abstract - Thomas A. Bauer

Werbung
Laszlo A. Vaskovics
Subkulturen – ein überholtes analytisches Konzept?
(aus: Kultur und Gesellschaft, Max Haller / H.-L. Hoffmann-Novotny / Wolfgang Zapf,
Campus, Frankfurt aM, 1989.)
Abstract
Im Zuge einer gemeinsamen Tagung der Deutschen, Österreichischen und
Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie, dem Züricher Kongress, welcher 1982
unter dem Titel Kultur und Gesellschaft stattfand , wurden sowohl grundliegende
Themen, als auch aktuelle Fragen der Sozialwissenschaft behandelt. Einige der dort
gehaltenen Vorträge kreisten um das Modell der Subkultur und des Subkulturkonzeptes.
In Anbetracht eines fortlaufend und immer rascher werdenden strukturellen und
kulturellen Wandels in der Gesellschaft, wirft der deutsche Soziologe Laszlo A.
Vaskovics in seinen Text Subkulturen – ein überholtes analytisches Konzept, Fragen
über die Effizienz, die Gültigkeit und die Berechtigung eines Subkulturkonzeptes auf.
Im Vorfeld wird aber auch auf dem Begriff der „Subkultur“, dessen Entstehung,
Geschichte und Bedeutung als Sozialwissenschaftliches Modell eingegangen.
Schlagwörter
Vaskovics; Subkulturkonzepte; Subkultur & Vaskovics; Kultur & Gesellschaft
Simone Bauer, 0109127
696511 VO Medienpädagogik: Medienbildung, Medienkompetenz, Medienkultur
Univ.-Prof. Dr. Thomas A. Bauer
Institut für Publizistik -und Kommunikationswissenschaft, Universität Wien
WS 2004/05
ZUSAMMENFASSUNG DES TEXTES
Der aus der Kulturanthropologie und Soziologie in den USA stammende
Subkulturgedanke tritt in den 20er Jahren des 20 Jahrhunderts auf. Der Begriff der
Subkultur gewinnt in den 50er und 60er Jahren eine immer stärkere theoretisch fundierte
Basis. Diese Subkulturkonzepte sind für die Auseinandersetzung der Sozialwissenschaft
mit den ausdifferenzierten Teilen ihrer Gesellschaft von besonderem Interesse.
Laut Fritz Sack ist das Konzept der Subkultur mit dem der Kultur insofern zu erklären,
dass es sich im ersten Fall um eine Betrachtung des Verhaltens von Menschen innerhalb
einer einzigen Kultur, im zweiten Fall es sich um eine von Menschen aus verschiedenen
Kulturen handelt.
Laszlo A. Vaskovics beschreibt, sich auf eine Zusammenfassung von David O. Arnold
(1970) beziehend, verschiedene Modelle der Subkultur, die in der Literatur bis Ende
der 70er Jahre erkennbar waren. Am zutreffendesten erscheint ihm das Modell, wonach
manche Werte, Normen und Handlungsmuster der sog. Dominanten (oder Gesamt)Kultur für alle Mitglieder einer Gesellschaft verbindlich gelten. Einige Werte und
Normen sind zwar auch durchgängig gültig jedoch nur in bestimmten Variationen, und
wiederum andere gelten nur für bestimmte Gruppen und soziale Kategorien einer
Gesellschaft.
Daher kann man Subkultur als das Handlungsmodell einer Gruppe oder sozialen
Kategorie innerhalb der Gesellschaft bezeichnen, welches in bestimmter Hinsicht von
der Gesamtkultur abweicht, in anderer Hinsicht jedoch übereinstimmt. Es handelt sich
um eine Teilkultur, die sich durch spezielle subkulturelle Normen, welche sich als
trennende Elemente erweisen, aber auch von anderen Subkulturen unterscheidet.
Neben einer horizontalen Beziehung zwischen dominanter Kultur und Subkultur, wird
meist auch eine hierarchische angenommen. Die Subkultur wird hier als Abweichung
der sog. „Normalität“, für welche die dominante Kultur steht, angesehen. Diese
Abweichung kann durchaus wertend und somit möglicherweise auch negativ behaftet
sein.
Subkulturen erbringen bestimmte funktionale Leistungen: so bieten sie für individuelle
Probleme regelhafte Lösungen an. Verfolgen sie gegenüber der dominanten Kultur
bestimmte Ziele und Absichten, wie beispielsweise deren Veränderung oder
Eliminierung, spricht man von Gegen- oder Widerstandskulturen.
Da es die unterschiedlichsten normativen Systeme von Gruppen und sozialen
Kategorien in einer Gesellschaft geben kann, ist der Begriff Subkultur sehr breit
gefächert.
In der empirischen Analyse wurde er vor allem in der Minoritäts-, Randgruppen-,
Armuts- und Kriminalitätsforschung angewandt. So wird insbesondere hier sehr
deutlich, dass Subkulturen sozial lokalisierbar sind, bzw. ihre Mitglieder anhand
bestimmter, ganz spezifischer Merkmale identifiziert werden können. Die Sozialisation
sorgt für den Fortbestand einer solchen Subkultur, wobei ihre Mitglieder gleichzeitig als
Träger und Akteure fungieren. Wichtiger Bestandteil der Subkultur ist die
Regelhaftigkeit des subkulturellen überformten Verhaltens und Handelns, bzw. der
Handlungsmuster. So hat aber die Beobachtung solcher Subkulturen ergeben, dass das
Verhalten deren Mitglieder nicht ausschließlich auf dieses zurückzuführen ist, sondern
auch durch situative Faktoren der Gesamtkultur bedingt ist.
In weiterer Folge wirft Laszlo A. Vaskovics einige Fragen zu möglichen theoretischen,
analytischen und methodischen Problemen des Subkulturkonzeptes auf und fasst diese
in folgenden sechs Punkten zusammen:
1) Ab wann gilt eine Subkultur als solche? Wie groß müssen die kulturellen
Abweichungen und Eigenarten sich von der dominanten (Gesamt-)Kultur
unterscheiden, damit man von Subkultur sprechen kann? Kann man solch ein
„Anderssein“ intersubjektiv überhaupt überprüfen? Fungiert die dominante Kultur,
diese vermutete homogene Einheit, in diesem Zusammenhang überhaupt als
Bezugspunkt bei der Ausgrenzung einer Subkultur?
2) Muss es angesichts neuere kultureller und gesellschaftlicher Entwicklungen nicht
über einem Paradigmawechsel nachgedacht werden? Reicht das Konzept der Subkultur
noch aus, um gesellschaftliche Differenzierungen zu beschreiben oder sollte man besser
auf andere Modelle, wie beispielsweise das des Milieu- oder des Individualkonzeptes
übergehen?
3) Die Subkulturforschung hat sich seit den 70er Jahren des 20 Jahrhundert im
deutschsprachigen Raum explosionsartig entwickelt, was man auch an der Vielzahl der
Publikationen zu diesem Thema erkennen kann. Jedoch befinden sich darunter nur
wenige Arbeiten, die sich einer weiterführenden theoretischen Auseinandersetzung mit
den Subkulturkonzepten widmen. Die meisten bedienen sich eher des
Subkulturkonzeptes zur Ausgrenzung, Erklärung oder Erläuterung des
Gegenstandsbereichs. . Daher erfolgt auch die Schwierigkeit der Frage nach welchen
Kriterien eine Subkultur eigentlich theoretisch begründet wird. Welcher empirische und
theoretische Ertrag erfolgt aus diesem Subkulturkonzept? Kann dieses
sozialwissenschaftliche Modell denn überhaupt jemals den gewünschten Ertrag bringen
oder bedarf es dafür einer kompletten theoretischen Neuorientierung auf diesem Gebiet?
4) Da der Begriff der Subkultur immer mehr an Konturen und analytischen Wert verliert
und auch die Antwort auf die Frage welche Kriterien denn nun eine Subkultur
theoretisch begründen, eher unklar bleibt, stellt sich die Frage ob es nicht einer neuen
kritischen Prüfung und einer neuen Standortbestimmung bedarf.
5) „Handelt es sich bei Subkulturen um konstruierte Wirklichkeit, ausgedacht durch die
Wissenschaft, durch Vertreter bestimmter Professionen, durch Massenmedien? Handelt
es sich dabei um eine im Alltagshandeln durch die Mitglieder einer Gesellschaft zwar
konstruierte, aber doch handlungsrelevante Wirklichkeit?“ (Vaskovics, Laszlo A, in
Kultur und Gesellschaft, Seite 596, Campus, 1989). Sollte das Subkulturkonzept unter
solchen Bedingungen, die auch tatsächlich empirisch belegt werden können, nicht
komplett neu überdacht werden?
6) Der in den Sozialwissenschaft analytisch beschreibende Charakter des Begriffs
Subkultur, hat auch immer mehr in der Alltagssprache an Bedeutung gewonnen, ebenso
wie in der Politik, Sozialarbeit, etc. Jedoch erhält er in diesem Zusammenhang oft
einen wertenden, ideologischen Aspekt und wird als Werkzeug und Rechtfertigung für
institutionalisierte soziale Kontrolle, aber auch für Repression und Unterdrückung
benutzt. Sollte in Anbetracht dieser Umstände nicht auch an neue oder zumindest
klärende Maßnahmen gedacht werden?
AUSWERTUNG DES ARTICKELS
Laszlo A. Vaskovics wirft in seinem Vortrag die Frage auf, ob das Konzept der
Subkultur, unter anderem in Folge soziokultureller Destrukturierungsprozesse, ein
Auslaufmodell ist. Er stellt nicht nur Überlegungen über eine Veräderung, bzw.
Anpassung des Subkulturkonzeptes, aufgrund neuer zeitlich bedingter gesellschaftlicher
und kultureller Gegebenheiten, an, sondern schließt auch einen möglichen
Paradigmawechsel nicht aus.
Vor dem Hintergrund vielfältiger sozialkultureller Wandlungsprozesse reicht das
Subkulturmodell alleine reicht nicht aus, um gewisse Ausprägungen einer Gesellschaft,
Kultur zu beschreiben. Es müssen auch die kulturellen und situativen Gegebenheiten
mit eingeschlossen werden. Des Weiteren sollten Wissen, ebenso wie wissenschaftliche
Theorien und Modelle, keine simplen Produkte sein, sondern laufende und immer
währende Prozesse, die auch die Fähigkeit besitzen sich immer wieder selbst einholen
und dadurch unaufhörlich zu verändern. Indem die Wissenschaft versucht die
Vielseitigkeit der Gesellschaft durch Subkulturmodelle zu beschreiben und empirische,
theoretische Schlüsse zu ziehen und nicht nur ein simples Abbild der Realität zu liefern,
greift sie automatisch auch in die Gestaltung dieser Welt, Gesellschaft ein. Die
Wissenschaft muss sich, mitsamt ihrer Modelle und empirischen Methoden auch
laufend kritisch hinterfragen, wofür Laszlo A. Vaskovics in diesem Text einen
Grundstein legt.
Die Medienpädagogik ist eine Wissenschaft, in der die Kultur und Gesellschaft eine
primäre Rolle einnehmen. Sie ist eine wichtige Instanz der Selbstbeobachtung einer
Gesellschaft. Die Medienpädagogik betrachtet Unterschiedlichkeit und Vielfalt als
extrem wichtig und notwendig. Auch für die Kommunikation sind diese beiden Aspekte
von hoher Bedeutung, stellt diese doch die Vergemeinschaftung von Unterschieden dar.
Daher ist auch für sie die Diskussion ob Subkultur nun als analytisch überholtes
Konzept ist oder nicht, durchaus von Bedeutung.
Bibliographie:
David O. Arnold: The Sociology of Subcultures, Berkeley/Cal., 1970.
Max Haller, H.-L. Hoffmann-Novotny, Wolfgang Zapf: Kultur und Gesellschaft.,
Seite 587-600, Campus, Frankfurt aM, 1989.
Max Haller, H.-L. Hoffmann-Novotny, Wolfgang Zapf: Kultur und Gesellschaft.,
Seite 601-638, Campus, Frankfurt aM, 1989.
Ingrid Paus-Haase, Claudia Lampert: Medienpädagogik in der
Kommunikationswissenschaft, Westdeutscher Verlag, Wiesbaden, 2002
Herunterladen