D09/II Polarisation von Licht Klassisches Modell des Lichts „This velocity is so nearly that of light that it seems we have strong reason to conclude that light itself (including radiant heat and other radiations) is an electromagnetic disturbance in the form of waves propagated through the electromagnetic field according to electromagnetic laws.“ (J. C. Maxwell, A Dynamical Theory of the Electromagnetic Field. London, 1865) Die klassische Maxwell-Theorie verbindet schwingende elektrische und magnetische Felder unzertrennlich zu transversalen Wellen. Es zeigt sich, dass Licht damit beschreibbar ist. Die Gleichung für elektrische Feldstärke einer ebenen elektromagnetischen Welle, die sich z-Richtung ausbreitet, lautet z E ( z , t= ) e E0 ⋅ sin (ωt − k ⋅ z=) e E0 ⋅ sin 2π f ⋅ t − . λ • • • Die Ausbreitungsrichtung ist durch den Wellenvektor k gegeben (i. A. zeigt k als Vektor in Ausbreitungsrichtung und steht senkrecht auf den Wellenfronten), ωt - k ⋅ z = ϕ ( z , t ) stellt die Phase der Welle dar. ω = 2π⋅f ist die Kreisfrequenz der Welle. Die Wellenlänge λ ist mit der Frequenz über die Phasengeschwindigkeit verknüpft: c = f⋅λ. Feldstärke an und wird als PolarisationsDer Einheitsvektor e gibt die Richtung der elektrischen richtung bezeichnet. Ist e konstant, schwingt E ( z , t ) damit in nur einer Ebene, nennt man das Licht linear polarisiert. Überlagert man zwei linear polarisierte Wellen gleicher Amplituden mit eine Phasendifferenz von π/2 und orthogonalen Polarisationsrichtungen, kommt eine zirkular polarisierte Welle heraus: Ex ( r , t ) =eˆx E0 ⋅ sin(ωt − kz ) 2 2 E02 ⇒ Ex + E y = π E y ( r , t )= eˆy E0 ⋅ sin(ωt − kz + )= eˆy E0 ⋅ cos(ωt − kz ) 2 Sind die Feldamplituden der zwei Bestandteile nicht gleich, nennt man das Feld elliptisch polarisiert. © Dr. Rüdiger Scholz ⋅ LUH ⋅ Dezember 2013 1 D09/II Die Lichtintensität I ist proportional zum Quadrat der Amplitude: I ∝ |E0|2. Unterschiedliche Amplituden führen so zu unterschiedlicher Helligkeit des Lichts, unterschiedliche Wellenlängen erzeugen unterschiedliche Farbeindrücke. Für die Schwingungsrichtung dagegen fehlt dem menschlichen Wahrnehmungsapparat ein Organ (durch lineare Strukturen der Makula im Auge gibt es allerdings einen spezielles Wahrnehmungsphänomen bei linear polarisiertem Licht: Haidinger Büschel). Unterschiedliche e -Richtungen können wir ohne zusätzliche Hilfsmittel praktisch nicht erkennen. Besteht das Wellenfeld aus Wellen mit statistisch verteilten e-Vektoren nennt man das zugehörige Licht unpolarisiert. Anwendungen: Weil reflektiertes Licht zumindest teilweise polarisiert ist, lassen sich leicht störende Reflexe durch Polarisationsfilter unterdrücken. Davon macht man beim Fotografieren Gebrauch. Aber auch Polaroid-Brillen funktionieren so (Abb. 1). Technisch angewandt werden Polarisationseffekte auch in jeder LCD (Liquid Crystal Display)Anzeige. Abb. 2 demonstriert, dass ein LCDBildschirm polarisiertes Licht abgibt. Für den unteren Bildteil wurde der Bildschirm ohne Filter fotografiert. Für den oberen Bildteil wurde ein Polfilter vor die Kamera gesetzt, das das Licht vom Bildschirm nicht durchließ. Dort allerdings, wo eine Plastikschachtel im Wege steht, geschieht Überraschendes (Stichwort: Spannungspolarisation). 1 Polaroidbrillen filtern störende Reflexe heraus 2 Spannungspolarisation durch eine Plastikschachtel; oben mit Polarisator, unten ohne. Quelle: Archiv DRS Aufgabe: Erklären Sie das in Abb. 2 dargestellte Polarisationsphänomen. Literatur (1) Demtröder, Experimentalphysik 2; Springer (2) Bergmann/Schäfer, Bd. III Optik; de Gruyter (3) Hecht, Optics; Addison-Wesley (4) Scholz, Optik, LUH Das sollten Sie wissen • • • • • Die elektromagnetische Welle als Modellvorstellung für das Licht; Eigenschaften der Welle; was ist linear polarisiertes, zirkular polarisiertes, elliptisch polarisiertes, unpolarisiertes Licht? Wodurch wird die Einfallsebene festgelegt? Fertigen Sie eine Skizze an. Was gilt bei senkrechtem Einfall? Was ist der physikalische Grund dafür, dass man bei der Reflexion zwischen parallel und senkrecht zur Einfallsebene polarisiertem Licht unterscheiden muss? © Dr. Rüdiger Scholz ⋅ LUH ⋅ Dezember 2013 2 D09/II 1 Polarisationszustand In einem ersten Versuch untersuchen Sie den Polarisationszustand von Laserlicht. Die Polarisation des Laserlichts ist ohne weitere Information nicht bekannt. Ziel dieses ersten Versuchsteils ist es, den Polarisationszustand zu bestimmen. 1.1 Messungen Bauen Sie den Versuch nach Abb. 3 auf. Justierung Schauen Sie niemals in den Laser-Strahl! Um die Intensität im Strahl nach Augenschein zu bewerten, verwenden Sie ein diffus streuendes Stück weißes Papier. Stellen Sie nach Augenschein den Analysator auf maximale Auslöschung. Nun drehen Sie den Analysator um 90° (notieren Sie sich den Winkel auf der Winkelskala). Drehen Sie schließlich den Detektor in die Position maximaler Signalstärke. 3 Intensität hinter dem Analysator M1 Messen Sie nun die Intensität am Detektor etwa in 10°-Schritten bis 360°. Achten Sie darauf, dass der Detektor nicht übersteuert (max. Ausgangsspannung ca. Umax ≈ 1 V). Sollte er übersteuert, lässt sich die Lichtintensität mit dem Polarisator am Laser reduzieren. • Zu den ersten Messungen 1 0,9 relative Intensität 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 Die Detektorspannung sollte proportional zur Intensität sein und damit der Gesetzmäßigkeit 0 0 0,5 1 1,5 2 Analysatorstellung/Winkel in Vielfachen von π 4 U ∝ Intensität ⇒ U= (ϑ ) U 0 cos2 (ϑ + ϑA ) + U1 Intensität für unterschiedliche Anlystoreinstellungen (1) gehorchen (Abb. 4). Wenn die Messungen hier gut funktioniert haben, können Sie U als direktes Maß für die Lichtintensität am Detektor nehmen. 1.2 Auswertungen/Aufgaben • • Nicht Pflicht, aber interessant: Woher stammt das cos2-Gesetz? Überprüfen Sie Gl. (1) an Ihrem Messergebnis; I1 ist Restlicht, dass sich nicht durch einen Analysator herausfiltern lässt (unpolarisierte oder zirkulär polarisierte Anteile) und ϑA ist ein Anfangswinkel, da Sie bei der Justierung möglicherweise nicht 100ig beim Maximum begonnen haben. Bestimmen Sie I1 und ϑA für Ihre Messung durch einen nichtlinearen Fit (qti-Plot) oder durch Ausprobieren. Skizzieren Sie, analog zu Abb. 4 ein Messergebnis für zirkular polarisiertes, für elliptisch polarisiertes und für unpolarisiertes Licht. • © Dr. Rüdiger Scholz ⋅ LUH ⋅ Dezember 2013 3 D09/II 2 Natürliche optische Aktivität Manche Materialien, sog. chirale, also händige Verbindungen, drehen die Polarisationsrichtung beim Durchgang des Lichts um einen Winkel ϕ. Die Chiralität kann in Lösungen durch schraubenförmige Moleküle erreicht werden. Hier soll eine Zuckerlösung (Saccharose, C12H22O11) untersucht werden. Fotodetektor Küvette ϕ Laser d 3 „Je länger der Lichtweg, desto mehr wird gedreht“: Die Winkelgröße der Drehung ist proportional zur Dicke d des durchstrahlten Substrates und der Konzentration C (in kg/m3) des optischen aktiven Materialbestandteils. Versuchsanordnung zur Messung der optischen Aktivität einer Saccharose-Lösung 180 160 Drehvermögen in °ml/(gdm) 140 ϕ = [ϕ]λ;T⋅d⋅C. 120 100 80 60 40 Die Größe [ϕ]λ,;T ist das spezifische Drehvermögen des Materials. Der Wert hängt von der Wellenlänge des Lichts und von der Temperatur ab. Für Saccharose ist der Literaturwert 20 0 400 450 500 550 600 65 Lichtwellenlänge in nm 4 [ϕ]λ,T = 66,5°ml/(g⋅dm) für λ = 589 nm. Optische Rotationsdispersion von Saccharose; Fitparameter ϕ0 = 12,85°; λ0 = 146,73 nm Die etwas gewöhnungsbedürftige Einheit hat ihren Grund in den Dimensionen der traditionellen Messgeräte. Abb. 4 zeigt das Ergebnis einer Anpassung, wie sie in der Sacchimetrie verwendet wird: λ2 [ϕ ]λ ,20°C= ϕ0 ⋅ 2 0 λ − λ02 Dabei wurden folgende drei Litertaturwerte verwendet 1 [ϕ]546,1nm;20°C = 78,20°ml/(g⋅dm) und [ϕ]633nm;20°C = 57,07°ml/(g⋅dm). [ϕ]407,9nm;20°C = 149,38 °ml/(g⋅dm), Mit dem Versuchsaufbau nach Abb. 3 messen Sie das Drehvermögen von Saccharose. Dazu verwenden Sie die vorgefertigte Normallösung mit 26 g/100 cm3. M2 Nur Lösungsmittel und Gefäß: Bestimmen Sie den Einfluss des Lösungsmittels und der Gefäßwandung und messen Sie die Drehung des Polarisationswinkels ϕo ohne Zucker, nur mit destilliertem Wasser. Bestimmen Sie d (nicht vergessen!). M3 Zuckerlösung und Gefäß Nun messen Sie die Drehung ϕm der Polarisationsrichtung mit der Zuckerlösung. M4 Aus (1) und (2) erhalten Sie Ihren Messwert ϕ = ϕm - ϕ. Führen Sie Schritte (1) bis (3) 5mal durch und bestimmen Sie ϕ als Mittelwert. Führen Sie eine komplette Fehlerrechnung durch. Vergleichen Sie Ihren Messwert mit dem Literaturwert (nach Abb. 4). 1 vgl. Kohlrauch; Praktische Physik, Bd.1 ,580 © Dr. Rüdiger Scholz ⋅ LUH ⋅ Dezember 2013 4 D09/II 2 Reflexion an einer Glasoberfläche 2.1 Polarisation durch Reflexion: Die Fresnel-Formeln Aus der geometrischen Optik sind grundlegende Formeln für die Reflexion und Brechung bekannt: • Die Wellenvektoren des einfallenden, reflektierten und gebrochenen Strahls liegen in einer Ebene. Zur Unterscheidung werden Indizes verteilt: „e“ für den einfallenden, „r“ für den reflektierten und „t“ für den transmittierten Strahl. • Es gelten das Reflexionsgesetz α e = α r sin α n2 und das Brechungsgesetz = , sin β n1 wobei n1 und n2 die Brechungsindizes der beiden Materialien 1 und 2 sind. Die Lichtreflexion ist nicht für alle Polarisationsrichtungen gleich. Die reflektierten Anteile und transmittierten Intensitätsanteile variieren mit der Polarisationsrichtung. Brewsterwinkel 5 Die Reflexionskoeffizienten RP und RS für eine Luft-GlasGrenzfläche mit n2/n1 = 1,5 Der Reflexionskoeffizient R gibt das Verhältnis von reflektierter zu einfallender Intensität I an. Mit diesen Koeffizienten lassen sich die Verhältnisse gut beschreiben. Man berechnet dazu RP, für den parallel zur Einfallsebene polarisierten Anteil und RS für den dazu senkrechten Anteil. 2 I reflektiert/parallel tan (α − β ) I reflektiert/senkrecht sin (α − β ) = RP = . = − und RS = I einfallend/parallel tan (α + β ) I einfallend/senkrecht sin (α + β ) 2 (2) Für die Herleitung dieser Formeln sollten Sie sich gut mit den Rechengesetzen für trigonometrische Funktionen auskennen (vgl. /1/ und /2/). Der Verlauf dieser Funktionen ist in Abb. 5 gezeigt. Verwenden Sie ggf. auch diese Darstellung oder rechnen Sie nach um folgende Merkmale zu begründen. • Für senkrechten und streifenden Einfall ist die Reflexion unabhängig von der Polarisationsrichtung. • Bei senkrechtem Einfall werden an Glasoberflächen (n = 1,5) 96 % transmittiert • Brewsterwinkel αB Wenn der Winkel zwischen reflektiertem und transmittierten Strahl π/2 beträgt, werden parallel zur Einfallsebene polarisierte Anteile nicht reflektiert. Zeigen Sie, dass dies für den Winkel αB eintritt, für den gilt: tan αB = n. Begründen Sie, dass in dem Fall gilt β + π/2 +α = π und nutzen Sie diesen Zusammenhang. Berechnen Sie αB für Glas (n= 1,5) und vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit Abb. 5. 6 © Dr. Rüdiger Scholz ⋅ LUH ⋅ Dezember 2013 5 Geometrie von Reflexion und Transmission; die blauen Pfeile illustrieren die Polarisationsanteile Ip und Is D09/II 2.2 Messung des Brewsterwinkels M5 Mit einer λ/2-Platte kann man die Polarisationsrichtung drehen: Dreht man die optische Achse einer λ/2-Platte um einen Winkel ϕ, so wird die Polarisationsrichtung des Lichts um 2ϕ gedreht. Überprüfen Sie dies mit dem Analysator. M6 Justieren Sie mit der λ/2-Platte die Schwingungsebene horizontal, also parallel zur Einfallsebene. Wie merken Sie, dass Sie die richtige Polarisationsrichtung erwischt haben (Stichpunkte: Glasplatte und Brewsterwinkel)? M7 Messen Sie nun für die parallel polarisierte Intensitätskomponente Ip (Detektorspannung!) den Reflexionskoeffizienten Rp an der Glasplatte in Abhängigkeit vom Einfallswinkel α in Schritten von 5°, in der Umgebung des Brewsterwinkels in 1°-Schritten (Hier wird der Drehtisch gedreht!). Achten Sie darauf, dass der Laserstrahl den Drehtisch genau in der Mitte und den Fotodetektor in der richtigen Höhe trifft. Der Laser lässt sich vorne sowohl horizontal als auch vertikal justieren. Messen Sie die Laserintensität Ie vor und nach dem Versuch. 7 Messung der Reflexionskoeffizienten Auswertung: Tragen Sie für die Messreihe das Reflexionsvermögen R = I/Ie graphisch über α auf. Extrapolieren Sie die Messkurve bis auf 0° und auf 90°. Wie hoch ist Ihr Messwert für R bei senkrechtem Lichteinfall? Vergleichen Sie Ihren Wert mit dem aus der Fresnelschen Formel berechneten (Abb. 5). 3 Zirkular polarisiertes Licht Mit der λ/4-Platte können Sie aus linear polarisiertem Licht zirkular polarisiertes erzeugen. Bei zirkular polarisiertem Licht sollte die Intensität nach dem Analysator unabhängig von dessen Richtung überall gleich groß sein. Wenn Sie die λ/4-Platte einfügen, werden Sie feststellen, dass es leicht ist, elliptisch polarisiertes Licht zu erzeugen. Um zirkular polarisiertes Licht zu erreichen, müssen Sie die λ/4-Platte genau unter ?? zur optischen Achse treffen und justieren. Das gelingt nur, wenn Sie die λ/4-Platte feinfühlig verdrehen und die Intensität am Detektor bei Rotation des Analysators verfolgen. Messen Sie einmal für extrem elliptisches und einmal für möglichst zirkulares Licht die Intensität in Abhängigkeit vom Drehwinkel des Analysators in Schritten von 15°. 8 Erzeugung von zirkular polarisiertem Licht Auswertung: Graphische Darstellung auf Polarkoordinatenpapier (im Netz als pdf-file herunterladen!). © Dr. Rüdiger Scholz ⋅ LUH ⋅ Dezember 2013 6