Die richtigen Zutaten wählen

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Menschen in Unternehmen
Die richtigen Zutaten wählen
Innovationsmarketing: Kundenorientiert entwickeln und vermarkten
von Hagen Worch
Innovative Produkte und Dienstleistungen in immer kürzeren Zeitabständen hervorzubringen ist für viele Unternehmen zur Realität geworden. Dagegen wird bei der Vermarktung von Innovationen längst noch nicht das Potenzial ausgeschöpft, das Unternehmen
dabei zur Verfügung steht. Gemeinsam mit Partnern aus der Unternehmenspraxis haben
Verantwortlichen der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) einige Ansatzpunkte für ein
erfolgreiches Innovationsmarketing zusammengetragen. Wichtige Impulse stammen von
einem Business Breakfast der FFHS, bei dem das Thema im Zentrum stand.
Z
wei der grössten Herausforderungen für den unternehmerischen
Erfolg sind der Aufbau und die
nachhaltige Bindung einer hinreichenden Kundenbasis. Dies ist vor allem der
Fall, wenn es sich um innovative Produkte und Dienstleistungen handelt, für
die es noch keine Erfahrungswerte gibt
und Voraussagen zur Marktentwicklung
schwierig abzuschätzen sind. Insbesondere KMU und junge Unternehmen tun
sich oft schwer mit der Vermarktung von
Innovationen. So belegen auch verschiedene Studien, dass deutlich weniger als
50 Prozent der neu gegründeten Unternehmen die ersten Jahre überleben.
Einer der Hauptgründe für das Scheitern
von jungen Unternehmen ist, dass diese
keine geeigneten Absatzmärkte finden
und die Kundengruppe deutlich kleiner
bleibt, als für ein erfolgreiches Geschäft
notwendig wäre.
Auch für etablierte Unternehmen kann
die Vermarktung von Innovationen eine
schwierige Aufgabe sein, da sie beim
Vertrieb oft nur bedingt auf den bestehenden Kundenstamm zurückgreifen
können. Mangelndes Marketing kann
hier als einer der Hauptgründe für das
Scheitern von Innovationen gesehen
werden.
Aber was genau sind erfolgversprechende Elemente des Innovationsmarketings? Wie kann ein KMU ein solches aufbauen? Und wie funktioniert
erfolgreiches Innovationsmarketing in
etablierten Unternehmen, die es immer
wieder schaffen, einem bestehenden
Kundenstamm innovative Produkte und
Dienstleistungen anzubieten?
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Menschen in Unternehmen
Ausgabe 2_2015 // Seite 41
Marcom
Diese Fragen standen im Zentrum der
zweiten Ausgabe des FFHS Business
Breakfast. Sven Beichler, CEO und Gründer von mySwissChocolate AG, und Caroline Wilke, Mitglied der Direktion und
Leiterin Strategie / Innovation / Produkte
Privatkunden bei Helsana, erlaubten
einen Blick hinter die Kulissen ihrer Firmen und diskutierten ihre Perspektiven
zum erfolgreichen Marketing innovativer
Produkte und Dienstleistungen.
Suche nach wirkungsvollem
Marketing-Mix
Um für Innovationen die passende Kundengruppe zu finden, können Unternehmen aus einer Vielzahl von Marketinginstrumenten wählen. Die Palette reicht
von konventionellen PR-Aktivitäten
über Messeauftritte, Product Placement
Strategien bis hin zum Einsatz Sozialer
Medien, Blogs, Virales Marketing und
Search Engine Optimization (SEO). Viele
Firmen tun sich jedoch schwer mit der
Auswahl der richtigen Marketinginstrumente und legen sich zu früh auf ein
bestimmtes Instrument fest. Aus dem
Blickfeld gerät dabei, dass nicht nur die
Identifikation einer geeigneten Kundengruppe ein Suchprozess ist, sondern der
Wahl des richtigen Marketing-Mix ebenfalls ein Prozess des Suchens und Testens vorausgeht. Erfolgreiches Innovationsmarketing verläuft deshalb häufig als
iterativer Prozess von Kundengruppenidentifikation und Marketingtoolsuche.
Diese Erfahrung machten auch Sven
Beichler und sein Geschäftspartner
Christian Philippi bei der Gründung von
mySwissChocolate. Die Firma ist ein
Start-up im Lebensmittelsektor, das es
ermöglicht, via mobile App Bild- und
Grussbotschaften auf eine Tafel Schokolade zu drucken und diese weltweit für
5.50 CHF verschicken zu lassen. Inzwischen nimmt das Unternehmen Bestellungen aus 43 Ländern entgegen.
Die entscheidende Herausforderung war
es, die geeigneten Marketingstrategien
zu finden, um das Start-up mit einer
komplett neuartigen Dienstleistung auf
dem Schweizer Markt und darüber hinaus bekannt zu machen. Den Gründern
von mySwissChocolate war klar, dass
ihnen eine Reihe an Marketinginstrumenten zur Verfügung stand. Wie gut
diese für ihr Start-up funktionierten,
konnten sie jedoch nur herausfinden,
indem sie die Tools nacheinander teste-
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ten und kontinuierlich neue Instrumente
ausprobierten, so Beichler (vergleiche
auch anschliessendes Interview mit
Sven Beichler, die Redaktion).
Neue Marketinginstrumente
sind erforderlich
Eine weitere Herausforderung im Innovationsmarketing ergibt sich mit dem Wachstum der Kundengruppe. Hat sich ein
innovatives Produkt in einem Marktsegment etabliert, verändern sich mitunter
die Anforderungen an das Marketing. Bis
dahin eingesetzte Instrumente verlieren
ihre Wirkung. Die erfolgreiche Vermarktung erfordert dann die Implementierung
neuer Marketingtools. Für Firmen gilt es,
diese Veränderungen rechtzeitig zu erkennen und zu managen.
Die Skalierbarkeit von Instrumenten
spielt dabei eine wichtige Rolle. Dies zumindest ist die Erfahrung der Gründer
von mySwissChocolate. Eine ihrer Lessons learnt aus dem Start-up-Prozess ist,
dass Marketingtools das Firmenwachstum für eine gewisse Zeit begleiten
können sollten und nicht zu schnell an
Effektivität verlieren, wenn sich der Absatzmarkt vergrössert. Je besser sich
ein Tool erfolgreich skalieren lässt, desto
länger lässt sich die mitunter kostenintensive Implementierung neuer Marketingtools hinauszögern.
Kundenorientierte Innovationen
Eine ganz andere Bedeutung kommt
dem Innovationsmarketing in Unternehmen zu, die bereits auf eine bestehende
Kundengruppe zurückgreifen können.
Für solche – meist grössere und etablierte – Firmen besteht die Herausforderung darin, innovative Produkte und
Dienstleistungen entsprechend den Ansprüchen der bestehenden Kunden zu
entwickeln. Bei der Identifizierung der
Kundenbedürfnisse und der Übersetzung
dieser in Produkt- und Dienstleistungsinnovationen spielt das Innovationsmarketing eine zentrale Rolle.
Caroline Wilke kennt die Herausforderung, im «Dschungel» der vielen Versicherungsprodukte gehört zu werden,
und erläutert, wie die Prozesse bei
Helsana gestaltet sind, um unter diesen
Bedingungen neue Produkte und Dienstleistungen erfolgreich zu entwickeln und
an den Kunden zu bringen. Die HelsanaGruppe ist der führende Schweizer Kranken- und Unfallversicherer für Private
und Unternehmen. Mit Prämieneinnahmen von 5.7 Milliarden Franken belegt
Helsana eine Spitzenposition im Schweizer Versicherungsmarkt und beschäftigt
über 3 000 Mitarbeitende.
Caroline Wilke berichtet, dass es bei
Helsana immer wieder eine zentrale Frage
sei, wie sich Innovationen in einem etablierten Umfeld finden und auf den Markt
bringen lassen. Dazu würden Lernprozesse initiiert, bei denen beispielsweise
Mitarbeitende – inklusive des Managements – in regelmässigen Abständen für
ein gewisse Zeit im Kundenservice tätig
sind. Somit entsteht ein enger Kontakt zu
den Kunden und ermöglicht ein besseres
Verständnis über deren Bedürfnisse. Dies
ist in einem ausdifferenzierten Marktumfeld umso wichtiger, weil darin oft
«der Kunde nicht weiss, was der Bedarf
Marcom
Beim Marketing die richtigen und scharfen Zutaten finden.
ist», so Caroline Wilke. Diesen Bedarf zu
identifizieren und Innovationen für den
Kunden zu entwickeln ist eine wichtige
Aufgabe des Innovationsprozesses. Dagegen ist es bei der Entwicklung von Innovationen für institutionelle Partner wie
Spitäler bedeutend, Key-Partner in gewissem Umfang direkt in den Prozess
einzubinden. Insgesamt spiele das Branding als Marketinginstrument im Versicherungsbereich aber eine zentrale Rolle,
unterstreicht Caroline Wilke.
Unternehmensspezifische Wahl
Was allerdings gut für einige – insbesondere grosse – Unternehmen ist, funktioniert oft in anderen – vor allem jungen –
Firmen trotz scheinbar ähnlicher Kontexte nicht. So sind wichtige Marketinginstrumente, die sich beispielsweise
zum Branding eignen, mitunter weniger
hilfreich für kleinere Unternehmen.
mySwissChocolate hat diese Erfahrung gemacht: «Was hilft es, wenn ich
heute meine Marke stärke, aber nichts
verkaufe?», fragt Sven Beichler. Damit
macht er deutlich, wie wichtig der spezifische Kontext eines Unternehmens und
seiner Produkte und Dienstleistungen
für die richtige Wahl geeigneter Instrumente des Innovationsmarketings ist.
Das heisse aber nicht, dass diese Instrumente generell in der Start-up-Phase
nicht funktionieren würden. «Manche Instrumente funktionieren sehr gut – aber
nicht für uns», sagt Beichler und verdeutlicht damit die Wichtigkeit des Suchprozesses für einen geeigneten firmenspezifischen Marketing-Mix.
Innovationsmarketing ist auch in etablierten Unternehmen noch kein Selbst-
elo ins
Einfach.
Besser.
Organisiert.
Einfach ECM
Dokumenten-Management
Archivierung
Workflow
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www.elo.ch
Marcom
Nächstes Business Breakfast
Das 3. FFHS Business Breakfast
findet am 18. Juni 2015,
8.00 – 10.00 Uhr, im Imagine, HB
Zürich, statt. Thema ist:
«Neue Arbeitswelten: Arbeitsmodelle und Unternehmenskultur»
Wir stehen heute vor einer paradoxen Situation. Im Zeitalter der
Digitalisierung und Wissensarbeit
werden Wertschöpfung und
Innovation immer wichtiger. Von
Mitarbeitenden werden immer
anspruchsvollere Leistungen und
immer mehr Engagement erwartet.
Doch unterstützt die Arbeitswelt
diese Ansprüche?
Es gibt nur wenige Unternehmen,
die sich auf den Weg der New
Work – neue Arbeitswelt –
machen. Unflexible Arbeitsmodelle
und starre hierarchische Strukturen, in denen sich Mitarbeiter
eingeengt fühlen, gehören zum
Alltag. Diese klassischen Arbeitsmodelle können in offene und
kreative Systeme umgewandelt
werden. Nur so kann Kontrolle
durch Vertrauen ersetzt werden.
Die FFHS schaut zwei Unternehmen hinter die Kulissen und
erfährt, wie deren neuen Arbeitswelten aussehen: ICT-Gigant
Microsoft als Vorreiter, was
innovative Arbeitswelten anbelangt und das Traditionsunternehme Rivella, das wohl das
bekannteste Schweizer Getränk
produziert. Zwei Unternehmen,
die beim Umgestalten ihrer
Arbeitswelten diversen Herausforderungen gegenüberstanden.
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Skalierbarkeit der Marketingtools ist ein wichtiger Punkt.
läufer. Deshalb wird das für viele KMU
relevante Thema vermehrt im Master-Studiengang MSc in Business
Administration mit Schwerpunkt Innovationsmanagement der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) aufgegriffen.
«Wir haben die wachsende Bedeutung
des Innovationsmarketings für die Unternehmenspraxis erkannt und integrieren
den Themenbereich in unseren Aus- und
Weiterbildungsprogrammen», sagt Ute
Eisenkolb, Studiengangsleiterin für das
Masterprogramm der FFHS. Dies äussert sich beispielsweise darin, dass sich
verschiedene Forschungs- und Masterarbeiten mit der Vermarktung von Innovationen beschäftigen.
Lessons learnt
Sowohl in jungen Start-ups als auch in
etablierten Unternehmen bleibt der Prozess des Suchens nach einem geeigneten
Marketing-Mix zentral für eine erfolgreiche Vermarktung von Innovationen. Dabei ist die Identifizierung des geeigneten
Mix das Ergebnis eines Suchprozesses
und oft nicht einfach vorherbestimmbar.
Die Anforderungen und Prozesse für die
Vermarktung von Innovationen verändern sich über den Produktlebenszyklus hinweg. Durch Unternehmens- und
Kundenwachstum werden bestehende
Marketinginstrumente ineffektiv, und
es besteht die Notwendigkeit – und die
Herausforderung – neue Instrumente zu
finden und zu implementieren.
Der Firmenkontext spielt für das Innovationsmarketing ebenfalls eine wichtige
Rolle. So sehen sich etablierte Unternehmen weniger mit der Frage konfrontiert,
neue Kunden zu gewinnen. Vielmehr zielt
ihr Innovationsmarketing darauf ab, für
bestehende Kundengruppen neue Lösungen zu entwickeln, die den Bedarf
des bestehenden Kundenstamms abdecken und somit zur Stärkung der eigenen Wettbewerbsposition beitragen.
Dr. Hagen Worch
ist Wissenschaftlicher Projektleiter am Institut für Management & Innovation (IMI)
der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS)
und doziert im Master-Studiengang Innovation Management. Seine Forschungsschwerpunkte sind in den Bereichen
Innovationsmanagement, Innovationsökonomik, Firmenwachstum und Management von Kompetenzen in Firmen.
www.helsana.ch
www.myswisschocolate.ch
www.ffhs.ch
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