Grundlagen- und Strukturwissen

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Das Lehr- und Lernmittel «Staat» vermittelt aktuelles und strukturiertes
Grundlagen- und Aufbauwissen und behandelt wichtige Themenbereiche der Staatskunde und der Politik.
STAAT
Beat Gurzeler — Hanspeter Maurer
Grundlagen- und Strukturwissen
Eine klare, farblich unterstützte Einteilung der Inhalte ermöglicht
den Lernenden, gezielt ausgewählte Themen zu bearbeiten. Als Orientierungshilfe dienen die zahlreichen Querverweise, die Definitionen
von Fachbegriffen im Text, das Glossar und das umfangreiche Stichwortverzeichnis.
Zu jedem Kapitel werden als Repetition Verständnisfragen und
zur Vertiefung des Wissens weiterführende Fragen und ethische Grundfragen gestellt.
Das Buch entspricht dem ersten Teil des Lehrbuchs « Staat und
Wirtschaft » und eignet sich sowohl für den Unterricht an weiterführenden Schulen wie auch für das Selbststudium.
GURZELER — MAURER
www.hep-verlag.ch / staat
Lernen, trainieren, nachschlagen :
die kostenlose App zum Buch.
STAAT
STAAT_Einleitung_2013_def_einleitung_2005_neuauflage_def 16.04.13 19:03 Seite 3
Vorwort
Vorwort
Das vorliegende Lehr- und Lernmittel vermittelt Grundlagen- und Strukturwissen zu
wesentlichen Themenbereichen der Staatskunde und der Politik. Es entspricht dem
ersten Teil des Lehrbuchs «Staat und Wirtschaft».
Leicht lesbare Texte, strukturierte Darstellungen sowie Visualisierungen mittels aussagekräftigen Grafiken, treffenden Fotos und zusammenfassenden Mindmaps erleichtern
das Verständnis für komplexe Sachinhalte. Jedes Kapitel beginnt mit einer Übersichtsseite, welche den Sachverhalt erläutert, die Lernziele aufzählt und mit einem Mindmap die
Sachstruktur aufzeigt.
Eine klare, farblich unterstützte Einteilung der Inhalte ermöglicht den Lernenden,
gezielt ausgewählte Themen zu bearbeiten.
Als weitere Orientierungshilfe dienen: zahlreiche Querverweise in den Kapiteln, Definitionen von Fachbegriffen im Text, eine Schweizer-, eine Welt-, und eine Europakarte, Top-Internetadressen, ein Glossar und ein Stichwortverzeichnis mit Internetadressen im Anhang.
Zu jedem Kapitel werden als Repetition Verständnisfragen und Vertiefungsarbeiten
gestellt. Zur persönlichen Reflexion über ethische und moralische Werte enthält jedes
Kapitel gezielte ethische Grundfragen.
Die kostenlose «S&W-App» fürs iPhone ist im App Store erhältlich. Mit dieser App können die Lernenden die Schlüsselbegriffe des Buches nachschlagen und ihr Wissen mit
einer digitalen Lernkartei trainieren und überprüfen.
Das beiliegende Buchzeichen beinhaltet die elementarsten Begriffe der einzelnen Kapitel und soll als Gedankenstütze und Vernetzungshilfe dienen.
Um aktuelle staatspolitische und gesellschaftliche Zusammenhänge zu verstehen, ist eine
grundlegende Sachkompetenz Voraussetzung. Dieses Buch hilft Ihnen dabei.
Eng mit diesem Lehrmittel verknüpft sind die «Politics – Economics», frei zugängliche
und downloadbare Arbeitsblätter, welche aktuelle Themen aus den Bereichen Staat,
Wirtschaft und Gesellschaft in prägnanter Form inklusive Fragestellungen aufgreifen
(weitere Informationen siehe Seite 111 sowie www.hep-verlag.ch).
Unser Dank gebührt:
• Eva Woodtli Wiggenhauser für ihre aufopfernde Arbeit als Grafikerin,
• Stefan Schaer, Büro eigenart, für die dauernde grafische Überarbeitung,
• Salzmann & Gertsch, Grafik & Typografie, für die neuen Umschläge,
• Matthias Vatter, Andreas Tschöpe und Bernhard Probst für das fachspezifische Lektorat und die vielen Anregungen zum vorliegenden Buch.
April 2013, die Autoren
Beat Gurzeler,
Berufsschullehrer
Hanspeter Maurer,
Berufsschullehrer,
Projektleiter Qualitätsentwicklung Kanton Zürich
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Staat Inhalt
Inhalt
1. Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.1 Politik – Macht der Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Ansprüche und Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Politische Entscheidungsträger Parteien, Grundhaltungen, Verbände, NGOs . . . . . . . . . .
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2. Rechte und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.1 Menschenrechte Grundrechte, Schutz der Menschenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Staatsbürgerliche Rechte in der Schweiz
Niederlassungsfreiheit, Schutz vor Ausweisung, Bürgerrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Politische Rechte in der Schweiz Stimm- und Wahlmehrheiten, Majorzwahl,
Stille Wahl, Proporzwahl, Wahlmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Staatsbürgerliche Pflichten in der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Strukturen des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
3.1 Merkmale des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Staats- und Regierungsformen Demokratie, Diktatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Die Gewaltenteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.4 Die Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.5 Schweiz: Bund, Kantone, Gemeinden Föderalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4. Die Schweizer Bundesbehörden . . . . . . . . . . . . 37
4.1 Die Bundesbehörden im Überblick Exekutive, Legislative, Judikative . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Die Bundesversammlung: National- und Ständerat Aufgaben und Mittel . . . . . . . . . .
4.3 Der Bundesrat Kollegial- und Departementalprinzip, Bundesverwaltung . . . . . . . . . . . . . .
4.4 Die richterliche Behörde Bundesgericht, Gerichts- und Prozessarten . . . . . . . . . . . . . . . .
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5. Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
5.1 Recht und Gesetz Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Abstufung der Rechtserlasse Verfassung, Gesetz, Bundesbeschluss,
Verordnung, Reglement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3 Gesetzgebungsverfahren beim Bund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.4 Das Referendum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.5 Die Volksinitiative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Staat Inhalt
6. Integration Europas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
6.1 Europa – auf der Suche nach der eigenen Identität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2 Der Europarat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.3 EU – Europäische Union Die drei Säulen der EU, Organe und
Institutionen der EU, Entscheide und Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.4 Die europäische Aussen- und Sicherheitspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.5 Die OSZE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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7. Weltpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
7.1 Weltpolitische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2 Globale Probleme – globale Aufgaben Ressourcen, Klima, Bevölkerung,
Armut, Migration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.3 UNO – Vereinte Nationen (UN – United Nations) Organe, Institutionen, Einsätze . . . .
7.4 NATO (Nordatlantikpakt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.5 IKRK (Internationales Komitee vom Roten Kreuz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.6 Andere bedeutende internationale Organisationen und Konferenzen . . . . . . . . . .
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8. Staatspolitik der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
8.1 Aussenpolitik Multilaterale Zusammenarbeit, Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . . .
8.2 Neutralität Elemente, Bedeutung, Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.3 Sicherheitspolitik der Schweiz Sicherheit durch Kooperation, Armee,
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Bevölkerungsschutz, wirtschaftliche Landesversorung, Staatsschutz, Polizei,
Information und Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.4 Ausländer- und Asylpolitik Duales Zulassungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.5 Sozialpolitik Das soziale Netz in der Schweiz, Sozialhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.6 Aktuelle Politthemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Anhang
Landkarte Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Landkarte Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Landkarte Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Top-Internet-Adressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Hinweis auf Komplementärmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Lernprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Staat 1. Politik
1. Politik
Sachverhalt
Nach dem Studium des Kapitels können Sie
Kein Interesse? Politik ist für Sie kein Thema? Dann ist Ihnen egal …
ⓦ
Politik als Macht der Interessen erkennen.
… wie viel Steuern Sie bezahlen?
ⓦ
den Begriff Politik beschreiben und verstehen.
… ob oder wie Sie Militärdienst leisten müssen?
ⓦ
Ansprüche und Leistungen des Staates erläutern.
ⓦ
politische Entscheidungsträger nennen.
ⓦ
politische Grundhaltungen («Links-Rechts»-Sche-
… ob Sie Arbeit finden?
… wie viel Sie für Ihr SBB-Billett bezahlen müssen?
… wie Sie Ihr Auto benutzen dürfen?
Tatsächlich kein Interesse?
Sie alleine können die Welt nicht verändern, aber in einem demokratischen
Rechtsstaat haben Sie zumindest die Möglichkeit, Ihre Interessen einzubringen
und andere von Ihren Ideen und Gedanken zu überzeugen. Spätestens jetzt politisieren Sie.
Sie können sich auch einer Organisation anschliessen, welche Ihre Interessen wahrnimmt, ohne dass Sie dabei selber aktiv ins Politgeschehen eingreifen müssen.
ma) beschreiben.
Es empfiehlt sich allerdings, die Werte und Ideale dieser Organisationen gut zu
studieren, bevor man sich Ihren
ⓦ
parteipolitische Aussagen unterscheiden und mit
den eigenen Wertvorstellungen vergleichen.
Parolen anschliesst, denn nicht selten erwei-
sen sich ihre Versprechen als blosse Werbung.
ⓦ
die Funktion und die politische Einflussnahme
der Verbände erkennen.
Sachstruktur / Schlüsselbegriffe
Ansprüche – Interessen – Leistungen
Parteien
➔➔
Politics
➔➔
➔➔
Verbände
Gewerkschaften
Polity: Parlament,
Regierung, Gerichte
Politische Entscheidungsträger
rechts,
bürgerlich
links
Pluralismus
➔➔
➔➔
➔➔
Policy
Massenmedien
Inhalt
1.1 Politik – Macht der Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Ansprüche und Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Politische Entscheidungsträger Parteien, Grundhaltungen, Verbände, NGOs . . . . . . . . . .
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Staat 1. Politik
1.1 Politik – Macht der Interessen
Die Politik im umfassenden Sinn befasst sich mit der
Gestaltung und Organisation unserer Gesellschaft und
stellt eine ständige Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Interessen, einen dauernden Machtkampf
verschiedenster Gruppierungen oder Organisationen
dar. In jedem Land gibt es mächtige und weniger
mächtige Menschen, Gruppierungen oder Organisationen, welche versuchen, das öffentliche Leben nach
ihren Interessen, Ideen, Werten oder Vorstellungen zu
gestalten.
In der Politik geht es um Interessen. Soll z. B. der
Benzinpreis gesenkt oder die Gentechnologie geför-
dert, die Ladenöffnungszeiten verlängert oder die
Steuern gesenkt werden? Die Durchsetzung dieser
Anliegen ist Aufgabe der Politik.
In der Politik geht es um Macht. Sie ist überall dort
unvermeidlich, wo Interessen der Gemeinschaft gegen andere durchgesetzt werden.
Politik wird in der modernen Politikwissenschaft in
drei Dimensionen definiert: Prozesse, Form und
Inhalt der Politik. Es gibt also drei Wirkungsfelder des
Politischen: politics – polity – policy. Die englischen
Begriffe haben sich dabei durchgesetzt.
Politics = Prozess
Politics bezeichnet die Durchsetzung der Interessen und damit den politischen Kampf.
Politics betrachtet das Ringen der politischen Akteure zu einem Thema. Beispielsweise Gewerkschaften
und Arbeitgeber versuchen, das Arbeitsgesetz nach ihrem Geschmack zu ändern. Weitere Akteure sind
die Parteien. Auch kann jeder Bürger und jede Bürgerin durch Aktionen Politics betreiben.
Die Durchsetzung der Interessen kann friedlich oder mit Gewalt geschehen. In der Politik werden in
der Regel Entscheidungen von der Mehrheit auf Grund stichhaltiger Argumente errungen. Oft bilden
dabei
Kompromisse die Lösung, denn Politik entfaltet sich im Dialog und ist letztlich ein Ausgleich
von Interessen. Versagt dieser Entscheidungsprozess, bleibt als letztes Mittel der Politik oft nur noch
die Gewalt, wie z. B. Geiselnahmen, Terrorismus oder sogar Kriege (z. B. Nato-Einsatz in Kosovo).
Gewalt ist in einem Rechtsstaat nicht statthaft, um Interessenkonflikte zu lösen. Nur der Staat hat das
Recht, im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger selber Gewalt anzuwenden (z. B. Polizei- und Armeeeinsatz, Terrorbekämpfung).
Polity = Form
Polity bezeichnet das politisch-institutionelle System, die Grundlagen und Strukturen des Staates (Verfassung, Rechtsordnung usw.).
Polity untersucht die Politik nach dem Gesichtspunkte, wie sich eine Gesellschaft politisch organisiert.
Beispielsweise werden verschiedene Demokratien und Wahlsysteme miteinander verglichen.
Policy = Inhalt
Policy bezeichnet das aktive Handeln des Staates, die eigentlichen Inhalte der Politik.
Policy meint die Politik, die vor allem vom Staat gemacht wird (z. B. Landwirtschaftspolitik, Sozialpolitik, Kulturpolitik). Es geht dabei um die Ausführung nach zuvor beschlossenen Gesetzen. Die PolicyForschung untersucht beispielsweise, wie wirksam diese Politiken des Staates sind.
In einer pluralistischen, d. h. vielfältigen Gesellschaft
ist es nicht leicht, Mehrheiten zu finden. Um bestimmte Interessen erfolgreich durchsetzen zu können,
müssen diese eine Mehrheit der Bevölkerung überzeugen können. Damit solche Mehrheiten zustande
kommen, schliessen sich Leute mit ähnlichen Interes-
sen und Vorstellungen zu Interessengruppen (Partei,
Verband, Verein) zusammen (S. 10 ff.).
Auch der Staat als solches oder internationale Interessengemeinschaften wie z. B. Greenpeace (S. 75) betreiben Politik und versuchen, ihre Interessen innerhalb der Weltgemeinschaft wahrzunehmen.
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Staat 1. Politik
1.2 Ansprüche und Leistungen
www.ch.ch
Meist verbindet man mit dem Begriff Staat unbestimmte negative Gefühle: Der
Staat macht uns Vorschriften, die bis weit ins Private hineinreichen (Schulpflicht,
Eherecht usw.), verlangt uns Leistungen ab (Steuern, Militärdienst), verteuert den
Preis von an sich billigen Produkten (Benzin), beschränkt unsere Freiheiten auf
vielfältige Weise (Tempolimiten, Passkontrollen), regelt die Arbeitszeiten oder
überwacht und kontrolliert das tägliche Leben (Polizei).
Wie viel Staat wollen wir ?
Doch der Staat gibt auch viel. Er sorgt u. a. für Ordnung und Sicherheit, garantiert
die Rechte seiner Bürgerinnen und Bürger und behauptet seine Unabhängigkeit
gegen aussen.
Der heutige Staat wird zunehmend zu einem Leistungsstaat mit vielfältigen Aufgaben. Er soll für Vollbeschäftigung sorgen, Wirtschaftskrisen verhindern,
gefährdete Wirtschaftszweige fördern, sich um die
Pflege der Kranken und Alten kümmern, Jugendliche
betreuen und beraten, Bildung und Ausbildung fördern, Spitäler und Verkehrswege bauen, die Natur
schützen und bei Katastrophen helfen usw.
Dauernd wird der Staat mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Diese können von innen kommen
(Bedürfnisse, Forderungen von einzelnen Bevölkerungsgruppen) oder von aussen an den Staat herangetragen werden (Globalisierung, Umweltgefahren, Seuchen, Migration, Krieg; S. 67).
Längst sind nicht mehr alle bereit, den Preis zu zahlen, den solche Leistungen kosten. Für viele Bürgerinnen und Bürger hat die Steuerbelastung die Schmerzgrenze erreicht. Besonders umstritten ist die Frage,
wie weit der Staat sozial ausgleichend wirken soll.
Die wirtschaftlich Starken haben nicht die gleichen
Interessen wie die sozial Benachteiligten. Deshalb
bleibt die Diskussion darüber, was durch den Staat
geregelt werden soll, ein dauerndes Thema politischer
Auseinandersetzung. Wer mitreden will, muss die
Möglichkeiten und die Mittel des Staates, seine Organisation, sein Funktionieren und seine Leistungsfähigkeit kennen.
«Unsere Frage sollte nicht ‹mehr oder weniger Staat› sein, sondern wie wir einen qualitativ ‹besseren›
Staat erreichen können.»
Otto Stich, Bundesrat 1984–1995.
Kompromiss
Lösung eines Problems auf der
Grundlage von gegenseitigen
Zugeständnissen
Pluralismus,
pluralistisch
Vielgestaltig, vielfältig
z. B. Schweiz: verschiedene
geografische Gegebenheiten
(Jura, Mittelland, Alpen),
26 verschiedene Kantone,
4 Sprachregionen, viele Parteien, verschiedene Bevölkerungsschichten usw.
sozial
Die Gemeinschaft, die Gesellschaft betreffend; auch an die
anderen (die Schwächeren in
unserer Gesellschaft) denken,
gemeinnützig, wohltätig sein
Parole
Wahlspruch; wird von den
Parteien bei Abstimmungen
und Wahlen herausgegeben
zur Meinungsbildung der
Bevölkerung
siehe auch:
Staatspolitik . . . . . . . .
Sozialpolitik . . . . . . . . .
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Staat 1. Politik
1.3 Politische Entscheidungsträger
In einem demokratischen Staat nehmen viele Interessenträger am Entscheidungsprozess teil. Nebst dem Parlament beteiligen sich die Regierung, die Verwaltung,
die politischen Parteien, die Verbände und Gewerkschaften, sowie weitere
Interessenorganisationen, sogenannte NGOs (S. 15), am Entscheidungsprozess.
Parteien (am Beispiel der Schweiz)
Parteien sind politische Vereine (➔ Glossar) und bedeutende Träger politischer
Interessen. Sie nehmen grossen Einfluss auf wichtige Bereiche des öffentlichen
Lebens, auf allen Ebenen. Parteien versuchen Bürgerinnen und Bürger zum politischen Meinungsbildungsprozess anzuregen, sie von ihren Vorstellungen und Idealen zu überzeugen und zu politischen Entscheiden zu mobilisieren. In demokratischen Staaten geschieht dies vor allem durch die aktive Teilnahme an Wahlen und
Abstimmungen oder durch öffentliche Stellungnahmen und Parolen. Parteien übernehmen die politische Verantwortung für staatliches Handeln in Parlament und
Regierung.
Grundhaltungen
Die Parteien stützen sich häufig auf eine bestimmte Weltanschauung oder Ideologie. Sie leiten daraus ein Parteiprogramm ab und formulieren dazu ihre politischen
Ziele und Forderungen. In einer multikulturellen, pluralistischen Gesellschaft gibt
es eine grosse Anzahl von Parteien. In den meisten demokratischen Staaten lassen
sich aber grundsätzlich zwei Grundhaltungen ausmachen, die sogenannte Linke
und die Rechte.
Das Links-Rechts-Schema
Links
Rechts
sozial
bürgerlich
sich für Benachteiligte und Schwächere unserer
➔
➔
➔
➔
➔
➔
Gesellschaft einsetzen
vermehrte staatliche Hilfen und Eingriffe
progressiv:
gesellschaftliche Neuerungen fördernd
sich auf die persönliche Freiheit und Selbstverantwortung
berufen (= liberales Gedankengut)
möglichst wenig staatliche Eingriffe
konservativ: an der bestehenden Gesellschaftsordnung
festhaltend, traditionell
eine sozial-marktwirtschaftliche Ordnung vertretend,
➔
➔
➔
➔
➔
➔
mit Betonung auf sozial
vorwiegend Interessen der Arbeitnehmerinnen und
mit Betonung auf marktwirtschaftlich
Arbeitnehmer vertretend
die militärischen Ausgaben zugunsten der Umwelt und
die Interessen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
vertretend
höherer Sozialausgaben kürzen
grenzüberschreitend, international ausgerichtet
eine sozial-marktwirtschaftliche Ordnung vertretend,
für eine starke Landesverteidigung mit einer gut
ausgerüsteten Armee
➔
➔
auf den eigenen Staat ausgerichtet, Pflege des nationalen
Gedankenguts
Als Orientierungshilfe ist das Links-Rechts-Schema nützlich. Bei konkreten Sachfragen jedoch verwischen sich die Grenzen. Es ist denkbar, dass sogenannt rechte
Politikerinnen und Politiker auch Ansichten der Linken teilen oder umgekehrt.
Zum Beispiel sind heute der Umweltschutz oder die Gleichstellung von Mann und
Frau Anliegen, die nicht nur Linke, sondern auch zahlreiche Bürgerliche vertreten.
STAAT_Staat_2013_def_staat_2005-neuaufl_def 16.04.13 18:59 Seite 11
Staat 1. Politik
Das Parteienspektrum der Schweiz
Aktuelle Parteienstärke im Nationalrat
CSP
EVP
CVP
FDP
GLP
BDP
GP
SVP
SP
Lega
MCG
Parteienstärke im National- bzw. Ständerat
Parlamentswahlen 2007
Parlamentswahlen 2011
Wähleranteil
Sitze im
Sitze im
Wähleranteil
Sitze im
Sitze im
NR-Wahlen
Nationalrat
Ständerat
NR-Wahlen
Nationalrat
Ständerat
Schweizerische Volkspartei (SVP)
28,9
62
7
26,6
54
5
Sozialdemokratische Partei (SP)
19,5
43
9
18,7
46
11
Freisinnig-Demokratische Partei (FDP)*
15,8
31
12
15,1
30
11
Christlichdemokratische Volkspartei (CVP)
14,5
31
15
12,3
28
13
9,6
20
2
8,4
15
2
–
–
–
5,4
9
1
Liberale Partei der Schweiz (LPS)*
1,9
4
0
–
–
–
Grünliberale Partei (GLP)
1,4
3
1
5,4
12
2
Evangelische Volkspartei (EVP)
2,4
2
0
2,0
2
0
Partei der Arbeit (PDA)
0,7
1
0
0,9
0
0
Eidgenössische Demokratische Union (EDU)
1,3
1
0
1,3
0
0
Lega dei Ticinesi
0,6
1
0
0,8
2
0
Christlich-Soziale Partei (CSP)
0,4
1
0
0,3
1
0
Mouvement Citoyens Genevois (MCG)
0,1
0
0
0,4
1
0
Übrige
3,0
0
0
2,4
0
1
100,0
200
46
100,0
200
46
Grüne Partei (GP)
Bürgerlich-Demokratische Partei (BDP)**
Total
* Die FDP und die LPS schlossen sich per 1. Januar 2009 zu einer neuen Partei zusammen.
** Die BDP entstand im Sommer 2008 als Abspaltung der SVP.
Regierungsparteien: Die schweizerische Regierung – der Bundesrat – setzt sich seit
1959 nur aus Mitgliedern der vier wählerstärksten Parteien zusammen. Zurzeit ist
allerdings auch die BDP mit Eveline Widmer-Schlumpf im Bundesrat vertreten.
Parlament
Gesetzgebende Gewalt in einer
Demokratie, z. B. Schweiz:
National- und Ständerat auf
Bundesebene
geberverband (Gewerbeverband), Arbeitnehmerverband
(Gewerkschaftsbund), Mieterverband
Anderes Wort für Verband von
Arbeitnehmenden
multikulturell
Verschiedene Kulturen, welche
z. B. in einem Staat zusammenleben.
Ideologie
Weltanschauung einer sozialen
Gruppe, welche dieselben
progressiv
fortschrittlich, Gegensatz zu
konservativ
Gewerkschaft
Verband
Zusammenschluss von Personen, um eng begrenzte Interessensgebiete z. B. in der Wirtschaft oder im öffentlichen
Leben zu vertreten, z. B. Arbeit-
Werte vertritt (z. B. Nationalsozialismus in Deutschland
unter Hitler).
siehe auch:
Regierung . . . . . . . . . .
Bundesverwaltung . . . .
42
43
11
STAAT_Staat_2013_def_staat_2005-neuaufl_def 16.04.13 18:59 Seite 12
12
Staat 1. Politik
Die grössten Parteien
Die folgenden vier Parteien haben im National- und Ständerat die meisten Mitglieder. Sie
stellen deshalb sechs Bundesratsmitglieder und bestimmen mit ihrem politischen Gewicht mehrheitlich die politische Richtung in der Schweiz.
Name/
Gründungsjahr
Internetadresse
Partei vertritt
hauptsächlich
SP
CVP
FDP*
SVP
Sozialdemokratische
Christlichdemokrati-
FDP. Die Liberalen
Schweizerische
Partei (1888)
sche Volkspartei (1912)
(2009)
Volkspartei (1936)
www.sp-ps.ch
www.cvp.ch
www.fdp.ch
www.svp.ch
• Arbeiterschaft,
• breit abgestützte
• Arbeitgeber, Kader-
• breit abgestützte
Angestellte, Staats-
Wählerschaft,
leute, Angestellte,
Wählerschaft,
angestellte
z. B. Arbeitnehmer,
Staatsangestellte
z. B. Bauern und
• aus allen Einkommensschichten
• Leute mit nicht bürgerlichen, sozialistischen, progressiven
Familien
• früher vorwiegend
Katholiken
• Leute mit bürgerlichen Interessen
Interessen
• eher besser verdie-
Bäuerinnen
nende Einkommens-
• Arbeiterschaft
schichten
• Gewerbetreibende
• Leute mit bürger-
• besser verdienende
lichen Interessen
Einkommensschich-
(z. B. Privateigentum,
Sicherheit, Freiheit)
ten
• Leute mit bürgerlichen Interessen
Hauptziele und
Anliegen
Sozialwerke
Wirtschaftsordnung
Mehr soziale Gerech-
Mensch und Familie
Freiheit und Selbstver-
Erhaltung einer neutra-
tigkeit in der Gesell-
als Zentrum der politi-
antwortung für alle
len und unabhängigen
schaft
schen Diskussion
• Stärkung und Aus-
• Erhaltung der Sozial-
• Massvoller finanziel-
bau der Sozialwerke
werke in ihrem heu-
ler Einsatz der Sozial-
werke, z.T. Abbau
wie AHV, IV, ALV
tigen Zustand
werke
(Gesundheitswesen)
• Soziale Marktwirt-
• Soziale und mensch-
• Möglichst viele Frei-
schaft mit ausglei-
liche Marktwirtschaft
heiten, insbesondere
griffen
• Gerechtere Vertei-
• Erhaltung der Sozial-
• Marktwirtschaft
Wettbewerb auf
chenden StaatseinSteuern
Schweiz
dem Markt
• Entlastung von Fami-
• Möglichst tiefe Steu-
•
Sanierung des
lung der Einkommen
lien und Mittelstand,
erbelastung, keine
Bundeshaushaltes
und Besteuerung
keine neuen Steuern
neuen Steuern
und markante
Steuerreduktionen
EU-Integration
• Für sofortigen EUBeitritt der Schweiz
Energie
• Ausbau des bilate-
• Ausbau des bilate-
ralen Wegs, kein
ralen Wegs, kein
bilaterale Abkommen
EU-Beitritt
EU-Beitritt
genügen
• Kein EU-Beitritt,
• Versorgungssicher-
• Versorgungssicher-
treiben, alternative
heit gewährleisten;
heit gewährleisten;
ordnung; Option
Energien fördern
Förderung erneuer-
Prüfung alternativer
Atomstrom bei-
barer Energien;
Energien; keine
behalten
keine neuen AKWs
neuen AKWs mit
• Atomausstieg voran-
• Zuerst Auslege-
Reaktoren der
aktuellen Generation
Verteidigung
• Für eine kleinere
Armee
Drogenpolitik
• Für eine starke
Armee
• Für eine starke
Armee
• Starke Armee ohne
Auslandeinsätze
• Vorsichtige Legalisie-
• Drogenkonsum im
Konsums und Han-
rung des Konsums
privaten Umfeld
von weichen
dels von weichen
von weichen Drogen
legalisieren
Drogen, restriktive
• Legalisierung des
Drogen wie Hanf
• Keine Legalisierung
Drogenpolitik
* Die Partei entstand 2009 durch den Zusammenschluss der Freisinnig-Demokratischen Partei (1894) und der Liberalen Partei der Schweiz (1913).
STAAT_Staat_2013_def_staat_2005-neuaufl_def 16.04.13 18:59 Seite 13
Staat 1. Politik
Weitere Parteien
Die folgenden Parteien sind nur im Nationalrat und teilweise im Ständerat vertreten. Sie
stellen mit Ausnahme der BDP keine Vertreterinnen und Vertreter in den Bundesrat.
Grüne
GLP
BDP
EVP
Grüne Partei der
Grünliberale Partei
Bürgerlich-Demokrati-
Evangelische
Schweiz (1983)
Schweiz (2007)
sche Partei (2008)
Volkspartei (1919)
www.gruene.ch
www.gruenliberale.ch
www.bdp.info
www.evp-pev.ch
Partei vertritt
• Eher junge, gebildete
• Gut gebildete,
• Bürgerliche Wähler-
• Protestantische
hauptsächlich
und mobile Leute mit
Name/
Gründungsjahr
Internetadresse
Umweltbewusstsein
• Vor allem in Städten
aktiv
• Hoher Frauenanteil
städtische Leute
• Höhere Einkommensschichten
schaft
• Ehemalige SVPMitglieder
• Nur in der Deutsch-
Wählerschaft
• Leute mit religiösem
Gedankengut der
evangelischen Kirche
schweiz aktiv,
• Aktiv in protestanti-
vor allem in Zürich
schen Regionen der
Deutschschweiz, z. B.
ZH, SO, TG
Hauptziele und
• Schutz der Umwelt
• Verbindung von
Anliegen
und der natürlichen
Umweltschutz/
antwortliches Han-
Ressourcen durch
Nachhaltigkeit und
deln und Leistungs-
gezieltes ökologi-
liberaler Wirt-
bereitschaft als
sches Handeln (z. B.
schaftspolitik
Grundlage für Wohl-
umweltgerechte
• Eigenverantwortung
• Freiheit, eigenver-
stand und Wachstum
• Die Bibel bestimmt
das politische Handeln
• Schutz des menschlichen Lebens in allen
Bereichen
• Der Staat muss sich
Verkehrspolitik durch
der Bürgerinnen
Umlagerung des
und Bürger, mass-
Sicherheitspolitik
vor allem um das
Schwerverkehrs auf
voller finanzieller
(starke Armee und
Wohl des Menschen
die Schiene, Verteue-
Einsatz bei den
Polizei)
kümmern, z. B.
rung der Energie-
Sozialwerken
• Glaubwürdige
• Schutz der Umwelt
preise, Bio-Landbau,
durch Verursacher-
Stilllegung der Atom-
prinzip und andere
kraftwerke)
Anreizsysteme
Arbeit geben
• Ausbau der Sozialwerke
• Für sofortigen
EU-Beitritt
• Vorerst weitere
• Gegen einen
• kein EU-Beitritt,
bilaterale Verträge,
EU-Beitritt, Unter-
Unterstützung des
später EU-Beitritt
stützung des bilate-
bilateralen Wegs
prüfen
ralen Wegs
• Für Legalisierung
aller Drogen, z. T.
kontrolliert
Neben den oben aufgeführten Parteien sind im Nationalrat noch folgende kleinere Parteien vertreten: Lega dei Ticinesi (seit 1991), CSP (Christlich-soziale Partei/seit 1970),
MCG (Mouvement Citoyens Genevois/seit 2011).
Sanierung
Instandsetzung, erfolgreiche
Lösung finanzieller Probleme
13
STAAT_Staat_2013_def_staat_2005-neuaufl_def 16.04.13 18:59 Seite 14
14
Staat 1. Politik
Verbände/Gewerkschaften
Ein Verband oder eine Gewerkschaft ist eine Zweckvereinigung, welche die Interessen bestimmter Wirtschaftszweige (z. B. Bauernverband, Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen) oder Teilinteressen des öffentlichen Lebens (z. B. Konsumenten/
Mieterinnen) wahrnimmt und nach aussen vertritt. Die Wirtschaft vereinigt in der
Regel unter sogenannten Dachverbänden ähnliche Berufsgruppen oder Branchen
(z.B. Dachverband des Schweizerischen Gewerbeverbandes).
Man unterscheidet
Beispiel
Arbeitgeberverbände
Verband der Schweizer Unter-
Schweiz. Gewerbeverband
Sie vertreten die Interessen
nehmer, economiesuisse
(SGV)
Gewerkschaften
Schweiz. Gewerkschaftsbund
travail.suisse
(Arbeitnehmerverbände)
(SGB)
Schweiz. Bauernverband (SBV)
der Arbeitgeber bzw. der
Unternehmen und des
Gewerbes.
UNIA
Sie vertreten die Interessen
der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer bzw. der Angestellten in der öffentlichen
Verwaltung.
Weitere Interessen-
Verkehr: Verbände wie z. B. TCS, ACS, VCS, Schweizerischer Nutzfahrzeugverband (ASTAG);
organisationen
Konsum: Stiftung für Konsumentenschutz (SKS); Umwelt: WWF Schweiz, Greenpeace Schweiz,
Sie vertreten Teilbereiche des
CCC (Clean clothes campaign); Aussenpolitik: Aktion für eine neutrale und unabhängige Schweiz
öffentlichen Lebens.
(AUNS), Schweizerische Flüchtlingshilfe; Wohnen: Schweiz. Mieterinnen- und Mieterverband,
Schweiz. Hauseigentümerverband; Frauen: Bund Schweizerischer Frauenorganisationen
Ziel und Zweck
Verbände unterstützen ihre Mitglieder (z. B. Beratung,
Weiterbildung, berufliche Hilfeleistungen) und vertreten ihre Interessen gegen aussen (z. B. Rechte am
Arbeitsplatz, Lohnverhandlungen).
Politische Funktion
Verbände haben auf politische Entscheide grossen
Einfluss. Gründe dafür sind ihre hohe Mitgliederzahl,
ihre grosse Finanzkraft und ihre ausgeprägte Organisationsstruktur. Sie lancieren und unterstützen Initiativen und Referenden (S. 52f.) und geben regelmässig Abstimmungsparolen heraus.
Die meisten Verbände haben enge Kontakte mit den
Parteien und beeinflussen deren politisches Handeln
z.T. sehr stark. Meist sind ihre Spitzenvertreter auch
im National- oder Ständerat vertreten. Sie nehmen in
dieser Funktion die Interessen ihrer Verbände wahr.
Man nennt diese Interessengruppierungen Lobby
(z. B. Bauern-Lobby, Banken-Lobby usw.).
Die Verbände in der Schweiz haben bereits bei der
Vorbereitung von Gesetzen Einfluss. Bei Vernehmlassungen (S. 50) geben sie Stellungnahmen zu Handen des Bundesrates ab, und in den besonderen
Kommissionen arbeiten Verbandsvertreter als Experten mit, z. B. in der Berufsbildung (Ausbildungsreglemente). Das Mitspracherecht der Verbände wird in
der Bundesverfassung garantiert (BV Art. 147).
Aufgaben der Massenmedien
Die Massenmedien als Vermittler
von Information werden immer
wichtiger. Sie tragen einerseits wesentlich zur Meinungsbildung bei
und üben andererseits Kontrolle über die politischen
Behörden aus, indem sie Missstände aufdecken und
darüber breit und möglichst objektiv informieren.
Man bezeichnet sie deshalb auch als 4. Macht bzw.
4. Gewalt im Staat (S. 32). Die Medien sind zunehmend zu einem Machtfaktor geworden, indem Personen der Politik und der Wirtschaft dieses Instrument
für die Durchsetzung der eigenen Interessen nutzen.
Auch die Medienleute selber können durch die Auswahl (z.B. einseitige Berichterstattung) und Darstellung der Information grossen Einfluss auf die öffentliche Meinung und die Politik nehmen.
STAAT_Staat_2013_def_staat_2005-neuaufl_def 16.04.13 18:59 Seite 15
Staat 1. Politik
NGOs (Non-Governmental Organizations)
www.ngo.org
NGOs (auf Deutsch Nichtregierungsorganisationen oder Nichtstaatliche Organisationen) sind vom Staat unabhängige, international tätige Organisationen. Sie werden von privaten Gruppen (Parteien, Vereinen, Kirchen usw.) gegründet und
getragen. Jede dieser NGO vertritt die Interessen eines speziellen Bereichs, z. B.
Umwelt, Entwicklungszusammenarbeit, Frieden und Menschenrechte. Sie stellen
bei internationalen Konferenzen zwar keine offiziellen politischen Vertretungen,
ihnen ist aber seit dem Umweltgipfel von Rio (1992) erstmals auf höchster internationaler Ebene politische Legitimation zuerkannt worden.
Beispiele von wichtigen in der Schweiz arbeitenden NGOs:
• Amnesty International (AI)
• Brot für alle
• Caritas Schweiz
• equiterre
• Erklärung von Bern (EvB)
• Europäisches Bürgerforum
• Fastenopfer, Katholisches Hilfswerk Schweiz
• Forest Stewardship Council (FSC)
• Greenpeace Schweiz
• Helvetas
• Hilfswerk der evangelischen Kirchen der Schweiz (HEKS)
• Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit
• Internationale Gesellschaft für Menschenrechte
• Internationales Komitee vom Roten Kreuz (IKRK)
• Médecins sans frontières (Ärzte ohne Grenzen)
• Naturfreunde Schweiz
• Pro Natura
• Schweizerisches Arbeiterinnen- und Arbeiterhilfswerk (SAH)
• Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund (SEK)
• Schweizerische Friedensbewegung (SFB)
• Swisspeace
• Schweizerische Arbeitsgemeinschaft
der Jugendverbände (SAJV)
• Schweizerische Liga für Menschenrechte
• Schweizerisches Rotes Kreuz
• Stiftung Kinderdorf Pestalozzi (SKIP)
• Stiftung Max Havelaar
• Swissaid
• Swisscontact
• World Wide Fund for Nature (WWF)
Im Bereich der «Entwicklungszusammenarbeit und
humanitären Hilfe» besteht seit Jahren eine enge
Zusammenarbeit zwischen den NGOs und der eidge-
nössischen Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA (S. 80) als Vertretung der Schweiz.
Initiative
Ein Volksrecht in der Schweiz.
Möglichkeit des Volkes, in der
Bundesverfassung einen neuen
Artikel hinzuzufügen oder
einen Artikel zu ändern.
Vernehmlassung
Möglichkeit der Stellungnahme
von interessierten Gruppierungen zu einem Gesetzesvorschlag
Massenmedien
Auf grosse Massen ausgerichtete Vermittler von
Informationen, z.B. Radio,
TV, Presse, Internet.
Legitimation
Beglaubigung, rechtliche
Anerkennung
humanitär
wohltätig, menschenfreundlich
Referendum
Ein Volksrecht in der Schweiz.
Volksabstimmung über einen
Beschluss des Parlaments
siehe auch:
Entwicklungszusammenarbeit . . . . . . . . . . 80
Aussenpolitik . . . . . . . . 78
Weltorganisationen . . .70ff.
Initiative . . . . . . . . . . . 53
Referendum . . . . . . . . . 52
15
STAAT_Staat_2013_def_staat_2005-neuaufl_def 16.04.13 18:59 Seite 16
16
Staat 1. Politik
Checkpoint
Verständniskontrolle
1.1 Politik – Macht
der Interessen
1.2 Ansprüche und
Leistungen
1.3 Politische
Entscheidungsträger
1.
Womit befasst sich Politik?
2.
Weshalb bezeichnet man Politik als Macht der Interessen?
3.
Weshalb sollte sich jede/r Einzelne mit politischen Themen auseinandersetzen?
4.
Wie werden in Rechtsstaaten politische Interessen durchgesetzt?
5.
In der Politik werden Lösungen meist durch Kompromisse gefunden. Was heisst das?
6.
Was heisst Pluralismus?
7.
Nennen Sie drei Leistungen oder Vorschriften, welche der Staat von seinen Bürger/innen verlangt.
8.
Weshalb bezeichnet man heute moderne Staaten als Leistungsstaat?
9.
Woher und in welcher Form treten neue Herausforderungen an einen Staat heran?
10.
Nennen Sie wichtige politische Entscheidungsträger.
11.
Welche zwei generellen Grundhaltungen bei Parteien gibt es?
12.
Was heisst a) sozial, b) konservativ, c) progressiv, d) bürgerlich?
13.
Nennen Sie zwei typische Grundhaltungen für a) «linkes» Gedankengut, b) «rechtes» Gedankengut.
14.
Wie heissen die 4 grössten Parteien der Schweiz?
15.
Beschreiben Sie in Stichworten die Ziele und Hauptanliegen der a) SP, b) FDP, c) CVP, d) SVP.
16.
Wen vertritt die a) SP, b) FDP, c) CVP, d) SVP vorwiegend?
17.
Wie heisst die stärkste Nichtregierungspartei der Schweiz?
18.
Welche Interessen nehmen Verbände wahr?
19.
Welche politische Funktion haben Verbände?
20.
Wo überall können Verbände auf politische Entscheidungen Einfluss nehmen?
21.
Weshalb sind Verbände auch dann mächtig, wenn ihre Vertreter nicht im Parlament (NR/SR) sind?
22.
Was ist eine Gewerkschaft?
23.
Was ist eine «Lobby»?
24.
Was sind NGOs?
25.
Nennen Sie 4 bedeutende NGOs.
Weiterführende Fragen und Vertiefungsarbeiten
26.
Entwerfen Sie eine Collage, welche den Pluralismus in der Schweiz an verschiedenen Beispielen zeigt.
27.
Stellungnahmen der Parteien: Informieren Sie sich im Internet oder erkundigen Sie sich bei den Parteizentralen über die Ansichten bezüglich aktueller politischer Fragen der wichtigsten Parteien. Stellen Sie
die Ergebnisse tabellarisch dar und präsentieren Sie Ihre Ergebnisse der Klasse.
28.
Erstellen Sie in Ihrer Gruppe selber ein Parteiprogramm. Nehmen Sie zu wichtigen aktuellen Problemen
Stellung und erarbeiten Sie ein entsprechendes Argumentarium.
29.
Stellen Sie eine wichtige NGO der Klasse vor (Name, Tätigkeit, Grundhaltungen, aktuelle Themen usw.).
30.
Erklären Sie in eigenen Worten die Abbildung auf der ersten Seite dieses Kapitels.
Ethische Grundfragen
A.
Wann ist staatliches Handeln gerecht? (Berücksichtigung von Minderheiten, Randgruppen)
B.
Welche ethischen/moralischen Werte sollen Politiker/innen und Entscheidungsträger in der Wirtschaft
vertreten? (Offenlegung Verwaltungsratsmandate, Geschäfte mit Diktatoren, Vertretung der Parteimitglieder contra eigene Interessen)
C.
Welche Mittel sind zur Durchsetzung der eigenen Interessen im politischen Alltag tolerierbar?
(z.B. Gewalteinsatz bei Demonstrationen, Art der Berichterstattung in Massenmedien)
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