PDF - Malteser Krankenhaus St. Johannes

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Das Malteser Krankenhaus
St. Johannes Kamenz informiert 2015/16
Neue Kompetenzen
Ergotherapeutin Susann Feller, Geriaterin Gabriele Urban und
Psychologin Carolin Westfahl freuen sich auf zukünftige Aufgaben.
SEITE 5
Behandlung von Inkontinenz –
im Malteser Beckenbodenzentrum
SEITE 6
Diagnose Brustkrebs –
Vorsorge ist wichtig
SEITE 7
OP durchs Schlüsselloch –
das Spektrum wird breiter
SEITE 8
Sicherheit für Patienten –
die neue Überwachungsstation
St. Johannes
EDITORIAL
Florian Rupp
Geschäftsführer
Malteser SachsenBrandenburg
gGmbH
Sehr geehrte
Leserinnen und Leser,
Inkontinenz ist ein Tabuthema. Wer möchte
sich mit diesem sensiblen Problem schon
gern seinen Mitmenschen offenbaren?
Dabei ist die schwache Blase eine Volkskrankheit. Mehrere Millionen Menschen
in Deutschland leiden daran. Doch kein
Betroffener muss sich damit abfinden! Moderne Therapiemethoden ermöglichen es
dem Ärzte- und Pflegeteam des Malteser
Krankenhauses St. Johannes Kamenz, die
Ursachen einer Inkontinenz zu beseitigen
oder zumindest zu lindern. Unser Ziel ist
die Verbesserung der Lebensqualität der
Betroffenen. Die Malteser Krankenhäuser
in Kamenz und Görlitz haben daher ein
gemeinsames interdisziplinäres Beckenbodenzentrum gegründet. In diesem arbeiten
Gynäkologen und Urologen zum Wohle des
Patienten Hand in Hand zusammen.
Erfreulicherweise leben die Menschen in
unserer Gesellschaft immer länger. Ihnen
bei einer möglichen Erkrankung dennoch so
viel Lebensqualität wie möglich zu erhalten,
ist Aufgabe der Geriatrie, der Altersmedizin.
Mit der geplanten Einrichtung einer speziellen geriatrischen Station im Krankenhaus
St. Johannes stellen wir uns auf den steigenden Bedarf ein, gesundheitliche Probleme
des Alters komplex und interdisziplinär zu
betrachten.
Die Krankenhaushygiene ist für uns ein
wichtiges Thema. Häufig werden Ängste
vor der Ansteckung mit multiresistenten Erregern geschürt. Wir leisten mit zahlreichen
Hygienemaßnahmen, strengen Kontrollen
und regelmäßigen Mitarbeiterschulungen
unseren Beitrag zur Bekämpfung solcher
Keime zum Wohle unserer Patienten.
Die Kunst unserer Ärzte, verbunden mit
modernster Technik, bringt Patienten Gesundheit zurück oder zumindest die Linderung ihrer Leiden. Gynäkologen unseres
Hauses arbeiten in Diagnostik, Therapie
und Nachsorge von Brustkrebs intensiv mit
Kliniken in Hoyerswerda und Weißwasser
zusammen. Und selbstverständlich perfektionieren unsere Chirurgen ihr Handwerk zum Beispiel bei minimalinvasiven
Eingriffen, die heute einen großen Teil der
Operationen ausmachen. Gern informieren
wir Sie in der vorliegenden Ausgabe über
die neuesten Entwicklungen im Malteser
Krankenhaus St. Johannes.
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen,
eine besinnliche Adventszeit, ein gesegnetes Weihnachtsfest und alles Gute für das
Jahr 2016.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Florian Rupp
Seite 2
Vom Krankenhaus
in die
Rehabilitation
Silvia Wosky vom Sozialdienst kümmert sich um Anschlussbehandlungen.
Sie ist Patienten und Angehörigen damit eine große und dankbar angenommene Hilfe.
f
ür viele Patienten im Malteser
Krankenhaus St. Johannes in Kamenz ist es mit dem Aufenthalt in
der Klinik allein nicht getan. Sie benötigen eine Anschlussbehandlung
in einer Rehabilitationseinrichtung. Häufigste
Diagnosen dafür sind Herzinfarkt, Schlaganfall
oder Oberschenkelhalsbruch. Wohin die Reise
geht, können sich Patienten aussuchen. „Ob
es tatsächlich klappt, hängt davon ab, ob die
Rehaklinik für das Krankheitsbild Verträge mit
den Krankenkassen hat“, erklärt Silvia Wosky
vom Sozialdienst des Krankenhauses. Und
es bleibt immer die Frage, ob am Wunschort
gerade ein Bett frei ist.
Die Anschlussbehandlung soll bis 14 Tage
nach dem Krankenhausaufenthalt beginnen.
In der Regel ist es ratsam, Patienten direkt aus
der Klinik in die Reha zu bringen. Mit der
Organisation dessen sind Angehörige zumeist
überfordert. Erst recht die Patienten selbst. Für
die sind Silvia Wosky und ihre Kolleginnen
Anke Ritter und Romy Wels die guten Seelen
des Hauses. Die drei sind Ansprechpartnerinnen für Patienten, Angehörige, Ärzte und
Pflegepersonal. Ihr Büro befindet sich im
Erdgeschoss. Häufig besprechen die Mitarbeiterinnen vom Sozialdienst aber direkt am
Bett des Patienten die Formalitäten und stellen
mit ihm zusammen den Antrag auf eine Kur.
Ziel der Reha ist es, eine stationäre Pflege
oder die nächsthöhere Pflegestufe zu vermeiden. Bei fortgeschrittener Demenz ist eine
Anschlussbehandlung oft nicht möglich, weil
die Rehafähigkeit aus medizinischer Sicht
nicht gegeben ist.
Zur Überbrückung oder wenn eine Reha
nicht infrage kommt, vermittelt das Team
des Sozialdienstes Patienten, beispielsweise
mit Oberschenkelhalsbruch, in die Kurzzeitpflege. Allerdings bedarf es dafür einer
Pflegestufe oder aber der Betreffende müsste
die Kosten selbst tragen. Die Verantwortung,
wie es mit dem Patienten weitergeht, liegt bei
den Angehörigen. Die meisten nehmen die
Hilfe des Sozialdienstes dankbar an. Denn
dieser vermittelt ebenso einen ambulanten
Pflegedienst für die spätere Betreuung im
häuslichen Umfeld oder sogar einen Platz
im Pflegeheim. „Es kommt vor, dass ich in
Silvia Wosky (m.) und Anke Ritter (r.) vom Sozialdienst helfen Patienten über bürokratische Hindernisse hinweg zu Anschlussbehandlungen und beraten ihre Angehörigen.
25 Heimen anrufe. Ohne Erfolg“, sagt Silvia
Wosky. „Dennoch mache ich meine Arbeit
sehr gern.“ Obwohl diese mitunter stressig ist
und des Durchhaltevermögens bedarf.
Die Abläufe kennt die gelernte Kinderkrankenschwester und spätere Krankenschwester
von der Pieke auf. Seit 40 Jahren im Gesundheitswesen arbeitet sie 15 davon im
Sozialdienst, in einem berufsbegleitenden
Studium hat sie sich zur Sozialarbeiterin
qualifiziert. Im St. Johannes sind es 1.400
Patienten pro Jahr, die der Sozialdienst berät
und unterstützt. Die Tendenz steigt. Kaum
ein Patient verlässt nach schweren Diagnosen
das Krankenhaus gesund. „Hinzu kommt, dass
die Kinder von 90-jährigen Patienten selber an
die 70 und mitunter hilfsbedürftig sind“, sagt
Silvia Wosky. Deshalb werde der Umfang ihrer
Arbeit weiter zunehmen. Zu Pflegeheimen in
der Umgebung besteht ein enger Kontakt.
Bei Patienten ohne Angehörige ist die
rechtliche Betreuung zu klären. Unabhängig
davon sei es für alle gut, die Vorstellungen
des Kranken zu kennen. Deshalb wird bei
Einweisung ins Malteser Krankenhaus St.
Johannes immer nach einer Patientenverfügung und einer Vorsorgevollmacht gefragt.
Ersteres regelt die Gesundheitssorge, Letzteres auch viele Alltagsfragen darüber hinaus.
Seit 2009 ist beides gesetzlich geregelt. Zum
Abschluss einer Patientenverfügung kann
der Sozialdienst im Krankenhaus beraten,
bei der Vorsorgevollmacht dürfen das nur
Notare und Anwälte.
Um Patienten und deren Angehörige umfassend über das wichtige Thema der Patientenverfügung und der Vorsorgevollmacht informieren zu können, wurde eine umfangreiche
Informationsbroschüre erarbeitet. Diese lässt
sich von der Homepage www.malteser.de/patientenverfuegung.html kostenlos downloaden.
Der Sozialdienst im St. Johannes vermittelt
außerdem Tumorpatienten in Rehabilitation.
Dort bekommen sie Abstand von der Krebserkrankung und können erleben, wie andere mit
der Situation umgehen. In Härtefällen können
Krebspatienten aus dem Tumorfonds einen
Zuschuss für die Reha bekommen, der nicht
auf den Hartz-IV-Satz angerechnet wird. Auch
dabei ist der Sozialdienst behilflich.
Für andere Patienten stellt das Team Kontakt zu Sanitätshäusern her und vermittelt
Heil- und Hilfsmittel wie Rollstuhl oder
Rollator oder hilft bei der Beantragung eines
Pflegebetts.
SOZIALDIENST
Malteser Krankenhaus St. Johannes
Nebelschützer Straße 40
01917 Kamenz
Telefon: 03578 786-450
2015/2016 | Das Malteser Krankenhaus St. Johannes Kamenz informiert
n
St. Johannes
Im Alter
Lebensqualität erhalten
Die Menschen leben immer länger. Eine speziell auf ältere Menschen zugeschnittene Medizin (Geriatrie) soll die
Mobilität und die Selbstständigkeit so lange wie möglich erhalten und bei Erkrankungen Komplikationen vermeiden.
ü
ber die Hälfte der Patienten
des Malteser Krankenhauses St. Johannes in Kamenz
ist über 65 Jahre alt. Die
Tendenz zu einem hohen
Altersdurchschnitt der Patienten steigt.
Deshalb bereitet sich das Krankenhaus
seit etwa zwei Jahren auf die Einrichtung
einer geriatrischen Station vor. Auf einer
solchen Station werden über 75-jährige
Patienten behandelt, die an Akuterkrankungen leiden, multimorbid und/oder in
ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Die
Altersmedizin will ihnen helfen, wieder ein
Leben im vertrauten Umfeld zu führen.
Aus dem Krankenhaus sollen sie so selbstständig wie möglich entlassen werden.
.Hierfür ist ein multiprofessionelles Team
aus Ärzten, Schwestern und Pflegern, einer
Psychologin, Physio- und Ergotherapeuten
sowie Sozialarbeitern im Malteser Krankenhaus St. Johannes tätig.
-Erleiden alte Menschen eine Akuter-krankung oder verschlimmert sich eine
ebereits bestehende Erkrankung, kommt es
thäufig zu einer raschen Verschlechterung
-des Allgemeinbefindens und zum Verlust
.von Mobilität und Selbstständigkeit. Das
Ziel der geriatrischen Behandlung besteht
darin, die vorhandenen Ressourcen dieser
.Patienten zu fördern und zu erweitern.
-„Wir wollen möglichst verhindern, dass sie
danach in die Pflege oder Kurzzeitpflege
nmüssen“, erklärt Gabriele Urban, Fachärztin für Innere Medizin und Geriatrie.
Parallel zur Behandlung der Akuterkrankung werden Physio- und Ergotherapeuten
versuchen, Haltungs- und Mobilitätsstörungen der Patienten zu mindern. Nach
-Ursachenklärung einer Inkontinenz kann
tauch ein Harnblasentraining erfolgen.
r
sViele ältere Menschen weisen eingeschränkte Organfunktionen auf. Einige
sind, vor allem wenn sie allein leben, unterernährt, denn das Empfinden von Durst
und Hunger lässt im Alter nach. In der geriatrischen Behandlung wird Wert auf eine
ausgeglichene, gesunde und regelmäßige
Ernährung und Trinkmenge gelegt. Die
Patienten werden zu einem strukturierten
Tagesablauf mit regelmäßigen Mahlzeiten
qualifiziert. Die Königin hatte für ihre an
Demenz erkrankte Mutter ein Konzept
zur Erleichterung der Pflege und besseren
Versorgung entwickeln lassen und eine
Stiftung gegründet. Seit 1996 bietet diese
Stiftung entsprechende Weiterbildungen
an. Beim jüngsten seiner vier Lehrgänge
saß Markus Rupprecht sogar in Stockholm
auf der Schulbank und konnte dort in
einer Abschlussprüfung seine neu erworbenen Kenntnisse nachweisen.
Wie wichtig Altersmedizin ist, wissen die
Mitarbeiter des Malteser Krankenhauses
St. Johannes aus ihrer bisherigen Arbeit.
GERIATRIE
Die Mitarbeiter freuen sich auf die neue Aufgabe auf der geriatrischen Station: Internistin
und Geriaterin Gabriele Urban, Stationsschwester Silvia Heintze,
Physiotherapeutin Katrin Dornick und Pfleger Markus Rupprecht (v. l. n. r.).
angehalten. Unter Anleitung üben sie, wie
sie zu Hause ihr Essen allein zubereiten
können.
Auch eine Psychologin gehört zum geriatrischen Team des Krankenhauses. Ihre
Aufgabe ist es unter anderem, familiäre
Konflikte, die das Befinden der älteren
Menschen häufig zusätzlich zu ihrer Erkrankung beeinflussen, gemeinsam mit
dem Patienten und den Angehörigen
aufzuarbeiten. Ein weiteres Ziel ist die
enge Kooperation mit einer Mitarbeiterin
des Sozialdiensts des Malteser Krankenhauses. Der Sozialdienst führt Gespräche
mit den Angehörigen, kümmert sich um
die notwendige Bereitstellung vorhandener oder die Bestellung neuer Hilfsmittel
wie Rollator, Nachtstuhl, Wannengriffen,
erhöhtem Toilettensitz oder besonderen
Schuhe bei Fußveränderungen.
Für die neue Aufgabe haben sich Mitarbeiter des Malteser Krankenhauses
bereits intensiv qualifiziert. Die Ärztin
Gabriele Urban hat sich im Sächsischen
Krankenhaus Arnsdorf und im Dresdner
Das Malteser Krankenhaus St. Johannes Kamenz informiert | 2015/2016
Krankenhaus St.-Joseph-Stift geriatrisch
fortgebildet.
Stationsschwester Silvia Heintze absolvierte eine umfangreiche geriatrische
Weiterbildung und hospitierte ein halbes
Jahr im Krankenhaus St.-Joseph-Stift in
Dresden. Sie gewann Einblick in die
Validation, die verbale und nonverbale Kommunikation mit alten verwirrten
Menschen. Zu den Modulen ihrer Ausbildung gehörte auch die Bobath-Therapie.
Diese hilft durch konsequente Förderung,
die bei Hirnschädigungen, zum Beispiel
nach einem Schlaganfall, unterbrochenen
Verbindungen im Gehirn eines Patienten
neu anzubahnen. So kann der Patient
frühere Fähigkeiten wiedererlangen.
Physiotherapeutin Katrin Dornick hat
schon vor längerer Zeit eine Fortbildung
in der Bobath-Therapie abgeschlossen.
Pfleger Markus Rupprecht absolvierte eine
Ausbildung als Silvia-Hemmet-Trainer,
die nach der schwedischen Königin Silvia
benannt ist und für die Pflege von Menschen mit demenziellen Erkrankungen
Auch Altersmedizin genannt, ist die
Lehre von den Krankheiten des alternden Menschen. Sie vereint interdisziplinär die Behandlung von Mehrfacherkrankungen der Inneren Medizin,
Orthopädie und Neurologie mit dem
Ziel, älteren und sehr alten Menschen
zu einem besseren Leben zu verhelfen. Zu den typischen Alterserkrankungen gehören unter anderem Herzinfarkt, Schlaganfall, Arthrose, Demenz,
Altersdepression, Diabetes mellitus,
Grauer Star, Krebs, Osteoporose und
Parkinson. Sie äußern sich zum Beispiel in zunehmender Einschränkung
der Sinne wie Sehen, Hören, Tasten,
Gleichgewicht und Geschmack oder
mangelndem Durstgefühl, in Schwindel mit dem zunehmenden Risiko von Stürzen sowie der Inkontinenz von
Blase oder Darm und im Intelligenzabbau. Häufig treten mehrere dieser
Anzeichen gleichzeitig auf.
IMPRESSUM
Herausgeber:Malteser Krankenhaus
St. Johannes Kamenz
Nebelschützer Str. 40
01917 Kamenz
Redaktion:Redaktions- und
Verlagsgesellschaft
Bautzen/Kamenz mbH
Ralf Haferkorn (verantw.),
Constanze Knappe (Texte)
Fotos:Malteser/Ines Eifler
Constanze Knappe (S. 3)
Bernd Goldammer (S. 6)
Satz/Layout:arteffective/lausitzpromotion
Hoyerswerda, Franka Schuhmann
Druck:Dresdener Verlagshaus Druck GmbH
Seite 3
St. Johannes
Kein Tabuthema mehr
Inkontinenz
Mit dem neuen Beckenbodenzentrum der Malteser Krankenhäuser in Kamenz und
Görlitz können auch andere Beschwerden im Unterbauch wirksam behandelt werden.
Beckenbodenzentrum ist Teamarbeit: Dr. med. Rainer Kluge, Chefarzt der Gynäkologie, Sebastian Schurk, Oberarzt Gynäkologie, und
Dr. Cornelia Meißner, Oberärztin Anästhesie, (v. l. n. r.) besprechen den Fall einer Patientin mit Harninkontinenz.
h
at man eine schwache Blase,
wird das für die Betroffenen
zum Albtraum. Weil ihr Leben durch den Gang zur Toilette bestimmt wird, meiden
sie öffentliche Veranstaltungen, verzichten
auch sonst auf die Teilnahme am sozialen
Leben. So leiden sie in doppelter Hinsicht:
an den Beschwerden der Krankheit und an
zunehmender Vereinsamung. Die Lebensqualität ist stark beeinträchtigt. Und das
keineswegs in Einzelfällen.
Harninkontinenz bei Frauen ist Gegenstand
der Urogynäkologie, der interdisziplinären
Verbindung von Urologie und Gynäkologie.
Denn Ursache für Inkontinenz können zum
Beispiel eine Schwächung des Beckenbodens
nach Geburten, Senkungsleiden oder eine
Lageveränderung der Gebärmutter (Prolaps)
sein. „Ob Genitalien, Blase oder Enddarm,
die Organe im Beckenboden beeinflussen
einander. Der Grund für Beschwerden ist
deshalb nicht immer eindeutig zu lokalisieren, was eine wirksame Therapie mitunter
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erschwert“, erklärt Dr. med. Rainer Kluge,
Chefarzt der Gynäkologie des Malteser
Krankenhauses St. Johannes in Kamenz. „Es
gibt eine Vielzahl von Behandlungsmethoden. Um die für die Patientin richtige und
beste zu finden, braucht es den interdisziplinären Blick auf das Problem.“
Von einer dranghaften Inkontinenz, bei
der sich der überaktive Blasenmuskel zu
häufig zusammenzieht, oder einer Belastungsinkontinenz, also dem unkontrollierten Abgang von Urin beim Husten, Niesen
oder bei körperlicher Anstrengung sind
jedoch Frauen und Männer gleichermaßen betroffen. Deshalb arbeiten Urologen,
Gynäkologen und auch Chirurgen der
Malteser Krankenhäuser in Kamenz und
Görlitz schon seit geraumer Zeit eng zusammen, um Erkrankungen des Unterleibs
bei weiblichen und männlichen Patienten
bestmöglich zu behandeln. Inzwischen ist
man aber noch einen Schritt weiter: mit der
Bildung eines interdisziplinären Beckenbodenzentrums.
Von Kamenzer Seite aus ist neben Chefarzt
Dr. med. Rainer Kluge auch Sebastian Schurk,
Oberarzt in der Gynäkologie, beteiligt. Von
Görlitzer Seite sind es weitere Ärzte der
Urologie und Chirurgie. Außerdem sind
Gastroenterologen und Palliativmediziner
im Team vertreten. Bei Bedarf werden ebenso
Neurologen und Radiologen hinzugezogen.
Mehrere Millionen Menschen, fast ein Drittel
aller Frauen in Deutschland leiden an einer
schwachen Blase. Die Dunkelziffer ist hoch,
denn Kontinenzprobleme gelten nach wie
vor als Tabu. Mancher scheut sogar den Gang
zum Arzt, obwohl die moderne Medizin
helfen kann. „Nicht alles lässt sich heilen oder
abstellen“, erklärt Dr. med. Andreas Lammert,
Chefarzt der Urologie im Görlitz Malteser
Krankenhaus St. Carolus, der das Malteser
Beckenbodenzentrum Ostsachsen leitet. Aber
vielen Patienten ist schon mit der Linderung
der Beschwerden geholfen. Es bringt ihnen
Lebensqualität zurück.“
Häufigste Beschwerden des Beckenbodens
sind Störungen bei der Entleerung von
Blase oder Darm sowie Senkungsleiden als
eine Folge der Verlagerung von Harnblase, Genitalorganen oder Darm ebenso wie
Ausbuchtungen (Divertikel) der Harnblase
oder des Darms. Symptome für Beckenbodenerkrankungen sind chronische Unterbauchschmerzen, Schmerzen im Damm- und
Analbereich, Entleerungsstörungen und sehr
oft Entzündungen. Auch eine organisch
bedingte Funktionsstörung der Blase kann
Ursache für Inkontinenz sein. Als Auslöser
kommt bei Männern ebenso eine Prostatakrebsoperation in Betracht. Inkontinenz von
Blase oder Darm kann bei Männern und
Frauen ebenso als Begleiterscheinung von
Nervenerkrankungen wie Parkinson, Multipler
Sklerose oder Demenz auftreten, selbst als
Nebenwirkung diverser Schmerzmittel oder
einer Chemotherapie. Erbliche Veranlagung
und Übergewicht spielen ebenfalls eine Rolle. Die Aufzählung der Ursachen zeigt, wie
notwendig bei diesen Krankheitsbildern die
interdisziplinäre Zusammenarbeit ist.
Zur Diagnostik von Harninkontinenz steht
im Malteser Beckenbodenzentrum mit dem
urodynamischen Messplatz ein modernes
Verfahren zur Verfügung. Es gibt Aufschluss
darüber, ob eine Drang- oder eine Stressinkontinenz vorliegt. Nach dieser und eventuell
notwendigen weiteren Untersuchungen wird
die Therapie festgelegt. Zunächst steht eine
breite Palette moderner Medikamente zur
Verfügung. Bei Frauen, manchmal auch bei
Männern, kann ein spannungsfreies Band eingelegt werden, das den Beckenboden unterstützt. Bei Dranghaftigkeit kann mit dem Einspritzen von Botulinumtoxin (Botox) in den
Blasenmuskel die Blase ruhiggestellt werden.
Das Mittel ist in der plastischen Chirurgie
bekannt und nicht ganz unumstritten. In diesem Fall ist die Behandlung aber ganz seriös
und wird auch von den Kassen voll übernommen. Die so genannte Bulkamid-Therapie, die
Unterspritzung der Harnröhrenwand in der
Nähe des Schließmuskels, gilt als schonende
Alternative zu einem operativen Eingriff bei
Belastungsinkontinenz.
Um eine andere Art der Behandlung handelt
es sich bei der „sakralen Neuromodulation“.
Bei sehr hartnäckigen und ausgeprägten Blasen- oder Darmentleerungsstörungen werden
Elektroden an den Nervenplexus von Blase
oder Enddarm platziert. Durch einen regelmäßigen schwachen elektrischen Reiz normalisiert sich oft die Blasen- bzw. Stuhlentleerung. Nach dem erfolgreichen Test kann
der Schrittmacher dann dauerhaft unter die
Haut eingepflanzt und mit einem Steuergerät
ähnlich einem Handy von außen reguliert
2015/2016 | Das Malteser Krankenhaus St. Johannes Kamenz informiert
St. Johannes
werden. Im Malteser Krankenhaus St. Johannes steht als zusätzliche therapeutische Alternative bei therapieresistenten Formen von
Harninkontinenz auch das Implantieren von
ACT-Systemen zur Verfügung. Dabei handelt
es sich um zwei kleine mit Flüssigkeit gefüllte
Silikonballons, die links und rechts des Blasenausgangs implantiert werden. Beim Husten
oder Niesen verengen sie die Harnröhre und
schützen so vor unwillkürlichem Harnabgang.
Beim Wasserlassen wird der Widerstand aber
auf natürliche Weise überwunden.
Mit dem Beckenbodenzentrum bündeln
die Malteser die Kompetenzen ihrer beiden
Krankenhäuser. Alle Behandlungen werden
mit Physiotherapie kombiniert. Deshalb sind
auf Beckenbodentraining spezialisierte Therapeuten eng in die Arbeit einbezogen. Mit
gezielten Übungen kann der Beckenboden
gestärkt und so womöglich eine Operation
vermieden werden. „Gleich operieren, das
kommt in der Regel nicht in Frage. Wir loten
erst aus, was mit Medikamenten und Physiotherapie geht“, erklärt Chefarzt Dr. med.
Andreas Lammert. Darin ist man sich fächerübergreifend einig. Ist doch eine Operation
nötig, sind Methoden der minimalinvasiven
Beckenbodenchirurgie schonender und weniger belastend als konventionelle Techniken.
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit der
erfahrenen Spezialisten aus den verschiedenen
Teilgebieten der Medizin bietet den Patienten
mit Kontinenzproblemen und sonstigen Beschwerden im Unterleib eine optimale Versorgung. Das Beckenbodenzentrum ermöglicht,
die Erkrankungen bestmöglich zu behandeln
und Funktionsstörungen vorzubeugen. Damit
kann oft ein wichtiges Stück an Lebensqualität zurückgewonnen werden.
Christa Zickmüller, Physiotherapeutin am Malteser Krankenhaus St. Johannes,
erklärt einer Patientin, wie sie ihren Beckenboden trainieren kann.
Erkrankungen komplex betrachtet ­– Interview mit Dr. med. Andreas Lammert
Woher kommt die Idee dazu?
Die gibt es schon seit zehn Jahren. Die Deutsche Kontinenz Gesellschaft hat sich mit
ihrer Gründung das Ziel gesetzt, bundesweit
solche Zentren zu schaffen, um Erkrankungen des Beckenbodens aus der Tabuzone zu
holen. Wir haben in unserem Krankenhaus
in Görlitz nach einem Verbesserungspotenzial gesucht. Zumal der Bedarf für ein solches
Beckenbodenzentrum in der Region groß ist.
Dr. med. Andreas Lammert, Chefarzt
der Urologie am Görlitzer Malteser
Krankenhaus St. Carolus und Leiter
des Malteser Beckenbodenzentrums
Das von den Malteser Krankenhäusern
St. Johannes in Kamenz und St. Carolus in
Görlitz gebildete Beckenbodenzentrum ist
das erste und bisher einzige in Ostsachsen,
welches eine offizielle Zertifizierung bei der
Deutschen Kontinenz Gesellschaft (DKG)
anstrebt. Was das für die Ärzte bedeutet, aber
vor allem den Patienten bringt, das erklärt der
Leiter des Beckenbodenzentrums, der Görlitzer Chefarzt Dr. med. Andreas Lammert.
Herr Dr. Lammert, warum brauchen kleine
Krankenhäuser wie die der Malteser in Kamenz und Görlitz ein Beckenbodenzentrum?
Viele Erkrankungen des Beckenbodens haben komplexe Ursachen. Fachärzte sind
jedoch meist auf ihr Gebiet fokussiert. In
dem Beckenbodenzentrum beziehen wir
die Nachbarfachgebiete mit ein und können
damit Behandlungen umfassender gestalten.
Um sich Beckenbodenzentrum nennen zu
dürfen, streben Sie eine Zertifizierung an.
Welche Nachweise mussten Sie erbringen?
Der Begriff an sich ist leider nicht geschützt.
Jeder darf sich so nennen. Um Qualität zu
dokumentieren, streben wir ein Zertifikat
der Deutschen Kontinenz Gesellschaft an.
Das Verfahren dazu läuft. Wir mussten zum
Beispiel eine Spezialisierung auf dem Gebiet
der Inkontinenztherapie nachweisen, eine bestimmte Zahl an Operationen, die geforderte
Ausstattung an Geräten und Instrumenten
und ebenso Fortbildungen der Fachärzte. Es
sind harte Kriterien, die streng kontrolliert
werden. Um die erfüllen zu können, braucht
man ein Qualitätsmanagement. Wir arbeiten
intensiv daran.
Welchen Nutzen hat der Patient davon?
Er wird effizienter behandelt. Der Patient
muss nicht mehr von einem Arzt zum
anderen, hat damit weniger Wege und eine
gewisse Gewähr, dass sein Problem komplex
betrachtet und interdisziplinär behandelt
wird. Und das nach dem neuesten Stand der
Wissenschaften.
Das Malteser Krankenhaus St. Johannes Kamenz informiert | 2015/2016
Wovon ist denn abhängig, ob ein Patient oder
eine Patientin ein Fall fürs Beckenbodenzentrum wird?
Jeder Patient mit Harn- oder Stuhlinkontinenz und anderen Beschwerden des Beckenbodens wird auf eine Liste genommen. Die
leichteren Fälle können die Urologen oder
die Chirurgen in Görlitz bzw. die Gynäkologen in Kamenz allein lösen. Komplexe
Störungen wie etwa bei Nervenkrankheiten
oder Bandscheibenproblemen bedürfen des
Blicks vieler Fachärzte und werden deshalb
im Team besprochen und gegebenenfalls
behandelt.
Nun können die Ärzte der beiden Krankenhäuser nicht ständig zwischen Kamenz und
Görlitz hin- und herfahren. Wie sieht die
Zusammenarbeit denn praktisch aus?
Problemfälle werden in eine Fallkonferenz
eingebracht. Dazu treffen wir uns alle sechs
bis acht Wochen abwechselnd in Kamenz
oder Görlitz und stehen zwischendurch im
telefonischen Kontakt. Bereits seit einem Jahr
führen die Urologie und die Chirurgie hier
in Görlitz sowie die Gynäkologie in Kamenz
solche gemeinsamen Konferenzen durch. In
besonders schweren Fällen haben wir auch
schon gemeinsam operiert.
Und wie kommt ein Patient überhaupt ins
Beckenbodenzentrum, mit einer Überweisung
des Hausarztes?
Je nachdem, woher die Beschwerden kommen, melden sich die Patienten mit einer
Überweisung des Hausarztes oder eines niedergelassenen Facharztes im Sekretariat der
Gynäkologie im Krankenhaus in Kamenz
oder bei uns in Görlitz an. Sie bekommen
einen Termin für die jeweilige Sprechstunde.
Abhängig vom Krankheitsbild besprechen wir
dann interdisziplinär das weitere Vorgehen.
INTERDISZIPLINÄRES
BECKENBODENZENTRUM
Gynäkologie in Kamenz
Chefarzt: Dr. med. Rainer Kluge
Anmeldung zur Sprechstunde
im Sekretariat: Monika Wolff
Telefon: 03578 786-431
Telefax: 03578 786-434
Urologie in Görlitz
Chefarzt: Dr. med. Andreas Lammert
Anmeldung zur Sprechstunde
im Sekretariat: Birgit Serve
Telefon: 03581 72-1202
Fax: 03581 72-1203
Behandlungsspektrum im Malteser
Beckenbodenzentrum Ostsachsen
• Spannungsfreie Bänder (TVT, TOT)
• Kolposuspension,
Harnröhrenunterspritzung
• Hysterektomie mit/ohne Plastiken
• Deszensuschirurgie, auch mit Netz
• Prostata- und
Harnröhrenoperationen
• Botulinumtoxin-Injektion, EMDA
• Enddarm-Operationen (STARR u. a.)
• Laparoskopische Darm-OP,
Rektopexie
• Künstlicher Blasenschließmuskel
• Sakrale Neuromodulation
(Blasen- oder Enddarmschrittmacher)
• ACT-Therapie
Seite 5
St. Johannes
d
ie häufigste Krebserkrankung
bei Frauen ist das Mammakarzinom mit 32,1 Prozent.
Nach Angaben der Deutschen
Krebsgesellschaft werden in
Deutschland pro Jahr 70.000 Neuerkrankungen festgestellt, 17.000 Frauen sterben
daran. Jede zehnte Frau ist von Brustkrebs
betroffen. Hauptsächlich in der Altersgruppe
zwischen 50 und 70 Jahren.
Diagnose
Brustkrebs
Die Heilungschancen sind gut, wenn das Mammakarzinom frühzeitig entdeckt wird,
so Chefarzt Dr. med. Rainer Kluge. Aber noch nicht alle Frauen nutzen die Vorsorge.
Zum Teil sind Tumore in der Brust genetisch bedingt. Neben der Vererbung beeinflussen aber auch Risikofaktoren wie
Rauchen, fettreiche Ernährung, Übergewicht
und wenig körperliche Aktivität die Entstehung von Krebszellen. Begünstigt wird dies
zudem durch eine Hormontherapie oder
die sogenannte mammographische Dichte,
also wenn in der Brust mehr Drüsen- statt
Fettgewebe vorhanden ist. Ob und wie viele
Kinder eine Frau bekommen und wie lange
sie gestillt hat, kann ebenfalls eine Rolle
spielen. „Doch im Grunde“, erklärt Dr. med.
Rainer Kluge, Chefarzt der Gynäkologie im
Malteser Krankenhaus St. Johannes in Kamenz, „sind die Ursachen für die Entstehung
des Mammakarzinoms unbekannt.“
Brustkrebs ist die häufigste, nicht aber die
gefährlichste Krebsart bei Frauen. Rechtzeitig
erkannt und behandelt, ist er meist heilbar.
Umso wichtiger ist die Vorsorge. „Frauen
sollten regelmäßig die eigene Brust abtasten und Veränderungen sofort von ihrer
Frauenärztin abklären lassen“, sagt Dr. med.
Rainer Kluge.
Im Anfangsstadium macht Brustkrebs keinerlei Beschwerden. Von den Krankenkassen
finanziert wird außerdem das Mammographie-Screening, das Röntgen der Brust.
Frauen zwischen 50 und 69 Jahren erhalten
zu dieser Vorsorgeuntersuchung alle zwei
Jahre eine Einladung, ebenso jüngere Frauen,
die durch Brust- oder Eierstockkrebs bei
nächsten Verwandten ein erhöhtes Risiko
haben. Speziell geschulte Ärzte werten die
Bilder aus und veranlassen bei verdächtigen
Veränderungen weitere Untersuchungen.
70 Prozent der Frauen, die zur Früherkennung aufgefordert werden, nehmen das Angebot wahr. Warum es fast ein Drittel nicht
tut, mag an Gleichgültigkeit oder Angst
liegen. „Dabei sind das Abtasten der Brust
und das Mammographie-Screening die einzigen Möglichkeiten, Brustkrebs frühzeitig
zu erkennen“, sagt der Chefarzt. Angeboten
wird das Röntgen der Brust übrigens auch in
der radiologischen Praxis von Dr. Undine
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Chefarzt Dr. med. Rainer Kluge bei seinem Vortrag „Mammakarzinom“ im Malteser Krankenhaus St. Johannes.
Die Klinik bietet regelmäßig Vorträge zu medizinischen Themen an.
Apolle-Kaufmann, die vor zwei Jahren direkt
in den Erweiterungsbau des Malteser Krankenhauses in Kamenz gezogen ist.
Zur Therapie des Mammakarzinoms gibt
es mehrere Bausteine: die operative Entfernung, Strahlentherapie, Chemotherapie,
endokrinologische Therapie und Antikörperbehandlung. Welche für die Patientin
die effektivste und ob eine Kombination
angebracht ist, wird individuell entschieden. Das Krankenhaus St. Johannes ist
Mitglied in dem 2007 gegründeten Lausitzer
Brustzentrum und arbeitet dort eng mit
den Krankenhäusern in Hoyerswerda und
Weißwasser zusammen, um den Patientinnen mit Brustkrebs Diagnostik, Therapie
und Nachsorge wohnortnah anbieten zu
können. Sie kooperieren dabei mit weiteren
Partnern. Jeden Dienstag treffen sich Gynäkologen, Onkologen, Strahlentherapeuten
und Pathologen zur Tumorkonferenz in
Hoyerswerda. Dabei besprechen sie Krankheitsbilder von Patientinnen und legen
gemeinsam die Therapieabläufe fest. Für das
Malteser Krankenhaus Kamenz ist Chefarzt
Dr. med. Rainer Kluge daran beteiligt.
Zur Entfernung des Mammakarzinoms
wird am St. Johannes in der Regel brusterhaltend operiert, die Brust nur noch selten
vollständig amputiert. Die Chemotherapie
im eigenen Haus ist ein Vorteil für die
Patientinnen. Sie haben nur einen Arzt
als Ansprechpartner, wenn der Operateur
zugleich der Nachbehandler ist.
Pro Jahr werden im Malteser Krankenhaus
St. Johannes etwa 50 Erstdiagnosen zum
Brustkrebs gestellt. Durch das Mammographie-Screening und die Optimierung der
Therapie über den interdisziplinären Ansatz
sind die Prognosen über den Ausgang der
Erkrankung viel besser geworden. „Wird der
Brustkrebs im Frühstadium entdeckt, liegen
die Überlebenschancen bei 80 Prozent, im
fortgeschrittenen Stadium leider deutlich
schlechter“, sagt der Chefarzt der Gynäkologie. Beim kleinsten Verdacht sofort zum
Arzt zu gehen, ist deshalb seine Empfehlung.
Immer wieder finden sich im Internet Informationen, wonach zu enge Büstenhalter,
Deos, Brustimplantate oder Schwangerschaftsabbrüche Brustkrebs auslösen. Nach
Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft
handelt es sich dabei um „Krebsmythen“,
die jeglicher wissenschaftlichen Grundlage
entbehren.
GYNÄKOLOGIE
Stationäre Leistungen
in der Tumorbehandlung
•B
ehandlung gut- und bösartiger
Veränderungen der Brustdrüsen
•B
ehandlung gut- und bösartiger
Tumorerkrankungen im
Genitalbereich
• Chemotherapie (stationär)
Kontakt
Sekretariat: Monika Wolff
Telefon: 03578 786-431
Telefax: 03578 786-434
2015/2016 | Das Malteser Krankenhaus St. Johannes Kamenz informiert
ü
ber 30 Jahre wird in der Chirurgie die „Schlüssellochmethode“
angewendet. Sie wird auch als
minimalinvasive Operationsmethode bezeichnet. Durch kleine
Schnitte von 5 bis 12 mm Länge werden
Trokare, das sind Hülsen mit einem Dorn
und einem Ventilsystem, in das OP-Gebiet
gebracht. Durch diese werden eine Optik mit
Kamera und verschiedene Instrumente wie
Scheren, Klemmen und Häkchen eingeführt.
Der Operateur schaut und greift nicht in die
OP-Region, sondern auf einen Bildschirm.
Den Kontakt zum Gewebe hat er nur über
die Instrumente. Die Vergrößerung und
hohe Auflösung erlauben ihm ein sehr
präzises Arbeiten. 1980 wurde so der erste
Blinddarm (Wurmfortsatz) entfernt, zehn
Jahre später gutartige Wucherungen im
Darm, danach zunehmend bösartige Tumore. Für Oberarzt Dr. med. Blasius Büttner,
Kommissarischer Leiter der Chirurgie am
Malteser Krankenhaus St. Johannes, und sein
Team sind solche Eingriffe selbstverständlich. Doch das Spektrum der Erkrankungen,
die auf diese Weise behandelbar sind, wird
immer breiter.
Im vergangenen Jahr wurden im Kamenzer Krankenhaus 135 Gallenoperationen
durchgeführt, fast alle davon nach der sogenannten Schlüssellochmethode. In nur zwei
Fällen musste vom endoskopischen auf das
offene Verfahren gewechselt werden. Sieben
Operationen waren von vornherein als offene Operation geplant. Das ist erforderlich,
wenn sich z. B. Gallensteine im Gallengang
festgesetzt haben und sich durch ein endoskopisches Verfahren, also eine Art erweiterter
Magenspiegelung, nicht entfernen lassen.
„Auf unsere Quote von 93 Prozent endoskopischer Operationen bei Gallen-OPs können wir stolz sein“, sagt Dr. Büttner. Dass
nicht immer auf diese Weise operiert wird,
begründet er: „Trotz aller Fortschritte in Medizin und Technik ist nicht jeder Patient für
einen minimalinvasiven Eingriff geeignet.“
Sind bereits mehrere offene Operationen
im Bauchraum vorausgegangen oder liegt
ein ausgedehnter Befund einer bösartigen
Erkrankung vor, komme eine endoskopische
Operation eher nicht infrage.
Dennoch werden im Kamenzer Krankenhaus viele Patienten laparoskopisch operiert.
Bei der sogenannten „Blinddarm-OP“, der
Entfernung des Wurmfortsatzes, werden 82
Prozent mit der minimalinvasiven Methode
versorgt. In drei Fällen musste auf die offene Operation gewechselt werden. Hierbei
St. Johannes
OP durchs
Schlüsselloch
Am St. Johannes werden viele Eingriffe minimalinvasiv durchgeführt. Besonders bei
Erkrankungen der Galle, des „Blinddarms“, des Dickdarms und in der Hernienchirurgie.
Mastdarm durchgeführt, die Hälfte davon
minimalinvasiv. Dafür ist ein spezielles
Gerät zur gleichzeitigen Spiegelung und
Operation des Enddarms erforderlich. Für
Erkrankungen des Dickdarms wurde die
Schlüssellochmethode inzwischen so perfektioniert, dass viele Operationen auch bei
Krebsleiden laparoskopisch möglich sind.
In der Traumatologie (Unfallheilkunde) des
Malteser Krankenhauses St. Johannes sind
endoskopische Operationen ebenfalls auf
dem Vormarsch. Sie werden hier Arthroskopie, Gelenkspiegelung, genannt. „Wir führen
arthroskopische Operationen überwiegend
an Knie- und Schultergelenken, aber auch
an Hand-, Ellenbogen- und Sprunggelenken
durch“, sagt Dr. Büttner.
Dr. med. Blasius Büttner, Kommissarischer Leiter der Chirurgie, mit seinem Team
bei einer laparoskopischen Gallenoperation.
waren jeweils Besonderheiten hinsichtlich
der Lage des Organs oder der Ausdehnung
der Entzündung ausschlaggebend. Doch
selbst aus dem Versuch, laparoskopisch zu
operieren, ergeben sich Vorteile. Etwa kann
der Schnitt zur offenen Operation gezielt an
der richtigen Stelle gesetzt werden.
Deshalb sei es bei der ärztlichen Aufklärung
zur laparoskopischen Operation erforderlich,
die offene Operation mit zu besprechen und
dazu die Einwilligung des Patienten einzuholen, sagt Dr. Büttner. „Auch wenn man
sich als Operateur noch so sicher ist, können
überraschende Befunde, z. B. Anomalien
oder auch Komplikationen, auftreten, die
das offene Vorgehen notwendig machen.“
Bauchwandschichten vorgenommen. Hierzu
werden die einzelnen Schichten getrennt,
das Einfüllen des Gases schafft einen künstlichen Raum zur Operation. Dann legt der
Chirurg, ohne das Bauchfell zu eröffnen, ein
Kunststoffnetz vor die Bruchpforte. Nach
Ablassen des Gases legen sich die getrennten
Bauchwandschichten wieder aneinander und
halten so das Netz in seiner Position. In
der Hernienchirurgie, also der Versorgung
von Leisten- und Bauchwandbrüchen, liegt
der Anteil endoskopischer Operationen im
Malteser Krankenhaus bei etwa 75 Prozent.
Auch sogenannte Zwerchfellbrüche, bei
denen ein Teil des Magens in die Brusthöhle
gleitet, werden mit der Schlüssellochmethode behandelt.
Bei den Operationen im Bauchraum wie
der Gallen-OP wird die Bauchhöhle mit
Kohlendioxid aufgefüllt. Damit schafft sich
der Chirurg den „Raum“ zum Operieren.
Von Natur aus liegen die Organe ohne
Zwischenraum dicht aneinander. Anders
verhält es sich bei der Versorgung von
Leistenbrüchen. „Wir bevorzugen die Technik der total extraperitonealen Hernioplastik“, sagt Dr. Büttner. Die Operation wird
außerhalb des Bauchfells zwischen den
Bei Mastdarmkrebs ist die präoperative
Diagnostik zur Bestimmung des Stadiums
wichtig. Kleine Tumore in einem streng
definierten Frühstadium und bis 3 cm Größe
lassen sich durch das transanale, also durch
den After ausgeführte, endoskopisch-mikrochirurgische Verfahren TEM entfernen.
Ebenso gutartige Wucherungen und tiefsitzende flächige Polypen. In den vergangenen
zehn Jahren wurden im Kamenzer Krankenhaus etwa 100 transanale Operationen am
Das Malteser Krankenhaus St. Johannes Kamenz informiert | 2015/2016
Bis vor einigen Jahren waren das Alter des
Patienten und Vorerkrankungen an Herz
und Lunge oft ein Ausschlusskriterium für
minimalinvasive Eingriffe. „Dank der Entwicklung in der Medizin und der viel besseren
Behandlung von Herzerkrankungen gibt es
heute kaum noch Gründe, die gegen eine
solche Operation sprechen“, sagt der Chirurg.
Ohnehin werde die Strategie für jeden Patienten individuell entschieden. Minimalinvasive OPs sind wegen der kleineren Wunden
weniger schmerzhaft und die Patienten eher
wieder fit. Damit können sie das Krankenhaus
meist schneller wieder verlassen, die gesamte
Rekonvaleszenz dauert kürzer. „Nach über
30 Jahren meiner Tätigkeit als Chirurg kann
ich aus erlebter Erfahrung die Vorteile der
minimalinvasiven Chirurgie im Vergleich
zur offenen Operation beurteilen“, sagt Dr.
Blasius Büttner. „Für die Patienten aller
operativen Fächer ist sie eine segensreiche
Entwicklung, die sich auch in Zukunft ständig
weiterentwickeln und verbessern wird.“
CHIRURGIE
Sekretariat: Kathleen Baldermann
Telefon: 03578 786-411
Telefax: 03578 786-414
Vergabe von OP-Terminen
Mo. bis Do. 8–12 und 13–15 Uhr
Fr. 8–12 Uhr
Seite 7
St. Johannes
b
ernadett Pakoßnick ist mit ihrer
„Black box“ im Malteser Krankenhaus St. Johannes in Kamenz unterwegs. Sie erscheint
bei den Mitarbeitern unangekündigt. Die Hygienefachkraft kontrolliert,
ob die Maßnahmen des Desinfektionsplans
eingehalten werden. Dabei prüft sie, wie
gründlich sich Ärzte, Schwestern und Pfleger
die Hände desinfizieren. Sie bittet sie, sich
ihre Hände mit einem speziellen, fluoreszierenden Desinfektionsmittel einzureiben und
in die „Black box“ zu halten. Eine UV-Lampe
zeigt genau an, welche Stellen mit der Lösung
in Berührung kamen.
Hände sind Infektionsträger für Erreger
aller Art. In Kontakt kommt man damit in
öffentlichen Verkehrsmitteln, an Türen von
Einkaufszentren und unzähligen anderen
Stellen, wo viele Menschen sind. Wer gesund
ist und sich oft die Hände wäscht, widersteht
den Keimen. Bei Patienten aber, deren Allgemeinzustand und Immunsystem durch Erkrankungen oder Operationen geschwächt ist,
sieht das anders aus. Erst recht, wenn es sich
um Erreger wie die Methicillin-resistenden
Staphylococcus-aureus-Bakterien (MRSA)
oder Multiresistente gramnegative Bakterien
(MRGN) handelt, die einigen Antibiotika
widerstehen und gegen die man nur schwer
vorgehen kann. Häufig wissen Menschen gar
nicht, dass sie Träger solcher Erreger sind.
Diese sind meist Mitbringsel von Reisen
S
chlaganfall- und Herzpatien-
ten, aber auch andere Patienten, die nicht mehr auf der
Intensivstation liegen, werden
auf der neuen Überwachungsstation versorgt. Waren die Plätze für Patienten mit kontrollbedürftigen Werten bisher auf
verschiedene Stationen verteilt, wurde eine
früher rein internistische Station umgebaut,
um neun Überwachungsbetten zu konzentrieren. An jedem Bett können die Vitalwerte
Blutdruck, Herzfrequenz, Herzrhythmus und
Sauerstoffversorgung des Blutes gemessen und
auf hochmodernen, fahrbaren Monitoren
abgebildet werden. Jeder Platz hat eine Sauerstoffversorgung. Zur kontinuierlichen Verabreichung von Medikamenten und Infusionen
können Perfusorpumpen oder Infusiomaten
angeschlossen werden. Die Station verfügt
auch über drei mobile Überwachungseinheiten, mit denen sich der Patient frei bewegen
kann. Alle Daten werden auf einen Monitor
im Stationszimmer gesendet, an dem das
Personal zentral die Werte der bis zu 12
Patienten im Blick hat.
Seite 8
Immer
wachsam als
Hygienefachkraft
Mit strengen Vorsichtsmaßnahmen schützt sich das Malteser Krankenhaus St. Johannes
vor multiresistenten Erregern. Bernadett Pakoßnick achtet von Berufs wegen darauf.
in exotische Länder oder vom Kontakt mit
Tieren. Nach Angaben der Bundesregierung
stecken sich jedes Jahr 500.000 Menschen in
Deutschland damit an.
Bei der Entlassung des Patienten informiert
das Krankenhaus den Hausarzt, den ambulanten Pflegedienst oder das Pflegeheim über den
Nachweis multiresistenter Erreger. Angehörige
erhalten eine Infobroschüre zum Thema.
Grund genug, das Thema ernst zu nehmen.
Mit einem umfangreichen Maßnahmenkatalog schützt das Kamenzer Malteser Krankenhaus Patienten vor Ansteckung. Menschen,
die aus anderen Krankenhäusern, Rehakliniken, Dialysepraxen und Herzzentren hierher
verlegt werden, gelten als Risikopatienten. Sie
werden bei der Aufnahme einem Screening
unterzogen: Aus Mund, Nase und chronischen Wunden werden Abstriche abgenommen. Dann werden alle Proben im Labor
mikrobiologisch untersucht.
Bei Verdacht auf multiresistente Erreger wird
der Patient isoliert untergebracht und seine
Patientenakte mit einen Vermerk versehen.
Sollte ein Patient von MRSA betroffen sein,
erhält er eine antibakterielle Ganzkörperwaschung mit Mundspülung und Nasensalbe
sowie bei Bedarf Antibiotika. Die Desinfektionsmittel werden auf den Erreger abgestimmt.
Die neue
Die Hygienefachkraft Bernadett Pakoßnick
kann mit ihrer „Black box“ sehen, ob sich
jeder seine Hände richtig desinfiziert hat.
Wenn Bernadett Pakoßnick ihre Runden
durchs Krankenhaus dreht, achtet sie mit
geschultem Blick auf die 1.000 vermeintlichen
Kleinigkeiten. Sie schaut, ob sich jeder vor und
nach Kontakt mit einem Patienten die Hände
gründlich desinfiziert. Ob richtig gereinigt und
desinfiziert wurde, stellt sie mit Abklatschplatten fest, die mikrobiologisch untersucht
werden. Sie wertet die Ergebnisse mit jedem
einzelnen Verantwortlichen aus und berät ihn
zum Thema Hygiene. Gemeinsam finden die
Mitarbeiter Lösungen, um zu gewährleisten,
dass auch in der Routine des Arbeitsalltags alle
Maßnahmen eingehalten werden. Dabei geht
es um den Schutz der Patienten, aber ebenso
um den der Mitarbeiter. Diese werden regelmäßig zum Thema Hygiene geschult. Dank
der vielen Vorsichtsmaßnahmen konnte ein
vermehrtes Auftreten multiresistenter Erreger
im St. Johannes bisher vermieden werden.
Überwachungsstation
Im Herbst hat das Malteser Krankenhaus eine Station für Patienten in Betrieb genommen,
deren Vitalparameter rund um die Uhr kontrolliert werden müssen.
„Für die Einrichtung der neuen Station haben
wir fachliche Kompetenzen gebündelt“, sagt
Oberarzt Dr. med. Rüdiger Soukup, der die
Überwachungsstation zusammen mit Oberärztin Dr. med. Daniela Wessela leitet. „Damit
bieten wir Patienten in kontrollbedürftigen
Situationen viel Sicherheit und können sie
optimal versorgen.“ Waren hier früher drei Assistenzärzte tätig, sind es jetzt vier. Auch mehr
Pflegepersonal arbeitet auf der Station, darunter
speziell für die Versorgung von Schlaganfallpatienten ausgebildete Krankenschwestern. Im
Nachtdienst sind immer zwei Pflegekräfte vor
Ort, um sofort reagieren zu können. Eine Stationsassistentin kümmert sich um die Abläufe
rund um die Verlegung oder Entlassung der
Patienten sowie den Kontakt zum Hausarzt.
Im Stationszimmer der Überwachungsstation haben Ärzte und Pflegepersonal
die Vitalparameter aller Patienten im Blick. Schwester Viola Schölzel,
Oberarzt Dr. Rüdiger Soukup und der Assistenzarzt Dmytro Grebenyuk (v. l. n. r.).
2015/2016 | Das Malteser Krankenhaus St. Johannes Kamenz informiert
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