Leseprobe aus: Christoph Zollikofer, Marco Baschera (Hrsg.) "Klon statt Person" vdf Hochschulverlag 2011 Robert Spaemann Was macht Personen zu Personen? Vor zwei Jahren hielt ich Vorlesungen über kulturphilosophische und ethische Themen vor der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften in Peking. In einer Diskussion distanzierte sich ein chinesischer Kollege vom europäischen Individualismus. Der Mensch sei zuerst und vor allem ein Mitglied der Gesellschaft. Die Gesellschaft habe deshalb den unbedingten Vorrang vor den Interessen und Rechten der Individuen. Ich erwiderte dem Kollegen, dass ich seine Kritik am Individualismus der liberalen Gesellschaft des Westens teile. Als John F. Kennedy im Wahlkampf seinen Hörern zurief: «Fragt nicht, was Amerika für euch tut, fragt, was ihr für Amerika tun könnt», da war es vor allem die Jugend, die diesem Appell folgte und Kennedy wählte. Ob heute noch ein Politiker mit dieser Parole die Stimme der Jugend bekäme, ist fraglich. Sicher aber ist, dass eine Gesellschaft im Ernstfall keinen Bestand hat, wenn sie aus lauter Individualisten besteht, denen der Begriff des Opfers zu einem Fremdwort geworden ist. Der Schlussfolgerung des Kollegen konnte ich allerdings nicht zustimmen. «Du bist nichts, dein Volk ist alles», dieser Spruch begegnete mir in meiner Jugend in Nazideutschland bis zum Überdruss, und ich habe mich damals schon gefragt, was ich mir denn unter einem Volk aus lauter Nichtsen vorstellen soll. 0 plus 0 bleibt allemal 0, wie ich im Rechenunterricht lernte. Ich fragte den Kollegen, warum ich denn in Peking Denkmäler und Gedenktafeln für Menschen finde, die ihr Leben geopfert haben für China oder für den Sozialismus. Müsste man nicht sagen, sie haben ihren Dienst getan, wie jede Ameise ihren Dienst tut, und ihr Tod macht Platz für andere. Auf sie kommt es nicht mehr an. Tatsächlich denken Sie, so sagte ich, glücklicherweise nicht so. Weil diese Menschen sich geopfert haben, sind sie selbst 15 Leseprobe aus: Christoph Zollikofer, Marco Baschera (Hrsg.) "Klon statt Person" vdf Hochschulverlag 2011 Rolf Elberfeld «Zwischen» Mensch und Mensch. Ostasiatische Perspektiven des Selbstseins Das Wort «Person» gehört zum lateinischen Wortschatz der deutschen Sprache und ist eines jener Wörter, die im Laufe ihrer Verwendungsgeschichte gegensätzliche Bedeutungen angenommen haben. Anhand dieser verschiedenen Bedeutungen lässt sich eine Geschichte der Auslegung des Menschseins in Europa nachvollziehen. Um diese Vorstellungen nicht schon von Anfang an auf die ostasiatischen Denktraditionen zu übertragen, sollen zunächst wichtige Stationen der Bedeutung von «Person» in Europa erinnert werden, sodass deutlich wird, wie das «Personsein» eine besondere Auslegung des Menschseins in Europa ist. Der Begriff «Person» wurde am Ende des 19. Jahrhunderts ins Japanische übersetzt und in Verbindung mit den Denktraditionen Ostasiens neu gedeutet. Für die Neudeutung des «Personseins» in Japan spielen die Wörter «Zwischen», «Mensch» und «Selbstsein» eine wichtige Rolle. Eine Besonderheit an diesen Neuinterpretationen ist, dass sie in überraschender Entsprechung stehen zu den frühen Bedeutungsebenen des Wortes «Person» in Europa. Durch diese Spiegelung von Japan her können diese Ebenen neu gelesen werden, sodass fruchtbare Anknüpfungen an den frühen Wortgebrauch möglich werden. Die Perspektive der Gedankenführung ist eine philosophische und nicht eine soziologische oder kulturhistorische. Ich möchte nicht darüber schreiben, wie «die Menschen» in Ostasien sind, sondern aufzeigen, wie Philosophen und andere Wissenschaftler in Ostasien Menschsein interpretiert haben. Dabei frage ich nicht, ob dieses richtig oder falsch ist, sondern möchte vor allem das besondere Profil dieser Interpretation hervorheben, sodass sich darin auch europäische Denkperspektiven im Hinblick auf ihre 29 Leseprobe aus: Christoph Zollikofer, Marco Baschera (Hrsg.) "Klon statt Person" vdf Hochschulverlag 2011 Giuseppe Testa In the Eye of the Beholder: Cloning as a Mirror In his visionary account of cloning, Jean Baudrillard frames the advent of this technology within a broader trajectory of western culture that aims at dissolving death and difference, the two foundations of life as we know it, into a seamless flow of sameness (1). If evolution went from reproduction to procreation, by which Baudrillard means the evolution from asexual reproduction that replicates to sexual procreation that generates novelty, the current trend in our culture, of which biotechnology represents a key tenet, is to move from procreation back to reproduction, from differences to copies, from chance to design. I wish to take Baudrillard’s thought-provoking analysis as the departure point because the conflations he presents, while factually inaccurate in many respects, do invite a more stimulating conversation on cloning than the exhausted debate on its moral permissibility that has so far dominated the public stage. At a first reading, Baudrillard is simply wrong. Yes, what he refers to as sexual revolution has been indeed a defining step in evolution, but needless to say evolution is per se all about change. So also the viruses and the unicellular organisms that reproduce (and hence also the humans who he fears are about to imitate them through cloning) never stay the same, because if their reproduction didn’t entail also some innovation – be it a DNA mutation slipped through a replication process selected for its toleration of errors, or an epigenetic change in the way the «same» DNA is used – there could be no material for natural selection and hence no evolution. When life flows, nothing stays the same. So the dystopian vision that, just when scientific progress exemplified in cloning seems to herald the «age of biological con- 45 Leseprobe aus: Christoph Zollikofer, Marco Baschera (Hrsg.) "Klon statt Person" vdf Hochschulverlag 2011 Martin R. Dean Die Chemie des Glücks Die Zeit verläuft mitunter diskontinuierlich. Manchmal stockt sie, dann macht sie einen Sprung. Selbstvergessen hausen wir in ihr wie in einer Wohnung, bis irgendeine Katastrophe uns zum Umziehen zwingt. Manchmal bewegen wir uns, glückliche Auserwählte eines Selbstinitiativschubs, auch selber mit einem Sprung voran. In jedem Falle aber bleiben wir Kinder des Zeitgeistes und der Fortschritt ist nichts anderes als das sachte Weiterrollen der Zeitblase unter unserem Hintern. An Knotenpunkten medialer, geschichtlicher und mentaler Strömungen verdichtet sich der Zeitgeist. Die medizinische Forschung ist eine mächtige, untergründige Kraft in der Zeit, die nur da und dort – wenn auch mit sensationellen Ergebnissen – an die Oberfläche kommt. Diese Kraft ist das Resultat des Projekts der Aufklärung – und könnte deren endgültiges Ende einläuten. Seit seinen Anfängen hat sich ist das Projekt der Aufklärung um die Gewinnung der Definitionsmacht über den Menschen bemüht. Die Aufklärung hat entworfen, was der Mensch ist und zu sein hat. Diese Definitionsmacht des Menschen über den Menschen ist heute insofern in Gefahr, als die neuesten Techniken der Neurochirurgie und Neurochemie ins Innerste, in den Bauplan des Menschen eingreifen. Versetzen wir uns in den Raum, wo der Mensch heute beschrieben wird. Dieser Raum ist kein Hörsaal mehr, sondern ein Operationssaal. Patient A liegt seit Monaten im Koma. Als er erwacht, beginnt er sofort zu lachen. Warum? Zeigt er Lebensfreude? Wurde ihm ein Witz erzählt? Er lacht, weil die Elektroden, die ein Neurochirurg in sein Hirn gesenkt hat, sanfte Stromstösse aussenden. Höchstens zehn Volt, 130 Hertz, sie reichen für ein Lachen. Um die Seele zu kitzeln. 51 Leseprobe aus: Christoph Zollikofer, Marco Baschera (Hrsg.) "Klon statt Person" vdf Hochschulverlag 2011 Marco Baschera Die Person als Riss in der Maske Spricht man von Person, so kommt man nicht umhin, die Herkunft des Worts selbst zu thematisieren. Dazu haben sich im Verlauf der über zweitausend Jahre alten Geschichte drei Hypothesen gebildet. So vermutete man, es handle sich um eine lateinische Nachbildung des griechischen Worts «prosopon», das Gesicht und Maske zugleich bedeuten konnte. Gemäss der zweiten Hypothese soll das Wort auf das lateinische «personare» zurückgehen und auf das Klingen der Stimme des Schauspielers durch die Maske hindurch verweisen. Und der wahrscheinlichsten Hypothese gemäss geht das lateinische «persona» auf das etruskische Wort phersu zurück, das einen Totendämon bezeichnet, der eine Maske in den Händen hält. Alle drei Etymologien haben ihre Bedeutung gehabt in der Entwicklung des Worts und des Begriffs «Person» und alle drei verweisen auf die Maske als Gegenstand. So war denn auch die erste Bedeutung von «persona» bei den Römern Theatermaske und Theaterrolle. Diese Feststellung gibt mir Gelegenheit, Überlegungen zur Beziehung von Person und Maske – vor allem der Theatermaske – anzustellen, aus denen ich in der Folge Schlüsse ziehen werde für ein mögliches neues, aber zugleich auch sehr altes Verständnis des Begriffs «Person», welches in der aktuellen, vor allem durch die Naturwissenschaften hervorgerufenen Diskussion um die Bestimmung des Menschen eine wichtige Rolle spielen könnte. In dieser Diskussion geht es wesentlich um die Frage, ob der Mensch ein rein biologisches Wesen sei, das sich wohl von anderen Lebewesen unterscheidet, das aber für sich keinen höheren Status beanspruchen kann. Von dieser materialistischen Betrachtungsweise unterscheidet sich unter anderem jene des Menschen als Person, welche, der berühmten Bestimmung Kants zufolge, 57 Leseprobe aus: Christoph Zollikofer, Marco Baschera (Hrsg.) "Klon statt Person" vdf Hochschulverlag 2011 Christiane Luible und Nadia Magnenat-Thalmann Die 3D-Simulation von Kleidern Zusammenfassung Durch stets weiter entwickelte und bis heute hoch spezialisierte Rechenmethoden kann Kleidung am Computer inzwischen extrem realistisch, virtuell dargestellt werden. Diese visuell und mechanisch akkuraten Imitationen der echten Kleidung können in unterschiedlichen Anwendungsgebieten implementiert werden. Eine der wichtigsten Applikationen ist der «Virtual Try On» (VTO), ein virtueller Ankleideraum, in dem der Benutzer das Aussehen und die Passform eines neuen Kleidungstücks auf der virtuellen Kopie seiner Person testen kann (Bild 1). Mit dieser neuen Methode können Kleider bequem zuhause am Computer anprobiert werden. Angesichts des extrem wachsenden Onlinehandels und den steigenden Verkaufszahlen von Kleidung übers Internet gewinnen diese Methoden immer mehr an Bedeutung. Das Institut français de la mode (IFM) verzeichnete für 2008 ein Wachstum des Internethandels von 4 %.1 Im Folgenden wollen wir die einzelnen Komponenten dieser Methode näher vorstellen. Der gesamte Prozess beginnt mit der Kreation eines virtuellen Körpers. Hierfür steht eine Auswahl an Eingabeparametern zur Verfügung, basierend auf konventionellen Körpermassen. Die Kleiderschnitte sind im virtuellen Raum durch Splinekurven dargestellt, welche um den virtuellen Körper platziert und anschliessend zusammengenäht werden. Die entstehende Hülle ergibt einen ersten Kleiderumriss. Als Nächstes werden die physikalischen Stoffeigenschaften ausgewählt und appliziert, um ein bestimmtes Gewebe zu imitieren. Nach der Kreation des Kleidungsstückes wird eine Echtzeitsimulationsplattform aufgerufen, welche als Schnittstelle zum Internet dient. 73 Leseprobe aus: Christoph Zollikofer, Marco Baschera (Hrsg.) "Klon statt Person" vdf Hochschulverlag 2011 Sabine Mainberger «Ichbautrieb». Literarische Selbstkonstruktionen, römischer Karneval und multiple drafts «I was born twice: first as a baby girl … in January of 1960; and then again, as a teenage boy … in August of 1974.» Dieser Satz ist der Anfang von Jeffrey Eugenides’ Roman Middlesex von 2002. Er handelt davon, wie ein fachterminologisch Pseudohermaphrodit genanntes Wesen, das als Mädchen aufwächst, sich in der Pubertät dafür entscheidet, künftig als Mann zu leben – allen Erwartungen seiner Familie zum Trotz und der progressivsten Sexualwissenschaft zum Hohn. Denn das erzählende Ich schreibt eine doppelte Autobiografie: ein «Psychological Narrativ»1 für den testenden Spezialisten, in dem es sich als die typische Tochter einer amerikanischen Standardfamilie präsentiert – eine Art Bericht für eine Akademie –, und es schreibt eine zweite Selbstdarstellung, den Roman selbst, in dem es die Genealogie seiner Ambiguität, sein Heranwachsen, seine erste Liebe – zum falschen Geschlecht – und schliessliche Wahl erzählt. Auch auf der Textebene findet dabei eine «zweite Geburt» statt: Ein uralter, versteinter Topos wird in einer selbstironischen autobiografischen Fiktion am Beginn des 21. Jahrhunderts noch einmal lebendig. In der Ringvorlesung Klon statt Person? Individualität im 21. Jahrhundert sollte es vonseiten der Literaturwissenschaft um die literarische Person in der Spannung von Identität und Differenz gehen, des Weiteren um den Problemkreis der Autobiografie, ggf. mit einem historischen Rückblick auf Augustinus, Petrarca, Montaigne, Rousseau. Im Sinne dieses spezifizierenden Zusatzes befassen sich die Überlegungen hier nur mit den Konstruktio- 85 Leseprobe aus: Christoph Zollikofer, Marco Baschera (Hrsg.) "Klon statt Person" vdf Hochschulverlag 2011 Jiri Modestin Multiple Persönlichkeitsstörung als Beispiel einer Identitätsinstabilität im Spannungsfeld gesellschaftlicher und individueller Einflüsse Persönlichkeit – Persönlichkeitsstörung – multiple Persönlichkeitsstörung Zu Beginn seien einige Begriffe definiert, zunächst der der Persönlichkeit. Als Persönlichkeit bezeichnen wir die Gesamtheit des Erlebens und Verhaltens bzw. ein individuelles, überdauerndes Muster des Erlebens und des Verhaltens. Die Persönlichkeit umfasst dabei 1. angeborene Anteile – Temperament, 2. erworbene Anteile – Charaktereigenschaften und 3. Intelligenz – Fähigkeit zur kognitiven Evaluation. Eine Persönlichkeitsstörung erscheint als eine Störung bzw. eine Abweichung der Persönlichkeit; im Falle einer Persönlichkeitsstörung liegt ein individuelles, überdauerndes Muster von Erleben und Verhalten vor, das den Erwartungen der gegebenen soziokulturellen Umgebung nicht entspricht. Die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung hängt also von soziokulturellen Bezügen ab. Allen Persönlichkeitsstörungen sind einige Charakteristika gemeinsam; im DSM-IV (APA, 1994) werden sie folgendermassen zusammengefasst: Das überdauernde, abweichende Muster von Erleben und Verhalten ist unflexibel und tiefgreifend in dem Sinne, dass es sich in einem weiten Bereich persönlicher und sozialer Situationen manifestiert. Es führt zu subjektivem Leiden oder zu Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen – dadurch unterscheidet sich eine Persönlichkeitsstörung von einer blossen Persönlichkeitsakzentuierung, und dadurch erhält sie einen 103 Leseprobe aus: Christoph Zollikofer, Marco Baschera (Hrsg.) "Klon statt Person" vdf Hochschulverlag 2011 Pierre Bühler Gott und Mensch ganz persönlich – Person als theologische Kategorie Einleitung Wenn im Rahmen einer interdisziplinären Ringvorlesung die Thematik der Person, des Einzelnen oder des Individuellen angesichts neuerer Entdeckungen und Erfindungen in Naturwissenschaften und Medizin kritisch erörtert werden, die diesen Bereich massiv berühren, was kann der Beitrag der Theologie sein? Inwiefern kann sie helfen, die problematischen Implikationen etwa für die Entfaltung der Persönlichkeit des Menschen, für die Wahrung seiner ethischen Verantwortung, für den Schutz seines Personenrechts, für das Wohl seines Zusammenlebens wahrzunehmen und zu reflektieren? Um eine erste Verortung zu vollziehen, kann man zunächst sagen, dass, wenn in der Ringvorlesung abwechslungsweise Vertreterinnen und Vertreter aus geisteswissenschaftlicher und naturwissenschaftlicher Richtung zu Worte kommen, der Vertreter der Theologie sicher zur ersten Option gehört. Um das mit einer klassischen Unterscheidung zum Ausdruck zu bringen, die zwar sehr korrekturbedürftig ist, aber hier als erste Annäherung dienen kann: Der Theologe wird nicht Erklärungsmodelle entwickeln können, welche die Probleme der Person mithilfe allgemeiner Gesetzmässigkeiten lösen, sondern er wird versuchen, aus seiner spezifischen Perspektive diese Probleme verstehend wahrzunehmen und als grundlegende Herausforderungen des Menschseins zu vertiefen. Wie lässt sich nun diese spezifische Perspektive kennzeichnen? Ausgehend von einer bestimmten religiösen Tradition – in meinem Fall der Tradition des biblisch-christlichen Glaubens – versteht sich die Theologie als denke- 115 Leseprobe aus: Christoph Zollikofer, Marco Baschera (Hrsg.) "Klon statt Person" vdf Hochschulverlag 2011 Anselm Stalder Schichten des Transfers – über die gegenseitige Abhängigkeit und Konstruktion von Produzent und Bild Die Frage nach der Individualität, nach der Person oder Persönlichkeit aus der Sicht der Bilder produzierenden Künste ist äusserst schillernd und weiträumig. Umfassend kann sie hier nicht beantwortet werden, ich will aber gleichwohl versuchen zu zeigen, wie sehr sie mit all ihren Facetten im Zentrum künstlerischer Produktionsbedingungen steht. Der hier publizierte Text unterscheidet sich vom Vortrag insofern, als ein grosser Teil der Bilder nicht gezeigt werden kann, sondern beschrieben wird, vor allem aus bildrechtlichen Gründen. Was ist Agens, wenn Kunst und Kunstwerke im Spannungsfeld von Produktion und Rezeption mit der Frage nach der Individualität konfrontiert werden? Die Kunst des beginnenden 21. Jahrhunderts basiert einerseits auf ihrer langen historischen Entwicklung, im Wesentlichen aber auf Fragestellungen, die ihre Quellen im letzten Jahrhundert haben. Im 20. Jahrhundert haben Künstlerinnen und Künstler in einer beispiellosen Expansionsgeste die Ränder der Kunst soweit nach Aussen geschoben, dass wir uns heute in einer ständig wachsenden Peripherie befinden, die sich flüchtige, bewegliche Zentren setzt. Diese Zentren sind für eine interessierte Öffentlichkeit nicht immer sichtbar, weil sie oft mit betriebsinternen Jargons beschrieben werden. Diese Expansion hat dazu geführt, dass kein verbindlicher Kanon mehr zur Verfügung steht, weder für die Produktion, oder die Betrachtung, noch für die Beurteilung von Kunst. 131 Leseprobe aus: Christoph Zollikofer, Marco Baschera (Hrsg.) "Klon statt Person" vdf Hochschulverlag 2011 Hans Kummer Sind Tiere Personen? Die Biologie kennt den Personbegriff nicht. In der Philosophie variiert seine Definition. Im Wesentlichen scheint er Folgendes zu bedeuten: Eine Person lebt nicht rein selbstbezogen. Sie steht mit sich selbst und mit Artgenossen in Beziehung, kennt sie persönlich und hält, was sie sich und ihnen versprochen hat. Menschen, die diese Bedingungen nicht erfüllen, wären danach keine Personen. Nach Spaemann sind aber seelisch und geistig kranke Menschen, welche dies nicht können, dennoch Personen. Tiere hingegen nicht, weil sie angeblich ihre Beziehungen vergessen. Dies scheint mir unannehmbar. Erstens kann man eine Definition nicht willkürlich biegen, nur um alle Menschen ein- und alle andern Lebewesen auszuschliessen. Der einzige Grund, alle Menschen unter allen Umständen vorzuziehen, ist meines Erachtens unser brüderliches Gefühl ihnen gegenüber, aber nicht Tugenden, die von vielen Menschen selbst laufend missachtet werden. Zweitens verrät der Ausschluss der Tiere krasse Unkenntnis der empirischen Forschung über ihr Verhalten. Es sieht so aus, als solle die Definition von Person mit einer inkonsequenten und uninformierten Begründung von vorneherein alle Tiere ausschliessen. Dies ist Speziismus: Analog zum Rassismus ist ein Wesen schon aufgrund seiner Artzugehörigkeit weniger wert. Auf dieser Ebene möchte ich nicht diskutieren. Stattdessen führe ich Ihnen einige soziale Eigenschaften von Tieren vor, die dem Personbegriff nahekommen. Urteilen Sie dann selbst. 147 Reihe Zürcher Hochschulforum Die Publikationen der Reihe «Zürcher Hochschulforum» entstehen auf Grundlage der interdisziplinären Veranstaltungsreihen von Universität und ETH Zürich. Zuletzt sind erschienen: Band 47 Heinz-Ulrich Reyer, Paul Schmid-Hempel (Hrsg.) Darwins langer Arm – Evolutionstheorie heute 2011, 288 Seiten, ISBN 978-3-7281-3284-0 auch als eBook erhältlich Die Autoren beleuchten die Bedeutung des Evolutionsgedankens für Biologie, Medizin, Technik, Kultur, Sprachwissenschaften, Denken, Philosophie, Ethik und Religion. Band 45 Philipp Rudolf von Rohr, Peter Walde, Bertram Batlogg (Hrsg.) Energie 2009, 224 Seiten, ISBN 978-3-7281-3219-2 auch als eBook erhältlich Das Buch zeigt u.a., warum in China Energiesparen zweitrangig ist und wie der «Nanomotor» der Zelle funktioniert. Es bietet einen Überblick über zentrale Aspekte internationaler energiepolitischer Problemlagen. Band 41 Peter Walde, Franta Kraus (Hrsg.) An den Grenzen des Wissens 2007, 280 Seiten, ISBN 978-3-7281-3105-8 auch als eBook erhältlich Es wird aufgezeigt, was wir heutzutage auf einem bestimmten Gebiet wissen und ob es natürliche Grenzen gibt, die unserem Wissen Schranken setzen. Weitere Bände in Vorbereitung. Detaillierte Informationen zu allen Titeln unter www.vdf.ethz.ch. vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich, VOB D, Voltastrasse 24, CH-8092 Zürich Tel. +41 (0)44 632 42 42, Fax +41 (0)44 632 12 32, [email protected], www.vdf.ethz.ch