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Gehirnhautentzuendung (Meningitis)
Bei dieser Krankheit handelt es sich um eine Entzuendung der Gehirnhaeute, verursacht meist durch
bakterielle oder virale Erreger. Die Gehirnhautentzuendung (Meningitis) ist eine schwere, akute und
ansteckende Erkrankung. Haeufig betroffen sind Kleinkinder und Jugendliche, deren Prognose durch die
Einfuehrung der antibiotischen Behandlung wesentlich verbessert wurde.
Epidemiologie und Haeufigkeit
Die erste dokumentierte Meningitis-Epidemie wurde im Jahr 1805 aus Genf berichtet. Im 20. Jahrhundert
wurden vor allem waehrend der beiden Weltkriege grosze Ausbrueche registriert. Seit 1950 wurden die
groeszten Epidemien der gefaehrlichen Meningokokken-Meningitis vor allem aus dem so genannten
»Meningitis-Guertel« in der Subsahararegion Afrikas gemeldet. Im Jahre 1996 wurden bei der bisher letzten
groszen Epidemie in Afrika mehr als 150.000 Faelle mit 16.000 Todesfaellen der WHO gemeldet. In Amerika,
Asien und Europa hat die Meningokokken-Erkrankung in Form regionaler Ausbrueche zugenommen.
Ein wesentlicher Fortschritt in der Behandlung stellte die Entdeckung der antibakteriellen Wirksamkeit des
Penicillins dar, wofuer Fleming, Florey und Chain 1945 mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet wurden.
In Oesterreich werden etwa 80 bis 100 Erkrankungen der Meningokokkenmeningitis pro Jahr beobachtet, das
entspricht einer Haeufigkeit von etwa 1/100.000 Einwohner/Jahr. Etwa 50 Prozent betreffen Saeuglinge und
Kleinkinder.
Definition
Gehirn und Rueckenmark sind auszen von einer Schutzhuelle - eben den so genannten Gehirnhaeuten
(Meningen) - umgeben, die Blutversorgung, Schutz vor mechanischen Einwirkungen und Ableitung des im
Gehirn produzierten Nervenwassers (Liquor) gewaehrleisten. Diese Gehirnhaeute koennen sich durch
unterschiedliche Erreger entzuenden, man spricht dann von einer Meningitis. Eine Meningitis stellt einen Notfall
dar, der eine rasche Behandlung erforderlich macht.
Uebertragung
Meistens werden die Erreger durch Troepfcheninfektion, also durch Husten oder Niesen, uebertragen. Aber
auch bei unfallbedingten Schaedelfrakturen oder nach operativen Eingriffen an Gehirn und Rueckenmark, als
Komplikation einer Nasennebenhoehlenentzuendung oder einer Mittelohrentzuendung kann eine Meningitis
entstehen. Sie kann auch als Komplikation bei verschiedenen Erkrankungen wie Lungenentzuendung oder
Tuberkulose auftreten.
Erreger
Die haeufigsten Erreger sind Bakterien und Viren, seltener auch Pilze oder Parasiten. Haeufigste bakterielle
Erreger bei Kindern sind bestimmte Bakterienarten, namentlich Pneumokokken, Meningokokken sowie
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Haemophilus influenzae. Manche dieser Bakterien befinden sich normalerweise im Rachenraum des
Menschen, ohne dass sie eine Erkrankung verursachen. Unter bestimmten Umstaenden jedoch koennen sich
diese Keime ausbreiten und eine Meningitis ausloesen. Bei Neugeborenen kommen auch andere Bakterien
wie beispielsweise bestimmte Streptokokken, Colibakterien oder Listerien als Ursache in Frage.
Die Meningokokken-Meningitis
Sie ist die Form der bakteriellen Hirnhautentzuendung, die in kleinen Epidemien (oft gehaeuft im Winter und
Fruehjahr) auftreten kann, besonders an Orten, an denen viele Menschen auf engem Raum
zusammenkommen, z.B. Kindergaerten, Schulen und Kasernen. Die Uebertragung erfolgt durch
Troepfcheninfektion, die Inkubationszeit betraegt meistens weniger als vier Tage. Dieses lebensbedrohliche
Krankheitsbild kann sich innerhalb von Stunden entwickeln, wobei eine rasche Verschlechterung des
Allgemeinzustandes im Vordergrund steht. Es kann zu typischen Einblutungen der Haut kommen, die auf Druck
mit einem Wasserglas nicht abblassen. Eine Impfung ist moeglich. In Oesterreich werden jaehrlich ca. 100
Erkrankungsfaelle (ca. 70 Prozent durch so genannte B-Meningokokken und bis zu 20 Prozent durch CMeningokokken) registriert. Waehrend es gegen B-Meningokokken keine Impfung gibt, koennen durch die
Impfung gegen C-Meningokokken etwa 20 Krankheitsfaelle pro Jahr wirksam vermieden werden.
In der Fruehphase kann die Diagnose auch fuer einen erfahrenen Arzt nicht oder nur im Einzelfall moeglich
sein.
Die Haemophilus-Meningitis
Das Bakterium Haemophilus influenza zaehlte vor Einfuehrung der Impfung zu den haeufigsten bakteriellen
Meningitiden in der Altersgruppe bis zum fuenften Lebensjahr, die immer wieder mit einer schlechten Prognose
einhergegangen ist. Seit eine Impfung angeboten wird, ist die Erkrankungshaeufigkeit um bis zu 99 Prozent
gesunken und die Erkrankung sehr selten geworden.
Die Pneumokokken-Meningitis
Pneumokokkeninfektionen sind besonders im Saeuglingsalter haeufig und koennen bei zu spaeter Therapie
zu bleibenden Schaeden fuehren. Es steht eine Impfung (Prevenar) zur Verfuegung, die auch im
oesterreichischen Impfplan empfohlen wird.
Die Borrelien-Meningitis
Ein roter, kreisrunder Fleck auf der Haut ist das haeufigste Fruehzeichen einer Borreliose, die auch eine
Gehirnhautentzuendung hervorrufen kann. Dieses Hautsymptom kann aber manchmal auch gaenzlich fehlen.
Typisch ist ein schleichender Verlauf. Diese so genannte Neuroborreliose kann ebenfalls durch Zecken
uebertragen werden.
Die Virus-Meningitis
Die Virus-Meningitis tritt weltweit mit saisonalen Variationen sporadisch oder manchmal in Epidemien auf. Eine
virale Hirnhautentzuendung wird oft in Verbindung mit anderen Symptomen beobachtet. Beispielsweise kann
Mumps bei bis zu 40 Prozent der Erkrankten eine virale Meningitis verursachen. Ursache sind Erreger, die
Erkaeltungskrankheiten, Magen-Darm-Infekte oder auch Kinderkrankheiten wie Masern oder eben Mumps
hervorrufen koennen. Die Ansteckung erfolgt ueber Troepfchen- oder Schmierinfektionen.
Der Verlauf einer Virus-Meningitis ist meist gutartig, mit Dauerschaeden ist nur selten zu rechnen. Antibiotika
haben keine Wirkung gegen Viren. Auch die Fruehsommer-Meningoenzephalitis (FSME), die meist durch
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Zeckenbisse uebertragen wird, gehoert zu den viralen Meningitiden.
Symptome
Die Symptome treten teils ploetzlich, teils auch langsam innerhalb von zwei bis drei Tagen auf. Je nach dem
verursachenden Erreger koennen unterschiedliche Krankheitszeichen auftreten:
Typische Symptome waeren Kopfschmerzen, Nackensteife (das Knie kann nicht zum Kinn gebracht
werden), Lichtempfindlichkeit und Beruehrungsempfindlichkeit, Fieber, Appetitlosigkeit, Muedigkeit,
Benommenheit bis zur Verwirrtheit und Bewusstlosigkeit, Krampfanfaelle und manchmal ein Ausschlag
mit hell- bis dunkelroten Punkten oder Flecken. Gerade bei der Meningokokken-Meningitis koennen
kleine Blutungen in der Haut auftreten. Diese Hautblutungen sind ein Zeichen dafuer, dass die
Bakterien in die Blutbahn gelangt sind. Dieser Zustand ist aeuszerst ernst und muss sofort von einem
Arzt notfallmaeszig behandelt werden.
All diese Anzeichen kommen aber nicht zwingend vor. Bei Saeuglingen und Kleinkindern findet man
Symptome wie Nahrungsverweigerung, Schreckhaftigkeit, hohes und schrilles Schreien, auffaellige
Schlaefrigkeit und manchmal eine vorgewoelbte Fontanelle (die Knochenluecke am kindlichen
Schaedel). Dabei sind die Symptome meist wenig ausgepraegt. Besonders Kleinkinder koennen auch
Symptome wie Bauchschmerzen, Sprachstoerungen und/oder Erbrechen entwickeln.
Im fortgeschrittenen Stadium kann es schlieszlich zu Benommenheit bis hin zum Koma kommen.
Insbesondere wenn das Gehirn mitbetroffen ist, koennen auch Krampfanfaelle auftreten. Je
ausgepraegter die Beschwerden sind und je juenger das Kind ist, umso wahrscheinlicher ist eine
bakterielle Infektion.
Bei Auftreten verdaechtiger Symptome sollten Sie unverzueglich Ihren Arzt oder ein Krankenhaus
aufsuchen.
Diagnosestellung
Bei der Untersuchung Ihres Kindes weisen typische klinische Anzeichen auf die Gehirnhautentzuendung hin.
Wenn der Arzt den Kopf des liegenden Patienten von der Unterlage abhebt und diese Bewegung durch eine
Nackensteifigkeit verhindert wird, spricht man von Meningismus.
Man untersucht ueblicherweise eine Blutprobe auf Bakterien und Entzuendungszeichen, muss aber zur
Diagnosestellung auch das Nervenwasser untersuchen. Mit einer feinen Nadel wird eine kleine Menge Liquor
aus dem Rueckenmarkkanal entnommen (Lumbalpunktion) und untersucht. Diese Untersuchung ist schmerzhaft
und unangenehm. Die Schmerzen koennen durch ein entsprechendes Betaeubungspflaster gemildert werden.
Komplikationen gibt es bei dieser Untersuchung aber nur sehr selten. Als Nebenwirkungen koennen
Kopfschmerzen auftreten. Besteht der Verdacht auf eine Komplikation, werden zusaetzliche Untersuchungen
wie z.B. die Computer- oder Magnetresonanz-Tomographie durchgefuehrt.
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Behandlung
Die Behandlung einer Meningitis muss moeglichst rasch beginnen. Bei bakterieller Meningitis wird in der Regel
eine Antibiotikabehandlung ueber acht bis zehn Tage empfohlen, die einen entsprechenden
Krankenhausaufenthalt notwendig macht. Die zusaetzliche Gabe von Kortison bei Kindern kann die
Haeufigkeit von bleibenden Hoerschaeden vermindern.
Bei bestimmten Erregern wie beispielsweise Meningokokken kann es notwendig sein, auch Familienmitglieder
und andere Kontaktpersonen vorbeugend ebenfalls mit einem Antibiotikum zum Schlucken zu behandeln. Falls
keine vorbeugende Medikamentengabe erfolgt, sollte die Kontaktperson zehn Tage beobachtet werden und
im Erkrankungsfall sofort medizinische Hilfe in Anspruch nehmen.
Eine Isolierung des Patienten ist ueblicherweise nicht erforderlich. Eine durch Viren verursachte Meningitis
verlaeuft in der Regel milder und wird ebenfalls meist mit gegen den Erreger gerichteten antiviralen
Medikamenten behandelt.
Je nach Symptomatik wird zusaetzlich mit Schmerzmitteln und fiebersenkenden Medikamenten behandelt.
Komplikationen
Zu den Komplikationen der Meningitis gehoert ein Uebergreifen der Entzuendung auf das Gehirn
(Enzephalitis), die moegliche Entstehung eines Hirnabszesses und auch eine Thrombose der
gehirnnahen Venen (Sinusvenenthrombose).
Zu den moeglichen Spaetfolgen gehoeren Krampfanfaelle, Entwicklungsverzoegerungen und
Hoerstoerungen. Es sollte nach der Erkrankung daher eine genaue entwicklungsdiagnostische und
kinderneurologische Nachuntersuchung erfolgen.
Prognose
Die Prognose der Meningitis ist von mehreren Faktoren abhaengig, dazu zaehlen vor allem der Erreger und
der Allgemeinzustand des Erkrankten. Wird eine Gehirnhautentzuendung frueh genug diagnostiziert und sofort
behandelt, erholen sich die meisten Kinder schnell und bleiben ohne Spaetfolgen.
Trotz bestmoeglicher Behandlung kann es bei der Gehirnhautentzuendung dennoch zu Todesfaellen kommen,
da sich die Krankheit in einigen Faellen sehr schnell entwickelt. Wichtig ist, die Symptome zu kennen und
gegebenenfalls schnell zu handeln.
Vorbeugung
Gegen einige der wichtigsten Erreger kann geimpft werden. Bereits ab dem dritten Monat wird die Impfung
gegen Haemophilus influenzae Typ b empfohlen. Diese Impfung ist in der Sechsfach-Kombinationsimpfung
enthalten. Auch gegen Pneumokokken kann ab dem 3. Lebensmonat geimpft werden. Eine Impfung gegen
Pneumokokken ist Personen besonders zu empfehlen, bei denen die Milz entfernt werden musste. Nach dem
zwoelften Lebensmonat ist es moeglich, Kinder gegen FSME zu impfen.
Bisher ist noch kein Impfstoff gegen die in Europa vorkommenden Meningokokken der Gruppe B erhaeltlich,
eine Impfung ist nur bei der Infektion durch die Typen A und C moeglich (Auftreten hauptsaechlich in England,
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Wales, Irland, Schottland, Nordirland, Island, Spanien, Schweiz, Tschechien und die Slowakei; weltweit sind vor
allem die USA und Asien betroffen). Der Subtyp C verursacht etwa zehn Prozent der Krankheitsfaelle in
Oesterreich.
Der Oberste Sanitaetsrat hat die Meningokokken-C-Impfung in den oesterreichischen Impfplan aufgenommen
und empfohlen: Jeder, der sich schuetzen will, kann von dieser Impfung Gebrauch machen.
Bei anderen virusbedingten oder bakteriellen Hirnhautentzuendungen sind keine Schutzmoeglichkeiten
verfuegbar.
© DDr. Peter Voitl
Inhalt erstellt: 12. Dezember 2006.
Letzte Aenderung: 19. Juli 2011.
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