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Pentlandit als effizienter Elektrokatalysator
Natürliches Mineral als Zukunftsmaterial für die Wasserstofferzeugung
Stefan Piontek1 und Ulf-Peter Apfel1
D
ie effiziente Reduktion von Wasser zu
Wasserstoff unter milden Bedingungen und ohne den Einsatz von teuren
Edelmetallen ist ein erstrebenswertes Ziel
für eine zukunftsweisende und nachhaltige
Energiespeicherung. Zudem besitzt der gewonnene Wasserstoff die höchste Energiedichte aller kommerziellen Brennstoffe und
erzeugt als Abfallprodukt lediglich Wasser.
Während nur wenige effektive nicht-edelmetallhaltige Materialien für diesen Zweck
bekannt sind, betreiben Enzyme und die
[FeNi]-Hydrogenasen diese Umwandlung
höchst effizient. Diese Enzyme sind mit einem Eisen-Nickel-Schwefel Zentrum ausgestattet. Überraschenderweise besitzt das
Mineral Pentlandit einen mit dem Enzym
vergleichbaren molekularen Aufbau und
kann als günstiger, robuster und hoch effizienter Elektrokatalysator für die Protonenreduktion eingesetzt werden.
Obwohl Wasserstoff ein sauberer Energieträger ist und verstärkt über dessen Anwendung
als künftiger Energieträger und -speicher diskutiert wird, werden derzeit immer noch ca.
95 % des weltweit produzierten Wasserstoffs
über die Spaltung fossiler Kohlenwasserstoffquellen bei hohen Drücken und Temperaturen
hergestellt [1, 2]. Die elektrochemische Spaltung von Wasser findet indes kaum Beachtung, wohl auch aufgrund der üblicherweise
eingesetzten Elektrodenmaterialien. Besonders Edelmetalle wie Platin und dessen Edelmetalllegierungen haben sich als äußerst effizient in der Protonenreduktion (engl. HER,
Hydrogen Evolution Reaction) erwiesen, da
sie sehr effektiv Wasserstoff bei geringen
Spannungen erzeugen. Trotz der hervorragenden Eigenschaften von Platin und dessen
Legierungen für die HER ist der kommerzielle
Einsatz aufgrund des geringen natürlichen
Vorkommens und dem damit verbundenen
hohen Preis als unwirtschaftlich einzustufen.
Als alternative Materialien sind vor allem
Schwefelverbindungen der Übergangsmetalle zu nennen, besonders aus der Mangan-,
Kobalt-, Eisen- und Nickelgruppe des Periodensystems, welche für deren gute elektrokatalytischen Eigenschaften in der HER bekannt
sind [3–5]. Ein großer Nachteil dieser Systeme liegt jedoch in der geringen Leitfähigkeit
GIT Labor-Fachzeitschrift 10/2016, S. 64–66, WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim
der Materialien und der damit verbundenen
Notwendigkeit, sie als Nanopartikel einzusetzen. Diese Nanopartikel müssen in Großteils
aufwendigen Prozessschritten hergestellt und
mühevoll auf ein leitfähiges Trägermaterial
aufgebracht werden.
Der richtige Katalysator macht‘s
Aber was zeichnet einen guten Elektrokatalysator aus? Eine einfache und allgemeingültige Antwort auf diese Frage wird
es wohl nicht geben, allerdings lassen sich
Eckpunkte definieren, die einen erstrebenswerten Katalysator ausmachen. Da wäre
zunächst eine hohe katalytische Aktivität
für die Reduktion von Wasser zu nennen.
Besonders eine niedrige Überspannung, d. h.
die Mehrspannung die benötigt wird, um die
Elektrolyse ablaufen zu lassen, ist hier wünschenswert, da somit weniger Energie bei
der Speicherung von Energie in Wasserstoff
„verloren“ geht. Auch eine schnelle Reduktion von Protonen am Katalysator ist erstrebenswert und äußert sich in hohen Stromwww.gitverlag.com
www.git-labor.de
Abb. 1: Synthese und Charakterisierung des Pentlandits. Das Elementargemisch durchläuft unter Luftausschluss bei 1.100°C die Umwandlung zum Pentlandit und wird anschließend durch Festkörpermethoden
wie Energiedispersive Röntgenspektroskopie (EDX), Pulverdiffraktometrie (PXRD) und Rasterelektronenmikroskopie (REM) charakterisiert.
dichten bei geringen Überspannungen. Dies sind jedoch nur
zwei Kriterien für einen guten
Katalysator. Eine hohe Langzeitstabilität, am Besten über
Jahre, und eine hohe Stromausbeute, welche den tatsächlichen
Wirkungsgrad einer Elektrode
beschreibt, sind für eine technisch realisierbare Anwendung
unerlässlich. In dieser Hinsicht
ist die Natur der Technik weit
überlegen und formte im Laufe
mehrerer Millionen Jahre effektive Katalysatoren auf Basis von
Nickel, Eisen und Schwefel.
Ein Elektrodenmaterial, welches hohe Aktivität über einen
langen Zeitraum bei geringer
Überspannung aufweist, ist das
Mineral Pentlandit. Dieses der
[FeNi]-Hydrogenase sehr ähnliche Eisen-Nickel-Sulfid mit der
Zusammensetzung Fe4.5Ni4.5S8
kann künstlich in der Hochtemperatursynthese hergestellt werden [6].
Stein mit Potential
Ausgehend von den Elementen
Eisen, Nickel und Schwefel erfolgt unter Luftausschluss bei
1.100 °C die Umwandlung zum
Pentlandit. Anders als in der
Natur liegen im synthetischen
Pentlandit keine Verunreinigungen durch Silikate und andere
Materialien vor und beeinträchtigen somit nicht die Katalyseergebnisse. Ein weiterer Vorteil
dieses Verfahrens: die elektrische Leitfähigkeit des synthetischen Pentlandits ist deutlich
erhöht und ermöglicht es, den
„Stein“ (Roh-Pentlandit) direkt
als Elektrokatalysator zu verwenden (Abb. 1).
Für eine bessere Reproduzierbarkeit der elektrokatalytischen Messungen kann feingepulvertes Pentlandit auch zu
Pellets, ähnlich zu handelsüblichen Glaskohlenstoffelektroden,
gepresst und als Elektrodenmaterial verwendet werden (Abb.
2). Die so erhaltenen Elektroden
sind sowohl in schwefelsaurem
Milieu, in konzentrierter Natronlauge und auch nicht-wässrigen Lösemitteln ohne Korrosionserscheinungen
stabil.
Die Testung der katalytischen
Eigenschaften wurde in einem
Drei-Elektroden-Setup durch
elektrochemische Messungen
realisiert. Dadurch lassen sich
elektrokatalytische Randbedingungen, wie z. B. Überspannungen, Leitfähigkeit des Materials
und Langzeitstabilität schnell
und präzise messen. Die Überspannung der Wasserreduktion
an den hergestellten Pentlanditelektroden wurde in 0.5 M
H2SO4 gemessen und beträgt
gerade einmal 280 mV bei einer
Stromdichte von 10 mA cm-².
Damit ist die Überspannung
deutlich geringer im Vergleich
zu bekannten nanoskalierten
Elektrokatalysatoren wie NiS2
(315 mV), FeS2 (400 mV) und
MoS2 (374 mV) bei gleichen
Stromdichten. Bemerkenswert
ist weiterhin, dass im Gegensatz zu den nanostrukturierten
Systemen keinerlei Aktivitätsverluste bei einer angelegten
Abb. 2: Stein als Elektrodenmaterial. Pentlandit kann als Stein (1), gepulvert (2) und gepresst
in Pelletform (3) als Elektrodenmaterial (4) verwendet werden. Nach Polieren der Elektrodenoberfläche entsteht eine plane Elektrode mit definierter Größe.
Spannung von -0.8 V beobachtet wurden.
Im Gegenteil, eine solche Behandlung führte
zu einer weiteren Aktivierung des Materials,
im Zuge dessen Stromdichten von bis zu 650
mA cm-1 bei -0.8 V (vs RHE) erreicht werden
konnten. Weiterhin führte diese Aktivierung
zu einer Verringerung der Überspannung auf
gerade einmal 190 mV, was ein Rekord für
nicht-Edelmetallhaltige und makroskopische
Elektroden ist (Abb. 3).
Messungen über 170 Stunden bei diesem hohen Potential zeigten keinerlei Aktivitätsminderung. Welche Prozesse an der
Elektrodenoberfläche sind jedoch wichtig
für diese Aktivierung und die beobachtete
katalytische Aktivität? Durch röntgenspektroskopische Methoden konnte nachgewiesen
werden, dass über die Zeit der Aktivierung
verschiedene Schwefel-Bestandteile langsam von der Oberfläche abgetragen werden.
Die dadurch „gesäuberte“ Oberfläche besitzt
einen höheren metallischen Charakter und
“frei zugängliche“ Metallzentren. Durch
diese Oberflächenmodifikation wird die katalytische Aktivität zur Wasserstoffgenerierung
zusätzlich verbessert. Die Menge an freigesetztem Wasserstoff wurde über einen Zeitraum von 4 Stunden gemessen. Innerhalb
einer Stunde werden so bei einer Elektrodenoberfläche von der Größe eines 5-CentStückes 340 mL Wasserstoff gebildet. Dabei
wurde nahezu der gesamte Strom ohne nennenswerte Verluste in Wasserstoff umgewandelt.
Pentlandit als Hydrogenasemodell
Ein plausibler theoretischer Mechanismus
zur katalytischen Protonenreduktion durch
das Mineral ergab Aufschluss über die hohe
Aktivität des Materials zur Wasserstoffbildung. Die Protonenreduktion lässt sich in
drei Schritten formulieren. Dabei bindet
zunächst ein Proton zwischen ein Nickelund Eisen-Atom und wird durch Elektronenübertragung zu einem Hydrid umgewandelt. Dieses Hydrid reagiert mit einem
weiteren am Schwefel gebundenen Proton
zu molekularem Wasserstoff. Der berechnete Mechanismus für die Wasserstoffentstehung an der Pentlanditoberfläche ist dabei
erstaunlicherweise gut vergleichbar mit
dem enzymatischen Vorbild, der [FeNi]Hydrogenase.
Zusammenfassung
Mit seinen guten elektrokatalytischen Eigenschaften in der Protonenreduktion bietet der Pentlandit den Edelmetallen und
Abb. 3: Elektrochemie. Aus der Strom-Spannungs-Kurve kann klar die Aktivierung des aktivierten Pentlandits anhand der geringeren
Überspannung erkannt werden.
artifiziellen Nanopartikeln die Stirn. Nicht
nur, dass die Zusammensetzung aus Eisen,
Nickel und Schwefel deutlich günstiger ist
als Platin, sondern auch seine hohe Robustheit, die hohe Effizienz und die Tatsache, dass keine künstliche Nano-Strukturierung benötigt wird, machen ihn zu
einem potentiellen industriell einsetzbaren
Katalysator zur Wasserstofferzeugung.
Literatur
Die Referenzen finden Sie unter:
http://bit.ly/GIT-Apfel
Zugehörigkeiten
1Inorganic Chemistry 1, Bioinorganic Chemistry, Ruhr-Universität Bochum, Bochum
KONTAKT |
Dr. Ulf-Peter Apfel
Inorganic Chemistry 1, Bioinorganic Chemistry
Ruhr-Universität Bochum
Bochum
[email protected]
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