Laszlo A. Vaskovics Subkulturen- ein überholtes analytisches Konzept? aus: Kultur und Gesellschaft. Haller, Max / Hoffmann-Novotny, Hans-Joachim / Zapf, Wolfgang (Hrsg.),Campus, Frankfurt/New York. S 587-599. Abstract In dem Artikel beschreibt Laszlo A. Vaskovics die Entwicklung verschiedener Subkulturkonzepte und ihre Theorien. Er hinterfragt sowohl ihre Gültigkeit im gesellschaftlichen Kontext, als auch ihre grundlegende, empirische Bedeutung in der Sozialwissenschaft. Schlagwörter Subkultur – Subkulturkonzepte – Gesellschaft – Soziologie - Theoriekonzepte Selina Franz, 0009559 Studienkennzahl: 033/641 696511 VO Medienpädagogik: Medienbildung, Medienkompetenz, Medienkultur Univ.-Prof. Dr. Thomas A. Bauer, Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Universität Wien, , WS 2004/2005 Dem Artikel liegen grundlegend folgende drei Modelle der Subkultur zu Grunde: - Subkulturen können als in sich geschlossene Einheit am Rande der dominanten Kultur, in teilweiser Überlappung oder Berührung mit dieser, verstanden werden. - Eine Gesamtkultur ist als die Summe der einzelnen Subkulturen anzusehen. - Einige Werte und Normen gelten für die Gesamtgesellschaft, andere hingegen sind nur in bestimmten Variationen durchgängig gültig. Nach diesem Modell gibt es Subkulturen, die nur wenige Elemente der Gesamtkultur beinhalten, und andere, welche sich kaum von dieser unterscheiden. Da es gegen die ersten beiden Modelle zahlreiche Einwände gibt, ist das dritte Modell, das heute am ehesten akzeptierte, und auch jenes, mit welchem sich Vascovics primär auseinandersetzt. Hierarchisch wird angenommen, dass die Subkultur eine Abweichung der Normalität darstellt, wobei Abweichung negativ zu werten ist, und man diese gegebenenfalls mit sozialer Kontrolle bekämpfen muss. Das „Zwei-Kultur-Modell“ des Centre of Contemporary Cultural Studies in Birmingham, geht von der Existenz zweier Kulturen aus: der Bürgerlichen und der Proletarischen. Innerhalb beider können sich weitere Subkulturen herausbilden, wobei jene der unterlegenen proletarischen Kultur in doppelter Hinsicht benachteiligt sind. In einer weiteren Theorie werden Subkulturen bestimmte Absichten und Ziele in Hinblick auf die Veränderung oder gar Eliminierung der dominanten Kultur unterstellt. Man spricht diesbezüglich von „Subkulturen als Gegen- oder Widerstandskulturen“1. 1 Vaskovics, Laszlo A. (1988): Subkulturen- ein überholtes analytisches Konzept? In: Haller, Max / Hoffmann-Novotny, Hans-Joachim / Zapf, Wolfgang (Hrsg.): Kultur und Gesellschaft. Campus, Frankfurt/New York. S 588 Neben den diversen Interpretationen der verschiedenen Subkulturkonzepte, befasst sich Vaskovics intensiv damit, inwieweit man die gängigen Subkulturkonzepte heute überhaupt noch anwenden kann, da nicht klar definiert ist, wie stark kulturelle Ausdifferenzierungen und Eigenarten von der dominanten Kultur abweichen müssen, um überhaupt als Subkultur gelten zu können. Gerade in Bezug auf die Entwicklung unsere Gesellschaft hinsichtlich der Individualisierung, könnte man davon ausgehen, dass sich ehemalige Subkulturen verflüchtigen oder auflösen. Problematisch ist für Vaskovics auch die Tatsache, dass es zwar unzählige Publikationen deskriptiver Art zur Thematik gibt, aber kaum theoriegeleitete empirische Forschungsergebnisse. Auch die Verwendung des Begriffes „Subkultur“ in der Forschungsliteratur, als Synonym für andere Begriffe wie z.B. Milieu oder Lebensstil, führt zum Verlust von Konturen und analytischem Wert des Begriffes. Interessant ist die Tatsache, dass aufgrund empirischer Belege nachgewiesen werden konnte, dass eine Andersartigkeit oft nur durch andere konstruiert wird. Man hat bei Untersuchungen festgestellt, dass bei angenommen Subkulturen zwischen tatsächlichen Handlungen und Einstellungen der Personen der angehörenden Subkultur, und den Vorstellungen der restlichen Bevölkerung über deren Verhalten und Einstellungen, eine Diskrepanz besteht. Es wurden Einstellungs- und Handlungsmuster vermutet, die nachweislich nicht vorhanden sind. Man spricht von „konstruierten Subkulturen“. Menschen werden in Kategorien eingeteilt und ihnen werden bestimmte, meist negative, Verhaltensweisen beziehungsweise Handlungsmuster zugewiesen. Vaskovics stellt die Frage, ob wir zulassen können, „daß (sic!) unter Berufung auf das soziologische Subkulturkonzept derartige Handlungsstrategien gerechtfertigt und legitimiert werden, die Soziologen überhaupt nicht im Sinn haben“2, da der Begriff „Subkultur“ bei der Anwendung abseits der Sozialwissenschaft eine 2 Vaskovics, Laszlo A. (1988): Subkulturen- ein überholtes analytisches Konzept? In: Haller, Max / Hoffmann-Novotny, Hans-Joachim / Zapf, Wolfgang (Hrsg.): Kultur und Gesellschaft. Campus, Frankfurt/New York. S 596 wertende, ideologische Funktion erhalten hat. Genau der Aspekt der „konstruierten Subkulturen“ ist, meiner Ansicht nach, der Medienpädagogisch relevanteste. Vaskovics stellt die Frage, ob „es sich bei den Subkulturen um konstruierte Wirklichkeit, ausgedacht durch die Wissenschaft, durch Vertreter bestimmter Professionen, durch Massenmedien“3 handelt. Medien konstruieren Klischees und Rollenbilder unserer Gesellschaft, die sie uns transportieren, Rezipienten identifizieren sich mit diesen, beziehungsweise weisen sie anderen Personen unserer Gesellschaft zu. Die kritische Distanz zu Medien, sowie die Medienmündigkeit sind ausschlaggebend darüber, wie die Rezipienten die ihnen vermittelten Werten verarbeiten. Medienpädagogisch relevant ist der Artikel vorwiegend aus der Sozialisationsperspektive, der Kompensationsperspektive, der Kompetenzperspektive, sowie der Kulturperspektive. Subkultur im alltäglichen Sprachgebrauch, habe ich in erster Linie mit diversen Jugendkulturen assoziiert, welche in dem Artikel jedoch kaum erwähnt werden. Etwas verwundert bin ich darüber, dass z.B. Menschen aus sozial benachteiligten Schichten der Gesellschaft, in einigen Theorien als Subkultur bezeichnet werden. Diese Theorieansätze halte ich für äußerst bedenklich. Für mich ist die Sichtweise Vaskovics, dass der Begriff Subkultur einer neuerlichen Definition und wissenschaftlichen Aufarbeitung bedarf, aufgrund seiner Ausarbeitung mit der Thematik sehr gut nachvollziehbar. 3 Vaskovics, Laszlo A. (1988): Subkulturen- ein überholtes analytisches Konzept? In: Haller, Max / Hoffmann-Novotny, Hans-Joachim / Zapf, Wolfgang (Hrsg.): Kultur und Gesellschaft. Campus, Frankfurt/New York. S 596