Strauss, Richard

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RICHARD STRAUSS
(1864 - 1949)
Dieser grösste moderne deutsche Opernkomponist, dessen Lebensweg von der Wagnerschen
Romantik über den krassen Naturalismus in eine milde, lebensweise Neo-Klassik führte, wurde als
Sohn eines namhaften Hornisten am 11. Juni 1864 in München geboren. Er war ein Frühvollendeter;
seine ersten Orchesterkompositionen (darunter Genieblitze wie “Till Eulenspiegels lustige Streiche“,
“Don Juan“, “Tod und Verklärung“) sowie seine überlegene Meisterschaft am Dirigentenpult sicherten
ihm schon in den achtziger Jahren eine führende Position. Seit seinem dreissigsten Lebensjahre
begann das Musiktheater ihn zu interessieren. Aber weder sein „Guntram“ (1894) noch „Feuersnot“
(1901), beide noch stark von Wagner beeinflusst, brachten ihm dauernden Erfolg. Der stellte sich
dann, in sensationellem Masse, mit „Salome“ (1905) ein, als Strauss eine radikale Wendung zum
krassen Naturalismus getan hatte. Die Jugend horchte auf: hier kündigte sich Neuland an. Nun
erinnerte Strauss sich, dass ihn einige Jahre zuvor ein sehr junger österreichischer Dichter
angesprochen und ihm eine Zusammenarbeit für das Musiktheater nahegelegt hatte; er trat mit ihm in
Verbindung und von „Elektra“ (1909) angefangen zieht sich eine Reihe bedeutendster Werke durch
die Musikgeschichte, die ihrer beider Handschrift trägt: Hugo von Hofmannsthal (1874 – 1929) dürfte
eine der bedeutendsten Federn gewesen sein, die sich jemals auf das Gebiet der Oper begaben, den
Bühnenlorbeer also – und in oft ungerechter Proportion – mit einem Komponisten geteilt haben dürfte.
Ihr Briefwechsel – von Rodaun bei Wien, dem Heim des Dichters, nach Garmisch, das dem
Komponisten nach dem Erfolg der „Salome“ zur Heimat wurde, und umgekehrt – enthält tausend
Mitteilungen, in denen zahllose Einzelheiten über die entstehenden Werke, aber auch prinzipielle
Erörterungen über die Opernkunst zu finden sind. Mit „Elektra“ schritt Strauss auf dem Wege des
ungeheuer realistischen „Verismus“ fort, und abermals bereitete ihm die Jugend einen
uneingeschränkten Triumph. Er war ihr Wortführer geworden. Ein Schritt noch und die von vielen
ersehnte „Befreiung“ von der Tonalität war erreicht! Doch während Schoenberg diesen Schritt um jene
Zeit bewusst tat, schreckte Strauss vor ihm zurück. Auf die blutrünstige Atridentragödie folgte (1911)
eine urwienerische Komödie voll Melodie und weicher Harmonie, voll Melancholie und Nostalgie, ja
voll „anachronistischer“ Walzer, als hiesse ihr Komponist nicht Richard sondern Johann. Das „grosse“
Publikum jubelte, denn es fürchtete die hart in die Ohren klingende „Atonalität“ (deren Namen und
wahres Wesen noch unbekannt waren und die erst in vereinzelten Versuchen viel Aufsehen und
Aufruhr geschaffen hatten). Die Jugend begann von Strauss abzufallen und wendete sich neuen
Göttern zu: Strawinsky etwa, dessen „Sacre du printemps“ (1913) sie zu neuen Ufern hinriss. Ein
böses Wort begann die Runde zu machen: Wenn Richard, dann Wagner, wenn Strauss, dann
Johann. Von der abgeklärten Reife und Schönheit, die die nächsten Werke von Hofmannsthal und
Richard Strauss verklärten, verstand das breite Publikum und vor allem sein jüngerer Teil wenig:
„Ariadne auf Naxos“ (1912, 1916), „Die Frau ohne Schatten“ (1919), „Die ägyptische Helena“ (1928).
Erst mit „Arabella“ bogen die Autoren noch einmal in das Gebiet der handfesten, musikübergossenen
Komödie ein; deren Erfolg erlebte Hofmannsthal nicht mehr. Er starb an Herzschlag im Augenblick, da
er sich (am 15. Juli 1929) aufmachen wollte, dem Sarge seines freiwillig aus dem Leben
geschiedenen Sohnes zu folgen. In der Suche nach einem neuen Mitarbeiter fand Strauss abermals
einen grossen Dichter: Stefan Zweig. Die Premiere ihrer „Schweigsamen Frau“ (1935) war von
hässlichem politischen Gezänk umdüstert. Trotz mehrerer Versuche des Komponisten, die
Zusammenarbeit mit Zweig fortzusetzen, erwies sich diese Verbindung mit dem „nichtarischen“
Dichter als „untragbar“. Die Alterswerke des Meister wurden von Joseph Gregor, abermals einem
Österreicher, textiert: „Daphne“ (1938), „Der Friedenstag“ (1938) sowie die erst 1952 uraufgeführte
„Liebe der Danae“. Sein letztes Opernwerk „Capriccio“ verfasste der nunmehr fast achtzigjährige
Komponist 1942, also mitten im Kriege, gemeinsam mit seinem Lieblingsdirigenten Clemens Krauss.
Längst war er zum „Klassiker“ geworden, ein ragendes Monument aus vergangenen Musikzeiten,
imposant in Können und Inspiration, allen flüchtigen und schnell wechselnden Strömungen entrückt,
denen er zumeist skeptisch gegenüberstand: ein Fels in der wilden Brandung einer umstürzlerischen
Epoche, fester Bestandteil des Kulturgutes und Musikrepertoires des Abendlandes. Ein
unermüdlicher, systematischer Arbeiter, der auf ein stolzes Lebenswerk zurückblicken konnte, als er
zu seinem 85. Geburtstag die Huldigungen der Welt entgegennahm und wenige Wochen später am 8.
September 1949, in seinem geliebten Heim am Fuss der oberbayerischen Alpen dem Leben ade
sagte.
Auszug aus „OPER DER WELT“ von Prof. Dr. Kurt Pahlen
ACS - REISEN AG
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