Der ORF und der VÖZ treffen im Interesse eines medienpolitischen Konsenses nachstehendes Übereinkommen Präambel Geleitet von den jüngsten Gesetzesakten im Bereich des Rundfunks einerseits wie den vom Parlament noch nicht erledigten, von der Bundesregierung im Rahmen ihrer Koalitionsabsprachen jedoch angekündigten Vorhaben betreffend die Medien, insbesondere die bundesgesetzliche Regelung terrestrischen kommerziellen Fernsehens und die Bundeswerbeabgabe, schließen der Verband der Österreichischen Zeitungen (VÖZ) und der Österreichische Rundfunk (ORF) dieses Übereinkommen, um an die trotz divergierendre Interessenlagen bestehende Tradition anzuschließen, die gegensätzlichen Interessenlagen in konsensualem Stil zu bewältigen. Beide Seiten schließen dieses Übereinkommen, insbesondere dessen Punkt 1.6., unter ausdrücklicher Bindung an die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung bestehenden bzw. absehbaren Umstände und vereinbaren diese ausdrücklich als Grundlage des gegensätzlichen Übereinkommens. I. 1. GEGENSTAND DES ÜBEREINKOMMENS Sonderformen der Werbung in den Programmen des ORF Der VÖZ anerkennt die vom ORF im Rahmen seiner Auslegung des ORF Gesetzes gesendeten Sonderformen der Werbung und wird dagegen keine Schritte unternehmen, soferne die nachstehenden Verpflichtungen vom ORF eingehalten werden. 1.1. 1.2. Der ORF verpflichtet sich, in der Interpretation der gesetzlichen Verpflichtung zur Werbekennzeichnung alle Sendungen, die für den ORF außerhalb der Spot-Werbung (Werbesendungen im engeren Sinn, die das Werbezeitlimit des Rundfunkgesetzes eingerechnet werden) Geld zufließt – im folgenden Sonderwerbeformen genannt – entsprechend zu kennzeichnen. Beschränkung der Erlöse aus Sonderwerbeformen Der ORF wird Erlöse aus Sonderwerbeformen in folgender Weise selbst beschränken. (Hievon nicht betroffen ist Radio Österreich International, Bildungssendungen sowie, Mittel, die von den Lotterien im Rahmen der medialen Unterstützung des Lotte- und gegebenenfalls Wettgeschäftes gewährleistet werden.) Alle Erlöse aus Sonderwerbeformen dürfen insgesamt nicht mehr als 11 % der im vorangegangenen Jahr erzielten Erlöse aus Werbesendungen (Spotwerbung) ausmache. (Die Basis 1998 wird mit 4,4 Mrs. ATS festgestellt.) Hievon dürfen die Erlöse aus Sonderwerbeformen in den regionalen/lokalen Programmen des TV und des Hörfunks nicht mehr als 2, 3 % aller im vorangegangenen Jahr erzielten Erlöse aus Werbesendungen (Spotwerbung) ausmachen (Basis wie oben). Werden die voranstehenden Erlösgrenzen (bundesweit und regional im Jahr 1999 überschritten, so sind die Überschreitungen durch Mindererlöse im Jahr 2000 auszugleichen. 1.3. Der ORF wird dafür sorgen, dass die Prüfungskommission laut Rundfunkgesetz bzw. ihre Mitglieder in ihrem jährlichen Bericht die Einhaltung der Selbstverpflichtung laut diesem Abkommen ausweisen und die diesbezüglichen Teile der Prüfung dem VÖZ offengelegt werden. 1.4. Die Partner dieses Übereinkommens stellen fest, dass sie keine Bemühungen ohne eingehende Konsultationen unternehmen werden, die Werbebestimmungen für TV und Hörfunk laut Rundfunkgesetz gegenüber derzeit gesetzlich festgelegten Status (einschließlich ORF-Gesetznovellen 1993 und 1999) zu verändern. Das betrifft im besonderen die Bestimmung, dass Werbung in den bundesweit verbreiteten Programmen des Hörfunks und in den Programmen des Fernsehens nur bundesweit zulässig ist. Wird im Rahmen dieser Konsultation innerhalb eines Jahres ab der Aufnahme von diesbezüglichen Gesprächen kein Einvernehmen erzielt, sind die Partner in ihren Aktivitäten frei. Ausgenommen von Vorstehendem sind jedenfalls Bemühungen des ORF, dass der von ihm vorgelegte Entwurf eines Rundfunkgebührengesetzes insbesondere dessen Vorschlag einer EU-rechtskonformen Regelung über eine Ausgleichszahlung des Bundes für gebührenbefreite Rundfunkteilnehmer Gesetz wird. 1.5. 2. Die Vereinbarung bezüglich der Kennzeichnung und Anrechnung der Sonderwerbeformen gilt für alle dem ORF direkt oder indirekt zufließenden Geldmittel aus diesem Titel, unabhängig davon, ob die Werbung vom ORF selbst oder durch eine ausgelagerte Gesellschaft, an der der ORF beteiligt ist, oder durch eine sonstige Beteiligung – ausgenommen die Beteiligung an der Österreichischen Lotterien GesmbH – ausgeübt wird. Kooperation ORF-Online – andere Onlinedienste, die von VÖZMitgliedern betrieben werden und sich daraus ergebenden Verhaltensweisen Der ORF erklärt seine grundsätzliche Bereitschaft, im Zuge der Vermarktung seines neuen Mediums ORF-ON eng mit dem VÖZ bzw. dessen Mitgliedern zu kooperieren. Nach dem Modell von Ö3 Plus wird eine gemeinsame, für den VÖZ bzw. dessen Mitglieder kostengünstige Vermarktung der Dienste angestrebt. Ziel dieser Kooperationsbereitschaft ist ferner, der werbungstreibenden Wirtschaft die zunehmende Wichtigkeit dieses Mediums näher zu bringen bzw. zu demonstrieren und ihr möglichst gesicherte Entscheidungsgrundlagen für die Inanspruchnahme dieses neuen Mediums zur Verfügung stellen zu können. Die Partner vereinbaren, innerhalb eines Zeitraumes von 6 Monaten ab Abschluss dieses Übereinkommens einvernehmlich Leitlinien einer solchen Kooperation zwischen ORF und dem VÖZ bzw.dessen Mitgliedern zu verabschieden. 3. Spartenkanäle Der VÖZ erklärt, gegen die Einrichtung je eines Spartenkanals für Sport und Kultur keine Einwände zu erheben, soferne diesen Kanälen kein eigenes Kontingent von Spotwerbung zugerechnet wird und insoferne die Anrechung gemäß 1.1.2. im Sinne dieses Übereinkommens eingehalten wird. 4. 5. Anzeigen-/Ankündigungstauschgeschäfte und eigenwerbende Werbeeinschaltungen 4.1. Der ORF schließt mit den Mitgliedern des VÖZ gemäß gesonderter Vereinbarung Anzeigen- und Ankündigungstauschgeschäfte. 4.2. Eigenwerbung des ORF Der ORF wird Eigenwerbung in Form klassischer Spots für Programme des Fernsehens, ORF-OM sowie Printprodukte des ORF im Hörfunk sowie ebensolcher Eigenwerbung für Hörfunkprogrammen, ORF-ON und Printprodukte des ORF im Fernsehen mit insgesamt 10 % jener Werbezeit zu begrenzen, die dem ORF im jeweiligen Programm an gesetzlicher Werbezeit für Spotwerbung zur Verfügung steht. Zur Eigenwerbung zählen auch Hinweise auf Begleitmaterialien, für die dem ORF kein Erlös zufließt. Neue Geschäftsfelder Der ORF verpflichtet sich, neue Geschäftsfelder nur mit der Maßgabe zu betreiben, dass a) die neuen Geschäftsfelder der Fortentwicklung im Bereich seiner gesetzlichen Aufgabenstellung dienen; b) der ORF dabei nicht diskriminierend vorgeht, also seine Ressourchen Mitbewerbern zu gleichen Konditionen zur Verfügung stellt und c) der ORF seine privatwirtschaftliche Tätigkeit nicht durch Zuordnung von Kosten zum Bereich mit Gebührenfinanzierung quersubventioniert; die Einhaltung dieser Verpflichtung ist durch eine transparente, nachvollziehbare Kostenrechnung sicherzustellen. Von dieser Vereinbarung nicht erfasst sind Finanzveranlagungen des ORF im Rahmen seiner Rückstellungspolitik. 6. Privates terrestrisches TV in Österreich Für den Fall der Einführung von privatem terrestrischen TV in Österreic wird der ORF die vom VÖ/ in einem gesonderten Konzept vorgelegten Pläne für die Einführung von privatem terrestrischem TV in Österreich mittragen. II. GELTUNGSBEREICH, GELTUNGSDAUER, RECHTSCHARAKTER Soweit für die Umsetzung der vorstehenden Punkte gesetzliche Grundlagen bereits vorhanden sind, verpflichtet dieses Übereinkommen die beiden Partner im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit. Soweit die Punkte einer noch zu schaffenden gesetzlichen Grundlage bedürfen, werden die Partner dieses Übereinkommens die erforderlichen Anstrengungen unternehmen, um die gesetzlichen Grundlagen hierfür zu erreichen. Hiebei verpflichten sich die Partner, Gesetzesänderungen in den vom Abkommen betroffenen Bereichen nur gemeinsam und nicht durch einseitige Veränderung des Status Quo anzustreben. Dieses Übereinkommen wird auf unbestimmte Zeit geschlossen und hat zunächst bis zum 31.12.2002 Gültigkeit. Wird es von keinem Partner sechs Monate vor Ablauf des Kalenderjahres gekündigt, so verlängert es sich jeweils um ein Jahr. Zwischen den Partner besteht Einverständnis dahingehend, dass die Einhaltung dieses Übereinkommens nicht der Rechtsordnung unterstellt und mit Mitteln des Privatrechts durchgesetzt, insbesonders auch nicht bei den staatlichen Gerichten bzw. Verwaltungsbehörden geltend gemacht bzw. sonst wie betrieben werden kann; ein auf Zuhaltung dieses Übereinkommens bzw. auf Ansprüche wegen dessen Nichteinhaltung gerichtliches Klagerecht bzw. Antragsrecht wird wechselseitig ausgeschlossen. III. STÄNDIGES KONTROLLKOMITEE ORF und VÖZ bilden ein ständiges Kontaktkomitee, um alle Themen, die sich aus diesem Übereinommen sowie aus den Entwicklungen auf dem Werbe- und Medienmarkt ergeben, behandeln zu können. Das Kontaktkomitee tritt unverzüglich zusammen, wenn ein Partner dies wünscht. Ihm gehören auf jeden Fall der Generalintendant des ORF und der Präsident des VÖZ oder von diesen nominierte Vertreter an. Es unterzeichneten am 30. Juni 1999 Gerhard Weis – Generalintendant des ORF Dr. Max Dasch – Präsident des VÖZ Dr. Alexander Wrabetz – Kaufmännischer Direktor des ORF Dr. Walter Schaffelhofer – Generalsekretär des VÖZ