Expose_Das Progressive Zentrum

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Wir denken weiter.
Idee und Begründung des Progressiven Zentrums
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I. Zusammenfassung ....................................................................................................... 3
II. Hintergrund und Herausforderungen ........................................................................... 4
III. Die progressive Mitte stärken ..................................................................................... 7
IV. Das Progressive Zentrum als Katalysator neuer Impulse .............................................. 8
V. Initiatoren, Beirat und Partner .................................................................................... 11
VI. Gründung, Aufbau und erste Initiativen ..................................................................... 13
VII. Rechtsform und Struktur des Progressiven Zentrums ............................................... 15
VIII. Partnerschaft zwischen dem Progressiven Zentrum und seinen Förderen ................. 16
IX. Fazit.......................................................................................................................... 17
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I. Zusammenfassung
Die Gründung der unabhängigen Denkfabrik (Think Tank) Das Progressive Zentrum geht zurück auf
eine gemeinnützige Initiative, die sich zum Ziel setzt, fortschrittsorientierte und reformfreudige Politik in Deutschland zu stärken. Als „progressiv“ oder „fortschrittlich“ wird dabei ein zugleich sozialer
und freiheitlicher Kurs verstanden. Dieser Kurs setzt darauf, unter den veränderten Bedingungen des
21. Jahrhunderts ein sich wechselseitig positiv bedingendes Verhältnis von wirtschaftlichem und sozialem Fortschritt zu entwerfen und politisch zu organisieren – statt die Ziele der Dynamik und der
Gerechtigkeit nach überkommenem Muster gegeneinander auszuspielen.
Maß und Ziel aller fortschrittlichen Politik muss im 21. Jahrhundert die Verbesserung der realen Lebenschancen, die Erweiterung der tatsächlichen Freiheiten und „Verwirklichungschancen“ (Amartya
Sen) der Menschen sein. Damit grenzt sich eine moderne progressive Politik dezidiert ab von statischen und traditionalistischen Politikvorstellungen, die einen angeblich unausweichlichen Gegensatz
von Gerechtigkeits- und Effizienzzielen unterstellen.
Warum ist eine in diesem Sinn dezidiert „fortschrittliche“ Initiative notwendig? Wir erleben heute fundamentale Umbrüche in Wirtschaft und Arbeit, in Technologie und Umwelt, in den individuellen Lebensweisen und Wertvorstellungen sowie aufgrund zunehmender internationaler Verflechtung. Diese
Umbrüche verursachen zunehmende Orientierungsunsicherheit in der Gesellschaft. Festzustellen ist
zugleich eine wachsende Entfremdung von der Politik und vom politischen System insgesamt.
Das hat höchst bedenkliche Folgen: Wo entschiedene Zukunftsorientierung und aktive Gestaltung
dringend notwendig wären, suchen immer mehr Menschen Zuflucht in den – vermeintlichen – Gewissheiten der Vergangenheit. Diese bieten jedoch keine Lösungen für die Herausforderungen des 21.
Jahrhunderts. Das Festhalten an überkommenen Vorstellungen für Gesellschaft, Staat und Wirtschaft
verhindert deshalb gerade, dass Deutschland seine Erneuerungspotentiale umfassend nutzen kann.
Die Initiatoren und Unterstützer des Progressiven Zentrums sind überzeugt, dass es unter diesen Umständen unbedingt eines öffentlich wirksamen Diskurses zugunsten praxistauglicher neuer Lösungen
bedarf. Die besondere Aufgabe der Denkfabrik soll es deshalb sein, innovative Konzepte im Sinne fortschrittlicher Vorstellungen und Werte hervorzubringen und offensiv zur Debatte zu stellen. So kann
wirkungsvoll auf die politischen Debatten und Parteien in unserem Land Einfluss genommen werden.
Das Progressive Zentrum soll bereits im Vorfeld der kommenden Bundestagswahl als wirksamer Faktor im Prozess der Meinungsbildung in Parteien und Gesellschaft in Deutschland aktiv werden.
Zudem versteht sich das Progressive Zentrum als eine internationale Plattform zum Gedankenaustausch und zur Kooperation vor allem der jüngeren, verantwortungsbewussten Generation. Dabei
können die Initiatoren zurückgreifen auf ein weit reichendes und lebendiges Netzwerk progressiver
Partnerinstitute und -akteure in Deutschland, Europa und in Amerika.
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Dieses Papier beschreibt den Kontext, der solch eine Institution in Deutschland heute erforderlich
macht; es skizziert die Aufgaben, denen sich die Einrichtung systematisch widmen muss; schließlich
umreißt es die Strukturen und Arbeitsweisen, derer sich das Progressive Zentrum als Denkfabrik bedient.
II. Hintergrund und Herausforderungen
Die Politik und die Parteien in Deutschland erleben heute fundamentale Umbrüche. Dasselbe gilt für
die anderen zentralen Akteure in Politik und Gesellschaft, etwa die Gewerkschaften, die großen Wirtschaftsverbände oder die Kirchen. Diese Umbrüche folgen langfristigen Veränderungen auf der Welt
und in unserer eigenen Gesellschaft in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Zu nennen sind – stichwortartig – die Globalisierung, die große demografische Umwälzung, der Aufstieg des wissens- und
lernintensiven Wirtschaftens und, damit verbunden, schnelle technologische Neuerungen, schließlich
die dringenden Herausforderungen des Umwelt- und Klimaschutzes sowie der Energiesicherheit.
Vor allem im Gefolge dieser säkularen Umbrüche sieht sich die Politik nicht nur in Deutschland mit einer Vielzahl konkreter neuer Probleme konfrontiert: im Hinblick auf das geeignete Verhältnis zwischen Staat und Markt; im Hinblick auf die Zukunft des Sozialstaates; im Hinblick auf das Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz oder der Überwindung überkommener industrieller Strukturen; im
Hinblick auf das outsourcing und offshoring von Arbeitsplätzen; im Hinblick auf die Fragen der Dynamik alternder Gesellschaften; im Hinblick auf die Probleme nationaler Identität in multiethnischen
Gesellschaften; im Hinblick auf wachsende politische Entfremdung und Apathie; im Hinblick auf die
Kinderfreundlichkeit der Gesellschaft sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf; im Hinblick auf
nachhaltige Umwelt- und Energiepolitik – die Liste ließe sich fortsetzen.
Überall stehen mit der veränderten politischen Tagesordnung alte politische Organisationen und Gewissheiten zur Disposition. Der klassische Gegensatz von „Rechts“ und „Links“ scheint in rapide Auflösung zu geraten. Zugleich jedoch kommt die Herausbildung neuer, zeitgemäßer Orientierungen in
der Gesellschaft, in den Parteien und im Parteiensystem insgesamt nur schleppend voran. Auffällig ist
besonders, wie schwer sich die aus den Konflikten des 19. und 20. Jahrhunderts entstandenen Organisationen, Institutionen und Sozialmilieus in Deutschland damit tun, die Herausforderungen der Gegenwart offensiv und proaktiv anzunehmen, statt defensiv und auf die Verhinderung des Wandels zu
setzen. Dies gilt für Staat und Verwaltung, für Gewerkschaften und Verbände. In ganz besonderer Weise jedoch gilt es für die Parteien.
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Innerhalb der deutschen Sozialdemokratie sind die Bemühungen der Jahre 1998 bis 2005, die Partei als
eine erneuerungsfreudige und dynamische politische Kraft der linken Mitte in Gesellschaft und
Parteiensystem neu zu positionieren, zwar nicht ohne Wirkung geblieben. Der notwendige Aufbruch
zu einer wirklich dynamischen und zeitgemäßen Partei der Lebenschancen für alle ist dabei allerdings
noch nicht in nachhaltiger Weise gelungen. Das Projekt der „Neuen Mitte“ und die Politik der „Agenda
2010“ blieben intellektuell zu wenig unterfüttert, um eine neue sozialdemokratische Reformära zu begründen.
Inzwischen neigen Teile der Partei zum Rückfall hinter bereits gewonnene Einsichten. Seit dem Ende
der Ära Schröder verlaufen alle Versuche der SPD, sich – etwa durch die Debatte über das neue Grundsatzprogramm – intellektuell und kulturell auf die Höhe der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts
zu bringen, schwerfällig. Nicht zuletzt deshalb tut sich die SPD schwer, nach außen neue Strahlkraft
zu entwickeln. Die raschen Wechsel an der Spitze der SPD sind im Kern nicht die Ursache, sondern
eine Folge der tiefen Krise der deutschen Sozialdemokratie.
Wichtig für die SPD wäre es, auf die eigene Misere mit offensiver und zukunftsgerichteter Erneuerung
zu reagieren, statt mit dem Rückzug in die vermeintlichen Gewissheiten eines traditionalistischen Milieus. Zweifelhaft ist allerdings, ob die innerhalb der SPD minoritären reformorientierten Kräfte die
notwendige kritische Masse, Sprachmächtigkeit und Überzeugungskraft aufbringen werden, um ihre
Partei insgesamt zu einer dynamischen, progressiven Reformkraft der linken Mitte für das 21. Jahrhundert zu entwickeln.
In dieser Situation müssen neue Ideen und konzeptionellen Impulse heute verstärkt von außen an die
Sozialdemokratie herangetragen werden, um systematisch die progressiven Kräfte in der Partei zu
stärken. So kann verhindert werden, dass sich die SPD in den kommenden Jahren kulturell und intellektuell zunehmend zu einer Organisation entwickelt, die aus ihrer Zeit und aus der gesellschaftlichen
Mitte heraus fällt. Solch ein Auszehrungsprozess auch nur einer der beiden großen deutschen Volksparteien könnte lang anhaltenden Verwerfungen für das deutsche Parteiensystem und die Berechenbarkeit der Politik in Deutschland zur Folge haben.
In durchaus vergleichbarer (wenn auch nicht gleicher) Lage befindet sich in Deutschland die Christdemokratie. Bis zum Ende der Ära Kohl als „Große Volkspartei der Mitte“ über viele Jahre kulturell und
gesellschaftspolitisch bewahrend, hat die Partei seit 2003 unter dem Vorsitz von Angela Merkel eine
dramatische Zickzackfahrt erlebt. Das Gemisch aus Ankündigungen radikaler („neoliberaler“) Neuerungen in der Opposition, relativer Handlungsschwäche in der Regierung seit Ende 2005 und dem
gleichzeitigen schleichenden Abschied von normativen Grundgewissheiten (etwa in der Familienpolitik) hat die CDU in eine tiefe Identitätskrise gestürzt.
In der deutschen Öffentlichkeit wie in der Partei selbst herrscht mittlerweile verbreitete Unklarheit
über den gesellschaftlichen und konzeptionellen Ort der Christdemokratie. Auch im Fall der CDU sind
somit langfristige Erosionstendenzen festzustellen, denen keine konzisen konzeptionellen und organisationspolitischen Gegenbewegungen gegenüberstehen. Die ungewohnte Konstellation der Großen
Koalition tut ein Übriges, um sowohl innerparteilich als auch auf dem Wählermarkt anhaltende Irritation und Entfremdung auszulösen.
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Das zunehmende Verschwimmen des klassischen Rechts-links-Schemas betrifft auch die kleineren
Parteien: Im Fall der Grünen herrscht ganz offensichtlich große Unklarheit über das zukünftige Profil
der Partei – und damit auch über deren künftige Koalitionsoptionen. Ein Aufbruch mit progressiver
gesellschaftspolitischer Agenda erscheint hier ebenso möglich wie das Ausfransen der Partei in verschiedene ideenpolitische und sozialkulturelle Milieus und Strömungen.
Zugleich gilt aber auch: Die Chancen der Grünen, sich als moderne, aufgeklärte und dynamische Partei der progressiven Mitte für das 21. Jahrhundert zu profilieren, werden in genau dem Maße zunehmen, wie die deutsche Sozialdemokratie in traditionalistische Deutungs- und Verhaltensmuster zurückfällt.
Für die FDP mit ihrer dezidiert individuelle Freiheit, Eigenverantwortung und Markt betonenden Programmatik eröffnen sich angesichts der beschriebenen Lage neue Möglichkeiten. Tatsächlich dürften
den Liberalen in nächster Zeit neue Wähler zuströmen, die sich von der Großen Koalition deutlich
mehr Reformdynamik versprochen hatten. Damit besitzt die FDP als „Partei der Bewegung“ unter den
neuen Wettbewerbsbedingungen des deutschen Parteiensystems zweifellos klare
Alleinstellungsmerkmale und gute Zuwachschancen. Zugleich jedoch stehen der FDP – aus gut
nachvollziehbaren Gründen – diejenigen Teile der Bevölkerung ausgesprochen ablehnend gegenüber,
die die Partei als kalte Wirtschaftspartei ohne Begriff und Verständnis für soziale Belange
wahrnehmen.
Wo viele Sozialdemokraten irrtümlich glauben, sie müssten die Idee der sozialen Gerechtigkeit und Sicherheit stets gegen ökonomische Belange durchsetzen, unterschätzt umgekehrt die FDP nicht nur
die produktive Kraft zeitgemäßer Sozialstaatlichkeit, sondern auch die begründeten Gerechtigkeitsund Sicherheitserwartungen großer Teile der Bevölkerung. Wachsende Zustimmung zur FDP und zu
ihren allein marktorientierten Konzepten wird deshalb unweigerlich zugleich die exakt gegenteilig orientierten marktfeindlichen Kräfte innerhalb der Gesellschaft stärken – eine problematische Konstellation der Polarisierung, die sich für Deutschland insgesamt in äußerst nachteiliger Weise hochschaukeln kann.
Nutznießer der fundamentalen Verwerfungen im zukünftigen Parteiensystem könnte in Deutschland
als „Partei der Beharrung“ die PDS/Linkspartei sein. Mit ihrer Galionsfigur Oskar Lafontaine propagiert sie systematisch die völlig illusorische (und im Übrigen auch nicht wünschenswerte) Möglichkeit
einer Wiederkehr rein nationalstaatlich gefasster, industriegesellschaftlich orientierter und vulgärkeynesianistischer Politikmodelle.
Dieser Diskurs trifft bei denjenigen Bevölkerungsgruppen auf offene Ohren, denen Aufbruch, Fortschritt und kulturelle Offenheit grundsätzlich als Bedrohungen erscheinen.
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Obgleich sie ideologisch vom anderen Ende des politischen Spektrums stammt, vertritt die PDS/Linkspartei im Ergebnis an vielen Punkten kaum andere Positionen als rechtspopulistische und rechtsextremistische Parteien wie DVU und NPD. Aus unterschiedlichen ideologischen Quellen gespeist, entsteht
hier innerhalb der deutschen Gesellschaft – gewissermaßen jenseits von Rechts und Links – ein auf
den Nationalstaat fixierter, nach innen gerichteter, autarkistisch und globalisierungsfeindlich gesinnter „Pol der Beharrung“, der fatalerweise in Staatswirtschaft und Wirtschaftsnationalismus taugliche
Lösungen für die Probleme des 21. Jahrhunderts entdeckt.
In jedem Fall wächst mit der ideenpolitischen Desorientierung und Unentschlossenheit der großen
Volksparteien die Gefahr des weiteren Aufstiegs antiprogressiver „Beharrungsparteien“ in Deutschland – dies umso mehr, als sich Gegner der freiheitlichen und in jeder Hinsicht weltoffenen Gesellschaft in Deutschland im langfristigen Aufwind glauben. Sie deuten das Scheitern der EU-Referenden
in Frankreich und den Niederlanden oder die französische Protestbewegung gegen Reformen am Arbeitsmarkt als Belege künftiger eigener Erfolge, ebenso den Aufstieg lateinamerikanischer Nationalpopulisten wie Hugo Chávez oder Evo Morales.
Vielfältige Indizien sprechen inzwischen dafür, dass der gegen Internationalität, gegen Weltoffenheit
und gegen die soziale Marktwirtschaft gerichtete politische Diskurs in Deutschland tatsächlich an Boden gewinnt. Es ist offensichtlich, dass seit einigen Jahren in Teilen Europas ein umfassendes Grundgefühl der Abwehr gegen die vermeintlichen Überforderungen unserer Gesellschaften im 21. Jahrhundert um sich greift. Nimmt dieser groundswell in Deutschland weiter zu, so wird auch für Politiker der
großen Parteien die Versuchung immer weiter wachsen, ebenfalls in defensiven Rückzugspositionen
Zuflucht zu nehmen – ein gefährlicher Teufelskreis.
III. Die progressive Mitte stärken
Notwendiger denn je ist es vor dem skizzierten Hintergrund, in Deutschland und Europa diejenigen
progressiven Diskurse offensiv voranzutreiben, die darauf setzen, systematisch das positive Wechselverhältnis zwischen Dynamik in Wirtschaft und Gesellschaft auf der einen Seite und einer „Politik der
Lebenschancen für alle“ auf der anderen Seite zu stärken. Klar ist: Ökonomischer Erfolg und eine allgemein als gerecht empfundene Gesellschaft werden auch im 21. Jahrhundert nicht ohne- oder gegeneinander zu erzielen sein. Statt Effizienz- und Gerechtigkeitsziele gegeneinander in Stellung zu bringen, kommt es daher darauf an, Win-win-Konstellationen zu entwickeln, in denen sich Effizienz und
Gerechtigkeit gegenseitig bedingen und stärken.
Nicht zuletzt der Erfolg der skandinavischen Staaten als Gesellschaften wirtschaftlicher Dynamik und
moderner Sozialstaatlichkeit belegt, dass dieses symbiotische Positivsummenspiel machbar und zukunftsträchtig ist.
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Nicht ausschließlich zwischen den Kräften der „Bewegung“ und der „Beharrung“ verläuft heute daher
die neue Konfliktlinie innerhalb der deutschen Gesellschaft. Eine Politik der progressiven linken Mitte
muss heute eindeutig eine Politik für größere Dynamik in Wirtschaft und Gesellschaft sein. Von den
ebenfalls bewegungsfreudigen Marktliberalen unterscheiden sich Progressive dennoch sehr klar. Anders als der auf den Markt reduzierte Liberalismus der Gegenwart ist die fortschrittliche Mitte davon
überzeugt, dass funktionierende und zeitgemäße (Sozial-)Staatlichkeit die unentbehrliche Bedingung
dafür ist, Effizienz und Dynamik zu erreichen. Denn die Fähigkeit der Menschen, erfolgreich an dynamischem Marktgeschehen teilzunehmen und damit zur gesellschaftlichen Wertschöpfung beizutragen, hat unter den Bedingungen des 21. Jahrhundert wie niemals zuvor in der Geschichte Voraussetzungen, die der Markt selbst nicht gewährleistet – etwa im Hinblick auf Bildung und Lebenschancen.
Prinzipiell lagen derartige Einsichten bereits dem rot-grünen Regierungshandeln in der späten Ära
Schröder zugrunde. Jedoch sind die Versuche, im Lichte der neuen Herausforderungen ein neues Narrativ für eine fortschrittliche Politik der linken Mitte zu formulieren, gerade in Deutschland bislang in
Ansätzen stecken geblieben.
Die Aufgabe wird noch dadurch erschwert, dass viele der großen Probleme, Risiken und Gefahren unserer Zeit bei oberflächlicher Betrachtung nach einfachen und entschlossenen Reaktionen zu verlangen scheinen. Die griffige Antwort auf den internationalen Terrorismus heißt dann „Krieg“, die Antwort auf Kriminalität lautet „Wegsperren“, die Antwort auf die Schwierigkeiten der multiethnischen
Gesellschaft heißt „Ausweisen“, und als Reaktion auf die Schwierigkeiten des alten Sozialstaats der
industriellen Ära wird schlicht nach „Mehr Markt!“ – oder, genau umgekehrt, „Mehr Staat!“ – gerufen.
Wo sich die Politiker hingegen tatsächlich auf die Komplexität neuer Herausforderungen einlassen,
werden ihnen schnell „Reformlügen“ und „Machtwahn“ vorgeworfen. Solche antipolitischen und
demagogischen Parolen wirken häufig suggestiv. Sie sind daher leichter zu vermitteln als eine aufgeklärte fortschrittliche Agenda. Genau davon profitieren populistische und beharrende Parteien von
rechts und links. In solch einem Klima ist es zugleich besonders dringlich und besonders schwierig,
eine aufgeklärte Agenda für unsere Zeit zu entwickeln. Fortschrittliche Denker und Politiker werden
ihre Anstrengungen deshalb deutlich verstärken müssen.
IV. Das Progressive Zentrum als Katalysator neuer Impulse
Angesichts der beschriebenen Herausforderungen und Konkurrenzverhältnisse existiert auf dem
Markt der Ideen und Ideenproduzenten in Deutschland eine verblüffende Lücke. Die parteinahen Stiftungen spiegeln derzeit sehr weitgehend die pluralistische, vergangenheitsgesättigte und insgesamt
wenig dynamische Binnenkultur ihrer Mutterparteien wider. Daher sind aus diesem Umfeld heraus
keine entschiedenen Impulse für eine dezidiert progressive Agenda für das 21. Jahrhundert zu erwarten.
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Dasselbe gilt für die Forschungsinstitute der Gewerkschaften und der Wirtschaftsverbände, die entweder einseitig Fragen der Verteilung oder, ebenso einseitig, Fragen der Erwirtschaftung von Wohlstand in den Vordergrund stellen. Es fehlt in Deutschland an einer Institution, die sich systematisch
darauf konzentriert, beide Gesichtspunkte in einer zeitgemäßen „Großen Erzählung“ progressiver Politik zu verbinden und politische Konzepte und innovative Ideen zu entwickeln, die den genannten sozialen, wirtschaftlichen, identitäts-, wirtschafts-, umwelt- und europapolitischen Herausforderungen
gerecht werden.
Das Progressive Zentrum ist angetreten, diese eklatante Lücke auszufüllen. Um diesem Zweck gerecht zu werden, genügt es nicht, praktische politische Konzepte zu entwickeln (wenngleich dies natürlich zu den Aufgaben gehört, mit denen sich die Denkfabrik beschäftigt). Progressives Denken bedeutet heute, die üblichen Alternativen wie „Markt oder Staat“ beziehungsweise „Wirtschaft oder Gerechtigkeit“ nicht länger hinzunehmen. Wichtig ist es deshalb vor allem, Einfluss auf die grundsätzlichen Parameter der öffentlichen Debatte zu nehmen. Das Progressive Zentrum muss neue Themen,
Fragen und Sichtweisen auf die Tagesordnung setzen; es muss die gängigen Konzepte und Annahmen
in Frage stellen, die die Diskussionen dominieren; es muss zunehmend mehr Menschen und Akteure
neue Diskurse einbeziehen; und es muss sich als Brücke zwischen erstklassiger wissenschaftlicher
Forschung und Politik verstehen.
Damit steht das Progressive Zentrum vor fünf zentralen Aufgaben:
O
Eine neue fortschrittliche Programmatik, ein neues fortschrittliches Narrativ
für die Rolle des Staates im 21. Jahrhundert entwickeln helfen.
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Progressive Ansätze in den Medien und in der politischen Klasse in den Vordergrund rücken und damit auf die öffentliche Debatte Einfluss nehmen.
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Mittelfristige Zukunftsfragen benennen und fortschrittliche Antworten auf
diese Herausforderungen herausarbeiten.
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Diese Diskussionen auf der nationalen Ebene in die breiteren Ströme progressiver internationaler Debatten einordnen und damit zwischen neuem Fortschrittsdenken in Deutschland und in der Welt vermitteln.
O
Innovative neue Methoden entwickeln, um eine wachsende Zahl von Interessenten in diese progressiven Debatten einzubeziehen.
Die übergeordnete Erkenntnis unseres Think Tanks lautet: Fortschrittliche Politik muss auch zukünftig
wertegeleitet und praktisch wirksam zugleich sein, sie muss aber mit strategischem Augenmaß entwickelt und medial wirksam vermittelt werden. Und sie muss eine wachsende Zahl von Menschen erreichen.
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Das macht drei zentrale Arbeitsmethoden des Progressiven Zentrums erforderlich:
Wissensaggregation. Das Progressive Zentrum wird auf nationaler und internationaler Ebene
fortlaufend die vorhandenen Kenntnisse und Forschungsergebnisse sammeln, sichten und in prägnanter Weise aufbereiten, um auf diese Weise den fortschrittlichen Diskurs in Deutschland voranzubringen. Das Progressive Zentrum nutzt dabei allgemein zugängliche Quellen, sucht aber darüber hinaus die Zusammenarbeit mit deutschen und internationalen Partnerorganisationen, um
die Prinzipien und Ideen progressiver Politik in Deutschland weiter zu verbreiten.
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Forschungsaufträge. Das Progressive Zentrum wird kontinuierlich mit anderen Institutionen,
Wissenschaftlern oder Netzwerken kooperieren und Forschungsaufträge vergeben, um auf allen
einschlägigen Gebieten eigene Ergebnisse vorlegen zu können. Ein mit namhaften Personen besetztes Beratungsgremium wird den Auftrag erhalten, Rat im Hinblick auf Art und Umfang der zu
vergebenden Forschungsaufträge zu erteilen. Der Zweck dieser Gruppe wird darin bestehen, klare
Kriterien für die Forschungsarbeit des Progressiven Zentrums zu benennen und damit deren Qualität fortlaufend zu verbessern.
O
O
Kommunikation. Eine Schlüsselaufgabe des Progressiven Zentrums wird darin liegen, die Kommunikation unter fortschrittlichen Denkern und Politikern nachhaltig zu stärken. Es wird darum
gehen, die Ergebnisse ihrer Diskussionen so zu präsentieren und zu verbreiten, dass dadurch die
Durchsetzung handfester politischer Ergebnisse begünstigt wird. Um dieses Ziel zu erreichen,
muss das Progressive Zentrum zu Mitteln greifen, wie sie andere Institutionen nicht einsetzen. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass die Einrichtung nicht viel mehr wäre als ein weiteres der herkömmlichen Institute, die wenig Aufmerksamkeit auf sich ziehen und nur geringen Einfluss auf
die öffentliche sowie politische Agenda haben. Die Frontleute und Mitarbeiter des Progressiven
Zentrums sollen in den Massenmedien präsent sein, indem sie Meinungsstücke für die führenden
Tages- und Wochenzeitungen schreiben. Sie sollen als Kommentatoren und Experten in Nachrichtenprogrammen erscheinen, Pressekonferenzen und Hintergrundgespräche abhalten. Sie sollten
engen beratenden Kontakt zu progressiven Politikerinnen und Politikern pflegen. Ebenso sollten
sie das Progressive Zentrum in öffentlichen Veranstaltungen wie Konferenzen und Podiumsdiskussionen vertreten.
Möglichkeiten, das Profil des Progressiven Zentrums in diesem Sinn zu schärfen, sind unter anderen:
O
Eine elektronische Zeitschrift. Eine der besten Möglichkeiten, dieser Denkfabrik Sicht- und Erkennbarkeit zu verschaffen, wie andere Institutionen sie nicht besitzen, ist die – möglichst monatliche – Publikation einer Internetzeitschrift. Diese Zeitschrift wird Texte und Analysen namhafter
Journalisten, Politiker, Denker und Wirtschaftsleute enthalten, die mit dem progressiven Grundton
und den Werten des Progressiven Zentrums im Einklang stehen. Das Onlinemagazin wird auch
Texte aus dem Ausland veröffentlichen und damit einen Beitrag zur Aufgabe des Progressiven Zentrums leisten, internationale Erkenntnisse für nationale, regionale und lokale Zwecke zu nutzen.
Die Zeitschrift wird (zunächst kostenlos) einer Mailingliste der wichtigsten Entscheidungs- und
Verantwortungsträger in Deutschland zugehen und damit für die ständige Wahrnehmbarkeit des
Progressiven Zentrums sorgen.
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Eine interaktive Website. Die Website des Progressiven Zentrums wird einen hochgradig interaktiven Dialog mit allen Bürgerinnen und Bürgern führen, die Interesse an einer fortschrittlichen und
aufgeklärten Republik haben. Die Denkfabrik wird Kampagnen betreiben, um interessierte Bürgerinnen und Bürger mit ihren Ideen einzubeziehen. Dabei sollten modernste technische Möglichkeiten genutzt werden, um eine lebendige Online-Community ins Leben zu rufen, die Einfluss auf die
politisch interessierten intellektuellen Eliten im Land auszuüben vermag. Der Zweck dieser Website besteht darin, eine umfassende Diskussion um die Erneuerung fortschrittlicher Politik in Gang
zu bringen, neue realisierbare politische Ideen und Beispiele fortschrittlicher Politik zu kommunizieren und eine „virtuelle Heimat“ für progressive Denker und Interessierte zu schaffen.
O
Seminare und Konferenzen.. In Ergänzung zu den Diskussionen im Internet, die das Progressive
Zentrum in Gang bringen wird, sollen regelmäßig sowohl geschlossene als auch öffentliche Diskussionsveranstaltungen stattfinden, die internationale Experten mit deutschen Intellektuellen,
Politikern, Wirtschaftsführern, Verwaltungsleuten und Meinungsmachern zusammenbringen. Diese Seminare ermöglichen tiefer gehende Gespräche und Analysen dazu, welche fortschrittlichen
Antworten zu den Herausforderungen unserer Zeit gegeben werden können.
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Die Ergebnisse dieser Diskussionen sollen zum einen wiederum in die Online-Debatten und die
elektronische Zeitschrift eingebracht werden, zum anderen sollen sie auch auf herkömmlicheren
medialen Wegen verbreitet werden. Auf diese Weise kann der „Teamgeist“ unter den Anhängern
einer progressiven Politik gestärkt werden, neue Kommunikationskreise und Ideen können entstehen.
V. Initiatoren, Beirat und Partner
Die Initiatoren des Progressiven Zentrums, Dr. Olaf Cramme and Dr. Tobias Dürr, blicken auf langjährige intensive Mitarbeit in progressiven europäischen Netzwerken zurück. Beide haben exzellente Kontakte zu einer Vielzahl von progressiven Denkern, Politikern und Institutionen in Europa und darüber
hinaus.
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Dr. Olaf Cramme, geboren 1975, ist Direktor des Think Tanks Policy Network in London, wo er sich
seit über fünf Jahren mit progressiver Politik im nationalstaatlichen, europäischen und internationalen Kontext auseinandersetzt. Nach dem geisteswissenschaftlichen Studium in Heidelberg, Paris
und London wurde er an der London Metropolitan University in Europastudien promoviert. Berufliche Erfahrung sammelte er des Weiteren beim französischen Institut de Relations Internationales
et Stratégiques sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter eines britischen Abgeordneten des House
of Commons.
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Dr. Tobias Dürr, geboren 1965, ist Politikwissenschaftler, Publizist, Buchautor, Redenschreiber und
Politikberater. Seit 2001 arbeitet er als Chefredakteur der progressiven Zeitschrift Berliner Republik
in Berlin. Zuvor war Dr. Tobias Dürr Hochschuldozent in Göttingen und Politik- und Essayredakteur
der Wochenzeitung Die Zeit in Hamburg. Als Experte für politische Grundsatzfragen hat er in den
vergangenen Jahren unter anderem eng mit den Politikern Matthias Platzeck, Olaf Scholz und Hubertus Heil sowie dem Netzwerk Berlin zusammengearbeitet. Dr. Tobias Dürr ist Autor beziehungsweise Herausgeber mehrerer Bücher, darunter: Die CDU nach Kohl (Frankfurt/Main: Fischer 1998,
mit Rüdiger Soldt), Solidargemeinschaft und fragmentierte Gesellschaft: Parteien, Milieus und Verbände im Vergleich (Opladen: Leske+Budrich 1999, mit Franz Walter), Die Heimatlosigkeit der
Macht: Wie die Politik in Deutschland ihren Boden verlor (Berlin: Fest 2000, mit Franz Walter) und
Das Neue Deutschland: Die Zukunft als Chance (Berlin: Aufbau 2003, mit Tanja Busse). In Fachzeitschriften sowie in der deutschen Tages- und Wochenpresse ist Dr. Tobias Dürr seit Jahren mit einer
Vielzahl von Aufsätzen und Kommentaren präsent.
Die Initiative zur Gründung des Progressiven Zentrums wurde schon im Vorfeld von vielen einflussreichen progressiven Politikern, Wissenschaftlern, Politikberatern und Denkern sowohl in Deutschland
als auch im Ausland unterstützt. Als Erstunterstützer können beispielhaft aufgeführt werden:
O Ron Asmus (Leiter Brussels Office of German Marshall Fund) O Wouter Bos (Vorsitzender der
niederländischen Sozialdemokraten) O Prof. Dr. Frank Decker (Universität Bonn) OUlrich Deupmann
(Publizist und Politikberater) O Patrick Diamond (Director Policy Network, London) O Mircea Geoana
(Vorsitzender der rumänischen Sozialdemokraten) O Professor Anthony Giddens
(Cambridge/London School of Economics) O Prof. Dr. Anke Hassel (Hertie School of Governance) O
Prof. Pekka Himanen (einflussreicher finnischer Theoretiker der Wissensgesellschaft) O Prof. Dr.
Werner Jann (Universität Potsdam) O Prof. Dr. Jürgen Kocka (ehem. Präsident Wissenschaftszentrum
Berlin) O Jürgen Krönig (Korrespondent der ZEIT, London) O Roger Liddle (Ökonomischer Chefberater
von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso) O Peter Mandelson (EU-Handelskommissar) O
Will Marshall (President Progressive Policy Institute, USA) O Vorstand Netzwerk Berlin (Deutscher
Bundestag) ▪ Pär Nuder (ehemaliger schwedischer Finanzminister) ▪ Prof. Dr. Wolfgang Schroeder
(Universität Kassel) O Helle Thorning-Schmidt (Vorsitzende der dänischen Sozialdemokraten) O Prof.
Dr. Gert G. Wagner (DIW Berlin)
Der Wissenschaftliche Beirat des Progressiven Zentrums (Stand Mai 2008)
▪ Prof. Dr. Frank Decker (Universität Bonn) ▪ Prof. Dr. Anke Hassel (Hertie School of Governance
Berlin) ▪ Prof. Dr. Dietmar Herz (Universitäten Erfurt und Sao Paolo) ▪ Prof. Dr. Werner Jann
(Universität Potsdam) ▪ Jürgen Krönig (DIE ZEIT, London) ▪ Dr. Werner A. Perger (DIE ZEIT, Berlin)
▪ Prof. Dr. Wolfgang Schroeder (Universität Kassel) ▪ Wawrzyniec Smoczynski
(Nachrichtenmagazin Polityka, Warschau)
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Die vielfältigen Erfahrungen und Kontakte der beiden Initiatoren des Progressiven Zentrums gewährleisten somit, dass dessen Arbeit von Anfang an große politische Glaubwürdigkeit besitzen und öffentliches Gehör finden wird. Ganz besonders werden dem Progressiven Zentrum die intensiven Beziehungen seiner Initiatoren zu zahlreichen fortschrittlichen Think Tanks und Organisationen in Europa
und Amerika zugute kommen. Zu nennen sind hier unter anderen:
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Arenagruppen (Stockholm)
Center for American Progress (Washington)
The Centre (Brüssel)
Centre for European Reform (London)
Demos UK (London)
Demos Hungary (Budapest)
The European Policy Centre (Brüssel)
Fundación Alternativas (Madrid)
Glocus (Rom und Mailand)
The Helsinki Institute for Information Technology (Helsinki)
Institute for Public Policy Research (London)
Italianieuropei (Rom)
Netzwerk Berlin (Berlin)
Notre Europe (Paris)
Policy Network (London)
Progressive Policy Institute (Washington)
Progressivt Centrum (Kopenhagen)
Swedish Institute for Futures Studies (Stockholm)
Terra Nova (Paris)
The New America Foundation (Washington)
Wiardi Beckman Stichting (Amsterdam)
Zukunfts- und Kulturwerkstätte (Wien)
Das Progressive Zentrum in Deutschland versteht sich als Partner und intellektuelle „Anspielstation”
aller dieser fortschrittlichen Institutionen. Es wird mit ihnen allen in ständigem intensivem Austausch
stehen und so den Transfer fortschrittlicher Ideen, innovativer Konzepte und persönlicher Kontakte in
die deutsche Politik hinein nachhaltig verstärken.
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VI. Gründung, Aufbau und erste Initiativen
Damit das Progressive Zentrum bereits im Vorfeld der kommenden Bundestagswahl als Faktor im Prozess der Meinungsbildung in Parteien und Gesellschaft in Deutschland wirksam werden kann, wurde
die Denkfabrik im Herbst 2007 in Betrieb genommen und hat ihre ersten thematischen Initiativen
sichtbar gemacht.
Folgende Stufen der Vorbereitung wurden seitdem in die Wege geleitet:
Die Initiatoren des Progressiven Zentrums haben namhafte progressive Wissenschaftler und andere herausragende Köpfe als Mitglieder eines ständigen, ehrenamtlichen Beirates gewonnen, die
den Think Tank in inhaltlicher und strategischer Hinsicht unterstützen sowie die ersten
thematischen Initiativen mitgestalten werden. Der Auftrag des Progressiven Zentrums wird
zugleich ideenpolitisch in einem „Progressiven Leitbild“ festgelegt.
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Die Initiatoren sind bestrebt, einen Pool assoziierter progressiver Wissenschaftler, Denker und
Praktiker für die fallweise oder kontinuierliche Mitarbeit zu gewinnen. Hierbei werden sich die bisherigen Tätigkeiten und umfangreichen Kontakte der Initiatoren als besonders hilfreich erweisen.
Die intellektuelle und politische Unabhängigkeit des Progressiven Zentrums ist ein hoher Wert und
entscheidende Voraussetzung wirklich innovativer Arbeit. Deshalb streben die Initiatoren an, ausschließlich Gelder und Spenden aus Privatmitteln (beispielsweise Stiftungen privaten Rechts) zu
akquirieren. Als organisatorisches Vorbild dienen hierbei die vor allem in den angelsächsischen
Ländern anzutreffenden Think Tanks, von denen ein Großteil auf diese Art und Weise finanziert und
betrieben wird.
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Nach erfolgreicher Akquisition einer Startfinanzierung hat der Vorstand des Vereins eine Geschäftsführerin für das Progressive Zentrum rekrutiert sowie zwei wissenschaftliche Mitarbeiter,
die sie bei der operativen und konzeptionellen Arbeit unterstützen.
Schließlich wurden Büroräume in Berlin angemietet und die dazu gehörige Infrastruktur aufgebaut. Die Internetseite des Progressiven Zentrums ist seit Anfang 2008 online: www.progressiveszentrum.org.
Den inhaltlichen Startschuss, dessen Vorbereitung den rechtlichen und praktischen Gründungsprozess des Progressiven Zentrums begleiten muss, wird eine im Internet sowie in öffentlichen Veranstaltungen und Publikationen (unter Beteiligung namhafter Wissenschaftler und Journalisten, aber
auch Praktiker, Aktivisten, Studierender usw.) geführte große Debatte zum Thema „Fortschritt in
Deutschland“ setzen. Dabei sollten die folgenden übergeordneten Fragen zur Diskussion gestellt werden:
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Welche Art von (sozialem, ökonomischem etc.) Fortschritt braucht Deutschland unter den Bedingungen des 21. Jahrhunderts?
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Welche Werte sollen das Zusammenleben der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land prägen, damit Deutschland aufs Neue als Land der gleichen Lebenschancen für alle erfolgreich sein kann?
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Welche Aufgaben muss Deutschland in der internationalen Arena übernehmen, um seinen Werten
und strategischen Zielen weltweit zur Durchsetzung zu verhelfen?
Die Ergebnisse der Debatte „Fortschritt in Deutschland“ werden anschließend anlässlich einer großen
Konferenz mit europäischen und internationalen Teilnehmern aus dem Kontext progressiver Denker
und Politiker zur Diskussion gestellt, um das Progressive Zentrum fest in der ideenpolitischen Landschaft der Bundesrepublik zu etablieren.
VII. Rechtsform und Struktur des Progressiven Zentrums
Das Progressive Zentrum ist zunächst in Berlin als gemeinnütziger Verein gegründet worden. Damit
ist die Kooperation mit Partnern und Förderern sowohl in Form abzugsfähiger Spenden als auch über
regelmäßiges strategisches Sponsoring gewährleistet.
Das Progressive Zentrum e.V. ist zunächst folgendermaßen strukturiert:
VORSTAND
BERATENDER
BEIRAT
LEITER/DIREKTOR
2-3 WISSENSCHAFTLICHE
MITARBEITER
TECHNISCHE
UNTERSTÜTZUNG
STUDENTISCHE
HILFSKRÄFTE
ASSOZIIERTE
WISSENSCHAFTLER
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VIII. Partnerschaft zwischen dem Progressiven Zentrum und seinen Förderern
Auf der Grundlage seines progressiven Leitbildes bietet das Progressive Zentrum seinen Förderern,
Sponsoren und Spendern eine enge konzeptionelle und strategische Partnerschaft an, die alle Aspekte
seiner Arbeit betreffen. Folgende Punkte sind hier besonders herauszustellen:
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Kooperationspartner erhalten – gemäß der Intensität ihres Engagements – die
Möglichkeit, sich an den öffentlich und politisch wirksamen Debatten und
Denkprozessen des Progressiven Zentrums aktiv durch eigene Beiträge zu beteiligen. Das Progressive Zentrum ist bestrebt, seine Partner gezielt vor allem
in diejenigen Diskussionen und Netzwerke einzubeziehen, die ihnen als besonders zukunftsweisend und strategisch wichtig erscheinen.
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Kooperationspartner werden zu allen Aktivitäten des Progressiven Zentrums
eingeladen, wobei die Unterstützung der Denkfabrik durch ihre Partner anlässlich von Konferenzen, Seminaren oder Publikationen in angemessener Weise
öffentlich hervorgehoben und gewürdigt wird.
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Den Partnern eröffnet sich die Gelegenheit, an einem herausragenden internationalen Netzwerk progressiver Denker und politischer Entscheidungsträger zu
partizipieren, neue Kontakte und innovative Ideen aufzunehmen sowie umgekehrt die eigenen Positionen in den Prozess der progressiven Meinungsbildung
einzuspeisen.
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Regelmäßige Kooperationspartner erhalten die Möglichkeit, kostenfrei Werbung in der elektronischen Zeitschrift des Progressiven Zentrums zu schalten.
Ebenso werden sie Gelegenheit haben, in allen weiteren Publikationen des Progressiven Zentrums, die sich im Laufe der Entwicklung herausbilden werden,
präsent zu sein.
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Das Progressive Zentrum bietet seinen Partnern die Möglichkeit, sich an der
Ausarbeitung von Expertisen, Positionspapieren und Präsentationen zu beteiligen, die sich auf die spezifischen Debatten und Themen ihrer eigenen Arbeit
beziehen. Dies kann entweder durch die aktive Mitarbeit der Experten und assoziierten Wissenschaftler des Progressiven Zentrums geschehen oder mit Hilfe von dessen internationalen Partnerorganisationen.
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Insgesamt wird das Progressive Zentrum als Knoten in einem weit ausgeworfenen Netzwerk politischer, intellektueller, gesellschaftlicher und internationaler Partner operieren. Es wird mit seinen Förderern auf der Basis von Offenheit und Transparenz eng kooperieren, um innovative Ideen, politische
Konzepte, und eine dezidiert fortschrittliche Agenda zu entwickeln, die den ökonomischen und gesellschaftlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Zur Partnerschaft zwischen
dem Progressiven Zentrum und seinen Förderern gehören somit vielfältige Formen der konkreten Zusammenarbeit, die – nicht zuletzt im Hinblick auf die Übernahme gesellschaftspolitischer Verantwortung – im Einklang mit den Zielen und Interessen der Partner selbst stehen.
IX. Fazit
Warum ist die Errichtung des Progressiven Zentrums in Deutschland gerade jetzt wichtig? Die seit
Ende 2005 regierende Große Koalition hat eine neuartige politische Konstellation herbeigeführt, sich
aber nicht als Kraft der dynamischen Veränderung erwiesen. In dieser Situation ist es sowohl besonders dringend nötig als auch besonders gut möglich, die Werte, Prinzipien und Konzepte einer zukunftsträchtigen progressiven Politik in Deutschland klar herauszuarbeiten und zu erneuern. Für
sämtliche Parteien, ob regierend oder in der Opposition, ist die gegenwärtige Situation ebenso ungewohnt wie für die Bürgerinnen und Bürger. Alte Gewissheiten und Gemeinsamkeiten scheinen nicht
mehr zu gelten, neue haben sich noch nicht herausgebildet. Die ebenso heftigen wie kurzfristigen
Ausschläge in der öffentlichen Zustimmung zur Großen Koalition illustrieren die politischen „Verflüssigungen“ unserer Zeit eindrücklich. Viele Menschen sind derzeit irritiert, zugleich aber auf der Suche
nach neuer Orientierung.
In welche unerfreulichen Richtungen solche Neuorientierungen verlaufen könnten, wurde oben bereits beschrieben. Die Zukunft des Fortschritts, der Freiheit und der Gerechtigkeit ist auch im 21. Jahrhundert nicht gesichert, erst recht nicht versteht sie sich von selbst. Vor diesem Hintergrund wollen
wir das Progressive Zentrum zügig als einflussreiche Ideenschmiede etablieren, um auf dem Weg zur
Bundestagswahl 2009 im Sinne progressiver Vorstellungen auf die Meinungsbildung innerhalb der
Parteien und in der deutschen Öffentlichkeit Einfluss zu nehmen.
Dieses Papier ist die partielle Fortschreibung des Exposés, das die Gründung des Progressiven Zentrums einleitete.
Berlin, Mai 2008
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