Juristische Methoden- und Argumentationslehre

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Professor Dr. Rolf Gröschner
Sommersemester 2015
Juristische Methoden- und Argumentationslehre
§ 11 Juristische Logik
I.
Zur Logik im allgemeinen
1. Aristoteles als Vater der formalen Logik
a) Zum Begriff der formalen Logik
b) Zur Herkunft der aristotelischen Analytik
c) Zur Wiederentdeckung des Enthymems
2. Hauptvertreter und Grundanliegen einer materialen Logik
a) Lipps’ „Untersuchungen zu einer hermeneutischen Logik‘‘
b) Collingwoods „Logic of question and answer‘‘
c) Lorenzens „Dialogische Logik‘‘
d) Hegels „Logik der Subsumtion‘‘
II. Zur Bedeutung formaler Logik in der Jurisprudenz
1. Die „Verletzung der Denkgesetze‘‘ als Revisionsgrund
2. Die vier obersten Denkgesetze
a) Das Gesetz der Identität
b) Das Gesetz des Widerspruchs
c) Das Gesetz des ausgeschlossenen Dritten
d) Das Gesetz des zureichenden Grundes
3. Typische Beispiele für eine Verletzung der Denkgesetze
III. Zum Grundanliegen einer dialogischen Logik der Jurisprudenz
1. Juristische Logik als „Rechtslogik‘‘ einerseits und „Logik der Jurisprudenz‘‘
andererseits
2. Rechtslogik als Disziplin der Rechtswissenschaft
3. Logik der Jurisprudenz als praktische Argumentationslehre
4. Folge- und Folgenrichtigkeit juristischen Entscheidens
a) Folgerichtigkeit der Begründung
b) Folgenrichtigkeit der Entscheidung
Materialien zu § 11
1. Grundbegriffe der formalen Logik:
a) Basis aller Beschäftigung mit formaler Logik ist – im Anschluß an Wittgenstein – die
Unterscheidung zwischen dem logischen Raum einerseits und der realen Welt andererseits. Was im Raum der Logik richtig ist, kann im Raum der Welt falsch sein.
b) Die „formale Logik“ beschäftigt sich mit Konklusionen, die allein aufgrund ihrer
Form gelten. Die betreffenden Aussageformen sind logisch gültig, unabhängig davon, ob die in ihnen auftretenden Aussagen wahr oder falsch sind; sie sind demnach
tautologisch (von griechisch: tauto, dasselbe).
c) Das klassische Beispiel stammt aus der Ersten Analytik des Aristoteles; es ist der Syllogismus „Alle B sind A“ und „Alle C sind B“, also gilt: „Alle C sind A“. Dieser
Schlußsatz ist tautologisch, weil es für seine Gültigkeit nicht auf die Wahrheit der
Vordersätze ankommt. Sind die Vordersätze aber wahr, überträgt der syllogistische
Schluß die Wahrheit der Prämissen auf die Konklusion. Diese ist dann wahrheitserhaltend. Das ist die Pointe eines Syllogismus im modus barbara.
d) In der modernen Logik geht es um den Aufbau von Aussagen durch logische Partikel: „Junktoren“ und „Quantoren“. Die „Junktoren-“ (oder Aussagen-)Logik bezieht
sich auf die Verbindungen (Junktionen) zwischen Aussagen durch die Junktoren
„und“, „oder“, „wenn ... dann“ und „nicht“; die „Quantoren-“ (oder Prädikatenlogik)
auf logische Verbindungen durch die Quantoren „kein“, „alle“ und „manche“. Da
sich die heutige Logik insoweit weitgehender Symbolisierungen bedient, wird sie
auch als symbolische Logik bezeichnet.
2. Grundpositionen einer materialen Logik:
a) Hans Lipps, Untersuchungen zu einer hermeneutischen Logik, 1938, S. 20 f.: „Hermeneutische Logik setzt ... an der Situation, so wie sie zu Wort kommt, ein“; S. 40:
„aus Umständen, Tatsachen usw. schließt man, aber nicht aus Prämissen. Prämissen
treten nur in der Darstellung eines Schlusses auf ... Im Nachtrag werden Prämissen
wichtig“.
b) Robin George Collingwood, Denken, 1955, S. 32: „daß das Wissen nicht aus ‚Feststellungen‘, ‚Aussagen‘ und ‚Urteilen‘ besteht ..., sondern aus diesen und (Hervorhebung
im Original) den Fragen, die sie beantworten wollen. Weshalb eine Logik, die allein
die Antworten beachtet und die Fragen vernachlässigt, eine falsche Logik ist“.
c) Paul Lorenzen, Dialogische Logik, 1978: „Proponent“ als derjenige, der eine Behauptung aufstellt und „Opponent“ als derjenige, der diese Behauptung angreift.
d) Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Philosophische Propädeutik, Werke 4, S. 24 f.: Einzelheit, Besonderheit und Allgemeinheit (E-B-A) als dialektische „Momente“ (nicht
isolierbare „Elemente“!) einer materialen Logik der Subsumtion.
3. Zu den vier obersten Denkgesetzen:
a) Das Gesetz der Identität besagt, daß jeder Gegenstand mit sich selbst identisch ist: A
ist A. (Der Satz „ein Vertrag ist ein Vertrag“ ist damit zwar logisch wahr, juristisch
aber nichtssagend).
b) Das Gesetz des Widerspruchs besagt, daß zwei einander kontradiktorisch widersprechende Urteile nicht beide wahr sein können: A ist nicht non-A.
c) Das Gesetz des ausgeschlossenen Dritten besagt, daß von zwei kontradiktorisch entgegengesetzten Urteilen eines notwendig wahr sein muß; ein Drittes gibt es nicht (tertium non datur) – eine Klage kann z.B. nur entweder zulässig oder unzulässig sein.
d) Das Gesetz des zureichenden Grundes besagt, daß jedes Urteil, um wahr zu sein,
notwendig einer hinreichenden Begründung bedarf.
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