Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Prof. Dr.-Ing. J. Roth-Stielow Aufgabe 10 Weitere netzeinspeisende Topologien für Photovoltaikanlagen Die in Aufgabe 9 vorgestellten Ansteuerungen eines Vier-Quadranten-Stellers (4QS) weisen entweder einen erhöhten Glättungsbedarf der Ausgangsströme oder eine unzulässig hohe Aussendung elektromagnetischer Störungen auf. In dieser Aufgabe sollen zwei Schaltungskonzepte vorgestellt und untersucht werden, welche es erlauben die Freilaufzustände des 4QS zu nutzen ohne sprungförmige Potentialänderungen am PV-Modul hervorzurufen. Dies ist zum einen die H5-Topologie, zum anderen die HERIC-Topologie („High Efficient and Reliable Inverter Concept“). Beide Konzepte sollen als Ausgangsstufe an der aus Aufgabe 9 bekannten PV-Anlage samt Hochsetzsteller betrieben werden. Bei der Bearbeitung der Aufgabe − darf das Netz als ideal angenommen werden, d.h. der Netzinnenwiderstand sowie die Netzinduktivität sind gleich Null und die Netzspannung weist stets ihren Nennwert und ihre Nennfrequenz auf; − darf der ohmsche Widerstand der Glättungsdrosseln vernachlässigt werden; − darf die Sperrschichttemperatur der Halbleiter über eine Netzperiode als konstant angenommen werden. Die Ventile der beiden Topologien werden mit Hilfe einer Puls-Weiten-Modulation (PWM) angesteuert. Daten der PV-Anlage: Nenn-Leistung Nenn-Leistungsfaktor Zwischenkreisspannung PN = 2 kW cos ϕN = 1 UZK = 350 V Induktivität der Glättungsdrosseln L1,2 = 1 mH Frequenz der Puls-Weiten-Modulation fPWM = 16kHz Daten des Netzes: Nennspannung Nennfrequenz Daten der eingesetzten Halbleiter: Durchlasswiderstand Schleusenspannung Schaltenergie des IGBT bei URef = 400V, IRef = 15A Reverse-Recovery-Energie der Diode bei URef = 400V, IRef = 15A Übungen Leistungselektronik 2 UN = 230 V fN = 50Hz RD = 50mΩ UTO = 0,7 V Eon + off = 1,2mJ Err = 0,8mJ Aufgabe 10 Blatt 1 Teil 1: Die H5 Topologie Zunächst erfolgt eine Untersuchung der H5-Topologie, wie sie in Abbildung 1 dargestellt ist. Bild 1-A10: H5-Topologie Steuergesetz UNetz > 0 : V2 dauerhaft aus, V1 dauerhaft an EIN AUS Zustand Usteuer > UPWM V5 und V4 V3 „Speisen“ Usteuer < UPWM V3 V5 und V4 „Freilauf“ UNetz < 0 : V3 dauerhaft an, V4 dauerhaft aus EIN AUS Zustand Usteuer > UPWM V1 V5 und V2 „Freilauf“ Usteuer < UPWM V5 und V2 V1 „Speisen“ Tabelle 1: Stromführende Ventile der H5-Topologie Übungen Leistungselektronik 2 Aufgabe 10 Blatt 2 10.1 Zeichnen Sie für die H5-Topologie mit Hilfe von Tabelle 1: − ein vereinfachtes Ersatzschaltbild für die Zustände „Speisen“ und „Freilauf“ für den Fall, dass die Netzspannung einen positiven Wert aufweist. − ein vereinfachtes Ersatzschaltbild für die Zustände „Speisen“ und „Freilauf“ für den Fall, dass die Netzspannung einen negativen Wert aufweist. Berücksichtigen Sie dabei nur stromführende Bauteile. Geben Sie den Wert der Spannung UDCPE zwischen dem unteren Zwischenkreispotential und dem Erdpotential für die vier obengenannten Fälle an. Geben Sie eine Gleichung an, die den zeitlichen Verlauf dieser Spannung über eine Netzperiode beschreibt. 10.2 Zeichnen Sie mit Hilfe von Tabelle 1 und dem in den Lösungsblättern 1 und 2 auf den Seiten 7 und 8 gegebenen zeitlichen Verlauf eines Dreieck-Referenzsignals, die Schaltzustandsbefehle der einzelnen Ventile der H5-Schaltung ein, für den Fall: − eines positiven Ausgangsstromes i und einer Steuerspannung uSt = 32 − eines negativen Ausgangsstromes i und einer Steuerspannung uSt = − 32 Leiten Sie daraus eine Beziehung zwischen der Steuerspannung uSt und der relativen Einschaltdauer τg der schaltenden Ventile her. Teil 2: Die HERIC-Topologie Im Folgenden soll die Funktionsweise der HERIC-Topologie näher untersucht werden. Das elektrische Ersatzschaltbild dieser Schaltung ist in Abbildung 2 dargestellt. Bild 2-A10: HERIC-Topologie Übungen Leistungselektronik 2 Aufgabe 10 Blatt 3 Steuergesetz UNetz > 0 : V2 dauerhaft aus, V3 dauerhaft aus EIN AUS Zustand Usteuer > UPWM V1 und V4 V+ und V− „Speisen“ Usteuer < UPWM V+ und V− V1 und V4 „Freilauf“ UNetz < 0 : V1 dauerhaft aus, V4 dauerhaft aus EIN AUS Zustand Usteuer > UPWM V+ und V− V2 und V3 „Freilauf“ Usteuer < UPWM V2 und V3 V+ und V− „Speisen“ Tabelle 2: Stromführende Ventile der HERIC-Topologie 10.3 Zeichnen Sie für die HERIC-Topologie mit Hilfe von Tabelle 2: − ein vereinfachtes Ersatzschaltbild für die Zustände „Speisen“ und „Freilauf“ für den Fall, dass die Netzspannung einen positiven Wert aufweist. − ein vereinfachtes Ersatzschaltbild für die Zustände „Speisen“ und „Freilauf“ für den Fall, dass die Netzspannung einen negativen Wert aufweist. Berücksichtigen Sie dabei nur stromführende Bauteile. Geben Sie den Wert der Spannung UDCPE zwischen dem unteren Zwischenkreispotential und dem Erdpotential für die vier obengenannten Fälle an. Geben Sie eine Gleichung an, die den zeitlichen Verlauf dieser Spannung über eine Netzperiode beschreibt. 10.4 Zeichnen Sie mit Hilfe von Tabelle 2 und dem im Lösungsblatt gegebenen Verlauf eines Dreieck-Referenzsignals, die Erzeugung der Schaltbefehle der einzelnen Ventile einer HERIC-Schaltung ein, für den Fall: − eines positiven Ausgangsstromes i und einer Steuerspannung uSt = 32 − eines negativen Ausgangsstromes i und einer Steuerspannung uSt = − 32 Leiten Sie mit Hilfe der gefundenen Verläufe eine Beziehung zwischen der Steuerspannung uSt und der relativen Einschaltdauer τg der schaltenden Ventile her. Übungen Leistungselektronik 2 Aufgabe 10 Blatt 4 Teil 3: Betrachtung der Effizienz Im Folgenden soll die Effizienz der beiden Topologien untersucht werden. Dazu sollen zunächst die mittlere Durchlassverluste in den Halbleiterelementen über eine Netzperiode bestimmt werden und anschließend die Schaltverluste. Bei der Bearbeitung der folgenden Teilaufgaben darf von folgenden zusätzlichen Vereinfachungen ausgegangen werden: − die Schaltfrequenzwelligkeit im Ausgangsstrom darf vernachlässigt werden − darf der Spannungsabfall an den Filterinduktivitäten vernachlässigt werden, d.h. es gilt stets: uWR ( t ) = uNetz ( t ) ; 10.5 Berechnen Sie den Effektivwert und die Amplitude des Ausgangsstromes, der sich im Nennbetrieb einstellt. Geben Sie die maximale und minimale relative Einschaltdauer τg,min und τg,max der schaltenden Ventile während der positiven Netzhalbschwingung für beide Schaltungstopologien an. Geben Sie eine Gleichung an, welche den zeitlichen Verlauf τLeit (t) der relativen Leitdauer der schaltenden Ventile während der positiven Netzhalbschwingung beschreibt. Erstellen Sie für beide Topologien eine Tabelle, in der Sie für jeden stromführenden Halbleiter den zeitlichen Verlauf der relativen Leitdauer τLeit (t) während der positiven Netzhalbschwingung eintragen. 10.6 Geben Sie allgemein die Gleichungen zur Berechnung der mittleren Durchlassverlustleistungen PC,V der Ventile und PC,D der Dioden während der positiven Netzhalbschwingung an. Berücksichtigen Sie dabei die Amplitude τ̂Leit der Leitdauer, die Schleusenspannung UT0 und den Durchlasswiderstand RD . 10.7 Berechnen Sie für beide Topologien die mittleren Durchlassverlustleistungen aller stromführenden Halbleiter während der positiven Netzhalbschwingung. Tragen Sie die Ergebnisse in die Tabellen 5 und 6 auf Seite 11 ein. 10.8 Geben Sie allgemein eine Gleichung zur Berechnung der mittleren Schaltverlustleistung PSW ,V der Ventile und PSW ,D der Dioden während der positiven Netzhalbschwingung an. Berücksichtigen Sie dabei die Abhängigkeit der Schaltverlustleistung von der Schaltfrequenz fPWM , der Schaltenergie Eon + off der Ventile und der Reverse-Recovery-Energie Err der Dioden. Übungen Leistungselektronik 2 Aufgabe 10 Blatt 5 10.9 Kreuzen Sie für die H5- und für die HERIC-Topologie in den Lösungsblättern 7 und 8 auf Seite 12 die hochfrequent schaltenden Ventile und Dioden an. Berechnen Sie für beide Topologien die mittleren Schaltverlustleistungen einzelner hochfrequent schaltender Bauelemente sowie die gesamte Schaltverlustleistung und tragen Sie die Werte in die Tabellen ein. 10.10 Berechnen Sie den Wirkungsgrad im Nennbetriebspunkt μN für beide Topologien. 10.11 Vergleichen und bewerten Sie mit Hilfe der in dieser Aufgabe gefundenen Ergebnisse die beiden Topologien miteinander. Übungen Leistungselektronik 2 Aufgabe 10 Blatt 6 Lösungsblatt 1 zu Frage 10.2 Ansteuerung der H5-Topologie bei i > 0 und uSt = 32 Bild 3-A10 Übungen Leistungselektronik 2 Aufgabe 10 Blatt 7 Lösungsblatt 2 zu Frage 10.2 Ansteuerung der H5-Topologie bei i < 0 und uSt = − 32 Bild 4-A10 Übungen Leistungselektronik 2 Aufgabe 10 Blatt 8 Lösungsblatt 3 zu Frage 10.4 Ansteuerung der HERIC-Topologie bei i > 0 und uSt = 32 Bild 5-A10 Übungen Leistungselektronik 2 Aufgabe 10 Blatt 9 Lösungsblatt 4 zu Frage 10.4 Ansteuerung der HERIC-Topologie bei i < 0 und uSt = − 32 Bild 6-A10 Übungen Leistungselektronik 2 Aufgabe 10 Blatt 10 Lösungsblatt 5 zu Aufgabe 10.7 Berechnung der mittleren Durchlassverluste der H5-Topologie Halbleiter τLeit (t) bei UNetz > 0 PC, P bei UNetz > 0 2 V1 V2 V3 V4 V5 D1 D3 Gesamte Durchlassverlustleistung über eine Netzperiode: Lösungsblatt 6 zu Aufgabe 10.7 Berechnung der mittleren Durchlassverluste der HERIC-Topologie Halbleiter τLeit (t) bei UNetz > 0 PC, P bei UNetz > 0 2 V1 V2 V3 V4 V+ VD+ DGesamte Durchlassverlustleistung über eine Netzperiode: Übungen Leistungselektronik 2 Aufgabe 10 Blatt 11 Lösungsblatt 7 zu Aufgabe 10.9 Berechnung der mittleren Schaltverluste der H5-Topologie Halbleiter hochfrequent schaltend PSW, P bei UNetz > 0 2 V1 D1 V2 D2 V3 D3 V4 D4 V5 D5 Gesamte Schaltverlustleistung über eine Netzperiode: Lösungsblatt 8 zu Aufgabe 10.9 Berechnung der mittleren Schaltverluste der HERIC-Topologie Halbleiter hochfrequent schaltend PSW, P bei UNetz > 0 2 V1 D1 V2 D2 V3 D3 V4 D4 V+ D+ VDGesamte Schaltverlustleistung über eine Netzperiode: Übungen Leistungselektronik 2 Aufgabe 10 Blatt 12