Script 2

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ZUFALL kann:
Absturz und Untergang bedeuten, aber auch:
Einfall und die Entstehung von NEUEM mit
"Kreativität" und "Innovation".
ABSCHNITT
I:
,Zufall in frühen WELTBILDERN"
Die Entdeckung von sich wiederholenden EREIGNISSEN und regulären MUSTERN in der
Natur war bereits bei unseren menschlichen Vorfahren überlebensnotwendig!
Das menschliche GEHIRN ist daher seit seinen Anfangen auf ,,Mustererkennung" trainiert. Gleichzeitig versucht es aber, mit den Ängsten vor
Unerwartetem und Zufälligem fertig zu werden.
Naturvölker personifizieren daher die unverstandenen Kräfte und Mächte
der Natur mit menschlichen Zügen, um so mit ihnen in Kontakt treten und
sie beschwören und beschwichtigen zu können.
Daraus wurden in MYTHOLOGISCHER Zeit "Gottheiten", die in Kunst und Literatur dargestellt wurden. In der frühen Philosophie wurden aus "Göttern":
IDEEN und
PRINZIPIEN,
die begrifflich zu bestimmen waren. Mit Beginn der NEUZEIT werden die ,,Prinzipien":
mathematisch gefasst und mit den Erfahrungswissenschaften
verbunden.
1.
ZUFALL in der "Mythologie"
In der griechischen Mythologie ist "TYCHE" die "Göttin der glücklichen oder bösen
Fügung und des Zufalls".
"Tyche":
erhöht und erniedrigt
und fuhrt launenhaft den Wechsel der Geschichte herbei.
"Glücksspiel" mit rollender KUGEL und "Glücksrad" werden mit ihr in Verbindung gebracht, a b e r auch die Hoffnung auf:
neue Chancen,
Prosperität und
Wohlergehen.
Ihre Attribute sind daher:
Füllhorn,
Flügel,
Rad und
Steuerruder auf einer KUGEL.
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Die "Fahrt durch das Leben" wird von der TYCHE gesteuert!
Aus menschlicher Sicht ist es eine ewig die ERWARTUNG überraschende Irrfahrt auf einem
Meer mit:
c h a 0 t i s c h rollenden Meereswogen.
Auch die glanzvollsten menschlichen Taten wie der olympische Sieg sind ohne das Mitwirken
der "göttlichen Mächte" nicht denkbar.
Diese archaische Grundüberzeugung bewahrte den Menschen vor "frevelnder Überheblichkeit" (Hybris) - wohlwissend, dass TYCHE jederzeit das "Glücksrad" anders drehen kann!
Die römische Entsprechung für .Tyche" ist die Göttin ,,Fortuna"! Während Tyche und Fortuna für willkürliche und unberechenbare Ereignisse stehen, gelten die MOIREN als griechische "Schicksalsgöttinnen", die das Leben der Menschen vor be s tim m e n !!
In römischer Tradition sind es die PARZEN, bei den Germanen die NORNEN und in slawischer Mythologie die ZORYA.
Neben der blinden und launenhaften "Glücksgöttin" und den dunklen und unnachgiebigen
"Schicksalsgöttinnen" kennt die griechische Mythologie aber auch noch:
denKAffiOS,
den "Gott der günstigen Gelegenheit und des rechten Augenblicks"!
,,Kairos" wird auch als "Gott der ZEIT" verstanden, der aber nicht wir "Chronos" für den
bloßen Ablauf der Zeit steht, sondern für den "günstigen Augenblick", den man sich
nimmt".
KAIROS als "Sinnbild der erfüllten und sinnvollen Zeit" wurde später mit CHRISTUS in
Zusammenhang gebracht:
Im Gleichnis von den "törichten Jungfrauen" warnt er davor,
den AUGENBLICK der Ankunft des Bräutigams zu verpassen:
,,Denn Ihr wisst weder den Tag noch die Stunde,
wann der Menschensohn kommen wird"!
(Matthäus 25; 1-13).
Bereits in jüdischer Tradition wird von NOAH berichtet, der auf grund "göttlicher Eingebung"
gegen die plötzlich hereinbrechende biblische Katastrophe der "Sintflut" gewappnet war.
Auch JOSEPH in Ägypten wusste einen Traum des Pharao zu deuten und warnte in einer
Periode des Wohlstandes vor dem folgenden Zyklus des Niedergangs.
Zufällige EINZEL-Ereignisse lassen sich zwar n ich t voraussagen, aber die "Zeichen
der Zeit" erkennen, in denen sie stattfinden könnten!
In der spätantiken Alltagsverwendung der Worte schwinden die personalen Vorstellungen
von GÖTTERN zunehmend, sodass:
TYCHE
auch einfach "Zufall" oder .zufällige Begegnung" und
FORTUNA
"Glück" bedeuteten.
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2.
"Zufall" in der PHlLOSOPHlE
Die vorsokratischen Naturphilosophen versuchen erstmals, die Vielfalt und Komplexität der
Welt nicht auf "Götter" und "Dämonen", sondern:
auf ein einheitliches PRINZIP oder einen ursprünglichen URSTOFF
zurückzuführen.
Eine Herausforderung war damals die ERKLÄRUNG von:
Veränderung,
Werden und
Vergehen,
hinter dem Denker wie HERAKLIT (550-480 v. Chr.) ein einheitliches Maß und Weltgesetz
(',Logos") annahmen.
Das "CHAOS der Naturgewalten" wird ebenso wie der "Streit und Krieg der Menschen" auf
eme:
verborgene NOTWENDIGKEIT des ,,Logos" zurückgeführt.
Bei EMPEDOKLES (492-430 v. Chr.) deutet sich erstmals der Gedanke an, dass aus:
zufälligem Zusammenwirken der Teile auch ein
zweckmäßiger ORGANISMUS entstehen kann.
Im antiken ATOMISMUS finden wir geradezu modem klingende Formulierungen über:
,,Z u fall"
und "N 0 t wen d i g k e if'.
Nach LEUKIP (5. Jh. v. chi.) und DEMOKRIT (470-380 v. Chr.) entstanden ,,Himmel"
und "Erde" durch:
das zufällige Zusammentreffen von ,,Atomen" als den kleinsten
unteilbaren Teilen der Materie:
"Atome" bewegen sich. zwar mit "Notwendigkeit", 0 h n e aber
einer übergeordneten Zweckmäßigkeit zu folgen!
Nach DEMOKRIT gibt es eine unendliche Zahl von Größe und Gestalt verschiedenen
Atomen, aus deren "Wirbeln" sich seit Ewigkeit "Welten" bilden! in einigen dieser
"Welten" entstanden Sonne und Mond, Pflanzen und Tiere, in anderen nicht.
Bei EPIKUR (341-270 v. Chr.) und LUKREZ (99-55 v. Chr.) finden sich Ansätze, trotz
vorausgesetztem Atomismus die .Freiheit des menschlichen Willens" zu rechtfertigen.
Auch ,,Zufall der Entstehung" und anschließende "Selektion" sind bei LUKREZ deutlich angesprochen.
"Zufall" herrschte nach PLATON (428-347 v. Chr.) höchstens in den ungeordneten Bewegungen der .Llrmaterie", die sein "Demiurg" als "Gestalter der Welt" vorfand:
Für PLA TON steht der "Logos" für die ewigen und unveränderlichen
F 0 r m e n , die der Natur erst "Gestalt" und "Bestand" geben.
Dazu werden "Harmonien" und "Symmetrien" angenommen, die
im Quadrivium der damaligen mathematischen Disziplinen:
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Geometrie,
Arithmetik,
Astronomie und
Musik
gelehrt wurden.
Mit dieser mathematischen Perspektive auf die NATUR eröffnet PLATON eine
folgenschwere Entwicklung bis zur modemen Physik:
Der LOG 0 S wird m at h e m at i s c h begreiflich!
Jene "Harmonien" und "Symmetrien" waren nicht nur:
mathematisch exakt und unveränderlich,
sondern galten auch als:
schön - maßvoll und damit: gut!
Damit erwiesen sie sich nach PLATON als "Zeichen ewiger und göttlicher IDEEN".
Eine e r s t e eigenständige Untersuchung des .Zufallsbegriffs" findet sich bei ARISTOLES (384-322 v. Chr.) . Dabei wird der Sachverhalt:
o h n e mythologische Bilder
mit logischer und begrifflicher Nüchternheit vorgetragen!
Er unterscheidet sorgfältig:
zwischen Abläufen, die not wen d i g so und nicht anders eintreten,
und solchen, die auch anders hätten stattfinden können!
Jede HANDLUNG ist von "zufälligem Geschehen" begleitet, da neben den:
beabsichtigten Zielen einer Handlung auch
unbeabsichtigte "zufällige" Nebeneffekte eintreten können!
Beispiel dazu: Steige ich "zufällig" in einen anderen Zug als den ursprünglich
"beabsichtigten" und erleide dadurch einen Unfall, so hat der
Unfall sicher Gründe, aber meine Beteiligung war "unbeabsichtigt" und damit: ZUFALL!
In der politischen Umbruchzeit des HELLINISMUS wird der .Zufall" im Alltagsleben der
Menschen dämonisch und mythologisiert.
Dagegen wendet sich scharf die ,'philosophie der STOA", die eine "göttliche Vorsehung"
und "strenge Determinierung" aller Abläufe in NATUR und GESELLSCHAFT annimmt:
"Zufall" ist danach nur das Eingeständnis der Unfähigkeit,
die Kausalzusammenhänge
zu erkennen!
Ebenso wie die platonische Tradition passte die s t 0 i s c h e Auffassung zur:
CHRISTLICH-JÜDISCHEN Überlieferung, wonach
Gott einen .Heilsplan" für den Menschen bestimmt
hatte.
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Besonders krass wird von AUGUSTINUS (354-430) der "Zufall" definiert:
" .....er ist nur ein Ausdruck ,geistiger Blindheit"'!
"Zufall" wird mo r a li sie ren d als Werkzeug "böser Dämonen" bezeichnet, die mit
,;Arglist und Tücke" die Menschen von einem rechtschaffenden Leben" abhalten. Damit
sollte die heidnische FORTUNA - bzw. TYCHE-Verehrung bekämpft werden.
Der römische Philosoph BOETHIUS (480-524) konzentrierte sich auf den logischen Begriff
"Kontingenz" :
Logisch nennen wir einen Sachverhalt "kontingent", wenn er m ö g I ich,
aber nicht notwendig ist!
So ist ein Schimmel notwendig weiß, da aus der Definition des Begriffs "Schimmel" die Eigenschaft "weiß" logisch folgt. Dass ein Schimmel aber "groß" oder
"klein" ist, ist zwar m ö gl ich, daher nicht-notwendig bzw. "kontingent"!
KONTINGENZ kommt vom latein. Verb .contingere" (zusammen sich berühren
bzw. zusammenfallen!).
Für den THEOLOGEN wird damit ein neuer Umgang mit dem .Zufall" und seiner "Beziehung zu Gott" und der "göttlichen Vorsehung" eröffnet:
GOTT hat die Dinge so erschaffen, wie sie sind!
Es wäre ihm aber auch möglich gewesen, sie
a n der s zu erschaffen.
Nur:
GOTT wäre nach dieser Auffassung not wen d i g, alle geschaffenen Dinge aber:
kontingent!
Nach Thomas von Aquin (1224-1274) lässt die "Kontingenz" der Dinge und Ereignisse erst
den:
"fr eie n WilLEN"
des Menschen zu!
Wie lässt sich aber der ZUFALL mit der "göttlichen Vorsehung und Allwissenheit" vereinbaren??
Hier kommt Th.v. A. zu einer bemerkenswerten ,,Lösung", die:
von s y n erg e t i sc h e n Nebeneffekten komplexer Wechselwirkungen
ausgeht.
Bei einer Vielzahl von URSACHEN und WECHSELWIRKUNGEN kann es
geschehen, dass eine:
"Ursache" zuweilen mit der anderen zusammentrifft, wodurch
sie in der Hervorbringung ihrer Wirkung behindert oder befördert wird.
Aus dem Zusammentreffen zweier oder mehrerer Ursachen geschieht es aber, dass sich etwas z uf 11 i g ereignet, indem
sich ein nicht beabSichtigter Ausgang aus dem Zusammentreffen
einstellt
ä
H.
Diese EREIGNISSE sind aber nur zweitrangig ("secundum quid"), in Relation zum Menschen "zufällig" und nicht primär hinsichtlich der "göttlichen Weltordnung"!
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Aus dieser zweifachen .Drsachenordnung" leitet Th. v. A. sowohl die menschliche Beschränktheit als auch göttliche Gewissheit ab und kann soden .Zufall" anerkennen!
Zur Perfektion der ORDNUNG ("perfectibilitas") wird der ZUFALL geradezu erforderlich:
"Also widerstreitet es nicht der Idee der VORSEHUNG, die ja die Vollkommenheit der Dinge wahrt, dass manches aus Vorfall ("a casu") oder
aus Zufall (,,fortuna ") geschieht ':
In der primären göttllichen Weltordnung gilt allerdings das augustinische .ruhil fit casu in
mundo ", wonach n ich t s in der Welt aus ZUFALL geschieht!
EINSTEINs Version "Gott würfelt nicht!" steht also in einer alten philosophisch-theologischen Tradition!!
Auch für Einstein werden:
statistische Untersuchungen über .Zufalls't-Erscheinungen nur vordergründige Abschätzungen sein, hinter denen sich eine:
DETERMINISTISCHE Weltordnung verbirgt!
Auch der Scholastiker Wilhelm von Ockham (1280-1349) betont. dass:
erst der "Zufall" den "freien Willen" des Menschen
möglich macht!
Der Reformer MELANCHTON (1497-1560) fragt sich, ob:
nicht gerade in der "Kontingenz" die menschliche
Willensfreiheit als ein "Geschenk Gottes" liege?
Gegenüber der:
logischen Stringenz und
theologischen Orthodoxie
der Scholastik wirkt die MYSTIK häufig wie ein provokativer Gegenentwurf:
Es ist bemerkenswert, dass das deutsche Wort .Zufall" (mhd: .xuoval")
vom 13. bis 15. Jh. in der deutschen Mystik eingeführt wird.
Etymologisch bedeutet das mhd. ,.,zuovalIen " so viel wie:
"zuteil werden",
,jemandem zugefallen",
aber auch:
"anfall en" ,
"einfallen" oder
"überfall en" .
In der mystischen Vereinigung mit GOTT, die der Mystiker anstrebt, kommt der "Geist
Gottes" über den Menschen:
wie ein plötzlicher EINFALL, der nicht logisch erzwungen,
sondern nur der "Gnade Gottes" zugeschrieben werden kann.
Kontrollierbar und logisch ableitbar ist dieses .Zufallen" eines per s '0 n ale n oder
unp e r s 0 n ale n Göttlichen nicht!
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"Zufall" und "Einfall" werden offenbar immer schon in engem Zusammenhang gesehen!
Die cartesische Physik versteht die "Natur" als:
ein großes "mechanisches Uhrwerk", in dem "Ursachen" und "Wirkungen"
wie Zahnräder ineinander greifen und daher im PRINZIP b e r e ehe n bar
sind!
Von der "mechanistischen MATERIE" in der Natur zu unterscheiden sind nach Descartes:
"Gott" und die
"menschliche Seele"
als g e t ren n t e Substanzen!
Während die MATERlE aus ausgedehnten "Korpuskeln" besteht und den "Gesetzen der Mechanik" gehorcht, ist:
das menschliche BEWUSSTSEIN "immaterieller Geist" und damit
nie h t dem "mechanistischen Determinismus" unterworfen.
Das ungelöste erkenntnistheoretische Problem Descartes' bleibt die Frage:
wie die materielle Maschine des menschlichen KÖRPERs
und der immaterielle GEIST des menschlichen "Bewusstsein"
kau s a I aufeinander einwirken können!??
Baruch Spinoza (1632-1677) vertritt einen radikalen "Monismus":
Danach gibt es nur ein e einzige, unteilbare und unendliche
SUBSTANZ, von der alles endlich Wahrnehmbare eine
"Modifikation" ist:
GOTT , NATUR und SEELE sind
i den t i s c h ("deus sive natura").
Nach diesem "Pantheismus" gibt es keinen per s ö n I ich e n Gott!!
Alle Wirkungszusammenhänge sind demnach:
mit NOTWENDIGKEIT kau s a I determiniert
und log i s eh erklärbar!
Die NATUR, die als .zufällig" erscheint, ist nie h t von Gott geschieden, sondern
nur noch nicht vollständig begriffen!
Den Zufall bezeichnet Spinoza daher als ,,Asyl der Unwissenheit". In der Natur gibt es keinen
Zufall:
"in rerurn natura null um datur contingens" !!
Spinozas deterministischer Pantheismus wird Einfluss auf EinsteinsNaturphilosophie
gewmnen:
seine Vorstellung einer einheitlichen "Feldtheorie" beeinflussen und
seine Kritik der "Quantenphysik" motivieren.
LEIBNIZ (1646-1716) verbindet seine Philosophie mit:
der cartesischen Physik und
.
der neuzeitlichen Mathematik.
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Grundlegend für seine Behandlung des "Zufalls" ist seine logische Unterscheidung von:
not wen d i g e und
k 0 n tin gen te Wahrheiten.
NOTWENDIG sind "Wahrheiten", von denen bewiesen werden kann, dass die Annahme,
ihre Fa I s c h h e i t sei möglich, zu einem Widerspruch führt, also:
dem "Prinzip der Widerspruchsfreiheit"
widerspricht.
Beispiele sind "Wahrheiten der LOGIK" und MA THEMATIK!
Logisch-mathematisch widerspruchfrei lassen sich auch die "Gesetze möglicher Welten"
formulieren, die von der tatsächlichen Welt, in der wir leben, abweichen.
Logisch-mathematische Wahrheiten spiegeln danach die:
möglichen Gedanken einer göttlichen VERNUNFT wider.
Frage: Warum hat aber GOTT diese faktische Welt mit ihren "kontingenten" Tatsachenwahrheiten ("verites de fait") und keine an der e mögliche geschaffen?
In seine "Theodizee" lautet die berühmte Antwort, dass:
diese faktische Welt mit ihren Gesetzen
"optimal" und "harmonisch" aufeinander
abgestimmt und daher die b e s t e aller
Welten sei!
Mit der menschlichen end I ich e n VERNUNFT lassen sich kontingente Wahrheiten nie
vollständig in:
not wen d i g e WAHRHEITEN überführen!!
ZUFÄLLE im Sinn von ab sol u t grundlosen Ereignissen sind für Leibniz zwar eine "Chimäre":
"Es gibt immer GRÜNDE in der Natur, die die Ursache dessen bilden,
was durch ZUFALL oder Los geschieht!"
Dennoch stellt er sich die Frage, ob "zufällige Ereignisse" wenigstens praktisch:
abschätzbar und
berechenbar sind!?
Dabei zielt er auf ein:
"Abwägen der GRÜNDE" und eine
"Abschätzung von WAHRSCHEINLICHKEITEN'''.
Daher nimmt er 2 Arten von BEWEISEN an:
einmal diejenigen, die "eine Gewissheit" hervorrufen,
während die anderen nur bis zur "Wahrscheinlichkeit"
Bemerkenswert ist, dass LEIBNlZ für:
reichen.
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die THEORETISCHE
,
Philosophie: die axiomatische und analytische. Methode mit Beweisen
der Gewissheit empfiehlt, d a es sich in der LOGIK,
Naturphilosophie und Metaphysik. um die Analyse
not wen d i ger Wahrheiten handele.
Für die PRAKTISCHE Philosophie: mit ihren Anwendungen in Rechts- und Geschichtswissenschaften, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sieht
er die ,,Kunst der Abschätzung von GRADEN der Wahrscheinlichkeiten" vor, d a es um die Analyse k 0 nt i Ilgen t e r Tatsachenwahrheiten geht.
KANT (1724-1804) als Vertreter der "Aufklärung" kritisiert Leibniz mit dem Vorwurf:
"Metaphysik" aus der Perspektive Gottes zu betreiben und Einsicht in eine
universelle Ordnung der Welt zu unterstellen!
Der Mensch kann aber nur aus der Perspektive seiner begrenzten Vernunft urteilen!
Konsequenterweise muss nun KANT die "Notwendigkeit" von:
logisch-mathematischen Wahrheiten und Naturgesetzen aus
Gesetzen des menschlichen Verstandes ("Kategorien") und der
menschlichen Wahrnehmung begründen,
o h n e auf eine "göttliche Ordnung" der Welt zurückgreifen zu können.
KANT setzt den Begriff "Kontingenz" mit "Zufall" gleich und prägt damit den
Sprachgebrauch der Moderne. Dabei unterscheidet er zwischen:
empirischer,
logischer und
intellegibler ZUFÄLLIGKEIT!
EMPIRISCH "zufällig" nennt er Ereignisse, die von einer bestimmten Ursache abhängen:
Die Erwärmung eines Steins könnte als eine unter vielen Ursachen
abhängen: Z.B. die Sonnenbestrahlung haben. Not wen d i g ist
die "Sonnenbestrahlung" für die Erwärmung des Steins n ich t !
Ein Stein fällt aber auf grund der Gravitation not wen d i g zur
Erde.
LOGISCH "zufällig" heißt eine Eigenschaft, die nicht aus der Definition eines Begriffs folgt.
Unser Beispiels des "Schimmels", dessen Größe n ich t aus seiner Definition
folgt, gehört hierher.
INTELLIGIBEL "zufällig" nennt Kant alles, dessen Annahme der "Nicht-Existenz" keinen
Widerspruch in sich schließt. Letztlich überfordert aber die Frage nach einer
"intelligiblen Zufälligkeit" die menschliche Vernunft:
Wer will wie entscheiden, ob die NichtExistenz eines Dings nicht in Widerspruch zur
"Weltordnung" steht?
Nach KANT können wir zwar über "kausale Abläufe in der Natur" unabhängig von unserer
WAHRNEHMUNG und ERFAHRUNG nichts wissen:
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er unterstellt aber, dass:
all e Naturgesetze im menschlichen Bewusstsein nach dem Kausalgesetz als:
DENK-notwendige
VERSTANDES-Kategorien
entworfen werden!
Anders ausgedrückt:
Der VERSTAND schreibt uns nach Kant vor,
beobachtete URSACHEN und WIRKUNGEN
kausal zu verbinden und in:
d e t e r m i 'n ist i s c h enGESETZEN
abzubilden! !
David HUME (1711-1776) zweifelt nicht nur an einem WISSEN unabhängig von der
WAHRNEHMUNG, sondern auch:
an not wen d i gen Kategorien des Denkens wie
dem "Kausalgesetz"!
"Ursache" und "Wirkungen" sind vielmehr WAHRNEHMUNGEN, die aus Gewohnheit im
menschlichen Bewusstsein miteinander verbunden werden:
Modem gesprochen untersucht HUME statistische Korrelationen von Ereignissen
und begründet sie psychologisch:
Unser GEHIRN ist auf das Erkennen von ,,Mustern" und
.Regularitäten" trainiert!
HUMEs erkenntnistheoretische Skepsis ist radikal:
Er zweifelt nicht nur an d e t e r m i n ist i s c h e n KAUSAL-Gesetzen
der Natur und des Denkens;
er zweifelt auch am b Ii n den ZUFALL in der Natur, da wir nie mit
Gewissheit wissen können, ob:
die BEOBACHTUNG eines Ereignisses, dessen "Ursache"
wir nicht kennen, nicht doch eine Ursache hat!?
Allerdings ist unsere Unkenntnis einer URSACHE selber eine Tatsache, die:
unseren Glauben,
unsere Annahmen und
Erwartungen von Ereignissen beeinflusst!
Messbar wird dieser "Glaube" in den WAHRSCHEINLICHKElTEN,
aufgrund der .Häufigkeiten ihres Eintreffens" zuordnen.
die wir Ereignissen
GESETZMÄßlGKEITEN sind daher nicht notwendig d e t e r m i n ist i s c h und sagen
,,Ereignisse" mit Gewissheit voraus. Vielmehr gibt es Grade der Regelmäßigkeit, mit denen
Ereignisse eintreffen können.
Damit werden PROGNOSEN mit unterschiedlichen Graden der Gewissheit möglich!
Ende des 18. Jhs. schreiben DIDEROT und D' ALEMBERT ihre Enzyklopädieartikel
(1751-1780):
"h a s a r d" und "c 0 n tin gen t",
in denen die damaligen Auffassungen über den ZUFALLS-Begriff zusammengefasst wer-
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den:
ZUFALL:
KONTINGENZ:
wird als "subjektive Unwissensheit" verstanden und
auf die Leibnizsche Unterscheidung von "Vernunftund Kontingenzwahrheiten" zurückgeführt.
Die Annahme eines "blinden SCHICKSALS" oder "ZUFALLS" wird ebenso abgelehnt wie
der "Glaube" an eine "übernatürliche göttliche Ordnung" !!
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