Anders frei als du - Religion im Kinderbuch

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Anders frei als du
Christine Fehér
2016
ISBN: 978-3-570-30900-1
München: cbt
Jugendbuch ab 13 Jahren
Transkulturalität begegnet einem in täglichen Leben, sei es durch fremde Sprachen im
öffentlichen Leben und Personen, die man auf der Straße trifft und offensichtlich einer
anderen Religion angehören. In diesem gesellschaftlichen Spannungsfeld spielt der neue
Jugendroman von Christine Fehér, in dem sich die 16-jährige Protagonistin Malina
zwischen verschieden Kulturen und Religionen, der Selbstfindung und den Problem des
Erwachsenwerdens wiederfindet.
Malina glaubt nicht an Gott, nicht an Allah und auch ansonsten an keine göttliche Macht
und definiert sich selbst als Atheistin. Durch den türkischen Jungen Tarik – mit dem sie
eine Beziehung eingeht – kommt sie erstmals, abgesehen von anderen muslimischen
Mitschüler_innen, in Berührung mit dem Islam, der mehr zu sein scheint, als Moschee,
Kopftuch und ewiges Beten in Richtung Mekka. Sie ist begeistert und gleichzeitig
fasziniert von dem familiären Zusammenhalt, den Ritualen und fühlt sich dort von
Beginn an wohl. Nach dieser ersten Begegnung beginnt die Auseinandersetzung mit
verschiedenen Religionen mit dem Resultat, dass Religion doch jeden etwas angehen
kann, wenn man es nur zulässt. Der Diskurs zeigt nicht nur die Unterschiede, sondern
vor allem auch die Gemeinsamkeiten der Weltreligionen auf und es werden auch
weniger bekannte Seiten der monotheistischen Religion Islam behandelt.
Die Umorientierung des Inneren der Protagonistin beginnt, die ihr Leben zwar liebt, sich
aber doch immer etwas verloren gefühlt hat – die Auseinandersetzung mit dem Glauben
scheint diese Leere füllen zu können. Durch die Reflexion des eigenen Lebens in
Verbindung mit der Entdeckung einer neuen Welt und in weiterer Folge eines neuen
Ichs entwickelt sich eine „neue“ Malina. Begleitet von den fünf Säulen des Glaubens
(Beten, Pilgerreise, Almosen, Glaubensbekenntnis und Fasten) werden die persönlichen
Grenzen ausgelotet, wobei der Argwohn des Umfelds nicht ausgeblendet bleibt. Familie
und die engsten Freundinnen und Freunde reagieren mit Ablehnung respektive
Unverständnis und werden ebenso herausgefordert wie Malinas Durchhaltevermögen
im Fastenmonat Ramadan. Der Prolog, der eine Diskussion der Klasse in Malinas
Abwesenheit behandelt, zeigt die klischeehafte Einstellung der Gesellschaft, welcher
Stück für Stück entgegen gewirkt wird. Der Standpunkt des Christentums wird durch die
Cousine Hanna verkörpert, die der Hauptfigur immer wieder Paroli bietet. Durch ihr
Eingehen auf die grundlegenden Werte des Christentums kommt es zu einer
Konfrontation – nicht nur zwischen den Religionen, sondern vor allem auch zwischen
den Cousinen. Im Selbstexperiment versucht sich Malina schließlich in den
muslimischen Praktiken, bis es schließlich zum Umbruch kommt – sie konvertiert zum
Islam.
ّ ‫( هللا لوسر ادمحم‬dt. „Ich bezeuge, dass es keine Gottheit außer
‫ﺃﻥ دهشأو هللا الإ هلإ ال نأ دهشأ‬
Gott gibt und dass Mohammed der Gesandte Gottes ist“)
Und damit scheint der Bruch mit ihrem Umfeld perfekt und die Konfrontation beginnt
von neuem.
Das Nebeneinander von Christentum und Islam, deutschem Partygirl und Muslima sowie
Selbst- und Fremdwahrnehmung eröffnet eine andere Sicht auf eine Kultur, die Teil des
täglichen Lebens ist. Erfreulich ist dabei der Umstand, dass die so oft getroffene
problematische Gleichsetzung von Islam und Islamismus hier nicht stattfindet, sondern
vielmehr die inner-religiöse Abgrenzung von solchen Phänomenen hervorgestrichen
wird. Christine Fehér regt wie schon so oft zum Nachdenken und Reflektieren, der
Gesellschaft, aber auch der eigenen Religiosität an und schafft mit Malina eine Figur, die
ihr Leben verändert und sich in einem kürzlich noch unbekannten Umfeld neu erfinden
kann.
Alexandra Hofer
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