Infobroschüre über Familiäre Hypercholesterinämie

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Eine Informationsbroschüre für Personen im Gesundheitswesen
und Patienten mit Familiärer Hypercholesterinämie
DR. LEIV OSE
INHALT
WORÜBER INFORMIERT DIESE BROSCHÜRE?
In dieser Broschüre finden
Sie Informationen zu Familiärer Hypercholesterinämie
(FH), deren Ursache sowie
zu möglichen Folgen dieser
Erkrankung. Sie werden
über erhöhtes Cholesterin
und die daraus resultierenden möglichen Auswirkungen auf Herz und Blutgefäße
informiert. Was aber am
wichtigsten ist: In dieser
Broschüre erfahren Sie wie
man herausfindet, ob eines
Ihrer Familienmitglieder von
der Erkrankung betroffen ist
und wie Sie Ihren Cholesterinspiegel durch gesunden
Lebensstil und entsprechende medikamentöse Therapie
senken können. Diese Broschüre dient vielleicht auch
als Anreiz, Ihre Erkrankung
und deren Behandlung mit
Ihrem Arzt zu besprechen.
2
Worüber diese Broschüre informiert
02
TEIL 1: FAMILIÄRE HYPERCHOLESTERINÄMIE
03
1
2
3
4
5
6
03
-
Was ist Familiäre Hypercholesterinämie?
Was ist LDL-Cholesterin?
Wie entsteht FH?
Wann besteht Verdacht auf FH?
Wie wird FH diagnostiziert?
Wie früh kann FH diagnostiziert werden?
04
05
07
09
09
TEIL 2: BEHANDLUNG
10
1 - Wie kann LDL-Cholesterin gesenkt werden?
2 - 1. Schritt: Diätmaßnahmen bei FH
10
a) Wie wird LDL-Cholesterin durch Diät beeinflusst?
b) Welche Art von Diät?
3 - 2. Schritt: Einnahme von Medikamenten
a) Wie wird LDL-Cholesterin durch Medikamente beeinflusst?
b) Durch welche spezifischen Medikamente wird LDL-Cholesterin
wie gesenkt??
4 - Warum ist lebenslange Behandlung so wichtig?
11
TEIL 3: KARDIOVASKULÄRE ERKRANKUNG UND LIPOPROTEINE
16
1 - Was ist eine kardiovaskuläre Erkrankung?
2 - Welche Risikofaktoren gibt es?
3 - Ist es möglich, das Risiko einer kardiovaskulären Erkrankung
16
11
11
12
12
13
15
17
18
bei FH zu senken??
4 - Was sind Lipoproteine?
5 - Was sind Lipide, Cholesterin und Triglyceride?
18
TEIL 4: WEITERE FRAGEN ZU FH
21
1
2
3
4
21
-
Sollen Frauen mit FH orale Verhütungsmittel einnehmen?
Wie steht es mit Alkohol- und Kaffeegenuss?
Werden Lipide vom Rauchen beeinflusst?
Warum ist körperliche Aktivität günstig?
Worüber Sie diese Broschüre informiert hat?
Glossar
Zum Autor 20
21
22
22
23
24
26
T E I L
1
FAMILIÄRE HYPERCHOLESTERINÄMIE
Urgroßmutter
FH
Urgroßvater
keine FH
Frau ohne FH
Großvater
FH
Großmutter
keine FH
Frau mit FH
Mann ohne FH
Mann mit FH
Tante
keine FH
Mutter
FH
Vater
keine FH
Onkel
FH
ABBILDUNG 1:
Tochter
keine FH
1
Sohn
FH
FH ist eine vererbte Erkrankung,
die für gewöhnlich mehrere
Generationen zurückverfolgt
werden kann.
Was ist Familiäre Hypercholesterinämie?
Familiäre Hypercholesterinämie (FH) ist eine ver­­­erb­te Er­
kran­kung, bei der eine genetischeVer­än­de­rung er­höh­tes Blut­
cho­lesterin verursacht. Die Er­krankung wird von Ge­neration
zu Generation wei­ter­gegeben (siehe Ab­bildung 1). Familiär
be­deutet, dass Familien davon betrof­fen sind; manchmal ist
es möglich, die Krankheit über meh­rere Generationen zu­
rückzuverfolgen. Hypercholes­te­rinämie bedeutet er­höhtes
Blutcholesterin. Jenes Cho­lesterin, das bei Fa­mi­liärer Hypercholesterinämie be­sonders erhöht ist, heißt Low Density
Lipoprotein-Cho­lesterin (LDL). LDL-Cholesterin zirkuliert
im Blut und transportiert Cholesterin von einer Zelle Ihres
Körpers zu einer anderen (siehe Teil 1.2 und 3.4).
3
FH ist eine der am weitesten verbreiteten Erbkrankheiten. Ungefähr 1 von 500 Personen weltweit ist Träger einer genetischen Veränderung, die FH verursacht.
Hat ein Elternteil FH, liegt die Wahrscheinlichkeit bei
50 Prozent, dass ein Sohn oder eine Tochter ebenfalls
an FH erkranken.
FH geht mit erhöhtem Risiko für eine kardiovaskuläre Erkrankung einher. Die Risiken variieren von Familie
zu Familie und sind nicht nur vom Cholesterinspiegel,
sondern auch von anderen genetischen Faktoren und
Fragen des Lebensstils abhängig. Dazu gehören Essgewohnheiten, Rauchen, das Maß an körperlicher Aktivität
oder das Geschlecht. Bei Frauen mit FH kommt es im
Schnitt 10 Jahre später zu einer kardiovaskulären Erkrankung als bei Männern. Durch frühe, adäquate medikamentöse Therapie kann das Risiko einer kardiovaskulären Erkrankung signifikant verringert werden.
WICHTIG
FH wird vererbt und betrifft viele Familienangehörige. FH verursacht erhöhtes
Blutcholesterin, insbesondere LDL-Cholesterin, und steigert das Risiko, schon in
jungen Jahren an einer kardiovaskulären Erkrankung zu erkranken.
2
Was ist LDL-Cholesterin?
Low Density Lipoprotein-Cholesterin (LDL) ist ein
Partikel, das im Blut zirkulier t. Als gut funktionierendes Transpor tsystem beförder t es Cholesterin von einer Zelle des Körpers zu einer anderen. Cholesterin
ist eine Fettsubstanz, die vom Körper benötigt wird,
um Zellen aufzubauen, Hormone zu produzieren und
Gallensäuren in der Leber zu erzeugen (siehe Teil 3.5).
Zuviel LDL-Cholesterin in Ihrem Blutstrom ist nicht
gut für Sie. Überschüssiges Cholesterin kann sich
an den Wänden der Blutgefäße ablagern. Dadurch
kommt es zur Verengung der Blutgefäße und in der
Folge zur Entstehung einer Atherosklerose (Arterien4
verkalkung). Atherosklerose kann zu einer kardiovaskulären Erkrankung führen (siehe Teil 3).
Um Cholesterin zu bestimmten Zellen zu transportieren, verwendet das LDL-Cholesterin-Partikel ein
bestimmtes, Apolipoprotein B oder ApoB genanntes
Protein. ApoB wirkt als Brücke zwischen dem LDLCholesterin-Partikel und jenen Zellen im Körper, die
den LDL-Rezeptor tragen (durch den die Zelle das
LDL-Cholesterin erkennt). Bei gestörter LDL-Rezeptor- oder ApoB-Funktion steigt der Cholesterinspiegel
im Blut. Das ist der Fall bei Familiärer Hypercholesterinämie.
WICHTIG
LDL-Cholesterin transportiert Cholesterin im Blutkreislauf zu den Zellen. Cholesterin
ist maßgeblich am Zellaufbau, an der Hormonproduktion sowie an der Erzeugung von
Gallensäuren beteiligt. Ist jedoch zuviel LDL-Cholesterin vorhanden, lagert sich dieses
an den Wänden der Blutgefäße ab. Dieses Phänomen nennt man Atherosklerose.
3
Wie entsteht FH?
Zelle
Zellkern
Chromosom
DNA
ABBILDUNG 2:
Die über einen Meter lange DNA besteht aus Chromosomen.
Diese wiederum sind im Zellkern einer Zelle enthalten.
Die charakteristischen Merkmale, die wir von unseren
Eltern erben, werden von Informationen bestimmt, die
auf einem mehr als einen Meter langen Strang aus DNA
enthalten sind. Die DNA ist in Chromosomen organisiert,
die sich in den Zellkernen befinden (Abbildung 2).
Sie besteht aus etwa 3 Milliarden Bausteinen, von
denen ca. 25.000 spezifische Kombinationen die Gene
ausmachen. Die Gene enthalten die Information für
körperliche Merkmale wie Augen- und Haarfarbe, aber
auch für viele Krankheiten. Eine Veränderung in nur
einem dieser Bausteine innerhalb eines bestimmten
Gens kann zu einer Erbkrankheit führen. Bei FH
kommt es zu einer Veränderung innerhalb des Gens,
das die Information für den LDL-Rezeptor trägt.
Dieser Rezeptor befindet sich an der Oberfläche der
Zellen und wirkt wie ein „Fangarm“, der Cholesterin
enthaltende LDL-Cholesterin-Partikel aus dem Blut
entfernt (Abbildung 3). Die Veränderung im LDLRezeptor-Gen führt zu einer gestörten LDL-RezeptorFunktion („Fangarm-Funktion“): LDL-Cholesterin kann
nicht mehr in der nötigen Menge aus dem Blut entfernt
werden. So entsteht FH.
5
Die meisten Menschen mit FH haben ein defektes LDL-Rezeptor-Gen von einem Elternteil und ein
funktionierendes LDL-Rezeptor-Gen vom anderen
LDL
Elternteil geerbt („heterozygote FH). Deshalb verfügen sie nur über etwa 50 Prozent an funktionierenden
LDL-Rezeptoren („Fangarme“) an der Zelloberfläche
(Abbildung 4). Das bedeutet, dass der LDL-Cholesterin-Spiegel im Blut stets übermäßig erhöht ist und
das Risiko einer Ablagerung des überschüssigen LDL-
Apo-B
Cholesterins an den Wänden der Blutgefäße besteht.
LDL-Rezeptor
Zellmembran
ABBILDUNG 3:
Der LDL-Rezeptor ist mit einem Ende an die
Zellmembran angeschlossen. Das andere Ende
bindet die LDL-Cholesterin-Partikel.
6
Normale
Zelle
LDL
Defekte
Zelle
ABBILDUNG 4:
LDL
LDL-Rezeptor
Zelle
Blutstrom
LDL-Rezeptor
LDL-Partikel
Patienten mit FH (defekte
Zelle) haben weniger
LDL-Rezeptoren, die LDLCholesterin aus dem Blut
entfernen können.
LDL-Rezeptor
WICHTIG
FH entsteht durch eine Veränderung in jenem Gen, das die Information für den LDLRezeptor enthält. Der defekte LDL-Rezeptor kann kein LDL-Cholesterin aus dem Blut
in die Zelle transportieren. Überschüssiges Cholesterin lagert sich an den Wänden
der Blutgefäße ab.
4
Wann besteht Verdacht auf FH?
Verdacht auf FH besteht, wenn innerhalb der Familie eine kardiovaskuläre Erkrankung in jungen Jahren
aufgetreten ist. Hat ein Familienmitglied einen Herzinfarkt vor dem 50. bis 60. Lebensjahr erlitten, kann zu
hohes Cholesterin die Ursache dafür sein. Eine Untersuchung der Blutfette (des „Lipidprofils“) innerhalb der
Familie ist notwendig.
Um ein Lipidprofil zu erstellen, müssen die ver­schie­
de­nen Ar ten von Lipoproteinen im Blut untersucht
wer­den (siehe Teil 3.4). Dazu gehören Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin und Triglyceride.
Entscheidend ist, dass FH in jungem Alter diagnostiziert wird. Der Erfolg der Therapie ist größer, je früher
damit begonnen wird – noch bevor es zu fortgeschrittenen Cholesterinablagerungen an den Wänden der
Blutgefäße gekommen ist.
7
Es gibt einige äußerliche Merkmale (siehe Abbildung 5), die auf FH schließen lassen: Cholesterinabla­
ge­r ungen in Haut und Sehnen, Xanthome genannt.
Sehnen-Xanthom
Sehnenxanthome treten häufig an den Fersen und
Hän­den auf. Xanthelasmen sind gelbliche, erhobene
Platten im Bereich des Augenlides.
Xanthelasmen
ABBILDUNG 5:
Erkennbare äußerliche Merkmale von FH sind geschwollene Sehnen an der Ferse (oft bei Jugendlichen beob­
ach­tet) sowie gelbliche Ablagerungen in der Haut rund um die Augen. Weiße, bogenförmige Cholesterinablagerungen am äußeren Rand der Regenbogenhaut des Auges können ebenfalls vorkommen.
WICHTIG
Der Verdacht auf FH besteht bei Personen, die eine kardiovaskuläre Erkrankung in jungen Jahren erleiden und einen erhöhten Cholesterinspiegel im
Blut aufweisen. Alle Blutsverwandte eines FH-Patienten sollten ein Lipidprofil
erstellen lassen.
8
5
Wie wird FH diagnostiziert?
FH kann zweifelsfrei nur durch eine genetische Analyse
diagnostiziert. Nach einer Blutabnahme wird die DNA
vom Zellkern weißer Blutkörperchen isoliert und untersucht. Die Diagnose FH bestätigt sich, wenn das defekte,
für den LDL-Rezeptor verantwortliche Gen gefunden
wurde. Bei der genetischen Analyse wird eine systematische Suche nach Gendefekten anhand des gesamten im
Chromosom 19 enthaltenen LDL-Rezeptor-Gens durchgeführt. Von FH betroffen sind Personen mit einem vererbten Gendefekt. Das Risiko bei engen Verwandten wie
Eltern, Geschwistern oder Kindern eines FH-Patienten,
die Krankheit ebenfalls zu haben, liegt bei 50 Prozent. Die
Untersuchung von Familienmitgliedern ist entscheidend
für deren frühe Diagnose der Erkrankung.
WICHTIG
FH wird durch genetische Analyse und Identifizierung des defekten LDL-RezeptorGens diagnostiziert.Durch nachfolgende Untersuchung von engen Familienmitgliedern
wird geklärt, ob diese ebenfalls von FH betroffen sind.
6
Wie früh kann FH diagnostiziert werden?
Personen mit FH haben üblicherweise von Geburt
an erhöhte Gesamtcholesterin und LDL-CholesterinWerte. Deshalb wird Eltern mit FH empfohlen, ihre
Kinder noch vor Schuleintritt auf FH zu untersuchen.
Eine bestätigte Diagnose in jungen Jahren ist wichtig, da
rechtzeitige Ernährungsmaßnahmen und Änderungen
des Essverhaltens die Auswirkungen der Erkrankung im
späteren Leben mindern können. Hat das Kind normale
Blutwerte, ist ein späteres Auftreten von FH nicht mehr
zu befürchten.
WICHTIG
Bei Familien mit bestätigter Diagnose
von FH wird empfohlen, Kinder vor
Schuleintritt untersuchen zu lassen. Dadurch können Ernährungsmaßnahmen
zur Förderung von gesundem Essver­
hal­ten eingeleitet werden.
9
T E I L
2
BEHANDLUNG
1
Wie kann LDL-Cholesterin gesenkt werden?
Zwei Schritte sind maßgeblich, um Cholesterin zu senken:
Schritt 1: Ernährungsumstellung
Schritt 2 : Medikamente
Eine Ernährungsumstellung ist der erste Schritt, um Cholesterinwerte zu senken. Erhöhtes Cholesterin kann damit um 10-15 Prozent gesenkt werden. Ist diese Maßnahme nicht ausreichend, müssen geeignete Medikamente
eingenommen werden. Das gilt für alle Personen mit FH.
Ziel der Behandlung (Diät und Medikamente) ist, den Gesamtcholesterinwert unter den durchschnittlichen Cholesterinspiegel der Bevölkerung zu senken, also auf weniger als 175 mg/dl bei Erwachsenen. Bei jenen Personen,
die ein hohes Risiko für eine kardiovaskuläre Erkrankung
tragen oder bereits eine gehabt haben, muss Cholesterin
möglicherweise noch stärker gesenkt werden.
Wenn defekte FH-Gene von beiden Elternteilen vererbt
werden („homozygote FH“), sind überhaupt keine funktionierenden LDL-Rezeptoren in den Zellen vorhanden.
Weder Medikamente noch Diätmaßnahmen allein oder
10
in Kombination sind demnach ausreichend, um die extrem erhöhten Cholesterinwerte zu senken. Bei diesen
Patienten kann LDL-Cholesterin mechanisch gesenkt
werden, indem es durch ein Dialyse-ähnliche Reinigungsverfahren (Apherese) aus dem Blut entfernt wird.
WICHTIG
Eine Ernährungsumstellung kann LDLCholesterin um 10-15 Prozent senken.
Bei FH-Patienten ist dies nicht ausreichend. Deshalb sollte eine Diät mit
Me­dikamenten kombiniert werden. Bei
schweren Formen von FH kann ein zusätzliches dialyseähnliches Reinigungsverfahren (Apherese) notwendig sein.
2
1. Schritt: Diätmaßnahmen bei FH
a) Wie wird LDL-Cholesterin durch Diät beeinflusst?
Jedes in der Nahrung enthaltene Fett ist eine Mischung
aus gesättigten und ungesättigten Fetten. Gesättigte Fet­te
kommen in tierischen Produkten (wie Milch und Fleisch­
pro­dukten), harten Margarinen und in den meisten Kuchen, Plätzchen, Fast Food und Snacks vor. Gesättigte
Fet­te erhöhen Cholesterin, während ungesättigte Fette,
die in pflanzlicher Nahrung und Fisch vorkommen, LDLCholesterin senken bzw. einen neutralen Einfluss darauf
haben.
an Omega-3-Fettsäuren auf, die einen positiven Effekt auf
Kreislauf und Herzrhythmus haben. Triglyceride werden
ebenfalls von Omega-3-Fettsäuren gesenkt. Um eine
ausreichende Zufuhr an Fischfett zu erhalten, wird Fisch
als Hauptmahlzeit mindestens zweimal wöchentlich und/
oder der tägliche Verzehr eines mit Fischpastete belegten
Brötchens empfohlen. Bei fischarmer Nahrung sollten Le­
ber­tran oder Omega-3-Nahrungsergänzungspräparate
ein­genommen werden.
Für Personen mit erhöhtem Blutcholesterinspiegel
empfiehlt sich, möglichst wenig Cholesterin durch
Nahrung zuzuführen. Cholesterin ist hauptsächlich
in tierischen Nahrungsmitteln enthalten, wie zum
Beispiel in Eigelb, Innereien, Fleisch sowie fetthaltigen
Milchprodukten wie Käse, Sahne und Butter.
Ballaststoffe in Vollkornprodukten, Bohnen, Erbsen,
Obst, Beeren und Gemüse haben einen positiven
Effekt auf Cholesterin. Einige Ballaststoffarten können
Cholesterin im Darm binden. Da sie mit dem Stuhl aus
dem Körper ausgeschieden werden, reduzieren sie den
Blutcholesterinspiegel. Nahrungsmittel, die einen hohen
Ballaststoffgehalt aufweisen, sind zudem eine wichtige
Quelle für Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidantien.
Fetter Fisch und Lebertran weisen einen hohen Gehalt
b) Welche Art von Diät?
Personen mit FH sollten eine abwechslungsreiche, ausgewogene und herzfreundliche Diät einhalten. Ziel ist die
allmähliche Senkung der Gesamtzufuhr an Fetten und
Cholesterin bei gleichzeitiger Konzentration auf gesunde
Fettarten, ballaststoffreiche Nahrungsmittel, Obst, Beeren und Gemüse. Sind Kinder von FH betroffen, sollte die
gesamte Familie die Diätmaßnahme durch eine generelle
Ernährungsumstellung unterstützen. Es empfiehlt sich,
möglichst früh mit gesundem Essverhalten zu beginnen.
Eine Ernährungsumstellung braucht Zeit – manchmal
Monate oder Jahre. Maßgeblich sind die regelmäßige
Begleitung durch DiätassistentInnen oder Ärzte sowie
die Beständigkeit bei der Einnahme von bestimmten
Nahrungsmitteln. Gelegentliche Abweichungen von der
empfohlenen Diät erhöhen den Cholesterinspiegel nicht.
11
WICHTIG
Fünf wichtige Richtlinien für eine herzfreundliche Ernährung:
- Essen Sie weniger Fett, vor allem weniger gesättigte Fette
- Ersetzen Sie gesättigte Fette durch ungesättigte Fette
- Essen Sie vor allem ballaststoffhaltige Nahrungsmittel, Gemüse und Obst
- Essen Sie weniger cholesterinhaltige Nahrungsmittel
- Schränken Sie zucker- oder alkoholhaltige Nahrungsmittel und Getränke ein
3
2. Schritt: Einnahme von Medikamenten
a) Wie wird LDL-Cholesterin durch Medikamente beeinflusst?
Medikamente, die LDL-Cholesterin senken, erhöhen die
Zahl der LDL-Rezeptoren, wodurch die LDL-Aufnahme
aus dem Blut verbessert wird. Eine Ernährungsumstellung muss mit medikamentöser Behandlung kombiniert
werden, um den Cholesterinspiegel ausreichend zu senken. Es gibt verschiedene Arten von Medikamenten, die
allein oder in Kombination verabreicht werden können.
Zudem sind neue Medikamente in der Entwicklung. Eine
medikamentöse Behandlung ist nicht nur auf Erwachsene
mit FH beschränkt. Bei Patienten aus Familien mit schweren Formen von FH empfiehlt sich eine möglichst frühe
medikamentöse Behandlung ab dem 10. bis 12. Lebensjahr, vor allem dann, wenn ein Elternteil bereits vor dem
40. Lebensjahr eine Herzerkrankung hatte. Eine lebenslange Behandlung ist notwendig, um länger und länger
gesund zu leben. Ob und wann mit medikamentöser Behandlung bei Erwachsenen und Kindern begonnen werden soll, hängt vom LDL-Cholesterinspiegel sowie vom
Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen innerhalb einer
Familie ab.
12
b) Durch welche spezifischen Medikamente wird LDL-Cholesterin wie gesenkt?
Die wichtigsten cholesterinsenkenden Medikamente bei
der Behandlung von FH sind Statine wie Simvastatin,
Atorvastatin, Pravastatin, Fluvastatin sowie Rosuvastatin.
Statine können LDL-Cholesterin je nach Medikament
und Dosis um ca. 30-50 Prozent senken, da sie die Cholesterinproduktion in den Zellen vermindern. Um ausbalancierte Cholesterinkonzentrationen zu erreichen,
erhöhen die Zellen die Zahl ihrer LDL-Rezeptoren. Auf
diese Weise kann LDL-Cholesterin aus dem Blut aufgenommen werden. Der LDL-Cholesterin-Spiegel im Blut
wird dadurch gesenkt.
Als es noch keine Behandlung mit Statinen gab, kamen
Gal­­lensäurebinder wie Colesevelam und Cholestyramin
zur Anwendung. Diese Cholesterinsenker bin­den Gallensäure, wodurch eine Rück-Resorption der Gallensäure
aus dem Darm in die Leber verhindert wird. An den
Gallensäurebinder gebunden, werden die Gallensäuren
mit dem Stuhl aus dem Körper ausgeschieden. Um die
verlorenen Gallensäuren zu ersetzen, erhöht die Leber
die Aufnahme von LDL-Cholesterin aus dem Blut, um
neue Gallensäuren zu produzieren. Durch solche Gallensäurebinder kann LDL-Cholesterin um 15-25 Prozent
gesenkt werden.
Ezetimib verhindert die Aufnahme von Cholesterin aus
dem Darm – dies betrifft sowohl Nahrungscholesterin als auch Cholesterin, das von der Leber abgegeben
wird. Ezetimib kann Cholesterin um ca. 20 Prozent senken. Natürliche Cholesterinsenker sind unter anderem
pflanzliche Sterole, die z. B. in Margarine vorkommen.
Pflanzliche Sterole senken ebenfalls die Resorption von
Cholesterin aus dem Darm. Pflanzliche Sterole können
den Cholesterinspiegel um 10 Prozent senken, sofern
eine ausreichende Menge eingenommen wird. Mit Nikotinsäure kann das LDL-Cholesterin um bis zu 20 Prozent gesenkt werden.
Ernährungsmaßnahmen sollten auch nach Beginn einer
Behandlung mit Medikamenten eingehalten werden. Bei
Patienten mit FH müssen sowohl medikamentöse Behandlung als auch Diät ein Leben lang fortgesetzt werden. Ist das Ziel der Behandlung erreicht, empfiehlt es
sich, die Blutfette zweimal im Jahr untersuchen zu lassen.
13
WICHTIG
Medikamente, die bei der Behandlung von FH zum Einsatz kommen sind Statine, Gallensäurebinder, Cholesterinresorptionshemmer und Nikotinsäure. Nach ärztlichem Ermessen ist eine Behandlung mit einem oder mehreren dieser vier Substanzklassen möglich.
Medikamente, gesunder Lebensstil und herzfreundliche Diät müssen ein Leben lang fortgesetzt werden. Wenn LDL-Cholesterin ausreichend gesenkt wird, kommt es zu einer
Verminderung der Cholesterinablagerung in den Blutgefäßen, sowie rund um die Augen
und Sehnen.
Zelleigene
Cholesterinproduktion
LDLCholesterin
Zelleigene
Cholesterinproduktion
LDLCholesterin
Cholesterin
Cholesterin
Gallensäuren
Gallensäuren
Darm
Darm
Unbehandelt
Mit Gallensäurebindern
ABBILDUNG 6:
Die Wirkung der verschiedenen Medikamente auf die
Cholesterinproduktionsfähigkeit der Zelle und die
Cholesterinresorption aus dem Darm.
14
Zelleigene
Cholesterinproduktion
LDLCholesterin
Zelleigene
Cholesterinproduktion
Cholesterin
Cholesterin
Gallensäuren
Darm
LDLCholesterin
Gallensäuren
Darm
Mit Statinen
Mit Gallensäurebindern
und Statinen
Hemmung durch
Medikament
4
Warum ist lebenslange Behandlung so wichtig?
Cholesterin wird nicht nur ständig vom Körper produzier t, es wird auch täglich durch Fett und Nahrung
zugeführ t. Sobald die Senkung von LDL-Cholesterin
durch geeignete Behandlung gelungen ist, gilt es, ein
erneutes Ansteigen des Cholesterinspiegels zu verhindern. Personen mit FH, deren Körper Cholesterin
nicht entsprechend regulieren kann, müssen nicht nur
auf gesunde Ernährung, sondern auch auf ihren Lebensstil achten. Um den LDL-Cholesterinspiegel unter
Kontrolle zu halten, ist eine lebenslange Behandlung
mit lipidsenkenden Medikamenten notwendig.
WICHTIG
Patienten mit FH, die ihr LDL-Cholesterin nicht entsprechend regulieren können,
müssen ein Leben lang Diät halten und Medikamente einnehmen, um zu verhindern,
dass der Cholesterinspiegel wieder ansteigt.
NOTIZEN
15
T E I L
3
KARDIOVASKULÄRE ERKRANKUNG
UND LIPOPROTEINE
1
Was ist eine kardiovaskuläre Erkrankung?
Eine kardiovaskuläre Erkrankung ist eine Erkrankung des
perlicher Aktivität. Plaques können auch reißen und so
Herzens und der Blutgefäße, die durch Atherosklero-
das Innere der Blutgefäße schädigen oder ein Blutgerinn-
se bedingt sein kann. Bei Atherosklerose kommt es zur
sel verursachen, was zu einem gefährlichen Blutstau oder
Ablagerung von Fett (darunter Cholesterin) sowie zur
einer Blockade der Blutzufuhr führen kann. Es kommt
Verengung der Blutgefäße mit eingeschränktem Blutfluss.
bei jenem Teil des Organs, der vom Blutgefäß versorgt
Dadurch kann auch die Sauerstoffzufuhr zu einem Or-
wird, zu unmittelbarem Sauerstoffmangel, wodurch wie-
gan eingeschränkt und das Organ letztlich geschädigt
derum (größere oder kleinere) Gewebeschäden entste-
werden. Geschieht dies in einem Blutgefäß, das das Herz
hen. Dieses Ereignis nennt man Infarkt. In dieser Situation
versorgt, kommt es zum Herzinfarkt. Geschieht dies in
ist es wichtig, den Blutfluss so rasch als möglich wieder
einem Blutgefäß, das das Gehirn versorgt, kommt es zum
herzustellen, um Gewebeschädigung gering zu halten.
Schlaganfall.
Dies erreicht man mit Blutgerinnsel auflösenden Medikamenten oder durch direkte mechanische Entfernung
Atherosklerose entsteht, wenn unter anderem Choleste-
des Blutgerinnsels mittels eines Katheters (ein kleiner
rinhaltige Zellen an den inneren Wänden der Blutgefäße
Schlauch, der in die Blutgefäße eingeführt wird). Eben-
abgelagert werden (Abbildung 7). Durch entzündliche
falls ist es möglich, das verengte Blutgefäß mittels eines
Prozesse dringen weitere Zellen ein, Cholesterinabla-
Ballonkatheters zu dehnen und danach eine Gefäßstütze
gerungen nehmen zu, es kommt zu Gewebevernarbun-
(einen Stent) einzusetzen. Oft werden diese Methoden
gen und -verhärtungen. Sogenannte Plaques entstehen.
kombiniert angewendet.
Plaques verengen die Blutgefäße und verlangsamen so
den Blutfluss zum Herzen und anderen Organen. Im
Herzen kann die verminderte Blutzufuhr Schmerzen
oder Beschwerden verursachen, besonders nach kör16
ABBILDUNG 7:
LDL-Partikel
Querschnitt eines
Blutgefässes in drei
Stadien. Er zeigt die
Cholesterinablagerung
in einem Blutgefäß und
die Entstehung einer
Atherosklerose.
Atherosklerose
WICHTIG
Herzinfarkt und Schlaganfall sind wesentliche Folgen einer Atherosklerose. Unter Atherosklerose versteht man die Verhärtung und Verengung der Blutgefäße durch Cholesterinablagerungen und entzündliche Prozesse, die Plaques verursachen. Plaques verkleinern den
Durchmesser eines Blutgefäßes. Durch geschädigte Plaques können Blutgerinnsel entstehen, die Blutgefäße extrem verengen oder blockieren.
2
Welche Risikofaktoren gibt es?
Risikofaktoren sind (biologische, psychologische oder milieubedingte) Merkmale, welche die Wahrscheinlichkeit
einer Person, eine Atherosklerose oder kardiovaskuläre
Erkrankung zu entwickeln, erhöhen. Bei einer Gruppe
von Personen, die spezifische Risikofaktoren aufweist,
werden im Vergleichszeitraum mehr Personen kardiovaskulär er­kranken als bei einer Gruppe, die diese Risikofaktoren nicht aufweist. Einer der maßgeblichsten
Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen ist erhöhtes LDL-Cholesterin bei gleichzeitig niedrigem HDLCholesterin, dem sogenannten High Density Lipoprote-
in-Cholesterin (HDL) (siehe Teil 3.4). Zu den stärksten
Risikofaktoren zählen Diabetes und Bluthochdruck, die
durch Le­bens­stilfak­toren wie Übergewicht, geringer Verzehr von Obst und Gemüse und zu wenig Bewegung
begünstigt wer­den können. Rauchen zählt zu den gefährlichsten Ri­si­kofaktoren. Alter und Geschlecht sind ebenfalls maß­­geblich: Kardiovaskuläre Erkrankungen nehmen
mit dem Alter zu; Männer entwickeln die Erkrankung
un­­ge­fähr zehn Jahre früher als Frauen. Treffen mehrere
Ri­si­kofaktoren zusammen, steigt die Wahrscheinlichkeit
ei­­ner kardiovaskulären Erkrankung umso mehr.
17
3
Ist es möglich, das Risiko einer kardiovaskulären
Erkrankung bei FH zu senken?
JA. Mehrere Studien belegen, dass durch Senkung
einer kardiovaskulären Er­kran­kung eine geringere Ver-
von erhöhtem LDL-Cholesterin das Risiko einer
härtung und Verengung der Blut­gefäße auf. Wesentlich
kardiovasku­lären Erkrankung verringer t werden kann.
ist es, mit der Senkung des LDL-Cholesterins so früh
Die Choles­te­r in­ablagerungen hängen weitgehend von
wie möglich zu beginnen, da die FH-bedingte Cho-
der Höhe des LDL-Cholesterinspiegels ab sowie da-
lesterinablagerung vermindert werden kann. Ein we-
von, wie lange die Blut­gefäße bereits durch LDL-Cho-
sentlicher Schritt, das Risiko einer kardiovasku­lären Er-
lesterin geschädigt wur­den. Nach Senkung des LDL-
krankung zu senken, ist mit dem Rauchen aufzuhören.
Cholesterinspiegels weisen Personen mit Anzeichen
WICHTIG
Die Senkung des FH-bedingten LDL-Cholesterins ist wichtig, um Verhärtungen und Verengungen der Blutgefäße zu vermindern sowie das Risiko einer kardiovaskulären Erkrankung
zu senken. Mit dem Rauchen aufzuhören ist unerlässlich.
4
Was sind Lipoproteine?
Lipide
Lipoproteine sind Transportpartikel für Blutfette (Abbildung 8). Fettsubstanzen wie Triglyceride oder Choleste-
Triglyceride
rin lösen sich im Blut nicht auf. Deshalb müssen sie von
den Organen, die sie produzieren (Darm und Leber)
zu den Zellen transportiert werden. Die wichtigsten
Cholesterin
Lipoproteine in diesem Transportsystem werden Low
Density Lipoprotein (LDL) und High Density Lipoprotein (HDL) genannt. Beide Lipoproteine transportieren
18
Proteine
Cholesterin, wodurch LDL-Cholesterin und HDL-Cho-
ABBILDUNG 8:
lesterin entsteht.
Ein Lipoprotein-Diagramm.
Das in HDL transportierte Cholesterin wird als „gutes
Cholesterin“ bezeichnet. Eine der wichtigsten Aufgaben von HDL ist es, Cholesterin von den Zellen und
vom Gewebe zur Leber zurückzutransportieren. Hohes HDL-Cholesterin ist günstig, weil es Cholesterin
von den Zellen und vom Blut wegtransportiert und so
überschüssiges Cholesterin vermeiden hilft. HDL ent-
HDL
fernt auch Cholesterinablagerungen aus den Wänden
der Blutgefäße. Im Labor kann zwischen den beiden
Cholesterinarten (LDL- und HDL-Cholesterin) unterschieden werden. Mit ärztlicher Unterstützung und den
adäquaten Medikamenten ist es Patienten möglich, eine
gesunde Balance zwischen den beiden Cholesterinarten
herzustellen.
HDL
Gallenblase
LDL-Rezeptor
LDL
HDL
Zelle
Darm
Leber
LDL
VLDL
Chylomikronen
ABBILDUNG 9:
HDL- und LDL-Cholesterin arbeiten zusammen: Ziel ist ein
gesunder und ausgeglichener Cholesterin­spiegel im Blut.
WICHTIG
In LDL transportiertes Cholesterin wird oft als „schlechtes“ Cholesterin bezeichnet,
da sich jenes LDL-Cholesterin, das nicht von den Zellen aufgenommen wird, in den
Blutgefäßen ablagert und diese verhärtet und verengt. Personen mit hohem HDLCholesterin und niedrigem LDL-Cholesterin haben ein geringeres Risiko, Atherosklerose
zu entwickeln.
19
5
Was sind Lipide, Cholesterin und Triglyceride?
LIPIDE sind der Überbegriff für verschiedene Fettsubstanzen wie Cholesterin und Triglyceride. Cholesterinund Triglyceridspiegel im Blut können durch einen Bluttest bestimmt werden.
CHOLESTERIN ist eine Fettsubstanz, die zum Aufbau
der Zellwände benötigt wird. Cholesterin ist auch wichtig bei der Produktion von Hormonen, Vitamin D und
Gallensäuren. Obwohl alle Zellen Cholesterin herstellen
können, sind Leber und Darm die größten Cholesterinproduzenten. Die Leber ist das wichtigste Organ, um
Cholesterin abzubauen und in Gallensäuren umzuwandeln. Wenn zuviel Cholesterin produziert oder durch
Nahrung zugeführt wird, oder wenn Cholesterin zu langsam abgebaut wird, befindet sich überschüssiges Cholesterin im Blut. Dadurch kann es zu Cholesterinablagerungen an den Wänden der Blutgefäße kommen, was die
Entstehung einer Atherosklerose begünstigt.
TRIGLYCERIDE machen den Hauptteil der Fette im
Blut aus. Triglyceride sind Fettverbindungen, die sich aus
Glycerin (Glyzerin) und Fettsäuren zusammensetzen
(Abbildung 10). Fettsäuren können gesättigt, ungesättigt
und mehrfach ungesättigt sein. Davon hängt es ab, ob
Fettsäuren Blutcholesterin erhöhen oder senken. Um
Triglyceride im Blut zu transportieren, muss der Darm
Cholesterin produzieren, einem zentralen Bestandteil
der Transportpartikel (Lipoprotein). Deshalb wird Blutcholesterin durch übermäßige Fettzufuhr erhöht.
Glycerin
(Glyzerin)
Gesättigtes Fett
CH2OH
Ungesättigtes Fett
CHOH
CH2OH
Mehrfach
ungesättigtes Fett
ABBILDUNG 10:
Fett setzt sich aus Glycerin (Glyzerin) und
Fettsäuren zusammen.
WICHTIG
Nahrungsfett enthält Cholesterin und Triglyceride. Übermäßige Zufuhr von Cholesterin und Fett, insbesondere gesättigtem Fett, erhöht das Blutcholesterin.
20
P A R T
4
WEITERE FRAGEN ZU FH
1
Sollen Frauen mit FH orale Verhütungsmittel einnehmen?
Frauen mit FH, die sich in den Wechseljahren befinden, können sich einer Hormonersatztherapie unterziehen.
2
Wie steht es mit Alkohol- und Kaffeegenuss?
Alkohol in Maßen, insbesondere Wein, kann das Risiko
einer kardiovaskulären Erkrankung senken. Es spricht
nichts gegen mäßigen Alkoholkonsum bei Patienten mit
FH. Jedoch sollten FH-Patienten, die einen hohen Triglyceridspiegel haben, auf Alkohol verzichten.
bei Filterkaffee weg. Deshalb erhöhen Filterkaffee und
Pulverkaffee den Cholesterinspiegel nicht. Tee und Kaffee enthalten auch Substanzen, die die Entwicklung von
Atherosklerose verzögern können.
Große Mengen an Kaffee können Blutcholesterin erhöhen, da zwei Substanzen im Kaffee einen Cholesterin erhöhenden Effekt haben. Diese Substanzen fallen
WICHTIG
Mäßiger Alkoholkonsum und Filterkaffee sind für FH-Patienten geeignet. Bei erhöhtem
Triglyceridspiegel ist Vorsicht bei Alkohol geboten. Ungefilterter Kaffee kann Cholesterin erhöhen.
21
3
Werden Lipide vom Rauchen beeinflusst?
Rauchen ist auch für FH-Patienten gefährlich. Deshalb
sollten FH-Patienten auf keinen Fall rauchen. Durch Rauchen entsteht zusätzlicher Schaden an den Blutgefäßen,
HDL-Cholesterin („gutes Cholesterin“) wird gesenkt
und das Risiko einer kardiovaskulären Erkrankung verdreifacht sich – auch bei normalen Cho­lesterinwerten.
4
Warum ist körperliche Aktivität günstig?
Körperliche Aktivität empfiehlt sich für alle Altersgruppen. Regelmäßige Bewegung hat einen günstigen Effekt
auf das Lipidprofil, da LDL-Cholesterin sowie Triglyceride gesenkt und HDL-Cholesterin erhöht wird. Sportliche Betätigung kann den Blutdruck senken und Übergewicht entgegenwirken. Das Risiko eines Typ-2-Diabetes
und einiger Arten von Krebs kann gesenkt werden.
WICHTIG
Ein Aktivitätspensum von dreißig Minuten täglich (ausreichend, um den Puls
zu erhöhen) mindestens fünfmal die
Woche wird empfohlen.
22
Dazu kommt, dass das Risiko einer kardiovaskulären
Erkrankung bei unbehandelten FH-Patienten generell
schon sehr hoch ist: So haben junge Erwachsene mit einer unbehandelten FH eine ungefähr 100-fach größere
Wahrscheinlichkeit, an einer koronaren Herzkrankheit zu
versterben, als ihre nicht betroffenen Altersgenossen.
WORÜBER SIE DIESE BROSCHÜRE INFORMIERT HAT
Sie haben erfahren, dass Familiäre Hypercholesterinämie eine in Familien
vorkommende Erbkrankheit ist, die durch ein für den LDL-Rezeptor
verantwortliches defektes Gen verursacht wird.
Ein defekter LDL-Rezeptor kann zu erhöhtem LDL-Cholesterin im Blut führen.
Dadurch können Atherosklerose und Erkrankungen des Herzens und der
Blutgefäße entstehen.
Eine kardiovaskuläre Erkrankung in jungen Jahren ist ein Indikator für FH.
Mittels spezieller Untersuchungen lässt sich feststellen, ob weitere
Familienmitglieder eine FH haben.
Was am wichtigsten ist: Sie wurden informiert, wie Sie und betroffene Familienmitglieder
das Risiko einer kardiovaskulären Erkrankung durch gesunden Lebensstil, eine herzfreundliche Diät und die Einnahme LDL-senkender Medikamente mindern können.
Diese Broschüre ist vielleicht auch ein Anreiz, Ihre Erkrankung mit
Ihrem Arzt zu besprechen.
23
GLOSSAR
APO B: Um Cholesterin zu bestimmten Zellen zu transportieren, verwendet das LDL-Cholesterin-Partikel ein bestimmtes, Apolipoprotein B oder ApoB genanntes, Protein. ApoB wirkt als Brücke zwischen dem LDL-CholesterinPartikel und jenen Zellen im Körper, die den LDL-Rezeptor tragen.
CHOLESTERIN: Cholesterin ist eine Fettsubstanz, die im Körper gespeichert und in allen tierischen Nahrungsmitteln enthalten ist. Große Mengen an Cholesterin können in der Leber gespeichert werden.
CHROMOSOMEN: Das im Kern jeder Zelle enthaltene Erbmaterial.
CHYLOMIKRONEN: Große Lipoproteinpartikel, die Lipide vom Darm zu den Zellen transportieren.
DIÄTASSISTENTINNEN: ErnährungsexpertInnen, deren Fachwissen bei Krankheiten zur Anwendung kommt. Haben eine umfangreiche Ausbildung.
DNA: Die unsere Gene bildenden Moleküle in unseren Chromosomen.
FAMILIÄRE HYPERCHOLESTERINÄMIE (FH): Ein vererbter Gendefekt, der die Zellen daran hindert, genug Cholesterin aus dem Blut aufzunehmen. Dadurch entsteht erhöhtes Blutcholesterin.
GALLENBLASE: Ein an die Leber angeschlossenes beutelförmiges Gebilde, das Gallenflüssigkeit speichert.
GALLENSÄUREN Die Leber produziert Gallensäuren und Cholesterin. Gallensäuren werden bei der Nahrungsaufnahme in den Darm ausgeschieden. Sie unterstützen die Aufnahme von Fett aus dem Darm in den Blutkreislauf.
GEN: Ein Abschnitt der DNA, der die Information für ein bestimmtes Protein enthält.
GESÄTTIGTES FETT: Kann im Körper selbst gespeichert werden. Eine Ernährung, die reich an gesättigten Fetten ist, führ t zu erhöhtem Blutcholesterin. Diese Art von Fett wird im Kühlschrank hart.
HDL-CHOLESTERIN: Wird auch als „gutes Cholesterin“ bezeichnet. Je mehr davon im Blut enthalten ist, umso
besser.
HERZINFARKT: Eine lebensbedrohliche, plötzlich eintretende Herzkrankheit, die entsteht, wenn die Blutzufuhr
zum Herzen unterbrochen wird. Zu den Herzinfarktauslösern gehören auch erhöhtes Cholesterin und Rauchen.
24
HYDRIERTES FETT/ HYDROLISIERTES FETT/ GEHÄRTETES FETT: Unterschiedliche Bezeichnungen für ein
und dasselbe Fett. Zu Beginn ist Fett immer ungesättigt. Erst später erfolgt eine Umwandlung von ungesättigten in
gesättigtes Fett. Deshalb so häufig, weil gesättigtes Fett eine längere Lebensdauer hat.
LDL-CHOLESTERIN: Wird auch als „schlechtes Cholesterin“ bezeichnet. Je weniger LDL-Cholesterin im Blut
enthalten ist, umso besser.
LIPIDE: Fette.
LIPOPROTEINE: Lipoproteine sind kleine Pakete aus Cholesterin,Triglyceriden und Proteinen. Sie dienen als Transportmittel für Fette im Blut. Unter den verschiedenen Arten von Lipoproteinen sind HDL und LDL die wichtigsten.
REZEPTOREN: Rezeptoren sind „Fangarme“ an der Zelloberfläche, die von den Zellen benötigte Substanzen
im Blut einfangen. Es gibt spezielle Rezeptoren für Lipoproteine. Personen mit vererbter Familiärer Hypercholesterinämie (FH) verfügen über zu wenige funktionierende Rezeptoren für LDL-Lipoproteine. Dies hat zur Folge,
dass LDL-Cholesterin im Blut bleibt und in Form von Plaques in den Blutgefäßen abgelagert werden kann. Dadurch verengen sich die Blutgefäße.
TRIGLYCERIDE: Eine spezielle Form von Fetten, die sich im Blut und in der Nahrung befinden. Je weniger Triglyceride sich im Blut befinden, umso besser.
UNGESÄTTIGTE FETTE: Kommen hauptsächlich in pflanzlicher Nahrung und Fisch vor. Da der Körper selbst
nicht genügend ungesättigtes Fett produzieren kann, müssen wir Nahrungsmittel zu uns nehmen, die dieses Fett
enthalten. Ungesättigtes Fett bleibt im Kühlschrank weich oder flüssig.
VLDL: Very Low Density Lipoprotein. Wenn Fett aus dem Darm die Leber erreicht, ist es in große, fettreiche Partikel verpackt, die VLDL genannt werden.
ZELLE: Zellen sind die Bausteine des Körpers, vergleichbar mit Bauklötzen. Der Körper besteht aus ungefähr
100.000.000.000 (100 Milliarden) Zellen.
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DR. LEIV OSE
Lipidklinik
Universitätsklinik Oslo
Norwegen
Der Autor, Dr. Leiv Ose, arbeitet seit 1970 mit Patienten, die Lipidstörungen haben. Er
hat zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten auf diesem Gebiet veröffentlicht. Sein Haupt­
in­teresse gilt genetisch bedingten Hyperlipidämien wie Familiärer Hyper­cholesterinämie
(FH) sowie der Prävention von Herzerkrankungen. Seit 1984 leitet er die Lipidklinik der
Uni­versitätsklinik in Oslo, Norwegen. Als eine der wenigen auf FH spezialisierten Li­pid­
kli­­niken verfügt die Lipidklinik in Oslo über fundierte Erfahrung im Bereich Ernährung
und medikamentöse Therapie bei FH, insbesondere bei der Behandlung von jungen Pa­
tienten. Seine Lipidklinik ist das Referenzzentrum für FH in Norwegen.
26
NOTIZEN
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CHOLE 3/03-10
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D-63263 Neu-Isenburg
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