Das vorliegende Skript ist als begleitendes Material für den Physik

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Hinweis:
Das vorliegende Skript ist als begleitendes Material für den Physik-Unterricht der 9. Jahrgangsstufe und nur für den eigenen Gebrauch bestimmt. Dieses Dokument darf nicht an
andere Personen außerhalb des Unterrichts weitergegeben und verbreitet werden. Die in diesem Skript verwendeteten Abbildungen sind aus dem Schulbuch “Physik Bayern Gymnasium
9”, Duden Paetec Schulbuchverlag C.C. Buchner entnommen und urheberrechtlich geschützt.
1
1
Elektrik
1.1
1.1.1
Magnetisches und elektrisches Feld
Eigenschaften von Magneten
• ein Körper der Eisen, Kobald, Nickel und bestimmte Legierungen aus diesen Metallen
anzieht heißt Magnet
Dauermagnete (Permanentmagnete) (Legierungen: Eisen-Nickel, Eisen-Aluminium, EisenNeodym) besitzen diese Eigenschaft dauerhaft
• Stoffe die von einem Magneten angezogen werden, nennt man ferromagnetisch
• die Anziehungskraft eines Magneten wirkt durch nichtferromagnetische Stoffe hindurch
• die Anziehungskraft auf ferromagnetische Stoffe ist nicht an allen Stellen des Magneten
gleich groß – jeder Magnet weist stets zwei Bereiche stärkster Anziehungskraft auf –
Pole genannt
• ein Magnet besitzt immer zwei verschiedene Magnetpole, ein Magnet ist ein magnetischer Dipol
– Nordpol: weist in Richtung des geograph. Nordpols – Farbe Rot
– Südpol: weist in Richtung des geograph. Südpols – Farbe Grün
– gleichnamige Pole stoßen sich ab, ungleichnamige Pole ziehen sich an.
– je größer der Abstand zwischen den Polen ist, desto geringer ist die Kraftwirkung.
– ungleichnamige Pole neutralisieren sich gegenseitig (heben sich in ihrer Wirkung
auf)
Abbildung 1: links: Stabmagnet mit magn. Nord- und Südpol; rechts: Wechselwirkung zwischen den magn. Polen
• bei der Zerteilung von Magneten entstehen immer wieder vollständige Magnete – es
gibt keinen magnetischen Monopol!
2
• der Raumbereich in der Umgebung eines Magneten, in dem auf ferromagnetische Stoffe
Kräfte wirken, nennt man magnetisches Feld oder Magnetfeld
• das magnetische Feld wird durch magnetische Feldlinien (fiktive Kurven) veranschaulicht – diese:
– sind immer in sich geschlossen
– haben weder Anfangs- noch Endpunkte
– kreuzen und berühren sich nicht
– sind so orientiert, dass sie in Richtung der Kraft auf einen fiktiven magnetischen
Nordpol deuten
– verlaufen in Bereichen umso dichter, je stärker dort das Magnetfeld ist
– verlaufen außerhalb eines Permanentmagneten vom Nord- zum Südpol, im Inneren
vom Süd- zum Nordpol
Abbildung 2: graphische Darstellung der Feldlinien und Darstellung durch Eisenspäne
• Model der Elementarmagnete beschreibt einfache magn. Erscheinungen
Abbildung 3: links: ausgerichtete Elementarmagneten eines magnetisierten Körpers; Mitte:
ungeordnete Elementarmagneten in einem nichtmagnetischen Ferromagnetikum; rechts: magnetische Influenz
• Influenz: unmagnetische ferromagnetische Stoffe werden in der Nähe von Magneten
selbst zu Magneten – in der Nähe eines Nordpols entsteht ein influenzierter Südpol
(siehe Abb. 3 rechts) und umgekehrt.
3
1.1.2
Magnetfelder stromdurchflossener Leiter
Ein stromdurchflossener Leiter ist von einem räumlich ausgedehnten Magnetfeld
umgeben!
Abbildung 4: Magnetfeld um stromdurchflossenen Leiter und Spule, dargestellt durch Eisenspäne
• Magnetfeld eines stromdurchflossenen Leiters:
Die magnetischen Feldlinien eines geraden stromdurchflossenen Leiters sind konzentrische Kreise in Ebenen senkrecht zum Leiter.
Rechte-Hand-Regel: Umfasst man mit gekrümmten Fingern der rechten Hand den
Leiter so, dass der ausgestreckte Daumen in die technische Stromrichtung (+ −→ −)
zeigt, dann geben die Finger den Verlauf der Feldlinien an.
• Magnetfeld einer stromdurchflossenen Spule:
Das Magnetfeld einer stromdurchflossenen Spule ähnelt im Außenraum dem eines Stabmagneten, im Inneren befindet sich ein homogenes Magnetfeld. Das Magnetfeld einer
Spule ist umso größer, je größer die Stromstärke ist, je größer die Windungszahl der
Spule ist und je kürzer die Spule ist. Ein Eisenkern in der Spule verstärkt das Magnetfeld erheblich (Elektromagnet).
Der Daumen der rechten Hand zeigt in Richtung Nordpol, wenn die gekrümmten Finger
die technische Stromrichtung anzeigen.
4
1.1.3
Kraft auf stromdurchflossene Leiter im Magnetfeld
• Auf stromdurchflossene Leiter wirkt in einem Magnetfeld eine Kraft senkrecht zum Stromfluss und senkrecht zur Richtung des Magnetfeldes!
Die Kraft ist umso größer, je größer die Stromstärke und das Magnetfeld ist.
Abbildung 5: Kraft auf stromdurchflossene Leiterschaukel und Drei-Finger-Regel der rechten
Hand
• Drei-Finger-Regel der rechten Hand (UVW-Regel):
Zeigt der Daumen in die technische Stromrichtung + → − (Ursache) und der Zeigefinger in die Magnetfeldrichtung N → S (Vermittlung), so weist der Mittelfinger in
die Richtung der Kraft (Wirkung).
• Kraft zwischen stromdurchflossenen Leitern:
Werden zwei parallele gerade Leiter gleichsinnig (gleiche Stromrichtung) von Strömen
durchflossen, dann ziehen sich die Leiter an. Bei entgegengesetzter Stromrichtung stoßen sie sich ab (Drei-Finger-Regel).
Abbildung 6: Kraft auf parallele stromdurchflossene Leiter mit gleichsinnigen und ungleichsinnigen Strömen
5
1.1.4
Lorentzkraft
• Auf ein Elektron, das sich in einem Magnetfeld senkrecht zur Magnetfeldrichtung bewegt, wirkt eine Kraft, die Lorentzkraft. Ihre Richtung ist senkrecht zur Bewegungsund Magnetfeldrichtung.
Bei der Drei-Finger-Regel ist zu beachten, dass die Elektronenbewegung zur technischen Stromrichtung entgegengesetzt ist (pos. Ladung mit der Stromrichtung).
• Die Lorentzkraft ist umso größer, je größer die elektrische Ladung des Teilchens ist, je
größer seine Geschwindigkeit ist und je stärker das Magnetfeld ist.
1.1.5
elektrisch geladene Körper und elektr. Ladung
• es gibt zwei Arten elektrischer Ladung, negative und positive Ladungen
Elektronenüberschuss auf einem Körper bedeutet, dass er negativ, Elektronenmangel,
dass er positiv geladen ist
Abbildung 7: neutraler und geladene Körper
• gleiche Mengen positiver und negativer Ladungen auf einem Leiter neutralisieren sich
• elektrische Ladungen können durch Berührung von einem Körper auf einen andern
übertragen werden
• geladene Körper werden entladen, wenn man sie leitend mit der Erde verbindet (Erdung)
6
• elektrische Ladungen können in elektrischen Leitern fließen
• gleichnamige elektrische Ladungen stoßen einander ab, ungleichnamige Ladungen ziehen sich an
Abbildung 8:
• Atom besteht aus positiv geladenen Atomkern und einer negativ geladenen Atomhülle
Abbildung 9: Atommodell am Beispiel von Aluminium
• im Atomkern befinden sich positiv geladene Protonen und ungeladene Neutronen;
die Atomhülle beinhaltet die negativ geladenen Elektronen
• neutrales Atom: das Atom besitzt genauso viele (negative) Elektronen wie (positive)
Protonen
• fehlen dem Atom Elektronen, dann ist das Atom positiv geladen und wird als Ion
bezeichnet
• die kleinste frei vorkommende Ladung wird als Elementarladung e bezeichnet,
e = 1, 6022 · 10−19 C
• jede in der Natur vorkommende elektrische Ladung ist stets ein ganzzahliges Vielfaches
dieser Elementarladung e
• das Formelzeichen für die elektrische Ladung ist Q, die Einheit der elektrischen Ladung
ist das Coulomb [Q] = 1 C (= 6, 242 · 1018 e) und ein Vielfaches der Elemtarladung
• Elektron ist der Träger der kleinsten negativen Ladung −e = −1, 6022 · 10−19 C
7
• Proton ist der Träger der kleinsten positiven Ladung e = 1, 6022 · 10−19 C
• Ion hat durch Elektronenmangel eine Ladung Q = +n · e, oder durch Elektronenüberschuß die Ladung Q = −n · e mit n ∈ N (Anzahl der fehlenden oder überschüssigen
Elektronen)
• mit einem Elektroskop kann die Ladungsmenge bestimmt werden
Abbildung 10: Elektroskop zur Bestimmung der Ladungsmenge
– der negative Pol der Ladungsquelle lädt die Metallkugel MK, die Stange S und
den Zeiger Z negativ auf =⇒ Stange S und Zeiger Z stoßen sich ab
– der Ausschlag ist ein Maß für die geflossene Ladungsmenge
– der Metallring MR wird durch die Ladungsquelle positiv aufgeladen (Elektronen
fließen zu Ladungsquelle ab)
1.1.6
elektrisches Feld
• in dem Raum um einen elektrisch geladenen Körper existiert ein elektrisches Feld
• in einem elektrischen Feld wirken Kräfte auf andere elektrisch geladene Körper
Abbildung 11: elektrische Felder; links: um geladene Kugeln (Kraft auf geladene Körper)
rechts: zwischen geladenen Kugeln
• das elektrische Feld lässt sich mit einem Feldlinienbild – Modell des elektrischen
Feldes – veranschaulichen
• die Feldlinien eines elektrischen Feldes verlaufen von positiv zu negativ (+ → −)
und treffen rechtwinklig auf den (ungleichnamig) geladenen Körper
8
• der Verlauf der Feldlinien ist abhängig von der Geometrie der geladenen Körper (Kugel/Kugel, Platte/Platte, Spitze/Platte etc.) und der Art der Ladungen (gleichnamig,
ungleichnamig)
Abbildung 12: elektrisches Feld zwischen ungleichnamig geladenen Körpern; Spitze/Platte
(inhomogen), Platte/Platte (homogen) und Kugel/Kugel (inhomogen)
1.1.7
Kräfte auf frei bewegliche Ladungen im elektrischen Feld
• in einem elektrischen Feld wirkt auf Ladungsträger (z.B. Elektronen) eine (Coulomb-)
Kraft, diese ist in einem homogenen elektr. Feld konstant
• die Kraft ist umso größer, je stärker das elektr. Feld ist und je größer die Ladung der
Ladungsträger ist
• frei bewegliche Ladungsträger werden in Feldrichtung bzw. entgegengesetzt der Feldrichtung beschleunigt (siehe auch Abb. 12)
Abbildung 13: Ablenkung von freien Elektronen bei der Bewegung senkrecht zu einem
homogenen elektrischen Feld
• durchläuft ein Elektron eine Spannung von U = 1 V dann ist seine Energie
∆E = Q · U = 1, 6022 · 10−19 C · 1 V = 1, 6022 · 10−19 J
• die Energie ∆E = 1.6 · 10−19 J = 1 eV definiert man als ein Elektronenvolt
• Beschleunigung von Elektronen in einem elektrischen Feld (mit Plattenabstand 10 cm)
∆E
s
=
= 1, 8 · 1012
m
s2
mit ∆E = W = F · s =⇒ F =
a=
F
me
=
1,6022·10−18 N
9,1·10−31 kg
1,6022·10−19 J
1·10−1 m
9
= 1, 6022 · 10−18 N
1.1.8
Elektromotor
Der Elektromotor ist eine umlaufende Maschine, die durch Lorentzkräfte elektrische Energie
in mechanische Energie umwandelt.
Abbildung 14: Aufbau & Wirkunsweise des Gleichstrommotors
• Aufbau:
– Dauermagnet (Gleichstrommotor) oder Elektromagnet (Wechselstrommotor) als
Stator =⇒ erzeugt stationäres bzw. wechselndes Magnetfeld
– Spule(n) auf Eisenkern (Leiterschleife) als drehbar gelagerter Rotor
– Kommutator (Polwender) und Kohlebürsten für die Stromzufuhr
• Wirkungsweise: (Gleichstrommotor)
– der von einem Gleichstrom (über Kohlebürsten und Kontakte) durchflossene Rotor (Leiterschleife, Spule) erfährt senkrecht zu den Magnetfeldlinien Lorentzkräfte
=⇒ Drehmoment =⇒ Rotor dreht sich
– in dem Moment, in dem die Leiterschleife senktrecht steht (Spulenfläche senkrecht
von Feldlinien durchsetzt wird) kehrt der Kommutator die Stromrichtung um =⇒
Rotor (Anker) dreht sich zusammen mit dem Eigenschwung in ursprünglicher
Richtung weiter
Abbildung 15: verschieden aufgebaute Elektromotoren
10
• bei der technischen Realisierung ersetzt man die Drehspule durch Trommelanker
– mehrere Ebenen der Drahtwindungen sind gegeneinander geneigt =⇒ nur ein Teil
der Spule im toten Punkt
– =⇒ ruhiger Lauf des Rotors
• Elektromotoren erreichen einen Wirkungsgrad η ≈ → 90% (Benzin-, Dieselmotoren
η ≤ → 90%), Leistungen P ≈ mW → 50MW
• bei Belastung läuft der EMotor langsamer =⇒ je langsamer er läuft, umso mehr Strom
nimmt der E-Motor auf
• Wechselstrommotor: Elektromagnet (Stator) und Rotor werden mit der gleichen Wechselstromquelle betrieben =⇒ Stator und Rotor ändern im gleichen Rhythmus ihre Magnetpole =⇒ Drehrichtung bleibt erhalten
11
1.1.9
Elektronenstrahlröhre & Fernsehröhre
Oszillografen,“alte” Fernsehgeräte und Computerbildschirme nutzen zur Bilderzeugung Elektronenstrahlröhren. Diese werden nach dem Erfinder Karl Ferdinand Braun (1850 – 1918)
auch Braunsche Röhren genannt.
Aufbau und Wirkungsweise:
• Wehneltzylinder erzeugt Elektronenstrahl – aus der Glühkathode (Heizung) treten
Elektronen aus und werden zur Anode beschleunigt
• Ablenksystem lenkt den Elektronenstrahl vertikal und horizontal ab, durch:
– elektrische Felder – senktrecht zueinander angeordnete Ablenkkondensatoren (Plattenpaare)
Abbildung 16: Ablenkung mittels elektrischer Felder – z.B. Oszillograf
– magnetische Felder – stromdurchflossene Spulenpaare (Lorentzkraft wirkt auf Elektronen)
Abbildung 17: Ablenkung mittels magnetischer Felder – Fernseh- Monitorbildröhre
• Leuchtschirm mit innen liegender Leuchtschicht (farbige Leuchtpunkte) wird vom
auftreffenden Elektronenstrahl(en) zum Leuchten angeregt – (625 Zeilen werden 50
mal je Sekunde abgetastet (50Hz))
12
Abbildung 18: Bilderzeugung mit der Braunschen Röhre
1.2
1.2.1
Elektromagnetische Induktion
Induktionsgesetz
• durch die Bewegung eines Leiters senkrecht zu den Feldlinien eines Magnetfeldes entsteht an seinen Enden eine Induktionsspannung Ui – bei geschlossenem Stromkreis
fließt ein Induktionsstrom Ii
• die Ursache für diese elektromagnetische Induktion ist die Wirkung der Lorentzkraft
auf die Elektronen im Leiter
• die Spannung kann durch verschiedene Bedingungen entstehen:
– Bewegung eines Leiters relativ zu einem Magnetfeld oder umgekehrt
– Änderung der Stärke des Magnetfeldes (z.B durch Änderung der Stromstärke in
einer Spule die das Magnetfeld erzeugt)
13
Abbildung 19: Kraft auf Elektronen bei Bewegung eines Leiters im Magnetfeld
• zwischen den Enden einer Spule wird eine Spannung induziert, wenn sich das von ihr
umfasste Magnetfeld ändert
• der Betrag der Induktionsspannung hängt ab von (ist größer)
– Schnelligkeit der Änderung des Magnetfeldes(je schneller)
– Änderung der Magnetfeldstärke (je größer )
– Windungszahl der Spule (je höher)
– Fläche der Spule (je größer)
Abbildung 20: Erzeugung einer Induktionsspannung in einer Induktionsspule
1.2.2
Lenzsche Regel
• der durch die Induktionsspannung hervorgerufene Strom wird Induktionsstrom genannt
• der Induktionsstrom ist immer so gerichtet, dass er der Ursache seiner Entstehung
entgegenwirkt (Lenzsche Regel)
• Beispiel: An- und Ausschalten einer Spule – dieser Änderung der Stromstärke in der
Spule (Anwachsen und Abnehmen) wirkt der induzierte Induktionsstrom entgegen
14
1.2.3
Wirbelströme
• in massiven metallischen Gegenständen werden durch veränderliche Magnetfelder Wirbelströme (Induktionsströme) induziert
• diese Wirbelströme wirken ihrer Ursache entgegen =⇒ Nutzung als Wirbelstrombremse: Bewegung der Metallscheibe im Magnetfeld erzeugt in ihr Wirbelströme =⇒ diese
hemmen die Bewegung der Scheibe (lenzsche Regel)
Abbildung 21: durch elektromagnetsiche Induktion enstehende Wirbelströme
1.2.4
Transformator (Netzgeräte)
Ein Transformator (“Umformer”) wandelt kleine und große Spannungen ineinander um =⇒
diese ergeben kleine und große Stromstärken.
Abbildung 22: links: Aufbau eines Transformators; rechts: magnetische Feldlinien bei einer
zeitlichen Versetzung um eine halbe Periode
• Aufbau: zwei Spulen (Primär- und Sekundärspule) mit geschlossenem Eisenkern
(aus dünnen gegeneinander isolierten Blechen)
• Wirkungsweise:
– Wechselspannung Up an der Primärspule (Windungszahl Np ) erzeugt sich änderndes (wechselndes) Magnetfeld, welches sich über den Eisenkern in die Sekundärspule (Ns ) überträgt
– =⇒ in der Sekundärspule wird eine Wechselspannung Us (Wechselstrom) induziert
15
• unbelasteter Transformator: Sekundärstromkreis nicht geschlossen; belasteter Transformator: Sekundärstromkreis geschlossen (“Verbraucher”) =⇒ Sekundärstrom Is
• Windungszahlen Np , Ns legen die Transformation fest:
– Spannungen: (unbelasteter, idealer Trafo)
Np
Up
=
Us
Ns
– Stromstärken: (belasteter, idealer Trafo)
Ip
Ns
=
Is
Np
– Wirkungsgrad: (elektr. Leistung: P = U · I)
η=
Ps
Us · Is
=
Pp
Up · Ip
(< 1)
• idealer Transformator: elektrische Energie des Primärkreises wird vollständig in elektrische Energie des Sekundärkreises umgewandelt =⇒ η = 1
• Beispiel: Hochspannungs-Blitze Up = 230 V , Np = 500, Ns = 23000
Ns
Us
=
Up
Np
1.2.5
=⇒
Us =
Ns
23000
· Up =
· 230 V = 10580 V ≈ 10, 6 kV
Np
500
Wechselstromgenerator
Abbildung 23: links: elektromotorisches Prinzip (elektrische =⇒ mechanische Energie);
rechts: Generatorprinzip (mechanische =⇒ elektrische Energie)
• das Generatorprinzip ist die Umkehrung des elektromotorischen Prinzips
• rotierende Spule in einem Magnetfeld erzeugt an deren Enden eine (induzierte) Spannung =⇒ Generator
• die Rotation der Spule (Leiterscheife) ändert die vom Magnetfeld durchsetzte Fläche
der Leiterschleife =⇒ diese Änderung des (Anteils des) Magnetfeldes bewirkt eine
Induktionsspannung
16
Abbildung 24: links: Aufbau eines Generators; rechts: Leiterschleife mit projezierter wirksamer Fläche
Abbildung 25: Induktion einer sinusförmigen Wechselspannung bei der Rotation einer Leiterschleife – Spannung u und Zeitdauer T einer Umdrehung
• der Betrag der Induktionsspannung hängt von der Geschwindigkeit der Änderung des
Magnetfeldes ab und von der Größe der Flächenänderung
• bei der gleichförmigen Rotation einer Leiterschleife in einem homogenen Magnetfeld
entsteht eine sinusförmige Wechselspannung
• um t = 0T und t = 21 T ändert sich das Magnetfeld wenig, um t = 41 T und t = 34 T
ergibt sich eine große Änderung des Magnetfeldes =⇒ große Induktionsspannung
• Kraftwerke mit Wechselstromgeneratoren (20kV , 50kA), Lichtmaschine im PkW, Fahrraddynamo, etc.
Gleich- & Wechselspannung, Gleich- & Wechselstrom:
• Gleichspannung ändert die Polarität nicht, Spannung bleibt meist konstant (Batterie, Akku, etc.) =⇒ liefert Gleichstrom
• Gleichstrom ändert die Stromrichtung nicht, Stromstärke bleibt meist konstant
• Wechselspannung ändert die Polarität und Betrag der Spannung zeitlich periodisch
(Kraftwerke, Haushalt U = 230V ) =⇒ liefert Wechselstrom
• Wechselstrom ändert die Stromrichtung und Betrag zeitlich periodisch
17
2
Atome
2.1
Aufbau der Atome
Alle Stoffe (chemische Elemente, Körper) bestehen aus Atomen bzw. Molekülen.
2.1.1
Größe von Atomen – Ölfleckversuch
Abbildung 26: links: Öltröpfchenversuch zur Abschätzung der Durchmesser der Atome;
rechts: Atommodell mit Atomhülle und positiven Atomkern
• ein Öltropfen fällt auf Wasseroberfläche =⇒ Öl breitet sich zu einem Fleck (Kreis) der
Fläche A mit der Dicke d aus
• zwei Öltropfen ergeben ca. einen Fleck der Fläche 2A und der Dicke d
• aus dem Volumen V der Öltröpfchen und Ölfleckfläche A ergibt sich die Dicke des
Ölfleckes zu d = VA ≈ 8, 5 · 10−8 cm ≈ 1 · 10−9 m = 1 nm
• genauer ergibt sich =⇒ Atomdurchmesser d ∼ 1 · 10−10 m = 0, 1 nm
2.1.2
Streuversuche von Rutherford
Abbildung 27: Streuversuch von Rutherford mit α−Teilchen an einer Goldfolie
• Ernest Rutherford (1871 - 1937) schießt α−Teilchen (2+ geladene Heliumkerne) auf
eine dünne Goldfolie
18
• Ergebnis:
i) die meisten (positiven) α−Teilchen gehen unabgelenkt durch die Goldfolie hindurch
ii) wenige (positive) α−Teilchen werden abgelenkt und/oder zurück“gestreut”
• Deutung:
i) der größte Teil des Atoms ist materiefrei =⇒ Atomkern hat 10.000-mal kleineren
Radius als das Atom selbst
ii) aus der Ablenkung der α−Teilchen =⇒ Atomkern muss positive Ladung haben
ii) die zurückgestreuten α−Teilchen haben den Kern zentral getroffen
• Masse der Atome kann nicht nur aus der Masse der positiven Ladungen im Atomkern
bestehen =⇒ Rutherford führte neutrale Teilchen (Neutronen) mit gleicher Masse wie
die Protonen ein
2.1.3
Modernes Atombild
Abbildung 28: von links nach rechts:Atommodelle von Thomson, Rutherford, Bohr, modernes Atommodell, Orbitalmodell
• Atom = negativ geladene Atomhülle und positiv geladener Atomkern
• Atomkern sehr klein im Vergleich zum Atom/Atomhülle
Abbildung 29: Größenvergleich
• Atomkern besitzt 99, 99% der Masse des Atoms auf kleinstem Raum
• Atomkern enthält positiv geladene Protonen und nicht geladene Neutronen
(Masse Neutron ≈ Proton =⇒ mn,p = 1, 67 · 10−27 kg)
• Massenzahl A = Z +N mit Z Kernladungszahl (Protonenzahl) und N Neutronenzahl
• Elektronen in der Atomhülle haben sehr kleine Masse (me = 9, 1 · 10−31 kg) und tragen
neg. Elementarladung
19
2.1.4
Nuklide und Isotope
• die Massenzahl (Anzahl der Nukleonen) und die Kernladungszahl (Protonenzahl) charakterisieren die Atome als Nuklide (z.B. Wasserstoff, Natrium, Kohlenstoff etc.)
• Atome mit gleicher Protonenzahl, aber unterschiedlicher Neutronenzahl bezeichnet
man als Isotope (z.B. Isotope des Wasserstoffs: H W asserstof f , H2 Deuterium,
H3 T ritium)
Abbildung 30: Isotope H, H2 und H3 des Wasserstoffs
• Beachte: jedes Isotop ist ein Nuklid, aber Nuklide müssen keine Isotope sein
2.1.5
Streuexperimente mit hochenergetischen Teilchen
• Teilchenbeschleuniger (CERN, DESY) beschleunigen Teilchen (z.B. Protonen etc.) auf
hohe Geschwindigkeiten, welche auf ein ruhendes Target (Atome) oder auf entgegengesetzt beschleunigte Teilchen treffen
=⇒ Beobachtung der entstandenen Kollisionsteilchen
• Neutronen und Protonen bestehen aus Quarks =⇒ “up” und “down” Quarks
Abbildung 31: Aufbau der Nukleonen aus up- & down-Quarks
• das up-Quark hat die elektrische Ladung Q = + 23 e, das down-Quark Q = − 31 e
=⇒ die Ladung der Quarks ergibt die Ladung der Nukleonen
• es gibt weitere vier Quarks (charm, strange, top, bottom) mit Ladungen Q = + 23 e
oder Q = − 13 e, die beim Aufbau anderer Elementarteilchen eine Rolle spielen
• Quarks kommen nicht als einzelne Teilchen vor, sondern nur in Verbindung mit anderen
Quarks in Elementarteilchen
20
Abbildung 32: Größenvergleich atomarer Strukturen – Atom, Atomkern, Nukleonen, Quarks
2.2
2.2.1
Aufnahme und Abgabe von Energie
Spektren
Abbildung 33: Dispersion des weißen Lichts durch ein Prisma
• weißes Licht kann mit z.B. einem Prisma (Brechung) in seine Bestandteile, die Spektralfarben, zerlegt werden =⇒ Dispersion (Lichtzerlegung)
• blaues Licht wird stärker als grünes und grünes stärker als rotes Licht gebrochen (unterschiedliche Wellenlänge bzw. Energie) =⇒ Glühlampe ergibt ein kontinuierliches
Spektrum
• jeder Stoff kann für ihn charakteristisches Licht (Energie - Spektralfarbe) aufnehmen
(atomare Vorgänge) =⇒ Absorptionsspektrum
21
Abbildung 34: links: kontinuierliches Spektrum (Glühlampe); rechts: Absorptionsspektrum
Sonne
• jeder Stoff (Natrium-, Quecksilberdampflampe, Neonröhre etc.) sendet ein für ihn charakteristisches Spektrum aus (atomare Vorgänge) =⇒ Emissionsspektrum
Abbildung 35: Emissionsspektrum von Neon, Quecksilber, Natrium
2.2.2
Emission und Absorption
• jedes Elektron in der Atomhülle besitzt eine bestimmte diskrete Energie, z.B E0 , E1 , E2 , ...
Energieniveaus
• Energieniveaus sind für die Atome eines Elements gleich, aber für Atome verschiedener
Elemente unterschiedlich
• springt ein Elektron von einem höheren auf ein niedrigeres Energieniveau, wird die
Energie des Elektrons um den Betrag ∆E = |E2 − E1 | geringer =⇒ diese Energie wird
in Form eines Photons (Lichtquant) abgestrahlt =⇒ Emission eines Photons
Abbildung 36: links: Emission von einem Photon; rechts: Absorption eines Photons
• wird ein Elektron durch Energiezufuhr mittels eines aufgenommenen Photons von einem niedrigeren auf ein höheres Energieniveau angehoben, wird die Energie des Elektrons um den Betrag ∆E = |E2 − E1 | größer =⇒ Absorption eines Photons
• Photonen (elektromagnetische Strahlung) mit verschiedenen Energien werden in folgende Bereiche eingeordnet: geringe =⇒ hohe Energie
Radio, Infrarot, sichtbares Licht, Ultraviolett, Röntgen-, γ-Strahlung
• für sichtbares Licht haben die Photonen die Energie E = 1, 5eV → 3, 3eV (Rot →
Blau)
22
Beispiel: Wasserstoffatom
Abbildung 37: Energieniveaus (Ausschnitt) von Wasserstoff
• Wasserstoff ist das einfachste Atom
• beim Wasserstoff entsteht sichtbares Licht bei den Übergängen E2 =⇒ E1 und E3 =⇒
E1 etc.
• trifft ein Photon mit einer Energie E ≥ 13, 6 eV auf ein Wasserstoffatom, dann wird
das Atom ionisiert (Elektron verlässt das Atom!) – Photoionisation
Spektralanalyse
Abbildung 38: Sternspektren verschiedener Sterne – Zusammenhang: Temperatur & Farbe
des Sterns
Das Licht ist ein Informationsträger und ermöglicht Aussagen durch:
• Richtung aus der das Licht kommt =⇒ Ort und Bewegung der Lichtquelle
• Intensität des Lichtes (Photometrie) =⇒ Leuchtkraft, Entfernung, Größe der Lichtquelle
• Zusammensetzung und Linien des Lichtes (Spektroskopie) =⇒ physikal., chemischen
Zustand der Lichtquelle
23
2.2.3
Röntgenstrahlen
• 1895 entdeckte Wilhelm Conrad Röntgen (1845-1923) eine neue Strahlung – Röntgenstrahlung (x-ray)
Abbildung 39: links: Röntgenröhre; rechts: kontinuierliches Röntgenspektrum und charakteristisches Linienspektrum
• er experimentierte mit Kathodenstrahlen, d.h. Elektronen, diese treten aus einer Glühkatode aus
• Elektronen werden zwischen der Glühkatode und der Metallanode in einem elektrischen
Feld (Hochspannung UB ) stark beschleunigt und durch den Aufprall auf die Anode
stark abgebremst =⇒ dabei entsteht eine Bremsstrahlung, die Röntgenstrahlung
mit einem kontinuierlichen Spektrum (grün)
• die Elektronen erreichen eine kinetische Energie von 10 keV − 1 MeV , nur 1% dieser
Energie wird in Röntgenstrahlung umgewandelt (99% in Wärme!)
• einige Elektronen können Elektronen aus den Atomen der Anode herausschlagen oder
auf ein höheres Energieniveau anheben =⇒ die entstehende Lücke wird mit einem
Elektron eines höheren Energieniveaus aufgefüllt und der Energieunterschied als ein
Röntgenphoton abgestrahlt =⇒ charakteristisches Spektrum (rot)
• Röntgenphotonen haben eine Energie im 10 keV − 1 MeV Bereich, sichtbares Licht
im Bereich 1, 5 eV − 3, 3 eV
• Eigenschaften der Röntgenstrahlung:
– die große Energie der Röntgenphotonen schädigt Zellen und ioniersiert Stoffe
– Röntgenphotonen durchdringen viele Stoffe und werden durch verschiedene Stoffe
unterschiedlich absorbiert (Blei etc.)
24
– Röntgenstrahlung schwärzt Filme (Röntgenaufnahme in der Medizin)
• Röntgenstrahlung in der Medizin zur Diagnose und Therapie von Krankheiten:
– Röntgendiagnostik: Röntgenaufnahmen von Körperteilen [zwischen Röntgenröhre
(Beschleunigungsspannung: 50 kV − 150 kV ) und Film] mit kurzen Belichtungszeiten!, Knochen absorbieren die Strahlung =⇒ geringe Schwärzung des Films,
Weichteile absorbieren weniger Strahlung =⇒ starke Schwärzung (Verbesserung
durch Kontrastmittel)
– Röntgentherapie: Abtötung von Tumorzellen mit Röntgenstrahlung (200 keV −
300 keV ) durch höhere Strahlungsempfindlichkeit des kranken Gewebes.
– Computertomografie (CT): Mehrschichtaufnahmen aus unterschiedlichen Richtungen =⇒ ermöglichen dreidimensionale Bilder, aber höhere Strahlenbelastung
– Magnetresonanztomographie (MRT), auch Kernspintomographie: Vorteile gegenüber der CT – keine schädliche Röntgenstrahlung verwendet, Möglichkeit die Organe und Gewebe auch ohne Kontrastmittel abzubilden
2.3
2.3.1
Strahlung radioaktiver Nuklide
Natürliche und künstliche Radioaktivität
• Henri Becquerel (1852 - 1908) entdeckte 1896 bei Uransalz die bis dahin unbekannte
radioaktive Strahlung
• Marie Curie (1867 - 1934) & Pierre Curie (1859 - 1906) entdeckten Polonium (Herstellung über Uranpechblende) und Radium - Nobelpreis 1903 für die Entdeckung der
Radioaktivität
• von 91 Elementen die in der Natur vorkommen, sind 300 Nuklide bekannt =⇒ 50 dieser
Nuklide sind nicht stabil!
• diese instabilen Nuklide zerfallen in andere Kerne und senden dabei radioaktive
Strahlung aus =⇒ radioaktive Nuklide oder Radionuklide
• es gibt 3 Arten radioaktiver Strahlung: α-Strahlung, β − - und β + -Strahlung und
γ-Strahlung
Abbildung 40: Arten radioaktiver Strahlung
25
• die entstandenen Folgekerne sind oft ebenfalls radioaktiv und zerfallen weiter =⇒ Zerfallsreihen
Abbildung 41: Zerfallsreihe von Uran-238 =⇒ Blei-206
• die spontane Umwandlung von instabilen Atomkernen in andere Kerne (radioaktiver
Zerfall) nennt man natürliche Radioaktivität (nur α, β − und γ-Strahlung)
• Beispiele radioaktiver Nuklide:
radioaktives Nuklid
Caesium-137
Cobalt-60
Jod-131
Kohlenstoff-14
Natrium-22
Polonium-216
Radium-226
Uran-235
Uran-238
Strahlungsart
β −, γ
β −, γ
β−
β−
β +, γ
α
α
α
α
Halbwertszeit
30, 17
Jahre
5, 3
Jahre
8, 04
Tage
5730
Jahre
2, 6
Jahre
0, 15
Sekunden
1600
Jahre
6
700 · 10 Jahre
4, 5 · 109 Jahre
• neben der natürlichen Radioaktivität gibt es auch künstliche Radioaktvität (auch
β + und Elektroneneinfang) von künstlich erzeugten Radionukliden (2400 bekannt),
diese entstehen durch Beschuss von Stoffen mit Neutronen, Protonen oder Elektronen
2.3.2
Eigenschaften radioaktiver Strahlung
• radioaktive Strahlung wechselwirkt mit Materie und wird von ihr absorbiert, dadurch
werden Gase ionisiert, Zellen geschädigt, Filme geschwärzt etc.
• Reichweite in Luft: α-Strahlung 4 − 6 cm, β-Strahlung einige Meter, γ-Strahlung auch
größere Entfernung (Meter)
• Durchdringungsfähigkeit ist abhängig von:
26
– Art der Strahlung (α, β, γ)
– Intensität der Strahlung
– Art der wechselwirkenden Materie (̺, chem. Element)
– Dicke der durchstrahlten Materie
Abbildung 42: Druchdringungsfähigkeit radioaktiver Strahlung in unterschiedlicher Materie
• Absorptionsvermögen der Materie (Stoffes) hängt von der Materie (Dichte, Dicke) und
der Art der Strahlung ab
• durch ihre Ladung wird α und β-Strahlung von elektrischen und magnetischen Feldern
abgelenkt, γ-Strahlung wird nicht abgelenkt =⇒ aus der Ablenkung kann man auf die
Art der Strahlung schließen
Abbildung 43: Ablenkung radioaktiver Strahlung im elektrischen und magnetischen Feld
2.3.3
Nachweis radioaktiver Strahlung
• radioaktive Strahlung schwärzt Filme und ionisiert Gase =⇒ diese Eigenschaften werden zum Nachweis genutzt:
• Filmdosimeter: enthält einen Film, der umso stärker geschwärzt wird, je intensiver
die radioaktive Strahlung auftritt (Mitarbeiter in der Radiomedizin, Kraftwerken etc.)
• Nebelkammer: gefüllt mit übersättigtem Luft-Alkohol-Gemisch (Ethanoldampf), radioaktive Strahlung (geladene Teilchen) ionisiert die Atome des Gases und die entstandenen Ionen wirken als Kondensationskerne =⇒ sichtbare Kondensationsstreifen
durch bewegte geladene Teilchen
– elektrische und magnetische Felder lenken die geladenen Teilchen ab =⇒ Aussage
über Art, Ladung und Masse der Teilchen
27
Abbildung 44: Nebelspuren in Nebelkammer
• Zählrohr: dient zum Nachweis und zur Messung der Intensität radioaktiver Strahlung
Abbildung 45: Aufbau und Wirkungsweise eines Geiger-Müller-Zählrohrs
– Aufbau: mit Edelgas gefülltes Rohr (Kathode -) und einem im Inneren befindlichen Draht (Anode +), Zählrohr mit Gleichspannung U ∼ n · 100 V und geringem
Druck (p ∼ 200 hP a)
– Funktion: Edelgas wird durch radioaktive Strahlung ionisiert =⇒ entstandene
Elektronen & Ionen erzeugen durch Stoßionisation weitere Elektronen und Ionen
=⇒ Elektronenlawine ermöglicht einen Stromstoß, der ein akustisches (Knacken,
Piepston) oder optisches Signal auslöst
– Anode mit hochohmigen Widerstand =⇒ große Teilspannung an R =⇒ Entladungsstrom wird begrenzt und die Stromentladung erlischt =⇒ Totzeit des Zählrohrs ca. t ∼ 10−4 s (keine Registrierung von Strahlung)
2.3.4
Zerfallsgesetz & Halbwertszeit
• die Halbwertszeit tH ([tH ] = 1 s – Sekunde) eines radioaktiven Nuklids gibt an, in
welcher Zeit die Hälfte N20 der vorhandenen instabilen Kerne N0 zerfällt
• Beispiel: Cäsium-137 hat eine Halbwertszeit tH = 30 a =⇒, d.h. in 30 Jahren ist die
Hälfte der vorhandenen Cäsium-Kerne zerfallen; nach weiteren 30 Jahren wiederum die
Hälfte der verbliebenen Kerne =⇒ d.h. nach 60 Jahren sind 3/4 aller Ausgangskerne
zerfallen
• die Halbwertszeiten verschiedener Radionuklide liegen zwischen Sekunden und Millionen Jahren (siehe Tabelle in Kapitel 2.3.1)
28
Abbildung 46: Kernzerfall in Abhängigkeit der Zeit
• allgemein: nach einer Halbwertszeit sind nur noch N1 = 21 · N0 der Ausgangskerne N0
zur Zeit t = 0 vorhanden, nach der zweiten Halbwertszeit N2 =
1
2
· N1 =
2
1
2
· N0 =⇒
• Zerfallsgesetz beschreibt den Zerfall radioaktiver Nuklide:
1
N(t) = N0 ·
2
t
tH
– N Anzahl der zur Zeit t vorhandenen Kerne
– N0 Anzahl der ursprünglich vorhandenen Kerne
– tH Halbwertszeit, t vergangene Zeit
• Nulleffekt beschreibt die Intensität der überall in unserer Umgebung vorhandenen radioaktiven Strahlung [aus Erde, Gestein, Baumaterial, Luft, menschliche Körper (9000
Kernumwandlungen pro Sekunde) etc.]. Der Nulleffekt muss bei Messungen beachtet
werden.
29
2.3.5
Biologische Wirkung radioaktiver Strahlung
Abbildung 47: biologische Wirkung von radioaktiver Strahlung
• starke radioaktive Strahlung kann Veränderungen in Gewebezellen hervorrufen: somatische (auf Lebewesen direkt) und genetische (auf Nachkommen) Schäden
• die biologischen Wirkungen sind abhängig von:
– wie viel Strahlung absorbiert wurde
– Strahlungsart (Energie der Strahlung)
– welches Gewebe (Körperteile) verstrahlt wurde
• Schädigungen:
– “instantane” Strahlenkrankheit bei hoher Dosis
– somatische (Krebs und Organschäden – Auge, Haut, blutbildende Organe etc.)
und genetische Spätschäden
– Problem: Mensch kann ionisierende Strahlung nicht wahrnehmen
• Energiedosis: ist die vom Körper aufgenommene (absorbierte) Energie
D=
E
m
=⇒
Energiedosis =
absorbierte Energie
Masse des Koerpers
J
Einheit: [D] = 1 kg
= 1Gy (1 Gray)
=⇒ je größer die Energieaufnahme, desto größer die biologische Wirkung
Bei gleicher Energiedosis haben α-Strahlen 20-mal größere biologische Wirkung als β-Strahlung (stärkere Wechselwirkung). =⇒
30
Abbildung 48: biologische Wirkung von β- und α-Strahlung bei gleicher Energiedosis
• Äquivalentdosis und Bewertungsfaktor: zur Bewertung der biologischen Wirksamkeit ionisierender Strahlung / α-, β-, γ- und Röntgenstrahlung (X-ray)
H =q·D =q·
E
m
J
Einheit: [H] = 1 kg
= 1Sv (1 Sievert)
(andere Benennung zur Unterscheidung mit der Energiedosis)
Der Bewertungsfaktor q der jeweiligen ionisierenden Strahlungsart besitzt keine Einheit
und ist ein Maß für die Wechselwirkung und das Schädigungspotential der Strahlung.
Abbildung 49: Bewertungsfaktor q ionisierender Strahlung
In die Abschätzung des Strahlenrisikos geht auch noch ein Gewichtungsfaktor ein,
der die betroffene Gewebeart und Gewebegröße berücksichtigt. (z.B. effektive Äquivalentdosis für radiologische Untersuchung der Schilddrüse =⇒ Hef f = 50 mSv · 0, 03 =
1, 5 mSv)
• in Deutschland beträgt die mittlere Strahlenbelastung pro Jahr ca. 4 mSv
• Regeln für den Strahlenschutz: Die Strahlung der man ausgesetzt ist, sollte
so gering wie möglich sein!
– großer Abstand von radioaktiven Strahlungsquellen (“r. Sq.”)
– r. Sq. möglichst vollständig abschirmen (Blei)
31
– nur kurzzeitiges Experimentieren mit r. Sq.
– radioaktive Substanzen dürfen nicht in den Körper gelangen =⇒ bei Experimenten nicht essen/trinken
2.3.6
Radioaktive Nuklide in Medizin, Technik und Biologie
• Herstellung künstlicher Radionuklide durch Beschuss von stabilen Atomkernen mit
Protonen, Neutronen, α-Teilchen =⇒ instabile Kerne und oft zusätzliche Neutronen
Abbildung 50: (a) das erste künstliche Radionuklid Phosphor-30 stellten Irene Joliot-Curie
& Frederic Joliot-Curie durch Beschuss von Aluminium mit α-Teilchen her: 42 He + 27
13 Al −→
30
1
30
+
1
59
60
60
−
P
(+
n)
−→
Si
+
β
(b)
n
+
Co
−→
Co
−→
Ni
+
β
15
0
14
0
27
27
28
• bei der Anwendung von Radionukliden nutzt man die verschiedenen Eigenschaften der
radioaktiven Strahlung =⇒
Abbildung 51: von links nach rechts: Bestrahlungs-, Durchstrahlungs- und Markierungsverfahren
• Bestrahlungsverfahren: radioaktive Strahlung bewirkt chemische, biologische und
physikalische Veränderungen in Stoffen
32
– Abtötung von Krebszellen bei Tumorbehandlung durch energiereiche γ-Strahlung
(Cobalt-60)
– Abtötung von Keimen (Bakterien, Viren) bei Sterilisation (z.B. medizinische Geräte)
– Verbesserung der Lagerfähigkeit von Lebensmitteln (z.B. geringere Keimbildung
bei Zwiebeln und Kartoffeln)
– Erhöhung der Reißfestigkeit dünner Folien
• Durchstrahlungsverfahren: Durchdringungsfähigkeit und Absorption der radioaktiven Strahlung in Stoffen
– untersuchter Gegenstand befindet sich zwischen Strahlungsquelle und Strahlungsempfänger
– Identifikation von Einschlüssen in Werkstoffen durch andere Zählraten, Schwärzungsgrade
– Überprüfung von Schweißnähten, Papier- und Foliendicken und hochbelastbarer
Bauteile (z.B. Drahtseile)
• Markierungsverfahren: Identifizierbarkeit radioaktiver Strahlung
– Markierung und Verfolgung von Stoffen im menschlichen und tierischen Körper,
bei Pflanzen, in Rohrleitungen oder im Erdboden
– Untersuchung der Schilddrüse ⇐= radioaktives Jod wird injiziert, welches sich in
der Schilddrüse anreichert =⇒ Erkennung von krankhaften Veränderungen
2.3.7
Altersbestimmung
Zur Altersbestimmung von archäologischen Funden (Bauwerke, Mumien, Gegenstände) werden zwei Methoden verwendet.
• C-14-Methode: Altersbestimmung von organischen Materialien
– das in der Atmosphäre vorkommende Kohlenstoffisotop C-14 ist radioaktiv (entsteht durch Beschuss von Stickstoff mit Neutronen der Höhenstrahlung)
– alle Lebewesen nehmen während ihres Lebens das radioaktive C-14 und das nicht
radioaktive C-12 auf (Assimilation)
– nach dem Tod des Lebewesens wird kein Kohlenstoff mehr aufgenommen =⇒ der
Anteil von C-14 nimmt dann durch radioaktiven Zerfall ab (tH = 5730 a)
– aus dem Mengenverhältnis von C-14 und C-12 kann das Alter bestimmt werden
=⇒ ist der C-14-Anteil nur noch 50%, dann sind 5730 Jahre vergangen
• Uran-Blei-Methode: Altersbestimmung von Steinen
– viele Steine enthalten das natürliche Uranisotop U-238, welches durch mehrere
Tochternuklide in das stabile Blei Pb-206 übergeht
– aus dem Mengenverhältnis Pb-206 und U-238 kann das Alter eines Steins bestimmt werden ⇐= unter der Annahme, dass ursprünglich nur Uran vorhanden
war
– das Alter von Meteoriten nach der Uran-Blei-Methode: 4,5 Milliarden Jahre (4, 5 ·
109 a)
33
2.4
Kernumwandlungen
Bei Kernumwandlungen unterscheidet man zwei Arten:
• Kernspaltung (Kernkraftwerke, Atomantriebe in Schiffen/U-Booten, Atombombe)
• Kernfusion (Sonne bzw. Sterne, zukünftige Fusionsreaktoren)
2.4.1
Kernspaltung
• neben Kernumwandlungen durch spontane Kernzerfälle von natürlichen und künstlichen Radionukliden, können =⇒
• Kernumwandlungen auch durch Stöße mit z.B. Neutronen ausgelöst werden, angeregte Kernspaltung
• schwere Atomkerne (z.B. Uran, Plutonium) können durch Beschuss mit langsamen
Neutronen in mittelschwere Atomkerne aufgespalten werden =⇒ Kernspaltung
• bei der Kernspaltung entstehen weitere Neutronen und es wird Energie =⇒ Kernenergie freigesetzt
Abbildung 52: links: Kernspaltung von U-235; rechts: ungesteuerte Kettenreaktion
• bei Kernspaltung von Uran-235 entsteht zuerst das Nuklid U-236, dieses zerfällt in
Sekundenbruchteilen in die Kerne Krypton-89 und Barium-144 (auch andere möglich):
1
0n
+
235
92 U
−→
236
92 U
−→
89
36 Kr
+
144
56 Ba
+ 3 01 n
• besitzen die Neutronen die richtige Energie (Geschwindigkeit) und ist ausreichend
spaltbares Material vorhanden, dann können weitere Kernspaltungen auftreten =⇒
ungesteuerte Kettenreaktion
• gesteuerte Kettenreaktion durch die Begrenzung der Anzahl der Neutronen
• Entdeckung der Kernspaltung durch Enrico Fermi, weitere: Irene und Frederic JoliotCurie, Otto Hahn, Fritz Strassmann, Lise Meitner etc.
34
2.4.2
Kernfusion
• die Verschmelzung von leichteren Atomkernen zu schwereren Atomkernen wird als
Kernfusion bezeichnet
• für die Kernfusion müssen zwei Bedingungen erfüllt sein
– hohe Temperatur (Sonneninnere: T ≈ 15 · 106 K )
– hoher Druck (Sonneninnere: p ≈ 1016 P a)
• bei der Kernverschmelzung wird Energie freigesetzt
• Beispiel Sonne: (siehe auch Kapitel 2.4.5)
Verschmelzung von Wasserstoffkernen zu Heliumkernen 4 11 H −→ 42 He + 2 0+1 e + γ
• im Atomkern werden Protonen und Neutronen auf kleinstem Raum durch Kernkräfte
zusammengehalten
Abbildung 53: von links nach rechts: abstoßende elektrische Coulomb-Kräfte, zusätzlich wirkende anziehende Kernkräfte und 42 He-Kern
• Eigenschaften der Kernkräfte:
– wirken den abstoßenden elektrischen Kräften der Protonen entgegen, d.h. haben
anziehende Wirkung
– sehr geringe Reichweite < 1, 5 · 10−15 m = 1, 5 f m =⇒
– wirken nur auf benachbarte Nukleonen (Proton-Neutron, Proton-Proton, NeutronNeutron)
– Kernkräfte basieren auf den Wechselwirkungen der Quarks und sind ladungsunabhängig
– sind stark, 100-mal stärker als abstoßende Columbkraft und ∼ 1038 -mal stärker
als anziehende Gravitationskraft
• Massendefekt ∆m: die Masse eines Atomkerns ist kleiner als die Massensumme der
ungebundenen Nukleonen
– =⇒ diese Massendifferenz ∆m entspricht einer bestimmten Energie E = mc2
(Einstein), die beim Zusammenbau des Kerns freigesetzt wird =⇒ Bindungsenergie (mit Lichtgeschwindigkeit c = 299.792.458 ms )
– Beispiel Heliumkern: mit ∆mHe = 2mp + 2mn − mHe
EB = ∆mHe · c2 = 0, 0504 · 10−27 kg · (3 · 108
m 2
) = 0, 4536 · 10−11 J ≈ 28 MeV
s
(1J = 6, 24 · 1018 eV = 6, 24 · 1012 MeV )
=⇒ EB ≈ 7MeV pro Nukleon
35
Abbildung 54: Massendefekt beim Heliumkern =⇒ EB = ∆m · c2 ≈ 28 MeV
• je mehr Energie bei der Kernentstehung abgegeben wird, desto größer ist die Bindungsenergie der Nukleonen
– die mittleren Bindungsenergien der Kerne der verschiedenen Elemente sind verschieden groß
– die größte Bindungsenergie ist bei mittelschweren Kernen mit Massenzahlen zwischen 40 − 80 vorhanden
• die bei der Kernfusion frei werdende Energie ist wesentlich größer als die Energie bei
der Kernspaltung
2.4.3
Energiebilanz bei der Kernspaltung & Kernfusion
• die Masse der Atome wird in der atomaren Masseneinheit u = 1, 660540 · 10−27 kg
angegeben ⇐= ein u ist der 1/12-Teil der Atommasse des Nuklids 12
6 C
– die Masse 1 u entspricht der Energie E = m · c2 = 1 u · c2 = 931, 49 MeV
• Kernspaltung: am Beispiel
1
0n
+
235
92 U
−→
140
52 T e
+
94
40 Zr
+ 2 01 n
– Massendefekt: ∆m = (mU + mn ) − (mT e + mZr + 2mn ) =
= (235, 04392 + 1, 008665)u − (139, 90541 + 93, 906315 + 2, 017330)u = 0, 22353 u
36
– der Massendefekt von ∆m = 0, 22353 u entspricht einer bei dem Spaltungsprozess
freigesetzten Energie von E = 208 MeV
– für die Spaltprodukte ergeben sich daraus folgende Energien:
∗
∗
∗
∗
∗
∗
kin. E. der Spaltprodukte Ekin = 172 MeV ;
kin. E. der Neutronen Ekin = 6 MeV ;
γ-Strahlung Eγ = 7 MeV ;
β-Strahlung Eβ = 5 MeV ;
α-Strahlung Eα = 6 MeV ;
Neutrinos Eν = 12 MeV ;
• Kernfusion: Beispiel Wasserstoff (Sonne)
4 11 H −→ 42 He + 2 0+1 e + γ
– Massendefekt: ∆m = (2mp + 2mn ) − mHe =
= (2 · 1, 67262 · 10−27 + 2 · 1, 67493 · 10−27 ) kg − 6, 6447 · 10−27 kg = 0, 0504 · 10−27 kg
– dieser Massendefekt entspricht einer bei der Wasserstoff(f)usion freigesetzten Energie von E = 0, 4536 · 10−11 J = 28 MeV
• Vergleich der Energiefreisetzung: =⇒ 1 kg Materialmasse muss betrachtet werden
– Kernspaltung: Masse des Uranatoms mU = 235, 044 · 1, 66 · 10−27 kg = 3, 90 ·
10−25 kg =⇒ N Urankerne in 1 kg Uran =⇒
N=
1kg
= 2, 56 · 1024
3, 90 · 10−25 kg
=⇒ Gesamtenergie bei der Spaltung E = 2, 56 · 1024 · 208MeV = 8, 5 · 1013 J
– Kernfusion: Masse des Heliumatoms mHe = 4.0026·1, 66·10−27 kg = 6, 64·10−27 kg
=⇒ N Heliumkerne in 1 kg Helium =⇒
N=
1kg
= 1, 51 · 1026
6, 64 · 10−27 kg
=⇒ Gesamtenergie bei der Fusion E = 1, 51 · 1026 · 28MeV = 6, 8 · 1014 J
– Fazit: Kernfusion (∼ 7 MeV pro Nukleon) erzeugt mehr Energie bei der Umsetzung von 1 kg Material als die Kernspaltung (∼ 1 MeV pro Nukleon)
2.4.4
Fusionsreaktor
• die Erzeugung von hohem Druck und hoher Temperatur des Plasmas (Gas aus Ionen
und Elektronen) für die Kernfusion in Fusionsreaktoren ist problematisch (ungelöst)
• Vorteile der Kernfusion gegenüber der Kernspaltung:
– Fusionsmaterial (Deuterium) ausreichend vorhanden
– keine radioaktiven Abfälle außer Tritium
– höhere Sicherheit
– höhere Energieausbeute
37
Abbildung 55: links: Kernfusions-Versuchsanlage; rechts: Plasmaeinschließung durch starke
Magnetfelder
38
2.4.5
Kernfusion in Sternen (Sonne)
Abbildung 56: links: Röntgensonne rechts: Sonnenaufbau und Sonnenaktivität
• die Sterne durchlaufen im Verlauf ihres Lebens verschiedene Stadien der Kernfusion
– das Wasserstoffbrennen dauert fast den gesamten Lebenszyklus der Sterne an
– nach dem Wasserstoffbrennen im Kern beginnt das Heliumbrennen und das Wassserstoffbrennen verlagert sich in eine äußere Schale um den Kern
– die anderen Kernfusionen treten in Abhängigkeit von der Restmasse des Sterns
nach dem Heliumbrennen auf
• Wasserstoffbrennen – PP-Zyklus: bei T = 5 − 15 · 106 K
Abbildung 57: PP-Zyklus des Wasserstoffbrennens
1
1H
+11 H −→ 21 H +
2
1H
3
2 He
0
+1 e
+ ν + 0, 42 MeV
+11 H −→ 32 He + γ + 5, 49 MeV
+32 He −→ 42 He + 2 11 H + 12, 58 MeV
39
Abbildung 58: CNO-Zyklus des Wasserstoffbrennens
• Wasserstoffbrennen – CNO-Zyklus: bei T = 15 − 30 · 106 K
12
6 C
+11 H −→
13
7 N
−→
13
6 C
+11 H −→
14
7 N
+ γ + 7, 55 MeV
14
7 N
+11 H −→
15
8 O
+ γ + 7, 35 MeV
15
8 O
−→
15
7 N
13
6 C
15
7 N
+11 H −→
+
+
13
7 N
0
+1 e
0
+1 e
12
6 C
+ γ + 1, 95 MeV
+ ν + 1, 19 MeV
+ ν + 1, 68 MeV
+42 He + 4, 96 MeV
– das Endprodukt des Wasserstoffbrennens (PP- und CNO-Zyklus) ist Helium
• Heliumbrennen: bei T ∼ 108 K
4
2 He
+42 He −→ 84 Be
8
4 Be
+42 He −→
12
6 C
+γ
12
6 C
+42 He −→
16
8 O
+γ
– das Heliumbrennen im Kern tritt nach dem Wasserstoffbrennen in der Entwicklung zum Roten Riesenstern auf =⇒ es entsteht Kohlenstoff
40
• Kohlenstoffbrennen: bei T ∼ 5 · 108 − 1 · 109 K
12
6 C
+12
6 C −→
24
12 Mg
+γ
12
6 C
+12
6 C −→
23
12 Mg
+n
12
6 C
12
6 C
+12
6 C −→
+12
6 C −→
23
11 Na
20
10 Ne
+11 H
+42 He
• Sauerstoffbrennen: bei T ∼ 1, 4 · 109 K
16
8 O
+16
8 O −→
32
16 S
+γ
16
8 O
+16
8 O −→
31
16 S
+n
16
8 O
16
8 O
+16
8 O −→
+16
8 O −→
31
15 P
+11 H
28
14 Si
+42 He
• Siliziumbrennen: bei T ∼ 2 · 109 K
28
14 Si
+28
14 Si −→
56
26 F e
– Eisen ist das letzte und schwerste Element, welches mittels Kernfusion erzeugt
werden kann =⇒ bei noch schwereren Elementen würde mehr Energie verbraucht
als freigesetzt
• Sternentwicklung:
Abbildung 59: Fusionszonen der Sterne
– nach dem “langen” Wasserstoffbrennen setzt im Kern das Heliumbrennen ein und
das Wasserstoffbrennen verlagert sich in eine äußere Schale
– der Stern entwickelt sich über das Helium- und dem späteren Kohlenstoffbrennen
zu einem Roten Riesenstern
41
Abbildung 60: Sternentwicklung in Abhängigkeit von der Masse eines Sterns
– am Ende des Entwicklungsstadiums eines Roten Riesensterns stößt dieser seine
äußere Hülle ab (Novae und Supernovae), der verbleibende Reststern kollabiert
entsprechend seiner Restmasse m zu einem kompakten Objekt =⇒
• Endstadien von Sternen:
– Weißer Zwerg (m < 1, 44 M⊙ ): =⇒ Radien r < 103 km, Dichte ρ ∼ 105 −107 cmg 3
– Neutronenstern (1, 44 M⊙ < m < 3 M⊙ ): =⇒ Radien r ∼ 10 km, Dichte ρ ∼
1011 − 1015 cmg 3
– Schwarzes Loch (m > 3 M⊙ ): =⇒ Radien r ∼ 2, 5 km, Dichte ρ > 1016
g
cm3
• Entwicklung der Sonne zu einem Weißen Zwerg
– die Sonne besteht z.Z. aus 70% Wasserstoff und 28% Helium
– in einer Sekunde verschmelzen 567, 0 · 106 t Wasserstoff zu 562, 8 · 106 t Helium =⇒
Massendefekt pro Sekunde ∆m = 4, 2 · 106 t =⇒ E = 3, 8 · 1026 J
– die Sonne wird sich entsprechend ihrer Restmasse über einen Roten Riesenstern
zu einem Weißen Zwerg entwickeln und dann nach einer Abkühlphase als Brauner
Zwerg enden
Abbildung 61: Entwicklung der Sonne zu einem Weißen Zwerg
42
2.4.6
Kernkraftwerke
Abbildung 62: Aufbau eines Kernkraftwerks mit Druckwasserreaktor
• Reaktortypen: Siedewasserreaktor (ein Kühlkreislauf - Kontamination!) und Druckwasserreaktor (zwei Kühlkreisläufe – höhere Sicherheit)
– im Primärkreislauf (Reaktorkern) wird flüssiges Wasser unter hohem Druck auf
hohe Temperaturen aufgeheizt =⇒
– über einen Wärmetauscher wird im Sekundärkreislauf Wasserdampf erzeugt, der
über Turbinen die Generatoren für die Stromgewinnung antreibt
– der Wasserdampf wird nach den Turbinen mittels einem weiteren Kühlkreislauf
(Wärmetauscher) kondensiert, gekühlt und zum ersten Wärmetauscher zurück
geführt
– die Regelstäbe steuern die Kettenreaktion
• Spaltmaterial (Brennstäbe): mit kritischer Masse – kleinste Masse, die die Kettenreaktion selbst aufrecht erhält
– angereichertes Uran
– Plutonium
239
235
U (3, 5%) – ist zu 0, 7% im Natururan
P u ⇐= entsteht aus Uran
238
U (96, 5%) im Reaktor
• Moderatoren: für die Abbremsung der schnellen Neutronen auf eine geeignete Spaltgeschwindigkeit
– Wasser =⇒ Leicht- (11 H) und Schwerwasserreaktoren (21 H - Deuterium, teurer)
– Graphit (kristallisierter Kohlenstoff
12
6 C)
“langsame Reaktionszeit”
• Regelstäbe: aus Neutronen absorbierenden Material Bor oder Cadmium – zur Begrenzung der Neutronenanzahl =⇒ Steuerung der Kernspaltung
• Nutzen der Kernkraftwerke:
– keine fossilen Brennstoffe (wie Kohle, Erdöl) =⇒
43
– geringer Schadstoffausstoß, geringe Umweltbelastung
– kleine Mengen Kernbrennstoff erzeugen viel elektrische Energie
• Gefahren der Kernkraftwerke:
– technische Pannen können radioaktive Stoffe freisetzen =⇒
– Verseuchung von großen Gebieten möglich (Tschernobyl, Fukushima)
– nur teilweise Wiederaufbereitung abgebrannter Brennelemente möglich
– hoch radioaktive Abfälle müssen lange in Zwischenlagern und Endlagern aufbewahrt werden - sehr problematisch (sehr lange Halbwertszeiten)
Abbildung 63: Brennstoffkreislauf bei Kernreaktoren
44
3
Kinematik & Dynamik geradliniger Bewegungen
Die Bewegung eines Körpers lässt sich mit Hilfe von Diagrammen oder (Bewegungs-)Gleichungen
beschreiben.
3.1
3.1.1
Darstellung von Bewegungsabläufen in Diagrammen
Bewegung eines Körpers
• in der Mechanik befindet sich ein Körper in Bewegung, wenn er seinen Ort gegenüber
einem Bezugssystem = ist ein Bezugskörper oder Koordinatensystem; ändert =⇒
• jede Bewegung ist deshalb relativ und kann nur gegenüber einem Bezugssystem angegeben werden ⇐= das Bezugssystem kann beliebig geändert werden
• Bewegungsarten, definiert durch die Bahnform:
– geradlinige Bewegung
– Kreisbewegung
– Schwingung
Abbildung 64: geradlinige Bewegung, Kreisbewegung und Schwingung eines Körpers
• Bewegungsarten, definiert durch das Geschwindigkeitverhalten:
– gleichförmige Bewegung ⇐= konstante Geschwindigkeit (v = konst.)
– ungleichförmige (beschleunigte) Bewegung ⇐= veränderliche Geschwindigkeit (v 6= konst.)
• die Bewegung eines Körpers kann durch die Angabe von Ort (Weg) und Zeit beschrieben werden
– Zeit t (Zeitintervall ∆t = t2 − t1 ) gibt an, wie lange sich ein Körper bewegt
– Weg s (Streckenintervall ∆s = s2 − s1 ) ist die Bahnlänge zwischen zwei Orten
3.1.2
Geschwindigkeit
• Definition:
die Geschwindigkeit v eines Körpers mit gleichförmiger Bewegung (v = konst.)
berechnet sich:
∆s
s2 − s1
v=
=
∆t
t2 − t1
45
Abbildung 65: Zeit-Ort-Diagramm einer geradlinig gleichförmigen Bewegung eines Radfahrers
Einheit:
[v] = 1 ms
ist t1 = 0 und s1 = 0 der Nullpunkt der Zeit und des Ortes =⇒
v=
s
t
• bei einer ungleichförmigen Bewegung (v 6= konst.) berechnet man mit der obigen
Gleichung die Durchschnittsgeschwindigkeit v des Körpers!
v=
∆s
∆t
• die Geschwindigkeit eines Körpers ist umso größer
– je größer der zurückgelegte Weg in einer festgelegten Zeit ist
– je kürzer die Zeit ist, die für eine festgelegte Strecke benötigt wird
• Höchstgeschwindigkeiten in der Natur und Technik:
3.1.3
Gleichförmige Bewegung
Misst man für eine Bewegung eines Körpers zu vorgegebenen Zeiten die jeweiligen Orte, oder
zu vorgegebenen Orten die jeweiligen Zeiten, so erhält man Messwertpaare für Zeit und Ort,
welche man in Diagrammen darstellen kann.
Abbildung 66: Zeit-Ort- und Zeit-Geschwindigkeit-Diagramm von zwei verschieden
schnelle geleichförmigen Bewegungen
46
Objekt
Fliege
Biene
Wanderfalke
Schlange
Rennpferd
Gepard
Forelle
Schwertfisch
Mensch (gehen)
Mensch (Sprint)
Passagierflugzeug
Schall (in Luft)
Geschoss
Rakete
Lichtgeschwindigkeit
v in [km/h]
8
29
280
4
69
120
35
90
5
36
900
1200
2800
28.440
300.000 km/s
• Zeit-Ort-Diagramm: der Graph einer gleichförmigen Bewegung ist eine Gerade – die
Steigung der Geraden ist die Geschwindigkeit
– je steiler die Gerade, desto größer die Geschwindigkeit
– je flacher die Gerade, desto geringer die Geschwindigkeit
• Zeit-Geschwindigkeits-Diagramm: der Graph einer gleichförmigen Bewegung ist
eine zur t-Achse parallele Gerade
Abbildung 67: Zeit-Ort- und Zeit-Geschwindigkeit-Diagramm einer Bewegung
(1) gleichförmige Bewegung =⇒ v =
=
2,0 m
3,0 s
= 0, 67 ms Startgeschwindigkeit
1,5 m
= 1, 5 ms → höhere Geschwindigkeit
1,0 s
= 0 =⇒ v = 0 ms → keine Geschwindigkeit
m
= −3,5
= −1, 2 ms → negative Geschwin=⇒ v = ∆s
∆t
3,0 s
(2) gleichförmige Bewegung =⇒ v =
(3) keine Bewegung =⇒ ∆s
∆s
∆t
∆s
∆t
=
(4) gleichförmige Bewegung
digkeit → Bewegung zurück zum Anfang
47
3.1.4
Beschleunigte Bewegung
Die Beschleunigung gibt an, wie schnell sich die Geschwindigkeit eines Körpers ändert.
• Definition:
die Beschleunigung a eines Körpers berechnet sich:
a=
Einheit:
v2 − v1
∆v
=
∆t
t2 − t1
[a] = 1 sm2
ist t1 = 0 und v1 = 0 der Nullpunkt der Zeit und der Geschwindigkeit =⇒
a=
v
t
• ist die Beschleunigung nicht konstant (a 6= konst.), gibt die Gleichung die Durchschnittsbeschleunigung an a = ∆v
∆t
• man unterscheidet verschiedene Arten der Beschleunigung:
– gleichmäßig beschleunigte Bewegung =⇒ a = konst. (geneigte Ebene)
– ungleichmäßig beschleunigte Bewegung =⇒ a 6= konst.
– a > 0 “echte” (positive) Beschleunigung =⇒ v wird größer
– a < 0 “Abbremsen” (negative) Beschleunigung =⇒ v wird kleiner
• Beschleunigungen in der Natur und Technik:
Objekt
anfahrender Güterzug
anfahrender ICE
anfahrendes Fahrrad
anfahrender PKW
Sprinter
bremsender PKW
anfahrender Rennwagen
fallender Stein
a in [m/s2 ]
0,1
0,5
2
2,5
3
-7
7,5
10
Abbildung 68: Kräfte auf eine Kugel bei einer geneigten Ebene
48
• geneigte Ebene:
– die Kugel wird durch die längs (parallel) der Ebene wirkende Hangabtriebskraft
(eine Komponente der Gewichtskraft) beschleunigt
– die Kugel legt in zunehmend kürzeren Zeiten gleiche Wege, oder in gleichen Zeiten
zunehmend längere Wege zurück
– Hangabtriebskraft FH = m · a
a=
– bei F = konst.
=⇒
FH
m
a = konst. =⇒ gleichmäßig beschleunigte Bewegung
– =⇒ der freie Fall ist ebenfalls eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung (α = 90◦ )
Abbildung 69: Zeit-Ort- und Zeit-Geschwindigkeit-Diagramm von zwei verschiedenen
gleichmäßig beschleunigten Bewegungen
• Zeit-Ort-Diagramm: der Graph einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung ist ein
Teil einer Parabel
• Zeit-Geschwindigkeits-Diagramm: der Graph einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung ist eine Gerade
• Zeit-Beschleunigungs-Diagramm: der Graph einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung ist eine zur t-Achse parallele Gerade
Abbildung 70: Zeit-Ort- und Zeit-Geschwindigkeit-Diagramm einer Bewegung
49
– Zeit-Ort-Diagramm: die Steigung der Tangente zum Zeitpunkt ti entspricht der
Geschwindigkeit vi am Ort si i = 1, 2, 3, . . .
– Zeit-Geschwindigkeit-Diagramm: die Fläche unter dem Graphen entspricht im
Betrag dem zurück gelegten Weg =⇒ |A| = |∆s|
3.1.5
Beschleunigung beim (Feder-)Pendel
Abbildung 71: Zeit-Ort-, Zeit-Geschwindigkeit- und Zeit-Beschleunigungs-Diagramm
• Federpendel: eine, an einer Feder hängende Masse wird in vertikaler Richtung ausgelenkt und losgelassen =⇒
• die Masse führt eine periodische Bewegung aus – eine sich wiederholende Schwingung
– Geschwindigkeit: in den Umkehrpunkten ist v = 0, beim Durchgang durch die
Ruhelage ist v = max. =⇒ sinusförmiger Kurvenverlauf
– Beschleunigung: in den Umkehrpunkten ist a = max., beim Durchgang durch die
Ruhelage ist a = 0 =⇒ sinusförmiger Kurvenverlauf
– der Graph der Geschwindigkeit und der Beschleunigung sind gegeneinander verschoben v = 0 ⇐⇒ a = max. und v = max. ⇐⇒ a = 0
3.1.6
Beispiele für Bewegungen aus Technik und Natur
• Fahrt mit dem Pkw:
Abbildung 72: Zeit-Ort- und Zeit-Geschwindigkeit-Diagramm einer Bewegung
50
und a =
(1) gleichmäßig beschleunigte Bewegung =⇒ ∆v = 30 km
h
0, 14 sm2 und ∆s = 0, 5 · ∆t · ∆v = 0, 5 · 60 s · 30 km
=
250
m
h
∆v
∆t
=
30 km/h
1 min
=
(2) gleichförmige Bewegung =⇒ v = 30 km
und a = 0 sm2 und ∆s = v · ∆t = 30 km
·
h
h
300 s = 2500 m
und a = ∆v
= 202 km/h
=
(3) gleichmäßig beschleunigte Bewegung =⇒ ∆v = 20 km
h
∆t
min
m
0, 05 s2 und
∆s = 0, 5 · ∆t · ∆v + ∆t · vstart = 0, 5 · 120 s · 20 km
+ 120 s · 30 km
= 1333 m
h
h
(4) gleichförmige Bewegung =⇒ v = 50 km
und a = 0 sm2 und ∆s = v · ∆t = 50 km
·
h
h
180 s = 2500 m
(5) gleichmäßig beschleunigte Bewegung =⇒ ∆v = 50 km
und a = ∆v
=
h
∆t
km
m
−0, 23 s2 und ∆s = 0, 5 · ∆t · ∆v = 0, 5 · 60 s · −50 h = −417 m
−50 km/h
1 min
=
Zeit-Beschleunigungs- und Zeit-Ort-Diagramm zeichnen!
• grafischer Zugfahrplan:
Abbildung 73: Ort-Zeit-Diagramm als grafischer Zugfahrplan
– man kann ablesen: Abfahrtszeit, Entfernung und Streckenzeitpunkte, Haltezeitpunkte und Standzeit, Zeit und Ort von Zugbegegnungen
– man kann berechnen: Geschwindigkeit, Fahrzeit
– A→B: s = 25 km, B→C: s = 15 km, C→D: s = 12, 5 km, D→E: s = 7, 5 km
IC 76: vB→A =
P 3618: vB→A =
IR 623: vA→C =
25 km
10 min
15 km
10 min
40 km
30 min
= 150 km
, vC→B =
h
15 km
10 min
= 90 km
, vE→C =
h
= 90 km
, vC→B = vD→C =
h
= 80 km
, vC→E =
h
20 km
2,5 min
=
15 km
=
30 min
480 km
h
20 km
15 min
= 80 km
h
30 km
h
• Überholvorgang:
(konstante Geschwindigkeiten)
überholt Lkw v = 72 km
– Pkw v = 108 km
h
h
– Pkw braucht eine bestimmte Strecke, um den Lkw einzuholen (gleiche Höhe)
sa + lLkw = 60 m (Bezugspunkte sind die Fahrzeugspitzen)
– Pkw benötigt einen Abstand zum einordnen sb + lP kw = 40 m
51
Abbildung 74: Zeit-Ort-Diagramm für einen Überholvorgang
– das Zeit-Ort-Diagramm liefert den Bewegungsablauf und den Zeitpunkt gleicher
Höhe (Schnittpunkt der Geraden) t = 6 s und s = 180 m
• 100 m-Weltrekordlauf - 1991, Carl Lewis:
Abbildung 75: Zeit-Ort- und Zeit-Geschwindigkeit-Diagramm für 100 m-Lauf
– Reaktionszeit am Start ∆t = 0, 14 s
nach ca. t = 4, 5 s erreicht
– Höchstgeschwindigkeit v = 12 ms = 43, 2 km
h
– Durchschnittsgeschwindigkeit v =
100 m
9,86 s
= 10, 1 ms = 36, 4 km
h
– gleichmäßig beschleunigte Bewegung in der Startphase, danach gleichförmige Bew.
3.1.7
Vergleich von gleichförmiger und ungleichförmiger Bewegung
• Bewegungen können in Zeit-Ort- (t − s−), Zeit-Geschwindigkeits-(t − v−) und
Zeit-Beschleunigungs-Diagrammen (t − a−) dargestellt werden
• Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung können auch negativ sein (bremsen, Bewegung in entgegengesetzter Richtung)
52
Abbildung 76: Zeit-Ort-, Zeit-Geschwindigkeits- & Zeit-Beschleunigungs-Diagramme
53
3.2
3.2.1
Darstellung von Bewegungsabläufen mit Gleichungen
Kraft und Bewegung
Wirkt auf einen Körper eine Kraft, so kann dieser beschleunigt werden.
• Zusammenhang zwischen Kraft F , Masse m und Beschleunigung a:
– je größer die auf einen Körper mit einer konstanten Masse wirkende Kraft ist =⇒
desto größer ist seine Beschleunigung (z.B. geneigte Ebene)
F ∼ a wenn m = konst
– je kleiner die Masse eines Körpers ist, auf den eine konstante Kraft wirkt =⇒
umso stärker wird der Körper beschleunigt
1
a∼
wenn F = konst
m
Abbildung 77: bei konstanter Kraft: kleinere Beschleunigung bei größerer Masse
• Newtonsches Grundgesetz – Isaac Newton (1643 - 1727)
F =m·a
auch als Grundgleichung der Mechanik bezeichnet
Einheit:
[F ] = 1 kgs2m = 1N (Newton)
• wirkt auf einen Körper eine konstante Kraft, so führt dieser eine gleichmäßig
beschleunigte Bewegung in Richtung der Kraft aus
die Beschleunigung ist positiv, wenn sich die Geschwindigkeit des Körpers vergrößert
und umgekehrt
• Beispiele weiterer Auswirkungen:
– unbeladener Lkw beschleunigt schneller, als beladener Lkw, bei gleicher Motorkraft
– Lkw mit größerer Antriebskraft (Motorleistung) beschleunigt schneller, als gleich
schwerer Lkw mit kleinerer Antriebskraft
• es können verschiedene Kräfte gleichzeitig auf einen Körper wirken
– Beispiel Pkw: Reibungskräfte (Rollreibung der Räder & Luftwiderstand) wirken
der Motorkraft entgegen
54
Abbildung 78: Kräfte auf einen Pkw bei einer geradlinigen Bewegung
3.2.2
Bewegungsgesetze
• für eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung eines Körpers, z.B. Pkw, gilt: a = konst.
– wenn eine konstante Kraft wirkt F = konst., ist auch die Beschleunigung a =
konst., da F = m · a =⇒ a ∼ F
– die Geschwindigkeit berechnet sich dann mit v = a · t
Abbildung 79: verrichtete Arbeit bei der Beschleunigung eines Pkws
– der gleichmäßig beschleunigte Körper (Pkw) erhält durch die Beschleunigungsarbeit W die kinetische Energie ∆Ekin = W =⇒ 12 mv 2 = F · s = m · a · s
– aus dieser Beziehung erhält man den zurückgelegten Weg s:
s=
(a · t)2
a
v2
=
= · t2
2a
2a
2
• Bewegungsgesetze für eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung (a = konst.) eines
Körpers aus dem Stillstand (s0 = 0, v0 = 0):
– Zeit-Geschwindigkeit-Gesetz:
v =a·t
– Zeit-Ort-Gesetz:
s=
a 2
·t
2
– Geschwindigkeit-Ort-Gesetz: mit t =
s=
55
v2
2a
v
a
=⇒
• Interpretation des Zeit-Ort-Gesetzes:
– s = a2 · t2 beschreibt den Zusammenhang zwischen dem Weg s, der konst. Beschleunigung a und der Zeit t
– s ∼ t2 , wenn a = konst. =⇒ bei einer bestimmten Beschleunigung a nimmt der
Weg s mit dem Quadrat der Zeit zu
– s ∼ a, wenn t = konst. =⇒ in einer bestimmten Zeit wird bei doppelter Beschleunigung “2a” der doppelte Weg “2s” zurückgelegt
3.2.3
Bewegungsfunktionen und Bewegungsdiagramme
Die Bewegungsgesetze kann man auch als Funktionen, genannt Bewegungsfunktionen, betrachten. Die Bewegungsfunktionen sind Funktionen der Zeit (Variable), d.h. a(t), v(t), s(t).
• Bewegungsfunktionen für eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung eines Körpers
aus dem Stillstand (s0 = 0, v0 = 0):
a(t) = a
v(t) = a · t
a 2
·t
2
– die Bewegungsfunktionen beschreiben, wie sich die physikalischen Größen a, v
und s eines gleichmäßig beschleunigten Körpers in Abhängigkeit von der Zeit t
verändern.
– a(t) = a ist eine Konstante, v(t) = a · t ist einer lineare Funktion und s(t) = a2 · t2
ist eine Parabel
– bei dem Zeit-Geschwindigkeit-Gesetz entspricht die Steigung der Geraden der
Beschleunigung a des Körpers
s(t) =
Abbildung 80: Bewegungsdiagramme mit den Bewegungsfunktionen a(t), v(t) und s(t)
• nicht alle Bewegungen beginnen aus den Stillstand, sondern haben sogenannte Anfangsbedingungen (s0 6= 0, v0 6= 0), deren Berücksichtigung führt zu =⇒
• allgemeine Bewegungsgesetze für eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung eines
Körpers mit einer Anfangsbewegung (s0 6= 0, v0 6= 0):
a = konst.
v = a · t + v0
s=
a 2
· t + v0 · t + s0
2
(s = Beschleunigunganteil + konstanterGeschwindigkeitsanteil + Anf angsort)
56
Abbildung 81: Zeit-Ort-Diagramm für eine Bewegung mit Anfangsweg und -geschwindigkeit
3.2.4
Gewichtskraft und freier Fall
• alle Körper ziehen sich aufgrund ihrer Masse gegenseitig an =⇒ Gravitation
• die Gravitationskraft der Erde auf die Körper an der Erdoberfläche wird auch als
Gewichtskraft bezeichnet
• die Gewichtskraft ist das Produkt aus Masse und Fallbeschleunigung (g = 9, 81 sm2 )
FG = m · g
– die Gewichtskraft, respektive Fallbeschleunigung, ändert sich mit der Höhe über
der Erdoberfläche =⇒ wird mit zunehmender Höhe kleiner
• eine Fallbewegung, die nicht durch den Luftwiderstand behindert wird, nennt man
freien Fall – dieser ist eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung =⇒
• Bewegungsgesetze für den freien Fall eines Körpers:
g = konst.
v =g·t
s=
g 2
·t
2
Abbildung 82: freier Fall verschiedener Körper in Luft und im Vakuum
• die Fallbeschleunigung ist beim freien Fall nicht von der Masse abhängig
=⇒ gleiche Fallgeschwindigkeit, -beschleunigung im Vakuum
57
3.2.5
Beispiele für Berechnungen zum Straßenverkehr
• Bremsweg:
– Regel: “Der Abstand im Straßenverkehr sollte zum Vordermann mindestens die
Hälfte der Anzeige des Tachometers in Metern betragen (z.B. v = 80 km/h =⇒
s = 40 m)
– Bremsweg für ein Pkw mit v = 80 km/h auf trockener Straße mit a = 7 m/s2 und
einer “Schrecksekunde”:
Abbildung 83: Bremsweg mit Schrecksekunde
– sges = s1 + s2
Bremsweg = Weg der Schrecksekunde + Verzögerungsweg
– s1 = v · t1 = 22 ms · 1 s = 22 m und s2 =
v2
2a
=
222 m2 /s2
2·7 m/s2
= 35 m
– sges = 22 m + 35 m = 57 m
– Fazit: die Regel gilt nur dann, wenn der Vordermann keine Vollbremsung einleitet
• Aufprallbeschleunigung:
– Bremsverzögerung a bei einem Aufprall mit v = 30 km/h = 8, 3 m/s auf ein
Hindernis
Abbildung 84: Bremsbeschleunigung bei einem Aufprall
– a=
∆v
∆t
= − 8,31m/s
= −8, 3 sm2
s
– die Bremsbeschleunigung bei einem Aufprall mit v = 30 km/h beträgt a =
−8, 3 sm2 und ist etwas kleiner als die Fallbeschleunigung
– der Aufprall ist vergleichbar mit einem Sprung aus einer Höhe von 3, 5 m auf einen
harten Boden
– bei einem Aufprall mit einem entgegenkommenden Fahrzeug addieren sich die
Geschwindigkeiten für die Berechnung des Aufpralls
• Kraftentwicklung bei Aufprall:
– Bremsbeschleunigung und Kraftentwicklung bei einem Aufprall mit v = 50 km/h =
13, 9 m/s auf ein Hindernis
58
Abbildung 85: Aufprallkraft eines Pkws
– Deformation der Knautschzone s1 = 1, 2 m, Vorwärtsbewegung des Pkw-Insassen
s2 = 0, 2 m, Masse der Testperson m = 85 kg
– s=
v2
2a
=⇒ a =
v2
2s
=
13,92 m2 /s2
2·1,4 m
= 69 sm2
– F = m · a = 85 kg · 69 m/s2 = 5900 N
– aufgrund des Wechselwirkungsgesetzes wirkt der Fahrer mit dieser Kraft auf den
Sicherheitsgurt durch den er abgebremst wird
– durch die Knautschzone wird der Bremsweg und die Bremszeit für den Fahrer
verlängert
– ohne die Knautschzone wäre die Bremsbeschleunigung und die Bremskraft auf
den Fahrer noch größer
• Überholvorgang:
– Sichtstrecke beim Überholen eines Lkw mit vLkw = 80 km/h = 22, 2 m/s, L =
lLkw = 12 m durch einen Pkw mit l = lP kw = 4 m, Sicherheitsabstand d = 40 m,
Beschleunigung a = 2 m/s2 , maximale Geschwindigkeit vmax = 100 km/h =
27, 8 m/s
Abbildung 86: Überholvorgang eines Pkws
– Betrachtung in wechselnden Bezugssystemen =⇒ außenstehender Betrachter und
Lkw-Fahrer
– aus Sicht des Lkw-Fahrers:
sP kw = L + l + 2d und sP kw = sbeschl + skonst
(Beschleunigung bis zur Höchstgeschwindigkeit und dann konstante Geschwindigkeit)
– =⇒ sP kw =
– =⇒ tkonst =
a
2
1
2
· t2beschl + v · tkonst =
1
∆v
· L + l + 2d −
– Beschleunigungszeit: tbeschl =
·
2
∆v
2a
∆v
a
=
v2
a
=
+ v · tkonst
1
5,6 m/s
5,6 m/s
2 m/s2
· 96 m −
(5,6 m/s)2
2·2 m/s2
= 16 s
= 2, 8 s =⇒ t = tkonst + tbeschl = 19 s
– Wegstrecke des Lkw: sLkw = vLkw · t = 22, 2 m/s · 19 s = 420 m
– Gesamtstrecke für den Überholvorgang: s = sLkw + sP kw = 420 m + 96 m = 520 m
59
– Fazit: auch der Gegenverkehr legt in der Zeit des Überholvorganges die gleiche
Strecke zurück =⇒ der Einsichtbereich des überholenden Pkw-Fahrers sollte deshalb ca. 1 km betragen!
60
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