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Neurologie - Skript
Inhaltsverzeichnis
Amyotrophische Lateralsklerose (ALS)
Aphasie
BROWN -SÉQUARD-Syndrom
Chorea HUNTINGTON
Dystone Syndrome
Epilepsie
FRIEDREICH-Ataxie
Funikuläre Myelose
Gesichtsschmerz
Herpes-simplex-Enzephalitis
Kopfschmerz
LAMBERT-EATON-Syndrom
Morbus WILSON
Multiple Sklerose (MS)
Muskeldystrophie
Myasthenie
Myositis
Myotone Dystrophie
Olivopontozerebelläre Atrophie (OPCA)
PARKINSON-Syndrom
Poliomyelitis
Polyneuropathie (PNP)
Schlaganfall
Schwindel
Spastische Spinalparalyse
Spinale Muskelatrophie (SMA)
Spinalis-anterior-Syndrom
Subarachnoidalblutung (SAB)
Syringomyelie
Zervikale Myelopathie
ANHANG
Liquordiagnostik
Epidemiologie
Quellenangaben
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Amyotrophische Lateralsklerose (ALS)
Amyotrophe / myatrophische Lateralsklerose, Motor Neuron Disease (MND), Morbus CHARCOT
Definition
Progressive degenerative Erkrankung des 1. und 2. motorischen Neurons unbekannter Ätiologie, die zu
degenerativen Veränderungen motorischer Anteile des zentralen (Gyrus precentralis, motorischer Hirnnervenkerne, Pyramidenbahn, Vorderhorn) und peripheren Nervensystems (motorischer Nerv) sowie zu neurogener
Muskelatrophie führt und unter dem Bild progredienter atrophischer Paresen regelmäßig einen letalen Ausgang
nimmt.
Formen:
•
•
•
•
sporadische Form (häufigste Form)
familiäre Form (5-10%)
endemische Form (sog. Westpazifik -Form)
symptomatische Formen
Epidemiologie
•
•
•
•
Inzidenz: 1-1,8 Erkrankungen / 100.000 Einwohner / Jahr
Prävalenz: 5 Erkrankungen / 100.000 Einwohner
Bevorzugung des männlichen Geschlechtes (Männer : Frauen = 1,2-2 : 1)
Altersgipfel: 56. Lebensjahr
Ätiologie
•
weitgehend unbekannt
o
endemische Form (Guam): gehäufte Assoziation mit präseniler Demenz und PARKINSON-Syndrom; Slowvirus-Infektion?
o
symptomatische Formen: paraneoplastisch, monoklonale Gammopathie, Lues spinalis, Elektrotrauma des
Rückenmarks
Der degenerative Prozeß bei ALS kann auf jeder Ebene des motorischen Systems (1. oder 2. motorisches Neuron)
beginnen.
Pathologie
•
•
•
•
•
Atrophie von Gyrus precentralis und der motorischen Hirnnervenkerne
Degeneration der Pyramidenbahn mit Verschmälerung von Medulla und Rückenmark
Degeneration der ? -Motoneurone des Rückenmarkvorderhorns (? -Motoneurone werden später und schwächer
betroffen), abnorm dünne Vorderwurzeln
neurogene Muskelatrophie
selten: Befall nicht-motorischer Strangsysteme, degenerative Veränderungen von Stammganglien und Kleinhirn
Klinik
Die Symptomatik der ALS ist gekennzeichnet durch eine Kombination aus zentralen Paresen, Bulbärparalyse
und spinaler Muskelatrophie; es handelt sich bei der ALS jedoch nicht um ein zufälliges Zusammentreffen dieser
Symptomenkomplexe, sondern um eine eigenständige Erkrankung. Sensibilitätsstörungen gehören nicht zum Bild
der ALS.
Symptom
spastische Paresen (v.a. der unteren Extremität),
gesteigerte Eigenreflexe, pathologische Fremdreflexe
(BABINSKI-Zeichen)
Dysarthrie, Dysphagie, gesteigerter Masseterreflexes,
Ausfall der mimischen Muskulatur, Faszikulieren
schlaffe Parese, Ausfall von Eigenreflexen,
Muskelatrophie, Faszikulieren
Ursache
zentrale Paresen (Schädigung des 1. motorischen
Neurons)
Bulbärparalyse (Schädigung des 2. motorischen
Neurons)
spinale Muskelatrophie (Schädigung des 2.
motorischen Neurons)
Verlauf
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Am Anfang der Erkrankung stehen häufig fokale atrophische Paresen der Muskulatur v.a. der oberen (40%) oder
der unteren (30%) Extremität, wobei distale Gliedmaßenabschnitte bevorzugt befallen werden (typisch: Befall der
kleinen Handmuskeln). Diese machen sich initial oft nur in Form einer Muskelschwäche bemerkbar, ohne daß die
Atrophien selbst bemerkt werden. Der Befall ist zunächst normalerweise einseitig, beim selteneren proximalen
Beginn dagegen beidseitig; ein Rumpfmuskelbefall ist selten Erstsymptom. Unabhängig von der
Primärlokalisation breiten sich Schwäche und Atrophien in der Folge in benachbarte, noch intakte
Muskelgruppen aus. Bei distalem Beginn an den Extremitäten folgt auf die Ausdehnung des Prozesses nach
proximal ein Überspringen auf die Muskeln der kontralateralen Gliedmaße, die in analoger Reihenfolge paretisch
wird, bevor schließlich auch andere Körperregionen ergriffen werden. In 25% der Fälle beginnt die Erkrankung mit
Zeichen der Bulbärparalyse, wobei anfänglich insbesondere Zungen-, Pharynx- und Gaumenmuskulatur betroffen
sind, meist in symmetrischer Ausprägung. Zentrale (kortikospinale) Symptome stehen zu Beginn selten im
Vordergrund, sind aber obligat zum Nachweis einer ALS, v.a. zur Abgrenzung gegenüber der spinalen
Muskelatrophie. So ist in nur 2% eine isolierte spastische Parese Erstsymptom der Erkrankung. Im Verlauf der
Erkrankung wird allerdings bei 20% der Erkrankten eine merkliche spastische Tonuserhöhung der Muskulatur
nachweisbar, 30-40% zeigen pathologische Reflexe (BABINSKI-Zeichen). Das empfindlichste Zeichen für eine
zentrale Beteiligung sind gesteigerte Eigenreflexe, zunächst evtl. beschränkt auf paretische Regionen. Im
Krankheitsverlauf kann ebenso eine anfängliche Abschwächung der Eigenreflexe (Schädigung des 2. Neurons)
von einer Reflexsteigerung (Schädigung des 1. motorischen Neurons) abgelöst werden wie auch umgekehrt. Im
Verlauf kann sich außerdem eine Pseudobulbärparalyse (= Schädigung zentraler Neurone, die die motorischen
Hirnnervenkerne innervieren) einstellen, die sich durch Dysarthrie und Dysphagie bei gut erhaltener
Zungentrophik und durch einen gesteigerten Masseterreflex äußern kann. In diesem Zusammenhang können sich
auch Symptome wie pathologisches Lachen, Weinen oder Gähnen als Zeichen einer enthemmten motorischen
Hirnstammfunktion einstellen. Je nach Progredienz tritt der Tod, meist infolge respiratoris cher Insuffizienz, nach 6
Monaten bis zu 30 Jahren ein. Die durchschnittliche Krankheitsdauer beträgt ungefähr 7 Jahre. Das Auftreten der
Bulbärparalyse ist ein prognostisch ungünstiges Zeichen und limitiert die Lebenserwartung auf durchschnittlich 2
Jahre.
Elektrophysiologie
•
•
•
Riesenpotentiale (> 10 mV): Folge der Bildung größerer motorischer Einheiten aufgrund der
Aussprosssung von Kollateralen verbliebener intakter ? -Motoneurone; charakteristisch, aber nicht
pathognomonisch
pathologische Spontanaktivität, Faszikulationen
Elektroneurographie: geringe Reduktion der Leitgeschwindigkeit motorischer Nerven bei normaler
Leitgeschwindigkeit sensibler Nerven
Therapie
•
•
•
•
•
•
•
•
eine kausale Therapie ist nicht bekannt
Anfangsstadium: Krankengymnastik, Anabolika
Lockerung der Spastik
o Baclofen (Lioresal®)
o Tizanidin (Sirdalud®)
transiente Besserung der Symptomatik bei Gabe von Thyreotropin-Releasing-Hormon (TRH) oder
Pyridostigminbromid (Mestinon®)
Steigerung der Überlebenszeit durch Gabe des Glutamatantagonisten Riluzol (Rilutek®)
bei fortgeschrittener bulbärer Symptomatik: Magensonde
bei Ateminsuffizienz: Beatmung
psychologische Betreuung
Prognose
•
•
•
durchschnittliche Krankheitsdauer: ca. 7 Jahre
beim Eintreten bulbärer Symptome ist die Prognose infaust (Lebenserwartung: 2 Jahre)
Komplikation: Entwicklung einer Aspirationspneumonie infolge Schluckstörung
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Aphasie
Definition
Zentrale Sprachstörung nach (weitgehend) abgeschlossener Sprachentwicklung als Folge einer Schädigung der
Sprachregion in der sprachdominanten Hemisphäre (bei den meisten Menschen: linke Hemisphäre).
Epidemiologie
•
etwa 250.000 Schlaganfälle/Jahr
Ätiologie
•
•
akute Durchblutungsstörungen im Versorgungsgebiet der A. cerebri media (75-80%)
Trauma, Tumor, Abszeß (20-25%)
Klinik
BROCA-Aphasie (bei Ischämie im vorderen Anteil des Mediastromgebietes; typischerweise mit einer Hemiparese
kombiniert)
• verlangsamte Sprachproduktion, große Sprechanstrengung
• häufig Dysarthrie
• Prosodie oft nivelliert
• einfache Satzstrukturen, Funktionswörter fehlen (Agrammatismus, "Telegrammstil")
• eng begrenztes Vokabular
• oft phonematische Paraphasien
• selten semantische Paraphasien
• leicht gestörtes Sprachverständnis
WERNICKE-Aphasie (bei Ischämie im hinteren Anteil des Mediastromgebietes; in der Regel ohne Hemiparese,
evtl. jedoch Quadrantenanopsie; häufige Fehldiagnose: akuter Verwirrtheitszustand)
• flüssige Sprachproduktion
• ungestörte Artikulation
• Verdopplung und Verdrehung einzelner Satzteile (Paragrammatismus)
• viele phonematische Paraphasien, Neologismen bis hin zum phonematischen Jargon
• viele semantische Paraphasien bis hin zum semantischen Jargon
• Sprachverständnis stark eingeschränkt
Globale Aphasie
• spärliche bis fehlende Sprachproduktion
• meist dysarthrische Artikulation
• Prosodie oft nivelliert
• nur Einzelworte, Floskeln, Sprachautomatismen
• grob abweichende semantische Paraphasien
• stark gestörtes Sprachverständnis
Amnestische Aphasie
• oft flüssige Artikulation
• meist gut erhaltene Prosodie
• kaum gestörter Satzbau
• Wortfindungsstörungen mit Ersatzstrategien
• einige semantische Paraphasien
• einige phonematische Paraphasien
• leicht gestörtes Sprachverständnis
Störung des Sprachverständnisses
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globale Aphasie > W ERNICKE-Aphasie > BROCA-Aphasie > amnestische Aphasie
Therapie
•
viele Aphasien sind behandlungsbedürftig und einer Therapie zugänglich:
o zunächst stimulierende und deblockierende Methoden (Ziel: relativ intakte Fähigkeiten zur
Reaktivierung gehörter Sprachleistungen heranziehen)
o bei stabilisiertem Krankheitszustand (nach 3-4 Wochen): störungsspezifische Therapie für 6-12
Monate (Ziel: Besserung stabilisieren, Anwendung zurückgewonnener Sprachleistungen auf
nicht geübtes Material, Einbau erreichter Besserungen in soziale Situationen)
BROWN-SÉQUARD-Syndrom
Spinales Halbseitensyndrom (BROWN-SÉQUARD)
Definition
Seltene neurologische Symptomatik nach halbseitiger Rückenmarkschädigung.
Klinik
Symptom
Ursache
ipsilaterale spastische Parese unterhalb der
Pyramidenbahnschädigung
Läsionshöhe
ipsilaterale Störung der Tiefensensibilität (Berührungs- Hinterstrangschädigung
und Lageempfindung)
kontralaterale Störung der Schmerz- und
Schädigung der spinothalamischen Fasern nach
Temperaturempfindung*
Kreuzung in der vorderen Kommissur
* führt zum Symptom einer halbseitigen dissoziierten Sensibilitätsstörung, da die Hinterstränge (→
Tiefensensibilität) der nicht betroffenen Rückenmarkshälfte intakt sind
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Chorea HUNTINGTON
Chorea major HUNTINGTON, Morbus HUNTINGTON
Definition
Autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die neuropathologisch mit einer Hirnatrophie in Form einer rasch
fortschreitenden Degeneration von Kortexstrukturen, des Dienzephalons und v.a. der Basalganglien einhergeht
und klinisch zu choreatischer Hyperkinese und psychiatrischen Veränderungen führt.
Epidemiologie
•
•
•
Inzidenz: 4-8 Erkrankungen / 100.000 Einwohner / Jahr
Manifestationsalter: 35.-55. Lebensjahr
keine Geschlechtsbevorzugung
Ätiologie
•
•
autosomal-dominant vererblicher Gendefekt (abnormes HUNTINGTON-Gen auf Chromosom 4p mit
vermehrtem Auftreten von CAG-Trinukleotid-Repeats) → Untergang kleiner Interneurone v.a. im Caput
nuclei caudati und in den vorderen Putamenanteilen, geringer auch im Cortex (Störung des
Neurotransmitterstoffwechsels der ? -Aminobuttersäure?)
Folge: Affektion der GABAergen Anteile der striatalen Efferenzen, wobei es zu einem Verlust der vom
Striatum normalerweise gegenüber dem Pallidum ausgeübten Hemmung kommt ("Enthemmung" der
Motorik)
Klinik
•
•
•
•
•
Bewegungsstörungen:
o Grimmassieren der mimischen Muskulatur
o verwaschene Sprache
o gestörte Kau- und Schluckbewegungen
o Hyperkinese beim Gehen
o Muskelhypotonie
o okulomotorische Störungen (in 50% der Fälle; z.B. vertikale Blickparese)
psychische Veränderungen: gesteigerte Reizbarkeit, Unverträglichkeit, affektive Enthemmung,
Depressionen
paranoische Ideen, paranoide Psychosen (5% der Erkrankten entwickeln eine Schizophrenie)
Demenz
Anorexie
Therapie
•
•
keine kausale Therapie bekannt
symptomatische Behandlung (allenfalls vorübergehende Besserung):
o Hyperkinese: Tiaprid (Dopaminrezeptorantagonist, Tiapridex®), Haloperidol (Haldol®)
o PARKINSON-Syndrom: L-Dopa + Benserazid bzw. Carbidopa
o Anorexie: hochkalorische Ernährung (3.000-4.000 kcal/d oder mehr)
o schizoaffektive Psychosen: Neuroleptika, z.B. Haloperidol
o Depressionen: Maprotilin
Prognose
•
•
Tod nach einer durchschnittlichen Krankheitsdauer von 12-15 Jahren
aber: auch Krankheitsverläufe von über 30 Jahren kommen vor
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Dystonien
Definition
Störung des Wechsels zwischen Muskelkontraktion und -relaxation mit langanhaltenden Muskelkontraktionen,
die sich bei der Initiierung von Willkürbewegungen verstärken.
Formen (nach Ausdehnung der Symptomatik):
• generalisierte Dystonien (= Dystonien, die Rumpf und Extremitäten erfassen; rumpfbetonte
Torsionssymptome)
• segmentale Dystonien (= Dystonien, die Kopf und Arm bzw. Arm und Bein einer Seite betreffen)
• fokale Dystonien (= Dystonien in umschriebenen Muskeln bzw. Muskelgruppen, v.a. im Bereich von
Hals - und Gesichtsmuskulatur und der oberen Extremitäten)
o konstante Dystonien: Blepharospasmus, Torticollis spasmodicus
o beschäftigungsinduzierte Dystonien: Schreibkrampf, Musikerkrampf
Formen (nach Ätiologie):
• primäre Dystonien
• sekundäre Dystonien (= Dystonien als Begleitphänomen einer anderen Erkrankung)
Torticollis spasmodicus
Toticollis spasticus
Definition
Kopfschiefstellung infolge Dystonie der Halsmuskulatur (v.a. Mm. sternocleidomastoideus, splenius capitis,
trapezius).
Epidemiologie
•
•
Prävalenz: 250 Fälle / 1.000.000 Einwohner (damit häufigste Dystonie)
Altersgipfel: 30.-50. Lebensjahr
Ätiologie
•
•
unklar
Nervenzellschädigung im Bereich des Nucleus caudatus und des Putamen?
Klinik
•
•
anfangs zumeist Schmerzen in der Nackenmuskulatur
abrupter Beginn oder schleichende Entwicklung der Kopfschiefstellung innerhalb Wochen bis Monaten
Verlauf
Zumeist progrediente Verschlechterung in den ersten Jahren. In 30% der Fälle zeitweise spontane Remissionen
von Tagen bis Jahren Dauer. Auf lange Sicht jedoch Neigung zur Chronifizierung der Symptomatik.
Therapie
•
Injektion von Botulinustoxin in die betroffenen Muskeln (Effekt hält etwa ¼ Jahr an, dann erneute
Injektion erforderlich)
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8
Epilepsie
Definition
Ätiologisch und klinisch heterogene zerebrale Funktionsstörungen mit paroxysmalen Störungen des Sensoriums
und der Motorik, des subjektiven Befindens und des objektiven Verhaltens, die durch eine plötzliche abnorme
Aktivitätssteigerung des ZNS entstehen.
Epidemiologie
•
•
•
Prävalenz: 0,5-1% der Bevölkerung
5% der Bevölkerung erleiden zumindest einmal im Leben einen Gelegenheitsanfall
10% der Gesunden zeigen im EEG Zeichen einer gesteigerten neuronalen Erregbarkeit
Ätiologie
•
•
Klassifikation der Epilepsien:
o idiopathisch: spontane Entstehung ohne erkennbare Ursache
o symptomatisch: Epilepsie als Begleitsymptom einer Grunderkrankung
o kryptogenetisch: Ursache muß vorhanden sein, ist jedoch unbekannt
anfallsauslösende Faktoren:
o Schlafentzug
o Alkohol und dessen Entzug
o Fieber (im Kleinkindalter)
o Stoffwechselstörungen
o Medikamente oder deren Entzug
o akute intrazerebrale Prozesse: Trauma, Blutung
Klinik
Einfach-fokale Anfälle
• keine Bewußtseinsstörungen
• keine Amnesie
• fokale motorische, sensible, sensorische (Aura) oder psychische (z.B. „dejavu“) Symptome
• plötzlicher Beginn und plötzliches Ende
• fokale Symptome von lokalisierter Bedeutung
o Herd im Gyrus precentralis → motorische Anfälle
o frontaler Herd → Adversivanfälle
Komplex-fokale Anfälle
• mit oder ohne Aura (sensorische oder psychische Symptome)
• Bewußtseinsstörungen
• Amnesie
• Automatismen: Grimassieren, Nesteln, Schmatzen
• plötzlicher Beginn und allmähliches Ende
• oft temporal, aber auch extratemporal
• wenn frontal: eher aggressives Verhalten
Absencen
• starrer, leerer Blick
• Bewußtseinsstörunge, Amnesie
• evtl. Augenbewegung nach oben, Augenblinzeln
• Automatismen
• plötzlicher Beginn und plötzliches Ende
Tonisch-klonische Anfälle
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•
•
•
•
•
•
•
evtl. fokaler Beginn
Bewußtseinsverlust
Sturz
tonische Phase (ca. 30 sec)
klonische Phase
Zungenbiß (eher lateral), Einnässen, Vokalis ation („Initialschrei“)
plötzlicher Beginn und allmähliches Ende (Müdigkeit, Nachschlaf, Muskelkater)
Diagnose
•
•
•
•
•
exakte Anamneseerhebung:
o Eigen- und Familienanamnese
o Fremdanamnese
EEG, evtl. mit Provokation: Schlafentzug, optischer Reiz („Flackerlicht“)
Bildgebung (CT, MRT): bei jedem Patienten mit Verdacht auf epileptischen Anfall
EKG: Rhythmusstörungen?
Labordiagnostik: metabolische Störungen (v.a. Diabetes mellitus)
Therapie
•
•
•
medikamentös
operativ: bei primär fokalen Epilepsien mit nachweisbarem konstantem epileptogenem Herd (zuvor
Lokalisation)
Lebensführung:
o regelmäßiger, ausreichender Schlaf
o kein Alkohol
Standardtherapie mit Antiepileptika
fokal (partiell)
einfach-fokal komplex-fokal
tonischklonisch
Phenytoin, Carbamazepin
Phenobarbital, Primidon
Valproinsäure
tonisch
generalisiert
atonisch
Myoklonien
Absencen
Ethosuximid
Wirkstoff
Phenytoin
Carbamazepin
Phenobarbital, Primidon
Valproinsäure
Neue Antiepileptika
Wirkstoff
Vigabatrin
Lamotrigin
Gabapentin
Oxcarbazepin
Nebenwirkungen
Gingivahyperplasie (nach 10-20 Jahren)
kosmetische Veränderungen (vergröberte Gesichtszüge)
Kleinhirnatrophie
Schwindel, Gangunsicherheit (innerhalb der ersten 2 Wochen)
Müdigkeit
Tremor, Haarausfall, Gewichtszunahme (10-20 kg)
Vorteile
wirksame Zusatztherapie partieller und
sekundär generalisierter Anfälle;
nur geringe allergische NW
wirksame Mono- und Zusatztherapie
besonders generalisierter Anfälle;
geringe ZNS-Nebenwirkungen
wirksame Zusatztherapie partieller und
sekundär generalisierter Anfälle;
geringe NW
Mono- und Zusatztherapeutikum
Nachteile
relativ unwirksam;
KI: primär generalisierte Anfälle;
Toleranzentwicklung
eingeschränkte Zulassung
relativ schwach wirksam
in Deutschland nicht zugelassen
Grundsätzliches Vorgehen bei der Epilepsie-Medikation (Abfolge des Vorgehens, wenn die Therapie jeweils
nicht zu Anfallsfreiheit führt):
1. Monotherapie mit einem Medikament der 1. Wahl
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2. Monotherapie mit einem Medikament der 2. Wahl
3. Kombinationstherapie mit Medikamenten der 1. Wahl
4. Kombinationstherapie mit Medikamenten der 2. Wahl
Status epilepticus
•
•
•
•
jeder nichtkonvulsive Status kann in einen konvulsiven Status übergehen
Mortalität rund 10%
sollte möglichst innerhalb 1-2 h durchbrochen sein
Therapie: Phenytoin, Valproinsäure (im Extrem: Diazepam + Barbituratnarkose)
FRIEDREICH-Ataxie
Spinozerebelläre Heredoataxie
Definition
Auf einen autosomal-rezessiv vererblichen Gendefekt zurückgehende degenerative Erkrankung von Kleinhirn und
Rückenmark, die klinisch u.a. mit sensibler Ataxie einhergeht.
Epidemiologie
•
•
Altersgipfel bei Manifestation im Kindesalter: 9.-14. Lebensjahr
aber: auch Erwachsene zeigen den Gendefekt, jedoch mit schwächeren Effekten
Ätiologie
•
autosomal-rezessiv vererblicher Gendefekt auf Chromosom 9 (9p22)
Klinik
Symptom
Gangunsicherheit, die durch Augenkontrolle gebessert
wird; Parästhesien in Füßen und Unterschenkeln;
Muskelhypotonie (v.a. an den Beinen); Erlöschen von
Eigenreflexen; strumpfförmig abgegrenzte
Sensibilitätsstörungen der distalen
Extremitätenabschnitte; vermindertes
Vibrationsempfinden an den Beinen
Dysdiadochokinese, grober Intentionstremor,
Nystagmus, skandierendes Sprechen
Lebhafterwerden der zuvor abgeschwächten Reflexe,
pathologische Reflexe, spastisch-ataktischer Gang
distale Muskelatrophien (Hand, Unterschenkel)
FRIEDREICH-Fuß (Hohlfuß mit Überstreckung
im Grundgelenk und Beugung in den
Interphalangealgelenken der Zehen);
FRIEDREICH-Hand (Krallenstellung der Finger bei
überstreckten Grundgelenken), Kyphoskoliose
•
Ursache
Degeneration von Hinterwurzeln und Hintersträngen
Degeneration der CLARKschen Säule, des Tractus
spinocerebellaris und Kleinhirnatrophie
Degeneration von Pyramidenbahnseiten- und
-vordersträngen
Vorderhornzelldegeneration
Muskelhypotonie
weitere Symptomatik:
o Kardiomyopathie (häufig)
o Diabetes mellitus (40%)
o Endstadium: Demenz
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Funikuläre Myelose
Funikuläre Spinalerkrankung, DANA-LICHTHEIM-Krankheit
Definition
Rückenmarkschädigung bei Vitamin-B12- (= Cobalamin-) Mangel durch unsystematische Demyelinisierung
markhaltiger Nervenfasern v.a. im Bereich der Seiten- und Hinterstränge infolge Störung der Myelinsynthese.
Ätiologie
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Vitamin-B12-Mangel → Störung von Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel → Demyelinisierung?
gestörte Resorption von Cobalamin:
o Mangel an Intrinsic factor
Antikörperbildung bei perniziöser Anämie
Magenoperationen (Gastrektomie)
alkoholbedingte Gastritis
Magenkarzinom
o Pankreasinsuffizienz (fehlende Proteasen erschweren die Bildung des Intrinsic-factorCobalamin-Komplexes)
o Parasiten (z.B. Fischbandwurm)
o defekte Resorption im Ileum:
schwere familiäre Anämie des Kindes (IMERSLUND-GRÄSBECK)
chirurgische Entfernung eines größeren distalen Ileumabschnittes
Medikamente (z.B. Biguanide, Zytostatika)
ungenügende Cobalaminzufuhr
Erschöpfung der Cobalaminspeicher in Leber und Muskulatur (z.B. bei Schwangerschaft, Kachexie)
Die perniziöse Anämie wird in 60% der Fälle von einer funikulären Myelose begleitet.
Klinik
•
•
•
•
initial: Parästhesien in den Extremitäten (Brennen), gesteigerte Ermüdbarkeit beim Gehen
später: Ausfälle der Tiefensensibilität in den Beinen,Verlust des Vibrationsempfindens
mögliche Folgesymptome:
o spastische Paraparese der Beine
o sensible Ataxie
o pathologische Reflexe
o Störungen der Blasen- und Mastdarmfunktion, Potenzstörungen
Enstadium: partielle Querschnittslähmung
Die Symptomatik der funikulären Myelose ist Folge der Degeneration der Hinterstränge, der
Kleinhirnseitenstränge und der Pyramidenbahnseitenstränge. Diese Veränderungen finden sich v.a. in Hals und Brustmark. Auch periphere Nerven zeigen eine (reversible) Marscheidendegeneration (→ periphere
Neuropathie). Das Großhirn kann in geringem Umfang mitbetroffen sein, im wesentlichen beschränkt sich die
Erkrankung aber auf das Rückenmark.
Diagnostik
•
•
•
Klinik (s.o.)
Bestimmung des Cobalaminspiegels im Serum: < 150 pg/ml
Nachweis einer möglichen Resorptionsstörung: SCHILLING-Test (Beurteilung der Ausscheidung
radioaktiv markierten Cobalamins im Urin)
Therapie
•
parenterale Substitution von Cobalamin
o initial: 500g/die (über 3 Wochen)
o nach Besserung der Symptomatik: 2 × 500g/Woche (über 1 Jahr)
o Erhaltungsdosis: 1000g/Monat (lebenslang)
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Gesichtsschmerz
Trigeminusneuralgie
Trigeminusneuropathie, „Tic douloureux“
Definition
Heftigste, akut einschießende Schmerzen im Ausbreitungsgebiet eines oder mehrerer Trigeminusäste, die fast
immer einseitig auftreten und durch Reizung bestimmter Haut- und Schleimhautareale (→ Triggerzonen) ausgelöst
werden können.
Formen:
? idiopathische Trigeminusneuralgie (bei weitem die häufigste Form)
? symptomatische Trigeminusneuralgie
Epidemiologie
? häufigste Hirnnervenneuralgie
? Altersgipfel: meist 2. Lebenshälfte
? Bevorzugung des weiblichen Geschlechtes (Frauen : Männer = 2 : 1)
Ätiologie
?
idiopathische Trigeminusneuralgie: Druck arteriosklerotisch verhärteter Gefäße (v.a. A. cerebelli superior)
auf die Trigeminuswurzel?
? symptomatische Trigeminusneuralgie:
? N. ophthalmicus (V1): Glaukom, Rhinitis, Sinusitis, Orbitafraktur
? Nn. maxillaris und mandibularis (V2/3): Sinusitis, Otitis media, Zahn- und Knochenkrankheiten von Ober- und
Unterkiefer
Klinik
?
blitzartig einschießender, brennender Schmerz im Ausbreitungsgebiet eines oder mehrerer Trigeminusäste
? meist sind der 2. (N. maxillaris) oder/und 3. Ast (N. mandibularis) betroffen, nur in 5% der 1. Ast (N.
ophthalmicus)
?
meist einseitig (95%)
? wenige Sekunden, selten auch einige Minuten Dauer (begleitet von tonischen oder klonischen Kontraktionen
der mimischen Muskulatur)
? nach dem Schmerzanfall:
? vegetative Reizerscheinungen: Hautrötung, Sekretion von Tränen-, Nasen- oder Speicheldrüsen
? Schmerzrefraktärität der betroffenen Zone (→ sensible Reize lösen keine Schmerzattacke mehr aus) für
Sekunden bis Minuten
Ast
N. ophthalmicus (V1)
N. maxillaris (V2)
N. mandibularis (V3)
Schmerzsymptomatik
Ausstrahlung in Stirn, Scheitelgegend, Auge, Rötung der Stirn, konjunktivale
Injektion, Lichtscheu, Tränenfluß
Ausstrahlung in Oberlippe, Nasenflügel, Nasenschleimhaut, Gaumen, Zähne des
Oberkiefers
Ausstrahlung in Unterlippe, Zunge, Unterkiefer
Verlauf
Zunächst sporadisches Auftreten, später im Abstand von Wochen bis Monaten und weitere
Häufigkeitszunahme, bis schließlich mehrere Attacken an einem Tag beobachtet werden. Die Schmerzsymptomatik
neigt mit zunehmender Krankheitsdauer zur Ausbreitung, wobei der N. ophthalmicus nur selten und
normalerweise zuletzt befallen wird. Zunehmend werden die Anfälle durch äußere Reize getriggert (Berührung,
kalter Luftzug, Kauen, Trinken, Sprechen, Schlucken). Im fortgeschrittenen Stadium zeigen 25% der Patienten
geringfügige Sensibilitätsstörungen im betroffenen Trigeminusareal.
Therapie
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13
? medikamentös:
?
Carbamazepin (Tegretal®) 600-1.200 mg/die
?
alternativ: Kominationen von Carbamazepin + Imipramin oder Amitriptylin
?
Neuroleptika: z.B. Haloperidol (Haldol®)
?
Phenothiazine (Neurocil®, Aolept®)
?
operativ (nur bei Unwirksamkeit der konservativen Behandlung): neurovaskuläre Dekompression nach
JANETTA (Lösung vaskulärer Kompressionen der Trigeminuswurzel, Erfolgsquote 80%)
Atypischer Gesichtsschmerz
Definition
Psychogen ausgelöster, nichtneuralgischer Gesichtsschmerz mit unbestimmtem Charakter.
Epidemiologie
>meist sind Frauen im mittleren oder höheren Lebensalter betroffen
Ätiologie
>psychogen (somatisierte Depression?)
Klinik
? unbestimmbarer, dumpfer Schmerzcharakter ohne typische Schmerzausstrahlung, Dauerschmerz
? Lokalisation: häufig beidseitig (in der Tiefe des Gesichtes empfunden)
?
Oberkiefer
?
Perioralregion
?
Nasenwurzel
? fehlende Beeinflußbarkeit durch äußeren Faktoren:
?
keine Triggerung
?
häufig kein Ansprechen auf medikamentöse Therapie (gelegentlich aber auch Besserung durch
Thymoleptika)
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14
Herpes-simplex-Enzephalitis
akute nekrotisierende hämorrhagische Enzephalitis vom Herpes-simplex-Typ, Encephalitis herpetica
Definition
Durch das Herpes-simplex-Virus (HSV) ausgelöste Entzündung des Zentralnervensystems, die sich meist in Form
einer nekrotisierenden, hämorrhagischen Meningoenzephalitis manifestiert, mit einer hohen Letalität und einer
hohen Rate persistierender zerebraler Defektzustände behaftet ist.
Epidemiologie
? Häufigkeit:
? BRD (Durchseuchung mit HSV > 95%): ca. 100 Fälle / Jahr
? aller Enzephalitiden
? aller sporadischen, nekrotisierenden Enzephalitiden (damit häufigste sporadische Enzephalitis)
? die Durchscuchung steigt in den Entwicklungsländern durchweg viel früher an als in den Ländern mit hohem
Lebensstandard
Ätiologie
? Infektion mit dem Herpes-simplex-Virus (HSV; DNA-Virus aus der Herpes-Gruppe)
?
fast ausschließlich Typ 1 beim Erwachsenen
?
in 80% Typ 2 beim Säugling
? Übertragung: von Mensch zu Mensch (Kontagiosität allerdings nicht sehr hoch)
Klinik
? Prodromalstadium: einige Tage
?
Fieber
?
Kopfschmerzen
?
Erbrechen
? fakultativ: freies Intervall
? Phase mit neurologischen Herdzeichen: 1 Woche
?
hohes Fieber
?
hirnorganische Anfälle
?
neurologische Herdzeichen: z.B. Hemiparese,
?
Tetraspastik, Aphasie (seltener Hirnnervenausfälle, vestibuläre oder zerebelläre Symptome)
?
Meningitis
? Komaphase:
?
zunehmende Eintrübung, Bewußtseinsverlust
?
Tod unter den Zeichen der Hirnstammeinklemmung
Diagnostik
? Klinik (s.o.)
? Liquor:
?
lymphozytäre Pleozytose: 100/3-1500/3 Zellen
?
Glucose und Laktat normal
?
Eiweiß normal oder gering erhöht
? EEG:
?
Allgemeinveränderungen: verlangsamtes EEG
?
Herdzeichen, v.a. temporal
?
FIRDA = frontale intermittierende rhythmische Delta-Aktivität
? CCT: normal oder diffuses Ödem und/oder hypodense Areale
Therapie
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15
?
?
?
?
virustatische Therapie: Aciclovir (Zovirax®)
Thromboseprophylaxe: Heparin
Anfallsfallsprophylaxe: Phenytoin
Hirndrucktherapie:
?
Flüssigkeitsbilanzierung
?
Osmodiuretika, Saluretika
?
Hochlagerung des Oberkörpers
?
beim beatmeten Patienten: Hyperventilation
?
bei drohender Einklemmung: Kortikoide
Prognose
? unbehandelt:
? in 70% letal (meist innerhalb 10-15 Tagen)
? > 50% der Patienten behalten gravierende Defekte (symptomatische Anfallsleiden, Halbseitensyndrome,
Aphasie,
? dementielle Syndrome, organisch bedingte Wesensänderung)
? behandelt:
? Letalität: 10-20%
? geringere Defektrate
Kopfschmerz
Spannungskopfschmerz
Tension headache
Definition
Auf muskulären und vasomotorischen Ursachen beruhender Kopfschmerz.
Epidemiologie
? Bevorzugung des weiblichen Geschlechtes (Frauen : Männer = 2 : 1)
>Erstmanifestation meist mit 15-20 Jahren
Ätiologie
>ständige Anspannung der Kopf- und Nackenmuskulatur
>Konstriktion der Kopfschwarterarterien auf dem Boden einer abnormen vasomotorischen Reagibilität
Klinik
? meist beidseitiges Druck- oder Schweregefühl entweder über dem gesamten Kopf oder bevorzugt frontal bzw.
okzipital
? Begleiterscheinungen:
• Angstgefühle, Schwindel, leichte Übelkeit
• Berührungsempfindlichkeit von Kopfhaut und Haarwurzeln
• verspannte, schmerzhafte Druckpunkte in der Nackenmuskulatur
• leichte, schmerzbedingte Bewegungseinschränkung des Kopfes
Therapie
>Entspannungsübungen
>medikamentöse Therapie (nur wenn anders keine Besserung zu erreichen ist): Dihydroergotamin
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16
LAMBERT-EATON-Syndrom
Myasthenisches Syndrom LAMBERT -EATON, LAMBERT -EATON-ROOKE-Syndrom
Definition
Paraneoplastisch bzw. im Zusammenhang mit Autoimmunkrankheiten auftretende myasthenische Symptomatik.
Ätiologie
? Assoziation mit einem kleinzelligen Bronchialkarzinom (60%) bzw. mit Autoimmunkrankheiten (40%)
Klinik
? Schwäche und vorzeitige Ermüdbarkeit v.a. der proximalen Muskulatur
Differentialdiagnose: LAMBERT-EATON-Syndrom - Myasthenia gravis
Merkmal
LAMBERT -EATON-Syndrom
Ptose, Doppeltsehen,
Schluckstörungen
Antikörper gegen
Acetylcholinrezeptoren
Muskelkraft (wiederholte
Belastung)
EMG (frequente repetitive
Reizung)
Myasthenia gravis
spät
früh
fehlen
meist vorhanden
zunächst Besserung, später
Verschlechterung
Inkrement der Amplitude
zunehmende Verschlechterung
Dekrement der Amplitude
Therapie
? bei Assoziation mit einem kleinzelligen Bronchialkarzinom: Tumorresektion
? Guanidinhydrochlorid (→ Acetylcholinfreisetzung↑)
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17
Morbus W ILSON
hepatolentikuläre Degeneration
Definition
Autosomal-rezessiv vererbliche Kupferstoffwechselstörung, die zu vermehrter Ablagerung von Kupfer v.a. in
Leber und Gehirn führt.
Epidemiologie
? Manifestationsalter: 5.-37. Lebensjahr (im Mittel 16. Lebensjahr)
? Inzidenz: 3 / 100.000
? keine Geschlechtsbevorzugung
Ätiologie
?
autosomal-rezessiv vererblicher Gendefekt (Chromosom 13), der eine unzureichende Bildung des KupferTransportproteins und Oxidationsenzyms Coeruloplasmin bewirkt
? Kupferinkorporationsrate in Coeruloplasmin (normalerweise Bindung von 95% des Serumkupfers)
?
heterozygoter Genträger: ↓
?
homozygoter Genträger: ↓↓
Klinik
? hepatische Manifestation: Fettleber → chronische Hepatitis → Leberzirrhose
? neurologisch-psychiatrische Manifestation:
? PARKINSON-ähnliche Symptome: Akinese, Rigor, Tremor
? Chorea
? Dystonie
? Myoklonie
? Ataxie
? Dysarthrie
? Nystagmus
? spastischer Muskeltonus, Steigerung der Muskeleigenreflexe, pathologische Reflexe
? psychiatrische Symptome:
? paranoide Psychosen
? depressives, schizoaffektives Verhalten
? manisch gefärbte Psychosen (mit erheblicher Libidosteigerung)
? Augensymptome: KAYSER-FLEISCHER-Kornealring (goldbraungrüne Kornealrandverfärbung durch
Kupferablagerung)
Diagnose
? Plasma: Cu 2+↑, Coeruloplasmin↓
? Urin: Cu 2+↑
?
Radiokupfertest: orale Gabe von 64Cu führt normalerweise zu einem doppelgipfligen Anstieg der
Radioaktivität im Serum; der 2. Gipfel, der den Einbau von Cu 2+ in Coeruloplasmin markiert, fehlt beim
Morbus W ILSON
? Leberbiopsie
Therapie
? Erhöhung der Cu 2+-Ausscheidung durch den Chelatbildner D-Penicillamin
? evtl. kupferarme Diät
? bei terminaler Leberinsuffizienz: Lebertransplantation
Prognose
? unbehandelt: letal
? bei rechtzeitiger Therapie: normale Lebenserwartung
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18
Multiple Sklerose (MS)
Encephalomyelitis disseminata, Polysklerose, Morbus CHARCOT
Definition
Schubweise oder chronisch progredient verlaufende herdförmig disseminierte Entmarkungskrankheit des
Zentralnervensystems (selten auch des peripheren Nervensystems) auf dem Boden autoaggressiver
Immunprozesse.
Epidemiologie
?
?
?
?
?
?
Manifestationsalter: 15.-40. Lebensjahr (selten auch nach dem 60. oder vor dem 10. Lebensjahr)
Bevorzugung des weiblichen Geschlechtes (Frauen : Männer = 1,8 : 1)
Inzidenz (BRD): 2-2,5 Neuerkrankungen / 100.000 Einwohner / Jahr
Prävalenz (BRD): 80 Erkrankungen / 100.000 Einwohner
Zunahme der Inzidenz mit wachsender Entfernung vom Äquator
Migrationsstudien:
? Umzug aus Gebieten mit niedriger in Gebiete mit höherer Prävalenz führt zu einer Erhöhung des
Krankheitsrisikos
? Emigranten neigen dazu, das Risiko des Landes beizubehalten, in dem sie bis zum 15. Lebensjahr gelebt
haben
Ätiologie
? unbekannt
? Hypothese: abnorme Immunreaktion auf ein in früher Jugend aufgenommenes Agens (z.B. Virus)?
Hinweise für autoaggressive Immunreaktion
ℵ postmortaler Nachweis zellulärer Infiltrate (CD8+ -/CD4+ -Zellen, Makrophagen) in frischen MS-Herden
ℑ Lymphopleozytose und Immunglobulinanstieg (u.a. verschiedene virusspezifische Antikörper) im Liquor
ℜ HLA-Assoziation (HLA -A3, -B7, -DR2)
℘ Ansprechen auf immunsuppressive Therapie
⊗ Bevorzugung des weiblichen Geschlechtes (typisch für Autoimmunerkrankungen)
Klinik
Die multiple Sklerose kann praktisch alle aus Läsionen im Zentralnervensystem begründbaren neurologischen
und neuropsychologischen Ausfälle verursachen. Es gibt daher keine typische Symptomkonstellation. Ein
System ist aber umso häufiger betroffen, je ausgebreiteter es ist.
? diagnostische Hauptkriterien zur Diagnose der MS :
?
polytope Läsionen (min. 2)
?
schubweiser Verlauf (min. 2 Schübe) oder chronisch progredienter Verlauf (min. 1 Jahr)
? Liquorbefund:
? Pleozytose (15/3-100/3 Zellen)
? ? -Globulin (v.a. IgG)↑
? oligoklonale Fraktionen
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19
? motorische Ausfälle:
?
?
?
?
?
?
?
?
? asymmetrische spastische Paraparesen mit lebhaften bis unerschöpflich kloniformen Reflexen und positivem BABINSKI Zeichen
sensible Symptome:
? Kribbelparästhesien, Spannungsgefühl, Engeempfinden
? diskrete Hypästhesien
? Störung von Vibrations- und Lageempfindung
? LHERMITTE-Zeichen = Parästhesien in Rücken und Extremitäten bei forciertem Vorbeugen des Kopfes
Störungen des visuellen Systems:
? Retrobulbärneuritis (Optikusneuritis): anfänglich retrookulärer Schmerz, innerhalb von Stunden bis Tagen Entwicklung von
Sehstörungen (verminderte Farbintensitäten, Skotome, Amaurose)
Augenmotilitätsstörungen:
? internukleäre Ophthalmoplegie
? Blickparese
? Nystagmus
andere Hirnnervenstörungen:
? Fazialisparese
? Vestibularis-/Statoakkustikusausfall
? Trigeminusneuralgie
zerebelläre Symptome (CHARCOT -Trias = Nystagmus + skandierende Sprache + Intentionstremor):
? Stand-/Gangataxie
? Intentionstremor
? Dysdiadochokinese
? Dysmetrie
? skandierende Sprache
vegetative Symptome:
? imperativer Harndrang
? Inkontinenz
? Harnverhalt
? Überlaufblase
? Obstipation
? Sexualstörungen
? Hirnleistungsstörungen, evtl. dementielle Entwicklung
affektive Störungen: depressive Symptomatik, Euphorie
generalisierte oder fokale epileptische Anfälle (2-4mal so häufig wie in der Normalbevölkerung)
Symptom
Paresen
Spastik, BABINSKI-Zeichen
sensible Störungen
Optikusstörungen
Gleichgewicht, Koordination
Augenmotilität
Trigeminus, Fazialis
Blase, Darm, Sexualfunktion
Hirnleistung, Affekt
Erstmanifestation
44%
28%
42%
53%
24%
14%
10%
9%
4%
weiterer Verlauf
81%
79%
83%
60%
75%
34%
29%
57%
36%
Verlauf
Etwa 80% der MS-Erkrankungen beginnen mit Schüben. Man unterscheidet verschiedene Verlaufsformen, die
häufig nacheinander durchlaufen werden:
ℵ schubförmig mit vollständiger Remission
ℑ schubförmig mit unvollständiger Remission
ℜ schubförmig mit unterlagerter Progredienz
℘ sekundär chronisch progredient
Nur 1020% der Patienten zeigen einen stetigen, mehr oder weniger schnell progredienten Verlauf (primär chronisch
progredienter Verlauf). Die mittlere Krankheitsdauer beträgt etwa 30 Jahre.
Diagnose
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20
? Liquor:
? oligoklonale Banden (90-95%)
? autochthones IgG (80-85%)
? Pleozytose (30-50%)
? Kernspintomographie (MRT): Entmarkungsherde in Gehirn und/oder Rückenmark
? evozierte Potentiale:
? MEP (durch Magnetstimulation transkraniell evozierte motorische Potentiale, 80-90%)
? VEP (visuell evozierte Potentiale, 80%)
? SEP (somatosensorisch evozierte Potentiale, 60%)
? AEP (akustisch evozierte Potentiale, 30-50%)
Therapie
? eine kausale Therapie ist nicht bekannt (der Therapieeffekt besteht in einer Verzögerung, nicht jedoch
in einer Heilung der Erkrankung)
?
Krankheitsschub: Kortikosteroide (Prednisolon 500-1.000 mg/d für 5-8 Tage, danach ausgehend von 100
mg/d ausschleichende Dosierung für 4-8 Wochen)
? Intervalltherapie:
? Azathioprin (Imurek®) 2-3 mg/kg/d
? Cyclophosphamid (Endoxan®) 2 mg/kg/d
? Mitoxantron (Novantron®) alle 3 Monate
? Methotrexat: wegen erheblicher Nebenwirkungen heute eher nicht mehr
? Cyclosporin A
? ? -Interferon: 8 Mio. E/2 Tage s.c. oder 6 Mio. E/Woche i.m.
? anfängliche Nebenwirkungen in Form einer schweren Grippesymptomatik (Fieber, Schüttelfrost,
Muskelschmerz, Krankheitsgefühl), Besserung unter Gabe von ASS oder Paracetamol
? Wirkung: Verlängerung des Schubintervalls, Verminderung der Symptomatik im nächsten Schub,
Verminderung der Herdgröße, Verminderung der Anzahl der Herde mit Schrankenstörung
(Schrankenstörung = Zeichen für frische Herde)
? Copolymer 1 = synthetisches Polypeptid, Ähnlichkeiten mit der Aminosäuresequenz des basischen
Myelinproteins (MBP)
? symptombezogene Therapie:
? Spastik:
? Baclofen (Lioresal®)
? Tizanidin (Sirdalud®)
? Memantin (Akatinol®)
? Benzodiazepine (z.B. Musaril®)
? Dantrium (Dantramacrin ®)
? zerebellärer Tremor: (Tetrahydrocannabrol), Stereotaxie
? Paroxysmen (= ungezielte Streuung aktivierender Impulse in der Nachbarschaft demyelinisierender Areale des
Hirnstamms oder des Rückenmarks): Phenytoin, Carbamazepin (Tegretal®)
? Blasenstörungen: Phenoxybenzamin, Distigminbromid, Carbachol
? Krankengymnastik (BOBATH, VOJTA, BRUNHO, PNF)
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21
Muskeldystrophie
Definition
Hereditäre Muskelerkrankung, die zu Muskelfaseruntergang und konsekutiv zu je nach Typ unterschiedlich
ausgeprägter Muskelschwäche und -atrophie der großen proximalen Muskelgruppen im Bereich der Becken- und
Schultergürtelmuskulatur und angrenzender Extremitätenanteilen führt.
Formen:
? progressive Muskeldystrophie Typ DUCHENNE
? progressive Muskeldystrophie Typ BECKER-KIENER
? Gliedergürteldystrophie
? Faszioskapulohumerale Muskeldystrophie
Progressive Muskeldystrophie Typ DUCHENNE
Epidemiologie
? Häufigkeit: 300 / 1.000.000
? Altersgipfel: 1.-3. (5.) Lebensjahr
?
2
/3 aller Muskeldystrophien
? fast ausschließlich das männliche Geschlecht betroffen (X-chromosomal rezessiver Erbgang)
Ätiologie
?
X-chromosomal-rezessiv vererblicher Gendefekt (Xp21) der ein Fehlen/Mangel des Proteins Dystrophin
bewirkt (dieses ist normalerweise assoziiert mit der Membran des T-Tubulus-Systems der Muskelfaser)
? aufgrund des X-chromosomalen Erbgangs erkranken praktisch ausschließlich männliche Neugeborene
?
1
/3 der Erkrankungen beruhen auf Spontanmutationen
Klinik
? Symptomatik:
? proximale, Beckengürtel-betonte, atrophische Paresen
? Pseudohypertrophie (= Vakatfettwucherung) der Waden
? Kontrakturen (v.a. Beugekontrakturen der großen Gelenke)
? Verlust von Muskeleigenreflexen
? hormonelle Störungen (Adipositas, Hypogenitalismus, Nebennierenrindeninsuffizienz)
? Labor:
? CK↑
? GOT↑
? GPT↑
? LDH↑
? Prognose:
? Lebenserwartung: 15-30 Jahre
? Tod meist infolge Bronchopneumonie oder Herzversagen
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22
Progressive Muskeldystrophie Typ B ECKER-K IENER
Epidemiologie
? Altersgipfel: 6.-20. Lebensjahr
? fast ausschließlich das männliche Geschlecht betroffen (X-chromosomal rezessiver Erbgang)
Ätiologie
? wie Typ DUCHENNE
Klinik
? Symptomatik:
? Hyperlordose (Parese der Rückenstrecker)
? „Watschelgang“ (Schwäche des M. gluteus medius)
? erschwertes/unmögliches Aufrichten aus dem Liegen (Schwäche des M. iliopsoas und der
Bauchdeckenmuskulatur)
? Wadenpseudohypertrophie
? Gehunfähigkeit meist erst im 5. Lebensjahrzehnt
? Prognose: Lebenserwartung leicht verkürzt
Gliedergürtelform
Epidemiologie
? keine Geschlechtsbevorzugung
? Krankheitsbeginn: 2.-50. Lebensjahr
Ätiologie
? autosomal-rezessiv vererblicher Gendefekt
Epidemiologie
? Symptomatik:
? Dystrophie beginnend an Becken- oder Schultergürtelmuskulatur
? Pseudohypertrophien, Facies myopathica: selten
? Prognose: verkürzte Lebenserwartung
Fazio-skapulo-humerale Muskeldystrophie
Epidemiologie
? keine Geschlechtsbevorzugung
? Krankheitsbeginn: 7.-25 (-50.) Lebensjahr
Ätiologie
? autosomal-dominant vererblicher Gendefekt
Klinik
? Symptomatik:
? Dystrophie der proximalen Arm- und Schultergürtelmuskulatur (erschwertes Heben), asymmetrischer
Muskelbefall
? Facies myopathica (leichte Ptosis, fehlende Faltenbildung auf der Stirn und in der Nasolabialregion, leicht
geöffneter Mund)
? Augen- und Mundschluß schwach („Tapirschnauze“), Pfeifen oder Aufblasen der Backen nicht möglich
? herabhängendes Schultergelenk
? doppelseitige Scapula alata
? später: am Rumpf absteigende bzw. sich an den Extremitäten von proximal nach distal ausdehnende
Dystrophie, Kontrakturen, selten Pseudohypertrophien
? Prognose: Lebenserwartung meist normal
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23
Myasthenie
Definition
Meist belastungsabhängig auftretende Schwäche der Willkürmuskulatur, die durch Störungen der
neuromuskulären Erregungsübertragung hervorgerufen wird.
? Formen:
?
Myasthenia gravis
?
konnatale Myastheniesyndrome
?
kongenitale Myastheniesyndrome
?
symptomatische Myasthenie
Myasthenia gravis
Epidemiologie
?
?
?
?
Inzidenz: 2-4 / 1.000.000
Prävalenz: 40 / 1.000.000
Bevorzugung des weiblichen Geschlechtes (Frauen : Männer = 2 : 1)
Altersgipfel: 20.-40. Lebensjahr (Erkrankung aber grundsätzlich in jedem Lebensalter möglich)
Ätiologie
?
Autoimmunreaktion gegen Acetylcholinrezeptoren (Acetylcholinrezeptor-Autoantikörper vom IgG-Typ);
Wirkmechanismen:
?
lokale Aktivierung des Komplementsystems → Zerstörung der postsynaptischen Membran
?
vermehrter Abbau von Acetylcholinrezeptoren
?
Curare-ähnliche Wirkung einiger Antikörper
? Assoziation mit HLA -B8 und -DR3
Klinik
? Augensymptome (in 90% vorhanden, bei 70% als Erstsymptom):
? ein- oder doppelseitige Ptose, die im Tagesverlauf zunimmt
? Doppelbilder
In 20% der Fälle bleibt die Krankheit auf die äußeren Augenmuskeln und die Lidheber beschränkt (okuläre
Myasthenie). Diese Form hat eine gute Prognose.
? Fazio-pharyngeale Symptome:
? Facies myopathica: kraftloser Mundschluß, Unfähigkeit zu Pfeifen oder die Backen aufzublasen
? Kau- und Schluckstörungen, Regurgitation von Nahrung
? näselnde Stimme (mangelnde Abdichtung des Nasen-Rachenraums), erschwerte Artikulation
? Rumpf- und Extremitätenbefall: proximaler Beginn, Ausbreitung nach distal
? watschelnder Gang, Treppensteigen erschwert/unmöglich
? später auch Feinmotorik (z.B. Schreiben) beeinträchtigt
? bei Interkostalmuskelbefall: Gefahr der Atemlähmung
Verlauf
Okuläre Symptomatik → fazio-pharyngeale Symptomatik → Rumpf- und Extremitätenbefall.
Im Endstadium der Krankheit entwickelt sich eine in Ruhe nicht mehr rückbildungsfähige Muskelschwäche, die
nur noch geringe Bewegungen zuläßt. Plötzlicher Tod durch Atemlähmung.
Diagnose
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24
?
Nachlassen der Muskelkraft bei repetitiven Bewegungen: z.B. Verstärkung einer Ptose bei mehrmaligem
schnellem Augenöffnen-/schließen (→ belastungsabhängige Muskelschwäche)
? schubweiser Krankheitsverlauf
? EMG: Amplitudenabnahme (Dekrement) bei repetitiver Reizung
? Tensilontest:
? i.v.-Injektion von 10 mg Tensilon® (Edrophoniumhydrochlorid = reversibler Acetylcholinesterase-Hemmstoff)
→ Besserung der Muskelkraft für 1-2 Minuten, die innerhalb von Sekunden eintritt
? nicht spezifisch
>Antikörper gegen Acetylcholinrezeptoren bzw. gegen Skelettmuskulatur
>Röntgen/CT Thorax: Thymom?
Therapie
? Immunsuppression:
? Thymektomie
? Kortikosteroide
? Azathioprin (Imurek®) 2-3 mg/kg/die
? Cholinesterasehemmstoffe: Pyridostigminbromid (Mestinon®)
? evtl. Plasmapherese
Eine Thymektomie ist auch deshalb indiziert, da die Myasthenie häufig mit einer Thymushyperplasie bzw. einem
Thymom (15-20%) assoziiert ist. Dabei sind 10% der Thymome maligne (Thymuskarzinome).
Prognose
?
?
?
?
weitgehend normale Lebenserwartung bei geeigneter Therapie
bei 20% der Patienten ist der Krankheitsverlauf therapeutisch nicht beeinflußbar
z.T. foudroyante Verläufe → Tod innerhalb weniger Monate
Verschlechterung der Prognose mit dem Erkrankungsalter
Konnatale Myasthenie
?
transitorische Myasthenia gravis des Neugeborenen, hervorgerufen durch diaplazentar übertragene
Anti-Acetylcholinrezeptor-Antikörper der Mutter
? Bestehen der Myastheniesymptomatik von Geburt an für einige Monate
Kongenitale Myasthenie
? Gruppe seltener, hereditärer Myastheniesyndrome
? Fehlen von Acetylcholinrezeptor-Antikörpern
? bekannte Formen:
? Defekt der Acetylcholinsynthese
? Mangel an Acetylcholinesterase
? Defekt des Acetylcholinrezeptor-assoziierten Ionenkanals
? andere Funktionsstörungen des Acetylcholinrezeptormoleküls
Symptomatische Myasthenie
?
?
?
?
myasthenes Syndrom bei Polymyositis
myasthenes Syndrom nach Behandlung mit D-Penicillamin
myasthenes Syndrom bei Hyperthyreose oder Lupus erythematodes
LAMBERT -EATON-Syndrom
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25
Myositis
Definition
Akute, subakute oder chronische entzündliche Erkrankung der Muskulatur auf der Grundlage autoaggressiver
oder infektiöser Prozesse, die klinisch mit Muskelschwäche bis hin zur Parese, Muskelschmerzen, in fortgeschrittenen Stadien auch mit Muskelatrophie und Kontrakturen einhergeht.
Epidemiologie
? Inzidenz: 1 / 100.000
? Prävalenz: 6 / 100.000
Polymyositis und Dermatomyositis
Epidemiologie
? Bevorzugung des weiblichen Geschlechtes (Frauen : Männer = 2 : 1)
? Altersgipfel:
?
3.-15. Lebensjahr
?
50. Lebensjahr
? Inzidenz: 0,5 / 100.000
Ätiologie
? unbekannt, jedoch Hinweise auf autoimmunologische Genese:
?
?
?
?
?
?
?
?
Antimyoglobin -Antikörper
antinukleäre Antikörper
zytotoxische T -Lymphozyten mit Sensibilisierung gegen Skelettmuskulatur
Koinzidenz mit Malignomen (v.a. des Gastrointestinaltraktes): kreuzreagierende Antikörper gegen Tumorzellen sowie Haut
und Muskelantigene?
gelegentliche Assoziation mit weiteren Autoimmunerkrankungen (rheumatisches Fieber, Lupus erythematodes, Sklerodermie,
Panarteriitis nodosa)
Ansprechen auf immunsuppressive Therapie
vermehrtes Auftreten beim weiblichen Geschlecht (typisch für Autoimmunerkrankungen)
gehäufte Assoziation mit HLA-B8 und -DR3
Klinik
? Muskelschwäche bis hin zur Parese
?
?
?
?
muskelkaterartige Muskelschmerzen (50-70%): spontan oder auf Druck
umschriebene Muskelverhärtungen (Myogelose)
Dysphagie (50%): Störung v.a. des „Anschluckaktes“
kardiale Beteiligung (bis 50%)
? EKG-Veränderungen, Arrhythmie, Tachykardie
? interstitielle Myokarditis (30%)
? Kardiomyopathie
? Hauterscheinungen (bei Dermatomyositis)
? symmetrische, flächenhafte Gesichtserytheme
? livides Erythem der Augenlider (gilt als pathognomonisch für Dermatomyositis)
? Poikilodermie: Nebeneinander von De-/Hyperpigmentierung, Atrophie, Teleangiektasien, v.a. im Bereich des vorderen
Halsdreiecks und der Unterarmstreckseiten
? kleine runde, porzellanfarbene atrophische Hautfelder, v.a. an den Fingergelenkstreckseiten
? Teleangiektasien und Hyperkeratosen am Nagelfalz
? im fortgeschrittenen Stadium: Muskelatrophie, Kontrakturen
Muskelbefall (nach absteigender Häufigkeit):
ℵ Muskulatur der proximalen oberen und unteren Extremitäten
ℑ Flexoren und Extensoren der Halsmuskulatur
ℜ Muskulatur der distalen oberen und unteren Extremitäten
℘ Atemmuskulatur
⊗ bulbäre Muskeln
Labor
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26
? Muskelenzyme:
?
CK↑↑ (bis auf das 30-60fache erhöht; geeignet auch zur Verlaufsbeurteilung)
?
Aldolase↑
?
GOT↑, GPT↑
? Kreatin-Ausscheidung im Urin↑
? vereinzelt: Myoglobinurie
? unspezifische Entzündungsparameter: Leukozytose, BSG↑
? Autoantikörper: ANA (50%), anti-Jo1 (20%), anti-PM1
Elektromyographie
? myopathietypisches Muster mit pathologischer Spontanaktivität, insbesondere Fibrillationen
Therapie
?
?
?
?
?
?
hochdosierte Glukokortikoidtherapie: Prednison 60-100 mg/d für 3-6 Monate
evtl. zusätzlich Immunsuppressiva: Azathioprin (Imurek®) 2-3 mg/kg/d
in Einzelfällen: Plasmapherese
bei Myasthenie: Pyridostigminbromid (Mestinon®)
Thromboseprophylaxe
Krankengymnastik zur Behandlung sich entwickelnder Kontrakturen (Cave: Überbeanspruchung der
Muskulatur unbedingt vermeiden, da die Muskulatur ohnehin durch ein begleitendes Ödem bereits
gefährdet ist)
Prognose
? 5-Jahres-Überlebensrate: 70-80%
? lebensgefährliche Komplikationen:
?
Befall der Atemmuskulatur
?
Befall des Myokard
?
Lungenfibrose (selten)
Achtung: Die Dermatomyositis ist bei Patienten über 40 Jahren in 60-70% mit einem Malignom assoziiert!
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27
Myotone Dystrophie
Dystrophia myotonica CURSCHMANN-STEINERT , CURSCHMANN-STEINERT -Krankheit, dystrophische Myotonie
Definition
Autosomal-dominant vererbliche Erkrankung, deren Symptomatik in einer Kombination aus degenerativer
Muskeldystrophie, myotoner Membranstörung, einem typischen Habitus und psychischen Veränderungen
besteht.
Formen:
? kongenitale Form
? juvenile / adulte Form
Epidemiologie
? zweithäufigste degenerative Myopathie (nach der progressiven Muskeldystrophie Typ DUCHENNE)
? Frequenz: 1 / 10.000
? Bevorzugung des männlichen Geschlechtes
Ätiologie
? autosomal-dominant vererblicher Gendefekt auf Chromosom 19q
? die kongenitale Form wird immer von der Mutter übertragen
? häufig Zunahme der Schwere der Erkrankung von Generation zu Generation (Antezipation)
Klinik
? juvenile und adulte Form: atrophische Paresen mit faziozervikodistalem Verteilungsschwerpunkt
? ausgeprägte Facies myopathica mit Ptose
? evtl. Mitbeteiligung des weichen Gaumens und des Pharynx: dysarthrische Sprache, selten Dysphagie
? zervikal: Mitbeteiligung des M. sternocleidomastoideus
? im Bereich der Extremitäten: Paresen v.a. der Unterarmextensoren und der Fußheber
? Manifestationen außerhalb der Skelettmuskulatur:
? frühzeitige Stirnglatze (Männer), struppiges Haar (Frauen)
? Auge: Cataracta myotonica (98%)
? Ohr: Innenohrschwerhörigkeit
? Herz: Rhythmusstörungen, Repolarisationsstörungen
? Magen: Anazidität
? Motilitätsstörungen von Gallenwegen, Gallenblase und des Magen-Darm-Trakts
? endokrin: Hodenatrophie bzw. Ovarialinsuffizienz
? hirnorganische Psychosyndrome: Schwäche des vitalen Antriebs, affektive Indifferenz (fehlendes „soziales
Gewissen“), Oligophrenie (50%)
Verlauf
Die Erkrankung beginnt in der Pubertät zunächst mit myotonen Funktionsstörungen, bevor sich im 3. Lebensjahrzehnt die Muskeldystrophie und endokrine Symptomatik einstellt. Der Verlauf ist langsam progredient,
Arbeitsunfähigkeit tritt häufig schon vor dem 40. Lebensjahr ein. Tod meist infolge interkurrenter Infekte oder
Herzversagen im mittleren Lebensalter.
? kongenitale Form:
?
ausgeprägtes Floppy-infant-Syndrom
?
Ateminsuffizienz
?
hochgradige Saug- und Trinkschwäche
?
leises/heiseres Schreien
?
Gesicht: längsovales Gesicht, antimongoloide Lidachse, dreiecksförmiger, offenstehender Mund
?
Spitzfuß
Diagnose
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28
?
?
?
?
elektromyographischer Myotonienachweis
Perkussionsmyotonie: v.a. an Zunge, Thenarmuskulatur, Unterarmextensoren
myotone Delle bei Perkussion mit dem Reflexhammer
Aktionsmyotonie:
?
verlangsamte Öffnung der fest geballten Faust
?
verlangsamte feine Fingerbeweglichkeit (z.B. Klavierspielen)
Therapie
? keine kausale Therapie bekannt
? symptomatische Behandlung:
?
Myotonie: Phenytoin 3 × 100 mg/die
?
endokrine Symptomatik: Sexualhormone (Depotpräparate)
?
Schrittmacherimplantation bei Herzrhythmusstörungen
?
maschinelle Beatmung bei Ateminsuffizienz
?
Krankengymnastik
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29
Neuroborreliose
Definition
Neurologische Symptomatik nach Infektion mit parasitär übertragenen Borrelien.
Epidemiologie
?
in Deutschland wesentlich häufiger als die ebenfalls über Zecken übertragene FrühsommerMeningoenzephalitis (FSME)
?
Verbreitung der übertragenden Zeckenart Ixodes ricinus und der Borrelien v.a. in Süddeutschland,
Oberösterreich, Elsaß, Balkan, Rußland (evtl. bis zum Ural)
? Durchseuchung der Bevölkerung mit Borrelien (Deutschland): ca. 10%
Ätiologie
? Infektion meist mit Borrelia burgdorferi (Übertragung durch die Zeckenart Ixodes ricinus)
? günstig für Zecken ist eine feucht-warme Witterung (Häufung der Borreliose im Frühjahr/Frühsommer,
evtl. auch im Spätsommer/Herbst)
? Zecken zeigen eine Taxis für Rauhes (Kleidung)
?
bevorzugte Stichstelle: die weniger verhornte Haut (Ellenbeugen, seitliche Halspartie, Ohren,
Inguinalregion, Skrotum)
? die in Europa verbreitete Form der Borreliose ist nicht identisch mit der Lyme-Borreliose
?
der europäische Erreger besitzt mehr Geißeln, ist etwas länger, zeigt mehr Spiralwindungen und
unterscheidet sich in der Antigenität (7 Serotypen)
?
die hervorgerufenen Krankheitsbilder unterscheiden sich
Entwicklungszyklus von Ixodes ricinus
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30
Klinik
? Stadium I (nach 3 Tagen bis 3 Wochen)
? sich konzentrisch ausbreitende Hautrötung mit zentraler Abblassung im Bereich des Zeckenbisses (Erythema chronicum
migrans); bei ausgeprägter Entzündungszellinfiltration an der Bißstelle kann ein benignes Lymphozytom entstehen (v.a. im
Bereich des Ohrläppchens)
? Allgemeinerscheinungen: Fieber, Kopfschmerzen,
? Lymphadenopathie, Muskelschmerzen, Hepatomegalie, Splenomegalie, Konjunktivitis,
? Hämaturie
? Stadium II (nach 1-4 Monaten)
? lymphozytäre Meningitis
? Meningopolyneuritis, Meningopolyradikulitis: Schmerz, gefolgt von Paresen und oft auch sensiblen Störungen (häufig
gutartiges Verhalten, d.h. Rückbildung ohne schwere Residuen)
? Hirnnervenlähmungen (häufig beidseitiger Befall des N. facialis = Diplegia facialis)
?
Karditis (10%)
?
selten: Enzephalitis, Myelitis, Plexusneuritis
? Stadium III (nach 5-6 Monaten oder später): progrediente Enzephalomyelitis
Schmerzphänomene bei Neuroborreliose
Erythemschmerz (15%)
radikulärer Schmerz (90%): in der Ausbreitung einer Nervenwurzel
meningitischer Schmerz (12%)
Arthralgie/Myalgie (12%)
? Nachkrankheit: Acrodermatitis chronica atrophicans
?
teigig-ödematös geschwollene, livid-rot verfärbte Haut, v.a. im Bereich von Knien, Streckseiten
der Unterschenkel, Ellenbogen und Streckseiten der Unterarme
?
spricht auf Antibiose an
Labor
? Liquor:
?
mäßige Pleozytose: 200/3 (30/3-1000/3) Zellen
?
Lymphozyten: 75% (60-95%)
?
Plasmazellen: 6% (1-90%)
?
Eiweiß: 140 mg/dl (50-1000 mg/dl)
?
IgG: 1,6 (0,7-5,3)
?
oligoklonale Banden (in 95% der Fälle)
Diagnose
? Kultur: nur spezielle Medien
? Antikörper:
?
IgM (für etwa 6 Wochen): eher akute Infektion
?
IgG: eher chronische Infektion
?
evtl. Western Blot oder PCR
Therapie
? Stadium I: Doxycyclin 200 mg/d für 3 Wochen
? Stadium II und III: Cephalosporin der 3. Generation
?
Cefotaxim 3 x 2 g/d für 2-4 Wochen
?
Ceftriaxon 2 x 2 g/d für 2-4 Wochen
? evtl. Penicillin G 20 Mio. IE/d für 2 Wochen
Prävention
? wenn die Zecke weniger als 48 h an der Stelle saugt → 70%igen Alkohol auftragen → 1 Minute warten:
Abtötung der Zecke → Zecke inkl. Kopf herausdrehen und entfernen
? wenn die Zecke schon viel Blut gesaugt hat und schon länger auf der Haut → Zecke entfernen (s.o.) →
evtl. direkt Antibiose (da die Wahrscheinlichkeit der Übertragung mit der Zeit zunimmt)
?
Methode der Wahl zur Vermeidung von Borrelieninfektionen ist das sorgfältige Absuchen des Körpers
nach Zecken möglichst unmittelbar nach Exposition (Aufenthalt in Waldgebieten)
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31
Olivopontozerebelläre Atrophie (OPCA)
Definition
Progrediente, hereditär oder spontan auftretende Multisystemdegeneration von Kleinhirn, Brücke, Medulla und
Rückenmark (daneben auch z.T. der Stammganglien sowie vegetativer Zentren von Zwischenhirn und Thalamus),
die klinisch u.a. mit Symptomen einer zerebellären Ataxie einhergeht.
Formen:
? Typ I (M ENZEL): autosomal-dominant
? Typ II (FICKLER-W INKLER): autosomal-rezessiv
? Typ III: autosomal-dominant
? Typ IV (SCHUT -HAYMAKER): autsomal-dominant
? Typ V: autosomal-dominant
? Typ VI (DEJÉRINE-THOMAS): sporadisch
Epidemiologie
? Altersgipfel: 20.-50. Lebensjahr
? keine Geschlechtsbevorzugung
Ätiologie
? unbekannt (in 75% der Fälle sporadisch)
? bei den hereditären Formen sind Gendefekte auf Chromosom 6 bzw. 12 beschrieben
Klinik
Allen klinischen Formen der OPCA gemeinsam ist, allerdings in wechselnder Ausprägung, die zerebelläre
Symptomatik sowie okulomotorische Störungen. Insbesondere die über die Kleinhirnsymptome hinausgehenden
klinischen Kennzeichen sind aber typspezifisch.
?
?
?
?
?
?
zerebelläre Symptomatik:
?
Gang- und Standataxie
?
Dysmetrie
?
Intentionstremor
?
Dysdiadochokinese
?
Dysarthrie
pontine Symptomatik:
?
Sakkadenverlangsamung
?
Ophthalmoplegie
extrapyramidale Symptomatik:
?
Rigor
?
Bradykinese
?
choreatische/ballistische Hyperkinesen
?
pyramidale Symptomatik
?
spastische Paresen
?
positives BABINSKI-Zeichen
spinale Symptomatik: gestörte Vibrations- und Lageempfindung
vegetative Symptomatik: Blasen- und Mastdarmstörungen
Demenz (nicht regelmäßig)
Therapie
? keine kausale Therapie bekannt
? symptomatische Therapie:
? Krankengymnastik
? Rigor, Akinese: L-Dopa, Dopaminrezeptoragonisten
? zerebelläre Symptome: 5-Hydroxytryptophan (Vorstufe des zerebellären Transmitters Serotonin; allenfalls
leichte Besserung)
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32
PARKINSON-Syndrom
Definition
Durch die drei Kardinalsymptome Akinese, Rigor und Tremor gekennzeichnetes Krankheitsbild, das meist auf
einem degenerativen Prozeß der Stammganglien beruht (Morbus PARKINSON), aber auch symptomatisch im
Rahmen anderer Erkrankungen auftreten kann.
Ätiologie
?
?
?
?
?
?
?
?
?
?
?
?
?
idiopathisches PARKINSON-Syndrom (= Morbus PARKINSON)
symptomatisches PARKINSON-Syndrom:
enzephalitisches PARKINSON-Syndrom
vaskulär oder ischämisch bedingtes PARKINSON-Syndrom
Hirntraumen (v.a. häufige Hirnkontusionen → Boxerparkinsonismus)
Lues cerebrospinalis
intrakranielle Raumforderungen
Normaldruckhydrozephalus
Morbus W ILSON (= hepatolentikuläre Degeneration)
Hypoparathyreoidismus (→ Morbus FAHR = symmetrische Stammganglienverkalkung)
chronische Schwermetallintoxikation (Mangan, Blei, Quecksilber)
akute CO-Intoxikation
medikamentös induziertes PARKINSON-Syndrom:
?
Neuroleptika
?
Reserpin
?
? -Methyldopa
?
Valproinat
?
Vitamin-B6 bei L-Dopa-Therapie
?
Flunarizin
?
Cinnarizin
Morbus PARKINSON
Paralysis agitans
Epidemiologie
? Prävalenz: 0,5-0,8%
? Erkrankungsalter: meist 40.-60. Lebensjahr
? Bevorzugung des männlichen Geschlechtes
Ätiologie
?
Dopaminmangel in Neuronen des Corpus striatum und v.a. in der Substantia nigra (unzureichende
Dopaminsynthese)
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33
Klinik
?
?
?
?
?
Akinesie bzw. Hypokinesie (Bewegungsarmut) und Rigor (wächserne Muskeltonuserhöhung,
Zahnrandphänomen)
?
Hypomimie, Amimie (verminderte bis fehlende Mimik, Maskengesicht)
?
monotone, heisere, aphone, leise Aussprache
?
kleinschrittiger, schlurfender Gang mit mangelnder/fehlender Mitbewegung der Arme
?
Mikrographie (kleine, zittrige Schrift, verlangsamter Schriftablauf)
?
Dysphagie (→ Pseudohypersalivation)
?
Fallneigung
Tremor (4-7 Hz, in 80% der Fälle vorhanden, betrifft die distalen Extremitätenabschnitte früher und
stärker, beruht auf rhythmisch alternierender Aktivierung antagonistischer Muskeln)
?
Ja-/Nein-Tremor des Kopfes
?
Pillendreher-/Münzzählertremor der Hände
vegetative Störungen:
?
Seborrhoe („Salbengesicht“)
?
nächtliches Schwitzen
?
Blasen-/Sexualfunktionsstörungen
Bradyphrenie (= Verlangsamung geistiger Abläufe)
depressive Verstimmung
Diagnose
? klinisch (s.o.)
? apparative Zusatzuntersuchungen:
?
EEG: Grundrhythmusverlangsamung
?
CT/MRT: Zeichen der Hirnatrophie
?
EMG:
? Tremor: regelmäßige reziproke Innervation von Agonist und Antagonist
? Rigor: Hintergrundaktivität, Entdehnungsaktivität (sog. Release-Phänomen)
?
VEP, AEP, SEP: Nachweis systemübergreifender Degenerationen bzw. von Begleiterkrankungen
Therapie
?
?
?
?
?
?
?
Kombinationspräparate (z.B. Madopar®) aus L-Dopa (= Dopaminvorläufer) + Benserazid bzw. Carbidopa
(= Dopamindecarboxylasehemmer)
Anticholinergika (gut wirksam gegen Rigor und Tremor):
?
Biperiden (Akineton®)
?
Metixen (Tremarit ®)
Amantadin (Symmetrel®, Adamantin-ratiopharm®, PK-Merz®, Contenon®)
Monoaminooxidase-B-Hemmer: Selegilin (Movergan®)
Dopaminagonisten:
?
Bromocriptin (Pravidel®)
?
Lisurid (Dopergin ®)
Krankengymnastik
stereotaktische Hirnoperation: obsolet
Beurteilungskriterien der therapeutischen Beeinflußbarkeit des PARKINSON-Syndroms
ℵ Ausmaß der Hirnatrophie im CCT/MRT
ℑ IBZM-SPECT
ℜ L-Dopa- / F-Glucose-PET (zeigt postsynaptisch verminderten Dopaminstoffwechsel)
℘ Apomorphin-Test (Apomorphin = Dopaminagonist; Symptombesserung nach Apomorphin i.v., wenn nicht
postsynaptisch bedingt)
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34
Poliomyelitis
Poliomyelitis acuta anterior, Poliomyelitis epidemica anterior acuta, HEINE-MEDIN-Krankheit,epidemische spinale
Kinderlähmung
Definition
Viral bedingte entzündliche Veränderung des Rückenmarksvorderhorns, die pathologisch-anatomisch mit
Ganglienzellnekrosen (Tropismus des Virus für ? -Motoneurone) einhergeht, klinisch häufig inapparent bleibt,
leichte katharrhalische Symptome zeigt oder sich als Meningitis manifestiert, selten aber auch zu Lähmungen
führt.
Epidemiologie
? Inzidenz (weltweit): 10 / 1.000.000
?
Verbreitung in Nordamerika und Europa wegen des hohen Immuniserungsgrades durch Schutzimpfung
drastisch zurückgegangen, jedoch in tropischen Ländern noch relativ häufig
? Zielgruppe: v.a. Kleinkinder, zunehmend auch ältere Kinder und Erwachsene
Ätiologie
? Infektion durch Poliomyelitis -Viren (RNA-Viren des Genus Enterovirus der Picornaviridae)
?
Typ I (Brunhilde, häufigster Erreger)
?
Typ II (Lansing)
?
Typ III (Leon)
? Reservoir: Nasenrachenraum
? Übertragung: fäkal-oral
Gleichartige Krankheitszustände werden u.U. auch durch andere Viren (ECHO-, Coxsackie-, Arboviren)
hervorgerufen.
Klinik
90-95% der Infektionen verlaufen inapparent. Außerdem sind abortive Verläufe mit leichten, katharrhalischen
Symptomen ("minor illness"), sowie Verläufe mit Meningitis, jedoch ohne Lähmungen ("aseptische Meningitis")
möglich. Eine Manifestation der paralytischen Form ist somit eine Seltenheit (ca. 0,1%).
? Prodromalstadium:
?
katharrhalische Erscheinungen der oberen Luftwege oder des Darmkanals (→ Durchfall)
?
mäßiger Temperaturanstieg
?
Kopf-, Rücken- und Gliederschmerzen
?
allgemeine Hyperästhesie
? freies Intervall (1-5 d)
? meningitisches Stadium: meningitische Zeichen, EEG-Veränderungen (in 50%)
? paralytisches Stadium (kann auch akut einsetzen!)
? asymmetrische schlaffe Paresen unterschiedlicher Ausprägung (z.B. Klauen-, Flaggenhand) und Verteilung
(v.a. Paraplegien der unteren Extremität)
? Areflexie in den gelähmten Partien
? keine Sensibilitätsstörungen bei der spinalen Form
? nach Entfieberung keine Progression der Lähmungen
Therapie
? symptomatisch: Intensivtherapie und Beatmung bei Atemmuskelbefall sowie bei der bulbären Form
? Isolation des Poliomyelitiskranken
Prognose
?
bei Beteiligung v.a. der Kerne des IX. und X. Hirnnerven (= bulbopontine Form) oder rasch aufsteigender
Lähmung (= LANDRY-Paralyse) schlechte Prognose (Letalität 20-60%)
? häufig Rückbildung der Lähmungen innerhalb eines Jahres
? Residualschäden:
?
atrophische Lähmungen (Paresen bleiben in 30% der Fälle zurück)
?
trophische und vasomotorische Störungen
?
Skelett- und Gelenkveränderungen
?
Zurückbleiben des Knochenwachstums einzelner Extremitäten
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35
Polyneuropathie (PNP)
Definition
Gruppe ätiologisch unterschiedlicher Erkrankungen des peripheren Neurons bzw. seiner Hüllen, die mit schlaffen
Lähmungen, sensiblen Reiz- und Ausfallserscheinungen sowie vegetativen Störungen einhergehen und viele
bzw. alle Nerven betreffen.
Ätiologie
? toxisch (2% bzw. 15% bei Hinzurechnung alkoholtoxischer Polyneuropathien)
? Medikamente:
?
Chloroquin: hochdosiert
?
Disulfiram: 1-1,5 g
?
Isoniazid: 400-800 mg/d (irreversibel, jedoch verhinderbar durch Vitamin-B6-Substitution)
?
Nitrofurantoin > 400 mg/d
?
Phenytoin: hochdosiert und langfristig
?
Sulfonamide: 30-40 g
?
Vincristin: > 10 mg
?
Amiodaron: 200-400 mg
? Schwermetalle
? Lösungsmittel
? Bakteriengifte
? metabolisch (34%):
?
Diabetes mellitus, Urämie: 30%
?
Porphyrie, Amyloidose, Makroglobulinämie: 4%
? Kollagenosen-assoziiert (3%):
?
Panarteriitis nodosa
?
Lupus erythematodes
?
Sklerodermie
? zirkulatorisch:
?
arterielle Verschlußkrankheit
?
Ergotismus
? entzündlich:
?
Coxsackie-Viren
?
Borrelien
?
idiopathisch: GUILLAIN-BARRÉ -Syndrom
? Krankheitserreger-bedingt:
?
Zoster
?
Lepra
?
Lues
? alimentär:
?
Malabsorption
?
Beri-Beri
?
Vitamin-B12-Mangel
? hereditär
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36
Klinik
sensibel
Motorisch
Vegetativ
Reizsymptome
Parästhesien
Schmerz
Hitzegefühl/Brennen
Hyperpathie
Crampi
Faszikulationen
Hyperhidrose
Hyperkeratose
Bindegewebsproliferation
Tachykardie
Ausfallssymptome
Hyp-/Anästhesie
Hyp-/Analgesie
Parese/Paralyse
Atrophie
Hypo-/Areflexie
Anhidrose
Rubeosis (Vasomotorenlähmung)
Hautatrophie, Ulzera, Wundheilungsstörungen
neurogene Osteoarthropathie
Darm-, Blasen-, Sexualfunktionsstörungen
Kreislauf-/Herzfunktionsstörungen
Zusatzsymptomatik bei bestimmten PNP-Formen
Polyneuropathie-Ursache
Symptome
Arsen
Hyperkeratosen, Nagelstreifen (M EES-Streifen)
Thallium
Haarausfall, Psychosen, „burning feet“, Hirnnervenbeteiligung
Blei
Radialisparese
Triarylphosphat (TAP)
Wadenmuskelschmerz, Atrophien („Storchenbeine“), Myopathie,
Eigenreflexe ↑
Triorthocresylphosphat (TOCP) Fußheberparese
GUILLAIN-B ARRÉ-Syndrom (GBS)
Idiopathische Polyneuritis GUILLAIN-BARRÉ -STROHL
Epidemiologie
? Inzidenz: 1,7 / 100.000
? Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten
Ätiologie
?
unbekannt (in 80% der Fälle geht allerdings ein Infekt des Gastrointestinal- bzw. Respirationstraktes
voraus)
Klinik
? anfangs milde sensible Ausfälle, häufig Kribbelparästhesien
?
folgend: motorische Störungen (innerhalb von 14 Tagen, selten bis 4 Wochen, aufsteigende
symmetrische Lähmungen)
Diagnose
? Klinik (s.o.)
? verlangsamte Nervenleitgeschwindigkeit (Markscheidenschädigung): < 30 m/s
? isolierte Liquoreiweißvermehrung (entzündlich veränderte Nervenwurzeln): > 80-150 mg%
Therapie
? Immunglobulingabe und/oder Plasmaseparation
Prognose
? in > 80% der Fälle: gute Prognose mit vollständiger Abheilung nach 3-5 Monaten
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37
Schlaganfall
Apoplexie, Apoplexia cerebri
Definition
Durch Ischämie oder Blutung bedingte Nekrose von Hirnarealen.
Epidemiologie
?
Häufigkeit (BRD): 250.000 / Jahr
Risikofaktor Alter
45-54 Jahre: 1faches Risiko
55-64 Jahre: 2,5faches Risiko
65-74 Jahre: 6,5faches Risiko
75-80 Jahre: 11,9faches Risiko
Ätiologie
? Ischämie (80%):
?
Myxom, Aneurysma, paradoxe Embolie bei offenem Foramen ovale
?
arterio-arterielle Embolisation (60%): Plaquematerial aus der Aorta oder den Karotiden
?
hämodynamisch (20%): Carotis -interna-Stenose/-Verschluß bei fehlender/mangelnder Kollateralisation
? Blutung (20%):
?
Parenchymblutungen: z.B. Tumorblutungen,
?
Blutungen bei Antikoagulation
?
Subarachnoidalblutung
?
Subdural-/Epiduralblutung
?
Sinusvenenthrombosen
Ursachen ischämischer Schlaganfälle
ℵ Arteriosklerose
ℑ Gefäßdissektion (meist traumatisch: Schlag auf Karotiden oder Vertebralisarterien)
ℜ Vaskulitiden: autoimmun (SLE, Panarteriitis nodosa), erregerbedingt (Syphilis, Tbc, Viren)
℘ Moya-Moya: ätiologisch unklarer Verschluß basaler Hirnarterien bei jungen Patienten (schlechte Prognose)
Risikofaktoren der Arteriosklerose der Hirnarterien
ℵ arterielle Hypertonie (6-8faches Risiko)
ℑ periphere arterielle Verschlußkrankheit (2-3faches Risiko)
ℜ Diabetes mellitus (2-3faches Risiko)
℘ koronare Herzkrankheit (2-3faches Risiko)
⊗ Alkohol (2-3faches Risiko)
⊕ Fettstoffwechselstörungen (2faches Risiko)
∅ Rauchen (1,5-2faches Risiko)
∩ Adipositas, Kontrazeptiva (Risikofaktoren, deren Bedeutung derzeit aber noch unbekannt ist)
Klinik
?
?
?
?
?
?
Hemiparese
Hemihypästhesie
Hemiataxie
neuropsychologische Ausfälle: Aphasie, Akalkulie, Agraphie, Alexie
Kopfschmerzen
Vigilanzminderung (auch Folge des perifokalen Ödems)
Diagnose
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38
?
?
?
?
?
?
?
?
Vitalzeichen
RR
Blutzucker
EKG (Vorhofflimmern? Alter Herzinfarkt?)
CCT (Blutung?)
Blutbild
Gerinnung
weitere Diagnostik zur Sekundärprophylaxe:
? Ultraschall: extrakraniell/transkraniell (Stenose, die zu operieren ist?)
? 24-h-EKG
? Echokardiographie: transthorakal, TEE
? Foramen-ovale-Diagnostik
? Syphilisdiagnostik (TPHA)
? ANA (antinukleäre Antikörper), anti-DNA-Antikörper (Vaskulitis?)
? Protein C, Protein S, erweiterte Gerinnnung
? MR-Angiographie
? Angiographie
Therapie
? allgemeine Maßnahmen:
? RR nur senken, wenn > 230 mmHg (Aufrechterhaltung der Hirnperfusion!)
? Hkt senken, wenn erhöht
? Hypo-/Hyperglykämien ausgleichen
? Fibrinolyse (gebräuchlich beim Basilarisinfarkt, im vorderen Stromgebiet eher nicht bzw. nur im Rahmen von
Studien angewandt)
? fibrinolytische Behandlung des intrakraniellen Gefäßverschlusses innerhalb maximal 6 h, eher sogar nur 3 h
nach Beginn der Symptomatik lokal oder systemisch
? Cave: Blutungsrisiko
? fraglich: therapeutischer Effekt oder Spontanverlauf?
? Thrombozytenaggregationshemmer als Sekundärprophylaxe
? signifikante Risikoreduktion durch ASS
? notwendige ASS-Dosis derzeit noch umstritten (30-300 mg/die)
? Tiklopidin: gleiche Wirksamkeit wie ASS, jedoch erheblich teurer
? Antikoagulation:
? Heparin, Heparinoide
? Vitamin-K-Antagonisten (low-dose-Marcumarisierung wegen hohem Blutungsrisiko)
? Behandlung einer symptomatischen Karotisstenose:
? Endarteriektomie bei symptomatischer Stenose > 70%
?
Operation bei symptomatischen Stenosen < 30% jedoch unterlegen
?
Senkung/Beseitigung von Risikofaktoren
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39
Schwindel
Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel
Definition
Durch eine bestimmte Kopfbewegung ausgelöste, auf einer Kupulolithiasis beruhende Form des peripheren
Lagerungsschwindels mit guter Prognose.
Epidemiologie
? Altersgipfel: 6.-8. Lebensdekade
? Bevorzugung des weiblichen Geschlechtes
Ätiologie
?
?
Anlagerung spontan-degenerativ oder traumatisch losgelöster anorganischer Partikel des
Utrikulusotolithen an die Kupula des hinteren Bogenganges (→ Kupulolithiasis)
Folge: die normalerweise das gleiche spezifische Gewicht wie die Endolymphe besitzende Kupula wird
durch die Partikelanlagerung schwerer und damit auf Drehbeschleunigungen überempfindlich
Klinik
?
kurzdauernde Schwindelanfälle, oft mit rotierender Scheinbewegung und Übelkeit, Schweißausbruch,
Angstgefühl (jedoch ohne Ohrgeräusch), die durch eine bestimmte Kopfbewegung ausgelöst werden
Diagnose
? Untersuchung des Patienten unter FRENZEL-Brille im abgedunkelten Raum:
?
Patient wird aufgefordert, die anfallsauslösende Lage einzunehmen (meist Seitenlage)
?
nach wenigen Sekunden Latenz → rotierender Nystagmus zum untenliegenden Ohr (20 sec bis 1 min
Dauer)
?
nach dem Aufrichten → gegenläufiger, schwächerer Nystagmus mit geringem Schwindel
Therapie
? physikalisches Lagerungstraining (→ Auflösung/Verteilung der Partikel)
Prognose
? gut (spontane Rückbildung innerhalb Wochen bis Monaten)
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40
Morbus MENIÈRE
M ENIÈRE -Krankheit
Definition
Erkrankung des peripheren Hör- und Gleichgewichtsapparates, gekennzeichnet durch einseitigen, anfangs
fluktuierenden Hörverlust, Ohrensausen (Tinnitus) und Attacken von Drehschwindel mit oder ohne Erbrechen.
Ätiologie
? Endolymphhydrops des Labyrinths infolge entzündlich (Labyrinthitis), traumatisch oder akzidentell bedingter
Resorptionsstörung im Saccus endolymphaticus durch perisakkuläre Fibrose bzw. Obliteration des Ductus
endolymphaticus
? typische Drehschwindelattacken sind durch Rupturen des Endolympheschlauches, Austritt von Endolymphe
und vorübergehende Kaliumintoxikation eines Bogengangnervs bedingt
Epidemiologie
? Manifestation bevorzugt in der 4.-6. Lebensdekade
? geringe Bevorzugung des männlichen Geschlechtes
Klinik
? Tinnitus und fluktuierende Hörstörungen
? häufig schon Jahre vor der Krankheitsmanifestation Druckgefühl im betroffenen Ohr
? einseitiger Beginn mit unregelmäßiger, zunächst zunehmender, dann wieder abfallender Frequenz der
Drehschwindelattacken (minuten- bis stundenlange Dauer; im Verlauf u.U. Übergriff auf das andere Ohr)
? im Intervall (d.h. zwischen den Anfällen) zunächst Beschwerdefreiheit, dann zunehmend Ohrensausen und
Hörminderung
Therapie
? Durchblutungsförderung: Betahistidin (Vasomotal®, Aequamen®)
? Antivertiginosa: Dimenhydrinat (Vomex A ®)
? operativ:
?
kochleäre endolymphatische Shuntoperation
?
intratympanale Instillation ototoxische Substanzen
?
transtemporale Vestibularisneurektomie
?
translabyrinthäre Vestibularisneurektomie
?
Labyrinthektomie
Prognose
?
Sistieren der Drehschwindelattacken innerhalb von 5 Jahren in 80-90% der Fälle (auch unbehandelt;
Ausbildung einer permanenten Fistel des membranösen Labyrinths?)
Akuter peripherer Vestibularisausfall
Akute periphere Vestibularisstörung, „Neuronitis vestibularis“
Definition
Akut oder subakut einsetzender, peripher bedingter Schwindel mit der Symptomatik eines einseitigen
Labyrinthausfalls.
Ätiologie
?
?
?
?
virale Infektion des Ganglion vestibulare
Durchblutungsstörungen (z.B. Apoplexia labyrinthi)
toxische Faktoren (z.B. Streptomycin)
traumatische Faktoren
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41
Klinik
?
?
?
?
?
Drehschwindel mit Fallneigung und vegetativer Begleitsymptomatik (Übelkeit, Brechreiz)
heftiger horizontaler Spontannystagmus zur intakten Seite
Rumpfataxie mit Fallneigung zur Seite
kalorische Un- oder Untererregbarkeit des betroffenen Labyrinths
Auslösung kurzer Schwindelphasen durch schnelle Kopfbewegungen
Verlauf
Gutartig. Nach wenigen Tagen vermindert sich die Symptomatik und setzt nach Tagen (selten erst nach Wochen)
vollständig aus. Dies beruht entweder auf einer Herstellung der normalen Labyrinthfunktion oder auf zentraler
Kompensation.
Therapie
>Antivertiginosa (nur in den ersten 3-5 Tagen sinnvoll, da sie eine zentrale Kompensation verzögern):
!Dimenhydrinat (Vomex A ®)
!Sulpirid (Dogmatil®)
? Übungsbehandlung (ab dem 3. Tag)
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42
Spastische Spinalparalyse
Definition
Sehr seltene, meist hereditär bedingte degenerative Erkrankung des 1. motorischen Neurons.
Epidemiologie
>Bevorzugung des männlichen Geschlechtes (Männer : Frauen = 2 : 1)
Ätiologie
>hereditär (75%): autosomal-dominanter, -rezessiver oder X-chromosomal-rezessiver Erbgang
>spontan (25%)
Pathologie
>Verschmälerung des Gyrus precentralis, Degeneration der Pyramidenbahn
>Degneration des Tractus reticulospinalis
>in späteren Krankheitsstadien: geringe degenerative Veränderungen der Hinterstränge
Klinik
>Beginn der Erkrankung meist im Kindes- oder Jugendalter (im Extrem erst ab dem 50. Lebensjahr): Steifigkeit in
den Beinen
>später:
? Paraspastik der Beine (charakteristisch: Adduktorenspasmus → Beine werden aneinandergepreßt)
? gesteigerte Eigenreflexe
? pathologische Reflexe
>keine wesentlichen Sensibilitätsstörungen
Verlauf
Langsame Progredienz über 20-30 Jahre. Armmuskulatur und bulbäre Muskeln werden erst spät betroffen. Im
Endstadium Bettlägerigkeit mit spastischen Kontrakturen.
Therapie
>eine kausale Therapie ist nicht bekannt
>Krankengymnastik (v.a. nach BOBATH)
>orthopädische Behandlung
>Behandlung der Spastik: z.B. Baclofen, Dantrolen
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43
Spinale Muskelatrophie (SMA)
Definition
Degenerative Erkrankung des Vorderhornzellsystems, die in unterschiedlichen Manifestationsformen in Kindes-,
Jugend- und Erwachsenenalter vorkommt und sekundär zu einer Muskelatrophie führt.
Formen:
? SMA im Kindesalter (SMA-K)
?
infantile akute SMA (SMA 1)
?
infantile intermediäre SMA (SMA 2): W ERDNIG-HOFFMANN
?
juvenile chronische SMA (SMA 3): KUGELBERG-W ELANDER
?
juvenile Bulbärparalyse: FAZIO-LONDE
?
juvenile proximale SMA
? SMA im Erwachsenenalter (SMA-E)
?
chronisch progrediente sporadische SMA
?
benigne fokale SMA
?
postpoliomyelitische SMA
?
hereditäre Formen der SMA
Ätiologie
?
unklar; vermutlich handelt es sich um einen einfachen degenerativen Prozeß, z.B. aufgrund eines
genetischen Defektes
Klinik
? Leitsymptome (→ nukleäres motorisches Syndrom)
? Muskelatrophie
? Parese
? Faszikulationen
? Muskeltonus↓
? Reflexminderung bis -verlust
? Vergrößerung der motorischen Einheiten (Folge der Neurondegeneration mit anschließender Reinnervation
durch Kollateralenbildung verbliebener intakter Motoneurone)
? Nebensymptome:
?
NLG↓
?
bei Kindern: kontinuierliche Entladung motorischer Einheiten
SMA des Kindesalters
Infantile akute SMA (SMA 1; 0.-3. Lebensjahr, autosomal-rezessiver Erbgang)
? verminderte intrauterine Kindsbewegungen
? Bewegungsarmut, Schlaffheit, Abduktionshaltung der Extremitäten
? Trinkschwäche
? paradoxe Atmung (inspiratorische Bauchvorwölbung und Thoraxeinsenkung)
? Fehlen von Eigenreflexen
Rasche Progredienz, Tod an den Folgen von Aspiration bei Atem- und Schluckschwäche (in 95% vor dem 18.
Lebensmonat).
Infantile intermediäre SMA (SMA 2; 3.-12. Lebensjahr, autsomal-rezessiver Erbgang): W ERDNIG-HOFFMANN
? generalisierte Schwäche der Muskulatur (betont in den proximalen Beinmuskeln)
? Fehlen der Kniereflexe, die übrigen Reflexe erlöschen etwa ab dem 2. Lebensjahr
? Faszikulationen, Fingertremor
? „lernen nie gehen“
? Entwicklung schwerer Skoliosen
Lebenserwartung 4-8 Jahre, in Einzelfällen bis 15 Jahre.
Juvenil chronische SMA (SMA 3; 2.-8. Lebensjahr, autosomal-rezessiver Erbgang): KUGELBERG-W ELANDER
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44
? verzögerte motorische Entwicklung
? anfangs Schwäche v.a. der proximalen Beinmuskulatur (z.B. Aufstehen aus dem Sitzen, Treppensteigen)
? lumbale Hyperlordose
? Pseudohypertrophie der Waden
? Reflexminderung, später Reflexverlust
? Faszikulationen
Gehunfähigkeit je nach vorliegender Unterform der Erkrankung nach 15-20 oder bis zu 40 Jahren.
Juvenile Bulbärparalyse (2.-10. Lebensjahr, autosomal-rezessiver Erbgang): FAZIO-LONDE
? Schwäche der mimischen Muskulatur, evtl. Ptose
? Schluckstörungen
? verwaschene Sprache
? später absteigende Parese von Hals -, Interkostal, Rumpf- und Extremitätenmuskulatur
Tod nach wenigen Jahren (Aspirationspneumonie).
Juvenile proximale SMA (6.-14. Lebensjahr, autosomal-dominanter Erbgang)
Klinik wie SMA 3 (Verlauf allerdings etwas günstiger).
SMA des Erwachsenenalters
Chronische progrediente sporadische SMA (48. [20.-60.] Lebensjahr): DUCHENNE-A RAN / VULPIAN-BERNHARD
? anfangs Muskelsteife, „Ungeschicklichkeit“ (v.a. in Kälte)
?
Schwäche bzw. Muskelatrophien häufig auch einseitig an Händen oder Schultergürtel, gelegentlich am
Unterschenkel
?
Ausbreitung der Paresen am ganzen Arm, Übergriff auf den anderen Arm und schließlich auf den ganzen
Körper
? Reflexverlust (parallel zur Atrophie/Parese)
? Faszikulationen
Verlauf 5-22 Jahre.
Benigne fokale SMA (15.-40. Lebensjahr, fast nur Männer betroffen)
? meist nur einseitig
? umschriebene Atrophien, Parese
? Reflexminderung bis -verlust
1-2 Jahre raschere Entwicklung, dann weitgehend stationär.
Postpoliomyelitische SMA
Spiales nukleäres Syndrom an der Schädigungslokalisation der abgelaufenen Poliomyelitis
Langsame Progredienz, gute Prognose.
Hereditäre Formen der SMA
Diagnose
? Klinik (nukleäres motorisches Syndrom, s.o.)
? EMG
? Muskelbiopsie
Therapie
? bislang keine kausale Therapie möglich
? Krankengymnastik (weder unterfordern noch überlasten!)
? orthopädis che Apparateversorgung
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45
Spinalis-anterior-Syndrom
Arteria-spinalis -anterior-Syndrom, Syndrom der Thrombose der A. spinalis anterior
Definition
Neurologische Symptomatik bei ischämischer Durchblutungsstörung ventraler Rückenmarksanteile im
Versorgungsgebiet der A. spinalis anterior (meist ist das Brust- und Lendenmark betroffen).
Ätiologie
?
meist kurzstreckige Thrombosen mit Verschluß funktioneller Endarterien (Sulkokommissuralarterien) im
Zusammenhang mit
? Aneurysma dissecans, anderen Aneurysmen, Atherosklerose oder Thrombose der Aorta abdominalis
? Kompression/Verletzung einer Radikulararterie bzw. der A. spinalis anterior (Diskushernie, Tumor, epiduraler
spinaler Abszeß)
? systemische Einflüsse: Intoxikation, Hypoxämie, akute Blutdrucksenkung
Klinik
Symptom
Ursache
schlaffe Parese auf Läsionsniveau
Dissoziierte Empfindungsstörung (verminderte/
aufgehobene Schmerz- und Temperaturempfindung bei
intakter Oberflächen- und Tiefensensibilität) auf
Läsionshöhe
fakultativ: dissoziierte Empfindungsstörung auch
unterhalb des Läsionsniveaus
spastische Parese unterhalb des Läsionsniveaus
Schädigung der motorischen Vorderhornzellen
Schädigung der vor dem Zentralkanal kreuzenden
Fasern des Tractus spinothalamicus lateralis bei
intakten Hintersträngen
Schädigung des im Vorderseitenstrang nach oben
ziehenden Tractus spinothalamicus lateralis
Schädigung der Pyramidenbahn
Das Symptom der „aufgehängten“ dissoziierten Sensibilitätsstörung (d.h. oberhalb und unterhalb der Läsion ist
die Sensibilität intakt) tritt u.a. bei folgenden Erkrankungen auf:
? Spinalis -anterior-Syndrom
? Syringomyelie
? BROWN-SÉQUARD-Syndrom
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46
Subarachnoidalblutung (SAB)
Subarachnoid hemorrhage (SAH)
Definition
Akute Blutung in den Subarachnoidalraum, die meist auf ein basales Aneurysma, seltener auf ein Angiom
zurückzuführen ist.
Epidemiologie
? Inzidenz: 10-13 / 100.000
? aller Schlaganfälle
? aller intrakraniellen Blutungen
Ätiologie
? Ursachen:
?
sackförmige Aneurysmen (70%)
?
arteriosklerotische Aneurysmen
?
arteriovenöse Malformationen (5-10%)
?
Tumorblutungen (2%)
?
Traumen
?
Sinusvenenthrombose
? Risikofaktoren:
?
Hypertonie
?
Alkoholabusus
?
Rauchen
Lokalisation von Aneurysmen (häufig multipel)
ℵ A. communicans anterior (34%) → bei Blutung häufig Okulomotoriusparese!
ℑ A. carotis interna (26%)
ℜ A. cerebri media (17%)
℘ A. cerebri anterior (5%)
⊗ vertebrobasiläres Stromgebiet (3%)
⊕ spinales Stromgebiet (1-3%)
Klinik
? plötzliche, intensive, meist okzipital betonte Kopfschmerzen, häufig gefolgt von Meningismus
? Übelkeit, Erbrechen, andere vegetative Symptome
? fokalneurologische Zeichen
Einteilung nach HUNT und HESS
Grad I: Kopfschmerzen, leichter Meningismus
Grad II: schwerste Kopfschmerzen, deutlicher Meningismus, Hirnnervenparesen (oft N. oculomotorius)
Grad III: Somnolenz, Psychosyndrom, leichte Herdsymptome
Grad IV: Sopor, Hemiparese, vegetative Dysregulation (Schwitzen, zentrales Fieber)
V: Koma
Diagnose
? Anamnese (s.o.)
? CCT (in 95% positiv am 1., in 75% am 3. und in 50% nach 1 Woche)
? Lumbalpunktion (falls CCT negativ oder fraglich):
? Blut im Liquor (später: Hämosiderophagen)
? Xanthochromie (= Gelbfärbung) des Liquors nach Zentrifugation (6 h bis 14 d nach der Blutung):
pathognomonisch für SAB
? TCD (transkranieller Doppler): falls Symptomatik älter als 24 h
? Angiographie
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Grad
47
Therapie
? akuter Hydrozephalus: externe Ventrikeldrainage
? Vasospamusprophylaxe:
?
bereits in der Notaufnahme und für 14 Tage: Nimodipin 2 mg/h i.v.
?
Flüssigkeitszufuhr
?
Blutkoagelentfernung noch experimentell
? Vasospasmusbehandlung:
?
Nimodipin
?
hypervolämisch-hypertensive Therapie
?
3-5×250 ml Humanalbumin 5%/24 h
?
Dopamin, Dobutamin
? Reblutungsprophylaxe: Aneurysma-Clipping (Therapiealternative: Coiling)
?
bei HUNT -HESS I-III (-V): Früh-OP (innerhalb der ersten 72 h nach Blutung, jedoch niemals in der Phase
des Vasospasmus zwischen dem 3. und 14. Tag)
? bei HUNT -HESS IV und V: OP nach 14 Tagen
Prognose
? Letalität:
?
Erstblutung (präklinisch): 15%
?
Erstblutung (im Krankenhaus, ohne OP): 26%
?
Erstblutung (im Krankenhaus, nach Früh-OP): 15%
?
Reblutung (präklinisch): 78%
?
Reblutung (im Krankenhaus): 50%
? Reblutungsrisiko:
?
rupturiertes Aneurysma ohne OP: 50% in 6 Monaten, danach 3%/Jahr (davon 70% innerhalb von 14 d)
?
rupturiertes Aneurysma nach Früh-OP: 6%
?
rupturiertes Aneurysma nach Spät-OP: 22%
?
SAB unbekannter Ätiologie: 1%/Jahr
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48
Syringomyelie
Definition
Langsam progrediente zentrale Hohlraumbildung des Rückenmarks mit neurologischer Ausfallssymptomatik
infolge der Kompression von Rückenmarksstrukturen (zentromedulläres Syndrom).
?
Ausdehnung über 5-10 Segmente, bevorzugt im Bereich des unteren Zervikal- und oberen
Thorakalmarks, selten auch bis in Medulla oblongata und Pons (→ Syringobulbie) oder ins Mittelhirn
reichend; Lumb almark selten und niemals isoliert betroffen
? Formen:
? primäre Syringomyelie (90%): angeboren, Kommunikation mit dem Zentralkanal
? sekundäre Syringomyelie (10%): erworben im Rahmen anderer Erkrankungen, meist keine Kommunikation mit
dem Zentralkanal
Von einer Hydromyelie spricht man, wenn die Hohlraumbildung in einer Erweiterung des beim Erwachsenen
normalerweise auf weiten Strecken obliterierten Zentralkanals besteht.
Epidemiologie
?
?
?
?
Inzidenz: 5 / 1.000.000
Prävalenz: 60-90 / 1.000.000
Manifestationsalter: 20.-40. Lebensjahr
Bevorzugung des männlichen Geschlechtes (Männer : Frauen = 2 : 1)
Ätiologie
? primäre Syringomyelie: embryonale Fehlbildung des Neuralrohres, häufig assoziiert mit weiteren
Fehlbildungen:
?
A RNOLD-CHIARI -Syndrom (Tiefstand der Kleinhirntonsillen)
?
Spina bifida
?
basiläre Impression
?
Blockwirbel
?
Skoliose
?
Nävus der Haut
? sekundäre Syringomyelie:
?
Trauma
?
Arachnitis
?
intramedulläre Tumoren
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49
Klinik
Symptom
Ursache
leichte, flüchtige bis heftige, z.T. brennende, dauerhafte
Schmerzen, meist im Bereich des Schultergürtels (in 25%
Erstsymptom)
Dissoziierte Empfindungsstörung (verminderte/
aufgehobene Schmerz- und Temperaturempfindung bei
intakter Oberflächen- und Tiefensensibilität) auf
Läsionshöhe
vegetative Störungen (Hypo-/Anhidrose, akrodistale
Zyanose, Nagel-/Hautveränderungen, neurogene
Osteoarthropathie mit Gelenkkapselverkalkung,
Knochenentkalkungen)
schlaffe Parese auf Läsionsniveau
Reizung von Hinterhornzellen durch Infiltration /
Begleitgliose?
Schädigung der vor dem Zentralkanal kreuzenden
Fasern des Tractus spinothalamicus lateralis bei
intakten Hintersträngen
Schädigung sympathischer Neurone des
Rückenmarkseitenhorns
Schädigung von Neuronen des
Rückenmarkvorderhorns
spastische Paraparese unterhalb des Läsionsniveaus
Schädigung der Pyramidenbahn (nur bei großer
Syrinxhöhle)
bulbäre Symptome (horizontaler Nystagmus, ZungenSchädigung von bulbären Hirnnervenkernen bei
atrophie, Dysphagie, Dysarthrophonie, abgeschwächter Syringobulbie
Kornealreflex, „zwiebelschalenförmige“ dissoziierte
Empfindungsstörung des Gesichtes etc
HORNER-Syndrom (= Miosis + Ptosis)
Schädigung zentraler sympathischer Fasern
Kyphoskoliose
Skelettanomalie bei Status dysraphicus? Trophische
Störungen an Wirbelkörpern und Rippen bei
veränderter Durchblutung? Lähmung/Atrophie der
langen Rückenmuskeln? Veränderungen der Statik
durch schlaffe Lähmungen im Schultergürtelbereich?
Achtung: Aufgrund des Ausfalls von Schmerz- und Temperaturempfindung und gleichzeitiger gesteigerter
Verletzlichkeit der atrophen Haut kommt es häufig zu unbemerkten Verletzungen, die sich infizieren und in eine
Sepsis übergehen können.
Diagnose
? M INORscher Schweißversuch zum Nachweis einer (segmentalen bzw. quadrantenförmigen) Anhidrose
? CCT + Myelographie
? MRT
Therapie
? operativ:
?
syringo-arachnoidaler oder syringo-peritonealer Shunt
?
Foramen-magnum-Dekompression bei A RNOLD-CHIARI -Syndrom
?
bei sekundärer Syringomyelie: ggf. Tumorexstirpation, Wirbeloperation etc.
? präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Wunden, Ulzera, Sepsis:
?
Verwendung von Schutzhandschuhen bei Arbeiten mit Verletzungsrisiko
?
intensive Hautpflege
? Schmerztherapie: Carbamazepin, Amitriptylin
? Krankengymnastik
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50
Zervikale Myelopathie
Definition
Neurologische Symptomatik infolge mechanischer Kompression des Zervikalmarks.
Ätiologie
? Einengung des Spinalkanals
? primär: anlagebedingt
? sekundär: ausgeprägte Spondylose, abnorme Beweglichkeit durch Mikrotraumen, medialer
Bandscheibenvorfall
? vaskuläre Faktoren (Beeinträchtigung der Blutzufuhr durch die spinalen Aa. radiculares)
Klinik
? langsam progrediente spastische Paraparese (Schwere-/Schwächegefühl der Beine)
? Parästhesien und Sensibilitätsstörungen v.a. der unteren Extremitäten
? radikuläre Schmerzausstrahlung in die Arme (20-30%)
Verlauf
Charakteristisch ist ein langsames Aufsteigen sensibler und motorischer Ausfälle von den unteren Extremitäten
bis auf das Niveau der Kompression.
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51
Liquordiagnostik
Liquorgewinnung
Liquor wird durch Punktion des Subarachnoidalraumes gewonnen, wobei prinzipiell zwei Verfahren angewandt
werden:
ℵ Lumbalpunktion: Punktion zwischen dem 3. und 4. oder 4. und 5. Lendenwirbelkörper
ℑ Subokzipitalpunktion: technisch einfacher, jedoch risikoreicher (deshalb nicht routinemäßig angewandt)
Eine Liquorentnahme ist bei gesteigertem intrakraniellem Druck kontraindiziert, da die hierdurch bewirkte
plötzliche Druckentlastung zur Einklemmung des Hirnstammes im Tentoriumschlitz oder im Foramen magnum
führen kann.
Normwerte
Physikalische Parameter
Farbe
Volumen
Produktionsrate
Druck
Säuglinge
jüngere Kinder
ältere Kinder
Erwachsene
Kinder
Erwachsene
Wasserklar
40-60 ml
60-100 ml
80-120 ml
135 (100-160) ml
0,35 ml / min
40-100 mmH2O
60-195 mmH2O
Biochemische Parameter
Erythrozyten*
Neugeborene
ältere Kinder/ Erwachsene
Neugeborene
Erwachsene
Neugeborene
Säuglinge
ältere Kinder/Erwachsene
120 (0-675) / µl
0
Leukozyten*
0-15 / µl
0-5 / µl
Gesamtprotein
430-1030 mg/l
150-450 mg/l
200-400 mg/l
Glucose
2,7-4,1 mmol/l bzw. 65 (61-89)% der Blutglucose
Lactat
½-15 Jahre
1,1-1,8 mmol/l
16-50 Jahre
1,5-2,1 mmol/l
pH-Wert
7,31
* Der Zellgehalt des Liquors wird nach Anfärbung der Zellen mit Karbolfuchsinlösung in der FUCHSROSENTHAL-Kammer bestimmt. Da diese ein Volumen von 3.2 mm3 (µl) hat, erfolgt im deutschen Schrifttum die
Angabe in „/3 Zellen“. „15/3 Zellen“ z.B. entsprechen somit 5 Zellen pro µl.
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52
Pathologische Normabweichungen
Parameter
Farbe
Veränderung
Rotfärbung
(Erythrochromie)
Gelbfärbung
(Xanthochromie)
Ursache
Blutbeimischung im Verlauf der Punktion oder höchstens 5-6 h
vorher
Beimischung von Blutzerfallsprodukten (Blutung älter als 6 h),
starke Eiweißvermehrung, schwerer Ikterus (Bilirubin > 15 mg%),
erhöhte Permeabilität der Meningealschranke für Bilirubin oder
Carotine (z.B. bei Meningitis, Liquorzirkulationsblock)
Braunfärbung
Melanosarkom von ZNS oder Meningen
Trübung
Pleozytose > 800/3 Zellen
eitrige Verfärbung Pleozytose > 3000/3 Zellen
Gesamtprotein*
↑↑↑↑
Sperrliquor, hypertone Dehydratation, Melanom des ZNS, Mykosen
des ZNS, eitrige Meningitis
↑↑↑
GUILLAIN-BARRÉ -Syndrom, diabetische Polyneuritis,
Akustikusneurinom, Aliquorrhoe
↑↑
tuberkulöse Meningitis, parasitärer Befall des ZNS, Neurolues,
Subduralhämatom
↑
Hirntumor, Tabes dorsalis, Virusmeningoenzephalitis,
Nachbarschaft eines Diskusprolaps
oligoklonale Banden
bakterielle Meningitis, mykotische/parasitäre Infektionen,
Neuroborreliose, Herpes-simplex-Meningitis, Herpes-zosterMeningitis, Meningitis bei Zytomegalie / Mumps / Masern,
Hirnabszeß, Neurolues des ZNS, subakute sklerosierende
Panenzephalitis, Myleom, liquornahe ZNS-Tumoren, Meningeosis
carcinomatosa
Glucose
↑
Diabetes mellitus
↓
bakterielle Meningits, Pilzmeningitis, virale Meningoenzephalitis
(Mumps, Herpes simplex), Meningeosis carcinomatosa, Sarkoidose
des ZNS
Lactat
↑
bakterielle Meningitis, zerebrovaskuläre Erkrankungen, diabetische
Azidose
* Bei stark erhöhtem Eiweißgehalt kann der entnommene Liquor gerinnnen.
Liquorimmunglobuline
Anders als im Serum spielt sich die Immunglobulinproduktion im ZNS nicht so ab, daß einer frühen IgM-Synthese
eine spätere, anhaltende IgG-Synthese folgt. IgM und IgA werden hierbei nur bei einzelnen Krankheitsbildern
beobachtet, wobei sie in der Regel parallel zum IgG gebildet werden. Ein Nachweis einer lokalen (autochthonen)
Immunglobulinproduktion im ZNS kann durch die Bestimmung des IgG-Index erfolgen:
Werte > 0,7 sind pathologisch und deuten auf eine lokale IgG-Synthese hin.
Ein qualitativer Nachweis einer lokalen Immunglobulinproduktion kann durch oligoklonale Subfraktionierung im
Liquor mit Hilfe einer empfindlichen elektrophoretischen Technik (isoelektrischen Fokussierung) erfolgen. Die
hohe Auflösungskraft dieser Methode erlaubt die Darstellung von oligospezifischem IgG, das sich in Form eines
Bandenmusters („oligoklonale Banden/Fraktionen“) aus dem Hintergrund des polyklonalen IgG heraushebt.
Amyotrophische
Lateralsklerose
BROWN-SÉQUARDSyndrom
FRIEDREICH-Ataxie
Funikuläre Myelose
Paresen
schlaff spastisch
+
+
+
+
+
+
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53
Epidemiologie
Quellenangaben
[01] Vorlesung Neurologie B
[02] Kunze: Lehrbuch der Neurologie, Thieme, 1992.
[03] Fröscher: Neurologie, de Gruyter, 1990.
[04] Poeck: Neurologie, 9. Auflage, Springer, 1994.
[05] Trepel: Neuroanatomie, Urban & Schwarzenberg, 1995.
[06] Kahle: dtv-Atlas der Anatomie, Bd. 3: Nervensystem und Sinnesorgane, 6. Auflage, dtv, 1991.
[07] Rauber, Kopsch: Anatomie des Menschen, Bd. 3: Nervensystem, Sinnesorgane, Thieme, 1987.
[08] Herold: Innere Medizin, Gerd Herold, 1997.
[09] Wissenschaftliche Tabellen Geigy, Teilband Körperflüssigkeiten, 8. Auflage, Geigy, 1977.
[10] Dörner: Klinische Chemie, 2. Auflage, Enke, 1992.
[11] Forth, Henschler, Rummel, Starke: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 6. Auflage,
BI-Wiss.- Verlag, 1992.
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