Programmheft HÄNDEL-FESTSPIELE 2016

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2017
Neuinszenierung
SEMELE
Drama in drei Akten von Georg Friedrich Händel
Floris Visser Regie
Christopher Moulds Dirigent
Gary McCann Bühne & Kostüme
Mit Anna Devin, Ed Lyon, Terry Wey, Dilara Baștar, Katharine Tier u. a.
Premiere 17.2.17
Weitere Vorstellungen 19., 23., 25. & 28.2.17 GROSSES HAUS
Wiederaufnahme
ARMINIO
Oper in fünf Akten von Georg Friedrich Händel
Max Emanuel Cencic Regie & Titelrolle
Helmut Stürmer Bühne & Kostüme
George Petrou Dirigent
Mit Gaia Petrone, Vince Yi, Juan Sancho u. a.
WA-Premiere 24.2.17
Weitere Vorstellungen 26.2. & 1.3.17 GROSSES HAUS
Konzerte mit Sandrine Piau, Vivica Genaux, Sine Bundgaard, David Hansen
& vieles mehr!
Der Vorverkauf läuft ab dem 12.2.16 für ABONNENTEN, Mitglieder der HÄNDELGESELLSCHAFT KARLSRUHE und Mitglieder der GESELLSCHAFT DER FREUNDE.
Am 22.2.16 startet der Vorverkauf für alle Besucher.
WWW.STAATSTHEATER.KARLSRUHE.DE
INTERNATIONALE HÄNDEL-FESTSPIELE 2016
17.2. – 2.3.
FESTSPIELKALENDER
SO 7.2.
MITGLIEDERVERSAMMLUNG DER HÄNDEL-GESELLSCHAFT KARLSRUHE e. V.
10.00 KLEINES HAUS
SONNTAG VOR DER PREMIERE: ARMINIO
Dramma per musica in drei Akten von Georg Friedrich Händel
Erhalten Sie Einblick in die Arbeit des Regieteams und der Darsteller.
11.00 KLEINES HAUS
FR 12.2. ERÖFFNUNG DER 39. INTERNATIONALEN HÄNDEL-FESTSPIELE
18.00 MITTLERES FOYER
SA 13.2. DONNA LEON IM GESPRÄCH 16.00 KLEINES HAUS
S. 22
ARMINIO
19.00 GROSSES HAUS PREMIERE
S. 24
SO 14.2. ÖKUMENISCHER FESTGOTTESDIENST
10.30 EV. STADTKIRCHE am Marktplatz
S. 50
6+ 2. KINDERKONZERT – PROFESSOR FLORESTAN UND
MAESTRO EUSEBIUS PACKEN AUS: GEORG PHILIPP TELEMANN
11.00 GROSSES HAUS
S. 52
6+ 2. KINDERKONZERT – PROFESSOR FLORESTAN UND
MAESTRO EUSEBIUS PACKEN AUS: GEORG PHILIPP TELEMANN
15.00 GROSSES HAUS
S. 52
MO 15.2. ARMINIO
19.00 GROSSES HAUS
S. 24
DI 16.2.
S. 56
KAMMERKONZERT DER DEUTSCHEN HÄNDEL-SOLISTEN
20.00 KLEINES HAUS
MI 17.2. ARMINIO
19.00 GROSSES HAUS
S. 24
FR 19.2.
S. 24
ARMINIO
19.00 GROSSES HAUS
SA 20.2. TESEO
15.00 GROSSES HAUS WIEDERAUFNAHME
Voraussetzung: Gehalts-/Bezügekonto;
Genossenschaftsanteil von 15,– Euro/Mitglied
ERÖFFNUNGSKONZERT FRANCO FAGIOLI – JULIA LEZHNEVA – S. 12
KARINA GAUVIN – DONNA LEON – STEFANO MONTANARI & IL POMO D’ORO
19.00 GROSSES HAUS
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SO 21.2.
PREISTRÄGERKONZERT
DES HÄNDEL-JUGENDPREISES DER
HÄNDEL-GESELLSCHAFT KARLSRUHE e. V.
11.00 KLEINES HAUS
S. 88
ARMINIO
15.00 GROSSES HAUS VORLETZTE VORSTELLUNG
S. 24
MO 22.2. GALAKONZERT FRANCO FAGIOLI
20.00 GROSSES HAUS
S. 90
DI 23.2.
S. 24
ARMINIO
19.00 GROSSES HAUS LETZTE VORSTELLUNG
MI 24.2. TESEO
19.00 GROSSES HAUS VORLETZTE VORSTELLUNG
S. 62
DO 25.2.
DAS ALTE IM NEUEN. GESCHICHTE UND GEGENWART
S. 104
IN DER HISTORISCHEN AUFFÜHRUNGSPRAXIS
Symposium der 31. INTERNATIONALEN HÄNDEL-AKADEMIE KARLSRUHE
15.00 SCHLOSS GOTTESAUE Hörsaal Eintritt frei
3. SONDERKONZERT – FESTKONZERT DER DEUTSCHEN HÄNDEL-SOLISTEN S. 106
mit Moderation und anschließendem Künstlertreff im MITTLEREN FOYER
19.00 GROSSES HAUS
FR 26.2.
DAS ALTE IM NEUEN. GESCHICHTE UND GEGENWART S. 104
IN DER HISTORISCHEN AUFFÜHRUNGSPRAXIS.
Symposium der 31. INTERNATIONALEN HÄNDEL-AKADEMIE KARLSRUHE
15.00 SCHLOSS GOTTESAUE Hörsaal Eintritt frei
KONZERT VALER SABADUS
20.00 CHRISTUSKIRCHE am Mühlburger Tor
SA 27.2. TESEO
19.00 GROSSES HAUS LETZTE VORSTELLUNG
S. 114
S. 62
SO 28.2. 5. SINFONIEKONZERT
11.00 GROSSES HAUS
S. 122
S. 102
ABSCHLUSSKONZERT DER 31. INTERNATIONALEN HÄNDEL-AKADEMIE KARLSRUHE
17.00 SCHLOSS GOTTESAUE Velte-Saal
MO 29.2. 5. SINFONIEKONZERT
20.00 GROSSES HAUS
S. 122
GRUSSWORTE
Liebe Besucherinnen und Besucher der
INTERNATIONALEN HÄNDEL-FESTSPIELE,
rund um den Geburtstag Händels am 23.
Februar wird Karlsruhe jedes Jahr zu einem
Magneten für Barockmusik-Begeisterte aus
aller Welt. Baden-Württemberg beherbergt
in Karlsruhe das wichtigste Barockmusikfestival Süddeutschlands, das uns die ungebrochene Modernität Händels und seiner
Musiksprache eindrucksvoll vor Augen führt.
Höhepunkt der Festspiele sind die Opernaufführungen. Ich freue mich sehr über die
Wiederaufnahme von Teseo, nachdem ich
im vergangenen Jahr die umjubelte Premiere miterleben konnte. Und wir dürfen
gespannt sein auf Arminio, eine Opera
seria, in der Händel die Ereignisse um die
Hermannschlacht aufgreift.
Nicht nur das Publikum der Festspiele ist
international. Auch die Stars kommen aus
allen Herren Länder, und sie gehören verschiedenen Generationen und Interpretationsschulen an. Alle gemeinsam genießen
sie die sprichwörtliche badische Gastfreundschaft. Das Besondere in diesem
Jahr ist, dass gleich vier Ensembles –
Il pomo d’oro, die DEUTSCHEN HÄNDELSOLISTEN, Armonia Atenea und die
BADISCHE STAATSKAPELLE – die Musik
Händels zum Klingen bringen. Das gibt uns
einen hervorragenden Eindruck von den
unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten barocker Musik.
Ich danke allen Mitwirkenden der diesjährigen Veranstaltungen, und ich bin
sicher, dass wir uns im kommenden Jahr
wieder sehen – denn dann feiern wir das
40-jährige Jubiläum der Festspiele!
2
Theresia Bauer MdL
Ministerin für Wissenschaft, Forschung
und Kunst des Landes Baden-Württemberg
Liebe Barockfreunde,
Karlsruhe ist ohne Zweifel eine barocke Stadt. Dabei sind das markgräfliche
Schloss und der einzigartige Grundriss
nur die offensichtlichsten Zeugen. Bei den
überregional beachteten Feierlichkeiten,
Veranstaltungen und Ausstellungen zum
300-jährigen Stadtgeburtstag hat Karlsruhe sich nicht nur neu erfunden, sondern
uns und unseren Gästen wurden auch die
weitverzweigten barocken Wurzeln und
die besondere Geschichte der Menschen,
die sie geprägt haben, vergegenwärtigt.
Ein nicht wegzudenkender Bestandteil
der besonderen Identität Karlsruhes sind
die INTERNATIONALEN HÄNDEL-FESTSPIELE – ein Highlight des städtischen
Kulturlebens, bei dem die größten Stars
der Barockmusik und die besten HändelInterpretinnen und -Interpreten zu uns
kommen und mit ihrer Kunst unter den
Augen einer internationalen Öffentlichkeit
das besondere Flair des 18. Jahrhunderts
heraufbeschwören. Ich freue mich in
diesem Zusammenhang sehr, dass die
FESTSPIELE 2016 erstmals parallel zur Art
Karlsruhe stattfinden und sich in unserer
Stadt barocke Tonkunst und zeitgenössische Kunst begegnen.
Die Karlsruher HÄNDEL-FESTSPIELE
mögen nach denen in Göttingen und
Halle vielleicht die jüngsten Festspiele
in Deutschland sein, die sich dem barocken Meister widmen. Doch sie sind die
einzigen, bei denen Händels Opern und
Instrumentalwerke auf der großen Bühne
eines Staatstheaters mit entsprechendem
Aufwand und Anspruch präsentiert werden. Das umfang- und abwechslungsreiche Programm hält an allen Festivaltagen
Veranstaltungen auf höchstem künstlerischem Niveau, zu einem geringen Preis
und für jeden Geschmack bereit.
Besonders beispielhaft ist die Verknüpfung
von Festspielen und HÄNDEL-AKADEMIE.
In Karlsruhe wird das barocke Erbe nicht
nur durch Aufführungen gepflegt und in
unsere Gegenwart geholt, sondern darüber
hinaus auch an den künstlerischen Nachwuchs weitergegeben. Sie, verehrtes Publikum, haben die einzigartige Gelegenheit, die
jungen und vielversprechenden Künstler,
die von namhaften Dozenten in historischer
Aufführungspraxis unterrichtet wurden,
beim Preisträgerkonzert der HÄNDELGESELLSCHAFT und beim Abschlusskonzert der HÄNDEL-AKADEMIE kennenzulernen. Und vielleicht entdecken wir dabei den
einen oder anderen Star von morgen!
Dr. Frank Mentrup
Oberbürgermeister
3
Liebe Händel-Freunde,
das Werk von Georg Friedrich Händel ist
mit über 600 Kompositionen so umfangreich, dass auch nach fast vier Jahrzehnten intensiver Händel-Pflege mit Arminio eine weitere Oper ihre Karlsruher
Premiere feiern kann. Der in Karlsruhes
Partnerstadt Halle a. d. Saale geborene
Barockkomponist hat dabei einen Stoff
der deutschen Geschichte vertont. Reizvoll ist die Gegenüberstellung dieser Oper
zum 24 Jahre zuvor entstandenen Teseo.
Bei 27 Veranstaltungen der nunmehr
39. INTERNATIONALEN HÄNDEL-FESTSPIELE ist für jeden etwas dabei: neun
Opernaufführungen, Instrumentalmusik,
zwei Begegnungen mit der Krimiautorin
Donna Leon – ein bekennender HändelFan – sowie vieles mehr.
Bei den Sängern gibt es vertraute aber
auch neue Namen zu erleben und wieder
sind die Festspiele ein „Fest der Countertenöre“.
Das Originalklang-Ensemble der DEUTSCHEN HÄNDEL-SOLISTEN und die Kurse
der INTERNATIONALEN HÄNDELAKADEMIE sind seit über drei Jahrzehnten
feste Elemente und prägen zusammen mit
Gästen das besondere Festival, das im Jahre 1978 durch den damaligen Generalintendanten Günter Könemann begründet wurde.
4
Die HÄNDEL-GESELLSCHAFT KARLSRUHE
e. V. unterstützt diese vielfältigen Aktivitäten sehr gerne. Satzungsgemäß liegt ihr
der musikalische Nachwuchs besonders
am Herzen. So freut es mich, dass junge
Besucher beim Kinderkonzert „Barockluft“ schnuppern können, dass sich die
Preisträger des Händel-Jugendwettbewerbs ebenso wieder im Rahmen der Festspiele präsentieren können wie auch die
Teilnehmer der INTERNATIONALEN
HÄNDEL-AKADEMIE.
Gerne weise ich auf den vierten Ökumenische Festgottesdienst hin – eine Initiative
der HÄNDEL-GESELLSCHAFT.
Ich wünsche den Besuchern aus dem Inund Ausland unvergessliche Festspielerlebnisse und den Mitwirkenden auf und
hinter den Bühnen viel Glück und Erfolg.
Ihr
Prof. Dr. Peter Overbeck
Vorsitzender der HÄNDEL-GESELLSCHAFT
KARLSRUHE e. V.
Liebe Händel-Begeisterte, sehr verehrte Freunde
der HÄNDEL-FESTSPIELE KARLSRUHE,
die 1985 gegründeten INTERNATIONALEN
HÄNDEL-FESTSPIELE KARLSRUHE sind
fester Bestandteil des internationalen Festival-Kalenders. Das beweisen uns Kartenanfragen aus dem In- und Ausland, die uns
schon ein Jahr im Voraus erreichen, sowie
das überwältigende Interesse der Karlsruher,
der Region und ganz Baden-Württembergs. Gegenüber den älteren Schwestern in Göttingen und Halle profitieren sie von der Nähe zu
Frankreich mit seiner bunten Szene barocker
Aufführungspraxis in Musik und Spiel sowie
von den hier ansässigen wissenschaftlichen
Institutionen. 1986 rief das Theater gemeinsam mit der Hochschule für Musik Karlsruhe
die HÄNDEL-AKADEMIE ins Leben, um junge
Begabungen mit den tonangebenden Künstlern der internationalen Szene zusammenzubringen und selbst von dem Enthusiasmus
und der Kreativität der Jugendlichen zu profitieren. So wurde Karlsruhe zum Sprungbrett
großer Karrieren. Die Symposien bringen die
führenden Händel-Forscher zu uns. Von hier
aus strahlen Impulse in alle Welt.
Unser Kerngeschäft aber sind die szenischen Aufführungen, die sich auch den
mehr oder weniger verschollenen Werken
Händels widmen, sowie die hochkarätigen
Konzerte, die auch sein musikalisches
Umfeld beleuchten. Im Mittelpunkt der
Festspiele 2016 stehen drei Countertenöre.
Der Weltstar Franco Fagioli hat hier 2008,
zu Beginn seiner Karriere, als Giulio Cesare
debütiert und ist seither ständiger Gast
und Publikumsliebling. Valer BarnaSabadus tat in Partenope 2011 bei uns
einen seiner ersten Schritte auf die Bühne.
Max Emanuel Cencic begeisterte hier
schon in Galakonzerten. Wir sind stolz, ihn
jetzt in der Doppelrolle als Regisseur und
Titelheld des selten gespielten Arminio
zu begrüßen. Begleitet wird die Neuinszenierung von der Wiederaufnahme der
vorjährigen Produktion, die es diesmal ermöglicht, den jungen Händel mit dem alten
zu vergleichen, sowie von einem Reigen
glanzvoller Konzerte. Auch die BADISCHE
STAATSKAPELLE reiht sich mit ihrem
5. Sinfoniekonzert in diesen Reigen ein.
Ein ambitioniertes Festival wie dieses wäre
nicht möglich ohne Unterstützer. Der Stadt
Karlsruhe, dem Land Baden-Württemberg,
der Hochschule für Musik Karlsruhe, der
BBBank und dem Händel-Kuratorium sowie
unseren treuen Freunden von der HÄNDELGESELLSCHAFT gilt darum an dieser Stelle
mein herzlichster Dank.
Willkommen im STAATSTHEATER!
Ihr
Peter Spuhler
Generalintendant
5
EINFÜHRUNG
IRREALITÄT
MICHAEL FICHTENHOLZ ÜBER DAS PROGRAMM
DER INTERNATIONALEN HÄNDEL-FESTSPIELE 2016
Es ist noch nicht lange her, dass wir die
ersten Händel-Opernaufnahmen auf
großen Schallplatten kauften und man
die Barockoper allgemein für eine der
erhabensten, aber auch künstlichsten
und idealisiertesten Gattungen der
Theatergeschichte hielt. Tatsächlich
kann man fragen, was unsere Realität
mit diesen schönen, aber von unserem Alltag scheinbar so weit entfernten Opern zu
tun hat, warum sie uns heutzutage so stark
berühren und den ein oder anderen sogar
zu einem Händel-Süchtigen machen.
Was bedeuten uns heute diese märchenund sagenhaften Stoffe von Königen und
Königinnen, die schon seit Ewigkeiten
nicht mehr existieren, von Staaten und
Königreichen, Fürsten, Helden, Prinzessinnen und Zauberinnen? Wir glauben, seit
wir erwachsen sind, ja auch nicht mehr an
den Weihnachtsmann, Feen und Zwerge
– warum glauben wir also an diese süßen
Barockmärchen?
6
Um die richtige Antwort zu finden, müssen wir vielleicht alles, was wir über
den Komponisten und seine Zeit wissen,
einmal vergessen. Die ganze historische
Verpackung mit schönem Kerzenlicht, von
Hand bemalten Bühnenbildern und extravaganten Kostümen sowie fliegenden Drachen und auf Wolken erbauten Schlössern
lassen wir einmal in der Vergangenheit.
Schauen wir aus unserer Gegenwart in
Händels Theaterwerke und dringen zu
ihrem eigentlichen Kern vor. Sie sprechen
auch nach Jahrhunderten und sogar ohne
ihren historischen Rahmen zu uns – aber
nicht von großen Taten und märchenhaften Abenteuern – sondern Sie sprechen
vom allgemein Menschlichen und damit
unmittelbar und direkt von uns.
Soviel wir auch über Händel wissen, er
scheint noch viel mehr über uns zu wissen
– von unseren Gefühlen und Ängsten, von
unseren Freuden und Nöten, von der ganzen Spanne der menschlichen Emotionen,
die uns Göttergeschöpfen gegeben wurde.
Er kennt auch die Wechselhaftigkeit und
Unberechenbarkeit der menschlichen Natur in allen denkbaren Lebensumständen,
die uns ereilen können.
Die Inszenierung von Max Emanuel Cencic
versetzt die Handlung in die für uns besser
verständliche Realität der Napoleonischen
Kriege und bringt uns so die allgemein
menschlichen Aussagen Händels näher.
Die Realität kann sich in einem einzigen
Augenblick vollständig ändern und was
eben noch wahr und verlässlich war, ist
im nächsten Moment ungewiss. Arminio
und Tusnelda, einst die mächtigsten Menschen im germanischen Reich, werden
plötzlich zu Flüchtlingen und müssen um
ihr Leben fürchten. Die Realität ändert
sich für Arminio mit bedrohlicher und erschreckender Geschwindigkeit – Flucht
aus dem Schloss, Gefangenschaft, Verhör,
Verhöhnung seines Schwiegervaters,
lange ermüdende Stunden im Kerker
in Erwartung seines Schicksals. Noch
schlimmer ist die Situation für Tusnelda,
deren größter Feind ihr eigener Vater ist,
der sie als strategisches Instrument im
politischen Ränkespiel missbraucht. Wie
geht man mit solchen Herausforderungen
im Leben um? Händel zeigt uns in Arminio,
wie unterschiedlich die Menschen in vergleichbaren Notsituationen reagieren, wie
unsere Instinkte bewusst oder unbewusst
den einen zum Helden und den anderen
zum Verräter machen. Einige beugen sich
den neuen Realitäten, wie der immer zögernde Prinz Sigismondo, andere kämpfen
gegen sie an, auch wenn das bedeutet,
dass sie ihr eigenes Leben opfern müssen.
Ob unsere Wünsche und Träume irreal
bleiben oder eventuell doch Realität
werden können, hängt nicht nur von den
äußeren Lebensumständen ab, sondern
auch von uns selbst. Edle Liebe, die nicht
erwidert wird und unerfüllt bleibt, kann in
Gewalt und Grausamkeit umschlagen – so
wie bei Medea in Händels frühem Meisterwerk Teseo. Im 3. Akt der Oper ist plötzlich
alles anders, und Medeas Zauberkräfte
und ihr obsessives Begehren nach dem
jungen Helden machen aus einem romantischen Liebesspiel einen Thriller, in dem
es für Agilea und Teseo um Leben und Tod
geht. Jede Magie aber ist hilflos, wenn
Liebe ins Spiel kommt. Sie kann nicht
erzwungen werden, und die tragische
Machtlosigkeit ihrer unerfüllten Liebe
weiht Medea ihrem Untergang.
In Händels-Opern wird die Harmonie der
Liebenden immer wieder von Außenseitern gestört, die nicht in den Kreis der
Liebenden passen – öfter noch von Außenseiterinnen. Armida, vergeblich in Rinaldo
verliebt, nutzt alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel, um den Helden zu locken,
sie nimmt sogar die Gestalt seiner Geliebten, der zärtlichen Almirena, an. Trotzdem
7
erfährt sie die schmerzhafte Qual der
Ablehnung. Bei den Helden Ariodante und
Dejanira konfrontiert uns Händel mit einem
Thema, das wir eher mit dem Spätromantik
und nicht mit dem Barock verbinden, dem
Thema der Selbstzerstörung, in die sie
durch nicht realisierbare Liebe getrieben
werden. Getäuscht von seinem Neider,
zieht Ariodante falsche Schlüsse und beklagt die Untreue seiner Verlobten. Diese
Klage – „Scherza infida“ – wird zu einer
der schönsten Arien in der Musikgeschichte. Umso fulminanter wirkt danach „Dopo
notte“, eine Hymne an die Sonne, die nach
der finsteren Nacht besonders hell strahlt.
Nicht so bei Dejanira. Es wird für sie keine
Sonne scheinen, ein fataler Irrtum entreißt
sie der Realität und lässt sie wahnsinnig
werden: Sie wähnt sich von Höllenfurien
verfolgt, die sie für ihre Eifersucht bestrafen. Es wird hörbar, wie für diese liebende
und demütige Frau zerstörerische Eifersucht und Wut zu neuen Gefühlen werden.
Um in die Tiefen der Musik Händels vorzudringen, um die allgemein menschlichen
Motive und Themen, die diese Musik durch
viele Jahrzehnte und Jahrhunderte transportiert hat, zu verstehen, braucht man
nicht unbedingt die historische Entourage,
die diese Musik zwar schön verpackt, aber
letztlich nur Beiwerk ist. Was uns diese
Musik ganz nahe bringt, sie aktuell und
lebendig macht, sind die Künstler, durch
die Händel zu uns spricht. Hier müssen wir
8
den Vergleich mit der Vergangenheit nicht
scheuen, denn anstelle von Annibali,
Gizziello, Strada, Nicolini, Pilotti-Schiavonetti und anderen legendären Künstlerpersönlichkeiten des 18. Jahrhunderts treten
in Karlsruhe die bedeutendsten Künstler
unserer Zeit auf und künden vom neuen
goldenen Zeitalter für Händels Musik.
Deren Namen finden Sie im vorliegenden
Programmbuch.
Kommen Sie mit uns auf die Reise durch
Händels Theaterwelten und entdecken sie
die unsterbliche Schönheit seiner Musik.
Ihr
Michael Fichtenholz
Künstlerischer Leiter
WIR DANKEN
den Kuratoriumsmitgliedern der HÄNDEL-GESELLSCHAFT KARLSRUHE e. V.
für ihre großzügigen Spenden
Dr. Bernhard Schareck Vorsitzender
Dr. Melitta Büchner-Schöpf
Dr. Friedrich Georg Hoepfner
RA Arndt Brillinger
Michael Huber Sparkasse Karlsruhe-Ettlingen
Michael Lang Autohaus Lang
Prof. Dr. Jürgen Morlok
Prof. Dr. Wolfgang Müller BBBank
Heinz Ohnmacht BGV Badische Versicherungen
Joachim Peters
Dr. med. Sabine Raulin
Dipl.-Ing. Herman Rotermund
der BBBank für ihre Sonderspende
der HÄNDEL-GESELLSCHAFT KARLSRUHE e. V. für vielfältige Unterstützung
der Privatbrauerei Hoepfner und der L-Bank für die Unterstützung der Premierenfeier
9
10
xx (xx)
SCHLOSS RASTATT, EHRENHOF
xx (xx)
11
ERÖFFNUNGSKONZERT
FRANCO FAGIOLI Countertenor (Rinaldo)
JULIA LEZHNEVA Sopran (Almirena)
KARINA GAUVIN Sopran (Armida)
DONNA LEON Moderation
Die INTERNATIONALEN HÄNDEL-FESTSPIELE KARLSRUHE widmen das Konzert dem bedeutenden amerikanischen Dirigent Alan Curtis (1934–2015), einem der größten Förderer
der Händel-Renaissance im 20. Jahrhundert.
STEFANO MONTANARI Dirigent
IL POMO D’ORO
1. Violine Zefira Valova (Konzertmeisterin), Jonas Zschenderlein, Fani Vovoni, Paolo
Cantamessa 2. Violine Gianpiero Zanocco, Esther Crazzolara, Anna Fusek, Laura Corolla
Viola Giulio d’Alessio, Yoko Tanaka Violoncello Federico Toffano, Lodovico Minasi
Violone Riccardo Coelati Cembalo Davide Pozzi Flöte Anna Fusek, Magdalena Karolak,
Anna Flumiani Oboe Magdalena Karolak, Thomas Meraner Fagott Anna Flumiani
Trompete Jean Francois Madeuf, Gilles Rapin, Jean Charles Denis, Graham Nicholson
Pauken Koen Plaetinck
FR 12.2. 19.00 GROSSES HAUS
2 Stunden 30 Minuten, eine Pause
12 ERÖFFNUNGSKONZERT
PROGRAMM
G. F. Händel
Auszüge aus der Oper „Rinaldo“ HWV7 (1710)
Sinfonia
„Combatti da forte“ – Aria (Almirena)
„Ogn’indugio” – Aria (Rinaldo)
„Furie terribili” – Aria (Armida)
„Molto voglio, molto spero” – Aria (Armida)
„Augeletti, che cantate” – Aria (Almirena)
„Adorato mio sposo” – Recitativo (Almirena, Rinaldo)
„Scherzano sul tuo volto“ – Duetto (Rinaldo, Almirena)
Prelude
„Cara sposa“ – Aria (Rinaldo)
„Di speranza un bel raggio“ – Recitativo (Rinaldo)
„Venti turbini“ – Aria (Rinaldo)
– Pause –
„Lascia ch‘io pianga“ – Aria (Almirena)
„Fermati! No, crudel“ – Duetto (Armida, Rinaldo)
„Perfida, un cor illustre…” – Recitativo (Rinaldo, Armida)
„Abruccio, avvampo e fremo“ – Aria (Rinaldo)
„Dunque i lacci d’un volto... Ah! crudel, Il pianto mio“
– Recitativo accompagnato e Aria (Armida) „Vo’ far guerra, e vincer voglio“ – Aria (Armida)
Marcia
„Bel piacere“ – Aria (Almirena)
Battaglia
„Or la tromba“ – Aria (Rinaldo)
ERÖFFNUNGSKONZERT 13
ZUM STÜCK
KUNSTWERK
ODER MACHWERK?
Rinaldo ist nicht nur Händels erste
Londoner Oper, sondern die erste speziell für London komponierte italienische
Oper überhaupt. Der Plan des damaligen
Operndirektors Aaron Hill, die italienische
„opera seria“ im Londoner Kunstleben zu
etablieren, ging vollends auf. Rinaldo war
eine Sensation und erlebte ab der Premiere am 24. Februar 1711 mehr Vorstellungen
als jede andere Oper Händels zu seinen
Lebzeiten.
Da Händel mit seinem Erstlingswerk beim
Londoner Publikum sicher einen guten
Eindruck hinterlassen wollte, sollte man
annehmen, dass er bei der Konzeption und
Komposition des Rinaldo mit besonderer Sorgfalt vorgegangen ist. Im Rinaldo
gehen etwa zwei Drittel der musikalischen
Nummern auf frühere Werke zurück, er ist
also sozusagen ein „Best of“ aus Händels
italienischem Vokalschaffen. Jedoch ist es
Händel meisterhaft gelungen, die einzelnen Stücke so in den Gesamtkomplex der
Oper einzubinden, dass sich alles zu einem
homogenen Ganzen zusammenfügt. So
sind beispielsweise sowohl das Liebesduett von Rinaldo und Almirena (im 1. Akt)
als auch die Streitszene zwischen Rinaldo
und Armida (im 2. Akt) fast wortwörtliche Übernahmen aus anderen Werken.
14 ERÖFFNUNGSKONZERT
Und selbst die berühmteste Arie aus dem
Rinaldo, der herzzerreißende Bittgesang
Almirenas Lascia ch‘io pianga, ist in ihrer
ursprünglichen Form mit einem anderen
Text das kontemplativ-besinnliche Besingen einer Rose.
Diese Entlehnungspraxis, wie sie bei Händel zu finden ist, war im 18. Jahrhundert
ein gängiges Kompositionsmittel. Einen
Werkbegriff, wie wir ihn heute kennen, mit
einer unveränderlichen und quasi für die
Ewigkeit bestimmten Werkgestalt, war den
Komponisten der Barockzeit fremd. Schon
eine Spielzeit später konnte das Werk
beinahe beliebigen, meist pragmatisch bedingten Änderungen unterworfen werden.
Händel selbst etwa bearbeitete Rinaldo
für eine Wiederaufführung 1731 in einem
Maße, dass das Werk teilweise nicht mehr
wiederzuerkennen war. Doch auch wenn
das Wissen über die Vorgehensweise
Händels unserem heutigen Empfinden nicht
unbedingt behagen mag, letztendlich zeigt
er sich doch als genialer, nach ästhetischen
Gesichtspunkten handelnder Neuschöpfer,
dessen einfallsreiches Ergebnis wir heute
immer noch als vollwertiges Kunstwerk
genießen können.
Artie Heinrich
ZUM INHALT
RINALDO
Die Geschichte spielt vor beinahe 1000
Jahren zur Zeit des Ersten Kreuzzugs. Mit
seinen Mannen belagert der christliche
Heerführer Goffredo die Stadt Jerusalem.
Der junge Ritter Rinaldo liebt Goffredos
Tochter Almirena. Goffredo verspricht sie
ihm zur Frau. Argante, der Herrscher der
belagerten Stadt, erbittet eine kurze Waffenruhe. In seiner Not sucht er Rat bei seiner
Verbündeten und Geliebten, der Zauberin
Armida. Von ihr erfährt er: Nur dann können
die Kreuzritter besiegt werden, wenn es
gelingt, ihren besten Mann außer Gefecht zu
setzen – Rinaldo. Als Rinaldo sich mit seiner
Liebsten trifft, gebraucht Armida ihre Zauberkraft, um Almirena zu entführen. Rinaldo
ist verzweifelt, Kriegsruhm und Ehre kümmern ihn nicht mehr. Nur eines will er: seine
Almirena wiederfinden und befreien!
Die todtraurige Almirena ist in Armidas
Zauberschloss gefangen. Von ihr bezaubert und gerührt, gesteht Argante ihr seine
Liebe und ringt mit sich: Soll er Armida
verraten und Almirena befreien? Armida
lässt indessen den verschleppten Rinaldo vorführen – und verliebt sich auf den
ersten Blick in den schönen jungen Ritter.
Rinaldo fordert wutentbrannt seine Braut
zurück und will von Armidas Liebe nichts
wissen. Da greift Armida wieder zur Magie
und verwandelt sich – in Almirena! Aber
Rinaldo traut dem faulen Zauber nicht.
Armida ist ganz von Sinnen vor Liebe und
Zorn. Noch einmal versucht sie den Verwandlungstrick: Doch statt Rinaldo läuft
der verliebte Argante der falschen Almirena in die Arme. Armida tobt über seinen
Verrat und schwört Rache.
– Pause –
Am Fuße des Berges, wo sich Armidas
Schloss erhebt, haben Goffredo und Eustazio inzwischen den Magier gefunden
und erfahren, dass Rinaldo und Almirena
dort oben gefangen gehalten werden. Erst
mit den Zauberruten, die ihnen der Magier gibt, gelingt es ihnen, den höllischen
Zauberbann zu brechen und die beiden zu
befreien. Armida selbst entkommt. Sie und
Argante müssen sich versöhnen, denn nun
steht die alles entscheidende Schlacht bevor. Schon marschieren die Heere auf mit
Pauken und Trompeten. General Goffredo
führt den Angriff gegen Jerusalem und
Rinaldo erstürmt die Stadt. Armida und
Argante werden gefangen genommen,
aber verschont, als sie zum Christentum
übertreten. Zum Lohn für seinen Heldenmut darf Rinaldo seine Almirena endlich
als Braut in die Arme schließen.
ERÖFFNUNGSKONZERT 15
FRANCO FAGIOLI Countertenor
Franco Fagioli ist der virtuoseste Countertenor der heutigen Zeit. Die Schönheit
seiner Stimme, die drei Oktaven umfasst,
wird genauso wertgeschätzt wie seine
meisterhafte Technik, mit der er neue
Bühnenstandards setzt. Als erster Countertenor unterzeichnete er im vergangenen
Jahr einen Exklusiv-Vertrag beim Label
Deutsche Grammophon. Der Startschuss
seiner internationalen Karriere fiel 2003,
als er den Bertelsmann-Gesangswettbewerb „Neue Stimmen“ gewann. Bereits
zwei Jahre später debütierte er als Giulio
Cesare am Opernhaus Zürich an der Seite
von Cecilia Bartoli. Seit 2006 ist er einer
der Stars der HÄNDEL-FESTSPIELE Karlsruhe, wo er in Partien wie Giulio Cesare,
Ariodante und Riccardo Primo glänzte.
Zu weiteren wichtigen Opernhäusern, an
denen er in den vergangenen Jahren Erfolge feierte, gehört das Royal Opera House
Covent Garden in London, das Théâtre
des Champs Elysées, die Opera Royal de
16 ERÖFFNUNGSKONZERT
Versailles sowie die Opernhäuser in Köln,
Helsinki und Dresden. Sein Arbace in Vincis
Artaserse (2012) und das Soloalbum Caffarelli (2013) zeugen auch auf CD von Franco
Fagiolis fantastischem Niveau.
Zu seinen jüngsten Aufnahmen, auf denen er
hochvirtuose Partien übernahm, zählen Hasse
Siroe, Vincis Catone in Utica und Pergolis Adriano in Siroe (Decca) sowie Glucks Orfeo (Archiv). Seine erste Solo-CD bei der Deutschen
Grammophon ist für Herbst 2016 geplant, nach
deren Veröffentlichung eine Europatournee
folgt. In den kommenden Monaten verkörpert
er u. a. Cecilio in Mozarts Lucio Silla, mit der
er auf Europatournee geht, Piacere in Händels
Il trionfo del Tempo e del Disinganno als
Debüt beim Festival in Aix-en-Provence sowie
die Titelpartie in Cavallis Oper Eliogabalo, die
seinen Einstand an der Opéra National de Paris sein wird. In Zingarellis Giulietta e Romeo
ist er 2016 wieder bei den Pfingstfestspielen
Salzburg in der Partie des Romeo zu erleben.
JULIA LEZHNEVA Sopran
Die Sopranistin zählt zu den international
gefragten Opern- und Konzertsängerinnen
und erhielt als beste Nachwuchskünstlerin
(Gesang) 2013 den angesehenen Echo
Klassik. Seitdem gastiert die junge Russin
in allen renommierten Konzerthäusern
und Theatern und begeistert das Publikum
genauso wie die Presse.
2008 erhielt sie vom Akademischen Musikkollegium des Staatlichen Moskauer
Konservatoriums ein Diplom mit Auszeichnung. Anschließend besuchte sie die International Academy of Voice in Cardiff, wo
sie dank der großzügigen Unterstützung
der Kempinski-Stiftung beim großen
Waliser Tenor Dennis O’Neill studierte. Die
junge Künstlerin ist bereits mit einigen der
führenden Experten der klassischen und
barocken Musik aufgetreten. In Vivaldis L’Oracolo hat sie mit Fabio Biondis
Europa Galante zusammengearbeitet; mit
Philippe Jaroussky sang sie unter Diego
Fasolis zur Begleitung der Barochisti; sie
gab Liederabende mit J. C. Spinosi und
seinem Ensemble Matheus. Ein großer
Erfolg waren die Tournee und die Aufnahme des Ottone in Villa von Vivaldi mit Il Giardino Armonico. Schon als 18-Jährige wirkte sie in Bachs
h-moll-Messe mit, und zwei Jahre später
machte sie ihr erstes Soloalbum mit
Rossini-Arien. Danach lud Minkowski die
Künstlerin zur Salzburger Mozartwoche
und den Salzburger Festspielen ein. Er bot
ihr die Fiordiligi in Così fan tutte und andere Hauptrollen an, von denen vielleicht
besonders der Urbain in Meyerbeers Hugenotten zu nennen ist, die Olivier Py
am Brüsseler Théâtre La Monnaie inszenierte. Aufgrund dieser Leistung erhielt
Julia Lezhneva einen der renommiertesten
Preise der Opernszene – die Auszeichnung
der Opernwelt als „Nachwuchssängerin
des Jahres 2011“.
ERÖFFNUNGSKONZERT 17
KARINA GAUVIN Sopran
Die kanadische Sopranistin wurde als Interpretin von Barockmusik bekannt, ihr Repertoire umfasst aber ebenso Mahler, Britten
und Musik des 20. und 21. Jahrhunderts.
Sie trat mit herausragenden Orchestern
auf, darunter das Orchestre symphonique
de Montréal, die San Francisco Symphony,
die Chicago Symphony und das New York
Philharmonic. Ebenso arbeitete sie mit
Barockensembles wie der Akademie für
Alte Musik Berlin, Les Talens Lyriques,
Les Violons du Roy, dem Venice Baroque
Orchestra, der Accademia Bizantina and
Il Complesso Barocco.
Sie sang unter Leitung von Michael Tilson
Thomas, Charles Dutoit, Kent Nagano,
Semyon Bychkov, Roger Norrington, Alan
Curtis, Bernard Labadie, Christophe Rousset and Yannick Nézet-Séguin.
Für Liederabende arbeitete sie mit den Pianisten Marc-André Hamelin, Angel Hewitt,
18 ERÖFFNUNGSKONZERT
Michael McMahon and Roger Vignoles.
Von Händels Tolomeo, Alcina und Ezio sind
Aufnahmen mit Alan Curtis für die Deutsche
Grammophon entstanden. 2009 erhielt sie
zum zweiten Mail eine Grammy-AwardNominierung für ihre Aufnahme Psyche
von Jean-Baptiste Lully.
Ihre zuletzt erschienene CD, Brittens Les
Illuminations, nahm sie mit den Les Violons
du Roy und Jean-Marie Zeitouni auf. Kürzlich beendete sie die Aufnahme zu Ehren
von Anna Maria Strada del Po mit dem
Arion Orchestre Baroque.
Die wichtigsten Auftritte der Gegenwart
und in der näheren Zukunft sind Armida
in Händels Rinaldo beim Glyndenbourne
Festival, Giunone in Cavallis Calisto an
der Bayerischen Staatsoper, Vitellia in
Mozarts La Clemenza di Tito am Théâtre
des Champs-Elysées in Paris und Armide in
Glucks Armide an der Netherlands Opera.
DONNA LEON Moderation
Donna Leon, geboren 1942 in New Jersey,
verließ als Studentin die USA, um in Perugia
und Siena weiterzustudieren. Sie blieb
im Ausland, arbeitete als Reiseleiterin in
Rom, als Werbetexterin in London und als
Lehrerin an amerikanischen Schulen in
Europa und Asien. Sie lehrte englische und
amerikanische Literatur an einer Universität
in der Nähe von Venedig, wo sie sich 1981
niederließ.
Zu ihrem Erstling kam Donna Leon über
ihre Leidenschaft für die Oper. Während
des Besuchs im venezianischen Opernhaus
La Fenice ereiferte sich ihr Begleiter:
„Ich könnte den Dirigenten umbringen!“
– „Ich mach’s für dich, aber in einem
Roman“, beruhigte sie ihn. Das Resultat
war Venezianisches Finale, der erste von
bis heute vierundzwanzig Fällen für den
inzwischen legendären Commissario. Die
Brunetti-Romane machten sie weltberühmt, doch die Barockmusik ist ihr nicht
weniger wichtig. Sie förderte zahlreiche
Barockeinspielungen, neu das Orchester
Il Pomo d’Oro. Es sind von ihr zwei kleine
Bücher mit CD erschienen: Tiere und Töne
mit Händel-Arien und Kurioses aus Venedig mit Vivaldi-Musik. Die Zusammenarbeit
mit ihrer Freundin Cecilia Bartoli hat sie
2012 dazu veranlasst, einen Roman ohne
ihre Hauptfigur Commissario Brunetti zu
schreiben – jedoch ebenso spannend und
voll kriminalistischer Finessen.
Donna Leon lebt in Venedig und in der
Schweiz. Donna Leons Bücher erscheinen
in 34 Sprachen.
ERÖFFNUNGSKONZERT 19
STEFANO MONTANARI Dirigent
Stefano Montanari konzentrierte sich nach
dem Abschluss seines Violin- und Klavierstudiums auf die historisch informierte
Aufführungspraxis. Seit 1995 spielt er die
erste Violine an der Accademia Bizantina
in Ravenna, ein auf das 18. bis 19. Jahrhundert spezialisiertes Quartett, das auf
authentischen Instrumenten spielt. Er arbeitet mit führenden Experten im Bereich
der Alten Musik, vor allem mit Christophe
Rousset und seinem Ensemble Les Talens
Lyriques. Er unterrichtet Barockvioline
an der Internationalen Musikakademie in
Mailand und am Dall´Abaco-Konservatorium in Verona. Er dirigierte Vivaldis Vier
Jahreszeiten mit dem Barockorchester
der Accademia Nazionale di Santa Cecilia
in Rom für ein Weihnachtskonzert im Jahr
2007 und für eine Gala zu Ehren des 150.
Jahrestages der Vereinigung Italiens.
Beide Konzerte wurden live im nationalen
Fernsehen übertragen. Als Dirigent ist er
20 ERÖFFNUNGSKONZERT
regelmäßiger Gast an Häusern wie dem
Teatro Coccia in Novara, Teatro del Giglio
in Lucca, Teatro Donizetti in Bergamo,
Teatro La Fenice in Venedig, der Opéra de
Lyon oder dem Opera Atelier in Toronto. Er
ist außerdem Musikdirektor des europäischen Projekts „Junges Musikpodium
Dresden-Venedig“.
Seine Aufnahme von Corellis Violinsonaten op. 5 erhielt breite Anerkennung und
zahlreiche internationale Preise, darunter
den Diapason d´Or und Midem als beste
barocke Musik-CD des Jahres (2007/2010).
Seine Aufnahme von Purcells O solitude mit Andreas Scholl wurde für einen
Grammy Award (beste Classical Vocal
Solo) nominiert.
Stefano Montanari gibt im 5. Sinfoniekonzert
im Rahmen der INTERNATIONALEN
HÄNDEL-FESTSPIELE 2016 sein Debüt
mit der BADISCHEN STAATSKAPELLE.
IL POMO D’ORO Orchester
Il pomo d’oro ist ein 2012 gegründetes
italienisches Barockensemble, spezialisiert
auf historische Aufführungspraxis. Gründer
sind Gesine Lübben und Giulio d‘Alessio.
Das Orchester legt seinen Schwerpunkt
auf die Barockoper, gleichzeitig führt das
Ensemble auch Instrumentalmusik in verschiedenen Formationen auf. Zurzeit gibt es
zwei Chefdirigenten. Es ist regelmäßig an
bedeutenden Konzerthäusern und Theatern
zu Gast, u. a. am Théâtre Royal in Versailles,
an der Wigmore Hall, am Theater an der
Wien und am Théâtre des Champs Elysées.
Der Name des Ensembles bezieht sich auf
den Titel der Oper Il pomo d’oro von Antonio
Cesti, die er 1666 anlässlich der Hochzeit
von Kaiser Leopold I. und Margarita Teresa
von Spanien in Wien komponierte. Diese
Oper war krönender Abschluss der pompösen Feierlichkeiten. Die Produktion war mit
zahlreichen Spezialeffekten auf 24 verschiedenen Bühnen, mit 50 unterschiedlichen
Rollen und zehn Stunden Aufführungsdauer
das wohl exzessivste und teuerste Werk
des damals noch jungen Genres.
Il pomo d’oro hat bisher drei Opern unter der
musikalischen Leitung von Riccardo Minasi
aufgenommen: Händels Tamerlano, Catone
in Utica von Leonardo Vinci sowie Händels
Partenope. Weitere Aufnahmen umfassen
Haydns Konzerte für Cembalo und Geige,
co-dirigiert von Maxim Emelyanychev als
Cembalo-Solist und Riccardo Minasi als
Geigen-Solist sowie ein Violoncello-Rezital
mit Edgar Moreau mit Werken von Haydn,
Boccherini und Vivaldi. 2016 geplant sind
Neueinspielungen von Händels Ottone und
ein neues Rezital mit Ann Hallenberg.
Am 1. Januar 2016 wird Maxim Emelyanychev Musikalischer Leiter von Il pomo
d’oro. Zukünftig ist die Zusammenarbeit
mit den Dirigenten Stefano Montanari und
George Petrou geplant.
ERÖFFNUNGSKONZERT 21
DONNA LEON
IM GESPRÄCH
„Händels Musik hebt meine Stimmung, wie es keine andere Musik vermag.“ Die weltberühmte Krimiautorin Donna Leon ist nicht nur die Erfinderin von Commissario Brunetti,
der seit vielen Jahren in Venedig Mordfälle löst, sondern auch bekennender Händel-Fan.
Ihre Begeisterung hat die in der Lagunenstadt lebende US-Schriftstellerin in einem HändelBuch und in zahlreichen Opernaufnahmen mit eigenen und selbst eingesprochenen
Texten festgehalten.
Nun kommt Donna Leon nach Karlsruhe ans STAATSTHEATER und unterhält sich mit dem
Künstlerischen Leiter der INTERNATIONALEN HÄNDEL-FESTSPIELE Michael Fichtenholz
über ihren Lieblingskomponisten Händel, ihre Leidenschaft für die Barockoper, ihre
Bücher und das wunderschöne Venedig.
SA 13.2. 16.00 KLEINES HAUS
In englischer Sprache mit deutscher Übersetzung
Im Anschluss findet eine Autogrammstunde statt.
22 DONNA LEON IM GESPRÄCH
JUPITER AUF DEM DACH
xxx 23
ARMINIO
Oper von Georg Friedrich Händel HWV36
Libretto nach Antonio Salvi basierend auf der Tragödie Arminius
von Jean Galbert de Campistron
Uraufführung am 12. Januar 1737 am Covent Garden Theatre in London
In italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln
Aufführungsrechte Hallische Händel-Ausgabe Bärenreiter
Arminio, Fürst der Chauken und Cherusker Tusnelda, Ehefrau Arminios, Tochter Segestes
Segeste, Fürst der Chatten, Verbündeter Varos
Varo, Oberbefehlshaber
der römischen Armee am Rhein
Sigismondo, Sohn Segestes,
Liebhaber der Ramise
Ramise, Schwester Arminios
Tullio, Hauptmann Varos
MAX EMANUEL CENCIC
LAYLA CLAIRE
PAVEL KUDINOV
JUAN SANCHO
VINCE YI
RUXANDRA DONOSE
OWEN WILLETTS
ARMONIA ATENEA
1. Violine Sergiu Nastasa (Konzertmeister), Epameinontas Filippas, Georgios Panagiotopoulos, Angie Kasdas, Sofia Liu, Ilias Livieratos 2. Violine Carmen Otilia Alitei,
Athanasios Martzoukos, Angeliki Fanarioti, Luise Ramos-Stahl Viola Laurentiu Octavian
Matasaru, Elisabeth Barbara Schaefer Violoncello Iason Ioannou, Christopher
Humphreys, Ilias Sakalak Violone Dimitris Tigkas Cembalo Markelos Chryssikopoulos
Theorbo Theodoros Kitsos Oboe Dimitris Vamvas, Stella Nikolaides Fagott Alexandros
Economou Horn Peter Bühl*, Tristan Hertweg*
*Gäste der Armonia Atenea
In Kooperation mit Parnassus Arts Productions
PREMIERE SA 13.2. GROSSES HAUS
Weitere Vorstellungen am 15.2. 19.00, 17.2. 19.00, 19.2. 19.00, 21.2. 15.00, 23.2. 19.00
3 Stunden 30 Minuten, Pausen nach dem 1. & 2. Akt
24 OPER ARMINIO
Kinder Arminios und Tusneldas
Diener, Soldaten KYLE LIPPOTH / JONAS ROTHENBACHER
SINAH EICHE / PHILINE SCHÜTTLE
ALAIN CERNY, FREDERIC DESCHARMES, CEDRIC DUJARDIN, GABRIEL GLAS,
ALESSANDRO GOCHT, ANDREJ HADAS,
MARLO HOSCH, ALEXANDER KOLARCYK,
CORNELIUS MARTJAN, MARKUS
SCHMIDT, SAMUEL SEIDEL, ROBERT
SLOMIAN, ALEXANDER SPRICK, ANDREAS
STEFFEN, GASTON WEBER
Musikalische Leitung
Regie
Bühne
Kostüme
Video Licht
Cembalo & Leitung der Rezitative
Dramaturgie
GEORGE PETROU
MAX EMANUEL CENCIC
HELMUT STÜRMER
HELMUT STÜRMER,
CORINE GRAMOSTEANU
ETIENNE GUIOL, ARNAUD POTTIER
HELMUT STÜRMER,
CHRISTOPH HECKER
MARKELOS CHRYSSIKOS,
GEORGE PETROU
MICHAEL FICHTENHOLZ
Musikalische Assistenz PANOS ILIOPOULOS, OLGA ZHELTIKOVA Regieassistenz und Abendspielleitung ANGELA KLEOPATRA SAROGLOU Hospitanz AMNA SCHADDAD BühnenbildAssistenz MEGAN ROLLER Kostümassistenz STEFANIE GAISSERT Übertitel ACHIM SIEBEN
Inspizienz UTE WINKLER Leitung der Statisterie OLIVER REICHENBACHER
Technische Direktion HARALD FASSLRINNER, RALF HASLINGER Bühne RUDOLF BILFINGER,
EKHARD SCHEU Leiter der Beleuchtung STEFAN WOINKE Licht CHRISTOPH HÄCKER Leiter
der Tonabteilung STEFAN RAEBEL Ton GUNTER ESSIG, JAN PALLMER Leiter der Requisite
WOLFGANG FEGER Werkstättenleiter GUIDO SCHNEITZ Malersaal GIUSEPPE VIVA Leiter
der Theaterplastiker LADISLAUS ZABAN Schreinerei ROUVEN BITSCH Schlosserei MARIO
WEIMAR Polster- und Dekoabteilung UTE WIENBERG, BERNHARD BUSSE Kostümdirektorin CHRISTINE HALLER Gewandmeister/in Herren PETRA ANNETTE SCHREIBER, ROBERT
HARTER Gewandmeisterinnen Damen TATJANA GRAF, KARIN WÖRNER, ANNETTE GROPP
Waffenmeister MICHAEL PAOLONE, HARALD HEUSINGER Schuhmacherei THOMAS MAHLER, NICOLE EYSSELE, VALENTIN KAUFMANN Modisterei DIANA FERRARA, JEANETTE
HARDY Kostümbearbeitung ANDREA MEINKÖHN Chefmaskenbildner RAIMUND OSTERTAG
Maske SABINE BOTT, MARION KLEINBUB, PETRA MÜLLER, SOTIRIOS NOUTSOS, KARIN
GRÜN, INKEN NAGEL, ANDREA WEYH, SANDRA OESTERLE, MIRIAM HAUSER
ARMINIO OPER 25
ZUM INHALT
1. AKT
Nachdem Arminio sieglos aus einem
Kampf mit römischen Legionen zurückkehrt, drängt ihn seine Gattin Tusnelda zur
Flucht. Arminio weigert sich, da er kein
Verräter sein will. Als Tusnelda ihn aber
daran erinnert, dass sie, wenn er falle,
den Römern zur Beute werde, fliehen sie
gemeinsam. Der Hauptmann Tullio überbringt Varo, dem römischen Feldherrn die
Nachricht von Arminios Flucht. Varo ist
verstimmt, weil dadurch der Glanz des
Sieges gemindert wird; außerdem gesteht
er seine Liebe zu Tusnelda. Tullio rät ihm,
Amor zu bezwingen. Doch Varo beteuert,
dass er für Ruhm und Liebe noch besser
kämpfen werde. Segeste, Fürst der Chatten und Vater Tusneldas, verrät Arminio
und übergibt Varo den Gefangenen und
das unterworfene Reich der Germanen.
Arminio verurteilt Segeste wegen seines Verrats an Vaterland, Tochter und
Schwiegersohn. Tusnelda ist erschüttert
von der Feindseligkeit zwischen ihrem
Vater und ihrem Gatten. Segeste und Varo
versuchen, Arminio umzustimmen: Er soll
Frieden von Rom erbitten. Dieser will aber
eher sterben, als dem Vaterland abzuschwören und so zum Verräter zu werden.
Segeste ist über den Stolz seines Schwiegersohns entrüstet und will diesen lieber
opfern, als den Frieden zu gefährden.
Sigismondo, Segestes Sohn, deutet grauenhafte Träume als Voraussage unheilvollen Schicksals. Tusnelda überbringt
ihrem Bruder Sigismondo und dessen
Geliebter Ramise die Schreckensbotschaft
von Arminios Gefangennahme. Ramise,
Arminios Schwester, ist im Begriff, sich
26 OPER ARMINIO
Rom und Varo zum Opfer zu bringen, um
das Schicksal ihres Bruders zu erleichtern.
Als sie von Segestes Verrat erfährt, fragt
sie Sigismondo, wie er jetzt noch Arminios
Schwester lieben könne. Jener beteuert
dagegen seine Unschuld an den Verbrechen des Vaters.
Ramise will gehen, Sigismondo und
Tusnelda halten sie jedoch zurück. Ramise
empfindet Grauen und erklärt, in ihrer
Brust sei kein Platz mehr für die Liebe.
Sigismondo ist verzweifelt und fleht seine
Schwester um Hilfe an. Sie hat Mitleid mit
ihm, bittet ihn aber, auch an ihr Herz zu
denken. Ein Schmerz, der mit dem Weinen
vergehe, sei ein schwaches Zeichen der
Liebe, meint Tusnelda und erklärt, dass
das Feuer einer starken Liebe nicht einmal
der Tod löschen könne. Segeste tritt auf
und fordert Sigismondo auf, seine Absichten zu ändern und nicht mehr an Ramise zu
denken: Das Schicksal habe sich gewandelt, da Augustus Segestes Treue belohnen wird. Sigismondo will zwar gehorchen,
kann es aber nicht; er wirft dem Vater sein
Schwert vor die Füße, damit dieser ihn
töte. Segeste bezeichnet seinen Sohn als
Verräter und verlässt ihn zornig. Sigismondo bekennt, dass er sterben könne, aber
nicht leben ohne zu lieben.
2. AKT
Segeste offenbart Tullio, dass Recht
Vernunft und die Tränen seiner Tochter
der Tötung Arminios entgegen stünden.
Wenn Tusnelda Varo heirate, werde sie
ihre Tränen trocknen, meint Tullio. Segeste
ist erfreut und verkündet, dass Arminio
heute sein Schicksal erfahre: Unterwerfung unter Augustus oder Tod. Varo gibt
Segeste einen Brief von Augustus, in dem
dieser Varo für die Unterwerfung Germaniens dankt und verlangt, Arminio zu
töten. Segeste will den Befehl des Kaisers
ausführen. Er und Varo fragen sich jedoch,
ob sie das Herz haben werden, Tusnelda zu
quälen.
Dem Vaterland und der Freiheit zuliebe
erträgt der gefesselte Arminio den Druck
der Ketten gern. Segeste kommt hinzu und
rät ihm, sich dem Herrscher Roms zu beugen. Arminio nennt Segeste einen Verräter
und bekundet, dass er zwar für die Freiheit
sterben, Segestes Herz jedoch durch die
nie nachlassende Reue gequält werde.
Segeste rät seiner Tochter, ihren Gatten
zu retten, indem sie ihn davon überzeugt,
vor dem Kaiser das stolze Haupt zu senken.
Eine große Seele ziehe einem sklavischen
Leben einen glorreichen Tod vor, entgegnet Tusnelda. So werde er sterben, verkündet Segeste. Dann solle er auch sie töten,
verlangt Tusnelda, denn sie könne von ihm
nur ihren Tod oder Arminios Freiheit erbitten. Ramise bezeichnet Segeste als treulosen Fürsten und unmenschlichen Vater
und versucht, ihn mit einem Dolch zu töten,
was Sigismondo verhindert. Mit Arminios
Tod werde Ramises Hochmut noch heute
enden, meint Segeste und geht wütend ab.
Um ihrer Liebe willen verlangt Ramise von
Sigismondo, sich nicht ihrem Zorn in den
Weg zu stellen. Da er seinen Vater nicht
töten könne, fordert Sigismondo Ramise
auf, ihn mit seinem Schwert zu töten. Sie
wirft es auf die Erde, und Sigismondo
nimmt es, um sich selbst zu durchbohren.
Ramise gebietet Einhalt, nennt ihn einen
getreuen Sohn eines Verräters und bleibt
verwirrt zurück.
Sigismondo fühlt sich zwischen seiner Liebe zur Schwester Arminios und zum Vater
hin- und hergerissen und will keine Schuld
auf sich laden.
Arminio fordert von einem Wächter, Varo
zu rufen. Die verzweifelte Tusnelda bittet
ihren Gatten, sich Augustus zu unterwerfen. Als er dieses Ansinnen von sich
weist, will auch sie seinem Beispiel folgen.
Arminio will Varo zum Erben seines einzigen Schatzes – Tusnelda – machen, denn
er weiß um Varos Begehren und findet
beide einander würdig. Tusnelda vernimmt
dies unter Seelenqualen. Arminio schickt
sich in den Tod und wünscht den beiden
seinen inneren Frieden. Varo ist verwirrt,
er erwägt, Arminios Wunsch anzunehmen.
Tusnelda weist jeden Gedanken daran
zurück: Liebe und Treue verböten ihr, die
Seine zu werden. Varo müsse, wenn er ihre
Achtung erlangen wolle, zum Helfer seines
Rivalen werden. Doch der Feldherr will
Tusnelda an Tugend nicht nachstehen und
fordert von sich selbst, Cupido zu trotzen.
Wenn er ihr den Gatten zurückgebe, werde
sie ihm ihrer beider Leben zu danken haben, versichert Tusnelda Varo.
3. AKT
Auf dem Hof ist ein schwarz ausstaffiertes
Blutgerüst aufgebaut, um das römische
Soldaten mit ihren Standarten stehen. Der
gefesselte Arminio erblickt die grausige
Bühne, verachtet aber weiterhin den römischen Hochmut. Er sieht seine Hinrichtung
ARMINIO OPER 27
Tusnelda steht vor einem Tisch, auf dem
Arminios Schwert liegt und ein Becher
mit Gift steht, den sie – in der Annahme
Arminio sei tot – trinken will. Ramise
hindert sie jedoch daran und teilt ihr mit,
dass Arminio lebe, aber in Gefahr sei. Sie
müssten ihn von den Fesseln befreien oder
ihn rächen, wenn er doch tot sei, und dann
selber sterben. Tusnelda ist einverstanden; sie nimmt den Becher an sich, Ramise
Arminios Schwert, und beide machen sich
gegenseitig Mut und hoffen auf ein günstigeres Schicksal.
Frauen Gift und Schwert weg. Hin- und
hergerissen zwischen seinem Hang zur
Gerechtigkeit, seiner Liebe zu Ramise und
seiner Treue zum Vater geht er, unschlüssig, was er tun soll. Zu den weinenden
Frauen tritt der von Sigismondo befreite
Arminio. Sigismondo bringt Arminio sein
Schwert und drängt zum baldigen Aufbruch, damit er für die Freiheit Germaniens kämpfen könne. Arminio dankt und
verabschiedet sich von der Schwester und
Tusnelda, die ihm ein beständiges Herz
voller Liebe verheißt, wenn er im Triumph
zurückkehren wird. Ramise fragt Sigismondo, ob er hierbleiben wolle, um Segestes
Zorn zum Opfer zu fallen. Wer schuldig sei,
mag fliehen, antwortet Sigismondo, für
seine etwaigen Fehler werde er selbst einstehen. Segeste kommt mit Wachen hinzu
und wirft Sigismondo vor, dass er sich,
statt seine Befehle auszuführen, von Ramise betören lasse. Sigismondo gesteht dem
Vater die Befreiung Arminios, doch auch
Ramise nimmt die Schuld auf sich, worauf
Segeste beide fesseln lässt, ihnen den Tod
verspricht und zornerfüllt geht. Sigismondo rät Ramise, beständig zu sein, um die
Grausamkeit des Schicksals zu besiegen;
er wird abgeführt. Ramise begehrt gegen
die Trennung von ihrem Geliebten auf und
vertraut auf den Beistand der Sterne.
Sigismondo beklagt Arminios Geschick,
als seine Schwester und seine Geliebte
eintreffen und von ihm verlangen, Arminio
zu befreien – anderenfalls würden sie sich
umbringen. Sigismondo bittet sie einzuhalten, und verteidigt den Vater, weil dieser
Augustus gehorchen müsse. Als daraufhin
Tusnelda sich vergiften und Ramise sich
erstechen will, nimmt Sigismondo den
Tullio beschwört Segeste zu fliehen, denn
Varo sei umgekommen, das Kastell erobert
worden, und der hochmütige Arminio habe
gesiegt. Segeste weigert sich, und Sigismondo will den Vater verteidigen. Dieser
aber zeiht ihn des Verrats und schickt
ihn fort. Arminio kommt mit Tusnelda und
Ramise und nimmt Segeste das Schwert
weg. Er beschwört ihn, seinen Hass
als Triumph an und verlangt, zum Tode
geführt zu werden. Varo befiehlt jedoch,
dem Gefangenen die Fesseln abzunehmen.
Segeste protestiert und verlangt Arminios
Hinrichtung, die Varo zwar bestätigt, doch
soll Arminio wie ein Krieger und nicht wie
ein Verbrecher sterben dürfen. Plötzlich
erscheint Tullio und ruft Varo und Segeste
zu den Waffen, da Segismero, ein Führer
der Cherusker, römische Truppen vernichtet habe. Arminio muss in den Kerker
zurückkehren, ist sich aber sicher, dass im
Gefängnis und in der Nähe des Todes seine
Treue noch fester werde. Varo fordert von
Segeste und seinen Leuten die Verteidigung der Burg, Tullio dagegen soll ihm
folgen.
28 OPER ARMINIO
fahren zu lassen – er habe das erfahrene
Leid bereits vergessen. Segeste ist von
so viel Großmut und Tugend überwältigt;
er schwört Arminio Treue, beide umarmen sich. Arminio verkündet, dass seine
Schwester mit Segestes Sohn vereint sein
soll, dem er Freiheit und Leben verdanke.
Tusnelda und ihr Mann bekennen einander
ihre Liebe und Treue. Arminio fordert alle
auf, sich nun der Freude zu überlassen.
Alle bekennen, unfähig zu sein, eine solche
Milde zu erfassen, und erklären, dass
großer Mut Leid in Freude verwandle.
Stephan Blaut
© Bärenreiter Verlag, 2013
BESETZUNG
DER URAUFFÜHRUNG
Arminio
Tusnelda
Segeste
Varo
Sigismondo
Ramise
Tullio DOMENICO ANNIBALI Altkastrat
ANNA STRADA DEL PÒ Sopran
HENRY THEODORE REINHOLD Bass
JOHN BEARD Tenor
GIOACCHINO CONTI Soprankastrat
FRANCESCA BERTOLLI Alt
MARIA CATERINA NEGRI Alt
ARMINIO OPER 29
ZUM STÜCK
ZWISCHEN VERZWEIFLUNG
UND HOFFNUNG:
HÄNDELS ARMINIO
Die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte
von Arminio ist geprägt von einer Reihe misslicher Umstände, die von der Uraufführung
bis ins 21. Jahrhundert reicht. Die Premiere
am 12. Januar 1737 am Royal Opera House in
Covent Garden wurde vom Londoner Publikum
mit Desinteresse aufgenommen. Ein Grund
war, dass es zu dieser Zeit in London ein Überangebot an Opernaufführungen und singenden
Stars gab. Neben den von Händel veranstalteten und von König Georg II. unterstützten
Opernaufführungen im „Königlichen“ Covent
Garden gab es mit der so genannten Opera of
the Nobility in London eine zweite Kompanie.
Beide Opernunternehmen engagierten hochkarätige Gesangsstars, die sie – gemessen
an den Gagen, die auf dem Kontinent gezahlt
wurden – ausgesprochen großzügig entlohnten, was sie in den letztlich unvermeidlichen
Ruin führte. Die britische Aristokratie war also
„operngesättigt“, was sich an den Zuschauerzahlen zeigte. Beide Kompanien hatten gravierende Auslastungsprobleme. In den adeligen
Opernkreisen amüsierte man sich bisweilen
darüber, dass sogar der legendäre Kastrat
Farinelli, der wohl berühmteste Opernsänger
des 18. Jahrhunderts, der von der Opera of the
Nobility engagiert wurde, mehr als einmal vor
halbleerem Haus auftrat. Doch auch Händels
Unternehmung steckte 1737 in der Krise: Kam
Alcina in der Spielzeit 1735/36 noch auf 18
30 OPER ARMINIO
Vorstellungen, folgten der Uraufführung von
Arminio 1737 nur fünf weitere Vorstellungen,
die – so berichtet Opernliebhaber Edward
Holdsworth – schlecht besucht waren. So
scheint es nur folgerichtig, dass Arminio
nach der sechsten und letzten Vorstellung
198 (!) Jahre im Archiv verstaubte.
Die Spielzeit 1736/37 bereitete dem Komponisten einige bittere Momente. Händel
veröffentlichte mit Arminio, Giustino und
Berenice in kurzen Abständen drei neu
komponierte Opernwerke, die von den Wiederaufnahmen von Poro, Alcina, Partenope,
Atalanta, Alexander’s Feast, Esther sowie
einer neuen Fassung des Oratoriums Il trionfo del Tempo e della Verità ergänzt wurden.
Trotz dieser engagierten Versuche gelang es
ihm nicht, das Publikum zurückzugewinnen.
Schlimmer noch: Aufgrund der drohenden
Insolvenz sah er sich gezwungen, sein Sängerensemble aufzulösen. Die Tatsache, dass
die Tage der konkurrierenden Adelsoper
ebenfalls gezählt waren, spendete dem Komponisten, dessen schlechter Gesundheitszustand seinen Freunden Sorge bereitete, nur
wenig Trost. Die großen Anstrengungen und
Rivalitäten der letzten Jahre resultierten in
einem Nervenzusammenbruch und in Teillähmungen seines rechten Arms, worüber auch
die Londoner Presse im Mai 1737 berichtete.
Der Sänger Domenico Annibali Anton Raphael Mengs
Doch die ungünstigen Umstände der Entstehung und Uraufführung sind nicht die einzigen Gründe für das weitere Schicksal dieser
Oper. Fast alle Händel-Forscher, angefangen
mit Charles Burney, dem Zeitgenossen Händels und Autor der General History of Music,
bis zu Winton Dean, dessen umfangreiches
zweibändiges Werk Handel’s Operas aus
dem Jahr 1987 die aktuelle Händel-Rezeption
grundlegend geprägt hat, haben Arminio
als unbedeutend eingeschätzt. Stellvertretend für ähnliche Einschätzungen sei an
dieser Stelle Deans Urteil zitiert: „Vieles in
der Partitur erinnert an Sachen, die Händel
zuvor besser gesagt hat.“ Als Grund für die
vermeintlich schlechte Qualität der Arminio-Komposition werden wiederholt die
unglücklichen Lebensumstände Händels genannt, beispielsweise die große Eile, in der
die Oper in dem kurzen Zeitraum zwischen
dem 15. September und dem 14. Oktober
1736 entstand, oder auch die Tatsache,
dass Arminio nach den großen Erfolgen von
Ariodante und Alcina ein schwieriges Erbe
antrat. Aber wie der Händel-Dirigent Alan
Curtis im Booklet der ersten, von ihm geleiteten Arminio-Aufnahme schreibt, haben
„viele Musikforscher und andere Kommentatoren […] die Oper als uninteressant und
unwichtig abgetan, in vielen Fällen ohne sie
gehört oder sich die Musik genau angesehen
zu haben“. Kann es sein, dass sich bei einem
erneuten genauen Studium der Partitur und
beim erneuten Hören herausstellt, dass es
ARMINIO OPER 31
sich bei alldem um ein Fehlurteil handelt und
Arminio zu Unrecht vernachlässigt wurde?
Händels Arminio-Text geht ursprünglich
auf ein Libretto von Antonio Salvi zurück,
das erstmals 1703 von Alessandro Scarlatti
vertont worden war. Der deutschstämmige
Händel fühlte sich von dem Sujet – mit dem
spätantiken Konflikt zwischen Germanen und
Römern im Mittelpunkt und der berühmten
Varusschlacht als einem der Höhepunkte
– angesprochen. Außerdem lag ihm – wie
die Vorgängerwerke Rodelinda und Radamisto belegen – die Vertonung eines
Familiendramas vor dem Hintergrund eines
Krieges. Lange Rezitativpassagen waren
beim Londoner Publikum eher unbeliebt und
so konstruierte Händel in seinem Arminio
mit kurzen Rezitativen zwischen den Arien
einen Spannungsbogen, der sich von der
ersten bis zur letzten Szene steigert. Er und
sein unbekannter Bearbeiter kürzten Salvis
Text für ihre Fassung radikal und strichen von
den insgesamt 1323 Rezitativ-Zeilen mehr als
tausend heraus! Zwar resultierten daraus
auch dramaturgische Schwächen, von der die
hohe musikalische Qualität und Intensität des
Werks jedoch unberührt bleibt. Und wie wir
aus der Operngeschichte mit Verdis Trovatore,
Webers Freischütz oder Tschaikowskys Pique
Dame wissen, steht eine schwache Vorlage
einem großen Meisterwerk nicht im Weg.
Musikalisch ist Arminio ein weiterer Beleg
für Händels außergewöhnliche Erfindungsgabe und bietet den Interpreten weitreichend
Gelegenheit, ihre vokale Kunstfertigkeit und
Virtuosität zu präsentieren. Händels Sängerensemble von 1736/37 bestand aus bedeutenden Künstlerpersönlichkeiten seiner Zeit.
Die Titelpartie war die erste von drei Partien,
32 OPER ARMINIO
die Händel für den bedeutenden Alt-Kastraten Domenico Annibali kreierte. Die große
Händel-Verehrerin Mary Pendarves, die die
Londoner Opernkarriere des Komponisten
treu verfolgte und kaum eine seiner Premieren verpasste, beschreibt den Sänger
folgendermaßen: „Er verfügt über die besten
Eigenschaften seiner Vorgänger Senesino
und Carestini, mit ausgesprochen feinem
Geschmack und gutem Schauspiel.“ In den
ersten Szenen wird Arminio als Protagonist
etabliert, der mit seiner Ergebenheit dem
Vaterland und der Familie gegenüber sogar
seine Gegner beeindruckt. Den heroischen
Pathos dieser Figur gestaltet Händel in
„Al par della mia sorte“ im 1. Akt mit großen
Bögen und langen Phrasen. Mit dieser großen Arie beginnt die Reise des Titelhelden,
die über die tragischen Reflexionen in „Duri
lacci“, einer Gefängnisarie in dunklem f-Moll,
und den großen emotionalen Ausbrüchen
in „Si, cadro“, in der Arminio seinen Zorn in
furiose Koloraturen fließen lässt, im 3. Akt im
einzigen Recitativo accompagnato mündet,
das als Trauermarsch komponiert ist. Die
Partie gipfelt im gleichen Akt schließlich in
der fulminanten Paradearie „Fatto scorta“,
die Händel für Annibalis Wunderstimme
schrieb. Neben „All’orror della procelle“ aus
Riccardo Primo, komponiert für Senesino,
und „Salda quercia“ aus Arianna in Creta,
komponiert für Carestini, gilt diese Arie mit
temperamentvollen Koloraturpassagen und
riesigen Sprüngen vom Kopf- ins Brustregister zu den schwierigsten Arien Händels.
Anna Strada del Pò, die Lieblingsprimadonna
des Komponisten, gestaltete mit der Rolle
von Arminios Gattin Tusnelda, gleichzeitig
die Tochter von Segeste, eine ihrer dramatischsten Frauenportraits, die deutlich auf die
anderen tragischen Heroinen Händels, wie
Alcina und Ginevra in Ariodante, verweist.
Tusneldas Arien sind im 1. Akt Ausdruck ihrer
Angst vor dem tyrannischen Vater und die
Sorge um den geliebten Mann, dessen Leben
ständig bedroht ist. Ihre größte Momente
hat sie aber im 2. Akt: „Al furor del mio
consiglio“ ist ein Höhepunkt der Oper und
zeigt Tusnelda, wie sie in einem Konflikt mit
ihrem Vater ihrem Ehegatten die Treue hält.
Die Schlussarie des 2. Aktes, die wie immer
bei Händel ein besonderer Moment ist, steht
dazu in starkem Kontrast: Mit einer zarten
und doch ausdruckstarken Siziliana bittet
Tusnelda Varo unter Tränen, ihr ihren Mann
zurückzugeben. Die dunklen Seiten der Figur
werden in der Musik des 3. Aktes zunächst
vertieft, bevor sie wieder zu neuem Leben
erwacht und ihren Gatten, der in den Kampf
mit den Römern aufbricht, mit einem mitreißenden „Va, combatti“ verabschiedet. Die
besondere Beziehung bzw. Liebe zwischen
Arminio und Tusnelda scheint Händel ein
wichtiges Anliegen gewesen zu sein, die
der Oper mit einem Duett der Ehegatten zu
Beginn – nicht nur für Händel ungewöhnlich – und eines vor dem Schlusschor einen
besonderen Rahmen gibt.
Eine Rivalität, oder besser gesagt ein starker
Kontrast zwischen zwei Sängerpersönlichkeiten faszinierte Händel und sein Publikum.
Die Partie des Sigismondo ist die höchste,
die Händel für einen Kastraten komponiert
hat. Er schrieb sie für Gioacchino Conti,
genannt Gizziello, und stellt damit den zweiten
Starkastrat in ein besonderes Licht. Während
Domenico Annibali den Titelhelden Arminio
mit einem dunklen Alt verkörperte, war sein
Kollege Conti, der bei der Premiere gerade
einmal 22 Jahre alt war, und dessen Sigismon-
do von ganz anderer Natur: ein schüchterner,
zerbrechlicher Junge mit schlanker, kristallklarer Stimme. Die Figur wäre für die Studien
moderner Psychoanalytiker nicht uninteressant: ein von Vater Segeste dominierter und
als „effeminato“, als weibisch bezeichneter
Sohn, der die ganze Oper vor einem unlösbaren Dilemma steht, der vom zentralen Konflikt
zwischen Liebe und Pflicht am stärksten betroffen ist und der vergeblich versucht, seiner
Verlobten sowie dem despotischen Vater treu
zu sein. Wir lernen ihn mit einer meditativen
Auftrittsarie „Non son sempre vaghe larve“
kennen. Händel lotet den schwärmerischen
und unentschlossenen Charakter in „Posso
morir“, der Schlussarie des 1. Aktes mit
starken Tempo- und Dynamikkontrasten und
im 3. Akt in „Il sangue al core favella“ weiter
aus, wo Händel, um die Verwirrung und Angst
Sigismondos musikalisch abzubilden, von der
traditionellen Da-capo-Form abweicht. Nur
einmal – in der großen Arie im 2. Akt „Quella
fiamma“ – wirkt er entschlossen: Sein Gesang
strebt bis zum funkelnd hohen C und erscheint
– mit der Oboe als virtuosem Dialogpartner –
als Abbild seiner flammenden Liebe. Das
prächtige Solo hat Händel dem bedeutenden
italienischen Oboisten und Komponisten
Giuseppe Sammartini anvertraut.
Die zweite Heldin der Oper ist Arminios
Schwester Ramise, die bei der Premiere von
der schönen italienischen Altistin Francesca
Bertolli verkörpert wurde. Sie wirkt – wie ihr
Geliebter Sigismondo – unreif und kindisch.
Neben Arminio und ihrem Vater Segeste und
deren politischen und persönlichen Ambitionen ist sie verloren – davon zeugt die fast
komisch wirkende Hysterie ihrer ersten und
letzten Arie, in denen die fieberhafte und aufgeregte Gesangslinie kaum zur Ruhe kommt.
ARMINIO OPER 33
Auch wenn Händel für den Bassist Henry
Theodore Reinhold, den Sänger des Segeste,
nur eine einzige Arie komponiert hat, ist der
Tyrann in vielen Rezitativen präsent. Wie
ein schwarzer, bedrohlicher Schatten liegt
der treulose und schlaue Politiker, der seine
eigenen Kinder wie Schachfiguren in einem
komplizierten politischen Spiel einsetzt, über
vielen Szenen der Oper.
Auch den beiden Römern Varo und Tullio
verleiht Händel ein starkes Profil. Tullio, der
Volkstribun, wurde 1737 von der für Hosenrollen bekannten Altistin Maria Caterina
Negri gesungen. Aus ihren beiden Arien,
die Händel mit langen tollkühnen und fast
operettenhaften Koloraturpassagen ausstattet, spricht die Ironie des Komponisten,
der hier einen starken Kontrast zwischen
Tullios Musik und den hehren im Text proklamierten Ideen über Liebe und die Würde
eines Römers erzeugt. Varo, der römische
General, der sich in die Frau seines größten
Feindes verliebt, ist einer der interessantesten Charaktere der Oper. Händel besetzte
die Partie mit John Beard, für den er in den
1740er Jahre die großen Tenorpartien seiner
Oratorien komponierte. Die Partie ist quantitativ mit nur zwei Arien, mit denen Händel
unterschiedliche Facetten der Figur umreißt,
von eher kleinem Umfang: „Al lumi i due rai“
im 1. Akt ist durchzogen von der Liebe, die
die Angst in Varos Herz verdrängt und ihn zu
neuen Heldentaten hinreißt, und im 3. Akt
erweist er sich mit einem kämpferischen
„Mira il ciel“ als neuer Herakles. In dieser
prächtigen Aria guerriera (Kriegsarie) setzt
Händel zum ersten und einzigen Mal Hörner
ein und wertet dadurch die Partie bedeutend
auf. Kurz nach der Arie vermeldet Tullio Varos
Tod. Nach dem Tod dieses edelmütigen rö34 OPER ARMINIO
mischen Generals erklingen im Schlusschor
bezeichnenderweise keine Fanfaren und
Händel lässt die Oper so, wie sie begonnen
hat, im melancholischen Moll enden.
Doch nicht nur das ansonsten konventionelle Lieto fine ist von einer verhangenen
Stimmung geprägt. Von 33 Musiknummern
steht in Arminio fast die Hälfte in Moll. Die
Oper ist von der hochdramatischen Ouvertüre in h-Moll und dem melancholischen
Schlusschor eingefasst – die Ouvertüre und
das anschließende Menuett, das zu den
populärsten Nummern der Oper in London
wurde, künden die dramatischen Wechsel des 1. Aktes an, im Schlusschor haben
wir bitteren Nachgeschmack der blutigen
Geschichte. Können wir tatsächlich an ein
Happy End für eine Familie glauben, in der
der Vater mehrmals seine Tochter und seinen
Sohn verraten hat und sein Bestes getan hat,
seinen König und Schwiegersohn ermorden
zu lassen? Dieser ungewöhnliche und seltsame Charakter von Arminio wurde schon
von den Zeitgenossen Händels wenige Tagen
nach der Premiere bemerkt: der 4. Earl von
Shaftesbury schrieb an seinen Freund James
Harris: „Die Oper ist recht ernst, aber sehr
präzise und in hohem Maße durchdacht; sie
ist eine von Händels Lieblingen.“ Er schreibt
weiter: „Ich befürchte aber, dass sie nicht
sehr lange gespielt werden wird. Die Stadt
mag sie nicht. Aber wie mein Vater sagt,
‚Harmonie ist Harmonie, auch wenn die ganze
Welt barbarisch wird.‘“ Vielleicht ist es heute
an der Zeit, die erwähnte Harmonie von Arminio neu zu entdecken, auch wenn die Welt
fast drei Jahrhunderte nach der Uraufführung
nicht weniger barbarisch geworden ist ...
Michael Fichtenholz
APPARTEMENT DES MARKGRAFEN, PORZELLANKABINETT
xxx 35
MAX EMANUEL CENCIC &
MICHAEL FICHTENHOLZ ÜBER ARMINIO
GEGEN MODE, GEGEN ZEIT,
GEGEN KONVENTIONEN
Michael Fichtenholz: „Arminio“ gehört
weder zu den bekanntesten noch zu
den zweitbekanntesten Opern Händels.
Normalerweise nimmt man solche vergessenen Werke in den Spielplan, weil alle
anderen schon gemacht wurden. Wie war
Ihr Weg zu „Arminio“? Was fasziniert Sie
an dieser Oper?
Max Emanuel Cencic: Ich finde die
Qualität der Arien, die Qualität der Musik
ausgesprochen gut. Das macht das Werk
außergewöhnlich. Für mich ist es eine der
besten Opern, die Händel je geschrieben
hat. Dieser Meinung waren seine Bewunderer und sogar seine Kritiker schon
bei der Uraufführung. Die Oper ist nicht
durchgefallen, aber die Opernsituation
war damals in London sehr angespannt.
Arminio hatte das Pech, dass die Musik
damals ins Hintertreffen geriet und das
Publikum Sensationen sehen wollte. Das
spiegelt sich auch in unserer Oper. Im
Kern ist sie ein Konversationsstück. Die
Varusschlacht ist bloß historische Kulisse.
Je länger ich mich mit dem Stück beschäftige, desto deutlicher wird mir sein intimer
Kern. Das „Konversationsstück“ war ein
spezifisches Genre der französischen und
englischen Malerei jener Zeit. Es zeigt
Personen im Gespräch und hat gerne einen
moralisierenden oder satirischen Unterton. Am bekanntesten sind heute William
36 OPER ARMINIO
Hogarths Kupferstichzyklen The Rake’s
Progress und The Harlot’s Progress. Händel wollte mit Arminio offenbar eine Oper
à la Hogarth schaffen, um den Geschmack
der Zeit zu treffen. Das scheint ihm mit der
Gattung der italienischen Oper nicht mehr
gelungen zu sein, wohl aber mit der des
englischen Oratoriums. Als er sich dieser
Gattung zuwandte, traf er den englischen
Geschmack wieder und wurde vergöttert.
Puritanismus und Nationalismus wurden
damals in England sehr stark. Das ist auch
der Grund, warum die italienische Oper
dort niederging. Die beiden wichtigsten
Argumente in der Polemik gegen Musiktheater lauteten 1. Oper ist Sünde und
2. Oper ist Ausländerkunst ...
… die noch dazu aus einem katholischen
Land kam.
Genau. Sie verschafft Ausländern vom
Kontinent Einfluss im Vereinigten Königreich. Und zweitens widerspricht sie
der Ästhetik des Puritanismus. Puritaner
bevorzugen Kirchenmusik. Unterhaltungsmusik ist in ihren Augen Sünde. Theater
und besonders Opernhäuser wurden als
Sündenpfuhl angesehen, wo die Leute
hingingen, um sich zu vergnügen, zu essen
und zu trinken, Liebschaften anzubandeln und sogar Sex zu haben – und eine
Kunstform zu begehren, die katholisch
war und mit dem Englischen nichts zu tun
hatte. Also pure Sünde. Händel musste
mehr gegen solche Vorurteile kämpfen
als mit künstlerischen Fragen. Die Gesellschaft veränderte sich und er hat
verzweifelt versucht, sich anzupassen.
Mit dem Wechsel zum Oratorium ist ihm
das gelungen. Nichtdestotrotz ist Arminio
ein Meisterwerk mit einer Handlung, die
sowohl tragisch als auch komisch ist. In
dieser bizarren Mischung liegt der Bezug
zur Bild-Gattung „Konversationsstück“.
Sie stellte die Sitten der Zeit plakativ aus,
sodass man sich fragt: Ist die Welt schon
völlig psychopathisch, völlig gefühllos
geworden? Was ist da los? Ein Beispiel:
Damals gingen die Leute zum Vergnügen
ins Londoner Irrenhaus Bedlam, um die
armen Insassen zu begaffen. Und zwar mit
Frauen, Kindern, der ganzen Familie. Man
muss sich das einmal vorstellen … Solche
Auswüchse spießte Hogarths The Rake’s
ARMINIO OPER 37
Progress moralisierend auf. Arminio nimmt
diesen puritanischen Standpunkt nicht ein.
Aber die Grausamkeit und der Zynismus
des Konversationsstücks sind deutlich in
ihm zu spüren.
Wie setzt Händel diese Ästhetik um?
Es gibt zwei Paare. Arminio und Tusnelda
sind das ideale Paar und Sigismondo und
Ramise sind unkonventionell, um nicht zu
sagen einfach lächerlich …
… also eine Parodie auf das ideale Paar?
Ja, genau, eine absolute Parodie. Sie
verstoßen dauernd gegen die Normen und
Konventionen. Dieses zweite Paar wird
aber auf händelsche Art so dargestellt,
dass es am Schluss doch zum Heldenpaar
wird. Ramise bewahrt Tusnelda vor dem
Selbstmord, Sigismondo verhilft Arminio
zur Flucht. Das ist ein typisch händelsches
Plädoyer für Toleranz. So etwas finden wir
in vielen seiner Werke versteckt. Damit
widerspricht er puritanischem Zeitgeist.
Worin liegt Ihrer Meinung nach der tiefere
Gehalt der Oper?
Es ist für mich ein Familiendrama, in dem die
Beständigkeit der Beteiligten auf den Prüfstand gestellt wird – und siegt. Da steckt
nicht viel Philosophie dahinter. Aber der
Rahmen und die Details sind sehr interessant. Wenn man genauer hinsieht, handelt
es sich um einen System- und Politikwechsel. Wie gehen Leute in einer Umbruchszeit
miteinander um? Wer schlägt sich auf
welche Seite? Wer nutzt die Gelegenheit,
um aufzusteigen, an die Macht zu kommen,
38 OPER ARMINIO
die Macht zu missbrauchen? Bei Varus ist
der Fall klar. Er benutzt seine Macht, um
sich Tusnelda gefügig zu machen. Das ist
pure Obsession. Er liebt sie nicht, sondern
will mit ihr schlafen. Von dieser fixen Idee
ist er so besessen, dass er sogar ihren
Mann Arminio rettet, um seine Frau weiter
erpressen zu können. Solange Arminio lebt,
kann Varus Tusnelda haben. Wenn er stirbt,
verweigert sie sich ihm. Das ist die sadistische Seite dieser Geschichte.
Sie verlegen die Handlung aus dem Jahre
9 n. Chr. in die Zeit der Napoleonischen
Kriege. Warum?
Natürlich kann man die Geschichte in
der Römerzeit spielen lassen, aber diese
Ästhetik ist heute durch die Sandalenfilme
der 50er und 60er Jahre wie Ben Hur und
Cleopatra verbraucht und wirkt kitschig.
Außerdem glaube ich nicht, dass es das
war, was Händel an dem Stoff interessierte.
Bei ihm wurde auch nicht in Römerkostümen gespielt, sondern mit Perücken und
Krinolinen der Mode seiner Zeit.
Das Publikum kannte sich damals zwar
gut in der Antike aus, aber im modernen
Kostüm und Bühnenbild konnte Händel
die Geschichte den Zuschauern näher
bringen. Er wollte, dass sie sich mit den
Protagonisten identifizieren. Als Regisseur muss ich heute dasselbe tun und
etwas finden, womit sich das Publikum
identifizieren kann. Das ist für mich die
Situation, in der sich das Heilige Römische Reich Deutscher Nation Anfang des
19. Jahrhunderts befand. Deutschland
war damals in lauter kleine Fürstentümer
zersplittert. Napoleon besetzte mit seinen
Armeen das Rheinland, setzte die Fürsten
ab und installierte neue Systeme. Er führte
sogar ein neues Gesetzbuch ein, den Code
Napoléon, dessen fortschrittliche Rechtsgrundsätze in unsere Rechtsprechung
eingegangen sind. Das sind die deutlichen
geschichtlichen Parallelen, die diese Zeit
im süddeutschen Raum mit der Handlung des Arminio aufweist. Baden und
Karlsruhe waren unmittelbar von diesen
Vorgängen betroffen. Über Lieselotte von
der Pfalz, die Schwägerin Ludwigs XIV.,
tangierte die Französische Revolution die
Gegend sogar familiär. Darum dachte ich
mir, dieser Systemwechsel hat mit der
Karlsruher Lokalgeschichte zu tun, damit
kann sich das hiesige Publikum identifizieren. Und er weist deutliche Parallelen zu
dem Systemwechsel – Entmachtung der
Kleinfürsten, Aufstieg des Imperiums –
auf, der sich im Germanien Hermanns, des
Cheruskers vollzog. Ich denke vor allem
an die gescheiterte Flucht Arminios und
Tusneldas zu Beginn der Oper. Das erinnert
mich an die Flucht Marie-Antoinettes und
Ludwigs XVI. 1791 aus Paris. Segeste
erinnert an Philippe Égalité, einen Verwandten des Königs und Enkel Johannas
von Baden-Baden, der schon zu Zeiten
Ludwigs XV. in ständiger Opposition zu den
Bourbonen stand. Eine weitere historische
Parallele. Er wurde zum Kollaborateur der
Revolution und verlor am Ende doch seinen
Kopf. Ich war selbst erstaunt, wie perfekt
diese Situation das Stück spiegelt.
Wer in dieser Zeit nicht mit der Zeit ging,
wurde umgebracht.
Auf einen Zack! Und zwar auf der Guillotine.
Ich habe mich da von Milo Formans Film
Goyas Geister inspirieren lassen. Da geht
es auch um diese große Zeitenwende. Der
Film macht den Zeitgeist bis in kleinste
Details nacherlebbar. Wer sich der neuen
Epoche entgegenstellte, kam aufs Schafott.
Andere, wie Pater Lorenzo Casamares,
gespielt von Javier Bardem, Vorbild des
Varus in meiner Inszenierung, wandeln sich
total, vollziehen aber dann den Schritt zur
nächsten Epoche nicht mit und scheitern
später.
Kann es da überhaupt ein Happy End
geben?
Es gibt keines. Varus stirbt, die Römer
werden geschlagen, die Germanen siegen.
Das ist eine Entweder-oder-Situation.
Einer triumphiert, der andere unterliegt.
Aber er stirbt nicht allein, sondern seine
gesamte Armee geht mit ihm unter, was
nicht auf der Bühne gezeigt wird. Arminio
ist also keine Opera seria, wo am Ende
alle einen fröhlichen Schlusschor singen.
Darum stand für mich fest, dass Segeste
geköpft wird und keine Gnade erhält. Was
Arminio und Tusnelda widerfahren ist, ist
unverzeihlich.
Das gilt für alle Zeiten und Kriege. Heute
bist du Gewinner, morgen gehst du aufs
Schafott.
Und so ist es auch in den „Konversationsstücken“. Dort gibt es immer Gewinner,
Verlierer und ein zynisches Ende. Händel
hat, glaube ich, versucht, in diese Richtung
zu gehen, um an den Geschmack des Publikums heranzukommen. Es ist sicher kein
Zufall, dass der Schlusschor in Moll steht.
ARMINIO OPER 39
HELMUT STÜRMER SPRICHT MIT
MICHAEL FICHTENHOLZ ÜBER „ARMINIO“
UNERWARTETE FREIHEIT
Sie haben Bühnenbilder für Opern aus den
unterschiedlichsten Epochen entworfen,
von den Anfängen über die großen romantischen Stücke und die klassischen Meisterwerke bis hin zu Uraufführungen wie
jüngst Anton Lubtchenkos „Doktor Schiwago“ in Regensburg. Worin besteht die
besondere Herausforderung, eine barocke
Oper auszustatten?
Paradoxer- und unerwarteterweise lässt
die Barockoper dem Bühnenbildner viel
mehr Freiheit als andere Werke. Ihre Libretti sind nicht gerade das Gelbe vom Ei. Die
Geschichten können mehr oder weniger frei
interpretiert werden. Ihr Sinn ergibt sich
erst im Zusammenwirken mit Bühnenbild
und Musik. Die größte Gefahr barocker
Opern liegt in der Versuchung, sie allzu
realistisch anzugehen. Auch das andere
Extrem, ein solches Werk vollkommen
abstrakt zu inszenieren, widerspricht der
Musik. Ihre spezifische Herausforderung
liegt darin, einen passenden Rahmen für
diese besondere Musiksprache zu finden.
Dieser Rahmen aber ist relativ frei. Er darf
die Musik weder illustrieren noch verschleiern. Die Geschichte muss verständlich und
nachvollziehbar sein. Welches der richtige
Schlüssel ist, hängt von jedem einzelnen
Werk selbst ab. Beim Arminio liegt er für
mich in der traumartig schwebenden Bühnenbewegung. Unser Bühnenbild ist durch
die technischen Möglichkeiten der Karlsruher Bühne inspiriert, die wir ausschöpfen.
Sie verfügt über drei individuell steuerbare
40 OPER ARMINIO
Drehringe, denen wir im Zentrum noch eine
vierte Drehbühne hinzugefügt haben. Es
geht um die Magie der Bewegung. Außerdem fordert uns die Barockoper auf, ästhetisch aus dem Vollen zu schöpfen. Sie übertreibt, darf aber nie in die Karikatur kippen.
Sie haben bereits bei Leonardo Vincis
„Artaserse“ mit Max Emanuel Cencic als
Titelheld zusammengearbeitet. Die Inszenierung ist faszinierend, weil ihre Buntheit,
Opulenz und Extravaganz in Kostüm und
Bühnenbild alle Grenzen sprengte. Bei „Arminio“ halten sie sich in dieser Beziehung
etwas zurück. Liegt das an der Musik?
Absolut. Bei Arminio gibt es keine Bravourarien à la Artaserse, in denen die
Koloraturen wie Wasserfälle über das
Publikum niederprasseln. Vincis Stil verlangt äußerste Opulenz. In Arminio ist die
Musiksprache zurückhaltender. Das muss
sich auch im Bühnenbild wiederspiegeln.
Ich hoffe, dass die relative Schlichtheit der
Bühne die besondere Atmosphäre dieser
Oper überzeugend vermittelt. Dazu dienen
auch unsere diskreten Videobeiträge. Sie
spielen keine illustrative Rolle, ersetzen
auch nicht die Geschichte, sondern schaffen eine besondere Atmosphäre.
Warum haben sie die Handlung in die
Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert verlegt? Ging es ihnen um die Brutalität und
den Zynismus dieser Epoche oder um das
Zeitalter der Empfindsamkeit und Frühromantik?
Wir haben uns von Goya inspirieren
lassen. Wenn man sich seine Bilder an-
schaut, erkennt man deutlich die Grausamkeit jener Zeit, aber es ist eine Grausamkeit, die paradoxerweise gelegentlich
auch feinfühlig sein kann und sogar eine
gewisse Poesie entwickelt. Da ist eine
neue Ästhetik entstanden, die mich sehr
fasziniert. Es ist eine Kunst in Zeiten des
Krieges und in einer solchen spielt auch
Arminio. Die Figuren in diesem Werk
sind zynisch, brutal, zugleich aber auch
unglaublich sentimental. Vielleicht bringt
der Überlebenswille in solchen Extremsituationen solche Paradoxien hervor.
Ich kann mir nichts Romantischeres vorstellen, als die berühmten Weihnachtsfeiern in den Schützengräben des Ersten
Weltkriegs, von denen mir einmal erzählt
wurde. Da haben deutsche und russische
Soldaten an der Front zusammen gesessen und gefeiert und gemeinsam Weihnachtslieder gesungen. Und am nächsten
Morgen sind sie wieder in ihre Unterstände gekrochen und haben sich gegenseitig
totgeschossen.
ARMINIO OPER 41
MAX EMANUEL CENCIC Arminio & Regie
Max Emanuel Cencic ist einer der weltweit
faszinierendsten und vielfältigsten Künstler, der sich für die Wiederentdeckung und
Aufführung der Musik des 18. Jahrhunderts
einsetzt. Als Countertenor und künstlerischer Leiter seiner Firma Parnassus Arts
Productions ist er die treibende Kraft hinter
Wiederentdeckungen und Produktionen wie
Vincis Artaserse (2012) und Catone in Utica
(2015) sowie Siroe von Hasse (2014). Von
Händel hat er bisher Alessandro, Tamerlano
und Faramondo produziert, im Februar folgt
zu den INTERNATIONALEN HÄNDEL-FESTSPIELEN KARLSRUHE die Gesamtaufnahme
des Arminio. Darüber hinaus produziert er
seine eigenen Solo-CDs: Nach Rokoko wurde
im Herbst 2015 mit großem Erfolg Arie Napoletane auf Decca veröffentlicht. Viele seiner
CDs erhielten nationale und internationale
Auszeichnungen, darunter der Preis der Deutschen Schallplattenkritik, der Echo Klassik in
verschiedenen Sparten, zwei Grammy Nominierungen und der Diapason d’Or. Mit Siroe
42 OPER ARMINIO
gab Max Emanuel Cencic außerdem sein Debüt
als Opernregisseur. Die Produktion hatte ihre
Premiere in Athen und war u. a. bisher an der
Opera Royal de Versailles und beim Budapester Frühlingsfestival 2015 zu sehen.
Mit Arminio bei den HÄNDEL-FESTSPIELEN
debütiert der facettenreiche Künstler erstmals in der Doppelfunktion als Sänger der
Hauptrolle, als Co-Produzent und Regisseur
an einem deutschen Staatstheater. Max
Emanuel Cencic war Mitglied und Solist der
Wiener Sängerknaben, bevor er 1992 seine
Solokarriere als Sopranist begann und von
2001 an als Countertenor auftrat. Er gastiert
an bedeutenden Opernhäusern und bei
Festivals auf der ganzen Welt, wie etwa an
der Wiener Staatsoper, der Bayerischen
Staatsoper München, dem Théâtre des
Champs Elysées, der Wigmore und Barbican
Hall in London, der New Yorker Carnegie
Hall, dem Wiener Musikverein und dem
Amsterdamer Concertgebouw.
GEORGE PETROU Musikalische Leitung
Der in Griechenland geborene George Petrou
machte nach seinem Musikstudium am
Konservatorium Athen, am Royal College
und an der Royal Academy of Music in
London und vor seiner internationalen Dirigentenlaufbahn bereits als Konzertpianist
Karriere. Seit 2012 ist er Künstlerischer
Leiter des renommierten Orchesters
Armonia Atenea (vormals Camerata Athen).
Gemeinsam gehen sie regelmäßig auf
Europatournee und gastieren u. a. bei den
Händelfestspielen Halle, der Opera Royal
Versailles und in der Wigmore Hall London.
2014 debütierte Armonia Atenea als erstes
griechisches Orchester bei den Proms der
BBC und erhielten begeisterte Besprechungen. Zu den nächsten Höhepunkten
gehört das Debüt bei den Salzburger
Pfingstfestspielen im Mai 2016.
Es sind in den letzten Jahren verschiedene
viel umjubelte CDs auf Decca veröffentlicht worden: Dazu zählen die Gesamt-
aufnahmen von Händels Alessandro und
Hasses Siroe, Glucks Tenorarien mit Daniel
Behle und Rokoko, ein Arienalbum von
Max Emanuel Cencic mit Werken von Hasse. Internationales Aufsehen und euphorische Besprechungen erzielte außerdem
Beethovens Prometheus. Parallel zur
Karlsruher Opernproduktion erscheint im
Februar 2016 Händels Arminio.
Mit einem Arienalbum für Franco Fagioli
geben Dirigent und Orchester im Herbst
2016 ihren Einstand beim Label Deutsche
Grammophon. Für weitere Aufnahmen
erhielt George Petrou Auszeichnungen wie
den Gramophone-Editor’s Choice, Diapason d’Or und den Echo Klassik 2008. Der
Künstler wird regelmäßig von großen europäischen Orchestern und Opernhäusern
wie dem Nationaltheater Mannheim, der
Oper Nizza, dem Staatstheater Darmstadt,
dem Münchner Rundfunkorchester und
dem belgischen B’Rock eingeladen.
ARMINIO OPER 43
HELMUT STÜRMER Bühne & Kostüme
Geboren in Temeswar, studierte er an der
Nicolae-Grigorescu-Academy of the Arts
in Bukarest bei Professor Paul Bortnovski.
Dort wirkte er am Teatrul Bulandra von
1968 bis 1977 als Bühnenbildner. Weitere
Stationen in Stuttgart, Frankfurt, Hamburg
und Leipzig folgten, ebenso bei den Wiener
Festwochen, am Wiener Burgtheater und
an den Opernhäuern in Basel, Karlsruhe
und Nürnberg.
Helmut Stürmer gewann den Preis für
das Beste Bühnenbild beim Ungarischen
Theater Festival Pécs für Shakespeares
Troilus und Cressida in der Regie von
Silviu Purcarete und den Preis der Rumänischen Theatergewerkschaft für das beste
Bühnenbild 2007/08 für Goethes Faust. Seit
1997 hat Stürmer Produktionen gemeinsam
mit Silviu Purcarete verwirklicht. Darunter
waren Tchechovs Drei Schwestern am
Théâtre de l’Union, Limoges, Euripides‘
Die Bakchen am Wiener Burgtheater,
44 OPER ARMINIO
Aeschylus’ Oresteia am Norske Teatret
Oslo und mehrere Werke für die Oper Bonn.
In der Spielzeit 2012/13 entwarf Helmut
Stürmer Bühne und Kostüme für drei neue
Stücke Purcaretes: Rachmaninoffs Opern
Francesca da Rimini und Aleko am Teatro
Colòn Buenos Aires und L’Artaserse von
Leonardo Vinci an der Opéra National
de Lorraine und an der Opéra Royal de
Versailles. Zu seinen jüngsten Werken
zählen die Kostüm- und Bühnendesigns
für Ionescus Macbeth der Royal Shakespeare Company und Eötvös‘ Love and
other Demons beim Glyndebourne Opera
Festival, das auch in Vilnius, Köln und
Straßburg gezeigt wurde. Weiter aktuelle
Arbeiten sind Lubchhenkos Dr. Zhivago in
Regensburg und Francesca da Rimini
in Nancy. Am STAATSTHEATER hat
er bereits u. a. das Bühnenbild zu Der
fliegende Holländer in der Regie Achim
Thorwalds entworfen.
CORINA GRĂMOŞTEANU Kostüme
ANGELA SAROGLOU Regieassistenz
Die rumänische Bühnen- und Kostümbildnerin wurde 1983 in Constanța geboren.
Ihre künstlerische Ausbildung an der
Bukarester Nationaluniversität der Theater- und Filmkunst „Ion Luca Caragiale“
schloss sie 2006 ab. Neben Mitwirkungen
an Kurzfilm- und anderen Projekten
entwarf sie Bühnen- und Kostümbilder
für Schauspielproduktionen an verschiedenen Theatern in Bukarest, darunter das
Nationaltheater Bukarest, das Teatrelli
Theater, das Metropolis oder das Odeon
Theater. Es folgte eine Arbeit am Deutschen Staatstheater Temeswar, bevor sie
2015 am Theater Regensburg für Anton
Lubtschenkos Oper Doktor Schiwago,
inszeniert von Silviu Purcărete, die Kostüme kreierte.
Angela Kleopatra Saroglou wurde in Thessaloniki geboren und studierte dort an der
Hochschule der Künste bis 2003 Gesang.
Als Sängerin stand sie in mehreren Produktionen der Kammeroper Thessaloniki
auf der Bühne und war von 1993 bis 2008
Mitglied des von Antonis Kontogeorgiou
geleiteten Macedonia-Chors.
Am STAATSTHEATER KARLSRUHE stellt
sie sich in der Spielzeit 2015/16 an der Seite
von Helmut Stürmer mit dem Kostümbild zu
Händels Arminio vor.
Von 2001 bis 2006 war sie als Regieassistentin am Megaron Thessaloniki und von
2007 bis 2012 an der Griechischen Nationaloper engagiert und arbeitete u. a. mit
Giancarlo del Monaco und Graham Vick.
2003 assistierte sie Gian Carlo Menotti
beim Festival dei due Mondi in Spoleto.
2012 wirkte sie bei Katars erste Opernproduktion mit. An der Griechischen Nationaloper inszenierte sie La Voyante von Henri
Sauguet, L‘amante di tutte von Baldassare
Galuppi und Bizets Carmen.
ARMINIO OPER 45
LAYLA CLAIRE Tusnelda
VINCE YI Sigismondo
Layla Claire stammt aus Penticton,
Kanada. Die Sopranistin studierte Gesang
in Montréal sowie am Curtis Institute of
Music. Zu ihrem Kernrepertoire zählen die
großen Sopranpartien Mozarts, darunter Donna Anna – eine Partie, die sie in
Glyndebourne und unter James Levine
beim Tanglewood Festival sang –, Pamina,
Susanna und Fiordiligi. Sie sang Konzerte
u. a. unter Michael Tilson Thomas, Bernard
Haitink, Yannick Nézet-Séguin und Louis
Langrée.
Vince Yi wurde in Südkorea geboren und
wuchs in Kalifornien auf. Er studierte an
der Boston University und an der University of Michigan. Sein Debut feierte Yi
2009 an der Carnegie Hall im Rahmen der
The Song Continues-Serie der Marilyn
Horne Foundation. Er erschien auf Europas
Bühnen in der männlichen Hauptrolle in
Johann Adolf Hasses Piramo e Tisbe.
In der Spielzeit 2014/15 interpretierte sie die
Gouvernante in The Turn Of The Screw an
der Oper Zürich, Blanche in Poulencs Les
Dialogues des Carmélites in Washington,
Anne Trulove in The Rake’s Progress an der
Met. 2015/16 kehrt sie an die Opernhäuser
von Zürich und Pittsburgh zurück und wird
bei den Salzburger Festspielen als Donna
Elvira in Don Giovanni debütieren.
46 OPER ARMINIO
2013 trat er an der Oper Perm und im Teatro Real Madrid mit Peter Sellars Neuproduktion von Purcells The Indian Queen auf.
In Leonardo Vincis Artaserse sang er 2014
die Titelrolle an der Opéra Royal de Versailles, der Oper Köln und im Amsterdamer
Concertgebouw. Yi wirkte bei der szenischen Aufführung von Leonardo Vincis
lange vergessener Oper Catone in Utica
mit. In der Spielzeit 2015/16 verkörpert
er an der Oper Frankfurt Fraarte in einer
Neuproduktion von Händels Radamisto.
RUXANDRA DONOSE Ramise
JUAN SANCHO Varo
Die aus Rumänien stammende Sängerin
ist eine der gefragtesten Mezzosopranistinnen ihrer Generation. Ab 1992 war sie
Mitglied der Wiener Staatsoper. Noch
während ihres Engagements begann für
sie eine internationale Karriere, die sie an
die größten Opernhäuser führte, von der
San Francisco Opera bis zur Metropolitan
Opera, vom Royal Opera House Covent
Garden London bis zur Pariser Opéra Bastille, vom Glyndebourne Festival bis zu den
Salzburger Festspielen.
Juan Sancho wurde 1982 in Sevilla geboren. Nach seinem Abschluss im Fach
Klavier setzte er seine Studien an der
Musikhochschule von Katalonien fort.
Er arbeitete mit einigen bedeutenden
Künstlern wie z. B. William Christie, Fabio
Biondi, Alan Curtis und Diego Fasolis
zusammen. Er debütierte an international
renommierten Konzert- und Opernhäusern
wie dem Teatro alla Scala Mailand, dem
Barbican Center, Lincoln Center New York,
Palais de Beaux Arts Brüssel und der
Opéra National du Rhin. Weitere Engagements führten ihn an die Opéra national de
Lorraine, Opéra de Versailles, das Festival
in Aix-en-Provence und an die Oper Köln.
Sie verkörperte alle wichtigen Partien ihres
Faches, wie die Charlotte in Werther, Carmen, Octavian in Der Rosenkavalier, Sesto
in La clemenza di Tito oder Rosina in Der
Barbier von Sevilla. In der Spielzeit 2015/16
folgen Auftritte am Royal Opera House
Covent Garden London als Komponist in Ariadne auf Naxos und als Eduige in Händels
Rodelinda am Bolshoi-Theater Moskau.
Als Interpret für Alte Musik wirkte er bei
den vielfach ausgezeichneten Produktionen von Vivaldis Farnace, Händels Alessandro und Hasses Siroe mit.
ARMINIO OPER 47
OWEN WILLETTS Tullio
PAVEL KUDINOV Segeste
Erste Erfahrungen als Sänger sammelte
Owen Willetts in der Chorschule der Lichfield Cathedral und studierte anschließend
an der Royal Academy of Music. Gegenwärtige und zukünftige Engagements
umfassen u. a. den Narciso in Agrippina
bei den HÄNDEL-FESTSPIELEN Göttingen,
eine Tournee mit Les Musiciens du Louvre,
den Eustazio in Rinaldo mit der Lautten
Compagney Berlin, Händels Il trionfo am
Opernhaus Halle und Pergolesis Stabat
Mater mit dem Orchestra of the Age of
Enlightenment. Er sang auch an der Opera
North, Nederlandse Reisopera und an der
Finnischen Nationaloper.
Der aus Russland stammende Bass
schloss seine musikalische Ausbildung
am Sobinov Konservatorium in Saratov
ab. Sein Europadebüt gab der Bass als
Ruslan in Glinkas Ruslan und Ljudmila am
STAATSTHEATER KARLSRUHE. Darauf
folgten Engagements als Sarastro, Selim
in Il turco in Italia, Colline in La Bohème
an der Wiener Volksoper, König Heinrich
in Lohengrin beim Festival dei Due Mondi
in Spoleto. Des Weiteren war er u. a. als
Alidoro in La Cenerentola, Escamillo in
Carmen an der Deutschen Oper am Rhein
Düsseldorf, als Ibn Khakia in Iolanta am
Teatro Nacional de São Carlos in Lissabon
zu erleben.
Sein Amerika-Debüt gab er als Arsace in
Händels Partenope mit dem Boston Baroque Orchester. Er arbeitet gemeinsam mit
den wichtigsten Künstlern für historische
Aufführungspraxis wie u. a. Laurence
Cummings, Christian Curnyn, Emmanuelle
Haim, Marc Minkowski und Raphael Pichon.
48 OPER ARMINIO
Pavel Kudinov gastierte u. a. am Theater
an der Wien, am Teatro Real in Madrid,
am Theater Basel und an der Oper Leipzig.
Eine intensive Zusammenarbeit verbindet
ihn mit Dirigenten wie Christophe Rousset,
Christopher Moulds und Marc Minkowski.
ARMONIA ATENEA Orchester
Armonia Atenea ist der neue internationale
Name für die Camerata Athen. 1991 wurde
das Orchester von der „Gesellschaft der
Freunde der Musik“ in Verbindung mit
der Eröffnung der Athener Konzerthalle
Megaron gegründet. Seitdem fungiert die
Armonia Atenea als deren Hausorchester.
Seit 2011 tritt das Orchester wechselweise
im Megaron und im neuerbauten Onassis-Kulturzentrum in Athen auf.
Die Armonia Atenea ist sowohl mit der
historischen als auch mit der modernen
Aufführungspraxis bestens vertraut. Das
Orchester setzt sich mit einem weitgefächerten Konzertrepertoire von der
Barockmusik bis hin zur zeitgenössischen
Musik des 21. Jahrhunderts ernsthaft
und erfolgreich auseinander. Der Dirigent
und Echo-Klassik-Preisträger George
Petrou ist derzeit der Künstlerische Leiter
des Orchesters. Das Orchester ist auf
den berühmtesten Bühnen der Welt ein
willkommener Gast, wie beispielsweise
beim Musikverein Wien, dem Théâtre des
Champs Élysées in Paris; den Innsbrucker
Festwochen der Alten Musik; sowie auch
im Palais de Bozar in Brüssel; Arsenal von
Metz, an der Opera von Monte Carlo und
dem Grand Theatre von Aix-en-Provence.
Das Orchester hat eine reichhaltige Diskografie. Zu den letzten Veröffentlichungen
gehören die Weltpremiere-Aufnahmen von
Händels Alessandro Severo und Glucks
Il Trionfo di Clelia. Die Einspielung von
Händels Oper Alessandro mit einer Starbesetzung ist bei Decca erschienen und hat
von der internationalen Presse höchstes
Lob geerntet. In der Saison 2013/14 wurden
fünf neue Aufzeichnungen veröffentlicht,
darunter Rokoko, das Soloalbum des Countertenors Max Emanuel Cencic. Dieses
Programm wurde 2014 als Vorkonzert zu
den INTERNATIONALEN HÄNDEL-FESTSPIELEN in Karlsruhe präsentiert.
ARMINIO OPER 49
ÖKUMENISCHER
FESTGOTTESDIENST
Kooperation mit der HÄNDEL-GESELLSCHAFT KARLSRUHE e. V.
Georg Friedrich Händel
(1685 – 1759) Gloria in excelsis Deo HWV deest
Für Sopran, Streicher und Basso continuo
(wiederentdeckt im Jahre 2001,
vermutlich entstanden in Italien)
1. Gloria in excelsis Deo
2.Et in terra pax
3.Laudamus te
4.Domine Deus, Rex coelestis
5.Qui tollis peccata mundi
6.Quoniam tu solus sanctus
ULIANA ALEXYUK Sopran
BADISCHE STAATSKAPELLE
KM. STEPHAN SKIBA Leitung
CHRISTIAN-MARKUS RAISER Orgel
DEKAN HUBERT STRECKERT Katholische Kirche
PFARRER DIRK KELLER Evangelische Kirche
S0 14.2. 10.30 EV. STADTKIRCHE am Marktplatz
50 ÖKUMENISCHER FESTGOTTESDIENST
HAUPTALTAR DER SCHLOSSKIRCHE
xxx 51
2. KINDERKONZERT
PROFESSOR FLORESTAN UND MAESTRO EUSEBIUS
PACKEN AUS: GEORG PHILIPP TELEMANN
6+
DEUTSCHE HÄNDEL-SOLISTEN
TERO HANNULA Bariton
CHRISTIAN FIRMBACH Florestan
ULRICH WAGNER Eusebius & Musikalische Leitung
DEUTSCHE HÄNDEL-SOLISTEN
1. Violine Andrea Keller, Wolfgang von Kessinger, Christoph Timpe, Helmut Hausberg,
Michael Gusenbauer, Eva Scheytt 2. Violine Christoph Mayer, Anna Dmitrieva*, Jana
Chytilova, Martin Kalista, Salma Sadek, Matthias Hummel Viola Jane Oldham, Klaus
Bundies, Gabrielle Kancachian, Cathi Aglibut Violoncello Markus Möllenbeck, Gerhart
Darmstadt, Berhhard Hentrich, Dmitri Dichtiar Violone David Sinclair, Michael Neuhaus
Cembalo Rien Voskuilen Laute Sören Leopold, Michael Dücker Oboe Susanne Regel,
Wolfgang Dey Fagott Rhoda Patrick
*Stipendiatin der Internationalen Händel-Akademie Karlsruhe 2015
SO 14.2. 11.00 & 15.00 GROSSES HAUS
ca. 1 Stunde, keine Pause
52 KONZERT KINDERKONZERT
PROGRAMM
Georg Philip Telemann (1681–1767)
Tafelmusik III, 1 B-Dur TWV 55:B1 4. Satz „Postillons“
Ouvertüre G-dur „La Putain“ TWV Anh. 55:G1 5. Satz Rondeau „Der Hexen-Tantz“
Arie Nr. 17 des Pimpinone aus „Pimpinone“ „Ich weiß wie man redet“
Solo Tero Hannula
Auszüge aus der Orchestersuite C-Dur TWV 55:C3 „Hamburger Ebb´ und Flut“
Gigue „Ebbe und Flut“
Canarie „Die lustigen Bots-Leute“
Harlequinade „Der schertzende Tritonus“
„Der stürmende Aeolus“
Lied mit Saalbeteiligung „Die schlechte Mahlzeit“
Tafelmusik I e-Moll TWV 55:E1 1. Lentement
Ouvertüre B-Dur TWV 55:B3 8. Satz „Le sommeil“
Violinkonzert A-Dur TWV 51:A4 Die Frösche 1. Satz Allegro
„Canarienvogel“-Kantate Arie Nr. 1
Ouverturensuite G-Dur TWV 55:G2 La Bizarre „Rossignol“
Suite G-Dur TWV 55:G10 Don Quichotte 6. Satz „Le Galope de Rosinante“
KINDERKONZERT KONZERT 53
ULRICH WAGNER Dirigent
KS. TERO HANNULA Bariton
Ulrich Wagner studierte an der Musikhochschule Köln Komposition bei Krzysztof Meyer
und Mauricio Kagel sowie Dirigieren bei
Volker Wangenheim. 1995 wurde er am Theater Krefeld-Mönchengladbach engagiert.
Er war sieben Jahre lang Leiter des Niederrheinischen Konzertchors und konzipierte,
dirigierte und moderierte über 50 Kinderkonzerte der Niederrheinischen Sinfoniker.
2003 wechselte er ans STAATSTHEATER
KARLSRUHE und war dort als Studienleiter,
Kapellmeister und Leiter des Opernstudios
tätig. Seit Herbst 2009 ist er neben seinen
dirigentischen Aufgaben Direktor des BADISCHEN STAATSOPERNCHORES und des
Extrachores. In Karlsruhe dirigierte er zahlreiche Repertoirevorstellungen sowie als eigene Premieren Pimpinone, Das Feuerwerk,
Der Kleine Prinz und die Uraufführung von
Michael Nymans Love Counts. Seit 2005 ist
Ulrich Wagner Lehrbeauftragter der Hochschule für Musik Karlsruhe für die Fächer
Partiturspiel und Klavierauszugspiel.
Der Bariton Tero Hannula stammt aus Finnland. Seine musikalische Ausbildung erhielt
er in Wien, Helsinki und Turku. Nach seinem
Debüt am Pfalztheater Kaiserslautern 1976
war er Ensemblemitglied am Nationaltheater
Mannheim und am Staatstheater Stuttgart.
Am Badischen Staatstheater Karlsruhe war
er ab 1993 fest engagiert, wo ihm 2004 für
seine künstlerische Arbeit der Titel Kammersänger verliehen wurde. Gastspiele führten
den Sänger u. a. nach Wien, Hamburg,
München, Zürich, Helsinki, Moskau und
Sankt-Petersburg sowie zu den Savonlinna-Opernfestspielen und Semperoper
Dresden. Sein Repertoire umfasst mehr als
120 Partien in Opern von Mozart, Donizetti,
Verdi, Tschaikowsky, Bizet und Puccini.
54 KONZERT KINDERKONZERT
DEUTSCHE HÄNDEL-SOLISTEN
Die DEUTSCHEN HÄNDEL-SOLISTEN
wurden 1985 aus Anlass der Europäischen
Jahres der Musik und der Wiederkehr des
300. Geburtstages von Georg Friedrich
Händel für die vom STAATSTHEATER
KARLSRUHE gegründeten INTERNATIONALEN HÄNDEL-FESTSPIELE ins Leben
gerufen. Absicht war es, die Rezeption
händelscher Werke und der seiner Zeitgenossen mit einem Klangkörper, der durch
sein verwendetes Instrumentarium die
Aufführungsbedingungen des frühen 18.
Jahrhunderts widerspiegelt, optimal zu
unterstützen.
Das Orchester setzt sich aus Spezialisten
der europäischen Musikszene zusammen
– als Solisten, Kammer- und Orchestermusiker spielen sie in verschiedenen
Spitzenensembles der Historischen Aufführungspraxis. Unter den DEUTSCHEN
HÄNDEL-SOLISTEN befinden sich Hochschulprofessoren und -dozenten, die an
deutschen und auch ausländischen Musikhochschulen unterrichten. Im Laufe der
Jahre gab es Gastspiele der DEUTSCHEN
HÄNDEL-SOLISTEN in ganz Europa, zudem
entstand eine Reihe von beispielhaften
CD-Einspielungen mit bedeutenden Dirigenten für Alte Musik wie Charles Farncombe, Jean-Claude Malgoire, Nicholas
McGegan, Roy Goodman, Arnold Östman
und Andreas Spering.
Das STAATSTHEATER „leistet“ sich als
einziges Mehrspartenhaus in Deutschland
alljährlich dies Festival-Orchester und
sorgt somit neben den Produktionen der
hauseigenen BADISCHEN STAATSKAPELLE mit den Aufführungen der
DEUTSCHEN HÄNDEL-SOLISTEN für
eine lebendige und spannende Rezeption
barocker Werke.
KINDERKONZERT KONZERT 55
KAMMERKONZERT
DER DEUTSCHEN
HÄNDEL-SOLISTEN
GEORG FRIEDRICH HÄNDEL
UND DIE KUNST DES KONTRAPUNKTS
ANDREA KELLER Violine
CHRISTOPH MAYER Violine
JANE OLDHAM Viola
GERHART DARMSTADT Violoncello und Moderation
DAVID SINCLAIR Violone
RIEN VOSKUILEN Cembalo
DI 16.2. 20.00 KLEINES HAUS
ca 2 Stunden, eine Pause
56 KONZERT KAMMERKONZERT
PROGRAMM
Giovanni Benedetto Platti
(1697–1763)
Concerto g-Moll con Violoncello obligato
(Würzburg um 1740)
Grave – Allegro – Largo e staccato – Allegro
Johann Sebastian Bach
(1685–1750)
Motette „Lobet den Herrn, alle Heiden“ (Psalm 117) C-Dur BWV 230
(Instrumental-Fassung)
Lobet den Herrn, alle Heiden,
und preiset ihn, alle Völker!
Denn seine Gnade und Wahrheit waltet
über uns in Ewigkeit
Alleluja.
Anton Zimmermann (1741–1781)
Concerto D-Dur per il Violone Principale,
2 Violini, Viola obligato, 2 Corni e Basso
geschrieben für Josef Kempffer
Allegro moderato – Andante –
Allegro moderato
– Pause –
Johann Caspar Kerll (1627–1693) Canzona IV e-Moll für Cembalo
(Amsterdam 1698)
Georg Friedrich Händel (1685–1759)
Drei Fugen aus Six Fugues or
Voluntarys for the Organ or Harpsicord, op. 3
(London 1735 und Paris 1738)
Fuga V (Largo) a-moll HWV 609 – London um 1717/18
Fuga VI c-moll HWV 610 – London um 1711
Fuga III B-Dur HWV 607 – London um 1717/18
Georg Friedrich Händel
Concerto grosso B-Dur op. VI Nr. 7 HWV 325
(London 1739)
Largo – Allegro – Largo e piano – Andante –
Hornpipe
KAMMERKONZERT KONZERT 57
ZU DEN WERKEN
GEORG FRIEDRICH HÄNDEL
UND DIE KUNST
DES KONTRAPUNKTS
Auf einer ähnlichen mitteldeutschen musikalischen Ausbildung fußend, war Georg
Friedrich Händel ein ebenso großer Meister
des Kontrapunktes wie Johann Sebastian
Bach. Wie viele höchst kunstvolle und
ergreifende Chor- und Instrumentalfugen
hat er geschrieben!
Das Konzert beginnt mit einem ungewöhnlichen Violoncellokonzert von Giovanni
Benedetto Platti, geschrieben für den
Grafen Rudolf Franz Erwein von Schönborn
in Wiesentheid. Wie schreibt man ein
Konzert für einen adeligen Dienstherren,
der dann auch die Solopartie übernimmt?
Ehe er sich herablässt, sich mit den
angestellten Musikern gemein zu machen,
spielt man erst einmal einen Satz ohne ihn
als Solisten und lässt ihn in der folgenden
Fuge erst allmählich und fast unauffällig auftreten. Wie Johann Mattheson,
Händels früher Kollege und Konkurrent an
der Hamburger Gänsemarktoper, sagte, ist
die Instrumentalmusik eine Rede in Tönen,
eine Klang-Rede, und so wird die kontrapunktisch meisterhaft gearbeitete Bachsche Motette „Lobet den Herrn“ ohne
Worte erklingen. Einen Ausblick in die
58 KONZERT KAMMERKONZERT
Zeit der Empfindsamkeit bietet ein wenig
bekanntes Kontrabasskonzert des schlesischen Organisten Anton Zimmermann.
Der zweite Teil des Konzertes ist der
Fugenkunst Händels gewidmet. Die vier erstaunenswerten Cembalo-Fugen von Kerll
und Händel fanden später neue Verwendung in Händelschen Vokalwerken. Das
Konzert endet mit einem der schönsten
Concerti grossi Händels, dem B-Dur-Concerto op. VI,7, das die Vergänglichkeit von
Zeit zum Thema hat, mit einer regelrechten
Zeit-Fuge.
Eine der wesentlichen Forderungen der
Musiker im 18. Jahrhundert war, vor einer
Interpretation eines Werkes herauszubekommen, was ein Komponist beim Schreiben desselben empfunden und beabsichtigt hat. Über den eigenen Zugang des
Ensembles der Deutschen Händel-Solisten
zu der gespielten Musik und von diesem
Forschen nach Inhalt aus angemessenem
Ausdruck wird es im Laufe des Konzertes
informativ und kurzweilig berichtet.
Gerhart Darmstadt
ANDREA KELLER Violine
Die international gefragte Violinistin war zunächst Konzertmeisterin des von
ihr mitbegründeten Concerto Köln und spielt in namenhaften Ensembles, wie
u. a. den DEUTSCHEN HÄNDEL-SOLISTEN sowie als Gastkonzertmeisterin
im Kammerorchester Basel, dem Barockorchester Sevilla und Les Agréments
musicales.
CHRISTOPH MAYER Violine
Der Geiger arbeitet als Vermittler der historischen Aufführungspraxis an
moderne Orchester, was ihn u. a. an die Oper Zürich, zur Norddeutschen
Philharmonie Rostock und als Gastdirigenten der Nizhny Novgorod
Soloists nach Russland führte. 2006 wurde ihm von der Staatlichen GlinkaHochschule für Musik Nizhny Novgorod eine Ehrenprofessur verliehen.
JANE OLDHAM Viola
Die Geigerin und Bratschistin stammt aus Zimbabwe und war mehrere Jahre
Mitglied der Deutschen Kammerakademie. Seit 1990 tritt sie mit Kammerorchestern in Europa auf, darunter die Deutsche Kammerphilharmonie
Bremen, das Kölner Kammerorchester, Ensemble Oriole und Ensembles für
Alte Musik wie die Cappella Coloniensis und das Freiburger Barockorchester.
GERHART DARMSTADT Violoncello und Moderation
Er hat sich als Solist, Kammermusiker, Continuospieler und Dirigent einen
Namen gemacht. Er lehrt historische Aufführungspraxis, Barockvioloncello
und Kammermusik. Kurse und Vorträge, CD- und Rundfunk-Aufnahmen
sowie wissenschaftliche Veröffentlichungen weisen ihn als inspirierenden
Interpreten und Pädagogen aus. Er wird das Konzert moderieren.
DAVID SINCLAIR Violone
Der Kanadier David Sinclair ist einer der einflussreichen Kontrabassisten
der Alte-Musik-Szene. Er ist international bekannt für seine Arbeit an der
Wiederentdeckung des „Wiener Kontrabasses“ und dessen Repertoire
durch mehrere Solo-CD-Einspielungen, vor allem von Wiener Kontrabass-Konzerten (ARS Produktion).
RIEN VOSKUILEN Cembalo
Der Cembalist gründete das Ensemble La Fantasia. Darüber hinaus ist er als
Solist tätig und wirkte bei zahlreichen Rundfunk- und CD-Aufnahmen mit, so
mit der Akademie für Alte Musik Berlin, dem Niederländischen Kammerorchester, dem Stuttgarter Kammerorchester und bei den KARLSRUHER
HÄNDEL-FESTSPIELEN.
KAMMERKONZERT KONZERT 59
60 xx
DECKENGEMÄLDE BACCHUS UND ARIADNE
xxx 61
TESEO
Oper von Georg Friedrich Händel HWV 9
Libretto von Nicola Haym nach Thésée von Philippe Quinault
Uraufführung 19. Dezember 1713 am Queen’s Theatre am Haymarket in London
In italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln
DEUTSCHE HÄNDEL-SOLISTEN
1. Violine Andrea Keller, Wolfgang von Kessinger, Christoph Timpe, Evgeny Sviridov*,
Helmut Hausberg, Salma Sadek, Michael Gusenbauer, Eva Scheytt 2. Violine Christoph
Mayer, Almut Frenzel, Jana Chytilova, Martin Kalista, Anna Dmitrieva*, Matthias Hummel
Viola Jane Oldham, Klaus Bundies, Gabrielle Kancachian, Cathi Aglibut Violoncello Dmitri
Dichtiar, Gerhart Darmstadt, Markus Möllenbeck, Berhhard Hentrich Violone David
Sinclair, Michael Neuhaus Cembalo Marc Meisel a. G., Rien Voskuilen Laute Sören
Leopold, Michael Dücker Traversflöte Susanne Kaiser, Annie Laflamme Oboe Susanne
Regel, Wolfgang Dey, Kristin Linde, Thomas Jahn Fagott Rhoda Patrick, Marita Schaar
Trompete Hannes Rux, Ute Rothkirch Pauke Peter Hartmann
*Stipendiaten der INTERNATIONALEN HÄNDEL-AKADEMIE KARLSRUHE 2015
WIEDERAUFNAHME SA 20.2. 15.00 GROSSES HAUS
Weitere Vorstellungen 24.2. 19.00, 27.2. 19.00
ca. 3 Stunden 40 Minuten, Pause nach dem 3. Akt
62 OPER TESEO
Teseo
VALER SABADUS
Agilea, seine Geliebte
YETZABEL ARIAS FERNÁNDEZ
Egeo, König von Athen
FLAVIO FERRI-BENEDETTI
Medea, seine Verlobte
ROBERTA INVERNIZZI
LARISSA WÄSPY
Clizia, Geliebte des Arcane
TERRY WEY
Arcane, ein Vasall des Königs
MEHMET ALTIPARMAK*
Priester der Minerva
CONSTANZE KIRSCH*, CARINA SCHMIEGER*,
Chor der Athener
KATHARINA SEBASTIAN**, LUISE VON
GARNIER**, MEHMET ALTIPARMAK*,
KAI KLUGE*, DEREN MEHMET ELADAG**,
HAKAN ÇIFTÇIOĞLU*
*Opernstudio
**Studierende der Hochschule für Musik Karlsruhe
Musikalische Leitung
MICHAEL FORM
Regie
DANIEL PFLUGER
Bühne
FLURIN BORG MADSEN
Kostüme
JANINE WERTHMANN
Licht
RICO GERSTNER
Mitarbeit Kostüm KERSTIN GRIESSHABER
Video
BENEDIKT DICHGANS,
PHILIPP ENGELHARDT
Dramaturgie
MICHAEL FICHTENHOLZ
Musikalische Assistenz MARC MEISEL Studienleitung STEVEN MOORE Regiemitarbeit
NELE TIPPELMANN Hospitanz MILENA-MARIA SMACZNY Bühnenbild-Assistenz SANDRA
DENNINGMANN Kostümassistenz STEPHANIE GAISSERT Übertitel PASCAL PAUL
HARANG Soufflage EVELYN WALLPRECHT Inspizienz UTE WINKLER
Technische Direktion HARALD FASSLRINNER, RALF HASLINGER Bühne RUDOLF BILFINGER, EKHARD SCHEU Leiter der Beleuchtung STEFAN WOINKE Licht RICO GERSTNER
Leiter der Tonabteilung STEFAN RAEBEL Ton GUNTER ESSIG, JAN PALLMER Leiter der
Requisite WOLFGANG FEGER Werkstättenleiter GUIDO SCHNEITZ Malersaal GIUSEPPE
VIVA Leiter der Theaterplastiker LADISLAUS ZABAN Schreinerei ROUVEN BITSCH
Schlosserei MARIO WEIMAR Polster- und Dekoabteilung UTE WIENBERG, BERNHARD
BUSSE Kostümdirektorin CHRISTINE HALLER Gewandmeister/in Herren PETRA ANNETTE
SCHREIBER, ROBERT HARTER Gewandmeisterinnen Damen TATJANA GRAF, KARIN
WÖRNER, ANNETTE GROPP Waffenmeister MICHAEL PAOLONE, HARALD HEUSINGER Schuhmacherei THOMAS MAHLER, NICOLE EYSSELE, VALENTIN KAUFMANN Modisterei DIANA
FERRARA, JEANETTE HARDY Chefmaskenbildner RAIMUND OSTERTAG Maske SABINE BOTT,
MARION KLEINBUB, PETRA MÜLLER, SOTIRIOS NOUTSOS, KARIN GRÜN, INKEN NAGEL,
ANDREA WEYH, SANDRA OESTERLE, MIRIAM HAUSER
TESEO OPER 63
ZUM INHALT
VORGESCHICHTE
2. AKT
Vom Wunsch nach einem Thronfolger
erfüllt, befragt Egeo (Aigeus), König von
Athen, das delphische Orakel. Er erhält einen Spruch, den er nicht versteht. Auf dem
Heimweg rastet er in Troizen. Dort macht
ihn König Pittheus betrunken und verkuppelt
ihn mit seiner Tochter Aithra. Am nächsten
Morgen erschrickt Egeo vor seiner Unbeherrschtheit und macht sich aus dem Staub.
Zuvor legt er Schwert und Sandalen unter
einen Stein. Sollte die Frucht der Nacht ein
Heldensohn werden, würde er die Gaben
finden und zu ihm heimkehren. Theseus
wächst am Hof von Troizen auf, ohne seinen
Vater zu kennen. Als er stark genug ist, den
Stein wegzurollen, offenbart ihm seine Mutter seine Identität. Er macht sich inkognito
nach Athen auf, um seinen Ruf nicht seinem
Namen zu verdanken, und vollbringt unterwegs wie sein Vorbild Herakles zahlreiche
Heldentaten zum Wohle der Menschheit.
In Egeos Palast: Egeo schreibt den Sieg
der Athener Medeas Zauberkünsten zu.
Um ihre Gunst nicht zu verlieren, trägt er
ihr statt seiner Hand die seines Sohnes an,
den er nicht kennt. Medea durchschaut
Egeo, geht aber nicht auf das Angebot ein,
da sie Theseus liebt. Egeos Rat Arcane
meldet, das Heer habe Theseus zum Nachfolger Egeos ausgerufen. Egeo wird von
Eifersucht gepackt.
1. AKT
Im Palast: Arcane und Agileas Hofdame
Clizia lieben sich. Arcane sucht Egeo auf,
um seine Zustimmung zu ihrer Heirat zu
erbitten. Agilea eröffnet Theseus, dass
auch Egeo um ihre Hand anhält. Theseus
geht zu ihm, um ihn umzustimmen. Arcane überbringt Agilea Egeos Befehl, sich
auf die Hochzeit mit ihm vorzubereiten.
Medea versucht, Agilea zum Verzicht
auf Theseus zu nötigen. Als sie sich
weigert, verwandelt die Zauberin den
Palast in eine Wüste voller Höllengeister,
Dämonen und Ungeheuer. Medea ruft die
Furien aus der Unterwelt herauf, Agilea
zu foltern.
Athen befindet sich im Krieg mit einer ungenannten Macht. Theseus kämpft an der
Seite der Athener, ohne seine Identität zu
enthüllen. Agilea flieht in den Parthenon,
um sich dem Schutz der Göttin Athene anzuvertrauen. Die verwaiste Tochter eines
entmachteten Königs hat bei Egeo Asyl
erhalten. Nach errungenem Sieg will er
sie trotz des Altersunterschieds zur Frau.
Sie weist ihn damit zurück, dass er bereits
Medea die Ehe versprochen habe. In Wirklichkeit liebt sie Theseus. Medea, die nach
ihrer Flucht aus Korinth, wo sie Jason ins
Unglück stürzte, in Athen untergekommen
ist, möchte dort Königin werden.
64 OPER TESEO
Platz in Athen: Das Volk huldigt Theseus.
Er bittet es, sich zu zerstreuen. Medea
enthüllt Theseus Egeos Eifersucht und
bietet ihm ihre Zaubermittel gegen seine
Liebe an. Theseus lehnt ab, da er Agilea liebe. Medea rast nun ihrerseits vor
Eifersucht und schwört, die Rivalin zu
vernichten.
3. AKT
4. AKT
5. AKT
Arcane berichtet Egeo, was sich zugetragen hat. Dieser eilt davon, Medea zu
vergiften. Arcane stellt fest, dass dieselbe
Liebe, die Egeo und Medea zum Wahnsinn
treibt, ihn zu sich selber bringt.
In ihrem Zauberschloss grübelt Medea,
wie sie ihre aufgewühlten Leidenschaften
beruhigt. Den geliebten Theseus zu töten,
würde sie in ewiges Leid stürzen, Agilea
geliebt zu sehen, ihre Eifersucht verewigen. Alle drei sollen sterben, Theseus
von der Hand des eigenen Vaters. Medea
reicht Egeo einen Giftbecher, den er Theseus zum Trinken geben soll, um sich am
Räuber seines Thrones und seiner Liebe zu
rächen. Egeos Vernunft sagt ihm, er solle
dem Affekt widerstehen. Schließlich siegt
die Natur. Theseus wirft sich dem König zu
Füßen. Egeo heuchelt Großmut und reicht
Theseus den Giftbecher. Dieser schwört
ewige Vasallentreue auf sein Schwert. An
der Waffe erkennt Egeo seinen Sohn und
entreißt ihm das Gift. Medea flieht. Egeo
spürt, wie es ist, andere glücklich zu machen, und vereint auch Arcane und Clizia.
Medea setzt den Palast in Brand. Athene,
die Göttin der Vernunft, schwebt vom
Himmel herab und gebietet dem Wüten der
Elemente und Affekte Einhalt. Die Bühne
verwandelt sich wie zu Beginn in den Parthenon. Vernunft und Affekt schließen Frieden: Harmonie ist der Preis wahrer Liebe.
Szenenwechsel: Medea unterwirft Agilea
sadistischen Prüfungen. 1. Prüfung: Geleitet von Geistern des Schlafes schwebt
der Schatten des Theseus herab. Agilea
fleht ihn an, sie zu erhören. Er hört sie
nicht. 2. Prüfung: Medea befiehlt den Furien, Theseus zu töten, falls Agilea nicht
auf ihn verzichtet. Agilea überwindet sich
und entsagt. 3. Prüfung: Medea fordert,
Agilea solle Theseus’ Liebe zurückweisen. Dazu lässt sie ihn auf einer Zauberinsel der Liebe wieder aufwachen. Er
umwirbt Agilea, doch sie bleibt, wie Medea befahl, stumm. Medea redet ihm ein,
seine Geliebte ziehe Egeos Krone seinem
Herzen vor und geht ab. 4. Prüfung: Agilea darf sich nicht wehren. Sie gibt alles
zu, versucht ihm aber durch die Blume
anzudeuten, dass sie unter Zwang handelt. Theseus missversteht und enthüllt
seine königliche Geburt, da er glaubt, es
ginge ihr um die Krone. Sie reißt sich verzweifelt los, um Egeo zu heiraten und das
Leben ihres Geliebten zu retten. In diesem
Moment öffnet sich eine schwarze Wolke:
Medea, in ihr verborgen, hat alles mitgehört. Sie heuchelt Großmut: Bezwungen
von so selbstloser Liebe wolle auch sie
das Glück der Selbstlosigkeit erfahren
und den Liebenden helfen.
Text von Nicolas Haym nach Quinaults
Thésée für Lully (1675)
TESEO OPER 65
PROJEKT DA CAPI
Die Sänger der Barockzeit standen immer vor der Herausforderung, ihre Arien so zu
verzieren, dass der Ausdruck des jeweiligen Affektes zusätzlich verstärkt wird und beim
Zuhörer kein Zweifel bleibt, in welchem Gemütszustand sich die Bühnenfigur gerade
befindet. Michael Form hat einige seiner Kollegen vor diese Herausforderung gestellt
und sie gebeten, jeweils zu einer schnellen und einer langsamen Arie die Verzierungen
des Da-capo-Teils zu komponieren. Ein Projekt, das der Karlsruher Aufführung des Teseo
im wahrsten Sinne des Wortes eine besondere Note verleiht.
1. AKT
Agilea Deh serbate
Arcane Ah! Cruda gelosia Agilea M’adora l’idol mio
Juan Manuel Quintana Buenos Aires
Thomas Leininger Basel
Thomas Leininger Basel
2. AKT
Medea O stringero nel sen
Alessandro Ciccolini Senigallia
4. AKT
Agilea Amarti si vorrei Juan Manuel Quintana Buenos Aires
5. AKT
Medea Moriro
Alessandro Ciccolini Senigallia
Alle weiteren Arien wurden von Michael Form und dem Sängerteam verziert.
66 OPER TESEO
YETZABEL ARIAS FERNÁNDEZ
TESEO OPER 67
ZUM STÜCK
EIN NEUER LULLY?
Händels Teseo und die englische Politik
Teseo ist Händels 9. Oper. Das Textheft,
das dem Publikum am 10. Januar 1713 an
den Eingängen des Londoner Haymarket-Theatres als Programm zum Mitlesen
verkauft wurde, bezeichnet sie im Untertitel als „Dramma Tragico, per Musica“.
Das ist ein Hinweis auf die Vorlage des
Librettos. Kein anderes Werk des Komponisten weist eine derartige Spezifizierung
auf. Seine fünf Hamburger Opern hießen
„Sing-Spiel“, die beiden für Florenz und
Venedig „Drama per musica“, die für London „Opera seria“. „Dramma Tragico, per
Musica“ ist die wörtliche Übersetzung
von „Tragédie lyrique“. Gebildete Leser
erkannten dahinter Philippe Quinaults
Tragédie lyrique Thésée, 1674 für Lully
geschrieben und am 15. Januar des folgenden Jahres vor Ludwig XIV. im königlichen
Schloss St. Germain-en-Laye uraufgeführt. Thésée war einer der Erfolgstitel
der französischen Oper. Er wurde allein in
Paris bis 1779 zwölf Mal neu inszeniert,
unter anderem 1707/08, wo Händels Librettist Nicola Francesco Haym ihn gesehen
haben kann.
Quinaults Stoffwahl hatte 1675 eine
besondere Bedeutung. Thésée ist ein
Glanzstück politischer Propaganda. Lud68 OPER TESEO
wig XIV., der in eine chaotische Epoche
jahrzehntelanger europäischer Kriege und
Bürgerkriege hineingeboren wurde, schuf
mit harter Hand „Frieden“ in seinem Land,
eine ihm unterworfene Verwaltung und
– ebenfalls eine Novität – ein gut ausgebildetes und gut bezahltes ganzjähriges Berufsheer. Das nutzte „der neue Mars“, um
Frankreichs Grenzen vorzuschieben und zu
„begradigen“. Jeder der vielen Feldzüge,
die „der siegreiche Held“ ab 1667 jährlich
führte, wurde nach seiner Heimkehr mit
einem Triumphfest oder einer neuen Oper
verherrlicht, in deren Prolog er als unbesiegbarer Stratege, Liebling der Venus,
Förderer der Musen und des Gewerbefleißes gefeiert wurde. Die Kenntnis dieser
Opern und Feste wurde in Prachtdrucken
international verbreitet, um Frankreich als
militärisch wie kulturell führende Macht
Europas zu propagieren. Dass Ludwig sein
Land durch Krieg und Luxus ruinierte und
den Glanz des Hofes durch totale Ausbeutung seiner Untertanen finanzierte, gehört
zur Kehrseite einer Medaille, die uns aus
den Diktaturen und Semidiktaturen des 20.
und 21. Jahrhunderts bekannt ist.
Der Prolog von Quinaults Thésée spielt „in
den Gärten von Versailles“, das 1674 eine
Großbaustelle war und schmeichelte dem
König, indem er ihm schon jetzt auf der
Bühne vorführte, wie sein Schloss in fünfzehn Jahren einmal wirken sollte. Haym
konnte darauf in seiner Bearbeitung verzichten. Händels Oper diente nicht mehr
französischer Propaganda. Ihr Gehalt aber
sitzt so tief in der DNA des Stücks, dass
es ohne sie nicht zu verstehen ist. Auch
Haym, der Quinaults Tragédie lyrique
ohne große Änderungen übersetzt und an
das Schema der Opera seria anpasst, das
heißt Chöre und Ballette tilgt und die langen Mono- und Dialoge in Rezitative und
Da-capo-Arien auflöst, stellt Theseus als
unbesiegbaren Feldherrn dar. Außerdem
als Idealbild eines Helden, unwiderstehliches Objekt der erotischen Begierde zweier Primadonnen, Überwinder höllischer
Zauberkräfte, womit im Frankreich von
1674 die reformierte Ketzerei des Kriegsgegners, der Niederlande gemeint war,
und größten König von Athen. Er muss sich
sein Reich durch kriegerische Tapferkeit,
charakterliche Vorbildlichkeit, Charme und
Wohltätigkeit verdienen. Quinault erklärt
Frankreich damit zum zweiten Athen.
englische Königin hingegen handelte gerade den Utrechter Frieden aus und legte
damit den Grundstein für den Aufstieg des
British Empire. Sie nahm Frankreich seine
nordamerikanischen Kolonien ab, ließ sich
das Monopol über den südamerikanischen
Sklavenhandel garantieren, erzwang die
Herrschaft über die Meerenge von Gibraltar und verdrängte Spanien als Seemacht.
Als Aktionär mehrerer Handelsgesellschaften wollte auch Händel zwei Jahre
später davon profitieren. Machte Haym
aus dem Propagandastück für Ludwig eines für Queen Anne?
Bei Haym scheint das Thema der jungen
Generation Teseo und Agilea, die das
gründlich abgewirtschaftete, in seine
eigenen Lügen verstrickte System des
Vaters Egeo und der Stiefmutter Medea
ablöst, auf den ersten Blick leer zu laufen.
Warum drängte er Händel dann aber ausgerechnet dieses Libretto auf? 1712/13 lag
England mit Frankreich im Krieg. Ludwig
war alles andere als eine Lichtgestalt: Ein
bigotter, verbitterter, starsinniger Greis,
der bleierne Stagnation über sein Land
verhängte – eher Egeo denn Teseo. Die
Händel hatte allen Grund dazu, der Königin
zu huldigen. Nach dem Erfolg seiner Agrippina in Venedig wurde er von mehreren
gekrönten Häuptern Europas umworben,
deren Höfen er auch allen einen Inspektionsbesuch abstattete. London beehrte
er Ende 1710 bis Sommer 1711, feierte am
Queen’s Theatre mit Rinaldo Triumphe und
widmete das Stück der Königin, die sich mit
einer lebenslangen Pension dafür bedankte.
Dann schaute er sich noch einmal in Hannover und Düsseldorf um, um sich Mitte 1712
endgültig für London zu entscheiden.
Der Vergleich der Partituren zeigt, dass
sich der Fokus tatsächlich von dem weitgehend passiven Teseo auf die aktive
Agilea verschiebt. Immerhin wurde Theseus. An Opera im „Queen’s Theatre in
the Hay-Market“ uraufgeführt, wie das
Titelblatt kursiv hervorhebt. Haym borgte
sich den kulturellen Glorienschein des
Sonnenkönigs, um einer Sonnenkönigin
zu huldigen. Ein probates Mittel barocker
Überbietungsrhetorik: Ludwig war größer
als Theseus, Anne ist größer als Ludwig …
TESEO OPER 69
Zielstrebig warb der 27-Jährige um Anne.
Noch während der Proben zu Teseo und
bevor die Verträge unterschriftsreif waren, komponierte er im Auftrag des Königshauses das Utrechter Te Deum, das am 14.
Januar 1713 fertig war und pünktlich zur
Proklamation des Friedens am 31. März
bzw. zum Festgottesdienst am 13. Juli in
St. Paul’s Cathedral bereit lag. Anschließend schrieb er Lucio Cornelio Silla und
widmete die Oper dem Sonderbotschafter
Ludwigs XIV. bei den Londoner Friedensverhandlungen. Darauf entstand die Ode
to the Birthday of Queen Anne, die aber
erst am 6. Februar 1714 in Windsor Castle
uraufgeführt wurde und deren sieben
Strophen mit dem Refrain schließen:
The day that gave great Anne birth
Who fixed a lasting peace on Earth.
Auch Händels nächste Oper, Amadigi
(1715), geht auf ein Quinault-Libretto zurück. Eine Aussöhnung mit Frankreich lag
1713ff. auf der Regierungslinie, um einem
Übergewicht des Hauses Habsburg auf
dem Kontinent entgegenzutreten. Nicht
auszuschließen also, dass Händel Annes
Lully werden und in ähnlicher Weise an
Großbritanniens Aufstieg partizipieren
wollte wie Ludwigs Hofkomponist an demjenigen Frankreichs ein Menschenalter
zuvor. Dass er auf Thésée zurückgriff, um
dies zu signalisieren, war geschickt. Anne
wurde bis 1670 in Frankreich erzogen. Ihre
Erinnerungen an die Glanzzeit des Sonnenkönigs hatten sich verklärt.
Es war also vielleicht mehr als Konvention,
als Minerva am Schluss des Teseo in einer
Wolkenaureole vom Schnürboden herab70 OPER TESEO
schwebte und ihr Priester den Anwesenden verkündete, es sei „durch das Wirken
höherer Weisheit ein ewiges Werk gelungen, das selbst die Kräfte der Hölle nicht
zerstören können“. Jede Seele, heißt es
im Schlusschor, freue sich dieses schönen
Tages, an dem das blutige Wüten der Hölle
endgültig zu Ende sei und der den Menschen wieder sein lachendes Antlitz zeige,
indem er den von allen ersehnten Frieden
zurückbringe. An die Stelle der dramatischen Prologe in der französischen Oper
treten in der italienischen die zeitgemäßeren Widmungsepisteln, die den Libretti
vorausgehen. Diejenige des Teseo richtet
sich an den 18-jährigen Richard Boyle,
in dessen Palast der Komponist 1712 bis
1717 wohnte, und an dessen Mutter, die
Kammerfrau der Königin. Solange Anne
lebte, baute Händel also mit aller Energie
ein dichtes Netz aus Kontakten und Fürsprechern um sie auf. Teseo ist eine der
Maschen dieses Netzes.
Boris Kehrmann
VALER SABADUS, ROBERTA INVERNIZZI
xxx 71
ZUR INSZENIERUNG
FEIER
DES GEFÜHLS
Daniel Pfluger im Gespräch mit Operndramaturg Boris Kehrmann
Du inszenierst Schauspiel und Oper mit
Stoffen von der Antike bis zur Gegenwart.
Worin siehst Du das Spezifische an der
Barockoper?
Ich sehe diese Art Oper nicht, sondern
spüre sie. Ich habe schon während meiner
Regie-Ausbildung angefangen, mit Barockmusik zu arbeiten. Auch im Schauspiel, wo
ich sie für Improvisationen nutze. Sie ist
eine Form, die einen höheren Anknüpfungspunkt an heutige, wahrhaftige Gefühle hat
als z. B. Verdi. Sie bietet einen Freiraum
zwischen den Noten, den man mit seinen
eigenen Sehnsüchten, Gefühlen, Bildern
füllen kann. Darum funktioniert sie gerade
für meine Generation unglaublich gut. Ist es
ein Wunder, dass die HÄNDEL-FESTSPIELE
immer ausverkauft sind? Barockmusik
spricht etwas in uns an, das wir in anderen
Formen von Musik nicht finden.
Wie wirkt sich das in Deiner Arbeitsweise aus?
72 OPER TESEO
Ich versuche, die eigenen Erfahrungen, die
das Publikum während der Aufführung einer Barockoper machen kann, nicht durch
Überinterpretation zu verbauen. Ich arbeite
mit meinem Team Flurin Borg Madsen und
Janine Werthmann schon seit Langem
sowohl im Schauspiel als auch in der Oper
daran, Ästhetiken zu finden, die eine andere Form von Wahrnehmung zulassen, die
es z. B. ermöglichen, dass Barockmusik
atmen kann, dass unser Bild die Zuschauer
einlädt, Räume in der eigenen Phantasie
entstehen zu lassen.
Du verstehst Eure Arbeit also als
Stimulans?
Ja, als szenisches und optisches
Stimulans.
Nun ist „Teseo“ eine ganz besondere Oper
von Händel …
Ja!
Es ist ein Jugendwerk und es ist französisch geprägt. Letzteres heißt, dass
„Teseo“ eine klassizistische Dramaturgie
hat, die den Zuschauer streng an die
Kandarre nimmt.
Das finde ich nicht. Natürlich ist Teseo
nicht so frei wie z. B. Alessandro. Dessen Geschichte kann man in drei Sätzen
zusammenfassen. Teseo hat dagegen
eine reiche und verzwickte mit vielen
Umschwüngen, die dramaturgisch genau erzählt werden wollen, damit man in
die Gefühle der Arien einsteigen kann.
Ich empfinde das als Vorteil. Teseo ist
eine der wenigen mir bekannten Händel-Opern, die so präzise und fordernd
gebaut sind und so eine emotionale Entwicklung durchlaufen.
Und wie ist das mit der ideologischen
Botschaft, auf die die „Zauberflöten“-hafte
Prüfungshandlung hinausläuft? Die Macht
der Vernunft besiegt das Chaos der
Gefühle?
Für mich ist Teseo eher eine Feier der
Emotionen in einer rationalistischen Welt.
Wenn man ehrlich ist, versagt Agilea in
der Prüfungshandlung ja total. Ihre Tränen verraten sie. Die Feier der Vernunft
würde ich in der Rahmenhandlung um
Athene gelten lassen, aber nicht in der
eigentlichen Geschichte. Agilea schafft
es nicht, ihren Affekten zu entsagen.
Und dann singt sie die schönste Arie
der ganzen Oper, in der ihre Gefühle so
wahrhaftig zum Ausdruck kommen, dass
sogar eine zutiefst verstockte Person wie
Medea sich ihr öffnen muss und ihr zu
Füßen liegt.
Glaubst Du Medea das?
Ja.
Wie interpretierst Du dann ihren Rückfall
im 5. Akt?
Sie kann nicht anders, das ist das Tragische
an ihr: Sie wäre gern ein guter Mensch,
kann es aber nicht sein, weil zu viel in ihr
zerstört wurde. Sie beschreibt das in der
Oper selbst immer wieder. Medea hat in
ihrem Leben und für ihre Liebe schon so
viel geopfert, u. a. ihren Bruder und ihre
eigenen Kinder, das muss man sich mal
vorstellen! Das möchte ich ernst nehmen.
Darum bringe ich die toten Kinder auf die
Bühne als Zeichen, dass die Vergangenheit
diese Frau nie los lässt. Auch am Ende des
4. Aktes wieder, wo man sich wünscht,
dass das jetzt das Happy End ist. Medea
sagt: Ich werde euch helfen. Und für einen
kurzen Moment ist das auch die Wahrheit.
Das ist kein Trick. Ich möchte nicht, dass
es einer ist. Man könnte es so inszenieren,
aber ich will Medea die Chance geben,
jemand zu sein, der lieben kann, der Liebe
und Gefühle in sich trägt. Sie wird ja auch
mit einer Musik eingeführt, die so leicht und
hoffnungsfroh ist und dann in eine Rachearie umbricht. Das ist für mich das Politische
an dieser Oper: Die Frage des VergebenKönnens. Wenn man sich z. B. den GazaKonflikt anguckt, verstehe ich eine Figur
wie Medea. Wie sollen die Wunden, die da
zwischen diesen zwei Parteien aufgerissen
wurden, jemals verheilen können?
Wichtig bei Teseo ist der Krieg als Ausgangspunkt der Handlung. Wie gehst Du
damit um?
TESEO OPER 73
Der Krieg findet draußen vor den Toren
statt. Darum gibt es bei uns einen Innenraum, der die Figuren vor ihm schützt.
Er hat etwas Bunkerartiges in all der
Doppeldeutigkeit eines Schutzraumes: Er
schützt die Insassen, sperrt sie aber auch
ein und wirft sie auf sich selbst zurück. Sie
müssen sich mit sich selbst auseinandersetzen. Das Faszinierende an dieser Oper
liegt darin, dass sie in der Mitte das Konzept der Kammeroper verlässt und zu einer
Zauberoper wird. Das ist wie in Tarantinos
From Dusk till Dawn, der als Road-Movie
beginnt und dann zum Horrorfilm mutiert.
Ähnlich spielt sich Teseo zu Beginn nur in
tempel- oder palastähnlichen Räumen ab.
Bei uns wird das ein und derselbe Raum
sein, und der Krieg draußen bleibt auch
dort. Man wird immer das Gefühl haben, es
tut sich hinten irgendetwas.
Zeigst Du die Zauberoper als Maschinenspektakel im Sinne der Barockoper?
Die Zauberei ist ja eine Illusion. Das ist
eine Art „Holodeck“, eine simulierte Realität auf einem Raumschiff, wenn man in
Star Trek-Weise denkt. Sie ist nur dazu da,
dass sich Teseo in diesem Augenblick nicht
in Gefahr wähnt und sofort zu den Waffen
greift, sondern das Gefühl hat, alles ist gut
und wir können hier weiter unsere Emotionen verhandeln. Dafür ist die Insel da.
Sie entsteht in dem Moment, in dem Teseo
aufwacht und gefährlich werden könnte.
Wir lassen dafür den geschlossenen Raum
durch Licht und Farben abstrakter werden,
aber wir zeigen keine Insel. Wir suchen
Ästhetiken, die eine andere Rezeption von
Vorgängen ermöglichen. Der erste Raum
ist sehr klar. Irgendwann verschwimmen
74 OPER TESEO
die Perspektivlinien und damit die Wahrnehmung. Der Zauberaspekt besteht
darin, welche Phantasien sich öffnen.
Wenn ich eine realistische Insel mit
Palmen hinstellen würde, wäre die
Geschichte auserzählt.
Ist es für Dich wichtig, dass Medea eine
Zauberin ist?
Es wäre fatal, das auszuklammern. Dann
würde man ihre Macht beschneiden und
dem Stück die Dimension des Außergewöhnlichen und Grundsätzlichen rauben.
Du hast Dich in deinen Inszenierungen
intensiv mit Mythen auseinandergesetzt.
Hat „Teseo“ auch eine mythische Qualität
für Dich?
Klar hat er das. Mich interessieren die
Grenzbereiche, wo die Vernunft aufhört
und wir anfangen müssen, uns mit Tradition, Glaube, Spiritualität, Phantastik auseinanderzusetzen, weil ich glaube, dass
das der Ursprung meiner Kunst ist. In der
Mythologie steckt viel mehr Möglichkeit
der Reflexion, als in der Psychologie.
HÄNDEL &
FRANKREICH
Michael Form im Gespräch mit Operndramaturg Boris Kehrmann
„Teseo“ ist die neunte der 42 Opern Händels und die dritte für London. Er war 27
Jahre, als er sie schrieb. Entdecken Sie
Merkmale eines Jugendwerkes daran?
Mit 27 Jahren war ein Mensch des Barock
kein Jugendlicher mehr. Als Jugendwerk
würde ich Stücke wie Händels erste Oper
Almira bezeichnen, die 2005 bei den HÄNDEL-FESTSPIELEN in Karlsruhe aufgeführt
wurde. Ich habe damals im Orchester mitgespielt. Bei Teseo haben wir es meines
Erachtens mit dem voll entwickelten Händel zu tun, der sich aber noch nicht durch
die im besten Sinne routinierte Schreibweise des späten Händel auszeichnet.
Wodurch unterscheidet sich „Teseo“ von
anderen Händel-Opern?
Aus meiner Sicht kann man einem Werk
wie Teseo nur gerecht werden, wenn man
sich die französische Vorlage, den Thésée
von Quinault und Lully, anschaut. Das klas-
sische Opera-seria-Prinzip, dass jeder Protagonist in der Exposition seine erste Arie
singt und dann quasi ein zweiter, dritter,
vierter Zyklus beginnt, wird in Teseo nicht
befolgt. Agilea tritt gleich mit zwei Arien
auf, und auch später singen die Darsteller
immer wieder zwei hintereinander. Händel
hält sich hier nicht an die Regel der so genannten Abgangsarie. Außerdem finde ich
an Teseo seine Kurzweiligkeit interessant.
Das ergibt sich aus der Italianisierung eines
französischen Librettos zur Opera seria.
Deshalb sind die Arien viel kürzer als sonst.
Wir finden in den fünf Akten dieselbe Anzahl wie in Händels dreiaktigen Opern, nur
ist Teseo über eine Stunde kürzer.
Kannte Händel Lullys „Thésée“?
Das wissen wir nicht. Da Lully in Hamburg gespielt wurde, kann ich es mir aber vorstellen.
Welche französischen Einflüsse weist die
Musik von „Teseo“ auf?
TESEO OPER 75
Das fängt mit der Ouvertüre an, die bei
Händel aber fast immer französisch ist. Im
Detail findet man dann viele französische
Spuren. Die erste Agilea-Arie ist z. B. mit einem französisch-fünfstimmigen Streichersatz orchestriert. Die Behandlung der Mittelstimmen erinnert an die französischen
„parties“. In Medeas Arie Quell’amor Anfang des 2. Aktes erscheint meiner Kenntnis
nach zum einzigen Mal ein tiefes B im Bass
bei Händel, das man nur mit Lullys Basse
de violon spielen konnte. Es ist erstaunlich,
dass es ausgerechnet in Teseo vorkommt.
Wie sieht es in der Rhythmik aus?
Es gibt auffällig viel punktierten Rhythmus,
was die Italiener „alla francese“ nannten.
Und natürlich die „inégalité“ der Phrasierung, aber die wird nicht notiert. Wenn
sie eine Gruppe von Achteln haben, dann
sind die ungleichmäßig zu spielen. Das war
aber auch in Italien so.
In der Partitur fehlen wie üblich die
Effekt- und Verwandlungsmusiken der
Zauberoper, weil sie in der Theaterpraxis
ergänzt wurden. Tun Sie das auch?
Eventuell werden wir die Schlachtmusik im
2. Akt verlängern, aber insgesamt muss die
vorhandene Orchestermusik reichen. Für den
Schlaf des Theseus gibt es das Arioso und
die Schlummerarie der Agilea im 4. Akt, die
meines Erachtens immer zu schnell gespielt
wird. Das braucht viel mehr Zeit, um den
Zauber herzustellen. Ich glaube, dass Händel
nach dem Londoner Debakel des Pastor fido
nicht ohne Grund auf die Zauberoper zurückgegriffen hat, weil er wusste, wenn auch sein
nächstes Stück durchfällt, war’s das.
76 OPER TESEO
Wie gehen Sie mit den Verzierungen um,
die zu Händels Zeiten in der Vorstellung
improvisiert wurden, also nicht in der
Partitur stehen?
Francesco Tosi macht in seiner Gesangsschule von 1723 unmissverständlich klar,
dass die Verzierungen nicht erst beim Da
capo beginnen, sondern schon im A-Teil,
damit man eine Arie als kontinuierliche
Steigerung erlebt. Sie sind das Mittel, die
statische Form der Da-capo-Arie aufzubrechen, und die Arie ist wiederum der
Versuch, den Aufbau einer Gerichtsrede
nach dem römischen Lehrbuch des Quintilian zu imitieren und musikalisch zu adaptieren. Wir haben ein „Exordium“ (Beginn):
die Orchestereinleitung. Darauf folgt die
„Narratio“, die Darstellung des Streitfalles.
Dann die „Argumentatio“: Darstellung der
eigenen Sichtweise, die „Confutatio“, die
Darstellung der gegnerischen Position im
B-Teil, schließlich die Rekapitulation oder
„Confirmatio“, in welcher der Sänger, wie
Tosi in Agricolas Übersetzung sagt, „der es
nicht versteht, alles das, was der Komponist
gesetzet (komponiert) hat, noch schöner zu
machen, […] wahrhaft kein Held genennet
werden [kann]“. Mit den Verzierungen der
„Confirmatio“ muss der Interpret den Zuhörer von dem auszudrückenden Affekt so
überzeugen, dass absolut kein Zweifel mehr
bleibt. Darum geht es, das ist der Kern. Obwohl wir viele Quellen verzierter Da-capoArien – auch Händels – besitzen, ist es
heute schwer, wirklich gute Verzierungen
in diesem Sinne zu schreiben. Darum habe
ich ein Projekt angestoßen, das so meines
Wissens noch nie realisiert wurde und mit
dem ich einen Impuls geben möchte. Ich
habe nicht, wie üblich, alle Verzierungen
selbst geschrieben oder von jemandem
machen lassen, sondern für unsere Aufführung unterschiedliche Kollegen gebeten,
sich jeweils zu einer langsamen und einer
schnellen Arie Da capos zu überlegen.
Das heißt, Sie zeigen in einer Oper auf,
wie Spezialisten die Freiheit der Verzierung nutzen?
Genau. Damit will ich auch zeigen, dass ich
nicht der Einzige bin, der dieses Tosi-Konzept
vertritt. Im 18. Jahrhundert blieb kein Stein
auf dem andern. Da wurde jede Note des Originals verändert. Der Kerneinwand dagegen
wäre, dass die Verzierungen damals improvisiert wurden, heute also nicht aufgeschrieben
werden dürften. Das ist praktisch aber unmöglich, da Sänger heute zu unterschiedlich
ausgebildet sind. Man kann sie ermutigen,
sich mit ihrem angeborenen Improvisationspotenzial auf der Basis der ausgeschriebenen
Da capos frei zu bewegen. Damit kommt man
zu schönen und von Abend zu Abend auch zu
unterschiedlichen Ergebnissen.
Wie bewahren Sie die Einheit der jeweiligen Figur, wenn jede zweite Arie von
einem anderen Kollegen ausgeziert wird?
Zu Händels Zeiten geschah dies ja durch
die Persönlichkeit der Sänger, die der
Figur qua Verzierung ihren unverwechselbaren Stempel aufprägten.
Indem ich für jede Arie einen Kollegen aussuche, von dem ich weiß, dass er sehr gut genau
in diesem Affekt Da capos schreiben kann. Im
Grunde geht es darum, eine von Händel vorgegebene Emotion durch Verzierung zu verstärken. Die Figur wird durch diese verschiedenen
Facetten in jede Richtung verstärkt.
Wie gehen Sie bei Instrumentalverzierungen vor?
Lullys Orchesterimprovisationen sind in
Georg Muffats Florilegium Secundum,
1698, gut dokumentiert. Das Buch wurde in
ganz Europa beherzigt. Außerdem spielten
viele ausländische, vor allem auch französische Musiker, in Händels Londoner
Orchester. Sein Cembalist William Babell
z. B. war der Sohn eines Fagottisten aus
Frankreich. Babell hat viele Werke Händels für Cembalo transkribiert. Drittens
war England Ende des 17. Jahrhundert
stark davon beeinflusst, weil das englische
Königshaus vor der britischen Revolution
ins französische Exil floh. Als Charles II.
zurückkehrte, gründete er als eine seiner
ersten Amtshandlungen die „24 Viols of
the King“ als Nachahmung der „24 Violons
de Roy“. Bei Purcell kann man wunderbar
sehen, wie groß der Einfluss war. Er wurde
nach Händels Ankunft durch die vielen
Italiener, die nach London kamen, zwar
langsam verdrängt, war aber immer noch
stark. Babells Transkriptionen sind voller
Verzierungen, die sich an Bertrand de
Bacillys L’art de bien chanter, 1668, orientieren, der keine fünf Jahre später auf die
Instrumentalmusik übertragen wurde. Das
hat Händel von den Franzosen übernommen. Darum orientiere ich mich auch im
Orchester an diesem Vokal-Verzierungsstil. Das habe ich schon im Alessandro so
gemacht.
Was wünschen Sie sich idealerweise von
der Inszenierung einer Barockoper?
Dass wir die musikalische und szenische
Geste in Einklang bringen.
TESEO OPER 77
MICHAEL FORM Musikalische Leitung
DANIEL PFLUGER Regie
2014 debütierte er beim Barockorchester
Simón Bolívar in Venezuela und 2013 mit
Cavalieris Rappresentatione di anima et
di corpo an der Oper Frankfurt. Die von
ihm bei den HÄNDEL-FESTSPIELEN
2012 und 2013 dirigierte Produktion
Alessandro, die mittlerweile auch auf CD
erschienen ist, sowie das 2014 von ihm
geleitete Galakonzert mit der Sopranistin
Roberta Invernizzi und seinem Orchestre
Atlante, machen ihn zu einem wichtigen
Gast der FESTSPIELE. Darüber hinaus hat
er seit 2014 die künstlerische Leitung der
HÄNDEL-AKADEMIE KARLSRUHE übernommen. Von 2006 bis 2011 prägte er als
musikalischer Leiter das Barockfestival
Winter in Schwetzingen durch Neueinstudierungen teils noch unbekannter
Vivaldi-Opern. Als Blockflötist und Dirigent arbeitet er regelmäßig mit einer Vielzahl richtungsweisender Ensembles der
Alten Musik. Seit 2003 ist er Professor an
der Hochschule der Künste Bern.
Er studierte Regie an der Zürcher Hochschule der Künste. Mit Unvollkommen, einem
Bewegungstheater nach den Metamorphosen von Ovid, gewann er 2009 das Körber
Studio Junge Regie. Er inszenierte in Heidelberg das transdisziplinäre Projekt Godard
Driving und für den Winter in Schwetzingen
die Vivaldi-Oper Bajazet. Es folgte u. a. das
Projekt M & The Acid Monks in der Kaserne
Basel. Für die Deutsche Oper Berlin realisierte er das Auftragswerk Gilgamesch
must Die!, für den Mannheimer Mozart Sommer 2014 die Uraufführung Mozart in Moskau sowie für das Theater Biel/Solothurn
die Uraufführung der Kammerversion von
Dvořák Rusalka. In der laufenden Spielzeit
inszeniert er am Nationaltheater Mannheim
Babbilonia von Jagoda Marinic sowie am
Saarländischen Staatstheater Saarbrücken
Romeo und Julia. Am STAATSTHEATER
brachte er die Kinderoper Dino und die Arche das Musical Alice sowie Shakespeares
Sommernachtstraum auf die Bühne.
78 OPER TESEO
FLURIN BORG MADSEN Bühne
JANINE WERTHMANN Kostüme
Flurin Borg Madsen studierte Szenografie an der Hochschule für Gestaltung
(HfG) Karlsruhe. 2006 bis 2007 war er
Bühnenbildassistent am Nationaltheater
Mannheim, 2008 folgte ein weiteres Szenografie-Studium an der Züricher Hochschule
der Künste (ZHdK). 2012 gestaltete er die
Bühne für Floh im Ohr am Schauspielhaus
Graz und die Oper Katja Kabanova am
Oldenburgischen Staatstheater. Bei den
Produktionen Tahrir Tell in Mannheim,
M & The Acid Monks in der Kaserne Basel,
der Uraufführung von Oh, wie schön ist
Panama! sowie bei dem Auftragswerk
Gilgamesh Must Die! für die Deutsche Oper
Berlin arbeitete er bereits erfolgreich mit
Daniel Pfluger zusammen. 2015 schuf er das
Bühnenbild für die Deutsche Erstaufführung
der Oper Perelà von Dusapin am Staatstheater Mainz. In Karlsruhe kreierte er die
Bühne für Herzog Theodor von Gothland, die
Kinderoper Dino und die Arche und für Ein
Sommernachtstraum.
Seit 2006 ist sie freischaffende Kostümbildnerin u. a. an der Deutschen Oper
Berlin, am Nationaltheater Mannheim,
Schauspiel Frankfurt. Sie arbeitete mit
Regisseuren wie Burkhard C. Kosminski,
Michael Simon, Simon Solberg u. a. In der
Spielzeit 2012/13 entwarf sie die Kostüme
für die Uraufführung von Oh, wie schön
ist Panama und 2014 für Gilgamesch Must
Die! an der Deutschen Oper Berlin. In
Mannheim gestaltete sie das Kostümbild
für die Uraufführung Tahrir Tell sowie die
Uraufführung der Oper Mozart in Moskau
im Rahmen des Mannheimer Mozartsommers und 2014 Peter Pan. In Karlsruhe
war sie für die fantasievollen Kostüme
der Kinderoper Dino und die Arche und
von Alice verantwortlich. Sie entwarf das
Kostümbild für Shakespeares Ein Sommernachtstraum sowie für den französischen
Doppelabend Das Kind und die Zauberdinge von Maurice Ravel und Die Nachtigall von Igor Strawinsky.
TESEO OPER 79
BENEDIKT DICHGANS Video
PHILIPP ENGELHARDT Video
Nach seinem Studium der Medienkunst an
der Staatlichen Hochschule für Gestaltung
in Karlsruhe war der Videokünstler Gast an
der Tokonoma Residency in Kassel.
Die größtenteils abstrakten 3D-Projektionen
der Oper Teseo sind aus künstlerischen
Arbeiten von Philipp Engelhardt hervorgegangen, die er für die Bühne adaptiert und
umgesetzt hat. Eine experimentelle Auseinandersetzung mit 3D-Technologie steht im
Zentrum seines künstlerischen Schaffens.
Seit er Mitte der 90er Jahre im Alter von 12
Jahren die ersten Versuche mit der damals
aufkommenden 3D-Software machte, hat
ihn das Medium nicht mehr losgelassen.
Nach einem Studium der Medienkunst an
der HfG Karlsruhe und Arbeitsaufenthalten
in Venedig, Neuseeland und New York
erzeugt und animiert er heute mithilfe von
3D-Technologie Fotografien, Videos und
Skulpturen. In den letzten Jahren hat er an
Ausstellungen teilgenommen, u. a. in Paris
im Palais de Tokyo, in Vancouver auf der
„Siggraph“ und in Tampa/Florida bei der
“electronics alive biennial“. Bereits bei der
Oper Doctor Atomic waren seine Videoprojektionen am STAATSTHEATER zu sehen.
Gemeinsam mit Philipp Engelhardt gründete
er das Animationsstudio „e&d“. Er hatte
zahlreiche Ausstellungen u. a. in Moskau,
Wien, Berlin, London, St. Petersburg und
Straßburg.
2014 gestaltete er zusammen mit Philipp
Engelhardt die Video-Projektionen für die
von Yuval Sharon inszenierte Oper Doctor
Atomic am STAATSTHEATER KARLSRUHE.
Benedikt Dichgans realisierte dafür die gefilmten Sequenzen, während Philipp
Engelhardt die 3D-Szenen umsetzte.
80 OPER TESEO
DEUTSCHE HÄNDEL-SOLISTEN
Die DEUTSCHEN HÄNDEL-SOLISTEN
wurden 1985 aus Anlass der Europäischen
Jahres der Musik und der Wiederkehr des
300. Geburtstages von Georg Friedrich
Händel für die vom STAATSTHEATER
KARLSRUHE gegründeten INTERNATIONALEN HÄNDEL-FESTSPIELE ins Leben
gerufen. Absicht war es, die Rezeption
händelscher Werke und der seiner Zeitgenossen mit einem Klangkörper, der durch
sein verwendetes Instrumentarium die
Aufführungsbedingungen des frühen 18.
Jahrhunderts widerspiegelt, optimal zu
unterstützen.
Das Orchester setzt sich aus Spezialisten
der europäischen Musikszene zusammen
– als Solisten, Kammer- und Orchestermusiker spielen sie in verschiedenen
Spitzenensembles der Historischen Aufführungspraxis. Unter den DEUTSCHEN
HÄNDEL-SOLISTEN befinden sich Hochschulprofessoren und -dozenten, die an
deutschen und auch ausländischen Musikhochschulen unterrichten. Im Laufe der
Jahre gab es Gastspiele der DEUTSCHEN
HÄNDEL-SOLISTEN in ganz Europa, zudem
entstand eine Reihe von beispielhaften
CD-Einspielungen mit bedeutenden Dirigenten für Alte Musik wie Charles Farncombe, Jean-Claude Malgoire, Nicholas
McGegan, Roy Goodman, Arnold Östman
und Andreas Spering.
Das STAATSTHEATER „leistet“ sich als
einziges Mehrspartenhaus in Deutschland
alljährlich dies Festival-Orchester und
sorgt somit neben den Produktionen der
hauseigenen BADISCHEN STAATSKAPELLE mit den Aufführungen der
DEUTSCHEN HÄNDEL-SOLISTEN für
eine lebendige und spannende Rezeption
barocker Werke.
TESEO OPER 81
VALER SABADUS Teseo
YETZABEL ARIAS FERNÁNDEZ Agilea
Mit seiner glasklaren und androgynen Stimme singt Valer Sabdus trotz seines jungen
Alters bereits in der Riege der weltbesten
Countertenöre. Bei den HÄNDEL-FESTSPIELEn Karlsruhe 2016 verkörpert er
auch in der Wiederaufnahme von Teseo
die Titelrolle, für die er 2015 begeisterte
Rezensionen erhielt. Die Saison 2015/16
startete er als Kaiser Nerone in Claudio
Monteverdis L’incoronazione di Poppea
an der Seite von Alex Penda – ein herausragendes Rollen- und Theaterdebüt am
Theater an der Wien. Zudem sind Tourneen
mit Concerto Köln, der Accademia Bizantina, eine Duett-Tournee und CD-Aufnahme
mit dem Kammerorchester Basel und Nuria
Rial geplant sowie Auftritte mit Les Folies
Françoises und Philippe Jaroussky. Als Exklusivkünstler von Sony Classical erschien
im Herbst 2015 seine aktuelle CD Caldara,
auf der er vom Ensemble Nuovo Aspetto
begleitet wird. Für seine Solo-CD Le belle
immagini mit Arien von C. W. Gluck erhielt
er einen Echo Klassik 2015.
Die Sopranistin wurde in Kuba geboren.
Sie gewann zahlreiche Preise und arbeitete mit den besten italienischen Ensembles
für barocke Musik und mit Dirigenten wie
Ottavio Dantone, Diego Fasolis, Antonio
Florio, Ruben Jais und Helmut Rilling.
Sie trat bisher unter anderem im Théâtre
Graslin in Nantes, in der Societa del Quartetto Mailand, dem Auditorio Nacional
Madrid und bei Festivals in Santiago de
Compostela, Brügge, Köln, Wien, Amsterdam, Barcelona und Florenz auf. Beim 30°
Sablé Festival sang sie die Messagera in
Monteverdis Orfeo. In Händels Trionfo war
sie in der Partie des Vergnügens/Piacere
zu erleben. Mit Fabio Bonizzoni nahm sie
mehrere CDs für das Label Glossa auf, darunter Händels Tirsi, Clori e Fileno, das den
wichtigen Stanley Sadie Preis für die beste
Aufnahme des Jahres gewann. Bei den
INTERNATIONALEN HÄNDEL-FESTSPIELEN 2011/12 und 2012/13 war sie unter der
musikalischen Leitung von Michael Form
als Rosanne in Alessandro zu erleben.
82 OPER TESEO
FLAVIO FERRI-BENEDETTI Egeo
ROBERTA INVERNIZZI Medea
Der junge Countertenor studierte Klavier am Konservatorium in Vila Real. In
Basel schloss er 2010 sein Studium in
Historischem Gesang mit Auszeichnung
ab. Zurzeit promoviert er in València in Literaturwissenschaft über „Die klassische
Tradition und Metastasio.“
Die Sopranistin arbeitete mit Dirigenten
wie Claudio Abbado oder Nikolaus
Harnoncourt und Ensembles wie dem
Concentus Musicus Wien. Bereits bei
den INTERNATIONALEN HÄNDELFESTSPIELEN 2014 war sie mit Cleopatra
– Arien für Händels Diven zu erleben.
Seit 2000 singt er in Spanien, Italien, der
Schweiz, Österreich, Deutschland, Frankreich und England Werke vom Mittelalter
bis zur Romantik. Er debütierte 2007 in
Basel als Proteo in Il Barcheggio. 2009
und 2010 wurde er von der Fachzeitschrift
„Opernwelt“ für seine Leistung in Scarlattis Penelope la Casta und als Linfea in Cavallis La Calisto als „Nachwuchskünstler
des Jahres“ nominiert. Den 3. Preis beim
Internationalen Wettbewerb für Geistliche
Musik gewann er in Rom. 2013 war er Halbfinalist beim 50. Internationalen Gesangswettbewerb Francisco Viñas (Barcelona)
und Finalist beim Barockoper-Wettbewerb
in Innsbruck.
An der Mailänder Scala wurde sie als
Armida in Händels Rinaldo bejubelt.
In der Queen Elizabeth Hall trat sie mit
einem Mozart-Recital auf und als Cleopatra in Giulio Cesare, im Teatro Real
Madrid als Nerone in Agrippina. Sie ist
ein gefragter Gast an den großen internationalen Bühnen wie dem Théâtre des
Champs-Élysées, Teatro San Carlo
Neapel, Teatro La Fenice Venedig und
bei den Salzburger Festspielen.
Von Roberta Invernizzi erschienen bereits
über 70 CDs, viele davon mit Erstaufnahmen, ihr Vivaldi-Album wurde von der
Kritik international gefeiert.
TESEO OPER 83
LARISSA WÄSPY Clizia
TERRY WEY Arcane
Die Sopranistin absolvierte ihr Gesangsstudium an der Musikhochschule Karlsruhe. Sie sang in den Auftragswerken
Erwin, das Naturtalent von Mike Svoboda
und Träumer von Matthias Heep sowie die
Partie des Gretchen in Doktor Faust an der
Staatsoper Stuttgart. Die Sopranistin war
von 2011 bis 2014 Mitglied des OPERNSTUDIOS am STAATSTHEATER und u. a.
als Hirt in Tannhäuser, Héloise in Ritter
Blaubart, Frasquita in Carmen, Papagena
in Die Zauberflöte, Barbarina in Die Hochzeit des Figaro, Yvette in Die Passagierin
und Max in Wo die wilden Kerle wohnen
zu erleben. 2013 übernahm sie die Rolle
der Ersten Nichte in Peter Grimes an der
Staatsoper Hamburg.
Der Countertenor begann seine Gesangsausbildung als Solist der Wiener Sängerknaben. 2011 war er bereits in Partenope bei
den HÄNDEL-FESTSPIELEN KARLSRUHE
zu erleben. Mit großem Jubel wurde sein
Auftritt in Händels Israel in Egypt bei den
Salzburger Festspielen aufgenommen. 2014
debütierte er an der Komischen Oper Berlin
als Oberon in Brittens Sommernachtstraum.
Nach dem fulminanten Erfolg des von Stefan
Herheim inszenierten Xerxes in Düsseldorf
hat die Deutsche Oper am Rhein eine weitere Aufführungsserie Programm genommen.
2013/14 sang er in der Neuproduktion von
Written on Skin an der Oper Bonn. Mit dem
Boston Early Music Festival trat er beim
Festival „MusicaDia“ von Radio Bremen
in der Oper Niobe auf, mit dem Orchester
Il Pomo d’oro in konzertanter Aufführung
von Händels Rinaldo in Brüssel und Paris.
2017 kehrt er zurück nach Karlsruhe für die
Neuinszenierung Semele in Rahmen der
HÄNDEL-FESTSPIELE.
2014/15 tritt die Stipendiatin der Hildegard
Zadek Stiftung in Karlsruhe als Xenia in
Boris Godunow, Taumännchen in Hänsel
und Gretel und Max in Wo die wilden Kerle
wohnen auf.
84 OPER TESEO
MEHMET ALTIPARMAK Priester der Minerva
Der junge türkische Bariton studierte an
der Mimar-Sinan-Universität in Istanbul
bei Payam Koryak. Meisterkurse bei Elena
Filipova und Amelia Felle ergänzten seine
Ausbildung. Zu seinen Partien gehörten
bisher u. a. Sciarrone in Tosca mit dem
Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra.
2014 ging er als Gewinner aus dem 14.
Siemens Gesangswettbewerb in Istanbul
hervor. Somit gehört er seit der Spielzeit
2014/15 dem OPERNSTUDIO am STAATSTHEATER KARLSRUHE an und singt den
Tempeldiener in Iphigenie auf Tauris, Alcindoro in La Boheme, den Offizier in Der
Prophet, Morales in Carmen, den Arzt und
den Mörder in Macbeth und den Steuermann in Tristan und Isolde. Er war auch im
Projekt Bohème der Hochschule für Musik
Karlsruhe als Marcello und Rodolfo zu
erleben.
TESEO OPER 85
86 xx
SUPRAPORTE, ALLEGORIE DER MUSIK
xxx 87
PREISTRÄGERKONZERT DES
HÄNDELJUGENDPREISES
DER HÄNDEL-GESELLSCHAFT KARLSRUHE e. V.
Das Programm wird kurzfristig bekanntgegeben und kann abgerufen werden
auf der Homepage der Händel-Gesellschaft unter www.haendel-karlsruhe.de
SO 21.2. 11.00 KLEINES HAUS
88
KONZERT PREISTRÄGER-KONZERT DES HÄNDEL-JUGENDPREISES
HÄNDEL
FÜR DIE JUGEND
Die HÄNDEL-GESELLSCHAFT KARLSRUHE e. V. hat als eines ihrer Satzungsziele
die Förderung junger Künstler, die sich mit
den Werken Händels und der Barockzeit
auseinandersetzen. Bereits seit zwei Jahrzehnten lobt die Gesellschaft einen HÄNDELJUGENDPREIS für Schülerinnen und
Schüler bis 20 Jahre aus; seit 2013 ist er
für Bewerberinnen und Bewerber aus ganz
Baden-Württemberg geöffnet. Entstanden
ist er in Zusammenarbeit mit den Regierungspräsidien Karlsruhe und Freiburg;
weitere Partner sind das STAATSTHEATER
KARLSRUHE, das Badische Konservatorium, der SWR, die Badischen Neuesten
Nachrichten und die Hochschule für Musik
Karlsruhe.
Zu den Bewerbern von Gymnasien kommen in den letzten Jahren verstärkt auch
Schülerinnen und Schüler städtischer und
privater Musikschulen und als jüngste
Entwicklung Jungstudierende der Musikhochschulen und Musikgymnasien hinzu.
Eine namhaft besetzte Jury bewertet die
Leistungen in drei Kategorien:
• Kategorie A: Solostücke und Duos
• Kategorie B: Kammermusikalische Stücke für drei bis neun Mitwirkende
• Kategorie C: Werke für größere Ensembles wie Chor und Orchester
Die jungen Musiker, gefördert durch engagierte Musikpädagogen und Eltern, sind
immer wieder für künstlerische Überraschungen gut. Eine erfolgreiche Teilnahme
am Händel-Jugendwettbewerb und der
Auftritt im STAATSTHEATER KARLSRUHE
sind außerdem nicht selten der erste
Schritt in eine professionelle musikalische
Laufbahn.
Prof. Dr. Peter Overbeck
Vorsitzender der
HÄNDEL-GESELLSCHAFT KARLSRUHE e. V.
PREISTRÄGER-KONZERT DES HÄNDEL-JUGENDPREISES KONZERT
89
GALAKONZERT
FRANCO FAGIOLI
BAROQUE BROADWAY: HÄNDEL VS PORPORA
FRANCO FAGIOLI Countertenor
GEORGE PETROU Dirigent
ARMONIA ATENEA
1. Violine Sergiu Nastasa (Konzertmeister), Epameinontas Filippas, Georgios Panagiotopoulos, Angie Kasdas, Sofia Liu, Ilias Livieratos 2. Violine Carmen Otilia Alitei,
Athanasios Martzoukos, Angeliki Fanarioti, Luise Ramos-Stahl Viola Laurentiu Octavian Matasaru, Elisabeth Barbara Schaefer Violoncello Iason Ioannou, Christopher
Humphreys, Ilias Sakalak Violone Dimitris Tigkas Cembalo Markelos Chryssikopoulos
Theorbo Theodoros Kitsos Oboe Dimitris Vamvas, Stella Nikolaides Fagott Alexandros
Economou
MO 22.2. 20.00 GROSSES HAUS
2 Stunden 15 Minuten, eine Pause
90 KONZERT GALAKONZERT FRANCO FAGIOLI
PROGRAMM
Georg Friedrich Händel (1685 – 1759) Concerto grosso F-Dur op. 3, 4 HWV315
Overture – Andante – Allegro – Minuetto
Rodelinda, regina de’ Longobardi HWV 19 (1725)
„Pompe vane di morte … Dove sei amato bene“ – Recitativo accompagnato e Aria (Bertarido)
„Vivi tiranno“ – Aria (Bertarido)
Antonio Vivaldi
Concerto per 2 violine a-Moll op. 3, 8
(1678 – 1741 )
Allegro – Adagio con spirito – Allegro
Soli Sergiu Nastasa, Carmen Otilia Alitei
Nicola Antonio Porpora
(1686 – 1768)
Meride e Selinunte (Venedig, 1727)
„Torbido intorno al core“ – Aria (Ericlea)
Georg Friedrich Händel Serse HWV 40 (1738)
„Crude furie“ – Aria (Serse)
– Pause –
Nicola Antonio Porpora
Polifemo (London, 1735)
„Dolci freschi aurette“ – Aria (Aci)
Georg Friedrich Händel Serse HWV 40 (1738)
„Se bramate“ – Aria (Serse)
Johann Adolf Hasse
Concerto per mandolino G-Dur op. 3, 11
(1699 – 1783) Allegro – Largo – Allegro Solo Theodoros Kitsos
Nicola Antonio Porpora Il Vulcano (Cantata)
„Non lasciar chi t’ama tanto“ – Aria (Vulcano)
Antonio Vivaldi Concerto per fagotto e-Moll RV 484
Allegro – Andante – Allegro
Solo Alexandros Economou
Nicola Porpora
Polifemo (London, 1735)
„Nell’attendere il mio bene” – Aria (Aci)
GALAKONZERT FRANCO FAGIOLI KONZERT
91
ZUM PROGRAMM
HÄNDEL
VS. PORPORA
Der neapolitanische Gesangslehrer, Dirigent und Komponist Nicola Porpora war
fasziniert von den Möglichkeiten, Farben,
Schattierungen und Ausdrucksfacetten der
menschlichen Stimme. Er muss ein geradezu erotisches Verhältnis zu ihr gehabt
haben. Seine Leidenschaft war das Unterrichten, also das Formen und Verfeinern
dieses Instruments. Die berühmtesten
Kastraten jener Zeit waren seine Schüler:
Farinelli, Caffarelli, Salimbeni ... Und doch
ist er ins kollektive Gedächtnis unserer Zeit
nur als Rivale Händels eingegangen, eine
Episode, die sich auf vier bewegte Jahre
seines 82-jährigen Lebens beschränkt.
Damals holten englische Aristokraten den
Neapolitaner aus Venedig auf die Insel und
machten ihn zum Direktor eines von ihnen
finanzierten Opernhauses, um dem Ensemble Händels das Publikum abzugraben.
Die Hintergründe der Initiative sind nicht
dokumentiert. Vermutlich steckten politische Ressentiments dahinter. Händel war
Deutscher wie das aus Hannover stam92 KONZERT GALAKONZERT FRANCO FAGIOLI
mende Königshaus, das 1714 den englischen Thron bestiegen hatte und Händel
unterstützte. Der nationalistische Teil des
englischen Hochadels wollte also wohl
Händels Vorherrschaft auf dem Gebiet der
Oper brechen, wofür er sich paradoxerweise der Mithilfe des Kronprinzen versicherte, um dann mit dem Haus Hannover auf
politischem Gebiet fortzufahren. Das erwies
sich als intellektuelle Fehlkalkulation. Oper
war schon damals das elitäre Vergnügen
einer Minderheit und ein ästhetischer Sieg
hätte keinerlei politische Folgen gehabt. Am
Ende gingen beide Unternehmen bankrott,
obwohl man über Porpora seinen Schüler
Farinelli, den Pavarotti der damaligen Zeit,
auf die Insel hatte locken können.
Das Programm des heutigen Abends wirft
Schlaglichter auf die biografischen Stationen Porporas, lässt die musikalischen
Kontexte aufklingen, in denen er sich
bewegte und profilierte. Als roter Faden
zieht sich die Gegenüberstellung der Arien
Händels und Porporas, die für zwei scharf
profilierte Personalstile stehen, durch das
Programm. Die virtuosen Konzerte Vivaldis
skizzieren das Milieu, in dem sich Porpora 1725 bis 1729 in Venedig behaupten
musste. Händels F-Dur-Concerto grosso
erschien just in dem Moment in London,
als Porpora die Leitung der Adelsoper
übernahm, wurde aber viel früher komponiert. Mit dem Mandolinenkonzert Hasses
kommt jener Komponist zu Wort, der
Porpora in der Vokalästhetik so verwandt
war, weil er gleichfalls in Neapel studiert
und am Golf die Liebe zur sinnlichen Vokalmusik des Südens aufgesogen hatte. Als
der sächsische Kurfürst Porpora 1748 aber
als Kapellmeister nach Dresden berief,
wurden auch sie zu Rivalen, denn Hasse
und seine Gattin, die Primadonna assoluta
Faustina Bordoni, hatten seit 1731 eine Art
Monopol im Dresdner Opernleben. Porpora
wich nach Wien aus, wo er den jungen
Haydn als Klavierbegleiter und Assistenten
zu sich nahm. Der überliefert uns lebhafte
Berichte von dem cholerischen Temperament seines Herrn. Aber die Zeit ging
grausam über den alten Mann hinweg.
Er wurde zum Fossil einer vergangenen
Epoche. Die Nachfrage nach seiner Musik
und seinem Unterricht sank so rapide, dass
er 1768 verarmt in seiner Heimat starb.
Händels Königinnen-Oper Rodelinda,
ein an barocke Märtyrerinnen-Dramen
angelehntes Exerzitium weiblicher Treue,
und Poroporas Meride e Selinunte wurden
beide 1725/26 komponiert. „Dove sei“, die
magische Klage Bertaridos um seine Gattin,
von der er getrennt wurde, führt Händel
nahe an Porporas Ästhetik der dolcezza
heran. Wenn man sie vor Ericleas Adagio
„Torbido intorno al core“ aus dem 2. Akt
der Meride hört, wird deutlich, was beide
Komponisten trennte. Händel vertraut der
Einfachheit, verlangt edle Tonbildung, elegante Legatolinien, die den Ton auf einem
Atemstrom schwingen lassen. Letzteres
will Poropora auch. Statt Einfachheit
verlangt er aber raffinierte Einfachheit:
Virtuosität. Er bindet in den ruhigen Duktus,
den auch Händel kennt, Triller, Fiorituren
und Sequenzierungen ein, die sich weich
und bruchlos in den Strom fügen müssen.
Kleine chromatische Ausweichungen sind
sparsam eingewoben, um die „Speise“
nicht zu „überwürzen“, wo Händel gerne
auch mal deutlich wird. Das ist ein Charakteristikum Porporas wie auch der sparsame
dreistimmige Streichersatz, der der Stimme
nicht „die Schau stehlen“ darf, sondern die
„Welle“ ist, die die Stimme trägt und voranbewegt. Dass Frauenrollen von Männern
gesungen werden wie Franco Fagioli das
heute Abend mit der Partie der Ericlea tut,
ist übrigens keine moderne Extravaganz,
sondern gehörte zu den pragmatischen
Usancen des Barock. Damals wurden die
Partien nicht nach Geschlechtern verteilt,
sondern nach der bestmöglichen erreichbaren Stimme. Das berühmteste Beispiel ist
Hasses neapolitanische Serenata Antonius
und Cleopatra von 1725, wo die auf Hosenrollen spezialisierte Vittoria Tesi den Antonius und Farinelli die Cleopatra sang. In der
Heiligen Stadt Rom durften aus religiösen
Gründen keine Frauen im Theater auftreten,
weshalb alle Partien von Männern gesungen wurden. Eine Praxis, die noch Goethe
faszinierte und zu tiefsinnigen Reflexionen über die Künstlichkeit als Wesen und
Voraussetzung der Bühnenkunst und Kunst
überhaupt veranlasste.
GALAKONZERT FRANCO FAGIOLI KONZERT
93
Die Partie des Schäfers Acis in der Oper
Polifemo hatte Porpora 1734 für seinen
Schüler Farinelli komponiert. Die Uraufführung fand am 1. Januar 1735 in London
statt. Porpora kam Händel, der Ariodante
und Alcina angekündigt hatte, um zwei
Wochen zuvor. Während der Sachse das
Tanzensemble der Marie Sallé engagierte und auch Schauwerte zu Hilfe nahm,
wählte Porpora ein Schäferstück und
setzte ganz auf die Macht lyrischer Musik.
Das Naturbild „Dolci freschi aurette“, in
der der verliebte Schäfer die Harmonie der
Natur besingt, ist voller Intervallsprünge, die durch Gänge, Sequenzierungen
oder Portamenti so verbunden sind, dass
sie weich und nicht unruhig wirken. Die
Bravourarie „Nell’attendere il mio bene“
verlangt dagegen höchste Agilität. Im
langsamen Mittelteil zieht Porpora noch
einmal ein anderes Register derselben
Agilität, indem er fast jede lange Note mit
einem Triller, dem sogenannten „vibrar
la voce“, versieht. Darin drückt sich die
seelische Erregung der Vorfreude aus.
Das Publikum der Kenner aber genoss die
Variation desselben Gesangsmittels in
unterschiedlichen Gestalten.
Bei den neapolitanischen Solokantaten
handelt es sich um eine jener in der Golfmetropole besonders beliebten Gattungen
der Kammermusik, die im Grunde kleine
Opern sind. „Klein“ deswegen, weil sie
keinen vielstimmigen dramatischen Komplex, sondern eine überschaubare Einpersonenhandlung mit drei kontrastierenden
Arien und zwischengeschalteten Rezitativen gestalten. Sie waren überschaubarer
94 KONZERT GALAKONZERT FRANCO FAGIOLI
und im hausmusikalischen Rahmen aufführbar, wobei hochadlige Liebhaber, sofern sie nicht selber musizierten, durchaus
auch hochbezahlte Künstler für derartige
Privataufführungen engagierten. Dass
Gott Vulcan, der um seine mit Mars fremd
gehende Gattin Venus wirbt, in hoher Lage
singt und kein tiefer Brummbass ist, gehört
zu den Eigenheiten barocker Musikdramatik, an die wir uns gewöhnen müssen. Wieder kommt es bei Porpora darauf an, eine
große Zahl Silben und Verse wie in einem
schönen Regenbogen zusammenzufassen,
harmonisch zu verbinden und zu wölben.
Der neapolitanische Komponist verlangt
von seinen Interpreten Atemtechnik und
einen langen Atem, ohne dass der Ton an
Kraft, Fülle und Farbe verliert.
Als Händel 1738 seine möglicherweise gar
nicht so ernst gemeinte Opera seria über
den persischen Philosophenkönig Serse
schrieb, der zwar den Hellespont überbrückt, aber völlig hilflos vor dem erotischen Durcheinander an seinem eigenen
Hofe steht, waren beide Opern, diejenige
des Adels und diejenige Händels, gerade
zusammengebrochen. Mit Serse, seiner
vor-vorletzten Opera seria, versuchte er
wieder Fuß zu fassen. Die Gegenüberstellung mit Porporas nur drei Jahre jüngerem Polifemo führt noch einmal deutlich
vor Ohren, dass Händel selbst in einer
Bravourarie mit vielen Läufen eher auf
Brüche, gezackten Stil und Affektkontraste aus war so sein galanter Zeitgenosse
Weichheit, Rundung, Schönheit favorisierte.
Boris Kehrmann
AHNENSAAL
xxx 95
FRANCO FAGIOLI Countertenor
Franco Fagioli ist der virtuoseste Countertenor der heutigen Zeit. Die Schönheit seiner
Stimme, die drei Oktaven umfasst, wird genauso wertgeschätzt wie seine meisterhafte
Technik, mit der er neue Bühnenstandards
setzt. Als erster Countertenor unterzeichnete er im vergangenen Jahr einen Exklusiv-Vertrag beim Label Deutsche Grammophon. Der Startschuss seiner internationalen
Karriere fiel 2003, als er den Bertelsmann-Gesangswettbewerb „Neue Stimmen“
gewann. Bereits zwei Jahre später debütierte er als Giulio Cesare am Opernhaus Zürich
an der Seite von Cecilia Bartoli. Seit 2006 ist
er einer der Stars der INTERNATIONALEN
HÄNDEL-FESTSPIELE KARLSRUHE, wo
er in Partien wie Giulio Cesare, Ariodante
und Riccardo Primo glänzte. Zu weiteren
wichtigen Opernhäusern, an denen er in den
vergangenen Jahren Erfolge feierte, gehört
das Royal Opera House Covent Garden in
London, das Théâtre des Champs Elysées,
die Opera Royal de Versailles sowie die
96 KONZERT GALAKONZERT FRANCO FAGIOLI
Opernhäuser in Köln, Helsinki und Dresden.
Sein Arbace in Vincis Artaserse (2012) und
das Soloalbum Caffarelli (2013) zeugen auch
auf CD von Franco Fagiolis fantastischem
Niveau. Zu seinen jüngsten Aufnahmen, auf
denen er hochvirtuose Partien übernahm,
zählen Hasse Siroe, Vincis Catone in Utica
und Pergolis Adriano in Siroe (Decca) sowie
Glucks Orfeo (Archiv). Seine erste Solo-CD
bei der Deutschen Grammophon ist für
Herbst 2016 geplant, nach deren Veröffentlichung eine Europatournee folgt. In den
kommenden Monaten verkörpert er u. a.
Cecilio in Mozarts Lucio Silla, mit der er auf
Europatournee geht, Piacere in Händels
Il trionfo del Tempo e del Disinganno als
Debüt beim Festival in Aix-en-Provence
sowie die Titelpartie in Cavallis Oper Eliogabalo, die seinen Einstand an der Opéra
National de Paris sein wird. In Zingarellis
Giulietta e Romeo ist er 2016 wieder bei den
Pfingstfestspielen Salzburg in der Partie des
Romeo zu erleben.
GEORGE PETROU Dirigent
Der in Griechenland geborene George Petrou
machte nach seinem Musikstudium am
Konservatorium Athen, am Royal College
und an der Royal Academy of Music in
London und vor seiner internationalen Dirigentenlaufbahn bereits als Konzertpianist
Karriere. Seit 2012 ist er Künstlerischer
Leiter des renommierten Orchesters
Armonia Atenea (vormals Camerata Athen).
Gemeinsam gehen sie regelmäßig auf
Europatournee und gastieren u. a. bei den
Händelfestspielen Halle, der Opera Royal
Versailles und in der berühmten Wigmore
Hall London. 2014 debütierte Armonia Atenea als erstes griechisches Orchester bei
den Proms der BBC und erhielten begeisterte Besprechungen. Zu den nächsten
Höhepunkten gehört das Debüt bei den
Salzburger Pfingstfestspielen im Mai 2016.
Es sind in den letzten Jahren verschiedene
viel umjubelte CDs auf Decca veröffentlicht worden: Dazu zählen die Gesamtauf-
nahmen von Händels „Alessandro“ und
Hasses „Siroe“, Glucks Tenorarien mit Daniel Behle und „Rokoko“, ein Arienalbum
von Max Emanuel Cencic mit Werken von
Hasse. Internationales Aufsehen und euphorische Besprechungen erzielte außerdem Beethovens „Prometheus“. Parallel
zur Karlsruher Opernproduktion erscheint
im Februar 2016 Händels „Arminio“.
Mit einem Arienalbum für Franco Fagioli
geben Dirigent und Orchester im Herbst
2016 ihren Einstand beim Label Deutsche
Grammophon. Für weitere Aufnahmen
erhielt George Petrou Auszeichnungen wie
den Gramophone-Editor’s Choice, Diapason d’Or und den Echo Klassik 2008. Der
Künstler wird regelmäßig von großen europäischen Orchestern und Opernhäusern
wie dem Nationaltheater Mannheim, der
Oper Nizza, dem Staatstheater Darmstadt,
dem Münchner Rundfunkorchester und
dem belgischen B’Rock eingeladen.
GALAKONZERT FRANCO FAGIOLI KONZERT
97
SERGIU NASTASA Violine
Der geborene Rumäne Sergiu Nastasa ist Absolvent der Nationaluniversität
Musik in Bukarest und wurde mehrmals bei internationalen Wettbewerben
ausgezeichnet. Er arbeitet mit Dirigenten wie Neville Marriner und Miltiades
Karidis sowie Solisten wie Leonidas Kavakos, Radu Lupu und Mstislav Rostropovich zusammen. Seit 1991 ist er Mitglied des Orchesters Armonia Atenea.
CARMEN-OTILIA ALITEI Violine
Die Rumänin studierte bei Leonid Popovici and Stefan Gheorghiu und schloss
ihr Violinstudium an der George Enescu Music Academy in Iasi ab. Seit 1995
ist sie Konzertmeisterin der Armonia Atenea. Sie tritt mit namhaften Dirigenten
und Solisten innerhalb und außerhalb Griechenlands auf und widmet sich
außerdem der Erforschung der historisch informierten Aufführungspraxis.
THEODOROS KITSOS Theorbe
Kitsos studierte in Griechenland Gitarre sowie historische Zupfinstrumente
in Großbritannien bei Elizabeth Kenny und schloss sein Studium mit der Promotion ab. Er ist sowohl wissenschaftlich als Vortragsredner, Forscher und
Dozent als auch praktisch als Partner von Ensembles wie Armonia Atenea,
Latinitas nostra und den Yorkshire Baroque Soloists tätig.
ALEXANDROS ECONOMOU Fagott
Der Preisträger zahlreicher internationaler Wettbewerbe studierte in
Athen und München. Er konzertierte mit vielen großen Sinfonieorchestern
der Welt und widmet sich seit zehn Jahren auch dem Barock-Fagott. Seit
1995 ist er Erster Fagottist des Sinfonieorchesters Athen, seit fünf Jahren
zusätzlich Mitglied der Armonia Atenea.
98 KONZERT GALAKONZERT FRANCO FAGIOLI
ARMONIA ATENEA Orchester
Armonia Atenea ist der neue internationale
Name für die Camerata Athen. 1991 wurde
das Orchester von der „Gesellschaft der
Freunde der Musik“ in Verbindung mit
der Eröffnung der Athener Konzerthalle
Megaron gegründet. Seitdem fungiert die
Armonia Atenea als deren Hausorchester.
Seit 2011 tritt das Orchester wechselweise
im Megaron und im neuerbauten Onassis-Kulturzentrum in Athen auf.
Die Armonia Atenea ist sowohl mit der
historischen als auch mit der modernen
Aufführungspraxis bestens vertraut. Das
Orchester setzt sich mit einem weitgefächerten Konzertrepertoire von der
Barockmusik bis hin zur zeitgenössischen
Musik des 21. Jahrhunderts ernsthaft
und erfolgreich auseinander. Der Dirigent
und Echo-Klassik-Preisträger George
Petrou ist derzeit der Künstlerische Leiter
des Orchesters. Das Orchester ist auf
den berühmtesten Bühnen der Welt ein
willkommener Gast, wie beispielsweise
beim Musikverein Wien, dem Théâtre des
Champs Élysées in Paris; den Innsbrucker
Festwochen der Alten Musik; sowie auch
im Palais de Bozar in Brüssel; Arsenal von
Metz, an der Opera von Monte Carlo und
dem Grand Theatre von Aix-en-Provence.
Das Orchester hat eine reichhaltige Diskografie. Zu den letzten Veröffentlichungen
gehören die Weltpremiere-Aufnahmen von
Händels Alessandro Severo und Glucks
Il Trionfo di Clelia. Die Einspielung von
Händels Oper Alessandro mit einer Starbesetzung ist bei Decca erschienen und
hat von der internationalen Presse höchstes
Lob geerntet. In der Saison 2013/14 wurden
fünf neue Aufzeichnungen veröffentlicht,
darunter Rokoko, das Soloalbum des Countertenors Max Emanuel Cencic. Dieses
Programm wurde 2014 als Vorkonzert zu
den INTERNATIONALEN HÄNDEL-FESTSPIELEN in Karlsruhe präsentiert.
GALAKONZERT FRANCO FAGIOLI KONZERT
99
100 xx
xxx 101
31.
INTERNATIONALE
HÄNDEL-AKADEMIE
22.2. – 28.2.
DOZIERENDE
GESANG Peter Kooij
VIOLINE Hiro Kurosaki
VIOLONCELLO Jonathan Pešek
VIOLA DA GAMBA Paolo Pandolfo
TRAVERSO Jed Wentz
BLOCKFLÖTE Michael Schneider
FAGOTT Jérémie Papasergio
BAROCKLAUTE Paul O’Dette
CEMBALO Francesco Corti
GENERALBASS Kristian Nyquist
KAMMERMUSIK Juan Manuel Quintana
ABSCHLUSSKONZERT
28.2. 17.00 VELTE-SAAL der Hochschule für Musik Karlsruhe
102 31. INTERNATIONALE HÄNDEL-AKADEMIE
Liebe Musikfreunde,
im Rahmen der 31. INTERNATIONALEN
HÄNDEL-AKADEMIE setzt das Symposium einen thematischen Schwerpunkt.
Es wird an zwei Nachmittagen für jeweils
drei Stunden stattfinden und richtet sich
ausdrücklich auch an die Teilnehmer/-innen
der praktischen Kurse. Thema ist „Das Alte
im Neuen. Geschichte und Gegenwart in der
Historischen Aufführungspraxis“. Der erste
Nachmittag widmet sich den Wechselbeziehungen zwischen Neuer und Alter Musik im
20. Jahrhundert, der zweite fragt unter dem
Motto „Neue Wege der Alten Musik“ nach
den Perspektiven Historischer Aufführungspraxis im 21. Jahrhundert.
Auch für die INTERNATIONALE HÄNDELAKADEMIE KARLSRUHE 2016 konnte wieder
eine internationale Schar renommierter
Dozenten gewonnen werden.
Anders als in den Vorjahren stehen die
Kurse aber nicht unter einem übergeordneten Thema; jeder Dozent bietet ein
individuelles Programm an, nicht zuletzt um
die Anregungen des Symposiums optimal
aufzunehmen. Neben den jüngeren Stars
der Alte Musik-Szene wurden renommierte
Altmeister auf dem Gebiet der Historischen
Aufführungspraxis verpflichtet, um eine
Generationen übergreifende Diskussion zu
stimulieren. Sind wir wirklich am Ende der
Alten Musik angelangt, so wie es Bruce
Haynes mit dem Titel seines großartigen
Buches The End of Early Music postuliert,
oder stehen wir vielmehr an der Schwel-
le zu einem neuen Umgang mit unserem
Jahrhunderte alten Repertoire? Um diese
Frage adäquat zu beantworten, bedarf es
des Innehaltens und der Reflexion, damit
wir verstehen, dass die Historische Aufführungspraxis nicht zuletzt ein ästhetisches
Phänomen unserer Epoche ist. In Zeiten
unbegrenzten Zugangs zu historischen
Quellen ist es umso wichtiger, uns nicht
blind auf die Errungenschaften der großen
Pioniere des 20. Jahrhunderts zu verlassen
(die ja selbst den eigenen Forschergeist
niemals preisgegeben haben) oder vor den
Tendenzen des aktuellen Publikumsgeschmacks zu kapitulieren, sondern sich mit
ungebrochener Neugierde dem Unerhörten
zu verschreiben.
Ohne finanzielle Unterstützung wäre die
INTERNATIONALE HÄNDEL-AKADEMIE
nicht durchzuführen. Für ihre Förderung
sind wir dem Ministerium für Wissenschaft,
Forschung und Kunst, der Stadt Karlsruhe sowie der HÄNDEL-GESELLSCHAFT
KARLSRUHE und ihren Sponsoren sehr
dankbar. Eingeschlossen in unseren Dank
ist die Hochschule für Musik Karlsruhe für
die Bereitstellung von Räumlichkeiten und
Infrastruktur.
Michael Form Prof. Andrea Raabe
Künstlerischer Leiter Vorsitzende
der INTERNATIONALENder INTERNATIONALEN HÄNDEL-AKADEMIE HÄNDEL-AKADEMIE
KARLSRUHEKARLSRUHE
31. INTERNATIONALE HÄNDEL-AKADEMIE 103
SYMPOSIUM DER
31. INTERNATIONALEN HÄNDEL-AKADEMIE
DAS ALTE
IM NEUEN
GESCHICHTE UND GEGENWART IN DER
HISTORISCHEN AUFFÜHRUNGSPRAXIS
Der erste Teil des Symposiums widmet sich den bisher erst in Ansätzen bekannten vielfältigen
Wechselbeziehungen zwischen Neuer und Alter Musik im 20. Jahrhundert. Der zweite Teil
befasst sich mit Perspektiven Historischer Aufführungspraxis im 21. Jahrhundert.
DO 25.2. NEUE MUSIK UND ALTE MUSIK
Thomas Seedorf Giselher Schubert Anne Smith Roundtable Einführung
Kompositionsgeschichte und Historische Aufführungspraxis.
Stichworte zum 20. Jahrhundert
Alte und Neue Musik im Miteinander. Die Zusammenarbeit von Paul
Sacher und Ina Lohr
mit Wolfgang Rihm, Giselher Schubert und Anne Smith
FR 26.2. NEUE WEGE DER ALTEN MUSIK
Kai Köpp Jed Wentz Roundtable Einführung
After the end of Early Music: HIP in the 21st century
The subjective in authenticity: a performer’s perspective
mit Michael Form, Kai Köpp und Jed Wentz
DO 25.2. & FR 26.2. 15.00 – 18.00 HÖRSAAL der Hochschule für Musik Karlsruhe
Am Schloss Gottesaue 7, 76131 Karlsruhe
104 SYMPOSIUM DER 31. INTERNATIONALEN HÄNDEL-AKADEMIE
VORRAUM DES AHNENSAALS
xxx 105
3. SONDERKONZERT
FESTKONZERT
DER DEUTSCHEN
HÄNDEL-SOLISTEN
LARS ULRIK MORTENSEN Dirigent
ANN HALLENBERG Mezzosopran
DEUTSCHE HÄNDEL-SOLISTEN
1. Violine Andrea Keller, Wolfgang von Kessinger, Christoph Timpe, Evgeny Sviridov*,
Helmut Hausberg, Michael Gusenbauer, Eva Scheytt 2. Violine Christoph Mayer, Almut
Frenzel, Jana Chytilova, Martin Kalista, Selma Sadek, Matthias Hummel, Anna Dmitrieva*
Viola Jane Oldham, Klaus Bundies, Gabrielle Kancachian, Cathi Aglibut Violoncello Bernhard Hentrich, Markus Möllenbeck, Gerhart Darmstadt, Dmitri Dichtiar Violone David
Sinclair, Michael Neuhaus Cembalo Rien Voskuilen Laute Sören Leopold Traversflöte
Susanne Kaiser, Annie Laflamme Oboe Susanne Regel, Wolfgang Dey Fagott Rhoda
Patrick, Marita Schaar Pauke Peter Hartmann
*Stipendiaten der INTERNATIONALEN HÄNDEL-AKADEMIE KARLSRUHE 2015
DO 25.2. 19.00 GROSSES HAUS
2 Stunden 30 Minuten, eine Pause
106 FESTKONZERT DER DEUTSCHEN HÄNDEL-SOLISTEN
PROGRAMM
Jean-Philippe Rameau (1683 – 1764)
Suite aus „Platée“
Ouverture
Passepieds
Tambourins
Menuets (dans le goût de vieille)
Orage
Georg Friedrich Händel (1685 – 1759)
Auszüge aus dem Musikalischen Drama
„Hercules“
Ouvertüre
Accompagnato und Aria von Dejanira
(‘The world, when day’s career is run’)
Sinfonia für Streicher zu dem 2. Akt
Secco Recitatif und Aria von Dejanira aus
dem 2. Akt („Resign thy club“)
Sinfonia zu dem 3. Akt
Wahnsinnsszene von Dejanira („Where shall I fly?“)
– PAUSE –
Jean-Philippe Rameau
Suite aus „Les Boréades“
Entrée des Peuples [Acte III]
Gavottes (pour les Suivants des Borée/pour
Orithie) [Acte II]
Air Andante [Acte II]
Rigaudons pour les Zéphirs [Acte IV]
Entrée de Polymnie [Acte IV]
Georg Friedrich Händel
Auszüge aus Oper „Ariodante“
Gavotte
Aria von Ariodante „Scherza infida“
aus dem 2. Akt
Ballettmusik aus dem 2. Akt:
Entrée des Sognes agréables
Entrée des Sognes funestes
Entrée des Sognes agréables effrayés
Le combat des Sognes funestes et agréables
Aria von Ariodante „Dopo notte“ aus dem 3. Akt.
FESTKONZERT DER DEUTSCHEN HÄNDEL-SOLISTEN 107
HÄNDEL UND RAMEAU –
ZWEI UNGLEICHE
ZEITGENOSSEN
Jean-Philippe Rameau und Georg Friedrich
Händel waren Zeitgenossen. Händel wurde
zwei Jahre nach Rameau geboren und starb
fünf Jahre vor ihm. Dass sie sich begegnet
wären, ist ebenso wenig dokumentiert wie,
ob sie die gedruckten Werke des anderen
kannten. Eine Brücke gibt es allerdings
zwischen den beiden Welten, die sich
heute Abend begegnen. Händel hat für den
Großteil seiner dramatischen Werke die
Form der Französischen Ouvertüre gewählt.
Auch seine Tanzsätze orientieren sich am
französischen Stil, den er als junger Cembalist an der kosmopolitischen Hamburger
Gänsemarkt-Oper kennenlernte.
Rameaus umfangreiches Schaffen umfasst
eine bahnbrechende Harmonielehre, Kammermusik, geistliche und Bühnenwerke. Die
beiden Ballettsuiten des heutigen Abends
sind aus seinem Spätwerk zusammengestellt. Die burleske Oper Platée von 1745
handelt von einer hässlichen Sumpfnymphe,
die sich für schön hält und einer grausamen
Kur unterzogen wird. Sein Schwanengesang Les Boréades von 1763 über die
Söhne des Windgottes Boréas erinnert an
Shakespeares Sturm. Vergleicht man die
Ouvertüren zu Platée und zu Händels 1744,
also fast gleichzeitig entstandenem Oratorium Hercules mit der klassischen Form
der Französischen Ouvertüre, so zeigt sich,
108 FESTKONZERT DER DEUTSCHEN HÄNDEL-SOLISTEN
dass beide Komponisten in ihrem Spätwerk
mit dem überkommenen Formenbestand experimentierten. Die Französische Ouvertüre
besteht aus einer langsamen punktierten
Einleitung, einem raschen Fugato als Hauptteil und einem Schlussteil, der die Einleitung
verkürzt wieder aufgreift. Sowohl Händel
als auch Rameau verfremden diese Formteile, wobei Rameau radikaler vorgeht, was
auch damit zu tun hat, dass seine Komödie
eine Parodie ist.
Parodiert wird auch die Sturmmusik, mit
der der 1. Akt der Platée und unsere Suite
enden. Sie war seit Ende des 17. Jahrhunderts ein Standardelement der höfischen
Tragédie lyrique so wie Wahnsinnsszenen,
allerdings in weit seltener, Standardelemente der Opera seria waren. Besonders
Ariost hat mit seinem Epos vom Rasenden
Roland als beliebtester Stoffquelle der italienischen Oper in diese Richtung gewirkt.
Händel scheint das Thema gereizt zu haben.
Seine Wahnsinnsszenen in Orlando, Hercules und Saul gehören zu seinen experimentellsten Eingebungen und Höhepunkten
seines gesamten Werkes. Die gehackten
Akkorde, mit denen er die Verzweiflung
der Gattin des Hercules schildert, die ihren
Mann aus Eifersucht mit einem Zaubergewand umgebracht hatte, gehen auf einen
alten Topos musikalischer Gestaltung zu-
rück, den stile concitato oder aufgewühlten
Stil. Monteverdis Combattimento di
Tancredi e Clorinda ist das klassische Beispiel dafür. Das englische Oratorium aber
war für den alten Händel nach Aufgabe
seiner Opernkarriere das Experimentierfeld, auf dem er das starre Arien-Korsett
der Opera seria hinter sich lassen konnte,
was er besonders mit „Where shall I fly“
tat. „Resign thy club“ dagegen ist eine
virtuose Da-capo-Arie, die auch in einer
italienischen Oper stehen könnte. Die
chromatische Seelenqual „The world, when
day’s career is run“ imponiert vor allem
durch kühne Harmonik. Zu den Innovationen des englischen Oratoriums gehören
neben Chören auch die Sinfonia genannten
Instrumentaleinleitungen vor jedem Akt.
Der zweite Teil des Abends stellt Tanzsätze
aus Rameaus letzter Oper neben Auszüge
aus Händels Ariodante von 1735. Dieses
sechs Jahre vor Aufgabe seiner Opernkarriere geschriebene Rittermärchen entfernt sich
stark von der gewohnten Form der Opera seria. Die traditionelle Kette der Arien und Rezitative wird durchbrochen von Ariosi, Chören
und Tanzsätzen, was sie der französischen
tragédie lyrique annähert. In späteren Opern
nimmt Händel diese Vorstöße in freiere
Opernformen wieder zurück. Der Anlass für
den Tabubruch war biografischer Natur. Für
die Aufführung des Ariodante stand Händel
das Tanzensemble seiner Freundin, der Pariser Choreografin Marie Sallé zur Verfügung.
Für sie ließ er jeden der drei Akte mit einem
Ballett ausklingen. Der 2. Akt endet mit einer
„Entrée der Mohren“, die – aus heutiger
Sicht politisch unkorrekt – im Kontrast die
Keuschheit der fälschlich des Ehebruchs bezichtigten Primadonna noch reiner erstrahlen
lassen soll. Das Thema kolonialistischer
Ausbeutung betraf Händel unmittelbar. Er
hatte sein Vermögen in Anteilen der British
East India Company angelegt.
Wie solche Divertissements in der französischen Oper aussahen, kann man dem
„Entrée der Völker“ aus Rameaus auch inhaltlich verwandten Boréaden ablauschen.
Beide Werke handeln von einer verhinderten Hochzeit, die von Händel allerdings im
Stil der Märchenoper mit Prinz, Bösewicht
und Prinzessin, von Rameau im Stile der
Zauberoper mit vielen Aufzügen, phantastischen Bildern und Bühneneffekten erzählt
wird. Natürlich hat Händel den Tänzerinnen
und Tänzern der Madame Sallé auch eine
feierliche Gavotte eingebaut. Die Gavotte
gehörte ja zu den Standardtänzen der Zeit.
Wie sie in ihrem Ursprungsland klang,
zeigen die Gavotten des Gefolges König
Boréas‘ und der Orithie. Während aber der
pantomimisch darstellende oder einfach nur
tänzerische Tanz in der französischen Oper
einen Eigenwert hat, bleibt er bei Händel
dienenden Charakters in einem eigentlich
dramatischen Stück, dessen Hauptgewicht
auf den Arien liegt.
Die zwei berühmtesten umspannen in seltener Vollendung das ganze Gefühlsspektrum,
das ein Händelscher „primo uomo“ beherrschen musste. „Scherza infida“ ist eine
ausladende Klage von Verzweiflung. Der
Ritter ohne Fehl und Tadel wurde Augenzeuge der vermuteten Untreue seiner Braut, die
er morgen heiraten sollte und verzweifelt
an der Welt. In „Dopo la notte“ ist die Krisis
überwunden.
Boris Kehrmann
FESTKONZERT DER DEUTSCHEN HÄNDEL-SOLISTEN 109
ANN HALLENBERG Mezzosopran
Die gebürtige Schwedin hat sich als
Mezzosopranistin fest in der internationalen Konzertlandschaft etabliert. Sie tritt
weltweit in allen großen Opernhäusern
auf, ebenso ist sie in bedeutenden Konzertsälen und auf Festivals in Europa und
Nordamerika zu hören.
Engagements, die Hauptrollen in Werken
von Rossini, Mozart, Gluck, Händel, Vivaldi,
Monteverdi, Purcell, Bizet und Massenet
umfassen, führten sie u. a. nach Mailand,
Madrid, Zürich und Paris sowie an die
Bayerische Staatsoper in München, die
Semperoper Dresden und an das Theater
an der Wien.
Ein gewichtiger Teil ihres Konzertrepertoires, das neben der Musik des frühen
17. Jahrhunderts auch Mendelssohns Elias
sowie Werke von Berlioz und Mahler beinhaltet, reicht bis zu zeitgenössischen Kompositionen von Franz Waxman oder Daniel
110 FESTKONZERT DER DEUTSCHEN HÄNDEL-SOLISTEN
Börtz. 2015 gastierte sie als Irene in Händels Tamerlano am Théâtre de La Monnaie
in Brüssel und an der Dutch National Opera,
brachte Bachs Johannespassion in
Amsterdam mit dem Concertgebouw
Orchester zur Aufführung, trat in Göttingen
und Venedig mit Il Pomo d’Oro auf und
sang Tirinto in Imeneo bei den HändelFestspielen in Halle.
Ann Hallenberg arbeitet regelmäßig mit
namhaften Dirigenten wie Frans Brüggen,
Sir John Eliot Gardiner, Philippe Herreweghe, Riccardo Muti, Kent Nagano und
Sir Roger Norrington.
Zu ihren mehr als dreißig CD- und DVDAufnahmen gehören Mozarts c-Moll Messe
für Medici Arts, Brahms’ Alt-Rhapsodie
für PHI sowie eine Solo-CD mit Arien von
Händel und Vivaldi für Naïve.
LARS ULRIK MORTENSEN Dirigent
Der 1955 geborene Cembalist erhielt seine
Ausbildung an der Königlich Dänischen
Musikakademie in Kopenhagen und bei
Trevor Pinnock in London. Er spielt inzwischen aber beinahe genauso häufig auf
dem Hammerklavier und tritt als Dirigent
verschiedener dänischer und schwedischer
Orchester auf. Seine umfangreiche Konzerttätigkeit als Solist und als Kammermusiker
führt ihn immer wieder durch ganz Europa,
in die USA, nach Mexiko, Südamerika und
Japan. Von 1996 bis 1999 war er Professor
für Cembalo und Aufführungspraxis an der
Hochschule für Musik in München, entschloss sich aber dann, die akademische
Lehrtätigkeit zugunsten einer Laufbahn
als ausübender Musiker aufzugeben. Er
unterrichtet weiterhin bei Meisterklassen
und war schon mehrfach Jurymitglied bei
internationalen Cembalo-Wettbewerben.
1999 hat Lars Ulrik Mortensen die künstlerische Leitung des Barockorchesters
Concerto Copenhagen übernommen. Damit
begann für die Musiker und die Zuhörer von
„CoCo“ eine sehr erfolgreiche musikalische
Entdeckungsreise, die bis heute andauert. Es folgten viele Konzertreisen nach
Skandinavien, Deutschland, Frankreich und
Japan. Außerdem ist Concerto Copenhagen
als „Opernorchester“ ein regelmäßiger
Gast der Königlichen Oper in Kopenhagen.
Seit 2004 ist er Künstlerischer Leiter des
European Union Baroque Orchestra.
Außerdem hat er zahlreiche Schallplatten
eingespielt, u. a. die Konzerte für drei und
vier Cembali von J. S. Bach, das Cembalowerk von Buxtehude und Froberger
und das gesamte Kammermusikwerk
von Corelli. Seine Aufnahme von Bachs
Goldberg-Variationen wurde mit dem französischen Diapason d‘Or ausgezeichnet.
2001 wurde er in Cannes mit dem Classical
Award als bester Solist für das Repertoire
von 1600 bis 1800 ausgezeichnet.
FESTKONZERT DER DEUTSCHEN HÄNDEL-SOLISTEN 111
112 xx
xxx 113
KONZERT
VALER SABADUS
„A MUSICALL BANQUETT“ (1610)
Eine Sammlung von Robert Dowland (1591–1641)
„... ausgewählte erlesene Lieder der hervorragendsten englischen, französischen, spanischen und italienischen Komponisten“
VALER SABADUS Countertenor
AXEL WOLF Laute & Theorbe
FR 26.2. 20.00 CHRISTUSKIRCHE AM MÜHLBURGER TOR
1 ¼ Stunden, keine Pause
114 KONZERT VALER SABADUS
PROGRAMM
Anonym
Sta notte mi sognava
Pierre Guédron (1565–1619/20)
Si le parler et le silence
Lady, if you so spite me
John Dowland (1563–1626)
Robin (Laute solo)
My Lady Hunsdon’s Puffe (Laute solo)
Guillaume Tessier (~1540–1582)
In a grove most rich of shade
Anonym
Go, my flock, go get you hence
John Dowland
In darkness let me dwell
Giovanni Girolamo Kapsberger (~1580–1651)
Toccata (Laute solo)
Corrente (Laute solo)
Domenico Maria Melli (frühes 17. Jahrhundert)
Se di farmi morire
Anonym
Passava Amor su arco dearmado
John Dowland
A Fancy (Laute solo)
Lachrimae (Laute solo)
Far from triumphing court
Daniel Bacheler (1572–1619)
To plead my faith
Anthony Holborne (~1545–1602)
My heavy sprite
Alessandro Piccinini (1566–1638)
Toccata (Theorbe solo)
Chiaccona (Theorbe solo)
Giulio Caccini (1551–1618)
Amarilli mia bella
Anonym
Vuestros ojos tienen d´Amor
VALER SABADUS KONZERT 115
ZUM PROGRAMM
DIE KUNST DER LAUTE
Denkt man an England und seine Musik,
denkt man an Henry Purcell, Edward Elgar
oder Benjamin Britten, mit großer Wahrscheinlichkeit auch an die Beatles und
andere Pop- und Rockbands und selbstverständlich an Händel, den eingewanderten
Sachsen, der mit seinen Opern und Oratorien das Londoner Musikleben des 18.
Jahrhunderts geprägt hat. Doch es gibt ein
weiteres Kapitel der europäischen Musikgeschichte, das wie kein anderes mit England
verbunden ist: die weltliche Lautenmusik der
Renaissance. Zwar gab es seit dem frühen
16. Jahrhundert auch in Italien, Frankreich
und in deutschen Landen Komponisten, die
für das Zupfinstrument geschrieben haben,
doch in England erlebten Lautenspiel bzw.
lautenbegleiteter Liedgesang im 16. und 17.
Jahrhundert eine besondere Blüte. Protagonist dieser Kultur war John Dowland, ein
seinerzeit europaweit bekannter Komponist
und Lautenist, der von 1598 bis 1606 am
dänischen und – nach mehreren erfolglosen
Bewerbungen – von 1612 bis zu seinem Tod
1626 auch am englischen Hof wirkte.
Die Politik Elisabeths I. im so genannten
„Goldenen Zeitalter“, d. h. während ihrer
Regentschaft von 1558 bis 1603, hatte zu
beträchtlichem Wohlstand des Bürgertums
geführt. Kunst und Musik waren nun nicht
mehr auf die Aristokratie beschränkt, was
sich auch in der Nachfrage nach Notenausgaben niederschlug. Dowlands 1597
erschienenes „Firste Booke of Songs and
Ayres“ mit eigenen Lautenliedern war so
erfolgreich, dass zwei weitere Songbooks
116 KONZERT VALER SABADUS
folgen sollten, die mehrmals und zum Teil in
sehr hohen Stückzahlen aufgelegt wurden.
Auch Dowlands Sohn Robert war Lautenist und übernahm nach dem Tod seines
berühmten Vaters 1626 dessen Stellung als
Instrumentalist am Königshof. Er ist weniger
durch eigene Werke als durch zwei Sammelbände mit zeitgenössischer Lautenmusik bekannt geworden, die er 1610 als 19-Jähriger
mit der Unterstützung seines Vaters zusammenstellte und veröffentlichte: A Musicall
Banquet und Varitie of Lute-Lessons.
A Musicall Banquet, aus dem in diesem Konzert dreizehn Titel gespielt werden, ist die
erste in England veröffentlichte Zusammenstellung mit Liedern englischer, französischer,
spanischer und italienischer Komponisten.
Als Vorbild könnte die 1608 in Paris erschienene Sammlung Airs de différents autheurs,
mis en tablature de luth von Gabriel Bataille
gedient haben. Dowlands Anthologie beinhaltet insgesamt 20 Lautenlieder in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden und richtete sich
sowohl an professionelle Musiker als auch an
Amateure. Die meisten Lieder folgen dem Topos der sehnsüchtigen Schwärmerei und unerfüllten Liebe und sind in einem berührenden
Klagegestus gehalten. Stilistisch stellen sie
einen Querschnitt dar und beinhaltet Bearbeitungen polyphoner Vokalmusik, strophische
Lieder mit Tanz- oder tanzartigem Rhythmus
und durchkomponierte, nicht-strophische
Lieder im italienischen monodischen Stil.
Raphael Rösler
VALER SABADUS
BEI SONY CLASSICAL
CALDARA
Valer Sabadus und das Ensemble
nuovo aspetto spielen selten zu
hörende Arien des venezianischen
Barockkomponisten Antonio Caldara,
darunter 6 Weltersteinspielungen.
„Engelsgleicher Gesang“ Opernglas
„...einer der besten Countertenöre
unserer Tage“ Fono Forum
LE BELLE IMMAGINI
Eine facettenreiche Hommage an den
berühmten Kastraten Giuseppe Millico
mit Opernarien von Gluck und Sacchini,
begleitet von der Hofkapelle München
unter Alessandro De Marchi.
„Ein Fest für die Stimme!“ Fono Forum
LA CLEMENZA DI TITO
Die Weltersteinspielung von Glucks Oper La Clemenza di Tito
mit Valer Sabadus und dem Ensemble l’arte del mondo.
www.sonymusicclassical.de
www.valer-sabadus.de
Foto C Henning Ross
Echo Klassik 2015: Beste solistische
Gesangseinspielung des Jahres
Ebenfalls erhältlich:
www.facebook.com/sonyclassicalxxx
117
VALER SABADUS Countertenor
Mit seiner glasklaren und androgynen Stimme singt Valer Sabdus trotz seines jungen
Alters bereits in der Riege der weltbesten
Countertenöre. Bei den INTERNATIONALEN
HÄNDEL-FESTSPIELEN KARLSRUHE 2016
verkörpert er auch in der Wiederaufnahme
von Teseo die Titelrolle, für die er 2015 begeisterte Rezensionen erhielt. Die Saison 2015/16
startete er als Kaiser Nerone in Claudio
Monteverdis L’incoronazione di Poppea an
der Seite von Alex Penda – ein herausragendes Rollen- und Theaterdebüt am Theater an
der Wien. Zudem sind Tourneen mit Concerto
Köln, der Accademia Bizantina, eine DuettTournee und CD-Aufnahme mit dem Kammerorchester Basel und Nuria Rial geplant
sowie Auftritte mit Les Folies Françoises und
Philippe Jaroussky. Als Exklusivkünstler von
Sony Classical erschien im Herbst 2015 seine
aktuelle CD Caldara, auf der er vom Ensemble
Nuovo Aspetto begleitet wird. Für seine
Solo-CD Le belle immagini mit Arien von C. W.
Gluck erhielt er einen Echo Klassik 2015.
118 KONZERT VALER SABADUS
Internationale Bekanntheit erlangte Valer
Sabadus 2012 für seine herausragende
Interpretation als Semira in Leonardo
Vincis Oper Artaserse an den Opernhäusern von Nancy, Lausanne und Köln,
dem Theater an der Wien, dem Théâtre
des Champs-Elysées, der Opéra Royal
de Versailles und dem Concertgebouw
Amsterdam. Die Produktion erschien
auch als CD und DVD und erhielt zahlreiche Preise. Im gleichen Jahr wurde ihm
der Preis der deutschen Schallplattenkritik für seine Solo-CD Hasse Reloaded
(OehmsClassics) verliehen.
Großen internationalen Erfolg feierte
er auch als Menelao in Francesco Cavallis
wiederentdeckter Oper Elena beim
Festival International d’Art Lyrique
d’Aix-en-Provence. 2013 gab er sein fulminantes Debüt in der Titelrolle von Händels
Xerxes an der Deutschen Oper am Rhein
in der Inszenierung von Stefan Herheim.
AXEL WOLF Laute
Axel Wolf deckt als einer der profiliertesten Lautenisten mit seinen musikalischen
Aktivitäten ein großes Spektrum ab, vom
Solospiel über Kammermusik bis Musizieren im Orchestergraben. Er arbeitet mit
Partnern wie Dorothee Oberlinger, Irvine
Arditti, Sebastian Hess, Rüdiger Lotter,
Stefan Temmingh oder Joel Frederiksen.
Reisen führen ihn auf internationale
Fetivals in Brügge oder Utrecht, nach Rom,
Tokio und New York, als Solist oder mit Ensembles wie der Musica Fiata, Ars Antiqua
Austria, dem Freiburger Barockorchester,
dem Orchestra of the Age of Enlightenment
oder The English Concert London.
Von 2000 an wirkte er als regelmäßiger
Gast an der Bayerischen Staatsoper München unter dem Dirigat von Ivor Bolton,
Harry Bicket oder Christopher Moulds.
Sein Gitarren- und Lautenstudium absolvierte er bei Hans Michael Koch. Neben
Meisterkursen bei Nigel North und Hopkin-
son Smith folgten weitere Studien bei Rolf
Lislevand. Für den Dokumentarfilm Sonbol
komponierte und produzierte er die Musik,
2011 wirkte er in diversen Fernsehproduktionen des BR sowie bei der Talkshow
3nach9 von Radio Bremen mit. Die CD Requiem for a Pink Moon mit Joel
Frederiksen und dem Ensemble Phoenix
Munich wurde 2013 mit dem Echo in der
Kategorie „Klassik ohne Grenzen“ ausgezeichnet.
In Opern-, Konzert- und CD-Produktionen
arbeitete er zusammen mit Dirigenten wie
Peter Schreier, Lajos Rovatkay, Enoch zu
Guttenberg, Joshua Rifkin und Alan Curtis. Neben zahlreichen Einspielungen als
Continuospieler und Begleiter erschienen
bisher vier Soloalben.
VALER SABADUS KONZERT 119
120 xx
DECKENFRESKO MIT KREUZLEGENDE IN DER SCHLOSSKIRCHE
xxx 121
5. SINFONIEKONZERT
STEFANO MONTANARI Solo-Violine & Dirigent
BADISCHE STAATSKAPELLE
1. Violine Km. Stephan Skiba, Katrin Adelmann, Judith Sauer, Susanne Ingwersen, Thomas
Schröckert, Werner Mayerle, Herbert Pfau-von Kügelgen, Ayu Ideue, Claudia Schmidt,
Anne-Catherine Eibel 2. Violine Annelie Groth, Shin Hamaguchi, Gregor Anger, Andrea
Böhler, Christoph Wiebelitz, Dominik Schneider, Birgit Laub, Chorong Hwang Viola
Michael Fenton, Christoph Klein, Km. Joachim Steinmann, Ortrun Riecke-Wieck, Kyoko
Kudo, Tanja Linsel Violoncello Thomas Gieron, Km. Norbert Ginthör, Wolfgang Kursawe,
Johannes Vornhusen, Hanna Gieron Kontrabass Peter Cerny, Xiaoyin Feng, Karl Walter
Jackl, Christoph Epremian Oboe Stephan Rutz, Nobuhisa Arai Fagott Lydia Pantzier, Km.
Detlef Weiß Horn Km. Susanna Wich-Weißsteiner, Peter Bühl Trompete Jens Böcherer,
Km. Ulrich Dannenmaier Pauke Raimund Schmitz Cembalo Alison Luz
SO 28.2. 11.00 &
MO 29.2. 20.00 GROSSES HAUS
2 Stunden, eine Pause
122 KONZERT 5. SINFONIEKONZERT
PROGRAMM
Georg Friedrich Händel (1685 – 1759)
Concerto grosso B-Dur op. 3, 2 HWV 313
I. Vivace
II.Largo
III.Allegro
IV.Minuetto
V.Gavotte
Antonio Vivaldi (1678 – 1741)
Concerto f-Moll op. 8, 4 RV 267
„L’Inverno / Der Winter“
I. Allegro non molto
II.Largo
III.Allegro. Lento. Allegro
Concerto E-Dur op. 8, 1 RV 269
„La Primavera / Der Frühling”
I.Allegro
II.Largo
III.Allegro: Danza pastorale
– Pause –
Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791)
Sinfonie Nr. 36 C-Dur KV 425 „Linzer“
I. Adagio. Allegro spiritoso
II. Poco adagio
III.Menuetto
IV.Presto
5. SINFONIEKONZERT KONZERT 123
ZUM PROGRAMM
HÄNDEL: CONCERTO GROSSO B-DUR OP. 3, 2
Die Bezeichnung „Concerto grosso” assoziiert man heute sofort mit Barockmusik,
dabei wurde sie im Deutschland der Bachzeit kaum verwendet. Auch Händel kam zu
seiner Halleschen Studienzeit vermutlich
weder mit dem Namen noch der Form in
Berührung. Der Begriff kam um 1680 in Rom
auf, um das Streichorchester als „großes”
vom „kleinen Konzert” der Solisten zu unterscheiden. In Italien war es auch, wo Händel
während seines Aufenthalts 1706 – 1710
durch das Vorbild Arcangelo Corelli diese
neue Form kennenlernte und aufnahm.
Die sechs Konzerte aus Opus 3 veröffentlichte Händels Londoner Verleger 1734 aus
Anlass der Vermählung der englischen Prinzessin Anne mit dem Prinzen von Oranien,
hier erklangen sie als Zwischenaktmusiken
zur Serenade Il Parnasso in Festa HWV 72.
Die Londoner nannten Händels Concerti
grossi op. 3 konsequent nur seine „Oboe
Concertos”, denn in ihnen sind durchweg
auch Holzbläser besetzt. Allerdings erscheinen diese im Gegensatz zu den Geigen kaum
solistisch, sondern wirken überwiegend in
den Concertino-Gruppen mit. Das Concerto
B-Dur vereinigt die Satzelemente des Konzerts (Vivace – Largo – Allegro) mit denen
der Suite (Menuett – Gavotte). Besonders
bemerkenswert ist die vierstimmige Doppelfuge im dritten Satz, die in einer zeitgenössischen Beurteilung als „in der vielleicht
deutlichsten und meisterhaftesten Manier“
gearbeitet sei, „in welcher jemals eine Instrumentalfuge gesetzt ist.“ Im folgenden
farbenreichen Menuettsatz ist das Concertino geteilt: Zwei Oboen und Fagott bzw. zwei
Violinen und Viloncello stehen dem Tutti
124 KONZERT 5. SINFONIEKONZERT
gegenüber und vereinen sich nach wechselseitigem Konzertieren zu einem prachtvollen
und klanggewaltigen Satz.
VIVALDI: DER WINTER UND DER FRÜHLING
AUS DEN VIER JAHRESZEITEN
Antonio Vivaldi ist der mit Abstand bedeutendste Instrumentalkomponist des italienischen Barocks, und das liegt nicht nur an
der ungeheuren Zahl seiner überlieferten
Kompositione. Gleichzeitig war er ein hervorragender Violinvirtuose und prägender
Musikpädagoge. Vivaldi prägte die heute
noch gewohnte Dreisätzigkeit des Konzerts
schnell – langsam – schnell sowie die Ritornellform. Entscheidende ist weiter der Übergang vom Gruppen- hin zum Solokonzert;
dabei bezog Vivaldi nahezu alle Instrumente
des Barockorchesters mit ein.
Möglichkeiten zur kompositorischen Variation
boten Programmkonzerte mit „Concerti con
tituli“. Rund vierzig dieser Konzerte tragen
programmatische Titel, die sich auf die Natur
im weitesten Sinne beziehen, darunter natürlich die Vier Jahreszeiten. Die unter diesem
Titel vereinten Konzerte wurden bereits von
den Zeitgenossen hoch gerühmt und liegen in
unzähligen Bearbeitungen bis hin zur Filmmusik vor. Grund dafür mag sein, dass sie wirklich als reine Programmmusik begriffen werden können: Nicht eine unbestimmte bildhafte
Gefühlswelt liegt ihnen zugrunde, sondern
ein konkreter Handlungsablauf, den Vivaldi in
Sonetten dem Notentext voranstellte.
Der Winter
1: „Erstarrt zittern in eisigen Schneeschauern beim schneidenden Hauch des schrecklichen Windes, im Lauf immer wieder die
Füße aufstampfen und vor grimmiger Kälte
die Zähne klappern.“
2: „Ruhig und zufrieden seine Tage am Kamin zubringen, während draußen der Regen
alle durchnässt.“
3: „Eislaufen, langsam und aufmerksam,
aus Angst zu stürzen, rasch sich drehen,
ausrutschen, zu Boden fallen, wiederum auf
dem Eise sich bewegen und rasch laufen,
bis das Eis bricht und sich aufspaltet, fühlen,
wie aus den eisernen Pforten kommen Südost- und Nordwind und alle die kämpfenden
Winde, das ist der Winter, aber, wie er auch
sei, welche Freuden bringt er.“
Der Frühling
1: „Der Frühling ist gekommen, in festlicher
Freude grüßen ihn die Vögel mit fröhlichem
Gesange, und die Quellen fließen in süßem
Gemurmel zum Hauch der Zephirwinde.
Doch schwarz bedeckt sich der Himmel,
mit Blitz und Donner wird der Frühling
angekündigt; dann schweigen sie, und die
Vögel beginnen wieder ihren bezaubernden
Gesang.“
2: „Und dann schläft auf der blumengeschmückten lieblichen Wiese beim zarten
Rascheln des Laubes und der Pflanzen der
Ziegenhirte mit seinem treuen Hund zur
Seite.
3: „Zum festlichen Klange der ländlichen
Schalmei tanzen Nymphen und Schäfer im
lieblichen Haine beim strahlenden Erscheinen des Frühlings.“
MOZART: LINZER SINFONIE
„Dienstag als den 4ten November werde ich
hier im theater academie geben. – und weil
ich keine einzige Simphonie bey mir habe,
so schreibe ich über hals und kopf an einer
Neuen, welche bis dahin fertig seyn muß“,
so schrieb Mozart am 31. Oktober 1783 aus
Linz an seinen Vater. Trotz der unglaublichen
Eile hatte er dennoch die Muße, ein neues
Merkmal in seine Sinfonik einzubringen:
An der erstmals verwendeten langsame
Einleitung zu Beginn kann man das Vorbild
Haydn erkennen. Sie gibt dem Beginn etwas
Festliches, aber auch Versonnenes, und
baut durch die bewusste Umschreibung des
tonalen Zentrums die Spannung auf für den
ersten Auftritt des Hauptthemas. Schon
da hat sich Mozart weit vom Ideengeber
Haydn entfernt. Er geht viel freier mit der
Form um, nicht das Kompositionstechnische
steht im Vordergrund, sondern die Zeichnung von gegensätzlichen Charakteren,
das Ausloten von Untiefen, das trotz aller
Gegensätzlichkeit zu einem harmonischen
Ganzen erwächst. So ersetzt er das reguläre
Seitenthema durch einen Gedanken in der
unerwarteten Tonart e-Moll, in dem eine
fremdartige alla turca-Atmosphäre erweckt
wird, ohne den grundsätzlichen Charakter
des Satzes zu verändern.
Für den langsamen Satz wählt Mozart nicht
die dreiteilige Liedform, sondern verleiht ihm
durch die Wahl der Sonatenform und die sehr
eigenständige Behandlung der Bläser ein
eigenes Gewicht. Das Menuett hat sich schon
länger vom überkommenen höfischen Tanz hin
zum eigenständigen Sinfonieteil gemausert.
Das Finale besticht durch seinen mitreißenden
Schwung, doch geht es mit seiner Schilderung
unterschiedlichster Empfindungen von Freude
bis Schmerz weit über diese eindimensionale
Betrachtung als „Kehraus“ hinaus. Der Finalsatz bekommt damit eine Tiefe und ein Gewicht, das bereits auf Mozarts Behandlung der
Finali seiner sinfonischen Spätwerke hinweist.
5. SINFONIEKONZERT KONZERT 125
STEFANO MONTANARI Solo-Violine & Dirigent
Stefano Montanari konzentrierte sich nach
dem Abschluss seines Violin- und Klavierstudiums auf die historisch informierte
Aufführungspraxis. Seit 1995 spielt er die
erste Violine an der Accademia Bizantina
in Ravenna, ein auf das 18. bis 19. Jahrhundert spezialisiertes Quartett, das auf
authentischen Instrumenten spielt. Er arbeitet mit führenden Experten im Bereich
der Alten Musik, vor allem mit Christophe
Rousset und seinem Ensemble Les Talens
Lyriques.
Der Künstler unterrichtet Barockvioline
an der Internationalen Musikakademie in
Mailand und am Dall´Abaco-Konservatorium in Verona. Er dirigierte Vivaldis Vier
Jahreszeiten mit dem Barockorchester
der Accademia Nazionale di Santa Cecilia
in Rom für ein Weihnachtskonzert im
Jahr 2007 und für eine Gala zu Ehren des
150. Jahrestages der Vereinigung Italiens.
Beide Konzerte wurden live im nationalen
Fernsehen übertragen. Als Dirigent ist er
126 KONZERT 5. SINFONIEKONZERT
regelmäßiger Gast an Häusern wie dem
Teatro Coccia in Novara, Teatro del Giglio
in Lucca, Teatro Donizetti in Bergamo,
Teatro La Fenice in Venedig, der Opéra de
Lyon oder dem Opera Atelier in Toronto.
Er ist außerdem Musikdirektor des europäischen Projekts „Junges Musikpodium
Dresden-Venedig“.
Seine Aufnahme von Corellis Violinsonaten
op. 5 erhielt breite Anerkennung und
zahlreiche internationale Preise, darunter
den Diapason d´Or und Midem als beste
barocke Musik-CD des Jahres (2007/2010).
Seine Aufnahme von Purcells O solitude
mit Andreas Scholl wurde für einen
Grammy Award (beste Classical Vocal
Solo) nominiert.
BADISCHE STAATSKAPELLE
Als eines der ältesten Orchester der Welt
kann die BADISCHE STAATSKAPELLE auf
eine überaus reiche und gleichzeitig gegenwärtige Tradition zurückblicken. 1662 als
Hofkapelle des damals noch in Durlach residierenden badischen Fürstenhofes gegründet,
entwickelte sich aus dieser Keimzelle ein
Klangkörper mit großer nationaler und internationaler Ausstrahlung. Berühmte Hofkapellmeister wie Franz Danzi, Hermann Levi, Otto
Dessoff und Felix Mottl leiteten zahlreiche Urund Erstaufführungen, z. B. von Hector Berlioz, Johannes Brahms und Béla Bartók, und
machten Karlsruhe zu einem der Zentren des
Musiklebens. Neben Brahms standen Richard
Wagner und Richard Strauss gleich mehrfach
am Pult der Hofkapelle; Niccolò Paganini, Clara Schumann und viele andere herausragende
Solisten waren gern gehörte Gäste. Hermann
Levi führte in den 1860er Jahren die ersten
regelmäßigen Abonnementkonzerte des damaligen Hoforchesters ein, die bis heute als
Sinfoniekonzerte der BADISCHEN STAATSKAPELLE weiterleben.
Allen Rückschlägen durch Kriege und Finanznöten zum Trotz konnte die Tradition
des Orchesters bewahrt werden. Generalmusikdirektoren wie Joseph Keilberth,
Christof Prick, Günther Neuhold und
Kazushi Ono führten das Orchester in die
Neuzeit. Komponisten wie Werner Egk,
Michael Tippett oder Matthias Pintscher
standen sogar selbst vor dem Orchester,
um ihre Werke aufzuführen.
Die große Flexibilität der BADISCHEN
STAATSKAPELLE zeigt sich auch heute
noch in der kompletten Spannweite zwischen Repertoirepflege und der Präsentation
zukunftsweisender Zeitgenossen, exemplarisch hierfür der Name Wolfgang Rihm. Der
seit 2008 amtierende Generalmusikdirektor
Justin Brown steht ganz besonders für die
Pflege der Werke Wagners, Berlioz‘, Verdis
und Strauss‘ sowie für einen abwechslungsreichen Konzertspielplan, vom Deutschen
Musikverlegerverband ausgezeichnet als
„Bestes Konzertprogramm 2012/13“.
5. SINFONIEKONZERT KONZERT 127
BAROCKSTADT KARLSRUHE
2015 Jahr jährte sich die Stadtgründung
Karlsruhes zum 300. Mal. Von Markgraf Karl
Wilhelm als barocke Planstadt angelegt, hat
Karlsruhe den vom Sonnenkreis abgeleiteten
Fächer-Grundriss bis heute bewahrt – im
Mittelpunkt den Turm des Barockschlosses.
Die ehemalige markgräfliche Residenz ist bis
heute nicht nur das städtebauliche, sondern
auch das kulturelle Zentrum der Stadt. Zudem ist Karlsruhe umgeben von Barock-Residenzen. Die Fotostrecke in diesem Band
zeigt Ansichten aus Rastatt. Das Schloss
des „Türkenlouis“ ist die früheste Barockresidenz am Oberrhein. Mit dem Ensemble
aus dreiflügeligem Schlossbau, Garten und
regelmäßig geplanter Stadt orientierte sich
Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden
an Schloss Versailles. Die imposante Anlage
demonstriert in ihrer Gesamtarchitektur an-
schaulich eine geometrische Einheit von
Stadt und Garten.
Das Arminio-Bildnis auf der Titelseite
entstammt dem Gemälde Die Hermannsschlacht von Wilhelm Lindenschmit
dem Älteren (1806–1848), das sich in der
Sammlung der Staatlichen Kunsthalle
Karlsruhe befindet. Diese ist eine der umfangreichsten der Malerei des 19. Jahrhunderts Deutschlands. Arminius, Fürst
der Cherusker, brachte den Römern in
der Varusschlacht 9 n. Chr. eine ihrer verheerendsten Niederlagen bei. An diese
historische Person angelehnt ist die Figur
Hermann der Cherusker, der im 19. Jahrhundert Teil des deutschen Gründungsmythos war.
EINMALIGES GASTSPIEL
L’AUTRE
MONDE
Gastspiel des Riccardo Primo-Regisseurs Benjamin Lazar
in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
KLEINES HAUS
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© Nathaniel Baruch
20.2.
Juwelier Leicht in den SchmuckweLten
westliche karl-Friedrich-Str. 56/68 • 75172 Pforzheim
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INTERNATIONALE HÄNDEL-FESTSPIELE KARLSRUHE 2015
SCHRIFTLICHE KARTENBESTELLUNGEN
BADISCHES STAATSTHEATER
KARLSRUHE
Theaterkasse
Baumeisterstr. 11
76125 Karlsruhe
[email protected]
THEATERKASSE
Baumeisterstr. 11
Montag bis Freitag von 10.00 – 18.30
Samstag von 10.00 – 13.00
Telefon 0721 933 333
Fax 0721 3557 346
IMPRESSUM
Generalintendant Peter Spuhler
Verwaltungsdirektor Michael Obermeier
Kaufmännischer Direktor Johannes
Graf-Hauber
Künstlerische Leitung Michael Fichtenholz
Produktionsleitung Eric Nikodym
Künstlerische Leitung INTERNATIONALE HÄNDEL-AKADEMIE
KARLSRUHE Michael Form
Redaktion Nadine Hering-Eßig, Boris
Kehrmann, Raphael Rösler, Achim Sieben
Gestaltung Danica Schlosser
Druck medialogik GmbH
ABENDKASSE
1 Stunde vor Beginn der Vorstellung
WEITERE INFORMATIONEN
www.staatstheater.karlsruhe.de
www1.karlsruhe.de/Kultur/HaendelAkademie
HOTEL-ARRANGEMENTS
Informationen zu unseren Partnerhotels finden Sie auf www.staatstheater.karlsruhe.
de unter Service/Hotel- und Gastrotipps.
130 xxSERVICE
Redaktionsschluss 1.2.16
Änderungen vorbehalten
65. SCHWETZINGER
SWR FESTSPIELE
BAROCKOPER
29. April (Premiere), weitere Termine: 1., 3. & 4. Mai
»Veremonda, l’amazzone di Aragona«
Francesco Cavalli Musik | Giulio Strozzi Libretto
Amélie Niermeyer Regie | Gabriel Garrido Musikalische Leitung | Concerto Köln
BACH-AKZENTE
1. Mai Jean-Guihen Queyras Violoncello
6 Suiten – 6 Echos
6. Mai Cantus Cölln | Konrad Junghänel Leitung
Kantaten und »Kleine Messe« A-Dur
17. Mai Collegium 1704 | Collegium Vocale 1704 | Václav Luks Leitung
Werke von Zelenka, Scarlatti und Bach
22. Mai Isabelle Faust Violine | Kristian Bezuidenhout Cembalo
Sonaten und Toccata für Cembalo d-Moll
31. Mai Evgeni Koroliov Klavier
»Goldberg-Variationen«
2. Juni La Cetra Barockorchester Basel
Brandenburgische Konzerte Nr. 1-6
SCHWETZINGER HOFMUSIK-AKADEMIE
28. Mai Abschlusskonzert »Klingendes Arkadien«
Midori Seiler & Jaap ter Linden Leitung
Werke von Holzbauer, Cannabich, Johann und Carl Stamitz
Ausführliches Programm unter schwetzinger-swr-festspiele.de
Programmbroschüre anfordern unter [email protected]
Das gesamte Programm wird in SWR2 gesendet.
NACHWEISE
TEXTE
Alle Texte sind Originalbeiträge für dieses
Programmbuch.
FOTOS
Theresia Bauer Uli Regenscheit Fotografie
Dr. Frank Mentrup Roland Fraenkle
Prof. Dr. Peter Overbeck privat
Peter Spuhler Florian Merdes
Michael Fichtenholz Felix Grünschloß
Schloss Rastatt AMEA Design & More,
LMZ BW (Altenkirch / Hausner / Weischer)
Franco Fagioli Julian Laidig / © DG
Julia Lezhneva Decca / © Uli Weber
Karina Gauvin Michael Slobodian
Donna Leon Regine Mosimann /
© Diogenes Verlag
Stefano Montanari Roberto Cifarelli
Il pomo d’oro Julien Mignot
Domenico Annibali bpk | Staatliche
Kunstsammlungen Dresden | Elke Estel |
Hans-Peter Klut
Arminio (Max Emanuel Cencic) Julien
Benhamou
Max Emanuel Cencic Anna Hoffmann
George Petrou Ilias Sakalak
Helmut Stürmer Felix Grünschloß
Corina Grămoşteanu Adi Bulboaca
Angela Saroglou Felix Grünschloß
Layla Claire Lisa Marie Mazzucco
Vince Yi Edda Pacifico
Ruxandra Donose Nicolae Alexa
Juan Sancho Julian Laidig
Owen Willetts Felix Grünschloß
Pavel Kudinov Felix Grünschloß
Armonia Atenea Pappas
Ulrich Wagner Florian Merdes
Ks. Tero Hannula Jochen Klenk
132
Andrea Keller Dirk Peuser
Christoph Mayer privat
Jane Oldham privat
Gerhardt Darmstadt privat
David Sinclair privat
Rien Voskulien privat
S. 67, S. 71 Falk von Traubenberg
Michael Form Felix Grünschloß
Daniel Pfluger Felix Grünschloß
Flurin Borg Madsen Bitterfield Photography
Janine Werthmann privat
Benedikt Dichgans privat
Philipp Engelhardt privat
Deutsche Händel-Solisten privat
Valer Sabadus Henning Ross
Yetzabel Arias Fernández Ribaltaluce Studio
Flavio Ferri-Benedetti Lucian Hunziker
Roberta Invernizzi Ribaltaluce Studio
Larissa Wäspy Felix Grünschloß
Terry Wey Walter Fritz
Mehmet Altiparmak Florian Merdes
Sergiu Nastasa privat
Carmen-Otilia Alitei Ilias Sakalak
Theodoros Kitsos privat
Alexandros Economou Ilias Sakalak
Ann Hallenberg Örjan Jakobsson
Lars Ulrik Mortensen Keith Saunders
Axel Wolf Marc Dietenmeier BFF
Badische Staatskapelle Falk von Traubenberg
Sollten wir Rechteinhaber übersehen
haben, bitten wir um Nachricht.
FESTSPIELKALENDER
SO 7.2.
MITGLIEDERVERSAMMLUNG DER HÄNDEL-GESELLSCHAFT KARLSRUHE e. V.
10.00 KLEINES HAUS
SONNTAG VOR DER PREMIERE: ARMINIO
Dramma per musica in drei Akten von Georg Friedrich Händel
Erhalten Sie Einblick in die Arbeit des Regieteams und der Darsteller.
11.00 KLEINES HAUS
FR 12.2. ERÖFFNUNG DER 39. INTERNATIONALEN HÄNDEL-FESTSPIELE
18.00 MITTLERES FOYER
SA 13.2. DONNA LEON IM GESPRÄCH 16.00 KLEINES HAUS
S. 22
ARMINIO
19.00 GROSSES HAUS PREMIERE
S. 24
SO 14.2. ÖKUMENISCHER FESTGOTTESDIENST
10.30 EV. STADTKIRCHE am Marktplatz
S. 50
6+ 2. KINDERKONZERT – PROFESSOR FLORESTAN UND
MAESTRO EUSEBIUS PACKEN AUS: GEORG PHILIPP TELEMANN
11.00 GROSSES HAUS
S. 52
6+ 2. KINDERKONZERT – PROFESSOR FLORESTAN UND
MAESTRO EUSEBIUS PACKEN AUS: GEORG PHILIPP TELEMANN
15.00 GROSSES HAUS
S. 52
MO 15.2. ARMINIO
19.00 GROSSES HAUS
S. 24
DI 16.2.
S. 56
KAMMERKONZERT DER DEUTSCHEN HÄNDEL-SOLISTEN
20.00 KLEINES HAUS
MI 17.2. ARMINIO
19.00 GROSSES HAUS
S. 24
FR 19.2.
S. 24
ARMINIO
19.00 GROSSES HAUS
SA 20.2. TESEO
15.00 GROSSES HAUS WIEDERAUFNAHME
Voraussetzung: Gehalts-/Bezügekonto;
Genossenschaftsanteil von 15,– Euro/Mitglied
ERÖFFNUNGSKONZERT FRANCO FAGIOLI – JULIA LEZHNEVA – S. 12
KARINA GAUVIN – DONNA LEON – STEFANO MONTANARI & IL POMO D’ORO
19.00 GROSSES HAUS
1)
0 800/40 60 40 124
www.bbbank.de
0,
Euro 1)
Girokonto und Depot
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Neuinszenierung
SEMELE
Drama in drei Akten von Georg Friedrich Händel
Floris Visser Regie
Christopher Moulds Dirigent
Gary McCann Bühne & Kostüme
Mit Anna Devin, Ed Lyon, Terry Wey, Dilara Baștar, Katharine Tier u. a.
Premiere 17.2.17
Weitere Vorstellungen 19., 23., 25. & 28.2.17 GROSSES HAUS
Wiederaufnahme
ARMINIO
Oper in fünf Akten von Georg Friedrich Händel
Max Emanuel Cencic Regie & Titelrolle
Helmut Stürmer Bühne & Kostüme
George Petrou Dirigent
Mit Gaia Petrone, Vince Yi, Juan Sancho u. a.
WA-Premiere 24.2.17
Weitere Vorstellungen 26.2. & 1.3.17 GROSSES HAUS
Konzerte mit Sandrine Piau, Vivica Genaux, Sine Bundgaard, David Hansen
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Der Vorverkauf läuft ab dem 12.2.16 für ABONNENTEN, Mitglieder der HÄNDELGESELLSCHAFT KARLSRUHE und Mitglieder der GESELLSCHAFT DER FREUNDE.
Am 22.2.16 startet der Vorverkauf für alle Besucher.
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INTERNATIONALE HÄNDEL-FESTSPIELE 2016
17.2. – 2.3.
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