Kapitel 6

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Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Inhalt der Vorlesung Experimentalphysik II
Teil 1: Elektrizitätslehre, Elektrodynamik
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Elektrische Ladung und elektrische Felder
Kapazität
Elektrischer Strom
Magnetostatik
Elektrodynamik
Schwingkreise und Wechselstrom
Teil 2: Optik
7. Elektromagnetische Wellen
8. Optik
277
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
6 Schwingkreise und Wechselstrom
6.1 Wechselspannungsgenerator
Versuch: Rotierende Spule im konstanten Magnetfeld
Wir betrachten eine Leiterschleife der
Fläche A mit N Windungen (Spule), die
in einem homogenen Magnetfeld mit
konstanter Winkelgeschwindigkeit ω rotiert.
z
r
A(t )
N Windungen
r
B
ϕ(t)
y
ϕ(t)
ω
Bei Rotation der Spule wird an ihren
Enden eine sinusförmige Spannung
gemessen.
x
Die Rotationsachse
zeigt in x-Richr
tung und B = (0,0,B).
278
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Der Fluss durch die Fläche A ist dann:
r r r r
Φmag. (t) = ∫∫ B⋅ dA = B⋅ A(t)
Die Spannung ist also proportional zur
Rotationsfrequenz ω. Die periodische
Wechselspannung hat die Form
A
U (t ) = U0 sin(ωt )
= BAcos (ϕ(t))
ϕ (t ) = ω t
U
ist hierbei die Phase.
ind
(t )
T =
Einsetzen ergibt:
Φmag. (t ) = B Acos ( ωt )
Mit dem Induktionsgesetz kann nun die
in der Leiterschleife erzeugte Spannung berechnet werden:
d Φ (t )
U ind (t ) = − N
= NB Aωsin (ω t )
dt
Es entsteht eine periodische Induktionsspannung mit der Amplitude:
U 0 = N B Aω
0
2π
ω
t
Beispiel:
Die im Haushalt übliche Spannung ist eine Wechselspannung mit der Frequenz:
f =
ω 1
= = 50s -1 =50Hz
2π T
279
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
6.2 Wechselspannung und -strom
Harmonische Wechselspannungen und
Wechselströme haben die Form:
U (t ) = U 0 cos (ωt + ϕ )
I(t)
≈
U(t)
R
I (t ) = I 0 cos (ωt + φ )
Dabei sind ϕ und φ Phasen bezüglich
einer beliebigen Referenz. An einem
Ohmschen Widerstand sind die Phasen zwischen Strom und Spannung
wegen U(t) = R I(t) gleich. In diesem
Fall kann einfach ϕ = φ = 0 gesetzt
werden.
Wir betrachten nun die wirkende elektrische Leistung P. Es wurde bereits in
Abschnitt 3.6 gezeigt, dass P = U I
gilt.
An einen Ohmschen Widerstand gilt:
I (t ) =
U (t ) U 0
cos(ω t )
=
R
R
Damit ergibt sich für die elektrische Leistung, die an einem Widerstand R "verbraucht" wird:
U 02
P(t ) = U (t ) I (t ) =
cos 2 (ω t )
R
280
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Einsetzen liefert:
Die Leistung P(t) ist nun eine zeitabhängige, periodische Größe. Entscheidend ist ihr zeitlicher Mittelwert:
4 U 02
P(t ) t =
T R
T
1
P (t ) t = ∫ P (t ) dt
T 0
P(t)
π
ω
=
t
U
2
0
R
2
3π
ωt =
2
4 U 02 1
P (t ) t =
T R ω
P (t )
t
Aus der Grafik liest man ab:
1
P (t ) t =
T 4
T 4
∫ P(t ) dt
0
∫
cos 2 (ω t ) dt
0
Mit der Substitution ωt = x folgt
5π
ωt =
2
T
T 4
t
π 2
∫
cos 2 ( x) dx
0
4 U 02 1 π
P (t ) t =
T R 2π T 4
1 U 02
=
2 R
Dies ist die sog. „Wirkleistung“, die den
Widerstand erwärmt. Bei einer Gleichspannung hätte sich als Wirkleistung
P = U 02 R ergeben.
281
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Es ergibt sich also für die Wirkleistung:
Wechselspannung
Gleichspannung
P
=
U 02
=
R
P
≈
1 U 02
=
2 R
Versuch: Effektivwerte der Spannung
Lampen werden auf gleiche Helligkeit
eingestellt.
Gleichspannung
Daher werden jeweils eine „effektive
Spannung“ und ein „effektiver Strom“
U eff =
U0
2
, I eff =
I0
2
=
U0
R 2
definiert, die an einem Ohmschen
Widerstand dieselbe mittlere Leistung
bewirken würden, wie eine gleich große
Gleichspannung, d.h.:
P
≈
= U eff I eff
Wechselspannung
U 0 I 0 U 02
=
=
2 2 2R
282
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
„Die Lampen sind gleich hell“
bedeutet genauer, dass sie im
zeitlichen Mittel gleich hell leuchten:
I
P = U I = P(t )
U
Gleichspannung
Lampe
≈
= U (t ) I (t )
≈
= U eff I eff
Beispiel:
Das Stromnetz liefert eine effektive
Spannung von Ueff = 230 V. Die
Spitzenspannung ist dann:
I(t)
≈
U(t)
WechselLampe
spannung
U 0 = 2 U eff = 2 ⋅ 230 V = 325 V (! )
Über einen Gleichrichter kann daher
ein Kondensator auf über 300 V
aufgeladen werden.
283
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
∞
6.3 Fourier-Zerlegung
Allgemeine zeitlich periodische Spannungsverläufe können immer auf sinusförmige zurückgeführt werden. Ein
möglicher Verlauf von U(t) sieht so aus:
U(t)
t
T
Hierbei sind T die Schwingungsdauer
und ω = 2π/T die Kreisfrequenz.
Eine periodische Größe U(t) kann
immer durch eine so genannte
„Fourier-Reihe“ ausgedrückt werden:
U ( t ) = ∑ un sin ( nω t + ϕn )
n =0
mit den Konstanten un und ϕn.
Beliebige periodische Vorgänge können
hierüber immer aus einzelnen Sinusschwingungen aufgebaut werden.
Daher werden in den folgenden Abschnitten immer nur Spannungs- und
Stromverläufe der Form
U (t ) = U 0 cos (ω t + ϕ )
I (t ) = I 0 cos (ω t + φ )
betrachtet. Zwei Beispiele für FourierZerlegungen folgen jetzt.
284
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
U (t )
1. Beispiel: „Dreiecksspannung“
Schwingungsdauer: T = 6.28 s = 2π s
Kreisfrequenz: ω = 2π/T = 1 s−1
285
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
FourierZerlegung
U 1 (t ) =
4
π
1. Beispiel: „Dreiecksspannung“
sin( t )
286
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
FourierZerlegung
1. Beispiel: „Dreiecksspannung“
4⎛
sin( 3t ) ⎞
U 2 (t ) = ⎜ sin( t ) −
⎟
2
π⎝
3
⎠
287
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
FourierZerlegung
1. Beispiel: „Dreiecksspannung“
4⎛
sin( 3t ) sin( 5t ) ⎞
U 3 (t ) = ⎜ sin( t ) −
+
⎟
2
2
π⎝
3
5
⎠
288
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
U (t )
2. Beispiel: „Rechteckspannung“
Schwingungsdauer: T = 6.28 s = 2π s
Kreisfrequenz: ω = 2π/T = 1 s−1
289
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
FourierZerlegung
U 1 (t ) =
4
π
2. Beispiel: „Rechteckspannung“
sin( t )
290
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
FourierZerlegung
2. Beispiel: „Rechteckspannung“
4⎛
sin( 3t ) sin( 5t ) ⎞
U 3 (t ) = ⎜ sin( t ) +
+
⎟
π⎝
3
5 ⎠
291
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
FourierZerlegung
2. Beispiel: „Rechteckspannung“
4⎛
sin( 3t ) sin( 5t ) sin( 7t ) sin( 9t ) ⎞
+
+
+
U 5 (t ) = ⎜ sin( t ) +
⎟
3
5
7
9 ⎠
π⎝
292
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Die Effektivwerte von Strom- und
Spannung hängen aber von der Form
der Wechselspannung ab. Sie waren
über den zeitlichen Mittelwert der
Leistung ⟨P(t)⟩ definiert worden:
T
1
P (t ) t = ∫ P(t ) dt
T 0
T
=
1
U (t ) I (t ) dt = U eff I eff
∫
T 0
Mit dem Ohmschen Gesetz folgt:
2
U eff
1 U 2 (t )
P (t ) t = ∫
dt =
T 0 R
R
Entsprechend folgt für Ieff:
T
I eff
1 2
=
I (t ) dt
∫
T 0
Beispiel:
Effektivwert für eine Dreiecksspannung
t
T
T
⎧
U
,
−
≤
t
≤
⎪ 0T 4
4
4
⎪
U (t ) = ⎨
⎪U ⎛ 2 − t ⎞ , T ≤ t ≤ 3T
⎟
⎪⎩ 0 ⎜⎝
4
T 4⎠ 4
T
⇒ U eff =
1
T
=
U0
T
⇒ U eff
1
2
(t ) dt
U
=
∫
T 0
3T 4
∫
U 2 ( t ) dt
−T 4
3
293
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
6.4 Kirchhoffsche Regeln für Wechselspannungen und Wechselströme
In Abschnitt 3.9 wurden die beiden
Kirchhoffschen Regeln als Grundlagen
zur Berechnung von elektrischen
Netzwerken eingeführt. Sie gelten auch
im Fall von Wechselspannungen und
Wechselströmen.
In jedem Knoten eines elektrischen
Netzwerkes verschwindet daher zu
jedem Zeitpunkt t die Summe aller N
Ströme.
I1(t)
I2(t)
I3(t)
(i) Knotenregel
Im Fall stationärer Ströme drückt die
Knotenregel das Prinzip der Ladungserhaltung aus. Dieses Prinzip muss aber
nun für alle Zeitpunkte t erfüllt sein:
IN(t)
N
∑ I (t ) = 0
i =1
i
Gustav Robert Kirchhoff
(1824-1887)
294
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Bei stationären Strömen verschwindet
wegen der Rotationsfreiheit des elektrostatischen Feldes in jeder geschlossenen
Masche die Summe aller Spannungen.
(ii) Maschenregel
U2(t)
U1(t)
≈
UN(t)
U3(t)
In der Elektrodynamik war:
r r
∫ E ⋅ dr = U ind
r r
⇒ ∫ E ⋅ dr − U ind = 0
Wenn Induktivitäten mit berücksichtigt
werden, gilt also auch in einer Masche
zu jedem Zeitpunkt:
N
∑U (t ) = 0
i =1
i
295
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
6.5 Kondensator im Wechselstromkreis
I (t ) = ω CU 0 cos (ω t + π 2 )
I(t)
≈
= I 0 cos (ω t + π 2 )
C
U(t)
Der Zusammenhang zwischen
Spannung und dem Strom ist:
Q = CU ⇒
ergibt sich:
Am Kondensator läuft der Strom der
Spannung um π/2 = 90° voraus.
der
U(t), I(t)
U(t)
dQ
dU (t )
= I (t ) = C
dt
dt
Da
U (t ) = U 0 cos(ω t )
folgt:
I (t ) = −ω CU 0 sin(ω t )
Mit
π⎞
⎛
− sin( x ) = cos ⎜ x + ⎟
2⎠
⎝
I(t)
0
T
t
T/2
296
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Versuch: RC-Kreis
Spannung
Strom
Sinusgenerator
Kondensator
Widerstände
Beim Kondensator läuft der Strom der
Spannung voraus, weil sich zunächst
Ladungen auf den Platten ansammeln
müssen.
297
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Die mittlere Leistung am Kondensator
ist ( ω = 2π/T ):
T
P(t ) t =
=
T
I(t)
T
1
1
P
t
dt
=
U (t ) I (t ) dt
(
)
∫
∫
T0
T0
ωCU
6.6 Induktivität im Wechselstromkreis
2 T
0
∫ cos(ωt )sin(ωt )dt = 0
≈
U(t)
L
0
144
42444
3
=0
Am Kondensator wird im Mittel also
keine elektrische Leistung aufgenommen. Ein idealer Kondensator wird im
Gegensatz zu einem Ohmschen
Widerstand also nicht erwärmt. Diese
zeitabhängige Leistung nennt man
daher auch „Scheinleistung“ oder
„Blindleistung“.
Der Zusammenhang von Strom und
Spannung ist nun (Maschenregel):
dI (t )
=0
dt
dI (t )
⇒ U (t ) = L
dt
U (t ) − L
298
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Integration ergibt:
t
t
U
1
I (t ) = ∫ U (t ′) dt ′ = 0 ∫ cos(ω t ′) dt ′
L0
L 0
U(t), I(t)
U(t)
I(t)
U
= 0 sin(ω t )
ωL
Diesmal ist:
sin(ω t ) = cos (ω t − π 2 )
Damit folgt:
U
I (t ) = 0 cos (ωt − π 2 )
ωL
= I 0 cos (ωt − π 2 )
Am der Spule läuft der Strom der
Spannung um π/2 = 90° nach. Es muss
also erst eine Spannung anliegen,
damit sich der Strom aufbaut.
0
T
t
T/2
Wegen der Phasenverschiebung um π/2
zwischen Strom und Spannung gilt hier
für die mittlere Leistung wieder:
P (t ) t = 0
Bei einer idealen Spule wirkt also auch
nur die Blindleistung.
299
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Versuch: RL-Kreis
Spannung
Strom
Sinusgenerator
Spule
Widerstände
Bei der Spule läuft der Strom der Spannung nach, weil die Induktionsspannung
ihrer Ursache entgegenwirkt.
300
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
6.7 Elektrischer Schwingkreis
Wir betrachten eine Reihenschaltung
aus einer Spule, einem Kondensator und
einem Ohmschen Widerstand. Gesucht
ist die Zeitabhängigkeit des Stromflusses
I(t) durch diesen „Schwingkreis“.
C
dI (t )
Q(t )
+L
+ R I (t ) = 0
C
dt
Differenzieren dieser Gleichung führt
mit I(t) = dQ/dt auf die DGL:
dI (t )
I (t )
d 2 I (t )
R
+L
+
=0
2
dt
dt
C
I (0) = I 0 , I&(0) = I&0
L
R
I(t)
Aufgrund der Maschenregel gilt:
UC − U L + U R = 0
Einsetzen der jeweiligen Spannungen
ergibt:
Umformen dieser DGL ergibt:
d 2 I (t ) R d I (t ) 1
+
+
I (t ) = 0
2
dt
L dt
LC
Mit den Definitionen
R
= 2γ
L
und
1
= ω02
LC
301
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
folgt:
(i) Schwingfall:
d 2 I (t )
d I (t )
2
2
+
γ
+
ω
0 I (t ) = 0
2
dt
dt
Dies ist dieselbe DGL wie beim gedämpften harmonischen Oszillator.
Ohne den Widerstand (R = 0) ergibt
sich eine ungedämpfte harmonische
Schwingung für den fließenden Strom:
I (t ) = I0 cos(ω0t ) +
I&0
ω0
sin(ω0t )
Für R ≠ 0 erhält man eine exponentielle
Dämpfung der Amplitude I0. Wie auch
bei der mechanischen Schwingung
unterscheidet man Schwing-, Kriechund aperiodischen Grenzfall.
Im Fall ω0 > γ wird I(t) durch eine
gedämpfte Schwingung beschrieben:
1
R
>
⇒ 2 LC > R C
LC 2 L
Hier ist RC eine Zeitkonstante.
(ii) Kriechfall:
Für ω0 < γ ist I(t) eine abfallende
Exponentialfunktion. ω0 < γ bedeutet:
1
R
<
⇒ 2 LC < R C
LC 2 L
(iii) Aperiodischer Grenzfall:
Für ω0 = γ ist I(t) ebenfalls eine abfallende Exponentialfunktion, wobei:
1
R
=
⇒ 2 LC = R C
2
L
LC
302
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Versuch: LCR-Kreis
Der elektrische Schwingkreis
für verschiedene Kombinationen der Werte für den
Widerstand R, die Induktivität L
der Spule und der Kapazität C
des Kondensators.
Anregungsimpuls
schwache
Dämpfung
C
R
mittlere
Dämpfung
L
„Kriechfall“
303
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Die im elektrischen und magnetischen Feld des LCR-Kreises gespeicherte Energie
wird periodisch ineinander umgewandelt. Die Gesamtenergie ist für R = 0 konstant.
Energieerhaltung:
EC (t) + EL (t) = E
I (t )
EC (t) = 12 CU(t)2
EL (t) = 12 LI (t)2
304
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Die Energieerhaltung liefert:
EC (t ) + EL (t ) = E
1
1 2
2
⇒ CU + LI = E
2
2
Wegen
dQ
Q = CU und I =
dt
folgt nun:
⇒
2
2
1Q
1 ⎛ dQ ⎞
+ L⎜
⎟ =E
2 C 2 ⎝ dt ⎠
Differenzieren dieser Gleichung ergibt:
1 1
dQ 1
dQ d 2 Q
2Q
+ L2
=0
2
2C
dt 2
dt dt
d 2Q
1
⇒ Q+L 2 =0
C
dt
d 2Q
1
Q=0
⇒
+
2
dt
LC
d 2 Q (t )
2
Q (t ) = 0
⇒
+
ω
2
dt
Dabei wurde die Frequenz ω2 = 1/LC
eingeführt. Dies ist die DGL des harmonischen Oszillators für die Funktion Q(t)
und damit auch für I(t) und U(t).
Aus der Energieerhaltung kann also,
genauso wie in der Mechanik, die zeitliche Entwicklung des Systems hergeleitet werden.
305
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Es wird jetzt ein Formalismus
vorgestellt, mit dem beliebige R,C,LNetzwerke berechnet werden können.
Dazu wird der Wechselstromwiderstand
iϕ
Z =| Z |e
definiert, der eine komplexe Zahl mit
dem Betrag |Z| und der Phase ϕ ist.
Der Wechselstromwiderstand eines
Stromkreises wird auch als seine
„Impedanz“ bezeichnet.
Für eine Wechselspannung
U (t ) = U 0 cos(ω t )
Im(Z)
Z
induktive Achse
„Blindwiderstand“
6.8 Komplexe Schreibweise
|Z|
ϕ
ohmsche Achse
„Wirkwiderstand“
Re(Z)
wird jetzt die komplexe Schreibweise
U (t ) = U 0 eiω t
eingeführt. Dem Realteil von U(t) entspricht jetzt die ursprüngliche Wechselspannung.
306
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Auch für den Strom schreibt man
I (t ) = I 0 ei ω t
wobei die Amplitude I0 eine komplexe
Zahl sein kann. Wir berechnen jetzt
das Verhältnis der Amplituden Z = U0/I0
für einen Ohmschen Widerstand, eine
Kapazität und eine Induktivität. Dieses
Verhältnis ist die Impedanz.
(i) Ohmscher Widerstand:
U (t ) = U 0 ei ω t = R I 0 eiω t
U0
⇒ U 0 = R I0 ⇒ Z =
=R
I0
Ein Ohmscher Widerstand hat also
eine reelle Impedanz, d.h. |Z| = R und
ϕ = 0.
(ii) Kapazität:
Am Kondensator gilt:
I (t ) = I 0 e
iω t
dU (t )
=C
dt
(
d
U 0 ei ω t
=C
dt
= Ci ω U 0 ei ω t
)
Dann folgt für die Impedanz:
⇒Z =
U0
1
1
=
= −i
I 0 iω C
ωC
Diese Impedanz ist rein imaginär, mit:
| Z |=
1
ωC
lim | Z | = 0
ω →∞
ϕ=−
π
2
lim| Z | = ∞
ω →0
307
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
(iii) Induktivität:
An einer Spule gilt:
U (t ) = U 0 eiω t = L
dI (t )
dt
(
d
I 0 ei ω t
dt
= Li ω I 0 eiω t
=L
)
U0
= iω L
I0
Diese Impedanz ist wieder rein
imaginär, mit:
| Z |= ω L
lim | Z | = ∞
ω →∞
ϕ=+
π
2
lim| Z | = 0
ω →0
Beispiel: Strom und Spannung am
Kondensator
ZC =
Es war:
Dann folgt für die Impedanz:
⇒Z =
Mit der Impedanz und dem Ohmschen
Gesetz kann rückwärts wieder der
Zusammenhang zwischen Strom und
Spannung berechnet werden.
1
1 i ( −π
=
e
iω C ω C
2)
Mit dem Ohmschen Gesetz folgt:
(
)
U (t ) = Re U 0 eiω t = U 0 cos(ω t )
U0
U0
ZC =
⇒ I0 =
= U 0ω C eiπ
I0
ZC
(
)
(
2
I (t ) = Re I 0 eiω t = Re U 0ω C eiπ 2 ei ω t
(
= Re U 0ω C ei (ω t +π
2)
)
) = U ω C cos(ω t + π
0
2)
⇒ Strom eilt Spannung um π/2 voraus.
308
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Dieses Vorgehen lässt sich jetzt auf
beliebige RCL-Kreise übertragen. Dies
soll anhand eines Beispiels verdeutlicht
werden.
Die Gesamtimpedanz ZRL ergibt sich
durch Addition der Einzelimpedanzen
wie bei der Serienschaltung von Ohmschen Widerständen.
Beispiel: Serienschaltung aus einem
Ohmschen Widerstand und einer Induktivität:
Also folgt:
Z RL = Z R + Z L = R + iω L
Z RL = R 2 + ω 2 L2
L
≈
U(t)
I(t)
ϕ RL
R
⎛ Im( Z RL ) ⎞
⎛ ωL ⎞
= arctan ⎜
⎟ = arctan ⎜
⎟
Re(
)
Z
R
⎝
⎠
RL ⎠
⎝
Der Zusammenhang zwischen physikalischem Strom und Spannung ist dann:
I (t ) = I 0 cos(ωt )
⇒ U (t ) = I 0 Z ges cos(ωt + ϕ RL )
309
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Frequenzgang eines RL-Kreises: "Tiefpass"
Z RL
ω → 0 ⇒ Z RL → R
ω → ∞ ⇒ Z RL → ω L = Z L
R
ω
π
2
ϕRL
ω → 0 ⇒ ϕ RL → 0
ω → ∞ ⇒ ϕ RL → π 2 = ϕ L
ω
310
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
6.9 Transformator
Aufbau eines Transformators
Ein Transformator besteht aus zwei
Spulen mit den Windungszahlen N1
und N2, die auf ein Eisenjoch gewickelt
sind. Er dient dazu, Spannungen und
Ströme zu verstärken.
Φmag
r r
= B⋅ A
r r
B≈0
A=const.
I1
U1
N1
N2
U2
r
B(t)
R
I2
Primärspule
B(t)
Sekundärspule
311
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Funktionsweise (qualitativ):
1. Primärspule
Wird eine zeitlich variable Spannung
U1(t) an die Primärspule gelegt, fließt ein
Strom I1(t). Dieser erzeugt das Feld B(t)
nach dem Ampèreschen Gesetz:
r r
r
r
∫ B(r , t ) ⋅ ds = μμ 0 I (r , t )
2. Eisenjoch
Magnetische Feldlinien bevorzugen Bereiche, in denen µ sehr groß ist, d.h. Bereiche in ferromagnetischen Materialien (Fe,
Co, Ni). Der Grund dafür ist die im Feld
gespeicherte Energie (Abschnitt 4.x).
Bei der folgenden quantitativen Berechnung wird der „ideale Transformator“ angenommen, d.h.:
(1) Keine Streuverluste des magnetischen Flusses. Das Magnetfeld B(t)
ist im Eisenjoch überall gleich groß
und im Außenraum vernachlässigbar.
(2) Keine Ohmschen Verluste noch
Streukapazitäten in den Leitungen.
(3) Keine Wirbelströme im Eisenjoch
(können durch isolierte Transformatorbleche verhindert werden).
Wirbelstrom IWirb(t)
B& (t )
3. Sekundärspule
Das zeitlich veränderliche Magnetfeld im
Eisenjoch induziert in der Sekundärspule
entsprechend der 3. Maxwell-Gleichung
die Spannung U2(t).
312
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Eine geschlossene Feldlinie der Länge
l im Eisenjoch umschließt die Ströme
durch beide Spulen, so dass gilt:
∫
r r
B ⋅ dr = Bl = μr μ0 ( N1 I1 + N 2 I 2 )
A=const.
I1
N1
N2
Eisenkern
⇒ B=
μ r μ0
l
( N1I1 + N 2 I 2 )
Der magnetische Fluss durch Primärund Sekundärspule ist gleich groß:
Φ Primär = Φ Sekundär = Φ
⇒ Φ (t ) = B (t ) A
Primärseite:
U1 (t ) + U ind (t ) = 0
& (t )
U1 (t ) = −U ind (t ) = N1Φ
⇒ U (t ) = N AB& (t )
1
U2
I2
B(t)
Eisenjoch
R
Einsetzen von B(t) ergibt:
U 1 = N1 A
μμ 0
( N1 I&1 + N 2 I&2 )
l
= L11 I&1 + L12 I&2
Hier sind L11 die Selbstinduktion der
Primärspule und L12 die von ihr in der
Sekundärspule erzeugte Gegeninduktion.
1
313
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Auf der Sekundärseite wird entsprechend
die Spannung U2 induziert:
& (t ) = − N AB& (t )
U 2 = − N 2Φ
2
= − N2 A
μμ 0
L12 = μr μ0
( N1 I&1 + N 2 I&2 )
l
= − L21 I&1 − L22 I&2
mit Selbstinduktion L22 der Sekundärspule und L21 als Gegeninduktion.
Zusammengefasst ergeben
Transformatorgleichungen:
sich
die
U1 (t ) = + L11I&1 (t ) + L12 I&2 (t )
U (t ) = − L I& (t ) − L I& (t )
2
21 1
mit L jk = μr μ0
l
N1N2 A
NNA
= μr μ0 2 1 = L21
l
l
Das Verhältnis der Spannungen erhält
man aus der Annahme, dass der magnetische Fluss in den Spulen gleich ist:
N1
&
U1 = N1Φ (t ) = −
U2
N2
⇒
U1
N
=− 1
U2
N2
Für den verlustfreien Transformator verhalten sich die Ströme entsprechend:
22 2
N j Nk A
Die beiden Gegeninduktivitäten sind
beim idealen Transformator gleich:
( j, k = 1, 2)
I1
N2
=−
I2
N1
314
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Versuch: Hochspannungserzeugung
Versuch: Erzeugung hoher Ströme durch
Transformation
Lichtbogen
Nagel
Primärspule
mit wenigen
Windungen
Primärspule mit
vielen Windungen
Sekundärspule
mit vielen
Windungen
Zur Funkenbildung: die Durchschlagsfeldstärke in (normal feuchter) Luft liegt
bei etwa E = 1 kV/mm.
Sekundärspule mit
wenigen Windungen
315
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Versuch: Tesla-Transformator
Mit dem Tesla-Transformator können extrem hohe
Spannungen erzeugt werden.
Prinzip des Tesla-Transformators:
Funkenstrecke
Schwingkreis
Nicola Tesla
(1856-1943)
TeslaTrafo
Netztrafo
316
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Einzelkomponenten des Tesla-Transformators
Funkenstrecke
Kondensator
Induktivität
Netztrafo
317
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
Tesla-Transformator
Koronaabbildung
Gasentladungsröhre
318
Experimentalphysik II (Kip SS 2009)
319
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