E2 / Physik / Wellen 1 I. Typen von Wellen und ihre Beschreibung I.1. Wellenfunktion, Parameter der Wellenausbreitung Wellen werden durch Wellenfunktionen (= Lösungen einer Wellengleichung) beschrieben. Diese werden hier nicht mathematisch hergeleitet, sondern durch eine physikalische Überlegung. Wir beschränken uns auf die einfachste Form, die harmonische Welle. Die Grundüberlegung ist, dass beim Ausbreiten der Schwingung der einzelne Schwinger (am Ort z) eine harmonische Bewegung in der Zeit ausführt, dass sich als Momentaufnahme (zur Zeit t) auch eine harmonische Schwingung im Raum ergibt . y(t) y(z) t am Ort z: y(t) = A e +jωt z zur Zeit t: y(z) = A e +jβz ω = 2π / T β = 2π / λ T = zeitliche Periode λ = räumliche Periode , Wellenlänge Die Grösse β heisst "Wellenzahl". Sie wird häufig, vor allem in der Optik als „k“ bezeichnet. Sie bestimmt die Frequenz im Raum, so wie ω die Frequenz im zeitlichen Ablauf definiert. β wird auch als "Wellenvektor" definiert, dessen Betrag die Wellenzahl und dessen Richtung die Ausbreitungsrichtung der Welle ist. In einem beliebigen Koordinatensystem, dessen Achse nicht mit der Ausbreitungsrichtung der Welle zusammenfallen muss, lässt sich dann β ⋅z anstelle von β z schreiben. In der Infrarotspektroskopie ist es üblich, als "Wellenzahl" den Ausdruck 1/λ zu bezeichnen, -1 anstelle von 2π / λ . 1/λ in cm ist dort die übliche Abszisse für Spektren. Eine Wellenfunktion muss beide Aspekte berücksichtigen: harmonische Schwingung in der Zeit und harmonische Schwingung im Raum. Das lässt sich erreichen durch Kombinationen der beiden eFunktionen (wobei noch ein Term Φ0 im Argument addiert werden kann, um die Phase in Bezug auf den gewählten Anfangspunkt festzulegen): y(z,t) = A e +jωt e +jβz = A e + j (ω t + β z) und daraus die wichtigsten Kombinationen: y(z,t) = A e y(z,t) = A e + j (ω t - β z + Φ0) + j (ω t + β z + Φ0) laufende Welle in (+ x) - Richtung laufende Welle in (- x) - Richtung. y(z,t) = a cos (ω t + Φ1) cos (β z + Φ2) oder y(z,t) = a sin (ω t + Φ1) sin (β z + Φ2) "stehende Welle" Stefan Stankowski BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 2 Was sagen diese mathematischen Ausdrücke aus? Betrachten wir zunächst die laufende Welle: Weg während einer Schwingung λ Ausbreitungsgeschwindigkeit c = --------------------------------------------- = ----- = λ f Zeit für eine Schwingung T ω ω c = λ ---- = --2π β Damit lässt sich das Argument der e-Funktion bei der laufenden Welle auch schreiben: ωt - β z = ω ( t - z / c) z / c ist gerade die Zeitverschiebung, mit der die Erregung beim Punkt z anlangt. Wenn die Schwingung bei z = 0 mit einer gegebenen Phase erfolgt, so erfolgt sie bei einem anderen z mit einer um die Laufzeit z/c verzögerten Phase. Beachten Sie, dass das "overall"-Vorzeichen des Arguments keine Rolle spielt. Manche Autoren schreiben lieber (β z - ω t) statt (ω t - β z). Da ohnehin der Realteil zu nehmen ist, also der Cosinus des Arguments, und dieser vom Vorzeichen des Arguments unabhängig ist, spielt dieser Unterschied keine Rolle. Wichtig ist aber das relative Vorzeichen zwischen dem zeitlichen Anteil ωt und dem räumlichen Anteil βz. Es gibt an, ob die Welle in positiver oder in negativer z-Richtung läuft. In manchen Anwendungen separiert man den Zeitanteil: y (z, t) = ( A e -jβz ) e jωt und betrachtet den Ausdruck in der Klammer als ortsabhängige komplexe „Amplitudenfunktion“ A(z). Falls die Welle auf ihrem Weg noch absorbiert wird (Details siehe später), nimmt die Amplitude exponentiell ab und die Amplitudenfunktion wird A (z) = A e -αz e -jβz = A e - (α + j β) z Stehende Welle: Eine spezielle Lösung der Wellengleichung führt zu einer Separierung der reellen zeitlichen und räumlichen Funktionen. An einer gegebenen Stelle z läuft dann immer die gleiche zeitliche Schwingung ab (beschrieben durch cos (ωt + Φ1) ), mit einer positionsabhängigen Amplitude A cos (β z + Φ2). Solche stehenden Wellen lassen sich z.B. auf beidseitig eingespannten Saiten (Gitarre, Violine etc.) erzeugen oder mit in Rohren eingeschlossenen Luftsäulen (Blasinstrumente), aber auch mit elektromagnetischen Wellen zwischen Reflektoren. Die genaueren Bedingungen werden weiter unten im Zusammenhang mit Reflexionen an Grenzflächen behandelt (Abschnitt 5). Die Reflexionsbedingungen legen die folgenden wichtigen Randbedingungen fest: Einspannungspunkte: Knotenpunkte der stehenden Welle Freie Enden: Bäuche der stehenden Welle. Damit die Wellenfunktion diese Randbedingungen erfüllt, sind nur ganz bestimmte Frequenzen erlaubt, wobei die entsprechende Wellenlänge zur vorgegebenen Geometrie "passt" . Stehende Wellen sind die Normalschwingungen des gekoppelten Systems, das die Welle ausbreitet. Stefan Stankowski BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 3 I.2. Longitudinal- und Transversalwelle Eine erregte Schwingung kann in beliebiger Raumrichtung erfolgen. Schwingen die Teilchen entlang derselben Achse, auf der sich die Welle ausbreitet, so spricht man von einer Longitudinalwelle (Längswelle), schwingen sie senkrecht zu dieser Achse, so spricht man von einer Transversalwelle (Querwelle). Im Innern von Flüssigkeiten und Gasen können nur Longitudinalwellen erzeugt werden (Schall). An der Oberfläche von Flüssigkeiten können wegen der Oberflächenspannung Querwellen entstehen (die typischen Wasserwellen an der Oberfläche ds Meers). Festkörper können sowohl Longitudinalwellen (Druckwellen) als auch Transversalwellen (Scherwellen) ausbreiten, Bei Erdbeben kommen beide Varianten vor. Da sie sich verschieden schnell ausbreiten, erlaubt die Messung der Zeitdifferenz, Aufschluss über den Abstand des Epizentrums zu gewinnen. Schall - Longitudinalwelle em. Welle - Transversalwelle Freie elektromagnetische Wellen sind Transversalwellen. Der magnetische Vektor schwingt dabei senkrecht zum elektrischen Vektor. Als Schwingungsrichtung der Welle (Polarisationsrichtung) wird immer die Richtung des elektrischen Feldstärkevektors angegeben. In Leitern (Hohlleiter, Laserresonator) können auch Longitudinalanteile des elektromagnetischen Felds entstehen. Longitudinalwellen werden ebenfalls durch eine Wellenfunktion y(z,t) dargestellt, wobei aber die y-Richtung und die z-Richtung identisch sind. Mit z wird die Position des betrachteten Teilchens in der Gleichgewichtslage bezeichnet, mit y wird seine Auslenkung aus der Gleichgewichtslage während der Schwingung bezeichnet. Die folgende Tabelle gibt Ausbreitungsgeschwindigkeiten verschiedener Wellen in verschiedenen Medien an. Von speziellem Interesse ist der Faktor κ der bei der Schallausbreitung in Gasen auftritt. Er hängt von der Natur des Gases ab und hat den Wert κ = 1.4 in Luft und anderen zweiatomigen Gasen. (κ = 1.67 in einatomigen Gasen, z.B. Edelgasen, siehe Tabelle für andere Gase unter dem Stichwort "Isentropenexponent" oder "Adiabatenexponent"). Dieser Faktor hängt mit der Tatsache zusammen, dass die Schallschwingung so schnell ist, dass dabei Erwärmungs- und Abkühlungsprozesse auftreten, ohne dass sich ein Temperaturausgleich mit der Umgebung einstellen kann (isentroper oder adiabatischer Vorgang). Beachte: für ein ideales Gas hängt der Quotient p/ρ nur von der Temperatur T ab! Zeigen Sie das selbst! In all diesen Ausdrücken ist der Zähler mit der Kraft verknüpft, der Nenner mit der Masse (Dichte). Erinnern Sie sich, dass für einen elektrischen Schwingkreis die inverse Kapazität, 1/C (verknüpft mit 1/ ε0), die Federkraft repräsentiert, während die Induktivität, L (verknüpft mit µ0) die Trägheit (Masse) repräsentiert. Stefan Stankowski Welle Ausbreitungsgeschwindigkeit Longitudinalwelle c2 = in einem Gas Longitudinalwelle c2 = in einer Flüssgkeit Longitudinalwelle c2 = in einem Stab Torsionswelle in c2 = einem zylindr. Stab 2 Welle auf einer c = Saite elektromagn. Welle c2 = im Vakuum elektromagn. Welle c2 = in Materie κ = Isentropenexponent p = Druck ρ = Dichte K = Kompressionsmodul E = Elastizitätsmodul G = Schubmodul σ = F / A = Spannung κp/ρ K/ρ E/ρ G/ρ σ/ρ 1/ε0µ0 1/εε0µµ0 BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 4 I.3. Intensität Wellen transportieren Energie. Die pro Zeiteinheit und Flächeneinheit A (senkrecht zur Ausbreitungsrichtung) transportierte Energie heisst Intensität (oder Energiestromdichte) Ι. Ι = P / A = η c P = Leistung, = η Energiedichte = Energie / Volumenelement (denn wenn die Welle ein Flächenelement dA durchsetzt, so ist η = dE / dV = dE / (dz dA ) und also η c = (dE / dz dA ) ( dz / dt) = dE / (dA dt) = Ι ). 2 2 2 Mechanische Wellen: E = ½ m vmax = ½ m A ω Für ein Massenelement dm = ρ dV ist also dE = ½ ρ A ω dV und 2 2 2 2 2 η=½ ρA ω 2 Ι=½ ρcA ω η = ε ε0 E2 = µ µ0 H2 Elektromagnetische Wellen: wo E und H den elektrischen bzw. magnetischen Feldstärkevektor bezeichnen. Ι = ε ε0 E2 c Die Intensität schwankt räumlich und zeitlich, ihr Mittelwert ist gegeben durch Die Lichtgeschwindigkeit ist c = (εε ε0 µ µ0 ) - 2 Ιmittel = ½ ε ε0 Emax c. ½ und daher schliesslich I mittel = 1 ε ε0 E2max 2 µ µ0 Als wesentliches Ergebnis folgt, dass für alle Arten von Wellen die Intensität proportional zum Quadrat der Amplitude ist (bei komplexer Schreibweise erhältlich aus y y* ). Ι ∼ A2 Der Proportionalitätsfaktor hängt allerdings noch von den Eigenschaften des Mediums ab. Für elektromagnetische Wellen ist der Zusammenhang: 2 Ι ∼ nE • Ebene Wellen: • Kugelwellen: Stefan Stankowski (n = Brechungsindex des Mediums, E = elektrische Feldstärke). A konstant, Ι konstant , Ausbreitung in einer Raumrichtung A ∼ 1/r , Ι ∼ 1/r2 , Ausbreitung nach allen Seiten im Raum BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 5 II. Interferenz II.1. Addition von Wellenfunktionen, Interferometer Wellenfunktionen addieren sich genauso wie schon für Schwingungen besprochen. Wellen können sich also (ganz oder teilweise) auslöschen, wenn sie nicht in Phase sind. Bestimmung der Wellenlänge durch Interferenz-Versuche: Mathematisch: Bei der Überlagerungen addieren sich die Wellenfunktionen. Bei maximaler positiver Interferenz kann sich dabei die Intensität verdoppeln: y1 + y2 = A exp j(ωt – βz) + A exp j(ωt – βz) = 2A exp j(ωt – βz) 2 2 Ι1 ∼ |y1| = A 2 2 , Ι2 ∼ |y2| = A 2 2 , Ι 1+2 ∼ |y1 + y2| = 4 A = 2 (Ι1 + Ι2) !! In der Realität gibt es aber niemals solche isolierten ebenen Wellen, sondern immer Wellenfelder von einer gewissen Ausdehnung, wo bei Interferenz immer gleichzeitig Stellen mit positiver Interferenz (Verstärkung) und mit negativer Interferenz (Auslöschung) auftreten. Im Mittel bleibt also die Energie des Wellenfelds erhalten, trotz lokaler Schwankungen. Praxis: Es treten 2 Typen von Fragestellungen auf: a) Überlagerung von 2 Wellen y1(z,t) und y2(z,t) an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit: b) Amplitude einer Überlagerung am Ort z (zu beliebiger Zeit): y(z,t) = y1(z,t) + y2(z,t) A = |y(z,t)| = |y1(z,t) + y2(z,t)| = {A12 + A22 + 2 A1 A2 cos ∆Φ} ½ Interferometer Interferometer sind Instrumente, mit denen sich Präszisionsmessungen von Längen, Geschwindigkeiten und Änderungen des Brechungsindex aufgrund von Interferenzen durchführen lassen. In der Regel wird ein Strahl in 2 Teilstrahlen aufgeteilt, die nach Durchlaufen verschiedener Strecken wieder zusammengeführt werden und dabei Interferenzmuster ausbilden. Am berühmtesten ist das Interferometer von Michelson, mit dem nachgewiesen wurde, dass die Lichtgeschwindigkeit in allen gleichförmig bewegten Bezugssystemen identisch ist (Spezielle Relativität). Im Anhang sind verschiedene Interferometer und damit gemessene Effekte dargestellt. (Das Fabry-Pérot wird erst in einem folgenden Kapitel behandelt). Stefan Stankowski BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 6 II.2. Übergang zwischen verschiedenen Medien Reflexion und Transmission, Phasensprung Beim Übergang einer Welle in ein Medium mit anderer Ausbreitungsgeschwindigkeit wird • die Wellenlänge verändert, die Frequenz bleibt gleich • generell ein Teil der Welle reflektiert, der Rest tritt in das neue Medium ein (transmittierte oder gebrochene Welle, vgl. geometrische Optik: Brechung). Phasensprung: Beim Übergang in ein (optisch) dichteres Medium (grösserer Brechungsindex) erleidet die reflektierte Welle einen Phasensprung um π (1/2 Phase, Vorzeichenwechsel). Ihre Schwingung ist derjenigen der transmittierten Welle entgegengerichtet. Dieser Effekt tritt nicht auf beim Übergang zum (optisch) dünneren Medium. Bei senkrechtem Auftreffen auf das neue Medium lassen sich die reflektierte Amplitude A r und die transmittierte Amplitude A t wie folgt aus der einfallenden Amplitude A 0 berechnen: Amplituden-Transmissionsfaktor Amplituden-Reflexionsfaktor 2 c2 t = --------------c1 + c2 c2 - c1 r = ------------------c1 + c2 = = 2 n1 -----------n1 + n2 n1 - n2 --------------n1 + n2 Die entsprechenden Intensitäts-Faktoren T bzw. R ergeben sich daraus unter Beachtung von Ι ∼ n A2 Beachte: Beim Übergang vom (optisch) dichteren zum (optisch) dünneren Medium kann die Amplitude der transmittierten Welle gegenüber der einfallenden Amplitude anwachsen, die transmittierte Intensität (Leistung) ist aber wegen des Reflexionsverlusts immer kleiner als die einfallende Intensität. Das Minuszeichen im Reflexionsfaktor führt formal zu einer negativen Amplitude, falls c2 < c1 ist (Übergang zum dichteren Medium). Dies entspricht dem oben besprochenen Phasensprung. Bei nicht senkrechtem Einfall hängen die Reflexions- und Transmissionskoeffizienten von der Polarisation der Welle ab! Anmerkung: Hier wird nur ein Spezialfall besprochen. Bei allgemeinerer Behandlung ist in den obigen Formeln der Brechungsindex durch den sogenannten Wellenwiderstand Z zu ersetzen (siehe Nachrichtentechnik und Anhang). Stefan Stankowski BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 7 Stehende Wellen: Die schon erwähnten stehenden Wellen lassen sich unter einem neuen Gesichtspunkt betrachten: An Phasengrenzen werden Wellen reflektiert. Ist die Länge eines Ausbreitungsmediums so gewählt, dass hinlaufende Welle und zurückkehrende reflektierte Welle gerade im Gleichtakt schwingen und sich maximal überlagern, so entsteht eine stehende Welle. Am Übergang zum dichteren Medium, wo ein Phasensprung stattfindet, kann dann nur ein Wellenknoten vorliegen. Am Übergang zum dünneren Medium, wo kein Phasensprung stattfindet, kann dann nur ein Wellenbauch vorliegen. II.3. Interferenz an dünnen Schichten Kohärenz des Lichts Interferenzeffekte an Lichtwellen sind erst spät entdeckt worden. Das liegt daran, dass "gewöhnliches" Licht aus zahlreichen Wellenpaketen besteht, deren Phasen untereinander weitgehend ohne Zusammenhang sind. Licht mit definierter Phase heisst kohärent, Licht mit undefinierter Phase inkohärent. Licht aus gewöhnlichen Lichtquellen ist also weitgehend inkohärent, Laserlicht dagegen ist hochgradig kohärent (durch die stimulierte Emission entstehen synchronisierte Wellen-pakete, die im Gleichtakt schwingen). Um Interferenzeffekte mit gewöhnlichem Licht zu beobachten, muss man einen Lichtstrahl an einem Strahteiler (z.B. halbdurchlässiger Spiegel) in zwei Teilstrahlen aufspalten. Wenn diese wieder vereinigt werden, ergeben sich Interferenzeffekte. Allerdings ist das "Erinnerungsvermögen" an die Phase begrenzt. Wenn ein Teilstrahl eine erheblich längere Strecke zurückgelegt hat als der andere, bevor sie wieder vereinigt werden, ist die Korrelation (die "Verknüpfung") der Phasen gestört, die zwei Teilstrahlen zeigen keine Interferenz mehr. Der maximale Längenunterschied im Lichtweg der zwei Teilstrahlen, bei dem noch Interferenz beobachtet werden kann, heisst "Kohärenzlänge" und ist ein gutes Mass für die Kohärenz des Lichts. Das Licht einer Glühbirne hat Kohärenzlängen im Bereich von µm eine Spektrallampe im Bereich von 10 cm, ein guter Laser im Bereich von 100 m oder sogar km. Interferenzeffekte mit gewöhnlichem Licht sind bekannt durch Effekte an sehr dünnen Schichten, wo Laufzeitunterschiede im Bereich von lediglich µm auftreten. Solche dünne Schichten sind z.B. Ölfilme, Luftspalte zwischen Glasplatten, dünne Folien usw. Stefan Stankowski BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 8 Bei senkrechtem Einfall auf eine dünne planparallele Schicht der Dicke D ergibt sich die optische Wegdifferenz ∆ zwischen Strahlen, die an der Oberseite bzw. an der Unterseite reflektiert werden, als: ∆=2nD Falls nur bei einer dieser Reflexionen ein Phasensprung auftritt, ist eine zusätzliche Wegdifferenz λ / 2 einzusetzen: ∆=2nD + λ/2 ________ 2 2 Für endlichen Einfallswinkel α : ∆ = 2 D √ n - sin α (+ λ / 2) Der Beobachter sieht Helligkeit, falls ∆ = Vielfaches von λ und Dunkelheit, falls ∆ = λ /2 , 3λ /2, 5 λ /2 usw. Wichtig: Phasensprung am dichteren Medium beachten! Bei der Reflexion an dünnen Folien (mit λ/2 -Term!) ergibt sich Dunkelheit, wenn die Folie sehr dünn ist (D 0). Im Durchlicht ergibt sich ein zur Reflexion komplementäres Interferenzmuster. Bei planparallelen Schichten treten Interferenzstreifen unter gleichem Neigungswinkel auf. Bei keilförmigen Schichten oder auf flacher Unterlage liegenden Konvexlinsen treten die Streifen an Stellen gleicher Dicke auf (Newton-Ringe). Die Analyse der Interferenzstreifen erlaubt eine Untersuchung der Oberflächen bis auf Bruchteile von Mikrometern. Anpassungsproblem, Vergütung von Linsen, Interferenzfilter: Dampft man auf eine Linse eine Schicht der Dicke D auf, so werden reflektierte Strahlen ausgelöscht, wenn D = λ / 4ns oder ein geeignetes Vielfaches davon ist (ns = Brechungs-index der Schicht. Überlegen Sie selber, welche Vielfache in Frage kommen!). Damit die interferierenden Strahlen gleiche Amplitude haben, muss ausserdem gelten: ________ ns = √ nLuft nLinse Unterdrückung der Reflexion verstärkt die Transmission (und umgekehrt)! Dieses Anpassungsproblem ist analog zu demjenigen der Hochfrequenztechnik. Beim Übergang elektromagnetischer Wellen von einem Medium zum anderen sollen Reflexionen vermieden werden. Dies lässt sich durch geeignte Antireflex-Stücke erreichen. Deren Wellenwiderstand Zs muss die folgende Bedingung erfüllen: _____ Zs = √ Z1 Z2 wo Z1 bzw. Z2 die Wellenwiderstände der zu verbindenden Wellenleiter sind. Dasselbe Prinzip wird in Interferenz-Filtern und Interferenz-Spiegeln angewandt, bei denen eine bestimmte Wellenlänge besonders verlustfrei durchgelassen bzw. gespiegelt werden soll. Besonders wichtig in der Lasertechnik ist das "Fabry-Pérot-Etalon" (vgl. Beiblatt Interferometer). Stefan Stankowski BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 9 II.4. Beugung Theorem von Huygens: Jeder Punkt im Raum, der von einer laufenden Welle berührt wird, kann als Ausgangszentrum einer Kugelwelle betrachtet werden. Die Einhüllende der Kugelwellen ergibt die Wellenfront. Wenn alle Punkte auf einer Ebene Kugelwellen erzeugen, ergibt sich durch Superposition eine ebene Welle. Wenn aber die Ebene durch eine Blende eingegrenzt wird, kann an den Rändern keine Überlagerung mehr auftreten, dort treten Beugungseffekte auf. Im Folgenden werden wir uns auf Beugungseffekte beschränken, die durch ebene Wellen erzeugt werden („Fraunhofersche Beugung“), die senkrecht auf die Blende auftreffen Beugung am Rechteckspalt: Nach dem Huygens'schen Prinzip breitet sich die Welle hinter dem Spalt in alle Richtungen aus. Betrachten wir die Richtung im Winkel α. Je 2 Strahlen aus der oberen und unteren Hälfte des Spalts haben einen Wegunterschied von ∆ = ½ b sin α (b = Spaltbreite) Beträgt dieser Wegunterschied λ / 2, so löschen sich die Strahlen aus der oberen und der unteren Spalthälfte gerade gegenseitig aus. Mit ähnlichen Argumenten findet man, dass Auslöschung immer dann stattfindet, wenn b sin α = m λ (m ganzzahlig). Strahlverstärkung findet etwa in der Mitte dazwischen statt. Die genaue Rechnung zeigt eine Intensität, die mit α variiert gemäss Ι = Ιmax (sin x / x) 2 wo x = π (b / λ) sin α Der helle Streifen in Vorwärtsrichtung wird als nullte Ordnung bezeichnet, die folgenden nach jeder Seite als 1., 2. etc. Ordnung. Beugung an mehreren Spalten (Gitter): Auf ähnliche Art interferieren auch Strahlen aus benachbarten Spalten, deren Abstand g beträgt. Die optische Wegdifferenz zwischen solchen Strahlen ist ∆ = g sin α (g = Spaltabstand) Das dabei erzeugte Beugungsbild wird von dem des Einzelspalts überlagert (vgl. Darstellungen auf der nächsten Serite). Im Fall von Mehrfachspalten werden Zwischenmaxima im Beugungsbild durch Interferenz zwischen weiter auseinanderliegenden Spalten unterdrückt, sodass die beobachtbaren Maxima auseinanderrücken (vgl. Abbildung). Da die Position der Beugungsmaxima von der Wellenlänge abhängt, bieten Beugungsgitter eine ausgezeichntete Trennung der verschiedenen Wellenlängen des Lichts (Monochromator = Instrument zur Selektion einer bestimmten Wellenlänge, vor allem in der Spektroskopie). Stefan Stankowski BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 10 (b / λ) sin α (g / λ) sin α (b / λ) sin α (g / λ) sin α Kreisförmige Blende : Als Beugungsfigur ergibt sich ein System von hellen und dunklen Ringen. Der erste dunkle Streifen erscheint unter dem Winkel α, wo sin α = 1.22 λ / D (D = Blendendurchmesser) Theorem von Babinet: Das Beugungsmuster ist identisch für komplementäre beugende Strukturen, bei denen lichtdurchlässige und lichtundurchlässige Teile gegeneinander vertauscht sind, also z.B. für eine dünne Blende gleich wie für einen dünnen Draht. Fourier-Optik: Beschränkt man sich auf kleine Winkel, sodass sin α = α gesetzt werden kann, so ist die Amplitudenverteilung des Beugungsmusters gerade die Fouriertransformierte der Raumstruktur, an der gebeugt wird (z.B. einer Blenden- oder Spaltanordnung). Durch Beugung lassen sich also Fouriertransformationen experimentell erzeugen (Anwendungen z.B. in der Bildverarbeitung). Bei der Streuung von Röntgenstrahlen an Kristallen ergeben sich Beugungsmuster, aus denen man auf die Atomstruktur zurückschliessen kann. Auch dabei wird die Atomstruktur durch eine (inverse) Fouriertransformation aus dem Beugungsmuster gewonnen. Stefan Stankowski BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 11 II.5. Auflösungsvermögen, Divergenz von Laserstrahlen Das "Auflösungsvermögen" eines optischen Instruments, z.B. eines Mikroskops, definiert den Abstand zweier Punkte, deren Bilder noch getrennt erscheinen und nicht miteinander verschmelzen. Die Grenze des Auflösungsvermögens ist durch Beugungseffekte gegeben (Theorie des Mikroskops von Abbe). An zwei abzubildenden Punkten wird Licht gebeugt. Man geht davon aus, dass die Punkte noch als getrennt registriert werden, wenn die zwei Maxima nullter Ordnung unter einem Winkel δ erscheinen, der mindestens halb so gross ist wie der Winkel, unter dem das erste Beugungsminimum erscheint. Nach der Formel für kreisförmige Blenden (vorige Seite) ergibt das: sin δ = 1.22 λ / d wo d = Durchmesser der Beobachtungsblende. Falls zwischen den beiden Punkten und dem Objektiv nicht Luft ist, sondern ein anderes Medium, ist sin δ durch (n sin δ) = NA (numerische Apertur) zu ersetzen. Eine andere Anwendung betrifft die Divergenz von Laserstrahlen. Nach derselben Formel folgt: Je enger der Strahl (z.B. durch Linse, Blende) eingeschnürt wird (Durchmesser D), desto stärker divergiert er (läuft er auseinander, Divergenzwinkel ⊖). Da es sich um kleine Winkel handelt, wird sin ⊖ durch ⊖ (in rad) ersetzt und man hat: ⊖ = 0.64 λ / D (Der Faktor 0.64 = 2/π ergibt sich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Intensität des Laserstrahls nicht gleichmässig über den Querschnitt des Strahls verteilt ist). Um grosse Strecken möglichst verlustfrei zu überwinden, muss also der Laserstrahl stark aufgeweitet werden! III. Absorption Beim Durchgang durch Materie kann Wellen-Energie (Schall, Licht etc.) "absorbiert" werden. Meist hängt der Grad der Absorption von der Wellenlänge ab (beziehungsweise von der Frequenz oder Energie des "Schwingungsquants"). Die Intensität dI, die beim Durchgang durch eine Strecke dz verloren geht, ist proportional zur einlaufenden Intensität Ι: dΙ ∼ Ι dz Durch Integration über eine endliche Strecke z ergibt sich: Ι = Ι0 exp (- γ z) für die Amplitude A: 1 A = A0 exp (- /2 γ z) = A0 exp (- α z) wo Ι0 die einlaufende Intensität ist und Ι die Intensität nach Durchlaufen der Strecke z. z Die Konstante γ (bzw. α) hängt von der Konzentration des absorbierenden Materials ab. Da die Amplitude proportional zur Wurzel aus der Intensität ist, wird dort der Exponent halbiert. Stefan Stankowski I0 I BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 12 Häufig wird die Abschwächung der Intensität I oder der Leistung P in deziBel angegeben: Abschwächung in dB = 10 log ( Ι0 / Ι ) = 10 log ( P0 / P) [ = 20 log (A0 / A) ] Die logarithmische Einheit hat den Vorteil, dass sie ein Mass ergibt, das proportional zur durchlaufenen Strecke ist. Zusammenhang zwischen dem Absorptionskoeffizienten γ und der dB-Abschwächung: γ z = ln ( Ι0 / Ι ) = 2.303 log ( Ι0 / Ι ) = 0.2303 dB Mit P0 = 1 mW ergibt sich ein absolutes Mass (Angabe in dBm) für elektromagnetische Wellen. Mit Ι 0 = 10 -12 2 W/m (= Hörschwelle bei 1000 Hz) ergibt sich ein absolutes Mass für Schallwellen. [Anmerkung: Erweiterter "Brechungsindex" Vollständige Transparenz (Transmission ohne jede Absorption, z.B. Glas für sichtbares Licht) bzw. vollständige Absorption (Eindringtiefe vernachlässigbar: Metalle für sichtbares Licht) sind Grenzfälle, die in der Praxis nur näherungsweise realisiert sind. Falls Transmission von Absorption begleitet ist, hat der räumliche Exponent der Wellenfunktion einen Real- und einen Imaginärteil: exp -(α + j β) z (Realteil: Absorption, Imaginärteil: Ausbreitung) In der Optik ist es üblich, dafür einen komplexen Brechungsindex einzuführen: n = n' - j κ = √ ε wo der Realteil n' in gewohnter Weise die Fortpflanzung der Welle im Medium beschreibt (c Medium = c0 / n' ) und κ die Absorption. Mit (β 0 = Wellenzahl im Vakuum) wird der räumliche Exponent: exp – n j β 0 z = exp – (κ + j n’) β 0 z Transmission: β = n’ β0 , Absorption: α = κ β 0 n' und κ können experimentell bestimmt werden (Tabellen). Theoretische Ansätze benutzen ein Modell erzwungener Oszillatoren. In Bereichen starker Absorption sinkt n' in charakteristischer Weise ("anomale Dispersion"), während es in den übrigen Spektralbereichen mit wachsender Frequenz ansteigt ("normale Dispersion"). In Metallen führt man die sogenannte "Plasmafrequenz" ωp ein: 2 n = 1 - (ωp / ω) 2 Für kleine Frequenzen ω < ωp wird n imaginär, es findet starke Absorption statt. Für grosse Frequenzen ω > ωp wird n reell, der Stoff wird transparent. 16 - 1 Für Kupfer ist ωp = 1.6 ⋅10 s , was λ = 120 nm entspricht. Für kleinere Wellenlängen (Röntgenstrahlen) wird Kupfer transparent. Evanescent wave, Tunneleffekt Trifft eine Welle auf ein Medium, wo sie sich nicht ausbreiten kann, so verschwindet sie nicht schlagartig, sondern ihre Intensität nimmt exponentiell ab. Dies gilt nicht nur bei der Absorption, sondern z.B. auch bei der Totalreflexion. Trifft eine Welle auf eine Grenzfläche unter einem Winkel α, der grösser als der Grenzwinkel der Totalreflexion ist, so dringt sie, exponentiell gedämpft, ein Stück weit in das verbotene Medium ein. Die charakteristische Eindringtiefe beträgt: -1 δ = (n2 m β 0) = λ0 / (2 π n2 m) wo n2 der Brechungsindex des verbotenen Mediums ist und Stefan Stankowski _________ 2 m = √ 1 – sin α . BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 13 Nach dieser Strecke ist die Amplitude auf 1/e gefallen. Das Eindringen dieser Welle ist mit einer Strahlversetzung (Goos-Hänchen-Shift) und einer Phasenverschiebung des total reflektierten Strahls verbunden. Praktische Bedeutung: 1. Die evanescent wave "spürt" Änderungen des Brechungsindex im Mantelbereich. Dadurch wird der effektive Brechungsindex auch im Kern verändert. Diese Eigenschaft wird für Sensor-Applikationen verwendet (Aufspüren von Materialanlagerung an den Lichtleiter). 2. Wenn im Mantelbereich absorbierendes Material vorhanden ist, wird die evanescent wave geschwächt und damit auch die im Lichtleiter ausgebreitete Welle. Damit können gezielt extrem dünne Absorptionsschichten auf der Oberfläche des Lichtleiters untersucht werden (ATR = Attenuated Total Reflection, FTR = Frustrated Total Reflection). Ebenso kann auch fluoreszierendes Material im Mantelbereich durch die evanescent wave zum Strahlen angeregt werden (Nachweis der Anlagerung fluoreszent markierter Moleküle auf der Lichtleiteroberfläche). 3. Bringt man zwei Lichtleiter räumlich so nahe aneinander, dass ihre evanescent waves überlappen, so kann die Welle von einem Lichtleiter in den anderen übertreten. Dies wird zum Austausch zwischen Lichtleitern, Multiplexing usw. verwendet. Auf diese Art wird auch die optische Verstärkung in langen Glasfaserstrecken eingekoppelt. 4. Das Übertragen von Wellen über einen „verbotenen“ Spalt mittels ihrer Evanescent wave tritt auch in der Quantentheorie auf und wird dort als „Tunneleffekt“ bezeichnet. Es bildet die Grundlage z.B. der Tunneldiode und des Raster-Tunnel-Elektronenmikoskops.] IV. Doppler-Effekt Wie vom Vorbeifahren eines hupenden Autos bekannt ist, scheinen Wellen, die von einer Quelle Q ausgehen, zusammengedrückt (scheinbar kürzere Wellenlänge oder höhere Frequenz), wenn Beobachter und Quelle sich während der Aussendung einander nähern. Die Wellen scheinen auseinandergezogen (längere Wellenlänge, kleinere Frequenz), wenn Beobachter und Quelle sich voneinander entfernen. Der (nach seinem Entdecker benannte) "Doppler-Effekt" tritt bei allen Arten von Wellen auf, auch bei elektromagnetischen. Er bildet die Grundlage von Geschwindigkeitsmessungen mit dem Radar. Die Tatsache, dass ferne Galaxien ein mit der Entfernung zunehmend rot-verschobenes Spektrum ihres Sternlichts zeigen, beweist die Ausdehnung des Universums. Die Beziehung zwischen den Frequenzen f, die die Quelle aussendet, und f', die der Beobachter wahrnimmt, ist gegeben durch c - vB f ' = f -----------c + vQ wobei vB und vQ die Geschwindigkeiten von Beobachter und Quelle bezeichnen (jeweils positiv bei Entfernung , negativ bei Annäherung) und c die Wellengeschwindigkeit ist. Interessanterweise zeigt diese Formel, dass der Doppler-Effekt nicht genau gleich ist im Fall, wo sich der Beobachter gegen die Quelle bewegt und im Fall, wo sich die Quelle gegen den Beobachter bewegt. Der Unterschied ist in der Praxis in der Regel ohne Bedeutung, denn für den Normalfall, wo v << c ist, gilt als gute Näherung für die Bewegung von Quelle oder Beobachter: v Stefan Stankowski BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 14 f ’ = f ( 1 - ---- ) c Falls v > c (z.B. Ultraschall), breitet sich die Welle nur innerhalb eines Kegels vom Öffnungswinkel α aus, wobei sin α = c / v. Nach der Relativitätstheorie ist die Unterscheidung, wer sich bewegt, für das Licht nicht möglich. Dort gilt eine etwas andere Doppler-Formel: f′ = f c- v c+ v wobei v die Relativgeschwindigkeit zwischen Quelle und Beobachter ist, unabhängig davon, wer sich bewegt. (v > 0 bei Bewegung voneinander weg, < 0 bei Bewegung aufeinander zu. Auch diese Formel ist für technische Anwendungen, wo v << c, praktisch nicht von der oben angegebenen Näherungsformel für den Schall zu unterscheiden). V. Phasen- und Gruppengeschwindigkeit Für die harmonische Welle beträgt die Fortpflanzungsgeschwindigkeit c = f λ = ω/β (Phasengeschwindigkeit) Für die Signalübermittlung sind harmonische Wellen unbrauchbar, statt dessen braucht man einen Wellen-Impuls, ein "Wellenpaket". Tatsächlich werden Wellen stets nur während einer begrenzten Dauer ausgesendet und stellen in der Praxis daher immer (mehr oder weniger lange) Wellenpakete dar. Fourier-Analyse zeigt, dass Wellenpakete stets aus Beiträgen verschiedener Frequenzen zusammengesetzt sind. Falls alle diese Frequenzen sich mit gleicher Geschwindigkeit ausbreiten (so z.B. für elektromagnetische Wellen im Vakuum), pflanzt sich das Wellenpaket mit der oben angegebenen (Phasen)Geschwindigkeit c fort. In den meisten Medien tritt aber ein Effekt auf, der "Dispersion" genannt wird: die Phasengeschwindigkeit variiert leicht je nach Frequenz der Welle. Dadurch breiten sich die verschiedenen Frequenzkomponenten eines Wellenpakets verschieden schnell aus, das Paket wird verformt und die tatsächliche Geschwindigkeit, mit der ein Signal übermittelt wird, ist nicht mehr die Phasengeschwindigkeit c, sondern die "Gruppengeschwindigkeit" cGr: cGr = dω ω / dβ β = - λ2 (df / dλ λ) = c - λ (dc / dλ λ) Stefan Stankowski BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 15 VI. Akustik Hier sollen nur einige wenige Grössen angegeben werden, die in der Akustik viel verwendet werden, Ansonsten ist dieses Kapitel so aufgebaut, dass die grundlegende Analogie zwischen Wellenphänomenen aus verschiedenen Bereichen der Physik (Optik, Akustik, HF-Technik) deutlich wird, Die meisten Ergebnisse lassen sich also direkt auf die Akustik übertragen. Einige Tabellen im Zusammenhang mit der Akustik sind als Anhang beigefügt. Eine erste Einführung in die Raum-Akustik und Schalldämmung findet man z.B. im Buch Hering, Martin, Stohrer, Physik für Ingenieure, VDI-Verlag, Kap. 7.4. Wichtige Anwendungen in der Technik hat der Ultraschall (US). Da die Leistung einer Schallwelle bei 2 gegebener Amplitude mit ω ansteigt, lassen sich mit hohen Frequenzen hohe Leistungen, z.B. zum Schneiden und Fräsen erzeugen. Auch Reinigung mit Unterstützung von US wird viel verwendet. US bei hohen Frequenzen lässt sich auch zum Durchstrahlen von Objekten verwenden, (Dickenmessungen und Aufspüren von Fehlstellen und Verunreinigungen in der Technik, Diagnostik in der Medizin). Ultraschall = Schall oberhalb von 20 kHz Infraschall = Schall unterhalb von 20 Hz. Einige Grundbegriffe aus der Akustik (andere Begriffe und Formeln siehe oben): Schallschnelle: Geschwindigkeitsamplitude des schwingenden Teilchens: u = A ω 2 Energiedichte: η = ½ ρ u Die Energiedichte ist gleich dem Schallstrahlungsdruck bei völliger Absorption. Schallwechseldruck = Druckamplitude: ∆p = ρ c u (u = max. Geschwindigkeit des schwingenden Teilchens, c = Wellen-Ausbreitungsgeschwindigkeit) Schallstärke = Schallintensität: Ι = η c = ½ ∆p u Da die Energiedichte mit dem Quadrat von u und damit dem Quadrat der Frequenz zunimmt, lässt sich Schall von besonders hoher Intensität im Ultraschallbereich herstellen. Ultraschall lässt sich ausserdem gut bündeln, da wegen der kürzeren Wellenlänge weniger Beugung auftritt. Die Empfindlichkeit des menschlichen Ohrs nimmt logarithmisch mit der Schallstärke zu. Dies wird technisch durch die Angabe des relativen Schallpegels in logarithmischer Skala (deziBel) wiedergegeben: relativer Schallpegel D = 10 log Ι2 / Ι1 = 20 log ∆p2 / ∆p1 in deziBel Für die Empfindlichkeit des Ohrs gilt die Mass-Einheit Phon: Lautstärke = 20 log ∆p / ∆p0 oder = 10 log Ι / Ι0 -5 ∆p0 = 2 ⋅10 Pa - 12 2 Ι0 = 10 W/m (Die Definitionen von ∆p0 und Ι0 stimmen nicht ganz exakt überein, der kleine Unterschied wird als unwesentlich in Kauf genommen). Bei 1000 Hz (in der Nähe der höchsten Empfindlichkeit des Ohrs) ist die Lautstärke gleich der MassEinheit phon. Für andere Frequenzen ist für das phon mit der Empfindlichkeitskurve des menschlichen Ohrs zu wichten (es gibt verschiedene Standardkurven). Typische Werte: Flüstern: 10 phon, Stefan Stankowski Strassenlärm: 90 phon, Schmerzgrenze: 130 phon. BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 16 VII. Polarisation Transversalwellen sind im Prinzip polarisiert, d.h. sie schwingen in einer bestimmten Richtung. Dies gilt auch für Lichtquanten. Erfolgt die Schwingung immer in derselben Ebene, so heisst sie linear polarisiert. Natürliches Licht besteht allerdings oft aus einer Überlagerung zahlreicher Quanten mit statistisch verteilten Polarisationsrichtungen, sodass keine definierte Polarisation mehr zu messen ist. Solches Licht heisst "unpolarisiert". Unpolarisiertes Licht lässt sich durch Reflexion und beim Durchgang durch Polarisationsfilter teilweise oder ganz polarisieren. Wie stark polarisiert das Licht ist, sieht man beim Durchgang durch ein weiteres Polarisationsfilter, den "Analysator". Dreht man diesen, so kommt bei unpolarisiertem Licht immer gleich viel Intensität durch, bei völlig polarisiertem Licht ist die Intensität bei einer AnalysatorStellung maximal, bei einer Stellung senkrecht dazu Null. Bei teilweise polarisiertem Licht ist die durchgelassene Intensität in der Stellung senkrecht zum Maximum (Ιmax) nicht Null, aber minimal (Ιmin). Polarisationsgrad: Ιmax - Ιmin P = -------------Ιmax + Ιmin P = 0 : unpolarisiertes Licht, P = 1 : vollständig polarisiertes Licht. Erfolgt die Schwingungserregung gleichzeitig in zwei verschiedene Richtungen, so ergibt sich als Resultat eine Schwingung, die sich aus der Vektoraddition der beiden Erregungen zusammensetzt. Umgekehrt kann man jede gegebene Schwingung in zwei Erregungs-komponenten zerlegen. Überlagerung zweier zueinander senkrechter linear polarisierter Schwingungen gleicher Frequenz ergibt: $ linear polarisiertes Licht, wenn beide Anteile gleiche Phase haben o (Polarisationsrichtung um 45 gedreht, wenn die Anteile gleiche Amplitude haben) $ zirkular polarisiertes Licht o bei 90 Phasenverschiebung der Anteile (Polarisationsebene dreht sich mit der Zeit) $ elliptisch polarisiertes Licht bei anderen Phasen- und Amplitudenbeziehungen Diese Art der Zerlegung erlaubt auch die Bestimmung der durchgelassenen Amplitude, wenn der Analysator um den Winkel α gegenüber der Polarisationsrichtung der Welle verdreht ist: $ Amplitude um cos α verkleinert 2 $ Intensität um cos α verkleinert Stefan Stankowski BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 17 Erzeugung und Anwendung von polarisiertem Licht Reflexionspolarisation Bei der Reflexion an nicht-metallischen Grenzflächen (also an Dielektrika)wird die Komponente schwächer reflektiert, die in der Einfallsebene schwingt (also in der Ebene, die durch das Einfallslot und den einfallenden Strahl bestimmt ist). Die genauen Formeln (Fresnel-Formeln) sind in einer Beilage aufgeführt. Der Effekt ist abhängig vom Einfallswinkel. Ganz unterdrückt wird die Komponente, die in der Einfallsebene schwingt, beim Brewster-Winkel; dort stehen reflektierter und gebrochener Strahl gerade senkrecht aufeinander. Der Effekt lässt sich nutzen, um Polarisatoren zu konstruieren. Doppelbrechung In manchen Kristallen (Kalkspat, Quarz ...) entsteht aufgrund der speziellen Kristallsymmetrie bei der Brechung ausser dem "ordentlichen" Strahl noch ein "ausserordentlicher" Strahl, der sich in anderer Richtung (entlang einer Kristall-Vorzugsachse) und mit anderer Geschwindigkeit fortpflanzt. Ordentlicher und ausserordentlicher Strahl sind senkrecht zueinander polarisiert. Durch speziellen Schliff und Aneinanderkitten von Kristallprismen gelingt es, einen dieser Strahlen auszublenden, und man erhält sehr sauber polarisiertes Licht (Nicol-Prisma, Glan-Prisma). Optische Aktivität Manche Kristalle oder Moleküle breiten zirkular polarisiertes Licht einer bestimmten Drehrichtung stärker als das der anderen. Solche Stoffe heissen optisch aktiv. Beim Durchgang von Licht durch solche Stoffe wird die Polarisationsebene gedreht. Stefan Stankowski BFH / HES BE TI Biel / Bienne E2 / Physik / Wellen 18 Technische Anwendungen Doppelbrechung und optische Aktivität lassen sich benutzen, um die Polarisation von Licht zu modulieren. λ/4 - Plättchen: Plättchen aus doppelbrechendem Material. Da der ordentliche und der ausserordentliche Strahl verschiedene Geschwindigkeiten haben, lassen sich die Plättchen so fertigen, dass beide beim Austritt um λ/4 gegeneinander verschoben sind. Nach den Regeln der Überlagerung (siehe.S.12) ergibt sich aus linear polarisiertem Licht zirkular polarisiertes und umgekehrt. λ/2 - Plättchen: Diese erzeugen auf analoge Weise aus linear polarisiertem Licht wieder linear polarisiertes Licht, dessen Polarisationsebene gedreht ist. Spannungsdoppelbrechung: Innere Spannungen in Materialien erzeugen Symmetrie-Änderungen der Struktur und damit häufig doppelbrechende Eigenschaften. Betrachtet man transparentes Material zwischen zwei Polarisatoren, so kann man Bereiche mit inneren Spannungen am Auftreten von hellen oder dunklen Linien erkennen. Um den Spannungsverlauf in mechanischen Bauteilen zu studieren, bildet man sie in Plexiglas nach und registriert die Spannungslinien unter polarisiertem Licht. Besonders interessant sind Kristalle, deren optische Eigenschaften durch Eingriffe von aussen verändert werden können: Pockels-Zelle, Kerr-Zelle: Erzeugung von Doppelbrechung beim Anlegen eines elektrischen Felds (z.B. in Diphosphat-Kristallen: ADP, KDP, oder in Lithium-Niobat). (Es gibt sogar Materialien, deren brechende Eigenschaften durch einen starken steuernden Lichtstrahl verändert werden können.) Elasto-optischer Effekt: Doppelbrechung wird beim Durchzug von Schallwellen durch einen Kristall erzeugt. Flüssigkristalle: Änderung der optischen Aktivität beim Anlegen einer Spannung Mit diesen Hilfsmitteln kann die Polarisation von Licht beim Durchtritt durch diese Kristalle oder Zellen nach Wunsch verändert werden. Die Modulation der Polarisation wird dann meist benutzt, um eine Modulation der Amplitude zu erzeugen: man schickt das polarisationsmodulierte Licht durch einen Analysator, der je nach Polarisationsrichtung mehr oder weniger Licht durchlässt. Beispiel: Flüssigkristall-Anzeige (LCD) Stefan Stankowski BFH / HES BE TI Biel / Bienne