Kapitalmarktausblick 3. Quartal 2015 - Metzler

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Kapitalmarktausblick 3. Quartal 2015
2. Juli 2015
Rentenmärkte: Überraschend turbulentes Quartal
in Europa
Wertpapierkäufe der EZB wieder einen größeren Einfluss
auf die Anleihekurse gewinnen und sich insgesamt die
Kursturbulenzen am europäischen Rentenmarkt wieder
beruhigen.
Das zweite Quartal präsentierte sich überraschend turbulent an den europäischen Rentenmärkten. Im April fiel
die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen zunächst auf
einen neuen historischen Tiefstand von 0,05 % und stieg
danach in zwei Wellen auf knapp 0,8 % im Mai und auf
1,06 % im Juni. Gegen Quartalsultimo pendelte sich die
Rendite zehnjähriger Bundesanleihen bei etwa 0,8 % ein.
Aktienmärkte: Weiterhin mehr Chancen als Risiken
Die Wertentwicklung europäischer Aktien war im zweiten Quartal stark von der Eskalation der Krise in Griechenland geprägt. Dementsprechend verloren europäische Aktien im Quartalsverlauf durchschnittlich mehr als
7 % an Wert. Obwohl die Gefahr von realwirtschaftlichen Ansteckungseffekten der griechischen Krise auf
das restliche Europa eher begrenzt sein dürfte, reagierten die europäischen Aktienmärkte teilweise mit heftigen Kursbewegungen auf jede Neuigkeit aus Griechenland.
Die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen aus Italien und
Spanien erhöhten sich deutlich stärker als die von Bundesanleihen, da die Eskalation der Krise in Griechenland
die Risikoprämien steigen ließ. Der Anstieg der Renditen
und Risikoprämien ist grundsätzlich zu begrüßen, da
sich dadurch die Staatsanleiherenditen am europäischen
Rentenmarkt wieder ihren fundamental angemessenen
Niveaus angenähert haben und damit die Kursverzerrungen durch das Wertpapierkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) geringer ausgefallen sind als
befürchtet. Dies gilt umso mehr, als das Wertpapierkaufprogramm derzeit einen wichtigen Beitrag dazu
liefert, die Ansteckungsrisiken der Griechenland-Krise zu
verringern.
Das eigentliche Risiko der griechischen Krise besteht
darin, dass sich psychologisch bedingte Ansteckungseffekte und Finanzmarktturbulenzen negativ auf das Verhalten von Unternehmen, Konsumenten und Banken in
Europa auswirken und damit einen Abschwung verursachen – im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung.
Die geringen Kreditbeziehungen zwischen Europa und
Griechenland sowie das Wertpapierkaufprogramm der
EZB sprechen jedoch dafür, dass es sich nur um vorübergehende Kursturbulenzen handelt und die Ansteckungsrisiken eines Grexit eher begrenzt sind – zumal
sich die Anzeichen für eine Erholung der europäischen
Wirtschaft mehren und Volkswirtschaften in einem Aufschwung erfahrungsgemäß widerstandsfähiger gegenüber Ansteckungen sind als in einem Abschwung.
Europäische Unternehmens- und High-Yield-Anleihen
wurden auch von den Kursturbulenzen erfasst: Ihre
Spreads gegenüber Staatspapieren weiteten sich deutlich aus. Interessanterweise ging der Anstieg der Risikoprämien nicht mit einem sich verschlechternden fundamentalen Umfeld für Unternehmen einher. Die Konjunkturindikatoren verbesserten sich sogar im Quartalsverlauf, und die Geschäftsbanken berichteten von gelockerten Kreditvergabekriterien für Unternehmen in der
gesamten Eurozone. Auch wenn eine weitere Eskalation
der Krise in Griechenland den Aufschwung in der Eurozone merklich dämpfen sollte, erscheinen die Spreads
von europäischen Unternehmens- und High-YieldAnleihen gegenüber Staatspapieren derzeit zu hoch.
Die Aktienmärkte in den USA und Japan zeigten dagegen kaum Ansteckungseffekte und entwickelten sich
stabil. Auch Aktien aus Schwellenländern beendeten das
zweite Quartal in lokaler Währung nahezu unverändert,
verloren aufgrund der Aufwertung des Euro jedoch
knapp 4 % aus Sicht eines Euro-Investors. Insgesamt
dürfte das fundamentale Umfeld die Entwicklung der
Aktienkurse auch im dritten Quartal unterstützen. Die
Weltwirtschaft befindet sich in einem moderaten Aufschwung, und die großen Zentralbanken verfolgen eine
anhaltend lockere Geldpolitik, wobei die EZB und die
japanische Zentralbank bis mindestens Jahresende die
Finanzmärkte massiv mit Liquidität fluten werden.
Nur eine Rückkehr zu Rezessionstendenzen würde die
aktuellen oder sogar noch höhere Spreads rechtfertigen
– zumal die EZB zuletzt das Wertpapierkaufprogramm
auf Unternehmensanleihen wie Enel oder SNAM aus
Italien erweiterte. Das Kriterium der EZB scheint dabei
gewesen zu sein, dass ein Staat einen Anteil an dem
Unternehmen hält. Weitere Ausdehnungen des Wertpapierkaufprogramms auf Unternehmensanleihen auch
ohne Staatsanteil sind durchaus vorstellbar.
Zu den Risiken für die Finanzmärkte zählen wir eine
Eskalation der Ereignisse an den zahlreichen geopolitischen Krisenherden, überraschende Ansteckungseffekte
der Griechenland-Krise sowie eine negative Reaktion der
Zudem könnte die Sommerflaute bei den Neuemissionen in den kommenden Monaten dafür sorgen, dass die
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Land die Währungsunion verlassen könnte. Infolgedessen könnten die Risikoprämien in vielen Mitgliedsländern der Europäischen Währungsunion steigen und
ihnen dadurch strukturelle Nachteile entstehen. Allerdings könnten die sehr wahrscheinlich negativen Folgen
eines Grexit auf die griechische Wirtschaft – die griechische Zentralbank erwartet für diesen Fall eine Inflation
von mindestens 50 % – den Zusammenhalt innerhalb
der Währungsunion stärken und somit nur für einen
vorübergehenden Anstieg der Risikoprämien sorgen.
US-Wirtschaft auf die voraussichtliche Leitzinserhöhung
der Fed im September. Insgesamt überwiegen jedoch
die Chancen die Risiken an den internationalen Aktienmärkten.
Konjunktur Eurozone: Aufschwung auch im Falle
eines Grexit nicht in Gefahr
Im zweiten Quartal dominierten eindeutig die Entwicklungen in Griechenland die Schlagzeilen in der Eurozone
– vor allem beschäftigte die Marktteilnehmer die Frage,
ob die Ereignisse in Athen den Aufschwung in der Eurozone nachhaltig beschädigen könnten.
Grundsätzlich spricht vieles dafür, dass der Aufschwung
in der Eurozone bei einer Eskalation der Krise zwar an
Dynamik verlieren könnte, jedoch nicht in Gefahr ist.
Immerhin signalisierten die Konjunkturindikatoren zuletzt,
dass sich das Wirtschaftswachstum in der Eurozone von
0,8 % im vergangenen Jahr auf 1,5 % in diesem Jahr
merklich beschleunigen wird. Die monatlich veröffentlichten Konjunkturindikatoren wie die Geldmenge M1
bestätigten das positive Bild mit einem Anstieg von
4,9 % im April 2014 auf 11,2 % im Mai 2015. Darüber
hinaus verbesserte sich der Geschäftsklimaindex für den
Wohnungsbau im Juni auf den höchsten Stand seit
September 2008. Der traditionell frühzyklische Wohnungsbau ist ein zuverlässiger Spiegel für die Wirkungsweise der Geldpolitik in der Realwirtschaft: Da
Wohnungen zu den langlebigen Wirtschaftsgütern zählen, reagiert die entsprechende Nachfrage sehr sensibel
auf Veränderungen des Zinsumfelds und die Kreditvergabebereitschaft der Banken.
Konjunktur USA: Wirtschaftsdaten deuten auf
eine erste Leitzinserhöhung der Fed im September
Das US-Wirtschaftswachstum schwankte in den vergangenen Quartalen ungewöhnlich stark, was einerseits
durch heftige Kälteeinbrüche im Frühjahr und andererseits durch ungenügend saisonal bereinigte Daten verursacht wurde.
So sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal 2014 um 2,1 %, beschleunigte sein Wachstum bis
auf 5 % im dritten Quartal 2014 und fiel wieder um
0,2 % im ersten Quartal 2015 zurück. Die von hohen
Schwankungen begleitete BIP-Entwicklung erschwert es
der US-Notenbank ungemein, den Wachstumstrend
richtig einzuschätzen und daraus die passenden Implikationen für die Geldpolitik abzuleiten.
Die Wirtschaft in der Eurozone zeigte sich vor diesem
Hintergrund im Vorfeld der Griechenland-Krise erfreulich
robust. Auch bestehen kaum noch nennenswerte Kreditverbindungen zwischen privaten Akteuren in Europa
und Griechenland. Das Hauptrisiko einer Ansteckung
besteht daher vor allem in psychologischer Hinsicht,
was sich in Kursturbulenzen an den Finanzmärkten und
in einem Rückgang der Geschäftsklimaindizes niederschlagen könnte. Aber erst wenn die Banken in Europa
ihre Kreditvergabe als Reaktion auf die psychologischen
Ansteckungseffekte einschränken würden, wäre der
Aufschwung in der Eurozone ernsthaft in Gefahr. Die
großzügige Liquiditätsversorgung der Banken durch die
EZB und das umfassende Wertpapierkaufprogramm der
EZB sprechen jedoch dafür, dass das Ansteckungsrisiko
eher begrenzt ist.
Immerhin ging die Arbeitslosigkeit in diesem Umfeld
stetig zurück, und zuletzt mehrten sich sogar die Zeichen für ein sich moderat beschleunigendes Lohnwachstum. Der absehbare Rückgang der Arbeitslosenquote auf das geschätzte Vollbeschäftigungsniveau von
5,0 % in Kombination mit einem sich wahrscheinlich auf
über 2,0 % erholenden Wirtschaftswachstum im zweiten
Quartal spricht für eine Leitzinserhöhung der US-Notenbank schon im September. In diesem Zusammenhang
diskutieren Finanzexperten derzeit intensiv darüber, ob
ein solcher Schritt nach einer langanhaltenden Nullzinsphase vergleichbar ist mit einer „normalen“ Leitzinserhöhung oder nicht doch erhebliche Risiken birgt.
Ein Blick auf die Schuldner zeigt, dass eine höhere Zinslast eigentlich gut verkraftbar sein müsste. Die Nettozinslast des US-Staates beträgt dieses Jahr voraussichtlich nur etwa 2,2 % des BIP im Vergleich zu einem
Durchschnitt von 3,2 % seit 1960. Auch mussten die
Viel schwerer würde dagegen wiegen, wenn Griechenland mit einem Verlassen der Währungsunion einen
Präzedenzfall schaffen sollte. Damit stiege unweigerlich
die Wahrscheinlichkeit, dass in Zukunft ein weiteres
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sichtlich dieses Jahr um 1,0 % und im nächsten Jahr um
1,5 % wachsen.
Privathaushalte im ersten Quartal 2015 nur etwa 9,9 %
ihres verfügbaren Einkommens für den Schuldendienst
verwenden – gegenüber durchschnittlich 11,4 % seit
1980. Darüber hinaus betrug die Quote der Zinszahlungen zu den Nachsteuergewinnen der Nichtfinanzunternehmen im ersten Quartal 2015 nur 38 % im Vergleich
zu durchschnittlich 44 % seit 1960.
Interessanterweise sind die Löhne bislang nur moderat
gestiegen, obwohl die Arbeitslosenquote mit 3,3 % auf
das niedrigste Niveau seit 1997 gefallen ist und es
durchschnittlich so viele offene Stellen pro Bewerber
(1,19) gibt wie zuletzt 1992. Auch konnte Japan nach
Berechnungen der OECD die Produktionslücke in diesem Jahr schließen, was eigentlich steigende Löhne und
Inflationsraten impliziert. Immerhin sind derzeit in den
Kursen am Rentenmarkt langfristige Inflationserwartungen von etwa 1,4 % pro Jahr eskomptiert, sodass es
vielleicht nur eine Frage der Zeit ist, bis sich die Inflation
wieder nachhaltig über 1,0 % einpendeln wird.
Dagegen ist das Argument gegen eine baldige Leitzinsanhebung deutlich schwieriger zu beurteilen, dass das
historisch niedrige Zinsniveau nicht das Resultat der
Interventionen der Zentralbanken ist, sondern Ausdruck
einer hohen Spar- und niedrigen Investitionsbereitschaft
der Privathaushalte und Unternehmen aufgrund einer
seit der Finanzmarktkrise generell hohen Verunsicherung.
Beispiele dafür sind Leitzinserhöhungen in den USA im
Jahr 1937 oder in Japan in den Jahren 2000 und 2006,
die den Sparanreiz erhöhten und die Investitionsneigung
der Unternehmen dämpften – mit negativen Konsequenzen für die Konjunktur.
Chinas Wirtschaft ist von anhaltenden Schwächetendenzen geprägt. So wuchs die Wirtschaft im ersten
Quartal 2015 nur noch um 5,8 %, was weit unter dem
Durchschnitt von knapp 14 % pro Jahr seit 2000 liegt.
Das schwache Nominalwachstum erschwert die Schuldentragfähigkeit und erhöht die Wahrscheinlichkeit für
zunehmende Unternehmenskonkurse. Die notleidenden
Kredite im chinesischen Bankensystem haben sich bisher jedoch nur leicht von 0,9 % auf zuletzt 1,4 % des
ausstehenden Kreditvolumens erhöht, wobei sich zuletzt
ein moderat steigender Trend etabliert hat. Die chinesische Regierung versucht dem durch eine weiter gelockerte Geld- und Fiskalpolitik gegenzusteuern. Die antizyklischen Schritte zeigten schon erste Erfolge: So hat
sich beispielsweise der dynamische Anstieg der Wohnimmobilienpreise zuletzt abgeschwächt.
Die US-Notenbankpräsidentin Janet Yellen hat daher
immer wieder betont, dass sie nur sehr vorsichtig und
lieber später als zu früh den Leitzins anheben will. Dementsprechend könnte die US-Notenbank – vorausgesetzt,
sie erhöht die Leitzinsen erstmals wieder im kommenden September – den nächsten Zinsschritt erst 2016
beschließen.
Konjunktur Asien: Rückkehr der Inflation in Japan –
Chinas Wirtschaft mitten im Strukturwandel
Die japanische Wirtschaft ist derzeit durch eine ungewöhnliche Konstellation gekennzeichnet: einerseits
wächst die Industrieproduktion nur schwach, andererseits entwickelt sich der Dienstleistungssektor dynamisch.
Insgesamt befindet sich die chinesische Wirtschaft derzeit in einem schwierigen Übergang, in dem noch viele
ineffiziente Unternehmen vom Markt verschwinden und
ihre Schulden abgeschrieben werden müssen. Gleichzeitig entstehen viele neue Unternehmen im Dienstleistungssektor, die zu neuen Wachstumsmotoren werden können. Um diesen nachhaltigen Strukturwandel zu
ermöglichen, sind kontinuierliche Strukturreformen notwendig.
Der schwache Wechselkurs des japanischen Yen hat
bisher das Exportvolumen kaum nennenswert stimuliert,
da viele japanische Exporteure die Preise ihrer Produkte
in Fremdwährung nicht senkten, sondern ihre Gewinnmargen erhöhten. So sind laut MSCI die Unternehmensgewinne der an der Börse notierten Unternehmen seit
Anfang 2012 um mehr als 120 % gestiegen. Die soliden
Unternehmensbilanzen, ein robuster Arbeitsmarkt und
ein niedriges Zinsniveau befeuern zunehmend die Binnennachfrage. So stiegen die Einzelhandelsumsätze um
jeweils durchschnittlich 4 % im April und Mai gegenüber
dem Vorjahr. Insgesamt wird Japans Wirtschaft voraus-
Edgar Walk
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