos ϕ 0  ,
0
0
1
da cos( π2 ± ϕ) = ∓ sin(ϕ).
Mehrfache Drehungen, die nacheinander ausgeführt werden, werden durch Multiplikation
von Drehmatrizen beschrieben Dgesamt = D1 D2 ...
Die zu D inverse Matrix bezeichnet man mit D−1 und es gilt DD−1 = D−1 D = E, wobei E
die Einheitsmatrix mit den Komponenten Eij = δi,j ist.
Für Drehmatrizen ist die inverse Matrix gleich der transponierten Matrix, also ist D−1 =
T
DT , mit Di,j = Dj,i
. Hieraus folgt
X
X
−1
δi,j =
Dim Dmj
=
Dim Djm ,
m
δi,j =
X
m
m
−1
Dim
Dmj
=
X
Dmi Dmj ,
m
47
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
die sogenannte Zeilen- und Spalten-Orthogonalität der Drehmatrizen. Erstere Eigenschaft
entspricht der Orthonormiertheit der gedrehten Eigenvektoren
X
X
δi,j = ~ei 0 · ~ej 0 =
Dik Djl~ek · ~el =
Dil Djl ,
k,l
l
da ~ek · ~el = δk,l ist.
Damit ein Rechtssystem mit ~e1 · (~e2 × ~e3 ) = 1 in ein Rechtssystem mit ~e1 0 · (~e2 0 × ~e3 0 ) = 1
transformiert wird, muss außerdem die Determinante der Drehmatrix den Wert 1 haben.
Eigenschaften des Trägheitstensors:
1) Hauptachsentransformation
Da der Trägheitstensor J eine reelle und symmetrische Matrix darstellt, kann er durch
Drehung des Koordinatensystems (DJ DT ) in Diagonalform gebracht werden (Hauptachsentransformation). In diesem Koordinatensystem hat der Trägheitstensor die Form


A 0 0
J = 0 B 0 .
0 0 C
A, B und C sind die Hauptträgheitsmomente.
Sind alle 3 Hauptträgheitsmomente unterschiedlich spricht man von einem unsymmetrischen Kreisel, sind 2 gleich hat man einen symmetrischen Kreisel und den Fall A = B =
C bezeichnet man als Kugelkreisel.
2) Zusammenhang mit dem Trägheitsmoment
Die kinetische Energie der Rotation gegeben durch
3
3
1 2 X
1
1 X
ωl Jlm ωm = ω
Jlm nm nl = ω 2 J~n ,
Tr =
2 l,m=1
2 l,m=1
2
mit dem Trägheitsmoment J~n =
(n1 , n2 , n3 ).
P3
l,m=1
Jlm nm nl = ~nJ ~n bzgl. der Drehachse ~n =
ω
~
ω
=
3) Trägheitsellipsoid
Der Zusammenhang zwischen Trägheitsmoment und Trägheitstensor kann mit dem Trägheitsellipsoid veranschaulicht werden. Das Trägheitsellipsoid erhält man, wenn man dem Trägheitstensor eine dreidimensionale Fläche zuordnet durch
X
1=
Jl,m xl xm = J1,1 x21 + J2,2 x22 + J2,2 x23 + 2J1,2 x1 x2 + 2J1,3 x1 x3 + 2J2,3 x2 x3 .
l,m
48
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
BILD
Betrachtet man eine beliebige Achse, deren
P Richtung durch den Einheitsvektor ~n beschrieben wird, so gilt aufgrund von J~n = 3l,m=1 Jlm nm nl für die Koordinaten des Punktes in dem die Gerade das Trägheitsellipsoid durchstößt
ni
xi = √ .
J~n
Hieraus folgt für den Abstand dieses Punktes vom Ursprung
r
s
X
1 2
1
2
xi =
(n1 + n22 + n23 ) = √ ,
J~n
J~n
i
d.h. der Abstand liefert unmittelbar das Trägheitsmoment bzgl. der Achse ~n.
Durch Drehung des Koordinatensystems kann man das Ellipsoid auf seine Normalform
bringen, in der die Koordinatenachsen parallel zu den Symmetrieachsen sind. In diesem
ausgezeichneten Koordinatensystem (Hauptachsensystem) ist der Trägheitstensor diagonal


A 0 0
J = 0 B 0 .
0 0 C
und das Rotationsellipsoid gegeben durch
X
1=
Jl,m xl xm = Ax21 + Bx22 + Cx23 ,
l,m
d.h. das Ellipsoid hat die Achsenlängen
√1 , √1
A
B
und
√1 .
C
Im Hauptachsensystem ist die kinetische Rotationsenergie gegeben durch
3
1 X
1
Tr =
ωl Jlm ωm = (Aω12 + Bω22 + Cω32 ) .
2 l,m=1
2
49
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
3.2.2
Drehimpuls des starren Körpers
Wir gehen aus vom allgemeinen Ausdruck im Inertialsystem S 0
X
~ 0=
L
mi~ri 0 × ~r˙i 0 .
i
Ersetzen von ~ri 0 = ~r0 + ~ri und ~ri˙ 0 = ~r˙0 + ω
~ × ~ri ergibt
X
X
~ 0 =
L
mi~r0 × ~r˙0 +
mi~r0 × (~ω × ~ri )
i
+
i
X
mi~ri × ~r˙0 +
X
i
mi~ri × (~ω × ~ri ) .
i
Wenn wir P
den Ursprung des körperfesten Koordinatensystems S in den Schwerpunkt
setzen ist i mi~ri = 0 und der zweite und dritte Term in der obigen Formel verschwinden,
d.h. wir erhalten
X
~ 0 = M~r0 × ~r˙0 +
~S + L
~,
L
mi~ri × (~ω × ~ri ) = L
i
~ S stellt den Drehimpuls der im Schwerpunkt vereinigten Gesamtmasse des Systems
L
dar.
Im folgenden soll der körpereigene Drehimpuls
X
X
~ =
L
mi~ri × (~ω × ~ri ) =
mi (ri2 ω
~ − (~ri · ω
~ )~ri )
i
i
genauer untersucht werden. Durch skalare Multiplikation mit ω
~ erhalten wir
X
X
~ =
ω
~ ·L
mi (ri2 ω 2 − (~ri · ω
~ )2 ) =
mi (~ri × ω
~ )2 .
i
Mit Tr =
P
1
2
i
i
mi (~ω × ~ri )2 erhalten wir
1
~.
Tr = ω
~ ·L
2
~ kleiAufgrund der Positivität der kinetischen Energie muss der Winkel zwischen ω
~ und L
ner oder gleich π2 sein.
Der Drehimpuls
X
~ =
~ − (~ri · ω
~ )~ri )
L
mi (ri2 ω
i
ist identisch mit
X
Ll =
Jlm ωm ,
m
50
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
wie man durch berechnen der Komponenten beider Ausdrücke bestätigen kann. Der letzte Ausdruck ist in Vektor-Matrixschreibweise identisch mit
~ = Jω
L
~.
~ also gegeben durch
Im Hauptachsensystem ist L
~ = (Aω1 , Bω2 , Cω3 ) .
L
3.3
Elemente der Kreiseltheorie
Wir betrachten starre Körper mit einem raumfesten Punkte, den wir als Ursprung des
körperfesten Koordinatensystems S wählen.
3.3.1
Kinetische Energie des starren Körpers
In einem Inertialsystem (S 0 ) ist die zeitliche Änderung des Drehimpulses gegeben durch
d~
~ .
L=M
dt
Da aufgrund der Rotationsbewegung des starren Körpers die Komponenten der Winkelgeschwindigkeit und des Trägheitstensors zeitabhängig sind, ist es sehr kompliziert
die Dynamik im Inertialsystem zu beschreiben. Stattdessen wählen wir ein mitrotierendes körperfestes Bezugssystem S, dessen Achsen parallel zu den Hauptträgheitsachsen
sind, und transformieren die Zeitableitung gemäß
d
d
=
+ω
~×.
dt S 0
dt S
In S ist daher die zeitliche Änderung des Drehimpulses gegeben durch
~ =L
~˙ + (~ω × L)
~ .
M
Die Komponenten von ω
~ bezeichnen wir als p, q, r, d.h.
ω
~ = p~ex + q~ey + r~ez .
Da die Achsen von S parallel zu den Hauptträgheitsachsen sind, ist der Drehimpuls gegeben durch
~ = Jω
L
~ = Ap~ex + Bq~ey + Cr~ez .
Hieraus folgt
~ = Aṗ~ex + B q̇~ey + C ṙ~ez + ~ex (qCr − rBq) + ~ey (rAp − pCr) + ~ez (pBq − qAp) ,
M
51
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
bzw. komponentenweise
Mx = Aṗ + (C − B)qr ,
My = B q̇ + (A − C)rp ,
Mz = C ṙ + (B − A)pq .
Dies sind die sogenannten Euler’schen Gleichungen, die die Drehbewegung starrer Körper
beschreiben. Die Gleichungen sind ein nichtlineares gekoppeltes System von Differentialgleichungen für die Komponenten p, q, r der Winkelgeschwindigkeit ω
~ im körperfesten Hauptachsensystem. Die Komponenten des Drehmoments müssen daher auch im
körperfesten Hauptachsensystem angegeben werden bzw. in dieses transformiert werden.
Um nach Lösung der Euler’schen Gleichungen die Bewegung des starren Körpers im
Inertialsystem diskutieren zu können, muss man die Ergebnisse zurücktransformieren
(hierzu später mehr).
3.3.2
Rotationen um freie Achsen
Die Bewegungsgleichungen des kräftefreien Kreisels mit verschwindenden äußeren Drehmomenten lauten
0 = Aṗ + (C − B)qr ,
0 = B q̇ + (A − C)rp ,
0 = C ṙ + (B − A)pq .
Multiplikation der ersten Gleichung mit p, der zweiten Gleichung mit q und der dritten
Gleichung mit r führt auf
0 = Apṗ + Bq q̇ + Crṙ =
d1
d
(Ap2 + Bq 2 + Cr2 ) = Tr .
dt 2
dt
Die kinetische Energie, die ohne Kräfte gleich der Gesamtenergie ist, ist also erhalten.
Multiplikation der ersten Gleichung mit Ap, der zweiten Gleichung mit Bq und der dritten
Gleichung mit Cr führt auf
0 = A2 pṗ + B 2 q q̇ + C 2 rṙ =
d1 2 2
d1 ~ 2
(A p + B 2 q 2 + C 2 r2 ) =
|L| ,
dt 2
dt 2
d.h., der Betrag des Drehimpulses ist im Hauptachsensystem erhalten.
~ = Ap~ex + Bq~ey + Cr~ez erhalten ist, muss gelten, dass
Damit auch die Richtung von L
ṗ = q̇ = ṙ = 0 ist. Aus den Bewegungsgleichungen des kräftefreien Kreisels wird dann
0 = (C − B)qr = (A − C)rp = (B − A)pq .
Wenn die Hauptträgheitsmomente A, B und C alle unterschiedlich sind, müssen zwei
~ parallel zueinander, zeigen in
der Komponenten p, q, r verschwinden. Damit sind ω
~ und L
Richtung einer Hauptträgheitsachse und sind zeitlich konstant.
52
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Die Richtung der Drehachse ist sowohl im körperfesten als auch im raumfesten Inertialsystem konstant. Diese Achsen, um die der starre Körper stabil rotieren kann, nennt man
freie Achsen.
Beispiel: Kräftefreier Kreisel
Ist der Schwerpunkt der feste Punkt des Kreisels und Urspung des körperfesten Koordinatensystems, so verschwinden die Drehmomente
X
~ =
~ × ~g ) = 0 ,
M
~ri × mi~g = M (R
i
~ = 0 ist.
da R
3.3.3
Kräfefreier symmetrischer Kreisel
Es sind zwei der Hauptträgheitsmomente gleich, z.B.
A = B 6= C .
Die ausgezeichnete Achse im Hauptachsensystem (hier die z-Achse) nennt man Figurenachse. Die Bewegungsgleichungen des kräftefreien symmetrischen Kreisels lauten
0 = Aṗ + (C − A)qr ,
0 = Aq̇ + (A − C)rp ,
0 = C ṙ .
Hieraus ergibt sich direkt, dass r = r0 = const. ist, d.h. die z-Komponente der Winkelgeschwindigkeit ist erhalten.
Aus den ersten beiden Euler’schen Gleichungen erhalten wir
(A − C)r0
q,
A
(A − C)r0
0 = q̇ +
p.
A
0 = ṗ −
Einführen von Ω =
(A−C)r0
A
und Ableiten nach der Zeit ergibt
0 = p̈ − Ω q̇ = p̈ + Ω2 p ,
0 = q̈ + Ω ṗ = q̈ + Ω2 q ,
d.h. wir erhalten Schwingungsdifferentialgleichungen für p und q. Die Lösungen, die auch
die Euler’schen Gleichungen lösen, lauten
p(t) = α sin(Ωt + β) ,
q(t) = α cos(Ωt + β) .
53
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Neben der z-Komponente von ω
~ = p~ex + q~ey + r~ez ist auch die Länge von ω
~ wegen
2
2
2
2
2
2
ω = p + q + r = r0 + α erhalten. Die Projektion von ω
~ in die x-y-Ebene beschreibt
einen Kreis mit Radius α.
BILD
ω
~ bewegt sich also mit der Winkelgeschwindigkeit Ω auf einem Kreiskegel, dem sogenannten Polkegel, um die Figurenachse. Der feste Winkel zwischen Figurenachse und ω
~
ist gegeben durch tan γ = rα0 .
~ = A(p(t)~ex + q(t)~ey ) + Cr0~ez . Da A 6= C
Mit ω
~ = p(t)~ex + q(t)~ey + r0~ez ist der Drehimpuls L
~ nicht parallel zueinander, bewegen sich aber gleichphasig. Die Azimuist, sind ω
~ und L
talwinkel, die die Projektion in die x-y-Ebene beschreiben, sind gleich, aber der Winkel
~ und der Figurenachse ist bestimmt durch tan γ ~ = Aα , d.h. γ ~ ist je nach
zwischen L
L
L
Cr0
Verhältnis zwischen A und C größer oder kleiner als γ. Diese Kreisbewegung von ω
~ und
~
L um die Figurenachse nennt man Nutation.
Beispiel:
Die Form der Erde ist näherunsgweise ein symmetrischer Kreisel (wobei die Erde nicht
wirklich starr ist). Die Figurenachse, die durch den geometrischen Nordpol geht, und die
Drehachse ω, die einen kinematischen Nordpol definiert, sind nicht exakt parallel. Daher
umkreist der kinematische Nordpol den geometrischen Nordpol auf einem Kreis mit ca.
10 m und mit einer Periode von ca. 433 Tagen (Chandler’sche Periode).
Transformation ins Inertialsystem
Wir haben die Euler’schen Gleichungen im körperfesten Hauptachsensystem gelöst. Will
man die Kreiselbewegung von außen beschreiben, muss man die Ergebnisse in ein raumfesten Koordinatensystem transformieren. Hierzu werden die sogenannten Euler’schen
Winkel verwendet, die angeben wie ein körperfestes Koordinatensystem S gegen ein
raumfestes Koordinatensystem S 0 verdreht ist. Man benötigt 3 Einzeldrehungen, um die
beiden Koordinatensysteme ineinander zu überführen. Da Drehungen im allgemeinen
nicht kommutativ sind, ist die Reihenfolge der Drehungen wichtig.
1) Drehung von S 0 um die z 0 -Achse um den Winkel ϕ.
2) Drehung von S 0 um die Knotenlinie (=Schnittlinie der x-y-Ebene mit der x 0 -y 0 -Ebene)
um den Winkel θ so dass die neue z 0 -Achse mit der z-Achse übereinstimmt.
54
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
3) Drehung um die neue z 0 -Achse (, die mit der z-Achse übereinstimmt) um den Winkel
ψ bis die x 0 - und die y 0 -Achse mit der x- und der y-Achse übereinstimmen.
BILD
Mit den Euler’schen Winkeln ϕ(t), θ(t) und ψ(t) kann man zu jedem Zeitpunkt das raumfeste in das körperfeste Koordinatensystem überführen.
Die Winkelgeschwindigkeiten der Teildrehungen werden nach Komponenten der körperfesten Achsen zerlegt
1) ϕ̇~ez 0 = ϕ̇(sin θ sin ψ ~ex + sin θ cos ψ ~ey + cos θ ~ez ).
2) θ̇~eK = θ̇(cos ψ ~ex − sin ψ ~ey ).
3) ψ̇~ez = ψ̇~ez .
Die gesamte Winkelgeschwindigkeit ist die Vektorsumme dieser drei Beiträge. Ein Vergleich mit
ω
~ = p~ex + q~ey + r~ez .
ergibt dann
p = ϕ̇ sin θ sin ψ + θ̇ cos ψ ,
q = ϕ̇ sin θ cos ψ − θ̇ sin ψ ,
r = ϕ̇ cos θ − ψ̇ .
Hat man die Euler’schen Gleichungen gelöst und p(t), q(t), r(t) berechnet, so kann man
mit den obigen Gleichungen die Euler’schen Winkel bestimmen und die Lage des Kreisels im raumfesten Koordinatensystem angeben.
Für den kräftefreien symmetrischen Kreisel ist also folgendes Gleichungssystem zu lösen
p(t) = α sin(Ωt + β) = ϕ̇ sin θ sin ψ + θ̇ cos ψ ,
q(t) = α cos(Ωt + β) = ϕ̇ sin θ cos ψ − θ̇ sin ψ ,
r = r0 = ϕ̇ cos θ − ψ̇ .
55
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Die Lösung ergibt sich als
A−C
ψ(t) = Ωt + β =
r0 t + β ,
A
α
ϕ(t) =
t + ϕ0 ,
sin θ0
θ = θ0 ,
mit tan θ0 =
αA
.
r0 C
~ 0 erhalten. DaDa die Bewegung kräftefrei erfolgt, ist der Drehimpuls im Inertialsystem L
0
0
~ wählen.
her kann man die z -Achse in Richtung von L
Diskussion:
1) Die Figurenachse (z) und die z 0 -Achse bilden den festen Winkel θ0 . Die Figurenachse
bewegt sich mit der Winkelgeschwindigkeit ϕ̇ auf dem Nutationskegel um die Richtung
des Drehimpulses im Inertialsystem.
2) ψ̇ ist die Winkelgeschwindigkeit mit der sich die x-y-Ebene um die körperfeste Figurenachse (z) dreht.
3) Die Winkelgeschwindigkeit ω
~ = ϕ̇~ez 0 + ψ̇~ez liegt in der z-z 0 -Ebene und rotiert mit der Figurenachse auf dem sogenannten Spurkegel um die raumfeste Drehimpulsrichtung. Die
momentane Drehachse ω
~ und die Figurenachse bilden den Winkel γ (siehe oben).
BILD
56
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
4
Lagrange-Mechanik
In den folgenden zwei Kapiteln sollen die Grundprinzipien der Massenpunktmechanik
dargestellt werden und neuartige Formulierungen der Bewegungsgleichungen entwickelt
werden. Auch wenn der Gültigkeitsbereich der neuen Formalismen nicht über den der
Newtonschen Gleichungen hinausgeht, ist die Verwendung der neuen Formalismen aus
verschiedenen Gründen und oft auch für konkrete Probleme (z.B. mit Symmetrien, eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten, ...) vorteilhaft. Zudem haben einige der vorgestellten Prinzipien eine übergeordnete Bedeutung, da sie nicht nur auf mechanische Probleme
sondern auch auf andere Gebiete der Physik anwendbar sind.
4.1
Zwangskräfte und Lagrangesche Multiplikatoren
Wir wollen die Bewegung von Massenpunkten beschreiben, die im Raum einschränkt ist.
Beispielsweise von einem Massenpunkt, der sich nur auf einer Fläche, die durch
f (x, y, z, t) = 0
definiert ist, bewegen kann. Oder von einem Massenpunkt, der sich nur auf einer festgelegten Bahn, die durch zwei Gleichungen
f1 (x, y, z, t) = 0
und
f2 (x, y, z, t) = 0
beschrieben wird, bewegt.
Man kann nun entweder die Bewegung des Massenpunkts unter Einwirkung der äußeren
Kraft F~ mit den Zwangsbedingungen fi = 0 berechnen. Alternativ kann man die Einschränkungen der Bewegung durch sogenannte Zwangskräfte F~ (Z) i beschreiben, die
zusätzlich zu den äußeren Kräften auf den Massenpunkt wirken. Die Bewegungsgleichung lautet dann
X
m~¨r = F~ +
F~ (Z) i .
i
Die Zwangskräfte sind allerdings zunächst noch unbekannt, da sie von der Bewegung
des Massenpunkts abhängen.
Bei der Zwangsbedingung f (x, y, z, t) = 0 steht die Zwangskraft senkrecht auf der durch
f definierten Fläche, da sie den Massenpunkt ja gerade auf dieser Fläche hält. Es ist also
~ (x, y, z, t) ,
F~ (Z) = λ∇f
wobei λ ein sogenannter Lagrangescher Multiplikator ist.
57
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Somit lauten die zu lösenden Gleichungen
~
m~¨r = F~ + λ∇f
und
f = 0.
Das sind vier Gleichungen für die vier Variablen ~r und λ. In Komponenten lauten die
Bewegungsgleichungen
mẍ = Fx + λ
∂f
,
∂x
mÿ = Fy + λ
∂f
,
∂y
mz̈ = Fz + λ
∂f
.
∂z
(39)
Wenn die Zwangsbedingung eine zeitunabhängige Fläche beschreibt, f (x, y, z) = 0,
dann ist der Lösungsweg einfach. Wir differenzieren f nach der Zeit, d.h. wir bilden die
totale Zeitableitung
∂f
∂f
∂f
∂f
d
f (x, y, z) =
ẋ +
ẏ +
ż +
= 0.
dt
∂x
∂y
∂z
∂t
|{z}
=0
In die zweite totale Zeitableitung von f
d2 f
=
dt2
∂ 2f 2
∂ 2f 2
∂ 2f 2
∂f
∂f
∂f
ẋ
+
ẏ
+
ż +
ẍ +
ÿ +
z̈
2
2
2
∂x
∂y
∂z
∂x
∂y
∂z
∂ 2f
∂ 2f
∂ 2f
+2
ẋẏ + 2
ẋż + 2
ẏ ż = 0
∂x∂y
∂x∂z
∂y∂z
setzen wir für ẍ, ÿ und z̈, die Bewegungsgleichungen, Gl. (39), ein und können dann
auflösen nach λ = λ(x, y, z, ẋ, ẏ, ż). Damit ist der Lagrangesche Parameter λ eine bekannte Funktion der Koordinaten und der Geschwindigkeiten, mit der die Bewegungsgleichungen gelöst werden können.
Beispiel: Massenpunkt auf der Ebene z = 0
Wir fordern für einen Massenpunkt in einem beliebigen Potential V (~r) die Zwangsbedingung f (x, y, z) = z(t) = 0. Das ergibt die Bewegungsgleichung
~ = λ∇f
~
m~¨r + ∇V
bzw. in Komponenten
mẍ +
∂V
= 0,
∂x
mÿ +
∂V
= 0,
∂y
mz̈ +
∂V
∂f
= λ
.
∂z
∂z
|{z}
(Z)
Fz
Nach unserem Lösungsschema ist
∂f
∂f
= 0,
= 0,
∂x
∂y
df
∂f
∂f
∂f
∂f
= 0 =
ẋ +
ẏ +
ż =
ż = ż,
dt
∂x
∂y
∂z
∂z
d2 f
d
=
ż = z̈ = 0 .
dt2
dt
f (x, y, z) = z(t) = 0,
58
∂f
= 1,
∂z
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
In die letzte Gleichung setzen wir die Bewegungsgleichung ein
λ ∂f
d2 f
−1 ∂V
+
=
0
=
z̈
=
dt2
m ∂z
m ∂z
Hieraus ergibt sich
mẍ +
∂V
∂x
=
0,
mÿ +
⇒
∂V
= 0,
∂y
λ=+
∂V
.
∂z
Fz(Z) = +
z(t) = 0 ,
∂V
.
∂z
In der x-y-Ebene kann sich der Massenpunkt also frei bewegen. Die z-Komponente der
(Z)
äußeren Kraft F~ wird exakt durch die Zwangskraft Fz kompensiert und der Massenpunkt bleibt daher bei z = 0. Dies kennen wir aus dem täglichen Leben, denn die Zwangskraft, mit der der Fußboden unserer Schwerebeschleunigung entgegenwirkt, kompensiert
diese Kraft exakt.
Beispiel: Massenpunkt auf einer schiefen Ebene im Schwerefeld
Die Zwangsbedingung
f (x, y, z) = z − x tan α ,
führt zu Bewegungsgleichungen
∂f
= − λ tan α ,
(∗)
∂x
∂f
= 0,
= λ
∂y
∂f
= λ
− mg = λ − mg . (∗∗)
∂z
mẍ = λ
mÿ
mz̈
Die totalen Zeitableitungen von f sind
df
= 0
dt
BILD
d2 f
= 0
dt2
Multiplikation der letzten Zeile mit m ergibt
−mẍ tan α + mz̈ = 0 .
Einsetzen der Bewegungsgleichungen (*) und (**) führt auf
−(−λ tan α) tan α + (−mg + λ) = 0 .
Auflösen nach λ ergibt
λ(1 + tan2 α) − mg = 0 ,
59
∂f
∂f
∂f
ẋ +
ẏ +
ż
∂x
∂y
∂z
= ż − ẋ tan α ,
=
= z̈ − ẍ tan α .
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
was wegen
1+
cos 2 α + sin 2 α
1
sin2 α
=
=
2
2
cos α
cos α
cos2 α
umgeformt werden kann in
λ
− mg = 0
cos2 α
⇒
λ = mg cos 2 α .
Damit ist λ bestimmt und kann in die Bewegungsgleichungen eingesetzt werden
mẍ = −mg sin α cos α ,
mÿ = 0 ,
mz̈ = −mg + mg cos2 α = − mg sin 2 α .
Anmerkung: Zwangsbedingungen, die man in der Form f (x, y, z, t) = 0 angeben kann,
nennt man holonom. Ein Beispiel für eine nicht holonome Zwangsbedingung ist die Bewegung innerhalb einer Kugel, also x2 + y 2 + z 2 ≤ R2 .
Bei den holonomen Zwangsbedingungen unterscheidet man zwischen
holonom-skleronom, wenn ∂f
= 0 ist, und
∂t
∂f
holonom-rheonom, wenn ∂t 6= 0 ist.
4.2
Gleichgewicht der Kräfte und virtuelle Arbeit
Ein Gleichgewicht ist durch ~r˙ = 0 und ~¨r = 0 gekennzeichnet. In einem System mit
Zwangskräften muss also F~ + F~ (Z) = 0 gelten, d.h. die Gleichgewichtsbedingung lautet
~ = 0.
F~ + λ∇f
Beispiel: Die Bewegung eines Massenpunkts im Schwerefeld
Fx = 0,
Fy = 0,
Fz = − mg,
sei auf die Kugel
f (x, y, z) = x2 + y 2 + z 2 − R2 = 0
beschränkt.
Dann ist
∂f
= 2x,
∂x
∂f
= 2y,
∂y
∂f
= 2z.
∂z
Die Gleichgewichtsbedingung
~ = 0
F~ + λ∇f
60
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
wird zu
2λx = 0,
2λy = 0,
−mg + 2λz = 0
⇒
λ=
mg
.
2z
Der Massenpunkt ist also nur für x = 0, y = 0, im Gleichgewicht. Dann ist aber wegen
und somit
der Kugelgleichung z = ±R, d.h. es ist λ = ± mg
2R
F~ (Z) GG = λ2z~ez = +mg~ez = −F~ .
Im Gleichgewicht kompensiert die Zwangskraft gerade genau die Schwerkraft.
Virtuelle Verrückung
Der Ort des Massenpunkts wird um eine kleine “virtuelle Verrückung” (δx, δy, δz) = δ~r
räumlich verschoben, wobei keine Translation in der Zeit erfolgt (δt = 0). Die Verrückung
soll klein sein und in alle Richtungen erfolgen, die mit den Zwangsbedingungen verträglich
sind.
Das “virtuelle” dieser Verrückung sieht man für zeitabhängige Zwangsbedingungen sofort:
Bei einer reellen Bewegung des Massenpunkts würde die Zwangsbedingung gemäß
f (x, y, z, t) −→ f (x + dx, y + dy, z + dz, t + dt)
verändert und es gilt f (x, y, z, t) = f (x + dx, y + dy, z + dz, t + dt) = 0. Daher verschwindet
das totale Differential von f
df =
∂f
∂f
∂f
∂f
dx +
dy +
dz +
dt = 0 .
∂x
∂y
∂z
∂t
Bei einer virtuellen Verrückung dagegen soll δ~r = (δx, δy, δz) zur Zeit t mit der Zwangsbedingung zur Zeit t verträglich sein, also muss gelten
~ · δ~r = ∂f δx + ∂f δy + ∂f δz = 0 .
∇f
∂x
∂y
∂z
~ senkrecht auf der durch f definierten Fläche steht, gilt
Da die Zwangskraft F~ (Z) = λ∇f
(Z)
F~ · δ~r = 0 für jede virtuelle Verrückung, d.h. bei jeder virtuellen Verrückung verschwindet die Arbeit der Zwangskraft.
61
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Im Gleichgewicht gilt außerdem F~ + F~ (Z) = 0, also muss für jede virtuelle Verrückung im
Gleichgewicht
∆W = F~ · δ~r = 0
gelten, d.h. im Gleichgewicht verschwindet bei jeder virtuellen Verrückung die Arbeit der
äußeren Kraft.
Wegen F~ + F~ (Z) = 0 gilt für jede virtuellen Verrückung im Gleichgewicht zudem
~ ) · δ~r = 0
(F~ + λ∇f
bzw.
(Fx + λ
∂f
∂f
∂f
)δx + (Fy + λ )δy + (Fz + λ )δz = 0 .
∂x
∂y
∂z
Falls die Kraft konservativ ist, also ein zeitunabhängiges Potential hat, so wird die Gleichgewichtsbedingung
~ ) · δ~r = − δV .
F~ · δ~r = 0 = − (∇V
~ auf allen virtuellen VerrückunDer Massenpunkt ist in einer Gleichgewichtsposition, wenn ∇V
gen orthogonal ist. Dies kann zum Beispiel für den Massenpunkt auf der Kugeloberfläche
leicht nachgeprüft werden.
4.3
Das d’Alembertsche Prinzip
Wir starten wieder von der Bewegungsgleichung des Massenpunkts
F~ + F~ (Z) − m~¨r = 0 ,
die wir skalar mit δ~r multiplizieren
δ~r · F~ + δ~
F~ (Z)} −mδ~r · ~¨r = 0 .
|r ·{z
=0
Also gilt für alle virtuellen Verrückungen
(F~ − m~¨r) · δ~r = 0 .
Für einen freien Massenpunkt, für den δ~r beliebig ist, ist die obige Gleichung äquivalent
zur Newton-Gleichung F~ − m~¨r = 0. Für ein System, bei dem δ~r Einschränkungen unterworfen ist, gilt diese Äquivalenz allerdings nicht.
Die Nützlichkeit des d’Alembertschen Prinzips soll durch einige einfache Beispiele demonstriert werden.
62
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Beispiel: Flaschenzug im Gleichgewicht:
Das Problem ist eindimensional, deshalb
verzichten wir auf die Vektornotation. Zwei
Massen m und M sind durch ein Seil über
einen Flaschenzug so miteinander verbunden, dass δz1 = − 31 δz2 gilt. Die Massen von Seil und Flaschenzug werden vernachlässigt. Die Gleichgewichtsbedingung
∆W = F1 δz1 + F2 δz2 = 0
läßt sich auflösen zu F1 = 3F2 oder wegen
F1 = mg und F2 = M g zu m = 3M .
BILD
Atwoodsche Fallmaschine
Zwei Massen sind über ein masseloses Seil und eine masselose Rolle aneinander gekoppelt. Im Schwerefeld der Erde gilt
F1 = −m1 g ,
F2 = −m2 g .
Nach dem d’Alembertschen Prinzip ist
(F1 − m1 z̈ 1 )δz1 + (F2 − m2 z̈ 2 )δz2 = 0
Wegen der Zwangsbedingung δz1 = −δz2 muss auch z̈ 1 = −z̈ 2 gelten, d.h.
(−m1 g − m1 z̈ 1 )δz1 − (−m2 g + m2 z̈ 1 )δz1 = 0 ,
−m1 g + m2 g − m1 z̈ 1 − m2 z̈ 1 = 0 ,
z̈ 1 =
m2 − m1
g = a.
m1 + m2
Diese Bewegungsgleichung integrieren wir
sofort und erhalten
ż 1 (t) = at + v0 ,
a 2
z1 (t) =
t + v0 t + z0 .
2
BILD
63
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Zur Bestimmung des Kräftegleichgewichtes kann das d’Alembertsche Prinzip auch in vielen Fällen verwendet werden, die wenig mit der Bewegung eines Massenpunkts zu tun
haben.
Beispiel: Wie hoch steigt die Flüssigkeit in einer Kapillare?
Eine Flüssigkeit mit der Oberflächenspannung σ benetze die Kapillare vollständig.
Um den Flüssigkeitsspiegel in der Kapillare
um die Höhe δh anzuheben, wird die virtuelle Arbeit
δW1 = δV ρgh = πr2 hρ g δh
aufgebracht. Bei vollständiger Benetzung
des Rohres ändert sich dabei die freie
Oberfläche um
δA = −2π r δh .
BILD
Dies entspricht einer Änderung der Oberflächenenergie um
δW2 = δA σ = −2π r δh σ .
Das Prinzip der verschwindenden virtuellen Arbeit ergibt die Gleichgewichtsbedingung
⇒
4.4
BILD
δW1 + δW2 = 0 ,
π r2 h ρ δh g − 2π r σ δh = 0 ,
2σ 1
2π r σ δh
=
.
h=
2
π r ρ g δh
ρg r
Das Hamiltonsche Prinzip
Wir wollen die Frage untersuchen, wodurch
sich die von einem Massenpunkt durchlaufene “wahre” Bahn von anderen möglichen Bahnen unterscheidet. Der Massenpunkt bewege sich auf der Bahnkurve ~r(t)
von ~r(t0 ) nach ~r(t1 ). Die Bewegung auf dieser wahren Bahn genügt den Bewegungsgleichungen mit Zwangsbedingungen. Wir
wollen eine davon abweichende Bahnkurve
~r 0 (t) betrachten, die sich von ~r(t) nur um
die infinitesimale Verschiebung δ~r(t) unterscheidet
~r 0 (t) = ~r(t) + δ~r(t) .
64
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Anfangsort und Anfangszeit sowie Endort und Endzeit der Bahn sollen fest vorgegeben
sein und nicht variiert werden. D.h. es ist ~r 0 (t0 ) = ~r(t0 ) und ~r 0 (t1 ) = ~r(t1 ), also
δ~r(t0 ) = δ~r(t1 ) = 0 .
Bei gebundenen Systemen müssen die δ~r(t) mit den Zwangsbedingungen verträglich
sein. Wir untersuchen alle Bahnkurven ~r 0 (t), die diesen Bedingungen genügen.
In Komponenten (xi = x, y, z für i = 1, 2, 3) ist
~r(t) = (x1 (t), x2 (t), x3 (t))
und
~r˙ (t) = (ẋ1 (t), ẋ2 (t), ẋ3 (t)) .
Alle Bahnkoordinaten sollen zweimal stetig differenzierbare Funktionen der Zeit t sein.
Dann ist auch δ~r(t) zweimal stetig differenzierbar und es gilt
d 0
d
d
δxi (t) =
xi (t) − xi (t) = ẋ0i − ẋi = δ ẋi (t) ,
dt
dt
dt
also
d
d
δxi (t) = δ xi (t) = δ ẋi (t) .
dt
dt
Der Wert einer Funktion der Koordinaten des Massenpunkts, also Φ(x1 , x2 , x3 ; ẋ1 , ẋ2 , ẋ3 , t)
ändert sich bei der virtuellen Verrückung um
δΦ = Φ(x1 + δx1 , x2 + δx2 , x3 + δx3 ; ẋ1 + δ ẋ1 , ẋ2 + δ ẋ2 , ẋ3 + δ ẋ3 , t) − Φ(x1 , x2 , x3 ; ẋ1 , ẋ2 , ẋ3 , t)
∂Φ
∂Φ
∂Φ
∂Φ
∂Φ
∂Φ
δx1 +
δx2 +
δx3 +
δ ẋ1 +
δ ẋ2 +
δ ẋ3
≈
∂x1
∂x2
∂x3
∂ ẋ1
∂ ẋ2
∂ ẋ3
3 X
∂Φ
∂Φ
=
δxi +
δ ẋi .
∂xi
∂ ẋi
i=1
δΦ unterscheidet sich von einem totalen Differential dΦ durch das Fehlen eines Termes
mit der partiellen Ableitung nach t.
Wir betrachten nun das d’Alembertsche Prinzip
3
X
(Fi − mẍi )δxi = 0 .
(∗)
i=1
Wegen
d
(ẋi δxi ) = ẍi δxi + ẋi δ ẋi
ist
dt
d
d
1 2
ẍi δxi =
(ẋi δxi ) − ẋi δ ẋi = (ẋi δxi ) − δ
ẋ ,
dt
dt
2 i
da δ(ẋ2i ) = (ẋi + δ ẋi )2 − ẋ2i = ẋi 2 + 2ẋi δ ẋi + (δ ẋi )2 − ẋ2i = 2ẋi δ ẋi + (δ ẋi )2 ≈ 2ẋi δ ẋi , d.h. wir
berücksichtigen nur den in δ ẋi linearen Anteil.
65
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Damit ist
3
X
i=1
3
N
X
d X
1
mẋi 2
mẍi δxi =
mẋi δxi − δ
dt i=1
2
i=1
!
.
Mit (∗) ergibt sich die Lagrangesche Zentralgleichung
!
3
N
3
X
X
d X
1
2
mẋi δxi = δ
mẋi +
Fi δxi = δT + δW
dt i=1
2
i=1
i=1
mit der Variation der kinetischen Energie δT und der Variation der geleisteten Arbeit δW .
Wir integrieren die Gleichung to t0 bis t1
t1 Zt1
!
Zt1
3
3
X
d X
mẋi δxi dt =
mẋi δxi = (δT + δW )dt .
dt
i=1
t0
i=1
t0
t0
Da δxi an beiden Integrationsgrenzen verschwindet, folgt hieraus das verallgemeinerte
Hamiltonsche Prinzip
Zt1
(δT + δW ) dt = 0 .
t0
Falls ein Potential existiert (das sogar zeitabhängig sein darf), so gilt
δW =
3
X
Fi δxi = −
i=1
3
X
∂V
i=1
∂xi
δxi = −δV
und damit
Zt1
Zt1
(T − V ) dt = δ
δ
t0
L dt = 0 ,
t0
mit der Lagrange-Funktion L = T − V .
Das Verschwinden der Variation bedeutet, dass das Zeitintegral über die Lagrange-Funktion
extremal ist. Dies bezeichnet man als das Hamiltonsche Prinzip
Zt1
L(xi , ẋi , t) dt = Extremum .
t0
Dieses Integral hat die Dimension einer Wirkung (Energie mal Zeit) und wird auch Wirkungsintegral genannt. Von allen möglichen Bahnen die bei ~r(t0 ) zur Zeit t0 beginnen
und bei ~r1 zur Zeit t1 enden, ist die wahre Bahn diejenige, für die dass Wirkungsintegral
extremal wird.
66
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Anmerkungen:
a) Ähnliche integrale Extremalprinzipien sind auch für andere Bereiche der Physik wichtig.
Z.B. das Fermatsche Prinzip in der geometrischen Optik, der Pfadintegral-Formalismus
der Quantenmechanik, ...
b) Auch wenn wir für die Herleitung hier kartesische Koordinaten verwendet haben, gilt
das Ergebnis in beliebigen (verallgemeinerten) Koordinaten. Es muss nur möglich sein,
T und V in diesen Koordinaten anzugeben. Dies ist ein großer Vorteil verglichen mit
der Newtonschen Bewegungsgleichung, die in krummlinigen Koordinatensystemen recht
komplizierte Gestalt haben.
4.5
Die Eulerschen Gleichungen
Der Einfachheit halber beschränken wir uns bei der folgenden Herleitung auf eine Dimension und geben am Ende an, wie das Resultat im drei Dimensionen lautet.
Es wurde gezeigt, dass die Lösung der Bewegungsgleichungen zu einer Extremalwertaufgabe umformuliert werden kann. Wir drehen jetzt die Fragestellung um und fragen,
welcher Bedingung eine Funktion F (x, ẋ, t) genügen muss, damit
Zt1
I=
F (x, ẋ, t)dt = Extremum
t0
gilt, mit den Nebenbedingungen x(t0 ) = x0 und x(t1 ) = x1 .
Dazu definieren wir x̄(t) = x(t) + εξ(t) mit zeitunabhängigem ε und ξ(t0 ) = ξ(t1 ) = 0.
˙
Hieraus folgt x̄˙ (t) = ẋ(t) + εξ(t).
BILD
Für festes ξ(t) bilden wir
Zt1
I(ε) =
˙ t) dt .
F (x + εξ, ẋ + εξ,
t0
67
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Dann ist eine notwendige Bedingung dafür, dass I ein Extremum bei ε = 0 hat, dass
d
I(ε)
=0
(∗∗)
dε
ε=0
ist und zwar für alle zulässigen Funktionen ξ(t). Da die Integrationsgrenzen nicht von
dem Parameter ε abhängen, können wir die Reihenfolge von Integration bezüglich t und
Differentiation bezüglich ε vertauschen. Den Integranden entwickeln wir als
˙ t) ≈ F (x, ẋ, t) + ε ∂F ξ(t) + ε ∂F ξ(t)
˙ .
F (x + εξ, ẋ + εξ,
∂x
∂ ẋ
Damit wird (∗∗) zu
Zt1 d
∂F
∂F
˙
I(ε)
=0=
ξ
+ξ
dt .
dε
∂x
∂ ẋ
ε=0
t0
Der zweite Term lässt sich partiell integrieren
Zt1
t0
t1 Zt1
Zt1
∂F
∂F
∂F
d
d ∂F
− ξ
dt = − ξ
dt ,
ξ˙
dt = ξ
|{z} |{z}
∂ ẋ
∂ ẋ t0
dt ∂ ẋ
dt ∂ ẋ
int.
t0
diff.
t0
da ξ(t0 ) = ξ(t1 ) = 0 ist. Wir bekommen also als notwendige Extremalbedingung
Zt1
0=
ξ(t)
d ∂F
∂F
−
∂x
dt ∂ ẋ
dt .
t0
Dies muss für alle ξ(t) gelten, die die Nebenbedingung erfüllen. Das kann nur erfüllt sein,
wenn der Klammerausdruck im Integranden selbst verschwindet, denn wäre
d ∂F
∂F
−
= η(t) 6= 0
∂x
dt ∂ ẋ
dann könnten wir ξ(t) = cη(t) wählen und hätten
Zt1
Zt1
ξ(t)η(t)dt = c
t0
η 2 (t)dt 6= 0 .
t0
Das Extremum wird also für diejenige Bahnkurve x(t) erreicht, für die Eulersche Gleichung gilt
∂F
d ∂F
−
= 0.
dt ∂ ẋ
∂x
68
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
In drei Dimensionen kann analog gezeigt werden, dass
Zt1
F (x1 , x2 , x3 ; ẋ1 , ẋ2 , ẋ3 , t)dt = Extremum
I=
t0
ist, wenn
d ∂F
∂F
−
=0
dt ∂ ẋi ∂xi
für alle i = 1, 2, 3 gilt.
Bei konservativen mechanischen Systemen führt das Hamiltonsche Prinzip
Zt1
L dt = Extremum
t0
zu den Lagrange-Gleichungen
∂L
d ∂L
−
= 0.
dt ∂ ẋi ∂xi
Aus
3
1X
mẋ2i − V (x1 , x2 , x3 )
L=T −V =
2 i=1
folgt
∂L
= mẋi ,
∂ ẋi
d ∂L
= mẍi ,
dt ∂ ẋi
∂L
∂V
=−
= Fi
∂xi
∂xi
und somit
d ∂L
∂L
−
= mẍi − Fi ,
dt ∂ ẋi ∂xi
d.h. die Lagrangeschen Bewegungsgleichungen stimmen mit den Newtonschen Gleichungen überein.
69
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Anders als die Newtonschen Gleichungen, sind die Lagrange-Gleichungen aber forminvariant gegenüber Koordinatentransformationen. D.h., wenn man die kinetische Energie
und das Potential in irgendwelchen verallgemeinerten Koordinaten q1 (t), q2 (t), q3 (t) und
Geschwindigkeiten q̇1 (t), q̇2 (t), q̇3 (t) ausdrücken kann, so gilt sofort, dass die Bahn durch
Zt1
L(q1 , q2 , q3 , q̇1 , q̇2 , q̇3 , t) dt = Extremum
t0
bzw. durch Lösen der Lagrange-Gleichungen
d ∂L ∂L
−
=0
dt ∂ q̇i ∂qi
bestimmt werden kann.
Verallgemeinerte Koordinaten bedeutet, dass die qi keine Längen sein müssen, sondern
irgendwelche die Bewegung beschreibende Größen sein können, z.B. Winkel, ...
Bei einer freien Bewegung, kann sich der Massenpunkt in alle drei Raumrichtungen bewegen und hat daher 3 Freiheitsgrade. Allgemein ist für einen Massenpunkt die Anzahl
der Freiheitsgrade f = 3 − k, wenn k die Anzahl der Zwangsbedingungen ist.
Beispiel: Fadenpendel
Ein ebenes Fadenpendel hat nur einen
Freiheitsgrad, q1 = ϕ. Es ist
T =
m 2 2
l ϕ̇ ,
2
V = l m g(1 − cos ϕ)
und damit
L=
m 2 2
l ϕ̇ − l m g(1 − cos ϕ) .
2
Die Lagrange-Gleichungen
d ∂L ∂L
−
=0
dt ∂ ϕ̇ ∂ϕ
sind daher
d
m l2 ϕ̇ − (−l m g(+ sin ϕ)) = 0
dt
BILD
70
⇒
ml2 ϕ̈ + l m g sin ϕ = 0
⇒
ϕ̈ =
g
sin ϕ .
l
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Beispiel: Zentralkraftfelder
Aufgrund der Drehimpulserhaltung findet die Bewegung in einer Ebene statt. Man hat also
zwei Freiheitsgrade q1 = r und q2 = ϕ. Es ist
T =
m 2
(ṙ + r2 ϕ̇2 ) ,
2
V = V (r) ,
also
L=T −V =
m 2
(ṙ + r2 ϕ̇2 ) − V (r) .
2
Hieraus erhalten wir zwei Lagrange-Gleichungen
d ∂L ∂L
−
=0
dt ∂ q˙i ∂qi
für i = 1, 2, die lauten
mr̈ = mrϕ̇2 −
∂V
,
∂r
d
(mr2 ϕ̇) = 0 = mr2 ϕ̈ + 2mrṙϕ̇ .
dt
Diese Beispiele zeigen, dass man mit dem Lagrange-Formalismus die Bewegungsgleichungen sehr leicht in verallgemeinerten Koordinaten angeben kann.
4.6
Generalisierter Impuls und zyklische Variablen
Sei L(qi ; q̇i , t) gegeben. Dann nennt man
pi =
∂L
∂ q̇i
den zur verallgemeinerten Koordinate qi konjugierten verallgemeinerten Impuls. (Wenn
es sich bei qi nicht um eine kartesische Koordinate handelt, so ist pi auch kein Linearimpuls; z.B. ist pi ein Drehimpuls, wenn qi ein Winkel ist.)
Die Lagrange-Gleichungen können nun geschrieben werden als
d ∂L
d
∂L
= pi = ṗi =
.
dt ∂ q˙i
dt
∂qi
∂L
Falls die Lagrange-Funktion L von einer Koordinate qi nicht abhängt, also ∂q
= 0 ist, so
i
nennt man diese Koordinate zyklisch. Somit gilt für den zu einer zyklischen Koordinate
konjugierten Impuls
ṗi = 0
⇒
pi = const. ,
71
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
d.h. der zu einer zyklischen Koordinate konjugierte Impuls ist eine Erhaltungsgröße (man
spricht auch von Konstante der Bewegung).
Zyklische Koordinaten ergeben sich aus Symmetrien des Problems. Es gilt ganz generell,
dass Symmetrien zu Erhaltungssätzen führen, z.B. Translationsinvarianz (Konstanz des
Potentials) führt zur Impulserhaltung, Rotationssymmetrie führt zur Drehimpulserhaltung,
Translationssymmetrie in der Zeit (Zeitunabhängigkeit des Potentials) führt zur Energieerhaltung, ...
72
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
5
Hamilton-Mechanik
Die Variablen der Lagrange-Funktion sind die generalisierten Koordinaten und Geschwindigkeiten. Durch Transformation erhält man die Hamilton-Funktion, die von den generalisierten Koordinaten und Impulsen abhängt.
5.1
Die Hamilton-Funktion und die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen
Sei L(qi ; q̇i , t) gegeben. Die Lagrange-Gleichungen schreiben wir als
ṗi =
∂L
.
∂qi
Das totale Differential von L ist gegeben durch
3 X
∂L
∂L
∂L
dL =
dt +
dqi +
dq̇i
∂t
∂qi
∂ q̇i
i=1
3
X
∂L
=
dt +
(ṗi dqi + pi dq̇i ) .
∂t
i=1
(∗∗)
Nun ist d(pi q̇i ) = pi dq̇i + q̇i dpi also
3
X
3
X
d(pi q̇i ) =
(pi dq̇i + q̇i dpi ) .
i=1
(∗)
i=1
Damit ist dann (wir subtrahieren (∗∗) von (∗))
!
3
3
3
X
X
X
∂L
=
(pi dq̇i + q̇i dpi ) −
dt −
(ṗi dqi + pi dq̇i )
d
pi q̇i − L
∂t
i=1
i=1
}
| i=1 {z
=H
3
= −
X
∂L
dt +
(−ṗi dqi + q̇i dpi ) .
∂t
i=1
Dieser Ausdruck ist das vollständige Differential der Hamilton-Funktion
3
P
H(q1 , q2 , q3 , p1 , p2 , p3 , t) =
pi q̇i − L. Also gilt auch
i=1
3
∂H X
dH =
+
∂t
i=1
∂H
∂H
dqi +
dpi
∂qi
∂pi
.
Ein Vergleich der beiden letzen Gleichungen ergibt
∂H
∂L
=−
,
∂t
∂t
∂H
= −ṗi ,
∂qi
∂H
= q̇i .
∂pi
73
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Die beiden letzten Gleichungen heißen Hamiltonsche Gleichungen (oder auch kanonische Bewegungsgleichungen).
Die Hamilton-Funktion
H(qi , pi , t) =
3
X
pi q̇i − L(qi , q̇i , t)
i=1
hängt ab von den verallgemeinerten Koordinaten qi und Impulsen pi und evtl. von der
Zeit t. Auf der rechten Seite der obigen Gleichung, müssen die Geschwindigkeiten q̇i als
Funktionen von qi und pi ausgedrückt werden. Den Übergang von L(qi , q̇i , t) zu H(qi , pi , t)
bezeichnet man als Legendre-Transformation.
Falls für die Kraft ein zeitunabhängiges Potential existiert, so ist
H(x1 , x2 , x3 , p1 , p2 , p3 ) =
3
X
i=1
3
X
p2i
+V =T +V =E,
(pi ẋi ) − L =
2m
i=1
bzw. für verallgemeinerte Koordinaten und Impulse
H(qi , pi ) = T + V = E ,
d.h. in diesem Fall ist die Hamilton-Funktion konstant und gleich der mechanischen Gesamtenergie.
Beispiel: Bewegung eines Massenpunkts im Potential
In kartesischen Koordinaten ist
3
mX 2
ẋi − V ,
L=
2 i=1
also pi =
∂L
= mẋi .
∂ ẋi
Damit ist
3
X
p2i
+ V (x1 , x2 , x3 , t) ,
H=
2m
i=1
und die Hamiltonschen Gleichungen lauten
ṗi = −
∂H
= Fi (t)
∂xi
und ẋi =
∂H
pi
=
,
∂pi
m
was ineinander eingesetzt die Newtonsche Gleichung ergibt, also
mẍi = Fi (t) .
74
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Für einfache Beispiele sieht man leicht, dass die Lagrange- und die Hamilton-Gleichungen
mit den Newtonschen Gleichungen identisch sind. Die Lagrange- und die Hamilton-Gleichungen sind allerdings anders als die Newtonschen Gleichungen in beliebigen verallgemeinerten Koordinaten gültig. Dadurch können diese neuen Formalismen leichter Zwangsbedingungen berücksichtigen und sind generell vorteilhaft für die Beschreibung komplizierter Systeme.
Der Hamilton-Operator (eine quantisierte Version der Hamilton-Funktion) ist Teil der Schrödinger-Gleichung und hat daher eine zentrale Bedeutung in der Quantenmechanik!
5.2
Zeitentwicklung und Poisson-Klammern
Betrachten wir f (qi , pi , t) eine beliebige Funktion der Koordinaten qi , der Impulse pi und
der Zeit t. (Anmerkung: Der durch die qi und pi aufgespannte Raum heißt Phasenraum.
f bezeichnet man daher als Phasenraumfunktion.)
Die totale Zeitableitung von f ist
X ∂f ∂qi
∂f ∂pi
∂f
d
f (qi , pi , t) =
+
+
dt
∂qi ∂t
∂pi ∂t
∂t
i
X ∂f
∂f
∂f
q˙i +
ṗi +
=
∂qi
∂pi
∂t
i
X ∂f ∂H
∂f ∂H
∂f
=
.
−
+
∂q
∂p
∂p
∂q
∂t
i
i
i
i
i
Man definiert folgenden Ausdruck als die Poisson-Klammer zweier Funktionen F und G
X ∂F ∂G ∂F ∂G {F, G} =
−
.
∂qi ∂pi ∂pi ∂qi
i
Hiermit kann man schreiben
∂f
d
f (qi , pi , t) = {f, H} +
,
dt
∂t
d.h. bis auf eine eventuelle explizite Zeitabhängigkeit, ist die zeitliche Änderung einer
Funktion f gleich seiner Poisson-Klammer mit H.
Interessanterweise gilt in der Quantenmechnik eine sehr ähnliche Aussage.
75
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
5.3
Erweiterung auf Systeme von Massenpunkten
Auch für Massenpunktsysteme kann man das d’Alembertsche Prinzip, das Hamiltonsche
Prinzip, sowie die Lagrange- und die Hamilton-Funktionen sowie die entsprechenden Bewegungsgleichungen herleiten und verwenden. Im wesentlichen sind die Umformungen
analog zu denen für einen Massenpunkt, wobei allerdings Summationen über alle Massenpunkte i = 1, ..., N eingefügt werden müssen. Daher werden hier nur einige Ergebnisse angegeben und kurz erläutert.
Seit L(qi , q̇i , t) die Lagrange-Funktion für ein System von N Massenpunkten. Ohne Zwangsbedingungen hat man dann f = 3N Freiheitsgrade, also 3N verallgemeinerte Koordinaten
qi und 3N verallgemeinerte Geschwindigkeiten q̇i zu bestimmen. Wenn k Zwangsbedingungen vorliegen, ist die Anzahl der Freiheitsgrade und damit die Anzahl der Koordinaten
qi und Geschwindigkeiten q̇i auf f = 3N − k reduziert.
Aus dem Hamiltonschen Prinzip
Zt1
L dt = Extremum
t0
folgen die Lagrange-Gleichungen
d ∂L
∂L
−
= 0,
∂qi dt ∂ q̇i
i = 1, . . . , f .
Durch Lösung dieser f Differentialgleichungen 2.Ordnung erhält man die 2f Funktionen
qi (t) und q̇i (t).
76
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Zur Einführung der Hamilton-Funktion definiert man die generalisierten Impulse
pi =
∂L
,
∂ q̇i
i = 1, . . . , f
und verwendet die Legendre-Transformation
!
f
f
X
X
∂L
(pi dqi − q̇i dpi ) = dH ,
d
(pi q̇i ) − L = − dt −
∂t
i=1
i=1
(∗)
um das totale Differential der Hamilton-Funktion
H(qi , pi , t) =
f
X
pi q̇i − L
i=1
zu erhalten.
Vergleich von
f
X
∂H
dH =
dt +
∂t
i=1
∂H
∂H
dqi +
dpi
∂qi
∂pi
mit dH in (∗) ergibt die kanonischen Bewegungsgleichungen
q̇i =
∂H
,
∂pi
ṗi = −
∂H
,
∂qi
= − ∂L
. Durch Lösen der 2f Differentialgleichungen 1.Ordnung erhält man die
sowie ∂H
∂t
∂t
2f Funktionen qi (t) und pi (t).
Wenn ein zeitunabhängiges Potential existiert, so ist L = T − V und H = T + V = E, d.h.
die Hamilton-Funktion ist konstant und gleich der mechanischen Gesamtenergie.
Ausblick:
Der Hamilton-Formalismus ist die Basis der theoretischen Physik, die z.B. in der Statistischen Physik verwendet wird und nach Verallgemeinerung (Funktionen werden zu
Operatoren, etc.) die Grundlage der Quantenmechanik darstellt.
77
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
6
6.1
Die schwingende Saite
Schwingungen einer eingespannte Saite
Eine Saite der Massendichte σ (Einheit kg/m) sei bei x = 0 und x = L eingespannt.
Die Saite werde transversal in die y-Richtung so ausgelenkt, dass ihre Auslenkung an
den Einspannstellen verschwindet, y(0, t) = y(L, t) = 0. Die Saite wird durch die Kraft
F gespannt und habe eine vernachlässigbare Biegesteifigkeit. Die Auslenkung sei sehr
klein y(x, t) L.
Zur Untersuchung der Kraftverhältnisse betrachten wir ein infinitesimal kleines Stück der
Saite zwischen x und x + dx mit der Masse dm = σdx.
BILD
BILD
Da die Saite transversal schwingen soll, ist der Betrag der Spannungskraft F in der Saite
konstant. Die Richtung der Kraft ist gleich der Richtung des Saitenelementes. An das
Saitenelement greifen die Kräfte F~ (x) und F~ (x + dx) an. Deren Summe muss gleich der
Beschleunigungskraft dm ÿ(x, t) sein, die das Saitenelement erfährt.
Für die Kraftkomponenten gilt
Fy (x) = −F sin θ(x) ,
Fy (x + dx) = +F sin θ(x + dx) ,
Fx (x) = −F cos θ(x) ,
Fx (x + dx) = +F cos θ(x + dx) .
78
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Auf das Saitenelement mit der Masse dm = σ dx wirkt also insgesamt in longitudinaler
Richtung die Kraft
Flong = Fx (x + dx) + Fx (x) = F (cos θ(x + dx) − cos θ(x)) .
Wegen der kleinen Auslenkungen ist θ 1, d.h. cos θ(x) = 1 − (1/2)θ(x)2 + . . . ≈ 1. Also
verschwindet die resultierende Kraft in x-Richtung, Fx (x + dx) + Fx (x) ≈ 0; es gibt also
keine longitudinalen Beschleunigungen.
In transversaler Richtung wirkt auf das Saitenelement die Gesamtkraft
Ftrans = Fy (x + dx) + Fy (x) = F (sin θ(x + dx) − sin θ(x)) .
Wegen
Fy (x)
∂y(x, t)
Fy (x)
= sin θ(x) ≈ tan θ(x) =
=
F
Fx (x)
∂x
und
dm
∂ 2 y(x, t)
= Ftrans
∂t2
ist die Bewegungsgleichung für das Massenelement dm = σdx gegeben durch
∂y(x + dx, t) ∂y(x, t)
∂ 2 y(x, t)
= F
−
σdx
∂t2
∂x
∂x
bzw.
∂ 2 y(x, t)
σ
= F
∂t2
∂y(x+dx,t)
∂x
−
dx
∂y(x,t)
∂x
.
Im Limes dx → 0 wird hieraus
σ
∂ 2 y(x, t)
∂ 2 y(x, t)
=
F
,
∂t2
∂x2
(40)
bzw.
2
∂ 2 y(x, t)
2 ∂ y(x, t)
=
c
∂t2
∂x2
mit
c2 =
F
.
σ
(41)
Dies ist eine partielle Differentialgleichung 2. Ordnung (es treten 2. Ableitungen auf), homogen (es tritt kein Summand auf, der nicht die Funktion y oder eine ihrer Ableitung
enthält), linear (y und deren Ableitungen kommen nur in 1. Potenz vor), mit konstanten
Koeffizienten (c hängt nicht von (x, t) ab).
79
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Zur Lösung dieser linearen und homogenen Differentialgleichung kann man folgende Eigenschaft nutzen:
Sind y1 (x, t), y2 (x, t), . . . , yn (x, t) Lösungen einer homogenen und linearen Differentialgleichung, so sind es es auch alle Linearkombinationen
y(x, t) =
n
X
cl yl (x, t)
mit konstanten Koeffizienten cl .
l=1
(und natürlich existiert auch die triviale Lösung y(x, t) = 0.)
Wir suchen nicht irgendwelche Lösungen dieser partiellen Differentialgleichung, sondern
diejenigen Lösungen, die die physikalischen Randbedingungen der Saite erfüllen, also
y(0, t) = y(L, t) = 0 .
Aus der Theorie der partiellen Differentialgleichungen, aber auch aus der physikalischen
Erfahrung wissen wir, dass wir außerdem noch Anfangsbedingungen vorgeben können,
z. B. können wir für eine bestimmte Zeit t0 verlangen
∂y(x, t0 )
= g(x) ,
∂t
also die Anfangsauslenkung und -geschwindigkeit vorgeben.
Oft ist man mit Lösungen zufrieden, die die erste Bedingung mit t0 = 0 und die zweite
mit g(x) = 0 erfüllen. Ist die Saite zur Zeit t = 0 ausgelenkt mit
y(x, t0 ) = f (x)
und
∂y(x, t = 0)
= 0,
∂t
so muss natürlich die Randbedingung erfüllt sein, d.h. es muss gelten f (0) = f (L) = 0.
y(x, t = 0) = f (x)
und
Die mathematische Theorie der Differentialgleichungen macht genauere Aussagen dazu
welche Anfangsbedingungen bei gegebenen Randbedingungen möglich sind.
6.2
Lösung der Wellengleichung durch Separationsansatz
Nun wollen wir die eindimensionale Wellengleichung
2
∂ 2 y(x, t)
F
2 ∂ y(x, t)
=
c
mit
c2 =
(42)
2
2
∂t
∂x
σ
lösen. Weil die partiellen Ableitungen nach x und t getrennt sind, verwenden wir den
“Separationsansatz”
(43)
y(x, t) = X(x)T (t) .
Einsetzen in die partielle Differentialgleichung ergibt
2
∂ 2 X(x)T (t)
2 ∂ X(x)T (t)
= c
.
∂t2
∂x2
80
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Hieraus folgt
X(x)
d2 T (t)
d2 X(x)
2
=
c
T
(t)
.
dt2
dx2
Multiplizieren mit
1
X(x)T (t)
(X(x)T (t) 6= 0) ergibt
1 d2 T (t)
1 d2 X(x)
2
=
c
.
T (t) dt2
X(x) ∂x2
Da die linke Seite der Gleichung die Variable t nicht enthält und die rechte die Variable x
nicht enthält, müssen beide Seiten gleich einer Konstanten sein, die (im Vorgriff auf das
spätere Resultat) −ω 2 genannt wird
1 d2 X(x)
1 d2 T (t)
2
= c
= −ω 2 .
2
2
T (t) dt
X(x) ∂x
Wir haben also zwei gewöhnliche lineare (Schwingungs-)Differentialgleichungen 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten zu lösen
d2 T (t)
= −ω 2 T (t) und
dt2
d2 X(x)
= −k 2 X(x) ,
dx2
(44)
(45)
mit ω = ck.
An dieser Stelle verwenden wir aus der Theorie der gewöhnlichen Differentialgleichungen
den
Satz:
Eine homogene lineare Differentialgleichung 2. Ordnung
d
d2
y(x) + g(x) y(x) + h(x)y(x) = y 00 (x) + g(x)y 0 (x) + h(x)y(x) = 0
2
dx
dx
hat zwei linear unabhängige Lösungen y1 (x) und y2 (x). Alle Lösungen dieser Differentialgleichung sind als Linearkombinationen von y1 (x) und y2 (x) darstellbar
y(x) = a1 y1 (x) + a2 y2 (x) .
Zwei Lösungen sind linear unabhängig, falls die Wronski-Determinante nicht verschwindet, also
y1 (x) y2 (x) = y1 (x)y20 (x) − y2 (x)y10 (x) 6= 0 .
W (y1 , y2 ) = det 0
y1 (x) y20 (x) Für lineare homogene Differentialgleichungen n.ter Ordnung gilt, dass genau n nichttriviale linear unabhängige Lösungen existieren.
81
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Anmerkung: Für inhomogene Differentialgleichungen 2. Ordnung gilt der
Satz:
Mit einer irgendwie gefundenen (geratenen, ...) “speziellen” Lösung yS (x) der inhomogenen linearen Differentialgleichung 2. Ordnung
yS00 (x) + g(x)yS0 (x) + h(x)yS (x) = k(x)
kann man alle Lösungen dieser inhomogenen Differentialgleichung darstellen als Linearkombination von yS (x) mit den Lösungen y1 (x) und y2 (x) der zugehörigen homogenen
Differentialgleichung (also mit k(x) = 0) gemäß
y(x) = yS (x) + a1 y1 (x) + a2 y2 (x) .
Der Beweis erfolgt durch Einsetzen der Lösung in die inhomogene Differentialgleichung.
(Die spezielle inhomogene Lösung yS (x) darf natürlich nicht mit einer Konstanten multipliziert werden, da sie dann keine Lösung der inhomogenen Differentialgleichung mehr ist.)
Nun zurück zu unserem Problem
d2 T (t)
= −ω 2 T (t) und
dt2
d2 X(x)
= −k 2 X(x) ,
dx2
(46)
(47)
mit ω = ck.
Funktionen, die sich durch zweifaches Ableiten bis auf einen Faktor reproduzieren sind
sin, cos oder exp. Wir probieren aus und schreiben die Lösung als
X(x) = a1 sin kx + a2 cos kx .
Sind die beiden Lösungen linear unabhängig?
y1 (x) y2 (x) = sin(kx) cos0 (kx) − cos(kx) sin0 (kx)
W (y1 , y2 ) = det 0
y1 (x) y20 (x) = sin(kx)(−k sin(kx)) − cos(kx)(k cos(kx)) = −k 6= 0 .
82
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Analog lösen wir die andere Differentialgleichung durch
T (t) = b1 sin ωt + b2 cos ωt .
Jetzt wollen wir die Randbedingungen betrachten. Es muss gelten
y(x = 0, t) = (a1 sin(0) + a2 cos(0)) (b1 sin ωt + b2 cos ωt) = 0 .
Dies ist für beliebige Zeiten t nur erfüllbar, falls a2 = 0 ist.
Die andere Randbedingung lautet
y(x = L, t) = a1 sin(kL) (b1 sin ωt + b2 cos ωt) = 0 .
Diese Bedingung ist für beliebige Zeiten t nur erfüllbar, falls
a1 sin(kL) = 0,
also durch
kL = n π
mit ganzzahligem n.
Auf der Saite können also wegen den Randbedingungen nur bestimmte Eigenmoden
schwingen. Für diese gilt
kn = n
π
L
und ωn = n
πc
L
bzw. λ =
2π
2L
=
.
kn
n
Diese harmonischen Schwingungen (= Lösungen zu fester Kreisfrequenz) existieren mit
Wellenlängen λn = 2L/n und (n − 1) Knoten (Nullstellen).
BILD
Zusammengefasst bekommen wir als Normalschwingungen folgende Lösungen der Differentialgleichung mit Randbedingungen
Yn1 (x, t) = an cos(ωn t) sin(kn x) ,
Yn2 (x, t) = bn sin(ωn t) sin(kn x) ,
(48)
(49)
mit ωn = n πc
und kn = n Lπ . Diese Lösungen sind stehende Wellen mit einer harmoniL
schen Zeitabhängigkeit.
83
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Wir fordern nun als Anfangsbedingung, dass die Saite zur Zeit t = 0 ausgelenkt und in
Ruhe ist, also
∂y(x,
t)
= 0.
y(x, t)
= f (x) und
∂t t=0
t=0
Wegen dtd sin(ωn t)|t=0 = ωn cos(ωn 0) = ωn 6= 0, muss bn = 0 sein. Die an können ungleich
Null sein, da dtd cos(ωn t)|t=0 = −ωn sin(ωn 0) = 0 ist, was die Anfangsbedingung erfüllt.
Mit den physikalischen Randbedingungen und der von uns gewählten Anfangsbedingung
sind die Lösungen also
Yn (x, t) = an cos(ωn t) sin(kn x)
mit ωn = n
πc
L
und kn = n
π
.
L
Durch Überlagern dieser Normalschwingungen können wir jede “vernünftige” Anfangsbedingung erfüllen, indem wir
X
f (x) =
an sin(kn x)
n
bilden, d.h. die vorgegebene Auslenkung nach den Normalschwingungen entwickeln.
Die mit den Rand- und Anfangsbedingungen verträgliche Lösung der Wellengleichung ist
dann
X
an cos(ωn t) sin(kn x) .
y(x, t) =
n
Im folgenden Abschnitt, betrachten wir die Entwicklung von im Intervall [0, 2L] periodischen Funktionen. Hierfür wird die Saitenschwingung zu einer in x periodischen Schwingung ergänzt, so dass die Periodenlänge gleich 2L und die Schwingung ungerade bezüglich
der Stellen x = 0 und x = L ist, d.h.
f (x + L) = −f (x) .
84
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
6.3
Fourierreihen
f (x) sei eine im Intervall 0 ≤ x ≤ 2L stückweise stetige und periodische Funktion und
besitze in diesem Intervall höchstens endlich viele Unstetigkeitsstellen mit höchstens endlicher Sprungweite. Mit diesen (“Dirichletschen”) Bedingungen kann f (x) nach Fourier (J.
Fourier, “Theorie analytique de la chaleur”, 1822) entwickelt werden, gemäß
∞
a0 X
+
an cos n Lπ x + bn sin n Lπ x ,
f (x) =
2
n=1
(F1)
mit
1
a0 =
L
Z2L
f (x) dx ,
0
1
an =
L
Z2L
f (x) cos n Lπ x dx
1
bn =
L
und
0
Z2L
f (x) sin n Lπ x dx .
(F2)
0
Dieser Satz wird im folgenden nicht streng bewiesen, aber ein wenig genauer analysiert.
Zunächst zeigen wir die Orthogonalitätsrelationen der trigonometrischen Funktionen. Es
gilt (δn,m ist das Kronecker-Delta-Symbol für das gilt δn,m = 1 für n = m und δn,m = 0 für
n 6= m)
Z2L
cos n Lπ x cos mLπ x dx = L δn,m
Z2L
,
0
0
Z2L
sin n Lπ x sin mLπ x dx = L δn,m ,
sin n Lπ x cos mLπ x dx = 0 .
0
Der Integrand des ersten Integrals läßt sich wegen des Additionstheorems
cos α cos β =
1
1
cos (α + β) + cos (α − β)
2
2
umformen in
cos
nπx
L
cos
mπx
L
1
= cos
2
(n + m) π x
L
1
+ cos
2
(n − m) π x
L
.
Nun ist aber
Z2L
cos
(n + m) π x
L
Z2L
dx = 2L δn,−m
und
0
cos
0
85
(n − m) π x
L
dx = 2L δn,m .
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Da n und m positive natürliche Zahlen sind, gibt es also nur für n = m einen Beitrag
Z2L
cos n Lπ x
1
cos n Lπ x dx =
2
0
Z2L
1 + cos 2nLπ x dx = L .
0
Die anderen Relationen können analog bewiesen werden.
Anmerkung: Sieht man das Integral als Skalarprodukt zwischen Winkelfunktionen an, so
sind in diesem Sinne die Funktionen cos n Lπ x und sin mLπ x auf dem Intervall [0, 2L] orthogonal zueinander (so wie die Einheitsvektoren ~ei orthogonal aufeinander sind, d.h. es gilt
~ei · ~ej = δi,j ).
Mit diesen Hilfsmitteln beweisen wir nicht das Fouriersche Theorem selber, sondern etwas bescheidener, den
Satz: Wenn f (x) nach (F1) entwickelt werden kann, dann müssen die Entwicklungskoeffizienten an und bn durch die Formeln (F2) gegeben sein.
Hierfür multiplizieren wir (F1) auf beiden Seiten mit cos mLπ x und integrieren über 2L, so
ergibt sich
Z2L
0
f (x)cos mLπ x dx
=
a0
2
Z2L
cos mLπ x dx +
∞
X
Z2L
an
n=1
0
+
∞
X
n=1
cos mLπ x cos n Lπ x dx
0
Z2L
bn
cos mLπ x sin n Lπ x dx
0
= am L ,
also die Formel für am . Die Formel für bm erhält man analog.
Insgesamt gelten also die Formeln für die Entwicklungskoeffizienten gemäß (F2).
Da alle Integranden in (F2) 2L periodisch sind, kann man anstatt von 0 bis 2L über ein
beliebiges Intervall der Länge 2L integrieren, z.B. von −L nach +L. Daher kann man aus
(F2) sofort ablesen, dass für ungerade Funktionen (f (−x) = −f (x)) an = 0 für alle n ist
und für gerade Funktionen (f (−x) = f (x)) ist bn = 0 für alle n.
86
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Beispiel: Symmetrisch gezupfte Saite
BILD
Die Saite werde “symmetrisch gezupft”, siehe Skizze. Da f (x) eine periodische Funktion
sein muss, damit sie nach Fourier entwickelbar ist, müssen wir sie periodisch fortsetzen.
Da f (x) nicht aber die erste Ableitung von f (x) an der Stelle L verschwindet, müssen wir
f (x) so fortsetzen, dass f (x) ungerade wird, also an = 0. Es sind aber auch nur diejenigen
bn von Null verschieden, für die gilt
nπ(L + x)
nπ(L − x)
= − sin
,
L
L
also nur ungerade n.
Dann ist das Integral von 0 bis 2L aber gerade zweimal gleich dem Integral von 0 bis L.
Dies nützen wir aus, da wir das Integral ja nur in Stücken geschlossen integrieren können.
Im Intervall [0, L] gilt
 hx
,
0 ≤ x ≤ L2
 2 L
.
f (x) =

L
2h L−x
,
≤
x
≤
L
L
2
sin
Also berechnen wir
bn
=
2
L
ZL
f (x) sin n Lπ x dx,
0
=
2
L
ZL/2
ZL
2hx
2
sin n Lπ x dx +
L
L
0
L/2
Das erste Integral wird partiell integriert
4
h 2
L
ZL/2
x sin n Lπ x dx
0
2h
(L − x) sin n Lπ x dx .
L
R
b
a
f (x)g 0 (x)dx = [f (x)g(x)]ba −
Rb
a
f 0 (x)g(x)dx
L/2
ZL/2
L
4
L
=
+h 2
cos n Lπ x 1 cos n Lπ x dx
nπ
L
nπ
0
0
4h
nπ
= 0 + 2 2 sin
.
nπ
2
4
−h 2 x
L
87
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Das zweite Integral berechnet man analog und erhält
nπ 8h
.
bn = 2 2 sin
nπ
2
= (−1)(n+1) )
Damit erhalten wir als Ergebnis (für ungerade n ist sin nπ
2
πx 8h 1
πct
1
3πct
3πx
y(x, t) =
cos
− 2 sin
cos
sin
π 2 12
L
L
3
L
L
1
5πct
5πx
+ 2 sin
cos
+ ... .
5
L
L
Die Abbildung zeigt die Fourier-Reihe der Sägezahn-Funktion mit den Fourierkomponenten zu n = 1,3,5, und der Reihe, aufsummiert bis nmax = 3,5,10,200. Die Reihe konvergiert
mit bn ∼ 1/n2 , da die Funktion f (x) stetig ist.
Bei der gezupften Saite werden neben der Grundschwingung also auch die Oberschwingungen mit ungeradem n angeregt, wegen der Randbedingungen fehlen die Obertöne
mit geradem n. Wegen der Obertöne ist diese Schwingung nicht mehr harmonisch, also
keine Normalschwingung.
88
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Beispiel: Für die periodisch fortgesetzte Stufenfunktion
ergibt sich an = 0 und bn = 1/n für ungerade n. Die Reihe konvergiert langsamer als
bei der Sägezahnfunktion, da f (x) unstetig ist. An der Unstetigkeitsstelle kommt es zu einem Überschwinger von fast 18% der Sprunghöhe. Mit fortschreitender Konvergenz (Zahl
der Oberwellen) wird die Breite des Überschwingers kleiner, seine Höhe ändert sich aber
nicht. Dieser Effekt heißt Gibbssches Phänomen und tritt an jeder Unstetigkeitsstelle auf,
siehe z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Gibbssches Ph%C3%A4nomen
89
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
7
Spezielle Relativitätstheorie, Lorentz-Transformation
Bisher wurde die Newtonsche Mechanik behandelt, die die Bewegungen makroskopischer Körper mit Geschwindigkeiten, die sehr viel kleiner als die Lichtgeschwindigkeit
sind, korrekt beschreibt. Für höhere Geschwindigkeiten müssen relativistische Effekte
berücksichtigt werden. Im folgenden werden die Grundzüge der speziellen Relativitätstheorie vorgestellt, die auf nichtbeschleunigte (inertiale) Bezugssysteme anwendbar ist.
Auf die allgemeine Relativitätstheorie, die die Geometrie der Raumzeit in der Anwesenheit von Beschleunigungen beschreibt, wird am Ende dieses Abschnittes nur kurz eingegangen.
7.1
Die Galilei-Transformation
Ein Inertialsystem ist ein nichtbeschleunigtes Bezugssystem, in dem sich ein Massenpunkt auf den keine Kraft wirkt geradlinig gleichförmig bewegt. Wir betrachten nun die
Transformation zwischen zwei Inertialsystemen; einem Bezugsystem S und einem anderen Bezugsystem S 0 , das sich relativ zu S mit einer konstanten Geschwindigkeit ~v bewegt.
Der Einfachheit halber (dies ist keine Einschränkung der Allgemeinheit und führt nur zur
Vereinfachung der Rechnungen) nehmen wir an, dass zum Zeitpunkt t = t0 = 0 die Ursprünge und die Richtungen der Koordinatenachsen von S und S 0 zusammenfallen und
die Relativgeschwindigkeit nur eine Komponente in x-Richtung hat, also ~v = v~ex .
BILD
Die Beziehungen zwischen den Koordinaten in S und S 0 lauten offensichtlich
x = x0 + vt
y0 = y ,
z0 = z ,
t0 = t .
⇔
x0 = x − vt ,
(50)
Diese Formeln beschreiben eine spezielle Galilei-Transformation (bei der allgemeinen
Galilei-Transformation ist die Richtung der konstanten Relativgeschwindigkeit beliebig
und es kann eine zusätzliche konstante Verschiebung vorhanden sein). t = t0 bedeutet, dass es in der nichtrelativistischen Mechanik eine absolute Zeit gibt, d.h. man kann
sich vorstellen, dass Uhren in allen Bezugssystemen exakt miteinander synchronisiert
90
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
sind.
In S lautet die Newtonsche Bewegungsgleichung
m
d2
~r = F~ .
dt2
In S 0 ist ~r 0 = ~r − ~v t0 = ~r − ~v t. Damit ist
m
(51)
d2
~r 0
dt0 2
=
d2 0
~r = F~ 0 = F~ .
dt0 2
d2
~r 0
dt2
=
d2
~r
dt2
und es gilt daher in S 0
(52)
Dies bedeutet, dass die Newtonschen Gleichungen forminvariant unter Galilei-Transformation
sind und dass mechanische Prozesse somit in allen Inertialsystemen gleich ablaufen.
7.2
Die Lichtgeschwindigkeit
Historisch gesehen war es lange Zeit unklar, ob sich Licht mit einer endlichen Geschwindigkeit oder unendlich schnell ausbreitet. Erste erfolgreiche Bestimmungen der natürlich
endlichen Lichtgeschwindigkeit gelangen durch die Beobachtung von Himmelskörpern
(Rømer, 1676, Jupitermond; Bradley, 1725, Parallaxe). Erste terrestrische Messungen
wurden im 19 Jhd. durchgeführt (Fizeau; Foucault; Michelson). Diese Untersuchungen
zeigten, dass sich Licht im Vakuum mit einer Geschwindigkeit von etwa c ≈ 2, 998 · 108 ms
(also fast 300000 km/s) ausbreitet.
1864 zeigten die Maxwell-Gleichungen, die das theoretische Fundament der Elektrodynamik darstellen, dass sich elektromagnetische Wellen im Vakuum mit der Geschwindigkeit
c = √10 µ0 ausbreiten. Diese Übereinstimmung ist kein Zufall, da viele nachfolgende Experimente gezeigt haben, dass Licht als eine hochfrequente elektromagnetische Welle
beschrieben werden kann.
(Anmerkung: Die Maxwell-Gleichungen sind nicht forminvariant bei Galilei-Transformationen,
sondern unter Lorentz-Transformationen, die später besprochen werden. Dies ist ein unverständlicher Unterschied zwischen den Grundgleichungen der Mechanik und der Elektrodynamik)
7.3
Der Michelson-Versuch
In diesem Experiment (Michelson, 1881, Potsdam; Michelson und Morley, 1887, Cleveland/Ohio) wurde der Einfluß der Erdbewegung auf die Ausbreitung von Licht untersucht.
Es war bekannt, dass sich die Erde mit einer Geschwindigkeit von etwa v = 30 km/s um
die Sonne herum bewegt. Weiter wurde angenommen, dass sich Licht in einem ruhenden Medium, dem sogenannten Äther ausbreitet. Nach der Galilei-Transformation sollte
sich das Licht relativ zum Äther mit c ± v ausbreiten, wenn es in bzw. entgegen der
Bewegungsrichtung der Erde ausgesandt wird, bzw. mit c in Richtungen senkrecht zur
91
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Bewegungsrichtung der Erde.
Um den aus der Erdbewegung resultierenden Ätherwind nachzuweisen wurde folgende
Anordnung (Interferometer) verwendet: Ein Lichtstrahl wird in einem halbdurchlässigen
Spiegel (S0 ) in zwei Strahlen aufgespalten. Die beiden Strahlen durchlaufen unterschiedliche Wege und werden zur Interferenz gebracht. Die Strahlen interferieren konstruktiv (hell), wenn sich die Weglängen um ein Vielfaches der Wellenlänge unterscheiden,
bzw. destruktiv (dunkel), wenn die Weglängendifferenz eine ungerade Zahl halber Wellenlängen ist.
BILD
Laufzeit S0 → S1 → S0 :
t1 =
l1
2cl1
2l1 1
l1
+
= 2
=
.
2
c+v c−v
c −v
c 1 − vc22
(53)
Laufzeit S0 → S2 → S0 :
2x
2l0
=
, mit l02 = l22 + x2 ,
v
c
x2
l22 + x2
1
2
2
=⇒
=
=⇒
x
=
l
2
1
v2
c2
c2 ( v 2 −
2l2
1
q
=⇒ t2 =
.
2
c
1− v
t2 =
1
)
c2
= l22
v2
c2 (1 −
v2
)
c2
,
(54)
c2
Hieraus ergibt sich eine Weglängendifferenz


l1
l2
.
q
∆ = c(t1 − t2 ) = 2 
−
2
v2
1 − vc2
1−
(55)
c2
Wird nun die Apparatur um 90o gedreht, so vertauschen sich die Lichtwege relativ zum
92
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Äther und es ergibt sich

∆0 = c(t01 − t02 ) = 2 

l2
l1
−q
v2
1 − c2
1−
v2
c2
.
Der Unterschied der Weglängendifferenzen ist


1
1
.
q
S = ∆0 − ∆ = 2(l1 + l2 ) 
−
2
v2
1 − vc2
1−
(56)
(57)
c2
Einschub: Taylorentwicklung
Satz von Taylor: Eine Funktion f sei in (x0 − α, x0 + α)(α > 0)(n + 1)-mal differenzierbar.
Dann gilt für x ∈ (x0 − α, x0 + α)
f (x) =
n
X
f (l) (x0 )
l!
l=0
(x − x0 )l + Rn (x)
(58)
mit
Rn (x) =
f (n+1) (ξ)
(x − x0 )n+1
(n + 1)!
(59)
mit ξ ∈ (x, x0 )
Bsp.:
f (x) =
1
,
1+x
f 0 (x0 ) = −
x0 = 0
(60)
1
|x=x0 = −1
(1 + x)2
(61)
⇒ f (x) = f (0) (x0 )x0 + f (1) (x0 )x1 + O(x2 ) = 1 − x + O(x2 )
(62)
d.h. für x 1 gilt
1
≈1−x
1+x
(63)
Analog läßt sich zeigen, dass für kleine x gilt
√
1
1
≈1− x
2
1+x
(64)
93
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Wendet man dies auf den Unterschied der Weglängendifferenzen an, so ergibt sich wegen v c


1
1

S = ∆0 − ∆ = 2(l1 + l2 ) 
−q
v2
v2
1 − c2
1 − c2
v2
1 v2
v2
≈ 2(l1 + l2 ) 1 + 2 − 1 − 2 = (l1 + l2 ) 2 .
(65)
c
2c
c
Dies bedeutet, dass für v 6= 0 das gemessene Interferenzmuster von der Orientierung
der Apparatur abhängen sollte. (Da v/c ≈ 10−4 ist, ist S ≈ 10−8 (l1 + l2 ), d.h. man sollte
möglichst lange Interferometerarme verwenden)
Entgegen den Erwartungen, zeigen die Experimente keine orientierungsabhängige Interferenz! Die gemessene Interferenz erweist sich als unabhängig von der Orientierung.
Dieses experimentelle Ergebnis kann durch verschiedene Annahmen erklärt werden (z.B.
Erde nimmt Äther mit, Lorentz-Kontraktion in Bewegungsrichtung, ...). Diese Annahmen
stehen allerdings entweder im Widerspruch zu anderen Experimenten oder stellen nicht
leicht einzusehende ad-hoc Hypothesen dar.
Das Michelson-Experiments wird meist so interpretiert, dass man keine absolute Geschwindigkeit relativ zu einem absoluten Ruhesystem (dem Äther) messen kann.
Das (“negative”) Ergebnis des Michelson-Experiments ist im Rahmen von Einsteins Relativitätstheorie (1905) leicht verständlich. Die spezielle Relativitätstheorie geht von zwei
Postulaten aus.
1) Äquivalenzpostulat: In allen Inertialsystemen gelten dieselben Naturgesetze, d.h. alle
Inertialsysteme sind gleichberechtigt.
(diese Annahme wird oft auch als Forderung nach Homogenität und Isotropie des Raumes und Homogenität der Zeit formuliert)
2) Die Vakuumlichtgeschwindigkeit c hat in allen Inertialsystemen den gleichen Wert.
Die zweite Annahme bedeutet, dass in allen Inertialsystemen die Maxwell-Gleichungen
gelten und erklärt damit sofort das Ergebnis des Michelson-Experiments.
94
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
7.4
Zeitdilatation und Längenkontraktion
Wir betrachten eine Lichtpulsuhr.
BILD
Ist die Uhr in Ruhe, so ist die Periodendauer τ =
2L
.
c
BILD
Bewegt sich die Uhr senkrecht zur Verbindungslinie der zwei Spiegel, so ist die Periode
gegeben durch (siehe Michelson-Experiment)
q 1
= q τ v2 ,
τ 0 = 2L
c
v2
1−
1−
c2
c2
d.h. man findet, dass bewegte Uhren langsamer gehen!
Dieser Effekt der Zeitdilatation sollte genauso auftreten, wenn sich die Uhr parallel zur
Verbindungslinie der zwei Spiegel bewegt.
BILD
Die Länge der bewegten Uhr nennen wir L0 . Die Periode dieser bewegten Uhr ist dann
0
(siehe Michelson-Experiment) τ 0 = 2Lc 1v2 . Damit die Periode einer Lichtpulsuhr un1−
c2
abhängig
q von der Bewegungsrichtung ist (Relativitätsprinzip), muss also gelten
2
L0 = L 1 − vc2 ,
d.h. bewegte Körper erscheinen verkürzt (Lorentz- oder Längenkontraktion).
95
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Beispiel: µ-Mesonen
BILD
µ-Mesonen (Myonen) entstehen in der Atmosphäre durch kosmische Strahlung in etwa
30 km Höhe und zerfallen in Ruhe mit einer Halbwertszeit von τ = 2.2 · 10−6 s. Im Rahmen der klassischen Mechanik könnte das Myon in dieser Zeit die Distanz l = 660 m
zurücklegen, wenn es sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, d.h. man dürfte auf der Erdoberfläche keine µ-Mesonen detektieren. Dies ist aber im Widerspruch zur Beobachtung!
Falls das Myon sich mit v = 0.998 c bewegt, ist der Faktor γ = √
1
1−v 2 /c2
≈ 50.
Im Ruhesystem des Myons beträgt seine Lebensdauer τ (die Zeit, die im Ruhesystem
vergeht, nennt man auch Eigenzeit), aber wegen der Längenkontraktion ist der Weg zur
Erdoberfläche um 1/γ verkürzt.
Im Ruhesystem der Erde ist dieselbe Strecke zwar 30 km, aber wegen der Zeitdilatation
ist die Lebensdauer des Myons um den Faktor γ vergrößert.
In beiden Bezugssystemen kann man berechnen, dass etwa die Hälfte der Myonen die
Erdoberfläche erreichen, wenn auch mit unterschiedlicher Begründung.
Nach diesen Überlegungen erscheinen Zeitdilatation und Längenkontraktion eng miteinander verknüpft zu sein und unterschiedliche Blickwinkel desselben Effektes darzustellen.
96
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
7.5
Die Lorentz-Transformation
Die Einsteinschen Postulate können benutzt werden, um die korrekten relativistischen
raum-zeitlichen Transformationsformeln zu bestimmen. Wir betrachten hierfür zwei Inertialsysteme S und S 0 . S 0 bewege sich relativ zu S mit einer konstanten Geschwindigkeit
~v = v~ex . Außerdem seien zum Zeitpunkt t = t0 = 0 die Ursprünge und die Richtungen der
Koordinatenachsen von S und S 0 identisch.
BILD
Aufgrund der Homogenität von Raum und Zeit kommen nur lineare Beziehungen für die
raum-zeitlichen Transformationsformeln in Frage. Außerdem sollten aufgrund der Isotropie des Raumes, Richtungen senkrecht zur Relativbewegung unbeeinflußt sein. Wir gehen daher von folgendem Ansatz für die Transformationsformeln aus
x0 = Ax + Bt ,
y0 = y ,
z0 = z ,
t0 = Cx + Dt .
(66)
Betrachten des Ursprungs von S 0 liefert
x0 = 0 = Ax + Bt = Avt + Bt
⇒
B = −vA
x0 = A(x − vt) .
⇒
(67)
Betrachten des Ursprungs von S liefert
x = 0 ⇒ x0 = −vt0 = −Avt
⇒ t0 = Cx + At .
⇒
t0 = At
⇒
D=A
(68)
A und C können aus der Forderung nach Konstanz der Lichtgeschwindigkeit bestimmt
0
0
0
0
werden. Wenn in S gilt x2 + y 2 + x2 = c2 t2 , so muss in S 0 gelten x 2 + y 2 + x 2 = c2 t 2 .
Da y = y 0 und z = z 0 ist, reicht es die Lichtausbreitung eindimensional in x-Richtung zu
betrachten, d.h.
0
0
0 = x2 − c2 t2 = x 2 − c2 t 2 = (A(x − vt))2 − c2 (Cx + At)2
v2
= x2 (A2 − c2 C 2 ) + 2xt(−vA2 − c2 AC) − c2 t2 A2 (− 2 + 1) .
c
1
2 2
Koeffizientenvergleich für den Term −c t liefert A = q v2 .
1−
Koeffizientenvergleich für den Term xt ergibt C =
97
− cv2 A
c2
2
= − qv/c v2 .
1−
c2
(69)
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Die Formeln für die Lorentz-Transformation lauten somit
x − vt
x0 = q
2
1 − vc2
x0 + vt0
und x = q
,
v2
1 − c2
y0 = y ,
z0 = z ,
t − v2 x
t0 = q c
2
1 − vc2
t0 + v2 x0
und t = q c
.
2
1 − vc2
(70)
Schon vor Entwicklung der Relativitätstheorie zeigte Lorentz (1892), dass die MaxwellGleichungen invariant unter diesen Transformationsformeln sind.
(Anmerkung: Bei der Herleitung der Lorentz-Transformation unter Verwendung von Gl. (69)
0
0
wurde nur benutzt, dass x2 −c2 t2 = x 2 −c2 t 2 ist und nicht, dass für Lichtausbreitung beide
Ausdrücke gleich Null sind. Dies bedeutet, dass s2 = c2 t2 − x2 invariant unter LorentzTransformationen ist.)
Die Lorentz-Transformation vermischt die Raum- und Zeitkoordinaten miteinander. Zudem ist t0 6= t, d.h. es gibt keine absolute Zeit mehr! Dies bewirkt beispielsweise, dass die
Beurteilung der Gleichzeitigkeit von Ereignissen vom Bezugssystem abhängt.
Im Limes vc → 0 geht die Lorentz-Transformation in die Galilei-Transformation über. Signifikante Unterschiede zwischen beiden Transformationen treten auf, wenn v gegenüber c
nicht vernachlässigt werden kann. Dies ist für makroskopische Körper nur sehr schwer
erreichbar und daher sind relativistische Effekte im alltäglichen Leben kaum beobachtbar.
98
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Die Lorentz-Transformation beinhaltet die Längenkontraktion und die Zeitdilatation;
hierzu einige einfache Gedankenexperimente:
a. Ein Maßstab der Länge l wird in ~ey -Richtung in S ausgelegt und seine Länge wird
in S 0 gemessen. Der Maßstab hat in S die y-Koordinaten y1 = 0 und y2 = l. Zur Zeit
t = t0 = 0 sind die beiden Enden des Maßstabes bei den BeobachterInnen in S 0 an den
y-Koordinaten y10 = 0 und y20 = l, da y 0 = y gilt. Der Maßstab in ~ey -Richtung (ebenso in
~ez -Richtung und jede Richtung in der ~ey -~ez -Ebene) hat in beiden Inertialsystemen dieselbe Länge.
b. Derselbe Maßstab der Länge l wird in S in ~ex -Richtung ausgelegt und seine Länge wird
in S 0 gemessen. Der Maßstab hat in S die Koordinaten x1 = 0 und x2 = l. In S 0 werden
beide Koordinaten des Maßstabes zur selben Zeit t0 , also z.B. zur Zeit t0 = 0 gemessen.
0
0
x0
x0
x = √x +vt2 2 liefert für diesen Fall x1 = 0 = √ 1 2 2 und x2 = l = √ 2 2 2 . Hieraus
1−v /c
1−v /c
p
p 1−v /c
0
0
0
0
0
2
2
ergibt sich 0 = x1 und l 1 − v /c = x2 , d.h. l = x2 − x1 = l 1 − v 2 /c2 , also die
Längenkontraktion.
c. Der Maßstab wird in ~ex -Richtung in S 0 ausgelegt und seine Länge wird in S gemessen.
Der Maßstab hat in S 0 die Koordinaten x01 = 0 und x02 = l. In S werden beide Koordinaten des bewegten Maßstabes zur selben Zeit t, also z.B. zur Zeit t = 0 gemessen.
x0 = √ x−vt2 2 liefert hier x01 = 0 = √ x1 2 2 und x02 = l = √ x2 2 2 . Hieraus ergibt sich
1−v /c
1−v /c
1−v /c
p
0
2
2
1 − v /c . Der Maßstab in ~ex -Richtung erscheint in beiden Fällen um
l = x2 − xp
1 = l
2
den Faktor 1 − v /c2 verkürzt, wenn er bewegt ist, da beide Inertialsysteme äquivalent
sind.
d. Das Problem mit der Gleichzeitigkeit
Die BeobachterInnen in S schauen zu, wie die BeobachterInnen in S 0 das Resultat aus
b. gemessen haben.
die Koordinaten
p Diese haben an dem f0 ür sie bewegten Maßstab
0
0
0
2
2
x1 = 0 und x2 = l 1 − v /c gemessen. x1 = 0 wird zur zur Zeit t1 = 0 gemessen,
t 0 +vx0 /c2
also wegen t1 = √1 12 2 bei t1 = 0. In S 0 messen die BeobachterInnen die Koordinaten
1−v /c
x02 zur Zeit t20 = 0, also in S zur Zeit
p
vl 1 − v 2 /c2 /c2
t20 + vx02 /c2
vl
p
=
= 2
t2 = p
2
2
2
2
c
1 − v /c
1 − v /c
(71)
Ohne die Relativitätstheorie zu kennen, müssen die BeobachterInnen in S annehmen,
dass die Längenkontraktion ein Meßfehler ist, weil Anfang und Ende des bewegten Maßstabes zu zwei verschiedenen Zeiten gemessen wurden. In Wahrheit sitzt das Problem
aber tiefer, da man für gegeneinander bewegte Inertialsysteme generell keine gemeinsame Zeit finden kann.
99
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
e. Im Ursprungspunkt von S steht eine Pendeluhr, deren Pendel bei t1 = 0 und bei
t2 = T tickt (einen Nulldurchgang macht). In S 0 ist der erste Tick bei t10 = 0, der zweite
T −vx/c2
= √ T 2 2 . Aufgrund der Zeitdilatation ist in S 0 der Pendelschlag der Uhr
t20 = √
1−v 2 /c2
1−v /c
p
um den Faktor γ = 1/ 1 − v 2 /c2 verlängert.
v
γ
1/γ
0.01 c
1.000 05 0.999 95
0.1 c
1.005
0.995
0.9 c
2.294
0.436
0.99 c
7.092
0.141
0.999 c 22.37
0.0447
Anwendung der Lorentz-Transformation: Addition von Geschwindigkeiten
BILD
0
In S 0 gelte u0 = xt0 .
In S ist u = xt
Wie groß ist u als Funktion von u0 und der Relativgeschwindigkeit v?
Mit
t0 + 2v
x0 + vt0
x= q
und t = q c x
2
2
1 − vc2
1 − vc2
(72)
folgt
u=
x0 + vt0
x
= 0 v 0.
t
t + c2 x
(73)
Mit x0 = u0 t0 ergibt sich
u=
u0 + v
0 .
1 + vu
2
c
(74)
Also u 6= u0 + v, d.h. Geschwindigkeiten werden nicht wie bei der Galilei-Transformation
einfach addiert.
c+v
Für u0 = c ergibt sich u = 1+
v = c (Konstanz der Lichtgeschwindigkeit); c ist die maximal
c
erreichbare Geschwindigkeit.
Für u0 c ergibt sich u ≈ u0 + v, also das Ergebnis der nichtrelativistischen GalileiTransformation.
100
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
7.6
Raum-Zeit-Mannigfaltigkeit und Minkowski-Diagramme
Relativistische Vorgänge lassen sich am besten im vierdimensionalen Minkowski-Raum,
der sich aus den drei Raumdimensionalen und einer weiteren Dimension ct zusammensetzt (oft wird ict statt ct verwendet), darstellen. Der Einfachheit halber beschränken wir
die folgenden Betrachtungen auf eine Raumdimension x, d.h. einen zweidimensionalen
Minkowski-Raum.
BILD
Wie nach Herleitung der Lorentz-Transformation bereits festgestellt wurde, ist s2 = c2 t2 −
x2 eine Größe, die unter Lorentz-Transformation invariant ist. s2 = 0 beschriebt die Ausbreitung eines Lichtsignals gemäß x = ±ct.
Wir betrachten nun wieder zwei relativ zueinander bewegte Systeme S und S 0 und nehmen an, dass die Koordinatenursprünge von S und S 0 zur Zeit t = t0 = 0 übereinstimmen.
Dann ist die Zeitachse von S 0 bestimmt durch x0 = 0 = qx−vtv2 , d.h. x = vt bzw. ct = vc x.
1−
c
v
0
c2
Da > 1 ist, liegt die Zeitachse von S immer zwischen dem Lichtsignal und der Zeitachse von S.
t− v x
Die Raumachse von S 0 ist bestimmt durch t0 = 0 = q c2v2 , d.h. ct = vc x. Da vc < 1 ist, liegt
1−
c2
die Raumachse von S 0 also stets zwischen der Raumachse von S und dem Lichtsignal.
Der Winkel zwischen der x- und der ct0 -Achse ist bestimmt durch tan χ = vc . Der Winkel
zwischen der x- und der x0 -Achse ist bestimmt durch tan ϕ = vc . Der Winkel ϕ taucht noch
einmal zwischen der ct- und der ct0 -Achse auf.
Ein Ereignis E wird durch einen Punkt im Minkowski-Raum beschrieben. Die Raum-ZeitKoordinaten ergeben sich in den verschiedenen Bezugssystemen durch die Achsenabschnitte.
Zu beachten ist noch, dass die Einheiten der Achsen in S und S 0 nicht identisch sind.
0
Betrachten wir z.B. alle Raum-Zeit-Vektoren der Länge s2 = s 2 = −1, d.h. c2 t2 − x2 =
0
0
c2 t 2 − x 2 = −1, so führt dies auf die Eichhyperbel x2 = c2 t2 + 1. Der Schnittpunkt dieser
Kurve mit der x0 -Achse definiert die Längeneinheit dieser Achse.
0
Analog liefert die Betrachtung von s2 = s 2 = 1 die Beziehung c2 t2 = x2 + 1 mit der sich
die t0 -Achse eichen läßt.
101
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
BILD
Für v 6= 0 zeigen die Raum- und Zeitachsen von S und S 0 nicht in dieselbe Richtung. Man
sieht leicht, dass zwei Ereignisse, die in S oder S 0 zu derselben Zeit aber an verschiedenen Orten stattfinden, in dem jeweils anderen System zu unterschiedlichen Zeiten passieren! Ebenso finden Ereignisse, die in S oder S 0 am selben Ort aber zu verschiedenen
Zeiten stattfinden, in dem jeweils anderen System zu unterschiedlichen Zeiten statt! Man
muß diese Unterschiede berücksichtigen und genaue Meßvorschriften angeben, wenn
z.B. Uhren, Maßstäbe, etc. in verschiedenen Bezugssystemen verglichen werden.
BILD
s = 0 beschreibt gerade die Ausbreitung von Licht, also die Winkelhalbierende im MinkowskiDiagramm.
Ist s2 > 0, so ist (ct)2 > x2 und man spricht von einem zeitartigen Abstand, wobei t > 0
bzw. t < 0 der Zukunft bzw. der Vergangenheit entspricht.
Ist s2 < 0, so ist x2 > (ct)2 und man spricht von einem raumartigen Abstand. Mit diesem
Bereich ist keine Kommunikation möglich, da sich wegen | xt | > c Signale mit Überlichtgeschwindigkeit ausbreiten müßten.
102
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
7.7
Relativistische Masse
BILD
Zwei gleiche Massen (mA = mB ) fliegen in S mit entgegengesetzten Geschwindigkeiten,
sodass der gemeinsame Schwerpunkt (CM) bei xCM = 0 liegt. Wir wählen v = vB , damit
S 0 das Ruhesystem für die Masse B ist. Von B aus gesehen ist der Schwerpunkt der
beiden Massen bei x0CM = −vt 0 . Die Masse A, die in S am Ort x = −vt ist, hat in S 0 die
Geschwindigkeit |vA0 | = | 1+v2v2 /c2 |.
0
0
In S 0 ist der Abstand CM − B = vt 0 , während der Abstand A − CM = (vA0 − v) t 0 etwas
kleiner ist. Daher muss gelten
m0A (vA0 − v) t 0 = m0B vt 0
(75)
bzw.
v
m0A
= 0
=
0
mB
vA − v
v
2v
1+v 2 /c2
−v
= ... =
c2 + v 2
.
c2 − v 2
(76)
Diese Gleichung ist noch nicht sehr nützlich, da sie die Geschwindigkeit v bezüglich des
Schwerpunktes der Massen enthält. Viel interessanter ist die Abhängigkeit der Masse von
vA0 , dem Betrag der Geschwindigkeit der Masse A in S 0 . Dazu benutzen wir
2
0 2
2
c − v2
mB
1 + 2v 2 /c2 + v 4 /c4 − 4v 2 /c2
(1 − v 2 /c2 )2
=
=
=
m0A
c2 + v 2
(1 + v 2 /c2 )2
(1 + v 2 /c2 )2
(1 + v 2 /c2 )2 − 4v 2 /c2
4v 2 /c2
vA02
=
=
1
−
=
1
−
.
(77)
(1 + v 2 /c2 )2
(1 + v 2 /c2 )2
c2
Es gilt daher
m0B
m0A = p
.
1 − vA02 /c2
(78)
Ein Körper, der in seinem Ruhesystem die Ruhemasse m0 hat, hat also in einem Bezugssystem, in dem er sich mit v bewegt, die Masse
m0
m(v) = p
= γm0 ,
(79)
1 − v 2 /c2
d.h. die relativistische Masse steigt mit zunehmender Geschwindigkeit.
103
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
7.8
Relativistische Kraft und Äquivalenz von Energie und Masse
Auch in der Relativitätstheorie gilt
d
F~ =
p~ ,
dt
(80)
d.h. ohne eine Kraft ist der Impuls erhalten. Allerdings ist der relativistische Impuls
(81)
p~ = m(v) ~v = γm0~v .
Für ~v = v~ex führt dies auf folgende eindimensionale Betrachtung
dm dv
dv
dm
dv
d
(mv) =
v+m
=
v+m
.
F =
dt
dv dt
dt
dv
dt
(82)
Bei konstanter Kraft ist die Beschleunigung nicht mehr konstant, sondern nimmt aufgrund
der Massenzunahme immer weiter ab.
Betrachten wir nun die kinetische Energie
Z s
Z s
Z v
dm
dv
dm
F ds =
T =
v+m
ds =
ṽ + m ṽdṽ
dv
dt
dṽ
0
0
0
!
Z v
Z v
m0 ṽ − 21 (−2) ṽ/c2
m0
m0 ṽ
=
+
ṽdṽ =
dṽ
(1 − ṽ 2 /c2 )3/2
(1 − ṽ 2 /c2 )1/2
(1 − ṽ 2 /c2 )3/2
0
0
v
m0 c2
m0 c2
=
− m0 c2 = mc2 − m0 c2 ,
(83)
=
(1 − ṽ 2 /c2 )1/2 0
(1 − v 2 /c2 )1/2
Entwickeln des relativistischen Ausdrucks
mc2 = p
1
3 v4
≈ m0 c2 + m0 v 2 + m0 2 + ... .
2
8 c
1 − v 2 /c2
m 0 c2
(84)
führt auf
3 v4
1
T ≈ m0 v 2 + m0 2 + ... ,
2
8 c
(85)
also den klassischen Ausdruck und die niedrigste relativistische Korrektur.
In der Relativitätstheorie sind ganz allgemein Energie und Masse zueinander äquivalent.
So ist E0 = m0 c2 das Energieäquivalent der Ruhemasse, d.h. die Ruheenergie. Für die
Gesamtenergie, d.h. die Summe aus Ruhe- und kinetischer Energie gilt der berühmte
Zusammenhang
E = mc2 .
(86)
104
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
Beispiel: Paarerzeugung
Ein Elektron-Positron-Paar kann mit einem Lichtquant (Photon E = hν = ~ω) erzeugt
werden. Die Ruheenergie eines Elektrons und eines Positrons ist jeweils ≈ 511 keV .
Daher ist der Prozess
hν =⇒ e− + e+
(87)
ist nur mit hinreichend hochfrequenten Photonen hν ≥ 1022 keV möglich.
Beispiel: Kernfusion/Kernspaltung
BILD
Kernfusion:
Zwei Deuteriumkerne verschmelzen zu einem Heliumkern. Die Masse des neuen Kernes
ist kleiner als die Summe der Massen der Ausgangskerne. Multipliziert mit c2 entspricht
dieser Massendefekt ∆m den Differenzen der Bindungsenergien, also
1
mP .
∆E = ∆m c2 = EHe − 2ED ≈ 28 M eV − 5 M eV = 23 M eV ≈ 40
Kernfusionsreaktoren versuchen diesen Energiegewinn ∆E zu nutzen.
Offensichtlich gibt es Kerne mit besonders großer Bindungsenergie: “magische” Protonenzahlen, magische Neutronenzahlen, doppelt magische Kerne. In Sternen finden Fusionen in verschiedenen Lebenszyklen statt: erst wird Wasserstoff zu Helium “verbrannt”,
dann werden höhere Elemente erbrütet, bei Eisen (56 F e) ist dann Schluss.
Kernspaltung:
Man kann auch Energie gewinnen, wenn man schwächer gebundenen schwere Kerne in leichtere Kerne spaltet. Auch hier ist die Masse der Tochterkerne um den Betrag
∆m = ∆E/c2 kleiner als die Masse der Ausgangskerne.
105
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
7.9
Energie-Impuls-Relation
Der relativistische Impuls ist
P~ = m ~v = γ m0 ~v .
(88)
Die Energie ist
E = m c2 = γ m0 c2 .
(89)
Jetzt bilden wir
E 2 − c2 P~ 2 =
m20 c4 − m20 v 2 c2
m20 c4 (1 − v 2 /c2 )
=
= m20 c4 .
1 − v 2 /c2
1 − v 2 /c2
(90)
Dies liefert die relativistische Energie-Impuls-Beziehung
E 2 = m20 c4 + c2 P~ 2 .
(91)
Als Konsequenz haben auch Teilchen ohne Ruhemasse einen Impuls. Z.B. für Lichtquanten (Photonen) gilt
PP hoton =
~ω
EP hoton
=
.
c
c
(92)
Es gibt zwei Sorten Teilchen: ruhemasselose freie Teilchen haben in jedem Inertialsystem
im Vakuum die Geschwindigkeit c, während Teilchen mit Ruhemasse (“massive Teilchen”)
in jedem Inertialsystem eine Geschwindigkeit haben, die kleiner als c ist.
7.10
Allgemeine Relativitätstheorie
Die allgemeine Relativitätstheorie postuliert die Äquivalenz von schwerer und träger Masse. Ferner postuliert sie, dass sich ein Inertialsystem im Schwerefeld nicht von einem beschleunigten Bezugssystem unterscheiden läßt.
Dies führt zum Beispiel auf:
Lichtablenkung im Gravitationsfeld (Gravitationslinsen)
Rotverschiebung des Lichtes im Gravitationsfeld (messbar mit Mössbauer-Effekt)
Schwarze Löcher
Wenn die Masse eines Sternes zu groß wird, so kollabiert er zu einem Schwarzen Loch,
einem Gebilde, für das innerhalb des “Schwarzschild”-Radius RS = γM
die potentielc2
le Energie eines Photons kleiner als ~ω wird. Damit kann noch nicht einmal Licht den
Schwarzschild-Radius verlassen und das Schwarze Loch kann nur noch durch seine Gravitation entdeckt werden.
106
Inhaltsverzeichnis
1 Newton-Mechanik eines Massenpunktes
1.1 Mathematischer Einschub I: Ableitungen und Kurvenintegral . .
1.2 Potential und Energieerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Mathematischer Einschub II: Krummlinige Koordinatensysteme
1.4 Planetenbewegung als Einkörperproblem . . . . . . . . . . . .
1.5 Planetenbewegung als Zweikörperproblem . . . . . . . . . . .
1.6 Beschleunigte Bezugssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1
1
7
13
16
23
25
2 Mehrteilchensysteme
28
2.1 Erhaltungssätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
2.2 Schwingungen um Gleichgewichtslagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3 Starre Körper
3.1 Rotation um eine feste Achse . . . . . . . . . .
3.2 Der Trägheitstensor . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.1 Kinetische Energie des starren Körpers
3.2.2 Drehimpuls des starren Körpers . . . .
3.3 Elemente der Kreiseltheorie . . . . . . . . . . .
3.3.1 Kinetische Energie des starren Körpers
3.3.2 Rotationen um freie Achsen . . . . . . .
3.3.3 Kräfefreier symmetrischer Kreisel . . . .
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4 Lagrange-Mechanik
4.1 Zwangskräfte und Lagrangesche Multiplikatoren
4.2 Gleichgewicht der Kräfte und virtuelle Arbeit . . .
4.3 Das d’Alembertsche Prinzip . . . . . . . . . . . .
4.4 Das Hamiltonsche Prinzip . . . . . . . . . . . . .
4.5 Die Eulerschen Gleichungen . . . . . . . . . . .
4.6 Generalisierter Impuls und zyklische Variablen .
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38
38
44
44
50
51
51
52
53
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57
57
60
62
64
67
71
5 Hamilton-Mechanik
73
5.1 Die Hamilton-Funktion und die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen . . . 73
5.2 Zeitentwicklung und Poisson-Klammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
5.3 Erweiterung auf Systeme von Massenpunkten . . . . . . . . . . . . . . . . 76
6 Die schwingende Saite
6.1 Schwingungen einer eingespannte Saite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2 Lösung der Wellengleichung durch Separationsansatz . . . . . . . . . . . .
6.3 Fourierreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
78
80
85
Torsten Meier, Theoretische Physik A, SS 2010
7 Spezielle Relativitätstheorie, Lorentz-Transformation
7.1 Die Galilei-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2 Die Lichtgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.3 Der Michelson-Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.4 Zeitdilatation und Längenkontraktion . . . . . . . . . . . . . .
7.5 Die Lorentz-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.6 Raum-Zeit-Mannigfaltigkeit und Minkowski-Diagramme . . . .
7.7 Relativistische Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.8 Relativistische Kraft und Äquivalenz von Energie und Masse
7.9 Energie-Impuls-Relation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.10 Allgemeine Relativitätstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . .
108
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